Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 4142/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4909/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10. November 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der am 1961 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt; zuletzt war er als Auslieferungsfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 1994 ist der Kläger von kurzen Unterbrechungen abgesehen arbeitslos; von Januar 2005 bis Oktober 2006 und von Dezember 2006 bis Oktober 2011 bezog er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); wegen des Versicherungsverlaufs (Stand 17.08.2015) wird auf Blatt 21 ff der Senatsakte Bezug genommen.
Am 06.02.1975 stürzte der Kläger im Treppenhaus der Schule etwa vier Meter in die Tiefe; hierbei zog er sich neben einer distalen Unterarmfraktur ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Contusio cerebri und epiduralem Hämatom rechts zu, weswegen eine sofortige Schädeltrepanation durchgeführt wurde. Postoperativ bestanden epileptische Anfälle und ein organisches Psychosyndrom sowie eine sensible Störung der Hände. Darüber hinaus erlitt der Kläger am 27.01.1993 bei einem Arbeitsunfall eine subcoracoidale Schulterluxation links bei habitueller Schulterluxation. Er bezieht eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. von der Unfallkasse B.-W.(UKBW) und nach einer MdE um 20 v.H. von der Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution.
Am 06.06.2008 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Internisten Dr. C., der in seinem Gutachten vom 18.11.2008 ausführte, der Kläger leide unter posttraumatischer Epilepsie und einem hirnorganischen Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnkontusion und Epdiuralhämaton 2/1975 und einer geringen Bewegungseinschränkung der linken Schulter nach dreimalig operierter Schulterluxation; eine abschließende Leistungsbeurteilung sei ohne die Unterlagen über den Unfall 1975 nicht möglich. Die Beklagte zog daraufhin bei der UKBW ärztliche Unterlagen bei (u.a. Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H.-K. vom 15.12.2007, Bericht des Universitätsklinikums T. über neuropsychologische Testungen am 18. und 25.06.2008, beratungsfachärztliche Stellungnahme des Arztes für Neurologie/Psychiatrie Dr. O. vom 03.11.2008, Berichte des Orthopäden Dr. E. vom 28.01.1993, 25.02.1993 und 30.03.1995, fachorthopädisches Gutachten des Dr. F., fachchirurgisches Gutachten von PD Dr. R. und Dr. M. vom 11.09.1996, Zweites Rentengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. F. vom 11.12.1998, Bericht der neurochirurgischen Klinik der Universitätsklinik F. vom 17.03.1975 und des Instituts für Anästhesiologie der Kliniken der Universität F. vom 21.02.1975) und veranlasste eine Begutachtung durch die Ärztin für Nervenheilkunde B.; Frau B. gab in ihrem Gutachten vom 13.05.2009 an, bei dem Kläger bestehe ein Anfallsleiden mit seltenen komplex-fokalen Anfällen, eine leichte organische Leistungsminderung sowie ein Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnkontusion und Epiduralhämatom 1975. Zusammenfassend ergäben sich hinsichtlich des Leistungsvermögens die für Anfallsleiden typischen Einschränkungen; der Kläger könne keine Tätigkeiten mit erhöhter Absturzgefahr oder sonst übermäßig erhöhter Unfallgefahr ausüben und nicht als Führer eines Fahrzeugs tätig sein. Von ausgesprochen aufmerksamkeitszentrierten Tätigkeiten wie etwa der Überwachung komplexer Anlagen sollte Abstand genommen werden. Unter diesen Umständen bestehe aus nervenärztlicher Sicht ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für mittelschwere Tätigkeiten.
Mit Bescheid vom 02.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 lehnte die Beklagten den Antrag ab, da der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei.
