Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 11/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 4527/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende, wenn die Erziehungsanteile des anderen Elternteils den Elternteil, der den Mehrbedarf geltend macht, nachhaltig entlastet haben.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 5. September 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten für die Zeit vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), nämlich für die Klägerin Ziff. 2 um einen Mehrbedarf für Alleinerziehende erhöht, für den Kläger Ziff. 3 dem Grunde nach bis 30.4.2011 (Sozialgeld und Kosten der Unterkunft - KdU) sowie um höhere KdU für den Monat Mai 2011.
Der Kläger Ziff. 1 bezog seit langem allein und nach ihrem Zuzug im Mai 2009 zusammen mit seiner am geborenen und aus M. stammenden Ehefrau, der Klägerin Ziff. 2, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zunächst von der ARGE-Jobcenter Stadt P ... Zum 1.12.2009 zogen die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten (vormals Arbeitsgemeinschaft zur Beschäftigungsförderung im O.) nach B. in das im Eigentum der Schwester des Klägers Ziff. 1, B. J., stehende 2-Familien-Haus in der um. Diese ist durch die Erbausschlagung des Klägers Ziff. 1 Alleineigentümerin des Hauses geworden (Bl. 82 LSG-Akte bei L 2 AS 4527/13). Am 13.4.2010 zogen die Kläger im gleichen Haus in die größere, 88 qm große Wohnung um. Ausweislich des Mietvertrages vom 05.04.2010 beliefen sich die monatlichen Kosten auf: kalte Grundmiete 441 EUR, Zentralheizung 88 EUR, Kosten der Warmwasserbereitung 16 EUR, Betriebskostenpauschale 169 EUR sowie Pauschale für Schönheitsreparaturen 60 EUR (Gesamtkosten: 774 EUR).
Ebenfalls am 13.4.2010 zog der aus der ersten Ehe mit einem Marokkaner stammende Sohn der Klägerin Ziff. 2, der am 18.7.2000 geborene Kläger Ziff. 3 (ebenfalls marokkanischer Staatsangehöriger) zu den Klägern Ziff. 1 und Ziff. 2. Den Zuzug hatten die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 gemeinsam organisiert. In der Verpflichtungserklärung vom 18.3.2010 hatte sich zuvor der in S. lebende Onkel des Klägers Ziff. 3, O., verpflichtet, für die Dauer des Aufenthalts nach § 68 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) die Kosten für dessen Lebensunterhalt zu tragen. Hiervon erlangte der Beklagte durch das Schreiben der Ausländerbehörde des Landratsamts O. vom 20.04.2010 Kenntnis (Bl. 81 VA) und lehnte (den Leistungszeitraum vom 1.12.2009 bis 31.5.2010 betreffend) mit Änderungsbescheid vom 27.4.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Kläger Ziff. 3 ab, berücksichtigte ihn als Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und reduzierte die Unterkunftsleistungen für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 nach dem Kopfteilsprinzip. Der Kläger Ziff. 3 könne wegen der Verpflichtungserklärung seines Onkels keine Alg II-Leistungen erhalten (u.a hiergegen ist beim Senat der Rechtsstreit L 2 AS 4686/13 anhängig).
Am 9.11.2010 beantragte der Kläger Ziff. 1 für sich und die Klägerin Ziff. 2 die Fortzahlung der Leistungen. Für die Klägerin Ziff. 2 wurde ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung beantragt.
Mit Bescheid vom 9.11.2010 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1.12.2010 bis 31.05.2011 Leistungen nach dem SGB II für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 in Höhe von 1.151,22 EUR für Dezember 2010 unter Berücksichtigung von 40,00 EUR als Fahrtkostenersatz für die Ausübung des Umgangsrechts des Klägers Ziff. 1 mit seinen Kindern aus erster Ehe. Ab 1.1.2011 betrugen die Leistungen 1.111,22 EUR monatlich, jeweils ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung für die Klägerin Ziff. 2. Von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zog der Beklagte die Warmwasserpauschalen (16,17 EUR), die Pauschale für Schönheitsreparaturen (60 EUR) sowie den Anteil für den Kläger Ziff. 3 (232,61 EUR) ab. Die monatlichen Leistungen für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 beliefen sich danach ab Januar 2011 auf je 323,00 EUR Regelleistung und 232,61 EUR anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung (Bl. 342 VA).
Dagegen legte der Kläger Ziff. 1 Widerspruch ein (vom 3.12.2010, Bl. 364 VA) und begehrte die Berücksichtigung der anteiligen Schönheitsreparaturpauschale sowie den Mehrbedarf für Alleinerziehende für die Klägerin Ziff. 2. Die Klägerin Ziff. 2 erziehe den Kläger Ziff. 3 allein. Der leibliche Vater lebe in M ... Der Kläger Ziff. 1 sei als Stiefvater dem leiblichen Vater nicht gleichzusetzen. Darüber hinaus sei die Erziehung des Klägers Ziff. 3 islamisch geprägt und werde nur von der Klägerin Ziff. 2 vorgenommen.
Mit Änderungsbescheid (und Teilabhilfebescheid) vom 12.01.2011 half der Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als er bei den Klägern Ziff. 1 und Ziff. 2 für die Zeit von Dezember 2010 bis Mai 2011 nunmehr auch die Schönheitsreparaturpauschale anteilig in Höhe von je 20,00 EUR gewährte (Bl. 399 VA).
Mit Änderungsbescheiden vom 03.03.2011 gewährte der Beklagte dem Kläger Ziff. 1 weitere 42,00 EUR für Fahrtkosten im April 2011, 121,83 EUR für im März 2011 fällige Abfallgebühren (Bl. 481, 486 VA) und mit Änderungsbescheid vom 25.03.2011 die rückwirkende Anpassung der Regelbedarfe ab dem 01.01.2011 (Bl. 488/1 VA).
Mit Änderungsbescheid vom 18.04.2011 wurden die Kosten der Unterkunft und Heizung rückwirkend ab Januar 2011 in Höhe von je 258 EUR ohne Abzug der Warmwasserpauschalen gewährt. Auf Grund der mitgeteilten Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit der Klägerin Ziff. 2 ab 18.4.2011 mit monatlich schwankendem Einkommen berücksichtigte der Beklagte vorsorglich ab Mai 2011 ein Einkommen von 500 EUR, wobei sich die vorläufige Leistungsgewährung für Mai 2011 auf 842 EUR reduzierte (Bl. 423 VA).
Am 28.04.2011 beantragte der Kläger Ziff. 1 erstmals auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und Förderleistungen aus dem neuen Bildungspaket für den Kläger Ziff. 3. Ab dem 01.5.2011 würden von dem Onkel keine Leistungen mehr an den Kläger Ziff. 3 erbracht. Somit erhalte dieser keine Leistungen mehr von einer Drittperson.
Daraufhin nahm der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 23.05.2011 auch den Kläger Ziff. 3 in die Bedarfsgemeinschaft auf und berücksichtigte ihn unter Anrechnung von Kindergeld in Höhe von 184 EUR bei der vorläufigen Berechnung der Leistungen für Mai 2011 (ausgehend von 251 EUR Sozialgeld und 258 EUR anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung), die sich dadurch vorläufig auf 1.167 EUR erhöhten (Bl. 456 VA).
Am 31.5.2011 legte der Kläger die Mietbescheinigung vom 23.4.2011 vor, wonach sich seit 1.5.2011 die Mietkosten auf 836 EUR erhöht hatten. Die Erhöhung beruhte auf Erhöhung der Kosten für die Zentralheizung (von 88 EUR auf 146 EUR) und für Warmwasser (von 16 EUR auf 20 EUR) um zusammen 62 EUR. In der Bescheinigung ist unter der Rubrik "es bestehen Mietschulden" ausgefüllt: "ja Mietkaution".
Mit Änderungsbescheid vom 24.06.2011 setzte der Beklagte die Leistungen an die Kläger nach Vorlage der Lohnabrechnung der Klägerin Ziff. 2 für April im Zuflussmonat Mai 2011 endgültig auf 1.267,52 EUR fest (für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 jeweils 238,17 EUR Regelbedarf und 258,00 EUR anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung; für den Kläger Ziff. 3 17,18 EUR Sozialgeld und 258,00 EUR anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung; Bl. 518 VA).
Hinsichtlich der Mietbescheinigung teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 24.6.2011 (Bl. 520 VA) mit, dass diese nicht ausreichend sei und weitere Nachweise vorzulegen seien. Danach werde die Berechnung der Unterkunftskosten überprüft.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2011 wies der Beklagte den Widerspruch vom 03.12.2010 im Übrigen als unbegründet zurück. Dem Widerspruch sei hinsichtlich der Pauschale für Schönheitsreparaturen durch den Bescheid vom 12.1.2011 voll entsprochen worden. Ein Anspruch auf Mehrbedarf wegen Alleinerziehung bestünde unter Bezugnahme auf frühere Widerspruchsbescheide (vom 26.1.2011-W6/11 und vom 28.1.2011-W 93/11) nicht (Bl. 549 VA).
Am 4.10.2011 haben die Kläger Ziff. 1, Ziff. 2 und Ziff. 3 Klage gegen den Bescheid vom 9.11.2010 in der Fassung der Änderungsbescheide sowie den Widerspruchsbescheid vom 14.9.2011 - W 93/11 - "wegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 (u.a. Gewährung eines Alleinerziehendenzuschlags, Leistungen für den Kläger Ziff. 3 und Kosten der Unterkunft) zunächst fristwahrend zum Sozialgericht Ulm erhoben (SG, Az.: S 6 AS 3274/11). Mit Fax vom 15.1.2012 haben sie die Klage begründet und ihren Vortrag wegen Alleinerziehung ergänzt. Die Leistungen für den Kläger Ziff. 3 für die Zeit vom 1.12.2010 bis zur Bewilligung ab 1.5.2011 wurden mit der Begründung geltend gemacht, er habe weder von dem Onkel noch von anderen Drittpersonen Unterhaltszahlungen erhalten, sondern vom Kindergeld und dem Einkommen seiner Mutter gelebt. Die Rechtsauffassung des Jobcenters sei falsch gewesen. Hinsichtlich der KdU haben sie die Berücksichtigung der Erhöhung der Nebenkosten ab Mai 2011 um 62 EUR eingefordert, die durch die Mietbescheinigung nachgewiesen sei.
Mit Beschluss vom 13.6.2012 hat das SG im Hinblick auf das bei dem Bundessozialgericht (BSG) anhängige Verfahren B 4 AS 167/11 R den Rechtsstreit zum Ruhen gebracht und nach Anrufung mit Schriftsatz vom 20.12.2012 das Verfahren unter dem Az. S 6 AS 11/13 fortgeführt.
