Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 2705/12 WA
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2466/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.04.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtlichen Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 10 AS 255/10 verbundenen und durch Urteil vom 18.04.2012 rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahren.
Der 1953 geborene Kläger bezieht mit Unterbrechungen seit August 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auf den Fortzahlungsantrag vom 26.10.2009 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 30.11.2009 Leistungen für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.06.2010. Den gegen diesen Bescheid seitens des Klägers erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2010 zurück. Mit Bescheid vom 18.01.2010 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 18.01.2010, ihm höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwendiger Ernährung zu gewähren, ab. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010 zurück. Wegen veränderter Abschlagszahlungen an das Energieversorgungsunternehmen setzte der Beklagte die Leistungen mit Bescheid vom 23.02.2010 für die Monate April, Mai und Juni 2010 neu fest. Den gegen diesen Änderungsbescheid erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2010 zurück.
Gegen die Widerspruchsbescheide vom 28.01.2010 und vom 01.02.2010 hat der Kläger am 08.02.2010 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben (S 10 AS 255/10 und S 10 AS 256/10). Den Widerspruchsbescheid vom 26.04.2010 hat er am 03.05.2010 mit der sozialgerichtlichen Klage angegriffen (S 10 AS 1051/10). Mit Beschluss vom 21.03.2011 hat das SG die Klageverfahren unter dem Aktenzeichen S 10 AS 255/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 18.04.2012 die Klagen abgewiesen. Die hiergegen seitens des Klägers erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (L 12 AS 2807/12 NZB) hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 05.10.2012 zurückgewiesen; die (daneben) beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Revision (B 14 AS 56/12 R) ist mit Beschluss vom 19.07.2012 als unzulässig verworfen worden.
Am 29.10.2012 hat der Kläger beim SG die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, das SG habe vor Erlass des Urteils vom 18.04.2012 den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Außerdem sei das SG von einem unzutreffenden Wert des Beschwerdegegenstands ausgegangen. Dieser habe nicht, wie vom SG angenommen, 641,46 EUR, sondern 3.016,86 EUR betragen. Mit Urteil vom 15.04.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Wiederaufnahmegrund schlüssig dargelegt. Die Wiederaufnahmeklage sei daher unzulässig.
Gegen dieses seinem damaligen Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 09.06.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.06.2015 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.04.2015 aufzuheben, die durch Urteil vom 18.04.2012 rechtskräftig abgeschlossenen, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 10 AS 255/10 verbundenen Klageverfahren wieder aufzunehmen und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 30.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.02.2010 und des Bescheids vom 23.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.04.2010 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 18.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2010 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, insbesondere unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwendiger Ernährung, zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakte des SG sowie die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft, da Berufungsbeschränkungen nicht vorliegen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), und auch sonst zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden ist. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat zu Recht die Zulässigkeit der (Wiederaufnahme-) Klage verneint (vgl. § 589 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]).
Ein rechtskräftig beendetes Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit kann – neben den hier nicht einschlägigen Fällen der §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 1 und 2 SGG – entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden (§ 179 Abs. 1 SGG). Gemäß § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) und Restitutionsklage (§ 580 ZPO) erfolgen. § 578 Abs. 1 ZPO erfasst neben Sach- und Prozessurteilen jeder Instanz auch rechtskräftige oder nicht anfechtbare Entscheidungen durch Beschluss (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 179 Rdnr. 3). Das hier angegriffene Urteil vom 18.04.2012 ist rechtskräftig geworden, nachdem die seitens des Klägers beim LSG erhobene Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des erkennenden Senats vom 05.10.2012 (L 12 AS 2807/12 NZB) zurückgewiesen und die (daneben) beim BSG eingelegte Revision mit Beschluss vom 19.07.2012 (B 14 AS 56/12 R) als unzulässig verworfen worden ist.
Nach § 579 Abs. 1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (Nr. 1), wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist (Nr. 2), wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war (Nr. 3) und wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat (Nr. 4). In den Fällen der Nr. 1 und 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte (§ 579 Abs. 2 ZPO).
Die Restitutionsklage (§ 580 ZPO) findet statt, wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat (Nr. 1), wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war (Nr. 2), wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat (Nr. 3), wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist (Nr. 4), wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat (Nr. 5), wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist (Nr. 6), wenn die Partei ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (Nr. 7 Buchst. a und b) und wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht (Nr. 8).
§ 581 ZPO bestimmt darüber hinaus, dass in den Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO die Restitutionsklage nur stattfindet, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Der Beweis der Tatsachen, welche die Restitutionsklage begründen, kann durch den Antrag auf Parteivernehmung nicht geführt werden (§ 581 Abs. 2 ZPO).
Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Nichtigkeits- oder Restitutionsklage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist (vgl. § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen (Satz 2 der Vorschrift). Zulässigkeitsvoraussetzung für die Wiederaufnahmeklage ist auch die schlüssige Behauptung eines zulässigen Anfechtungsgrundes (BSG, Beschluss vom 02.07.2003 – B 10 LW 8/03 B – sowie vorgehend LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.03.2003 – L 8 LW 14/01 – beide veröffentlicht in Juris; Leitherer a.a.O. Rdnr. 9 m.w.N.). Insoweit kann offen bleiben, ob man dieses Erfordernis der Statthaftigkeit oder der Beschwer im Sinn einer Klagebefugnis zuordnet. Jedenfalls ist es wegen des Ausnahmecharakters der Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahrens unabdingbar, zur Zulässigkeitsvoraussetzung zu erheben, dass wenigstens ein gewisser "Anfangsverdacht" für einen Wiederaufnahmegrund besteht (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.11.2012 – L 15 VK 3/09 – veröffentlicht in Juris m.w.N.). In diesem Zusammenhang bedeutet schlüssiges Behaupten, dass bei Unterstellung, die tatsächlichen Behauptungen des Klägers würden zutreffen, ein Wiederaufnahmegrund gegeben wäre. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
Der Kläger hat zur Begründung seines Begehrens sinngemäß nur vorgetragen, das SG sei im Ausgangsverfahren seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen und habe (der dem Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung) einen unzutreffenden Wert des Beschwerdegegenstands zugrunde gelegt. Auf diese Gesichtspunkte kann eine Wiederaufnahmeklage zulässigerweise nicht gestützt werden. Der Kläger hat somit, wie das SG zutreffend entschieden hat, bereits einen zulässigen Wiederaufnahmegrund nicht schlüssig dargetan. Die Berufung gegen das Urteil des SG hat der Kläger überhaupt nicht begründet. Damit erweist sich die Wiederaufnahmeklage als unzulässig und ist gemäß § 589 Abs. 1 Satz 2 SGG zu verwerfen. Ergänzend nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils des SG vom 15.04.2015 Bezug und sieht insoweit von einer Darstellung (weiterer) eigener Gründe ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtlichen Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 10 AS 255/10 verbundenen und durch Urteil vom 18.04.2012 rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahren.
Der 1953 geborene Kläger bezieht mit Unterbrechungen seit August 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auf den Fortzahlungsantrag vom 26.10.2009 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 30.11.2009 Leistungen für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.06.2010. Den gegen diesen Bescheid seitens des Klägers erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2010 zurück. Mit Bescheid vom 18.01.2010 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 18.01.2010, ihm höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwendiger Ernährung zu gewähren, ab. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010 zurück. Wegen veränderter Abschlagszahlungen an das Energieversorgungsunternehmen setzte der Beklagte die Leistungen mit Bescheid vom 23.02.2010 für die Monate April, Mai und Juni 2010 neu fest. Den gegen diesen Änderungsbescheid erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2010 zurück.
Gegen die Widerspruchsbescheide vom 28.01.2010 und vom 01.02.2010 hat der Kläger am 08.02.2010 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben (S 10 AS 255/10 und S 10 AS 256/10). Den Widerspruchsbescheid vom 26.04.2010 hat er am 03.05.2010 mit der sozialgerichtlichen Klage angegriffen (S 10 AS 1051/10). Mit Beschluss vom 21.03.2011 hat das SG die Klageverfahren unter dem Aktenzeichen S 10 AS 255/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 18.04.2012 die Klagen abgewiesen. Die hiergegen seitens des Klägers erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (L 12 AS 2807/12 NZB) hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 05.10.2012 zurückgewiesen; die (daneben) beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Revision (B 14 AS 56/12 R) ist mit Beschluss vom 19.07.2012 als unzulässig verworfen worden.
Am 29.10.2012 hat der Kläger beim SG die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, das SG habe vor Erlass des Urteils vom 18.04.2012 den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Außerdem sei das SG von einem unzutreffenden Wert des Beschwerdegegenstands ausgegangen. Dieser habe nicht, wie vom SG angenommen, 641,46 EUR, sondern 3.016,86 EUR betragen. Mit Urteil vom 15.04.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Wiederaufnahmegrund schlüssig dargelegt. Die Wiederaufnahmeklage sei daher unzulässig.