Am 05.04.2011 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog die Verwaltungsakte der UKBW bei, wegen deren Inhalts auf Blatt 669 ff der Verwaltungsakte Bezug genommen wird. Nach Auswertung der ärztlichen Berichte durch den Internisten Dr. C., der in seiner Stellungnahme vom 22.07.2011 an der Leistungsbeurteilung der Gutachten aus den Jahren 2008 und 2009 festhielt, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 14.12.2011 ab, da der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens (Widerspruch vom 20.12.2011) veranlasste die Beklagte Begutachtungen des Klägers in der Ärztlichen Dienstelle in K ... Die Untersuchungen wurden am 04.06.2013 durch den Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie Dr. W., den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. sowie den Arzt für Innere Medizin Dr. M. durchgeführt. Dr. M. fasste in seinem Hauptgutachten die Diagnosen wie folgt zusammen: rezidivierende anfallsartig auftretende Bewusstseinsstörungen seit einem Schädelhirntrauma in den 70er Jahren, vielschichtige Persönlichkeitsakzentuierungen, am ehesten als leichte kombinierte Persönlichkeitsstörung zu beschreiben, habituelle Schulterluxationsneigung bei Zustand nach Luxationstrauma links 1993 sowie rezidivierende Lumboischialgie und Cervicobrachialgie. Zusammenfassend sei festzustellen, dass das Leistungsvermögen des Klägers qualitativ, aber nicht quantitativ eingeschränkt sei. Nicht mehr möglich seien körperlich schwere Tätigkeiten, länger andauernde Überkopfarbeiten, ständiges Bücken und Hocken, ständiges Arbeiten in Rumpfzwangshaltungen, auf schwierigem und unebenem Untergrund, auf Gerüsten und Leitern, mit besonderem Zeitdruck, mit ständiger nervöser Anspannung und überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sowie Nachtschichttätigkeiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2013 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Ausübung einer Berufstätigkeit durch die in den Gutachten genannten Gesundheitsstörungen wesentlich eingeschränkt sei.
Hiergegen hat der Kläger am 12.09.2013 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die Schwierigkeiten im täglichen als auch im Berufsleben mit ihren Begutachtungen nicht erfassen können. Der Kläger leide an neurologischen Ausfallerscheinungen, kognitiven und mnestischen Beeinträchtigungen aufgrund eines als Schüler erlittenen sehr schweren Unfalls mit Schädel-Hirn-Trauma und 14-tägiger komatöser Situation.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. hat unter dem 31.05.2014 mitgeteilt, den Kläger zuletzt am 13.04.2010 behandelt zu haben und über den Behandlungszeitraum seit April 2011 nicht berichten zu können. Dr. M.-R., die Hausärztin des Klägers, hat in ihrer Auskunft vom 29.05.2014 angegeben, der Kläger befinde sich seit Mitte 2013 in ihrer Behandlung, wobei er sie, bedingt durch seine langen Auslandsaufenthalte, bislang viermal konsultiert habe. Am 12.09.2013 sei es um Beschwerden gegangen, die sich aus muskuloskelettalen Verspannungen des Nacken-Schultergürtelbereichs erklären ließen. Eine physikalische/physiotherapeutische Therapie sollte im Ausland stattfinden. Am 23.09.2013 habe sich eine allgemeine Gesundheitsuntersuchung angeschlossen, bei der eine Hypercholesterinämie diagnostiziert worden sei. Am 21.10.2003 habe der Kläger die Praxis wegen rezidivierender linksthorakaler stechender Schmerzen konsultiert. Aufgrund der Hypercholesterinämie und der positiven Familienanamnese sei der Kläger besorgt gewesen. Eine akute Myokardischämie habe sich ausschließen lassen. Auch hier seien muskuloskelettale Verspannungen ursächlich. Am 12.04.2014 habe sich der Kläger nach seinem Auslandsaufenthalt beschwerdefrei zur Kontrolle der Hypercholesterinämie vorgestellt. Die bestehende stabile Epilepsie werde durch Dr. S. behandelt. Schließlich hat der Orthopäde Dr. F.(Fax vom 15.08.2014) mitgeteilt, der Kläger sei dort seit dem 12.04.2010 nicht mehr in Behandlung.
Nach entsprechendem Hinweis hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.11.2014 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergebe sich aus dem Ergebnis der durchgeführten medizinischen Ermittlungen, insbesondere aus den Auskünften der sachverständigen Zeugen und der im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten, die im Wege des Urkundenbeweises verwertbar seien. Das SG habe keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilungen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei.