Die Kläger haben ihren Vortrag vertieft (Schreiben vom 8.5.2013, Bl. 32 SG-Akte).
Der Beklagte hat die vom Kläger Ziff. 1 unterschriebene Verpflichtungserklärung zum bevorstehenden Aufenthalt des Klägers Ziff. 3 vom 23.12.2009 vorgelegt und daraus den Schluss gezogen, dass eine Alleinerziehung der Kindsmutter nie beim Einreisen in das Bundesgebiet angestrebt gewesen sei. Bezüglich der KdU gewähre der Beklagte bereits mehr als den Klägern nach der Wohngeldtabelle zzgl. 10 % Zuschlag zustehe. Zudem habe der Kläger Ziff. 1 im Fortzahlungsantrag für den Zeitraum ab 1.6.2011 darauf verwiesen, dass der Kläger Ziff. 3 zukünftig keine Drittmittel mehr erhalten werde, was auf Unterstützung in der Vergangenheit schließen lasse.
Das SG hat die Vermieterin J.schriftlich als Zeugin zum Mieterhöhungsverlangen gehört. In ihrer Auskunft vom 12.7.2013 (Bl. 37 SG Akte) hat sie u.a. mitgeteilt, dass die Mietzahlung bis Juni 2011 von den Mietern durch Überweisung auf ihr Konto erfolgt sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5.9.2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für die Zeit vom 1.12.2010 bis 31.5.2010 Streitgegenstand zum einen die höhere Gewährung der Leistungen als solche unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende - der kein abtrennbarer Streitgegenstand sei - sei. Zum anderen stehe die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Kläger Ziff. 3 dem Grunde nach bis 30.4.2011 sowie die Gewährung weiterer KdU i.H.v.62 Euro im Mai 2011 im Streit. Die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 erfüllten in der streitigen Zeit die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 bis 4 SGB II. Insbesondere die Klägerin Ziff. 2 sei auch nicht von Leistungen nach§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen und beide seien hilfebedürftig gewesen. Der Beklagte habe das zu berücksichtigende Einkommen der Klägerin Ziff. 2 ebenso zutreffend bestimmt wie die anzusetzenden Regelsätze. Entsprechendes gelte für die Höhe der zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung, nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 12.1.2011 auch die Schönheitsreparaturenpauschale in Ansatz gebracht habe. Der monatliche Bedarf sei nicht um einen Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II (a.F.) - als Individualanspruch nur der Klägerin Ziff. 2 in Höhe von monatlich 38,76 EUR (12 % von 323,00 EUR) - zu erhöhen. Das Gesetz nenne keine Definition dafür, wann die Sorge für die Pflege und Erziehung "allein" im Sinne des § 21 Abs. 3 SGB II getragen werde. Es herrsche in der Rechtsprechung jedoch Einigkeit, dass bezüglich der alleinigen Sorge ausschließlich auf die tatsächlichen Umstände abzustellen sei und nicht auf rechtliche Verhältnisse wie zum Beispiel ein geteiltes Sorgerecht (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG-, Urteil vom 23.08.2012 – B 4 AS 167/11 R). Die Begriffe "Pflege" und "Erziehung" umschrieben die umfassende Verantwortung für die Lebens- und Entwicklungsbedingungen des Kindes. Pflege konkretisiere die Sorge für das körperliche Wohl, Erziehung die Sorge für die seelische und geistige Entwicklung, die Bildung und Ausbildung der minderjährigen Kinder. Es gehe um die gesamte Sorge für das Kind, mithin die Ernährung, Bekleidung, Gestaltung des Tagesablaufs und die emotionale Zuwendung (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 50/07 R). Entscheidend sei daher, ob der hilfebedürftige Elternteil von einer anderen Person (beispielsweise seinem Partner) in einem Umfang unterstützt werde, der es rechtfertige, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Diese Entlastungen könnten auch finanzieller Art sein, müssten dann aber in einem Umfang bestehen, dass die Zuerkennung eines Mehrbedarfs nicht gerechtfertigt wäre. Eine solche nachhaltige Entlastung der Klägerin Ziff. 2 durch den Kläger Ziff. 1 hat das SG darin gesehen, dass sich beide gemeinsam um den Zuzug des Kläger Ziff. 3 aus Marokko sowie um die hierdurch notwendig gewordene Beschaffung einer größeren Wohnung gekümmert haben. Kläger Ziff. 1 habe zudem finanzielle Verantwortung für Kläger Ziff. 3 übernommen, indem er zu dessen Gunsten eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben habe. Ferner habe sich der Kläger Ziff. 1 nach seinem eigenen Vortrag um den Einkauf für die gesamte Familie sowie die Finanzen gekümmert, an der schulischen Entwicklung des Kläger Ziff. 3 teilgenommen, indem er sich Schulnoten habe zeigen lassen, mit ihm gemeinsam Mahlzeiten eingenommen habe, mit ihm ins Kino gegangen sei und die Klägerin Ziff. 2 bei Elternsprechstunden in der Schule sowie bei Arztbesuchen des Kläger Ziff. 3 begleitet habe. Der Umstand, dass Kläger Ziff. 1 diese Dinge möglicherweise nur deshalb gemacht habe, weil die Klägerin Ziff. 2 die deutsche Sprache - nach dem klägerischen Vortrag - nur unzulänglich beherrscht habe, rechtfertigte keine andere Wertung, weil es allein auf die tatsächlichen Umstände ankomme und nicht die Motive hierfür. Keine andere Bewertung ergebe sich aus der islamischen Prägung der Erziehung des Klägers Ziff. 3, da die Erziehung und Pflege auch bei anderen Ehepaaren in unterschiedlichster Weise aufgeteilt sei. Hierdurch sei von einer erheblichen Entlastung der Klägerin Ziff. 2 auszugehen, was sich auch durch das vielfache Prozessieren mit Nachdruck zugunsten der Klägerin Ziff. 2 und des Klägers Ziff. 3 zeige. Auch die geltend gemachte gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers Ziff. 1 - nur noch unter drei Stunden täglich leistungsfähig - stehe nicht entgegen, da ihn dies nicht daran gehindert habe, die Klägerin Ziff. 2 in dem genannten Umfang zu unterstützen, sodass die tatsächlichen Umstände seinen Vortrag widerlegten.
Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf höhere KdU unter Berücksichtigung von weiteren Nebenkosten in Höhe von 62 EUR im Monat Mai 2011. Das Nebenkostenerhöhungsverlangen sei zivilrechtlich unwirksam.
Soweit für den Kläger Ziff. 3 Leistungen auch für die Zeit vom 1.12.2010 bis 30.4.2011 geltend gemacht würden und er sich gegen den angegriffenen Bescheid wende, sei die Klage bereits unzulässig, da mit dem angegriffenen Bescheid nicht über Ansprüche des Klägers Ziff. 3 für diesen Zeitraum entschieden worden sei. Über solche Ansprüche habe der Beklagte auch nicht zu entscheiden gehabt, da es an einer entsprechenden Antragstellung im Sinne des § 37 SGB II fehle. Für den Kläger Ziff. 3 seien Leistungen erst ab dem 1.5.2011 beantragt worden, weil er nach den Angaben der Kläger erst ab dem 1.5.2011 keine Leistungen mehr von Dritten erhalten sollte. Der Beklagte habe daher davon ausgehen können, dass für den Kläger Ziff. 3 ein Leistungsantrag erst ab dem 1.5.2011 gestellt wurde. Eine Antragstellung für den vorhergehenden Zeitraum könne auch nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fingiert werden. Die grundsätzlich mögliche Fingierung des Antrags im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben vorliegend nicht geboten. Der Kläger Ziff. 1, der trotz langjährigem Leistungsbezugs nach dem SGB II in der Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG zugunsten des Kläger Ziff. 3 angegeben habe, dass seine Einkommensverhältnisse gesichert seien und er für alle im Zusammenhang mit dem dauerhaften Aufenthalt des Klägers Ziff. 3 im Bundesgebiet entstehenden Kosten aufkommen werde, verhalte sich treuwidrig, wenn er nun Leistungen nach dem SGB II für den Kläger Ziff. 3 ab dem ersten Tag seiner Einreise ins Bundesgebiet rückwirkend einklage. Das treuwidrige Verhalten des Kläger Ziff. 1 müssten sich die Kläger Ziff. 2 und Ziff. 3 zurechnen lassen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 20.9.2013 zugestellte Urteil hat dieser schriftlich am 18.10.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen im Rahmen der KdU berücksichtigungsfähig seien. Eine eventuell zivilrechtliche Unwirksamkeit spiele nicht die entscheidende Rolle. Leistungen für den Kläger Ziff. 3 seien über den Antrag der Bedarfsgemeinschaft nach dem so genannten Meistbegünstigungsgrundsatz mit beantragt gewesen. Der Kläger Ziff. 1 hat mit Fax vom 16.12.2013 noch seinen bisherigen Vortrag ergänzt und hinsichtlich der für den Kläger Ziff. 3 begehrten Leistungen (Bl. 29 LSG) zur Sicherung des Lebensunterhalts vorgetragen, der Beklagte habe falsch belehrt, indem er mitgeteilt habe, dass der Kläger Ziff. 3 durch die Verpflichtungserklärung seines Onkels keine Alg II-Leistungen erhalten könne und so die Antragstellung verhindert. Der Onkel habe tatsächlich keine Unterhaltszahlungen erbracht. Nachdem der Beklagte seit 1.5.2011 nun dem Kläger Ziff. 3 Leistungen nach dem SGB II gewähre, habe es seine ursprüngliche falsche Rechtsauffassung korrigiert. Unverständlich sei, dass dies nicht auch für den streitigen Zeitraum erfolge. Es bleibe dem Beklagten unbenommen, sich anschließend bezüglich der Verpflichtungserklärung an den Onkel zu wenden. Der Kläger Ziff. 3 habe vom Kindergeld und vom Einkommen seiner Mutter gelebt, einmalig habe ihm seine Tante gebrauchte Kleidung zugesandt. Dementsprechend sei auch die Formulierung im Fortzahlungsantrag zu verstehen. Die Hilfebedürftigkeit des Klägers Ziff. 3 wäre nur dann entfallen, wenn er die Leistungen auch tatsächlich erhalten hätte bzw. Ansprüche realisierbar seien. Das SG habe sich zu Unrecht auf die von ihm, dem Kläger Ziff. 1 abgegebene Verpflichtungserklärung berufen, da diese mangels Leistungsfähigkeit unwirksam gewesen sei. Ausschließlich aufgrund der anschließend vom Onkel abgegebenen Verpflichtungserklärung habe der Kläger Ziffer 3 sein Visum erhalten, das im Übrigen rechtswidrig davon abhängig gemacht worden sei. Auf Treu und Glauben komme es nicht an, sondern nur auf den tatsächlichen Sachverhalt. Fakt sei, dass beide Verpflichtungserklärenden nicht geleistet hätten und dem Beklagten die Leistungsunfähigkeit