Gegen dieses seinem damaligen Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 09.06.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.06.2015 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.04.2015 aufzuheben, die durch Urteil vom 18.04.2012 rechtskräftig abgeschlossenen, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 10 AS 255/10 verbundenen Klageverfahren wieder aufzunehmen und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 30.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.02.2010 und des Bescheids vom 23.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.04.2010 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 18.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2010 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, insbesondere unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwendiger Ernährung, zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakte des SG sowie die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft, da Berufungsbeschränkungen nicht vorliegen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), und auch sonst zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden ist. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat zu Recht die Zulässigkeit der (Wiederaufnahme-) Klage verneint (vgl. § 589 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]).
Ein rechtskräftig beendetes Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit kann – neben den hier nicht einschlägigen Fällen der §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 1 und 2 SGG – entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden (§ 179 Abs. 1 SGG). Gemäß § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) und Restitutionsklage (§ 580 ZPO) erfolgen. § 578 Abs. 1 ZPO erfasst neben Sach- und Prozessurteilen jeder Instanz auch rechtskräftige oder nicht anfechtbare Entscheidungen durch Beschluss (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 179 Rdnr. 3). Das hier angegriffene Urteil vom 18.04.2012 ist rechtskräftig geworden, nachdem die seitens des Klägers beim LSG erhobene Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des erkennenden Senats vom 05.10.2012 (L 12 AS 2807/12 NZB) zurückgewiesen und die (daneben) beim BSG eingelegte Revision mit Beschluss vom 19.07.2012 (B 14 AS 56/12 R) als unzulässig verworfen worden ist.
Nach § 579 Abs. 1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (Nr. 1), wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist (Nr. 2), wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war (Nr. 3) und wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat (Nr. 4). In den Fällen der Nr. 1 und 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte (§ 579 Abs. 2 ZPO).
Die Restitutionsklage (§ 580 ZPO) findet statt, wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat (Nr. 1), wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war (Nr. 2), wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat (Nr. 3), wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist (Nr. 4), wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat (Nr. 5), wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist (Nr. 6), wenn die Partei ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (Nr. 7 Buchst. a und b) und wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht (Nr. 8).
§ 581 ZPO bestimmt darüber hinaus, dass in den Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO die Restitutionsklage nur stattfindet, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Der Beweis der Tatsachen, welche die Restitutionsklage begründen, kann durch den Antrag auf Parteivernehmung nicht geführt werden (§ 581 Abs. 2 ZPO).
Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Nichtigkeits- oder Restitutionsklage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist (vgl. § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen (Satz 2 der Vorschrift). Zulässigkeitsvoraussetzung für die Wiederaufnahmeklage ist auch die schlüssige Behauptung eines zulässigen Anfechtungsgrundes (BSG, Beschluss vom 02.07.2003 – B 10 LW 8/03 B – sowie vorgehend LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.03.2003 – L 8 LW 14/01 – beide veröffentlicht in Juris; Leitherer a.a.O. Rdnr. 9 m.w.N.). Insoweit kann offen bleiben, ob man dieses Erfordernis der Statthaftigkeit oder der Beschwer im Sinn einer Klagebefugnis zuordnet. Jedenfalls ist es wegen des Ausnahmecharakters der Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahrens unabdingbar, zur Zulässigkeitsvoraussetzung zu erheben, dass wenigstens ein gewisser "Anfangsverdacht" für einen Wiederaufnahmegrund besteht (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.11.2012 – L 15 VK 3/09 – veröffentlicht in Juris m.w.N.). In diesem Zusammenhang bedeutet schlüssiges Behaupten, dass bei Unterstellung, die tatsächlichen Behauptungen des Klägers würden zutreffen, ein Wiederaufnahmegrund gegeben wäre. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
Der Kläger hat zur Begründung seines Begehrens sinngemäß nur vorgetragen, das SG sei im Ausgangsverfahren seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen und habe (der dem Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung) einen unzutreffenden Wert des Beschwerdegegenstands zugrunde gelegt. Auf diese Gesichtspunkte kann eine Wiederaufnahmeklage zulässigerweise nicht gestützt werden. Der Kläger hat somit, wie das SG zutreffend entschieden hat, bereits einen zulässigen Wiederaufnahmegrund nicht schlüssig dargetan. Die Berufung gegen das Urteil des SG hat der Kläger überhaupt nicht begründet. Damit erweist sich die Wiederaufnahmeklage als unzulässig und ist gemäß § 589 Abs. 1 Satz 2 SGG zu verwerfen. Ergänzend nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils des SG vom 15.04.2015 Bezug und sieht insoweit von einer Darstellung (weiterer) eigener Gründe ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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