Gegen den ihm am 13.11.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Klägervertreter am 27.11.2014 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Entscheidung des SG bestehe im Wesentlichen aus Textbausteinen. Das SG habe kein Sachverständigengutachten eingeholt, obwohl sich aus den eingeholten hausärztlichen Befundberichten ergebe, dass längere Zeit keine Arztkontakte bestanden hätten. Es sei mitnichten so, dass kein Leidensdruck bestehe, nur weil jemand Ärzte nicht aufsuche. Das Problem des Klägers sei, dass er als Schüler einen Unfall gehabt habe und seitdem mit den Folgen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas leben müsse. Ihm sei an dieser Stelle im Endergebnis in der Tat nicht zu helfen, sondern man könne auftretende Erscheinungen nur lindern. Der Kläger müsse zwangsläufig lernen, mit diesen Leiden zu leben, mit den kognitiven, mnestischen und motorischen Beeinträchtigungen. Dabei solle noch gar nicht mal lange lamentiert werden über die psychischen Beeinträchtigungen, weil mit einem Schädel-Hirn-Trauma III. Grades auf jeden Fall ein hirnorganisches Psychosyndrom einhergehe. So erkläre sich auch der geringe Kontakt mit den behandelnden Ärzten. Hieraus ergebe sich nicht, dass keine Erkrankungen bei dem Kläger vorlägen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10. November 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2013 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 07.09.2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 10.11.2014 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2013 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) und eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung schon deshalb nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig ist. Ebenfalls zutreffend hat das SG festgestellt, dass ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht gegeben ist, da der Kläger nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Senat nach der Gesamtwürdigung der ärztlichen Unterlagen nicht festzustellen vermag, dass das Leistungsvermögen des Klägers auch für körperlich leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist.
Der Kläger leidet unter rezidivierenden anfallsartig auftretenden Bewusstseinsstörungen seit einem Schädel-Hirn-Trauma im Februar 1975, unter vielschichtigen Persönlichkeitsakzentuierungen, am ehesten als leichte kombinierte Persönlichkeitsstörung zu beschreiben, einer habituellen Schulterluxationsneigung bei Zustand nach Luxationstrauma links 1993 sowie rezidivierenden Lumboischialgien und chronischen Cervicobrachialgien. Diese Gesundheitsstörungen, die der Senat den im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. W., Dr. B. und Dr. M. entnimmt und die im Wesentlichen auch den Angaben der behandelnden Ärzte entsprechen, führen nicht zu einer Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden. Auch insoweit schließt sich der Senat den genannten Gutachten an. Die Gesundheitsstörungen wurden durch die Verwaltungsgutachter auf internistischem, neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet umfassend gewürdigt; Dr. M. hat in dem Hauptgutachten die Zusatzgutachten von Dr. B. und Dr. W. aufgenommen und die Gesundheitsstörungen zusammenfassend gewürdigt. Die Beweisaufnahme des SG hat zu keiner anderen Beurteilung geführt, nachdem die Fachärzte Dr. S. und Dr. F. mitgeteilt haben, eine Behandlung habe seit April 2011 nicht mehr stattgefunden und die durch Dr. M.-R. angegebenen Befunde denjenigen der Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren im Wesentlichen entsprechen und keine weitergehenden Einschränkungen belegen. Die durch Dr. M.R. mitgeteilten muskuloskelletalen Verspannungen des Nacken-Schultergürtelbereichs wurden durch Dr. W. gewürdigt. Hinsichtlich der im September 2013 diagnostizierten Hypercholesterinämie lag bei dem Kontrolltermin am 12.05.2014 Beschwerdefreiheit vor. Die im Oktober 2013 beklagten linksthorakalen stechenden Schmerzen wurden durch muskuloskelettale Verspannungen erklärt; eine Myokardischämie konnte ausgeschlossen