des Klägers Ziff. 1 bekannt gewesen sei. Im Übrigen seien Leistungen für den Kläger Ziff. 3 nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz mitbeantragt gewesen. Es sei offensichtlich rechtswidrig, wenn der Beklagte schuldhaft eine Falschberatung vornehme, somit die Antragstellung verhindere und sich dann im Nachhinein darauf berufen möchte, dass der Kläger Ziff. 3 keinen Antrag gestellt habe. Sofern dem Kläger Ziff. 3 keine Leistungen zugesprochen würden, hätten der Kläger Ziff. 1 und die Klägerin Ziff. 2 nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.5.2013 - B4 AS 67/12 R) Anspruch auf die tatsächlichen KdU in Höhe von 774 EUR. (Bl. 36 LSG) Hinsichtlich des Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung (Bl. 39 LSG) hat der Kläger Ziff. 1 den Vortrag wiederholt und vertieft. Gemäß Art. 6 Abs. 2 GG sei die Pflege und Erziehung eines Kindes das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Ein Stiefvater, der in keiner Weise die Funktion eines Elternteils übernehme, sei damit nicht gemeint. Er habe während des Bestehens der Bedarfsgemeinschaft vom 13.4.2010 bis 14.11.2012 (Trennung der Eheleute) keine erheblichen Betreuungsleistungen erbracht und sei nur unwesentlich an der islamisch geprägten Erziehung und Pflege des Klägers Ziff. 3 mit maximal 3 - 5 % beteiligt gewesen. Das SG habe für seine Argumentation nur völlig belanglose Punkte aus dem Fragenkatalog herausgezogen. Entscheidend sei die Summe. Der Gesetzgeber gehe hinsichtlich der alleinverantwortlichen Erziehung von einem "weit überwiegendem Anteil" aus. Im Übrigen lasse auch sein Gesundheitszustand einen beachtlichen Erziehungsanteil nicht zu.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 5. September 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. November 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12. Januar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25. März 2011, 18. April 2011, 23. Mai 2011, 3. März 2011, 25. März 2011 und 24. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 31. Mai 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II der Klägerin Ziff. 2 unter Berücksichtigung eine Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung um 38,76 EUR erhöht und dem Kläger Ziff. 3 für die Zeit vom 01. Dezember 2010 bis 30. April 2011 dem Grunde nach (Sozialgeld in Höhe von 251,00 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 258,00 EUR monatlich) sowie den Klägern für den Monat Mai 2011 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 62,00 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Verfahren L 2 AS 4446/13 NZB hat der Beklagte mit Schreiben vom 23.10.2013 (dort Bl. 10) mitgeteilt, dass dem Nebenkostenerhöhungsverlangen im Rahmen einer Nebenkostenabrechnung für den Zeitraum 13.4.2011 bis 12.4.2012 zwischenzeitlich durch den mittlerweile für den Kläger Ziff. 3 zuständigen Sozialhilfeträger und den Beklagten gegenüber den Klägern Ziff. 2 und Ziff. 3 voll entsprochen worden sei. Hierzu hat er den Bewilligungsbescheid des Sozialamts des O.es vom 21.5.2013 und den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 9.10.2013 vorgelegt. Des Weiteren hat der Beklagte noch die Verpflichtungserklärung der J.vom 16.1.2009 für die Klägerin Ziff. 2 vorgelegt und mitgeteilt, dass der Kläger Ziff. 1 und seine Schwester J.das ursprünglich im Eigentum der Eltern stehende Mehrfamilienhaus in der Hauptstr. 32 in B. zunächst gemeinschaftlich geerbt haben, der Kläger aber das Erbe ausgeschlagen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (6 Bände) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge und die beigezogenen Akten in den Rechtsstreitigkeiten des Senats L 2 AS 4446/13 NZB, L 2 AS 4447/13 NZB, L 2 AS 4448/13 NZB, L 2 AS 4468/13 NZB, L 2 AS 4469/13 NZB, L 2 AS 4682/13, L 2 AS 4686/13 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben im streitigen Zeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 keinen Anspruch auf höhere bzw. - den Kläger Ziff. 3 bis 30.4.2011 betreffend - überhaupt auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Im maßgeblichen Bewilligungszeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 sind streitgegenständlich der Bewilligungsbescheid vom 9.11.2010 in der nach § 86 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen und die Leistungshöhe beeinflussenden Fassung des Änderungs und Teilabhilfebescheides vom 12.1.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 3.3.2011, 25.3.2011, 18.4.2011, 23.5.2011 und vom 24.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2011. Dagegen gehen die Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage vor (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG in Verbindung mit § 54 Abs. 4 SGG).
1. Leistungen für den Kläger Ziff. 3 Hinsichtlich der für den Kläger Ziff. 3 geltend gemachten Leistungsansprüche ist die Berufung unbegründet, weil bereits die am 4.10.2011 auch für den Kläger Ziff. 3 erhobene Klage unzulässig war. In Bezug auf den Kläger Ziff. 3 ist nicht nur kein Vorverfahren durchgeführt worden, sondern es mangelte überhaupt an einem Verwaltungsverfahren bezüglich von Ansprüchen des Klägers Ziff. 3. Mit dem konstitutiven Akt der Antragstellung wird das Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt - ab diesem Zeitpunkt hat der Leistungsträger die Verpflichtung, das Bestehen des Leistungsanspruchs zu prüfen und zu bescheiden (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15; s. auch BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 38). In dem angefochtenen Bewilligungsbescheid vom 9.11.2010 mit seinen Änderungen ist nur über die Individualansprüche der Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 den Bewilligungszeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 betreffend entschieden worden. Der Kläger Ziff. 3 findet in dem Bescheid keine Erwähnung. Hierüber zu entscheiden bestand für den Beklagten auch kein Anlass, nachdem nach dem Zuzug des Klägers Ziff. 3 durch den Änderungsbescheid vom 27.4.2010 im früheren Bewilligungszeitraum bindend Leistungen für ihn abgelehnt worden waren und festgestellt worden war, dass er nicht mit den Klägern Ziff. 1 und Ziff. 2 eine Bedarfsgemeinschaft bildet, sondern zur Haushaltsgemeinschaft gehört. Auf die Ausführungen hierzu im Rechtsstreit L 2 AS 4686/13 hierzu wird Bezug genommen. Im Fortzahlungsantrag für den vorhergehenden Bewilligungszeitraum (1.6. bis 30.11.2010) wurde der Kläger Ziff. 3 folgerichtig auch nur als Mitglied der Haushaltsgemeinschaft angegeben und - nachdem keine Änderung eingetreten war - für den vorliegenden Bewilligungszeitraum für ihn keine Leistungen beantragt. Von daher fehlt es bereits an einer Verwaltungsentscheidung über Leistungen für den Kläger Ziff. 3. Mangels dessen war die am 31.8.2011 erhobene Klage des Klägers Ziff. 3 unzulässig. Ein Fall des § 54 Abs. 5 SGG (echte Leistungsklage) liegt offensichtlich nicht vor. Darüber, ob der fehlende Antrag (Antragserfordernis § 37 SGB II) im Nachhinein über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fingiert werden kann, was grundsätzlich ob seiner Qualität als nur konstitutiver Akt und nicht als materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung möglich ist (vgl. (BSG, Urteil vom 2.4.2014 – B 4 AS 29/13 R –, BSGE 115, 225-235, SozR 4-4200 § 37 Nr. 6, SozR 4-1300 § 28 Nr. 2, Rn. 12), brauchte der Senat daher nicht zu entscheiden. Dies ist eine Frage der Begründetheit der Klage, die sich ob der Unzulässigkeit der Klage nicht stellt.
Im Übrigen werden die für den Kläger geltend gemachten KdU nicht geschuldet. Im Zeitraum vom 1.12.2010 bis 30.4.2011 ist nicht von höheren als von den Klägern Ziff. 1 und Ziff. 2 gezahlten und vom Beklagten übernommenen KdU in Höhe von 476 EUR bzw. mit anteiliger Schönheitsreparaturpauschale von 516 EUR auszugehen, mithin für den Kläger Ziff. 3 kein weiterer Mietanteil geschuldet. Bei der Anwendung des § 22 Abs. 1 Halbsatz eins SGB II sind als Mietzinsen die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden. Ausreichend ist also, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Abzustellen ist auf die tatsächlichen Zahlungen (BSGE Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, juris Rn. 16 f). Nachdem die Schwester des Klägers als Vermieterin den auf den Kläger Ziff. 3 entfallenden Anteil von 1/3 an den Mietkosten, den die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 bis zur Übernahme der Kosten durch den Beklagten ab 1.5.2011 nicht gezahlt haben, nie schriftlich eingefordert oder sonst nachhaltig geltend gemacht hat, ist bei von über einen längeren Zeitraum gestundeten Mietforderungen davon auszugehen, dass sie nicht ernstlich geschuldet wurden, solange der Beklagte nicht zahlte.
Die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 haben sowohl im vorhergehenden Bewilligungszeitraum wie auch im streitigen Zeitraum ausweislich der Kontoauszüge vom 21.7.2010, 30.3.2011 und 1.4.2011 (Bl. 322, 4 106. 30,450 VA) bis 30.4.2011 nur den auf sie entfallenden Mietanteil in Höhe von 476 EUR bzw. mit anteiliger Schönheitsreparaturpauschale von 516 EUR an die Vermieterin überwiesen. Weitere Überweisungen an die Vermieterin wurden am selben Tag dem Konto des Klägers Ziff. 1 wieder gutgeschrieben. Im Verfahren S 6 AS 11/13 hat J.schriftlich als Zeugin befragt mit Fax vom 11.7.2013 bestätigt, dass die Mietzahlungen bis Juni 2011 durch Überweisung der Kläger erfolgt seien. Anhaltspunkte dafür, dass die Schwester des Klägers die Außenstände durch den Mietanteil des Klägers Ziff. 3 jemals ernsthaft eingefordert hat, ergeben sich aus den 6 Band Verwaltungsakten sowie den übrigen beigezogenen Akten nicht. Im Übrigen hat J.in der Mietbescheinigung am 23.4.2011 bestätigt, dass zwar Mietschulden jedoch in Form der Mietkaution bestehen. Die entsprechende Rubrik für Zeiträume wurde nicht ausgefüllt.