werden. Der Senat sah sich daher nicht daran gehindert, im Wege der freien richterlichen Beweiswürdigung den Verwaltungsgutachten als alleiniger Entscheidungsgrundlage zu folgen (BSG, Urteil vom 26.05.2000, B 2 U 90/00 B, Juris). Insbesondere sah sich der Senat nicht veranlasst, der Anregung des Klägervertreters, von Amts wegen ein weiteres Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet einzuholen, nachzugehen. Das Gericht muss nur dann ein eigenes Gutachten einholen, wenn sich dessen Notwendigkeit aufdrängt. Dies ist der Fall, wenn das Verwaltungsgutachten nicht ausreicht, um die relevanten Fragen sachgerecht zu beantworten oder wenn gegen dieses erhebliche Einwendungen vorgebracht werden, was durch Vortrag der Beteiligten oder auch durch Vorlage eines widersprechenden Privatgutachtens oder Attests erfolgen kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl., 2014, § 128 Rdnr. 7f, m.w.N.). Nachdem - wie dargelegt - die Verwaltungsgutachten die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen umfassend würdigen und keine Atteste vorgelegt worden sind, die eine andere Beurteilung, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ein Hinzutreten neuer Erkrankungen seit den Begutachtungen im Verwaltungsverfahren belegen würden, sich der klägerische Vortrag vielmehr in unsubstantiierten Behauptungen erschöpft, sah sich der Senat nicht zu weiteren Ermittlungen veranlasst. Soweit zur Berufungsbegründung sinngemäß ausgeführt wird, die Folgen des im Jahr 1975 erlittenen Schädel-Hirn-Traumas würden nicht ausreichend berücksichtigt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Aus dem von Dr. B. mitgeteilten psychischen Befund ergeben sich keine wesentlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens, insbesondere auch keine Hinweise auf das durch den Klägervertreter geltend gemachte hirnorganische Psychosyndrom. Objektiv waren Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis und Aufmerksamkeit und gedankliche Flexibilität bis zuletzt ungestört. Während der langen Exploration fanden sich keine Anzeichen für Erschöpfung oder Ermüdung. Ebenso wenig bestanden Hinweise für richtungsweisende hirnorganisch begründete Leistungseinschränkungen, die sich weder testpsychologisch abbildeten, noch mit dem als wesentlichem Hobby geschilderten Lesen zu vereinbaren wären. Auch im Längsschnitt ergaben sich nach Auffassung des Gutachters keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer Psychose aus dem sog. endogenen Formenkreis. Die Einschätzung des Gutachters, wonach durchaus lebendig erhaltene Interessen, eine erhaltene Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und eine ungestörte Antriebslage bestanden, lässt sich mit dem gegenüber dem Gutachter geschilderten Tagesablauf und den Hobbys (Gartenarbeit, Lesen, Spazierengehen, Radfahren, Schwimmen, Boule-Spielen) in Einklang bringen. Hinsichtlich der Anfallsereignisse schließt sich der Senat ebenfalls der Einschätzung des Gutachters an, wonach eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens hieraus nicht resultiert und die Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen ausreichend ist. Eine fachärztliche Behandlung findet nicht statt; Dr. M.-R. verweist insoweit auf Dr. S. der wiederum angegeben hat, den Kläger seit April 2011 nicht mehr behandelt zu haben. Für die Behauptung des Klägervertreters, die Aussage könne nicht stimmen, da der Kläger weiter Medikamente verordnet bekomme und auch einnehme, hat er keinerlei Nachweise vorgelegt. Nachdem der Lamotrigin-Spiegel mit 1,3 deutlich unterhalb des therapeutischen Bereichs (3 bis 14) lag, bestehen auch Zweifel an der konsequenten Einnahme des Medikaments. Ärztliche Berichte und Atteste, die die Einschätzung der Verwaltungsgutachten widerlegen oder zumindest in Zweifel ziehen ließen, wurden durch den Kläger nicht vorgelegt.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Agentur für Arbeit einen seinen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten kann. Denn das Risiko, einen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 137, m.w.N.).
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z. B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 oder 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungstätigkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 5 RJ 64/02 R, Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherwiese für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, oder der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 5 RJ 64/02 R, Juris). Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass der Kläger körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Nicht mehr möglich sind körperlich schwere Tätigkeiten, länger dauernde Überkopfarbeiten, ständiges Bücken und Hocken, ständiges Arbeiten in Rumpfzwangshaltungen, auf schwierigem und unebenem Untergrund, auf Gerüsten und Leitern, mit besonderem Zeitdruck, mit ständiger nervöser Anspannung und überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sowie Tätigkeiten in Nacht- und Wechselschicht. Damit scheiden die durch das Bundessozialgericht (Urteil vom 09.05.2012, B 5 R 68/11 R, Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten (z. B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) nicht aus. Die Einschränkungen sind durch das Erfordernis einer leichten bis mittelschweren Tätigkeit erfasst und führen nicht zu einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Zweifel an der Wegefähigkeit des Klägers bestehen nicht; er ist in der Lage, vierfach täglich eine Wegstrecke von über 500 Metern in jeweils höchstens 20 Minuten zurückzulegen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der am 1961 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt; zuletzt war er als Auslieferungsfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 1994 ist der Kläger von kurzen Unterbrechungen abgesehen arbeitslos; von Januar 2005 bis Oktober 2006 und von Dezember 2006 bis Oktober 2011 bezog er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); wegen des Versicherungsverlaufs (Stand 17.08.2015) wird auf Blatt 21 ff der Senatsakte Bezug genommen.
Am 06.02.1975 stürzte der Kläger im Treppenhaus der Schule etwa vier Meter in die Tiefe; hierbei zog er sich neben einer distalen Unterarmfraktur ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Contusio cerebri und epiduralem Hämatom rechts zu, weswegen eine sofortige Schädeltrepanation durchgeführt wurde. Postoperativ bestanden epileptische Anfälle und ein organisches Psychosyndrom sowie eine sensible Störung der Hände. Darüber hinaus erlitt der Kläger am 27.01.1993 bei einem Arbeitsunfall eine subcoracoidale Schulterluxation links bei habitueller Schulterluxation. Er bezieht eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. von der Unfallkasse B.-W.(UKBW) und nach einer MdE um 20 v.H. von der Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution.
Am 06.06.2008 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Internisten Dr. C., der in seinem Gutachten vom 18.11.2008 ausführte, der Kläger leide unter posttraumatischer Epilepsie und einem hirnorganischen Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnkontusion und Epdiuralhämaton 2/1975 und einer geringen Bewegungseinschränkung der linken Schulter nach dreimalig operierter Schulterluxation; eine abschließende Leistungsbeurteilung sei ohne die Unterlagen über den Unfall 1975 nicht möglich. Die Beklagte zog daraufhin bei der UKBW ärztliche Unterlagen bei (u.a. Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H.-K. vom 15.12.2007, Bericht des Universitätsklinikums T. über neuropsychologische Testungen am 18. und 25.06.2008, beratungsfachärztliche Stellungnahme des Arztes für Neurologie/Psychiatrie Dr. O. vom 03.11.2008, Berichte des Orthopäden Dr. E. vom 28.01.1993, 25.02.1993 und 30.03.1995, fachorthopädisches Gutachten des Dr. F., fachchirurgisches Gutachten von PD Dr. R. und Dr. M. vom 11.09.1996, Zweites Rentengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. F. vom 11.12.1998, Bericht der neurochirurgischen Klinik der Universitätsklinik F. vom 17.03.1975 und des Instituts für Anästhesiologie der Kliniken der Universität F. vom 21.02.1975) und veranlasste eine Begutachtung durch die Ärztin für Nervenheilkunde B.; Frau B. gab in ihrem Gutachten vom 13.05.2009 an, bei dem Kläger bestehe ein Anfallsleiden mit seltenen komplex-fokalen Anfällen, eine leichte organische Leistungsminderung sowie ein Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnkontusion und Epiduralhämatom 1975. Zusammenfassend ergäben sich hinsichtlich des Leistungsvermögens die für Anfallsleiden typischen Einschränkungen; der Kläger könne keine Tätigkeiten mit erhöhter Absturzgefahr oder sonst übermäßig erhöhter Unfallgefahr ausüben und nicht als Führer eines Fahrzeugs tätig sein. Von ausgesprochen aufmerksamkeitszentrierten Tätigkeiten wie etwa der Überwachung komplexer Anlagen sollte Abstand genommen werden. Unter diesen Umständen bestehe aus nervenärztlicher Sicht ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für mittelschwere Tätigkeiten.
Mit Bescheid vom 02.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2009 lehnte die Beklagten den Antrag ab, da der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei.