2. Leistungen für die Klägerin Ziff. 2 Auch wenn der geltend gemachte Anspruch für die Klägerin Ziff. 2 im streitigen 6-Monats-Zeitraum für sich den Beschwerdewert von 750 EUR nicht übersteigt, ist die Berufung dennoch statthaft, da zusammen mit dem geltend gemachten Anspruch des Klägers Ziff. 3 die Beschwerdesumme überschritten wird. Mehrere gemeinsam geltend gemachte Ansprüche sind nach § 202 SGG iVm § 5 ZPO zusammenzurechnen (Breitkreuz-Fichte SGG § 144 Rn. 20).
Die Klägerin Ziff. 2 hat jedoch keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Der Beklagte hat den Anspruch der Klägerin Ziff. 2, die die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nach § 19 S. 1 SGB II in Verbindung mit § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II (Alter zwischen 15 und 65 Jahre, erwerbsfähig, hilfebedürftig, gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik) erfüllt - im Zeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 zutreffend berechnet. Auch hat der Beklagte das Erwerbseinkommen der Klägerin durch die Vollzeittätigkeit entsprechend seinem Zufluss - Eingang auf dem Konto - im Monat zutreffend angerechnet (Änderungsbescheid vom 24.6.2011: 446,90 EUR für Mai 2011). Einwände sind hiergegen auch nicht erhoben worden. Auf die Ausführungen des SG hierzu wird ergänzend Bezug genommen.
Auch ein Mehrbedarf für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs. 3 SGB II steht der Klägerin Ziff. 2 nicht zu. Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass Leistungen für einen Mehrbedarf Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind. Der Streit um einen Anspruch auf eine Leistung nach § 21 SGB II stellt keinen eigenständigen und von der Höhe der Regelleistung abtrennbaren Streitgegenstand dar (vgl. BSG, Urteil vom 11.2.2015 - B 4 AS 26/14 R, juris Rn. 10). Es handelt sich dabei um einen Bestandteil des Alg II, der unabhängig von der konkreten Höhe des Bedarfs gewährt wird, wenn bei einem Leistungsberechtigten die besondere Bedarfssituation der Alleinerziehung vorliegt. Das Gesetz geht insofern von besonderen Lebensumständen aus, bei denen typischerweise ein zusätzlicher Bedarf zu bejahen ist (BSG, Urteil vom 11.2.2015 - B 4 AS 26/14 R - ,juris Rn. 11). Diese liegen jedoch nicht vor.
Nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II (in der im Bewilligungszeitraum geltenden Fassung) ist für Personen, die mit einem oder mehreren Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, gemäß § 21 Abs. 3 SGB II ein Mehrbedarf in Höhe von 36 v.H. der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung anzuerkennen, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter sechzehn Jahren zusammenleben (Nr. 1), oder in Höhe von 12 v.H. der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Vomhundertsatz als nach der Nr. 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 v.H. der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung (Nr. 2) anerkannt. Ein "Zusammenleben" erfordert nicht das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft mit dem minderjährigen Kind. Ausreichend ist das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft (BSG, Urteil vom 27.1.2009 - B 14/7B AS 8/07 R; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II 3. Aufl. § 21 Rn. 29; Krauß in Hauck/Noftz, SGB, 05/11, § 21 SGB II Rn. 40). Demnach hat die Klägerin Ziff. 2 mit dem zehn Jahre alten Kläger Ziff. 3 in der streitigen Zeit zusammen gelebt, sodass sich vorliegend ein Mehrbedarf von monatlich 38,76 EUR (12 % von 323,00 EUR) errechnen würde. Die Klägerin Ziff. 2 hat jedoch nicht allein für dessen Pflege und Erziehung gesorgt.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3.3.2009 – B 4 AS 50/07 R -, juris Rn. 19; Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 54/08 R -, juris Rn. 15; Urteil vom 23.8.2012 – B 4 AS 167/11 R -; juris Rn. 14; Urteil vom 11.2.2015 - B 4 AS 26/14 R - juris Rn. 12) liegt Alleinerziehung i.S. der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" nach § 21 Abs. 3 SGB II vor, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Entscheidend ist, ob eine andere Person in erheblichem Umfang bei der Pflege und Erziehung mitwirkt. Abzustellen ist dabei allein auf die tatsächlichen Verhältnisse. Geprägt wird die Auslegung des Begriffs der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" durch die besondere Bedarfssituation der Alleinerziehenden, die dadurch geprägt ist, dass bei diesem Personenkreis - in gleicher Weise wie bei den weiteren von § 21 SGB II erfassten Hilfebedürftigen (werdende Mütter, erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte) - besondere Lebensumstände vorliegen, bei denen typischerweise ein zusätzlicher Bedarf zu bejahen ist. Solche besonderen Lebensumstände hat das BSG exemplarisch darin gesehen, dass Alleinerziehende wegen der Sorge für ihre Kinder typischerweise weniger Zeit hätten, preisbewusst einzukaufen sowie zugleich höhere Aufwendungen zur Kontaktpflege und zur Unterrichtung in Erziehungsfragen tragen müssten bzw. externen Rat in Betreuungs-, Gesundheits- und Erziehungsfragen benötigten. Auch der Zweck des in § 21 Abs. 3 SGB II geregelten Mehrbedarfs liege darin, den höheren Aufwand von Alleinerziehenden für die Versorgung und Pflege bzw. Erziehung der Kinder etwa wegen geringerer Beweglichkeit und zusätzlicher Aufwendungen für die Kontaktpflege oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen Dritter in pauschalierter Form auszugleichen (BSG, Urteil vom 23.8.2012 – B 4 AS 167/11 R –, juris, Rn. 14 m.w.N.). Der Gesetzgeber habe den Anspruch auf einen Mehrbedarf für Alleinerziehende bereits nach dem Wortlaut der Norm mit einer besonderen Familienkonstellation ("allein für deren Pflege und Erziehung sorgen") verknüpft und damit zugleich regelhaft die Annahme verbunden, dass das Schwergewicht der Betreuung und Erziehung nur bei einem Elternteil liege (BSG, Urteil vom 11.2.2015 – B 4 AS 26/14 R –, juris Rn. 14)
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt der Senat fest, dass die Klägerin Ziff. 2 durch den Kläger Ziff. 1 so nachhaltig in der Erziehung und Pflege des Klägers Ziff. 3 entlastet wurde, dass auf Grund der tatsächlichen Umstände die Zubilligung eines Mehrbedarfs nicht gerechtfertigt wäre.
Die Klägerin Ziff. 2 war im streitigen Zeitraum mit dem Kläger Ziff. 1 verheiratet und hat mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft zusammen gelebt. Leben Partner in einer Bedarfsgemeinschaft, kann Alleinerziehung nur ausnahmsweise vorliegen (Krauß in Hauck/Noftz, SGB, 05/11, § 21 SGB II Rn. 44). Wird vorgebracht, ein im Haushalt lebender Partner beteilige sich nicht an Erziehung und Pflege der nicht leiblichen Kinder, so ist dieses zwar auch heute noch denkbar, es bedarf dann jedoch einer Verifizierung der Behauptung. Die Äußerlichkeiten sprechen in einem solchen Fall zunächst einmal für eine Wahrscheinlichkeit der Beteiligung (S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl. § 21 Rn. 32).
Zur Beurteilung der hier anstehenden Frage geht der Kläger Ziff. 1 mit seiner Argumentation von einem falschen Blickwinkel aus, indem er isoliert seinen Erziehungsanteil betrachtet. Entgegen der Ansicht des Klägers des Ziff. 1 kommt es jedoch nicht auf die Summe der in einem Fragenkatalog abgefragten einzelnen Handlungen hinsichtlich der Beteiligung an der Erziehung an. Ausgehend vom Blickwinkel der Person, für die der Mehrbedarf geltend gemacht wird - hier die Klägerin Ziff. 2 - ist vielmehr zu beurteilen, ob die Erziehungsanteile des Klägers Ziff. 1 diese nachhaltig entlastet haben, was vorliegend zu bejahen ist. Das SG hat dies zutreffend und ausführlich in seinem Urteil dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst hierauf Bezug.
Auch wenn die vom SG angeführte Verpflichtungserklärung des Klägers Ziff. 1 wegen mangelnder Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung des Lebensunterhalts während des Aufenthalts (vgl. § 5 AufenthG) nicht ausreichend war, so ist die Abgabe der Erklärung dennoch nicht bedeutungslos. Durch sie hat der Kläger Ziff. 1 jedenfalls zum Ausdruck gebracht, dass er grundsätzlich bereit ist, für den Kläger Ziff. 3 finanziell einzustehen.
Bei der gegebenen Konstellation lagen die einen Mehrbedarf rechtfertigenden Gründe, nämlich weniger Zeit preisbewusst einzukaufen, höhere Aufwendungen zur Kontaktpflege und zur Unterrichtung in Erziehungsfragen bzw. für externen Rat in Betreuungs-, Gesundheits- und Erziehungsfragen nicht vor. Gerade hierin hat der nicht erwerbstätige und damit zur Verfügung stehende, mit den hiesigen Verhältnissen vertraute, deutsche Ehemann die marokkanische, mit den hiesigen Verhältnissen nicht vertraute und ungenügend deutsch sprechende und berufstätige Klägerin Ziff. 2 bei der Erziehung des Klägers Ziff. 3 unterstützt.
3. höhere KdU für Mai Höhere KdU für den streitigen Zeitraum sind letztlich nur noch hinsichtlich der Nebenkostenerhöhung für den Mai 2011 geltend gemacht worden. Die ausstehenden Nebenkosten in Höhe von 62 EUR sind jedoch ausweislich der vorgelegten Bewilligungsbescheide zwischenzeitlich im Zuge einer Nebenkostenabrechnung zum einen Teil durch das Sozialamt des O.es im Mai 2013 und den restlichen Teil betreffend durch den Beklagten im Oktober 2013bezahlt worden (Bewilligungsbescheid des Sozialamts vom 21.5.2013 und den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 9.10.2013), so dass eine Forderung der Vermieterin zumindest nicht mehr besteht und die Kläger nicht mehr beschwert sind. Diesbezüglich ist das Rechtsschutzinteresse der Kläger entfallen, wie nun auch der Kläger Ziff. 1 mit seinem Schreiben vom 4.7.2015 eingeräumt hat. Die ursprünglich hilfsweise geltend gemachten höheren KdU für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 werden nicht mehr geltend gemacht.