Am 05.04.2011 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog die Verwaltungsakte der UKBW bei, wegen deren Inhalts auf Blatt 669 ff der Verwaltungsakte Bezug genommen wird. Nach Auswertung der ärztlichen Berichte durch den Internisten Dr. C., der in seiner Stellungnahme vom 22.07.2011 an der Leistungsbeurteilung der Gutachten aus den Jahren 2008 und 2009 festhielt, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 14.12.2011 ab, da der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens (Widerspruch vom 20.12.2011) veranlasste die Beklagte Begutachtungen des Klägers in der Ärztlichen Dienstelle in K ... Die Untersuchungen wurden am 04.06.2013 durch den Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie Dr. W., den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. sowie den Arzt für Innere Medizin Dr. M. durchgeführt. Dr. M. fasste in seinem Hauptgutachten die Diagnosen wie folgt zusammen: rezidivierende anfallsartig auftretende Bewusstseinsstörungen seit einem Schädelhirntrauma in den 70er Jahren, vielschichtige Persönlichkeitsakzentuierungen, am ehesten als leichte kombinierte Persönlichkeitsstörung zu beschreiben, habituelle Schulterluxationsneigung bei Zustand nach Luxationstrauma links 1993 sowie rezidivierende Lumboischialgie und Cervicobrachialgie. Zusammenfassend sei festzustellen, dass das Leistungsvermögen des Klägers qualitativ, aber nicht quantitativ eingeschränkt sei. Nicht mehr möglich seien körperlich schwere Tätigkeiten, länger andauernde Überkopfarbeiten, ständiges Bücken und Hocken, ständiges Arbeiten in Rumpfzwangshaltungen, auf schwierigem und unebenem Untergrund, auf Gerüsten und Leitern, mit besonderem Zeitdruck, mit ständiger nervöser Anspannung und überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sowie Nachtschichttätigkeiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2013 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Ausübung einer Berufstätigkeit durch die in den Gutachten genannten Gesundheitsstörungen wesentlich eingeschränkt sei.
Hiergegen hat der Kläger am 12.09.2013 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die Schwierigkeiten im täglichen als auch im Berufsleben mit ihren Begutachtungen nicht erfassen können. Der Kläger leide an neurologischen Ausfallerscheinungen, kognitiven und mnestischen Beeinträchtigungen aufgrund eines als Schüler erlittenen sehr schweren Unfalls mit Schädel-Hirn-Trauma und 14-tägiger komatöser Situation.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. hat unter dem 31.05.2014 mitgeteilt, den Kläger zuletzt am 13.04.2010 behandelt zu haben und über den Behandlungszeitraum seit April 2011 nicht berichten zu können. Dr. M.-R., die Hausärztin des Klägers, hat in ihrer Auskunft vom 29.05.2014 angegeben, der Kläger befinde sich seit Mitte 2013 in ihrer Behandlung, wobei er sie, bedingt durch seine langen Auslandsaufenthalte, bislang viermal konsultiert habe. Am 12.09.2013 sei es um Beschwerden gegangen, die sich aus muskuloskelettalen Verspannungen des Nacken-Schultergürtelbereichs erklären ließen. Eine physikalische/physiotherapeutische Therapie sollte im Ausland stattfinden. Am 23.09.2013 habe sich eine allgemeine Gesundheitsuntersuchung angeschlossen, bei der eine Hypercholesterinämie diagnostiziert worden sei. Am 21.10.2003 habe der Kläger die Praxis wegen rezidivierender linksthorakaler stechender Schmerzen konsultiert. Aufgrund der Hypercholesterinämie und der positiven Familienanamnese sei der Kläger besorgt gewesen. Eine akute Myokardischämie habe sich ausschließen lassen. Auch hier seien muskuloskelettale Verspannungen ursächlich. Am 12.04.2014 habe sich der Kläger nach seinem Auslandsaufenthalt beschwerdefrei zur Kontrolle der Hypercholesterinämie vorgestellt. Die bestehende stabile Epilepsie werde durch Dr. S. behandelt. Schließlich hat der Orthopäde Dr. F.(Fax vom 15.08.2014) mitgeteilt, der Kläger sei dort seit dem 12.04.2010 nicht mehr in Behandlung.