Die Berufungen waren daher insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das durch die Gewährung entfallene Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der 62 EUR für Mai 2011 fällt kostenmäßig dabei nicht ins Gewicht und war daher nicht gesondert zu berücksichtigen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten für die Zeit vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), nämlich für die Klägerin Ziff. 2 um einen Mehrbedarf für Alleinerziehende erhöht, für den Kläger Ziff. 3 dem Grunde nach bis 30.4.2011 (Sozialgeld und Kosten der Unterkunft - KdU) sowie um höhere KdU für den Monat Mai 2011.
Der Kläger Ziff. 1 bezog seit langem allein und nach ihrem Zuzug im Mai 2009 zusammen mit seiner am geborenen und aus M. stammenden Ehefrau, der Klägerin Ziff. 2, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zunächst von der ARGE-Jobcenter Stadt P ... Zum 1.12.2009 zogen die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten (vormals Arbeitsgemeinschaft zur Beschäftigungsförderung im O.) nach B. in das im Eigentum der Schwester des Klägers Ziff. 1, B. J., stehende 2-Familien-Haus in der um. Diese ist durch die Erbausschlagung des Klägers Ziff. 1 Alleineigentümerin des Hauses geworden (Bl. 82 LSG-Akte bei L 2 AS 4527/13). Am 13.4.2010 zogen die Kläger im gleichen Haus in die größere, 88 qm große Wohnung um. Ausweislich des Mietvertrages vom 05.04.2010 beliefen sich die monatlichen Kosten auf: kalte Grundmiete 441 EUR, Zentralheizung 88 EUR, Kosten der Warmwasserbereitung 16 EUR, Betriebskostenpauschale 169 EUR sowie Pauschale für Schönheitsreparaturen 60 EUR (Gesamtkosten: 774 EUR).
Ebenfalls am 13.4.2010 zog der aus der ersten Ehe mit einem Marokkaner stammende Sohn der Klägerin Ziff. 2, der am 18.7.2000 geborene Kläger Ziff. 3 (ebenfalls marokkanischer Staatsangehöriger) zu den Klägern Ziff. 1 und Ziff. 2. Den Zuzug hatten die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 gemeinsam organisiert. In der Verpflichtungserklärung vom 18.3.2010 hatte sich zuvor der in S. lebende Onkel des Klägers Ziff. 3, O., verpflichtet, für die Dauer des Aufenthalts nach § 68 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) die Kosten für dessen Lebensunterhalt zu tragen. Hiervon erlangte der Beklagte durch das Schreiben der Ausländerbehörde des Landratsamts O. vom 20.04.2010 Kenntnis (Bl. 81 VA) und lehnte (den Leistungszeitraum vom 1.12.2009 bis 31.5.2010 betreffend) mit Änderungsbescheid vom 27.4.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Kläger Ziff. 3 ab, berücksichtigte ihn als Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und reduzierte die Unterkunftsleistungen für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 nach dem Kopfteilsprinzip. Der Kläger Ziff. 3 könne wegen der Verpflichtungserklärung seines Onkels keine Alg II-Leistungen erhalten (u.a hiergegen ist beim Senat der Rechtsstreit L 2 AS 4686/13 anhängig).
Am 9.11.2010 beantragte der Kläger Ziff. 1 für sich und die Klägerin Ziff. 2 die Fortzahlung der Leistungen. Für die Klägerin Ziff. 2 wurde ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung beantragt.
Mit Bescheid vom 9.11.2010 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1.12.2010 bis 31.05.2011 Leistungen nach dem SGB II für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 in Höhe von 1.151,22 EUR für Dezember 2010 unter Berücksichtigung von 40,00 EUR als Fahrtkostenersatz für die Ausübung des Umgangsrechts des Klägers Ziff. 1 mit seinen Kindern aus erster Ehe. Ab 1.1.2011 betrugen die Leistungen 1.111,22 EUR monatlich, jeweils ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung für die Klägerin Ziff. 2. Von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zog der Beklagte die Warmwasserpauschalen (16,17 EUR), die Pauschale für Schönheitsreparaturen (60 EUR) sowie den Anteil für den Kläger Ziff. 3 (232,61 EUR) ab. Die monatlichen Leistungen für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 beliefen sich danach ab Januar 2011 auf je 323,00 EUR Regelleistung und 232,61 EUR anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung (Bl. 342 VA).
Dagegen legte der Kläger Ziff. 1 Widerspruch ein (vom 3.12.2010, Bl. 364 VA) und begehrte die Berücksichtigung der anteiligen Schönheitsreparaturpauschale sowie den Mehrbedarf für Alleinerziehende für die Klägerin Ziff. 2. Die Klägerin Ziff. 2 erziehe den Kläger Ziff. 3 allein. Der leibliche Vater lebe in M ... Der Kläger Ziff. 1 sei als Stiefvater dem leiblichen Vater nicht gleichzusetzen. Darüber hinaus sei die Erziehung des Klägers Ziff. 3 islamisch geprägt und werde nur von der Klägerin Ziff. 2 vorgenommen.
Mit Änderungsbescheid (und Teilabhilfebescheid) vom 12.01.2011 half der Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als er bei den Klägern Ziff. 1 und Ziff. 2 für die Zeit von Dezember 2010 bis Mai 2011 nunmehr auch die Schönheitsreparaturpauschale anteilig in Höhe von je 20,00 EUR gewährte (Bl. 399 VA).
Mit Änderungsbescheiden vom 03.03.2011 gewährte der Beklagte dem Kläger Ziff. 1 weitere 42,00 EUR für Fahrtkosten im April 2011, 121,83 EUR für im März 2011 fällige Abfallgebühren (Bl. 481, 486 VA) und mit Änderungsbescheid vom 25.03.2011 die rückwirkende Anpassung der Regelbedarfe ab dem 01.01.2011 (Bl. 488/1 VA).
Mit Änderungsbescheid vom 18.04.2011 wurden die Kosten der Unterkunft und Heizung rückwirkend ab Januar 2011 in Höhe von je 258 EUR ohne Abzug der Warmwasserpauschalen gewährt. Auf Grund der mitgeteilten Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit der Klägerin Ziff. 2 ab 18.4.2011 mit monatlich schwankendem Einkommen berücksichtigte der Beklagte vorsorglich ab Mai 2011 ein Einkommen von 500 EUR, wobei sich die vorläufige Leistungsgewährung für Mai 2011 auf 842 EUR reduzierte (Bl. 423 VA).
Am 28.04.2011 beantragte der Kläger Ziff. 1 erstmals auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und Förderleistungen aus dem neuen Bildungspaket für den Kläger Ziff. 3. Ab dem 01.5.2011 würden von dem Onkel keine Leistungen mehr an den Kläger Ziff. 3 erbracht. Somit erhalte dieser keine Leistungen mehr von einer Drittperson.
Daraufhin nahm der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 23.05.2011 auch den Kläger Ziff. 3 in die Bedarfsgemeinschaft auf und berücksichtigte ihn unter Anrechnung von Kindergeld in Höhe von 184 EUR bei der vorläufigen Berechnung der Leistungen für Mai 2011 (ausgehend von 251 EUR Sozialgeld und 258 EUR anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung), die sich dadurch vorläufig auf 1.167 EUR erhöhten (Bl. 456 VA).
Am 31.5.2011 legte der Kläger die Mietbescheinigung vom 23.4.2011 vor, wonach sich seit 1.5.2011 die Mietkosten auf 836 EUR erhöht hatten. Die Erhöhung beruhte auf Erhöhung der Kosten für die Zentralheizung (von 88 EUR auf 146 EUR) und für Warmwasser (von 16 EUR auf 20 EUR) um zusammen 62 EUR. In der Bescheinigung ist unter der Rubrik "es bestehen Mietschulden" ausgefüllt: "ja Mietkaution".
Mit Änderungsbescheid vom 24.06.2011 setzte der Beklagte die Leistungen an die Kläger nach Vorlage der Lohnabrechnung der Klägerin Ziff. 2 für April im Zuflussmonat Mai 2011 endgültig auf 1.267,52 EUR fest (für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 jeweils 238,17 EUR Regelbedarf und 258,00 EUR anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung; für den Kläger Ziff. 3 17,18 EUR Sozialgeld und 258,00 EUR anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung; Bl. 518 VA).
Hinsichtlich der Mietbescheinigung teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 24.6.2011 (Bl. 520 VA) mit, dass diese nicht ausreichend sei und weitere Nachweise vorzulegen seien. Danach werde die Berechnung der Unterkunftskosten überprüft.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2011 wies der Beklagte den Widerspruch vom 03.12.2010 im Übrigen als unbegründet zurück. Dem Widerspruch sei hinsichtlich der Pauschale für Schönheitsreparaturen durch den Bescheid vom 12.1.2011 voll entsprochen worden. Ein Anspruch auf Mehrbedarf wegen Alleinerziehung bestünde unter Bezugnahme auf frühere Widerspruchsbescheide (vom 26.1.2011-W6/11 und vom 28.1.2011-W 93/11) nicht (Bl. 549 VA).
Am 4.10.2011 haben die Kläger Ziff. 1, Ziff. 2 und Ziff. 3 Klage gegen den Bescheid vom 9.11.2010 in der Fassung der Änderungsbescheide sowie den Widerspruchsbescheid vom 14.9.2011 - W 93/11 - "wegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 (u.a. Gewährung eines Alleinerziehendenzuschlags, Leistungen für den Kläger Ziff. 3 und Kosten der Unterkunft) zunächst fristwahrend zum Sozialgericht Ulm erhoben (SG, Az.: S 6 AS 3274/11). Mit Fax vom 15.1.2012 haben sie die Klage begründet und ihren Vortrag wegen Alleinerziehung ergänzt. Die Leistungen für den Kläger Ziff. 3 für die Zeit vom 1.12.2010 bis zur Bewilligung ab 1.5.2011 wurden mit der Begründung geltend gemacht, er habe weder von dem Onkel noch von anderen Drittpersonen Unterhaltszahlungen erhalten, sondern vom Kindergeld und dem Einkommen seiner Mutter gelebt. Die Rechtsauffassung des Jobcenters sei falsch gewesen. Hinsichtlich der KdU haben sie die Berücksichtigung der Erhöhung der Nebenkosten ab Mai 2011 um 62 EUR eingefordert, die durch die Mietbescheinigung nachgewiesen sei.
Mit Beschluss vom 13.6.2012 hat das SG im Hinblick auf das bei dem Bundessozialgericht (BSG) anhängige Verfahren B 4 AS 167/11 R den Rechtsstreit zum Ruhen gebracht und nach Anrufung mit Schriftsatz vom 20.12.2012 das Verfahren unter dem Az. S 6 AS 11/13 fortgeführt.