Nach entsprechendem Hinweis hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.11.2014 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergebe sich aus dem Ergebnis der durchgeführten medizinischen Ermittlungen, insbesondere aus den Auskünften der sachverständigen Zeugen und der im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten, die im Wege des Urkundenbeweises verwertbar seien. Das SG habe keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilungen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei.
Gegen den ihm am 13.11.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Klägervertreter am 27.11.2014 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Entscheidung des SG bestehe im Wesentlichen aus Textbausteinen. Das SG habe kein Sachverständigengutachten eingeholt, obwohl sich aus den eingeholten hausärztlichen Befundberichten ergebe, dass längere Zeit keine Arztkontakte bestanden hätten. Es sei mitnichten so, dass kein Leidensdruck bestehe, nur weil jemand Ärzte nicht aufsuche. Das Problem des Klägers sei, dass er als Schüler einen Unfall gehabt habe und seitdem mit den Folgen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas leben müsse. Ihm sei an dieser Stelle im Endergebnis in der Tat nicht zu helfen, sondern man könne auftretende Erscheinungen nur lindern. Der Kläger müsse zwangsläufig lernen, mit diesen Leiden zu leben, mit den kognitiven, mnestischen und motorischen Beeinträchtigungen. Dabei solle noch gar nicht mal lange lamentiert werden über die psychischen Beeinträchtigungen, weil mit einem Schädel-Hirn-Trauma III. Grades auf jeden Fall ein hirnorganisches Psychosyndrom einhergehe. So erkläre sich auch der geringe Kontakt mit den behandelnden Ärzten. Hieraus ergebe sich nicht, dass keine Erkrankungen bei dem Kläger vorlägen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10. November 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2013 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 07.09.2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 10.11.2014 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2013 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) und eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung schon deshalb nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig ist. Ebenfalls zutreffend hat das SG festgestellt, dass ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht gegeben ist, da der Kläger nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Senat nach der Gesamtwürdigung der ärztlichen Unterlagen nicht festzustellen vermag, dass das Leistungsvermögen des Klägers auch für körperlich leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist.
Der Kläger leidet unter rezidivierenden anfallsartig auftretenden Bewusstseinsstörungen seit einem Schädel-Hirn-Trauma im Februar 1975, unter vielschichtigen Persönlichkeitsakzentuierungen, am ehesten als leichte kombinierte Persönlichkeitsstörung zu beschreiben, einer habituellen Schulterluxationsneigung bei Zustand nach Luxationstrauma links 1993 sowie rezidivierenden Lumboischialgien und chronischen Cervicobrachialgien. Diese Gesundheitsstörungen, die der Senat den im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. W., Dr. B. und Dr. M. entnimmt und die im Wesentlichen auch den Angaben der behandelnden Ärzte entsprechen, führen nicht zu einer Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden. Auch insoweit schließt sich der Senat den genannten Gutachten an. Die Gesundheitsstörungen wurden durch die Verwaltungsgutachter auf internistischem, neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet umfassend gewürdigt; Dr. M. hat in dem Hauptgutachten die Zusatzgutachten von Dr. B. und Dr. W. aufgenommen und die Gesundheitsstörungen zusammenfassend gewürdigt. Die Beweisaufnahme des SG hat zu keiner anderen Beurteilung geführt, nachdem die Fachärzte Dr. S. und Dr. F. mitgeteilt haben, eine Behandlung habe seit April 2011 nicht mehr stattgefunden und die durch Dr. M.