Die Kläger haben ihren Vortrag vertieft (Schreiben vom 8.5.2013, Bl. 32 SG-Akte).
Der Beklagte hat die vom Kläger Ziff. 1 unterschriebene Verpflichtungserklärung zum bevorstehenden Aufenthalt des Klägers Ziff. 3 vom 23.12.2009 vorgelegt und daraus den Schluss gezogen, dass eine Alleinerziehung der Kindsmutter nie beim Einreisen in das Bundesgebiet angestrebt gewesen sei. Bezüglich der KdU gewähre der Beklagte bereits mehr als den Klägern nach der Wohngeldtabelle zzgl. 10 % Zuschlag zustehe. Zudem habe der Kläger Ziff. 1 im Fortzahlungsantrag für den Zeitraum ab 1.6.2011 darauf verwiesen, dass der Kläger Ziff. 3 zukünftig keine Drittmittel mehr erhalten werde, was auf Unterstützung in der Vergangenheit schließen lasse.
Das SG hat die Vermieterin J.schriftlich als Zeugin zum Mieterhöhungsverlangen gehört. In ihrer Auskunft vom 12.7.2013 (Bl. 37 SG Akte) hat sie u.a. mitgeteilt, dass die Mietzahlung bis Juni 2011 von den Mietern durch Überweisung auf ihr Konto erfolgt sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5.9.2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für die Zeit vom 1.12.2010 bis 31.5.2010 Streitgegenstand zum einen die höhere Gewährung der Leistungen als solche unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende - der kein abtrennbarer Streitgegenstand sei - sei. Zum anderen stehe die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Kläger Ziff. 3 dem Grunde nach bis 30.4.2011 sowie die Gewährung weiterer KdU i.H.v.62 Euro im Mai 2011 im Streit. Die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 erfüllten in der streitigen Zeit die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 bis 4 SGB II. Insbesondere die Klägerin Ziff. 2 sei auch nicht von Leistungen nach§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen und beide seien hilfebedürftig gewesen. Der Beklagte habe das zu berücksichtigende Einkommen der Klägerin Ziff. 2 ebenso zutreffend bestimmt wie die anzusetzenden Regelsätze. Entsprechendes gelte für die Höhe der zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung, nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 12.1.2011 auch die Schönheitsreparaturenpauschale in Ansatz gebracht habe. Der monatliche Bedarf sei nicht um einen Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II (a.F.) - als Individualanspruch nur der Klägerin Ziff. 2 in Höhe von monatlich 38,76 EUR (12 % von 323,00 EUR) - zu erhöhen. Das Gesetz nenne keine Definition dafür, wann die Sorge für die Pflege und Erziehung "allein" im Sinne des § 21 Abs. 3 SGB II getragen werde. Es herrsche in der Rechtsprechung jedoch Einigkeit, dass bezüglich der alleinigen Sorge ausschließlich auf die tatsächlichen Umstände abzustellen sei und nicht auf rechtliche Verhältnisse wie zum Beispiel ein geteiltes Sorgerecht (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG-, Urteil vom 23.08.2012 – B 4 AS 167/11 R). Die Begriffe "Pflege" und "Erziehung" umschrieben die umfassende Verantwortung für die Lebens- und Entwicklungsbedingungen des Kindes. Pflege konkretisiere die Sorge für das körperliche Wohl, Erziehung die Sorge für die seelische und geistige Entwicklung, die Bildung und Ausbildung der minderjährigen Kinder. Es gehe um die gesamte Sorge für das Kind, mithin die Ernährung, Bekleidung, Gestaltung des Tagesablaufs und die emotionale Zuwendung (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 50/07 R). Entscheidend sei daher, ob der hilfebedürftige Elternteil von einer anderen Person (beispielsweise seinem Partner) in einem Umfang unterstützt werde, der es rechtfertige, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Diese Entlastungen könnten auch finanzieller Art sein, müssten dann aber in einem Umfang bestehen, dass die Zuerkennung eines Mehrbedarfs nicht gerechtfertigt wäre. Eine solche nachhaltige Entlastung der Klägerin Ziff. 2 durch den Kläger Ziff. 1 hat das SG darin gesehen, dass sich beide gemeinsam um den Zuzug des Kläger Ziff. 3 aus Marokko sowie um die hierdurch notwendig gewordene Beschaffung einer größeren Wohnung gekümmert haben. Kläger Ziff. 1 habe zudem finanzielle Verantwortung für Kläger Ziff. 3 übernommen, indem er zu dessen Gunsten eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben habe. Ferner habe sich der Kläger Ziff. 1 nach seinem eigenen Vortrag um den Einkauf für die gesamte Familie sowie die Finanzen gekümmert, an der schulischen Entwicklung des Kläger Ziff. 3 teilgenommen, indem er sich Schulnoten habe zeigen lassen, mit ihm gemeinsam Mahlzeiten eingenommen habe, mit ihm ins Kino gegangen sei und die Klägerin Ziff. 2 bei Elternsprechstunden in der Schule sowie bei Arztbesuchen des Kläger Ziff. 3 begleitet habe. Der Umstand, dass Kläger Ziff. 1 diese Dinge möglicherweise nur deshalb gemacht habe, weil die Klägerin Ziff. 2 die deutsche Sprache - nach dem klägerischen Vortrag - nur unzulänglich beherrscht habe, rechtfertigte keine andere Wertung, weil es allein auf die tatsächlichen Umstände ankomme und nicht die Motive hierfür. Keine andere Bewertung ergebe sich aus der islamischen Prägung der Erziehung des Klägers Ziff. 3, da die Erziehung und Pflege auch bei anderen Ehepaaren in unterschiedlichster Weise aufgeteilt sei. Hierdurch sei von einer erheblichen Entlastung der Klägerin Ziff. 2 auszugehen, was sich auch durch das vielfache Prozessieren mit Nachdruck zugunsten der Klägerin Ziff. 2 und des Klägers Ziff. 3 zeige. Auch die geltend gemachte gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers Ziff. 1 - nur noch unter drei Stunden täglich leistungsfähig - stehe nicht entgegen, da ihn dies nicht daran gehindert habe, die Klägerin Ziff. 2 in dem genannten Umfang zu unterstützen, sodass die tatsächlichen Umstände seinen Vortrag widerlegten.
Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf höhere KdU unter Berücksichtigung von weiteren Nebenkosten in Höhe von 62 EUR im Monat Mai 2011. Das Nebenkostenerhöhungsverlangen sei zivilrechtlich unwirksam.
Soweit für den Kläger Ziff. 3 Leistungen auch für die Zeit vom 1.12.2010 bis 30.4.2011 geltend gemacht würden und er sich gegen den angegriffenen Bescheid wende, sei die Klage bereits unzulässig, da mit dem angegriffenen Bescheid nicht über Ansprüche des Klägers Ziff. 3 für diesen Zeitraum entschieden worden sei. Über solche Ansprüche habe der Beklagte auch nicht zu entscheiden gehabt, da es an einer entsprechenden Antragstellung im Sinne des § 37 SGB II fehle. Für den Kläger Ziff. 3 seien Leistungen erst ab dem 1.5.2011 beantragt worden, weil er nach den Angaben der Kläger erst ab dem 1.5.2011 keine Leistungen mehr von Dritten erhalten sollte. Der Beklagte habe daher davon ausgehen können, dass für den Kläger Ziff. 3 ein Leistungsantrag erst ab dem 1.5.2011 gestellt wurde. Eine Antragstellung für den vorhergehenden Zeitraum könne auch nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fingiert werden. Die grundsätzlich mögliche Fingierung des Antrags im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben vorliegend nicht geboten. Der Kläger Ziff. 1, der trotz langjährigem Leistungsbezugs nach dem SGB II in der Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG zugunsten des Kläger Ziff. 3 angegeben habe, dass seine Einkommensverhältnisse gesichert seien und er für alle im Zusammenhang mit dem dauerhaften Aufenthalt des Klägers Ziff. 3 im Bundesgebiet entstehenden Kosten aufkommen werde, verhalte sich treuwidrig, wenn er nun Leistungen nach dem SGB II für den Kläger Ziff. 3 ab dem ersten Tag seiner Einreise ins Bundesgebiet rückwirkend einklage. Das treuwidrige Verhalten des Kläger Ziff. 1 müssten sich die Kläger Ziff. 2 und Ziff. 3 zurechnen lassen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 20.9.2013 zugestellte Urteil hat dieser schriftlich am 18.10.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen im Rahmen der KdU berücksichtigungsfähig seien. Eine eventuell zivilrechtliche Unwirksamkeit spiele nicht die entscheidende Rolle. Leistungen für den Kläger Ziff. 3 seien über den Antrag der Bedarfsgemeinschaft nach dem so genannten Meistbegünstigungsgrundsatz mit beantragt gewesen. Der Kläger Ziff. 1 hat mit Fax vom 16.12.2013 noch seinen bisherigen Vortrag ergänzt und hinsichtlich der für den Kläger Ziff. 3 begehrten Leistungen (Bl. 29 LSG) zur Sicherung des Lebensunterhalts vorgetragen, der Beklagte habe falsch belehrt, indem er mitgeteilt habe, dass der Kläger Ziff. 3 durch die Verpflichtungserklärung seines Onkels keine Alg II-Leistungen erhalten könne und so die Antragstellung verhindert. Der Onkel habe tatsächlich keine Unterhaltszahlungen erbracht. Nachdem der Beklagte seit 1.5.2011 nun dem Kläger Ziff. 3 Leistungen nach dem SGB II gewähre, habe es seine ursprüngliche falsche Rechtsauffassung korrigiert. Unverständlich sei, dass dies nicht auch für den streitigen Zeitraum erfolge. Es bleibe dem Beklagten unbenommen, sich anschließend bezüglich der Verpflichtungserklärung an den Onkel zu wenden. Der Kläger Ziff. 3 habe vom Kindergeld und vom Einkommen seiner Mutter gelebt, einmalig habe ihm seine Tante gebrauchte Kleidung zugesandt. Dementsprechend sei auch die Formulierung im Fortzahlungsantrag zu verstehen. Die Hilfebedürftigkeit des Klägers Ziff. 3 wäre nur dann entfallen, wenn er die Leistungen auch tatsächlich erhalten hätte bzw. Ansprüche realisierbar seien. Das SG habe sich zu Unrecht auf die von ihm, dem Kläger Ziff. 1 abgegebene Verpflichtungserklärung berufen, da diese mangels Leistungsfähigkeit unwirksam gewesen sei. Ausschließlich aufgrund der anschließend vom Onkel abgegebenen Verpflichtungserklärung habe der Kläger Ziffer 3 sein Visum erhalten, das im Übrigen rechtswidrig davon abhängig gemacht worden sei. Auf Treu und Glauben komme es nicht an, sondern nur auf den tatsächlichen Sachverhalt. Fakt sei, dass beide Verpflichtungserklärenden nicht geleistet hätten und dem Beklagten die Leistungsunfähigkeit des Klägers Ziff. 1 bekannt gewesen sei. Im Übrigen seien Leistungen für den Kläger Ziff. 3 nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz mitbeantragt gewesen. Es sei offensichtlich rechtswidrig, wenn der Beklagte schuldhaft eine Falschberatung vornehme, somit die Antragstellung verhindere und sich dann im Nachhinein darauf berufen möchte, dass der Kläger Ziff. 3 keinen Antrag gestellt habe. Sofern dem Kläger Ziff. 3 keine Leistungen zugesprochen würden, hätten der Kläger Ziff. 1 und die Klägerin Ziff. 2 nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.5.2013 - B4 AS 67/12 R) Anspruch auf die tatsächlichen KdU in Höhe von 774 EUR. (Bl. 36 LSG) Hinsichtlich des Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung (Bl. 39 LSG) hat der Kläger Ziff. 1 den Vortrag wiederholt und vertieft. Gemäß Art. 6 Abs. 2 GG sei die Pflege und Erziehung eines Kindes das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Ein Stiefvater, der in keiner Weise die Funktion eines Elternteils übernehme, sei damit nicht gemeint. Er habe während des Bestehens der Bedarfsgemeinschaft vom 13.4.2010 bis 14.11.2012 (Trennung der Eheleute) keine erheblichen Betreuungsleistungen erbracht und sei nur unwesentlich an der islamisch geprägten Erziehung und Pflege des Klägers Ziff. 3 mit maximal 3 - 5 % beteiligt gewesen. Das SG habe für seine Argumentation nur völlig belanglose Punkte aus dem Fragenkatalog herausgezogen. Entscheidend sei die Summe. Der Gesetzgeber gehe hinsichtlich der alleinverantwortlichen Erziehung von einem "weit überwiegendem Anteil" aus. Im Übrigen lasse auch sein Gesundheitszustand einen beachtlichen Erziehungsanteil nicht zu.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 5. September 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. November 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12. Januar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25. März 2011, 18. April 2011, 23. Mai 2011, 3. März 2011, 25. März 2011 und 24. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 31. Mai 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II der Klägerin Ziff. 2 unter Berücksichtigung eine Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung um 38,76 EUR erhöht und dem Kläger Ziff. 3 für die Zeit vom 01. Dezember 2010 bis 30. April 2011 dem Grunde nach (Sozialgeld in Höhe von 251,00 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 258,00 EUR monatlich) sowie den Klägern für den Monat Mai 2011 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 62,00 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Verfahren L 2 AS 4446/13 NZB hat der Beklagte mit Schreiben vom 23.10.2013 (dort Bl. 10) mitgeteilt, dass dem Nebenkostenerhöhungsverlangen im Rahmen einer Nebenkostenabrechnung für den Zeitraum 13.4.2011 bis 12.4.2012 zwischenzeitlich durch den mittlerweile für den Kläger Ziff. 3 zuständigen Sozialhilfeträger und den Beklagten gegenüber den Klägern Ziff. 2 und Ziff. 3 voll entsprochen worden sei. Hierzu hat er den Bewilligungsbescheid des Sozialamts des O.es vom 21.5.2013 und den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 9.10.2013 vorgelegt. Des Weiteren hat der Beklagte noch die Verpflichtungserklärung der J.vom 16.1.2009 für die Klägerin Ziff. 2 vorgelegt und mitgeteilt, dass der Kläger Ziff. 1 und seine Schwester J.das ursprünglich im Eigentum der Eltern stehende Mehrfamilienhaus in der Hauptstr. 32 in B. zunächst gemeinschaftlich geerbt haben, der Kläger aber das Erbe ausgeschlagen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (6 Bände) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge und die beigezogenen Akten in den Rechtsstreitigkeiten des Senats L 2 AS 4446/13 NZB, L 2 AS 4447/13 NZB, L 2 AS 4448/13 NZB, L 2 AS 4468/13 NZB, L 2 AS 4469/13 NZB, L 2 AS 4682/13, L 2 AS 4686/13 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben im streitigen Zeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 keinen Anspruch auf höhere bzw. - den Kläger Ziff. 3 bis 30.4.2011 betreffend - überhaupt auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Im maßgeblichen Bewilligungszeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 sind streitgegenständlich der Bewilligungsbescheid vom 9.11.2010 in der nach § 86 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen und die Leistungshöhe beeinflussenden Fassung des Änderungs und Teilabhilfebescheides vom 12.1.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 3.3.2011, 25.3.2011, 18.4.2011, 23.5.2011 und vom 24.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2011. Dagegen gehen die Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage vor (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG in Verbindung mit § 54 Abs. 4 SGG).
1. Leistungen für den Kläger Ziff. 3 Hinsichtlich der für den Kläger Ziff. 3 geltend gemachten Leistungsansprüche ist die Berufung unbegründet, weil bereits die am 4.10.2011 auch für den Kläger Ziff. 3 erhobene Klage unzulässig war. In Bezug auf den Kläger Ziff. 3 ist nicht nur kein Vorverfahren durchgeführt worden, sondern es mangelte überhaupt an einem Verwaltungsverfahren bezüglich von Ansprüchen des Klägers Ziff. 3. Mit dem konstitutiven Akt der Antragstellung wird das Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt - ab diesem Zeitpunkt hat der Leistungsträger die Verpflichtung, das Bestehen des Leistungsanspruchs zu prüfen und zu bescheiden (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15; s. auch BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 38). In dem angefochtenen Bewilligungsbescheid vom 9.11.2010 mit seinen Änderungen ist nur über die Individualansprüche der Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 den Bewilligungszeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 betreffend entschieden worden. Der Kläger Ziff. 3 findet in dem Bescheid keine Erwähnung. Hierüber zu entscheiden bestand für den Beklagten auch kein Anlass, nachdem nach dem Zuzug des Klägers Ziff. 3 durch den Änderungsbescheid vom 27.4.2010 im früheren Bewilligungszeitraum bindend Leistungen für ihn abgelehnt worden waren und festgestellt worden war, dass er nicht mit den Klägern Ziff. 1 und Ziff. 2 eine Bedarfsgemeinschaft bildet, sondern zur Haushaltsgemeinschaft gehört. Auf die Ausführungen hierzu im Rechtsstreit L 2 AS 4686/13 hierzu wird Bezug genommen. Im Fortzahlungsantrag für den vorhergehenden Bewilligungszeitraum (1.6. bis 30.11.2010) wurde der Kläger Ziff. 3 folgerichtig auch nur als Mitglied der Haushaltsgemeinschaft angegeben und - nachdem keine Änderung eingetreten war - für den vorliegenden Bewilligungszeitraum für ihn keine Leistungen beantragt. Von daher fehlt es bereits an einer Verwaltungsentscheidung über Leistungen für den Kläger Ziff. 3. Mangels dessen war die am 31.8.2011 erhobene Klage des Klägers Ziff. 3 unzulässig. Ein Fall des § 54 Abs. 5 SGG (echte Leistungsklage) liegt offensichtlich nicht vor. Darüber, ob der fehlende Antrag (Antragserfordernis § 37 SGB II) im Nachhinein über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fingiert werden kann, was grundsätzlich ob seiner Qualität als nur konstitutiver Akt und nicht als materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung möglich ist (vgl. (BSG, Urteil vom 2.4.2014 – B 4 AS 29/13 R –, BSGE 115, 225-235, SozR 4-4200 § 37 Nr. 6, SozR 4-1300 § 28 Nr. 2, Rn. 12), brauchte der Senat daher nicht zu entscheiden. Dies ist eine Frage der Begründetheit der Klage, die sich ob der Unzulässigkeit der Klage nicht stellt.
Im Übrigen werden die für den Kläger geltend gemachten KdU nicht geschuldet. Im Zeitraum vom 1.12.2010 bis 30.4.2011 ist nicht von höheren als von den Klägern Ziff. 1 und Ziff. 2 gezahlten und vom Beklagten übernommenen KdU in Höhe von 476 EUR bzw. mit anteiliger Schönheitsreparaturpauschale von 516 EUR auszugehen, mithin für den Kläger Ziff. 3 kein weiterer Mietanteil geschuldet. Bei der Anwendung des § 22 Abs. 1 Halbsatz eins SGB II sind als Mietzinsen die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden. Ausreichend ist also, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Abzustellen ist auf die tatsächlichen Zahlungen (BSGE Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, juris Rn. 16 f). Nachdem die Schwester des Klägers als Vermieterin den auf den Kläger Ziff. 3 entfallenden Anteil von 1/3 an den Mietkosten, den die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 bis zur Übernahme der Kosten durch den Beklagten ab 1.5.2011 nicht gezahlt haben, nie schriftlich eingefordert oder sonst nachhaltig geltend gemacht hat, ist bei von über einen längeren Zeitraum gestundeten Mietforderungen davon auszugehen, dass sie nicht ernstlich geschuldet wurden, solange der Beklagte nicht zahlte.
Die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 haben sowohl im vorhergehenden Bewilligungszeitraum wie auch im streitigen Zeitraum ausweislich der Kontoauszüge vom 21.7.2010, 30.3.2011 und 1.4.2011 (Bl. 322, 4 106. 30,450 VA) bis 30.4.2011 nur den auf sie entfallenden Mietanteil in Höhe von 476 EUR bzw. mit anteiliger Schönheitsreparaturpauschale von 516 EUR an die Vermieterin überwiesen. Weitere Überweisungen an die Vermieterin wurden am selben Tag dem Konto des Klägers Ziff. 1 wieder gutgeschrieben. Im Verfahren S 6 AS 11/13 hat J.schriftlich als Zeugin befragt mit Fax vom 11.7.2013 bestätigt, dass die Mietzahlungen bis Juni 2011 durch Überweisung der Kläger erfolgt seien. Anhaltspunkte dafür, dass die Schwester des Klägers die Außenstände durch den Mietanteil des Klägers Ziff. 3 jemals ernsthaft eingefordert hat, ergeben sich aus den 6 Band Verwaltungsakten sowie den übrigen beigezogenen Akten nicht. Im Übrigen hat J.in der Mietbescheinigung am 23.4.2011 bestätigt, dass zwar Mietschulden jedoch in Form der Mietkaution bestehen. Die entsprechende Rubrik für Zeiträume wurde nicht ausgefüllt.
2. Leistungen für die Klägerin Ziff. 2 Auch wenn der geltend gemachte Anspruch für die Klägerin Ziff. 2 im streitigen 6-Monats-Zeitraum für sich den Beschwerdewert von 750 EUR nicht übersteigt, ist die Berufung dennoch statthaft, da zusammen mit dem geltend gemachten Anspruch des Klägers Ziff. 3 die Beschwerdesumme überschritten wird. Mehrere gemeinsam geltend gemachte Ansprüche sind nach § 202 SGG iVm § 5 ZPO zusammenzurechnen (Breitkreuz-Fichte SGG § 144 Rn. 20).
Die Klägerin Ziff. 2 hat jedoch keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Der Beklagte hat den Anspruch der Klägerin Ziff. 2, die die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nach § 19 S. 1 SGB II in Verbindung mit § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II (Alter zwischen 15 und 65 Jahre, erwerbsfähig, hilfebedürftig, gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik) erfüllt - im Zeitraum vom 1.12.2010 bis 31.5.2011 zutreffend berechnet. Auch hat der Beklagte das Erwerbseinkommen der Klägerin durch die Vollzeittätigkeit entsprechend seinem Zufluss - Eingang auf dem Konto - im Monat zutreffend angerechnet (Änderungsbescheid vom 24.6.2011: 446,90 EUR für Mai 2011). Einwände sind hiergegen auch nicht erhoben worden. Auf die Ausführungen des SG hierzu wird ergänzend Bezug genommen.
Auch ein Mehrbedarf für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs. 3 SGB II steht der Klägerin Ziff. 2 nicht zu. Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass Leistungen für einen Mehrbedarf Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind. Der Streit um einen Anspruch auf eine Leistung nach § 21 SGB II stellt keinen eigenständigen und von der Höhe der Regelleistung abtrennbaren Streitgegenstand dar (vgl. BSG, Urteil vom 11.2.2015 - B 4 AS 26/14 R, juris Rn. 10). Es handelt sich dabei um einen Bestandteil des Alg II, der unabhängig von der konkreten Höhe des Bedarfs gewährt wird, wenn bei einem Leistungsberechtigten die besondere Bedarfssituation der Alleinerziehung vorliegt. Das Gesetz geht insofern von besonderen Lebensumständen aus, bei denen typischerweise ein zusätzlicher Bedarf zu bejahen ist (BSG, Urteil vom 11.2.2015 - B 4 AS 26/14 R - ,juris Rn. 11). Diese liegen jedoch nicht vor.
Nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II (in der im Bewilligungszeitraum geltenden Fassung) ist für Personen, die mit einem oder mehreren Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, gemäß § 21 Abs. 3 SGB II ein Mehrbedarf in Höhe von 36 v.H. der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung anzuerkennen, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter sechzehn Jahren zusammenleben (Nr. 1), oder in Höhe von 12 v.H. der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Vomhundertsatz als nach der Nr. 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 v.H. der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung (Nr. 2) anerkannt. Ein "Zusammenleben" erfordert nicht das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft mit dem minderjährigen Kind. Ausreichend ist das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft (BSG, Urteil vom 27.1.2009 - B 14/7B AS 8/07 R; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II 3. Aufl. § 21 Rn. 29; Krauß in Hauck/Noftz, SGB, 05/11, § 21 SGB II Rn. 40). Demnach hat die Klägerin Ziff. 2 mit dem zehn Jahre alten Kläger Ziff. 3 in der streitigen Zeit zusammen gelebt, sodass sich vorliegend ein Mehrbedarf von monatlich 38,76 EUR (12 % von 323,00 EUR) errechnen würde. Die Klägerin Ziff. 2 hat jedoch nicht allein für dessen Pflege und Erziehung gesorgt.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3.3.2009 – B 4 AS 50/07 R -, juris Rn. 19; Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 54/08 R -, juris Rn. 15; Urteil vom 23.8.2012 – B 4 AS 167/11 R -; juris Rn. 14; Urteil vom 11.2.2015 - B 4 AS 26/14 R - juris Rn. 12) liegt Alleinerziehung i.S. der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" nach § 21 Abs. 3 SGB II vor, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Entscheidend ist, ob eine andere Person in erheblichem Umfang bei der Pflege und Erziehung mitwirkt. Abzustellen ist dabei allein auf die tatsächlichen Verhältnisse. Geprägt wird die Auslegung des Begriffs der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" durch die besondere Bedarfssituation der Alleinerziehenden, die dadurch geprägt ist, dass bei diesem Personenkreis - in gleicher Weise wie bei den weiteren von § 21 SGB II erfassten Hilfebedürftigen (werdende Mütter, erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte) - besondere Lebensumstände vorliegen, bei denen typischerweise ein zusätzlicher Bedarf zu bejahen ist. Solche besonderen Lebensumstände hat das BSG exemplarisch darin gesehen, dass Alleinerziehende wegen der Sorge für ihre Kinder typischerweise weniger Zeit hätten, preisbewusst einzukaufen sowie zugleich höhere Aufwendungen zur Kontaktpflege und zur Unterrichtung in Erziehungsfragen tragen müssten bzw. externen Rat in Betreuungs-, Gesundheits- und Erziehungsfragen benötigten. Auch der Zweck des in § 21 Abs. 3 SGB II geregelten Mehrbedarfs liege darin, den höheren Aufwand von Alleinerziehenden für die Versorgung und Pflege bzw. Erziehung der Kinder etwa wegen geringerer Beweglichkeit und zusätzlicher Aufwendungen für die Kontaktpflege oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen Dritter in pauschalierter Form auszugleichen (BSG, Urteil vom 23.8.2012 – B 4 AS 167/11 R –, juris, Rn. 14 m.w.N.). Der Gesetzgeber habe den Anspruch auf einen Mehrbedarf für Alleinerziehende bereits nach dem Wortlaut der Norm mit einer besonderen Familienkonstellation ("allein für deren Pflege und Erziehung sorgen") verknüpft und damit zugleich regelhaft die Annahme verbunden, dass das Schwergewicht der Betreuung und Erziehung nur bei einem Elternteil liege (BSG, Urteil vom 11.2.2015 – B 4 AS 26/14 R –, juris Rn. 14)
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt der Senat fest, dass die Klägerin Ziff. 2 durch den Kläger Ziff. 1 so nachhaltig in der Erziehung und Pflege des Klägers Ziff. 3 entlastet wurde, dass auf Grund der tatsächlichen Umstände die Zubilligung eines Mehrbedarfs nicht gerechtfertigt wäre.
Die Klägerin Ziff. 2 war im streitigen Zeitraum mit dem Kläger Ziff. 1 verheiratet und hat mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft zusammen gelebt. Leben Partner in einer Bedarfsgemeinschaft, kann Alleinerziehung nur ausnahmsweise vorliegen (Krauß in Hauck/Noftz, SGB, 05/11, § 21 SGB II Rn. 44). Wird vorgebracht, ein im Haushalt lebender Partner beteilige sich nicht an Erziehung und Pflege der nicht leiblichen Kinder, so ist dieses zwar auch heute noch denkbar, es bedarf dann jedoch einer Verifizierung der Behauptung. Die Äußerlichkeiten sprechen in einem solchen Fall zunächst einmal für eine Wahrscheinlichkeit der Beteiligung (S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl. § 21 Rn. 32).
Zur Beurteilung der hier anstehenden Frage geht der Kläger Ziff. 1 mit seiner Argumentation von einem falschen Blickwinkel aus, indem er isoliert seinen Erziehungsanteil betrachtet. Entgegen der Ansicht des Klägers des Ziff. 1 kommt es jedoch nicht auf die Summe der in einem Fragenkatalog abgefragten einzelnen Handlungen hinsichtlich der Beteiligung an der Erziehung an. Ausgehend vom Blickwinkel der Person, für die der Mehrbedarf geltend gemacht wird - hier die Klägerin Ziff. 2 - ist vielmehr zu beurteilen, ob die Erziehungsanteile des Klägers Ziff. 1 diese nachhaltig entlastet haben, was vorliegend zu bejahen ist. Das SG hat dies zutreffend und ausführlich in seinem Urteil dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst hierauf Bezug.
Auch wenn die vom SG angeführte Verpflichtungserklärung des Klägers Ziff. 1 wegen mangelnder Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung des Lebensunterhalts während des Aufenthalts (vgl. § 5 AufenthG) nicht ausreichend war, so ist die Abgabe der Erklärung dennoch nicht bedeutungslos. Durch sie hat der Kläger Ziff. 1 jedenfalls zum Ausdruck gebracht, dass er grundsätzlich bereit ist, für den Kläger Ziff. 3 finanziell einzustehen.
Bei der gegebenen Konstellation lagen die einen Mehrbedarf rechtfertigenden Gründe, nämlich weniger Zeit preisbewusst einzukaufen, höhere Aufwendungen zur Kontaktpflege und zur Unterrichtung in Erziehungsfragen bzw. für externen Rat in Betreuungs-, Gesundheits- und Erziehungsfragen nicht vor. Gerade hierin hat der nicht erwerbstätige und damit zur Verfügung stehende, mit den hiesigen Verhältnissen vertraute, deutsche Ehemann die marokkanische, mit den hiesigen Verhältnissen nicht vertraute und ungenügend deutsch sprechende und berufstätige Klägerin Ziff. 2 bei der Erziehung des Klägers Ziff. 3 unterstützt.
3. höhere KdU für Mai Höhere KdU für den streitigen Zeitraum sind letztlich nur noch hinsichtlich der Nebenkostenerhöhung für den Mai 2011 geltend gemacht worden. Die ausstehenden Nebenkosten in Höhe von 62 EUR sind jedoch ausweislich der vorgelegten Bewilligungsbescheide zwischenzeitlich im Zuge einer Nebenkostenabrechnung zum einen Teil durch das Sozialamt des O.es im Mai 2013 und den restlichen Teil betreffend durch den Beklagten im Oktober 2013bezahlt worden (Bewilligungsbescheid des Sozialamts vom 21.5.2013 und den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 9.10.2013), so dass eine Forderung der Vermieterin zumindest nicht mehr besteht und die Kläger nicht mehr beschwert sind. Diesbezüglich ist das Rechtsschutzinteresse der Kläger entfallen, wie nun auch der Kläger Ziff. 1 mit seinem Schreiben vom 4.7.2015 eingeräumt hat. Die ursprünglich hilfsweise geltend gemachten höheren KdU für die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 werden nicht mehr geltend gemacht.
Die Berufungen waren daher insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das durch die Gewährung entfallene Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der 62 EUR für Mai 2011 fällt kostenmäßig dabei nicht ins Gewicht und war daher nicht gesondert zu berücksichtigen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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