-R. angegebenen Befunde denjenigen der Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren im Wesentlichen entsprechen und keine weitergehenden Einschränkungen belegen. Die durch Dr. M.R. mitgeteilten muskuloskelletalen Verspannungen des Nacken-Schultergürtelbereichs wurden durch Dr. W. gewürdigt. Hinsichtlich der im September 2013 diagnostizierten Hypercholesterinämie lag bei dem Kontrolltermin am 12.05.2014 Beschwerdefreiheit vor. Die im Oktober 2013 beklagten linksthorakalen stechenden Schmerzen wurden durch muskuloskelettale Verspannungen erklärt; eine Myokardischämie konnte ausgeschlossen werden. Der Senat sah sich daher nicht daran gehindert, im Wege der freien richterlichen Beweiswürdigung den Verwaltungsgutachten als alleiniger Entscheidungsgrundlage zu folgen (BSG, Urteil vom 26.05.2000, B 2 U 90/00 B, Juris). Insbesondere sah sich der Senat nicht veranlasst, der Anregung des Klägervertreters, von Amts wegen ein weiteres Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet einzuholen, nachzugehen. Das Gericht muss nur dann ein eigenes Gutachten einholen, wenn sich dessen Notwendigkeit aufdrängt. Dies ist der Fall, wenn das Verwaltungsgutachten nicht ausreicht, um die relevanten Fragen sachgerecht zu beantworten oder wenn gegen dieses erhebliche Einwendungen vorgebracht werden, was durch Vortrag der Beteiligten oder auch durch Vorlage eines widersprechenden Privatgutachtens oder Attests erfolgen kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl., 2014, § 128 Rdnr. 7f, m.w.N.). Nachdem - wie dargelegt - die Verwaltungsgutachten die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen umfassend würdigen und keine Atteste vorgelegt worden sind, die eine andere Beurteilung, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ein Hinzutreten neuer Erkrankungen seit den Begutachtungen im Verwaltungsverfahren belegen würden, sich der klägerische Vortrag vielmehr in unsubstantiierten Behauptungen erschöpft, sah sich der Senat nicht zu weiteren Ermittlungen veranlasst. Soweit zur Berufungsbegründung sinngemäß ausgeführt wird, die Folgen des im Jahr 1975 erlittenen Schädel-Hirn-Traumas würden nicht ausreichend berücksichtigt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Aus dem von Dr. B. mitgeteilten psychischen Befund ergeben sich keine wesentlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens, insbesondere auch keine Hinweise auf das durch den Klägervertreter geltend gemachte hirnorganische Psychosyndrom. Objektiv waren Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis und Aufmerksamkeit und gedankliche Flexibilität bis zuletzt ungestört. Während der langen Exploration fanden sich keine Anzeichen für Erschöpfung oder Ermüdung. Ebenso wenig bestanden Hinweise für richtungsweisende hirnorganisch begründete Leistungseinschränkungen, die sich weder testpsychologisch abbildeten, noch mit dem als wesentlichem Hobby geschilderten Lesen zu vereinbaren wären. Auch im Längsschnitt ergaben sich nach Auffassung des Gutachters keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer Psychose aus dem sog. endogenen Formenkreis. Die Einschätzung des Gutachters, wonach durchaus lebendig erhaltene Interessen, eine erhaltene Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und eine ungestörte Antriebslage bestanden, lässt sich mit dem gegenüber dem Gutachter geschilderten Tagesablauf und den Hobbys (Gartenarbeit, Lesen, Spazierengehen, Radfahren, Schwimmen, Boule-Spielen) in Einklang bringen. Hinsichtlich der Anfallsereignisse schließt sich der Senat ebenfalls der Einschätzung des Gutachters an, wonach eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens hieraus nicht resultiert und die Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen ausreichend ist. Eine fachärztliche Behandlung findet nicht statt; Dr. M.-R. verweist insoweit auf Dr. S. der wiederum angegeben hat, den Kläger seit April 2011 nicht mehr behandelt zu haben. Für die Behauptung des Klägervertreters, die Aussage könne nicht stimmen, da der Kläger weiter Medikamente verordnet bekomme und auch einnehme, hat er keinerlei Nachweise vorgelegt. Nachdem der Lamotrigin-Spiegel mit 1,3 deutlich unterhalb des therapeutischen Bereichs (3 bis 14) lag, bestehen auch Zweifel an der konsequenten Einnahme des Medikaments. Ärztliche Berichte und Atteste, die die Einschätzung der Verwaltungsgutachten widerlegen oder zumindest in Zweifel ziehen ließen, wurden durch den Kläger nicht vorgelegt.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Agentur für Arbeit einen seinen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten kann. Denn das Risiko, einen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 137, m.w.N.).
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z. B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 oder 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungstätigkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 5 RJ 64/02 R, Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherwiese für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, oder der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 5 RJ 64/02 R, Juris). Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass der Kläger körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Nicht mehr möglich sind körperlich schwere Tätigkeiten, länger dauernde Überkopfarbeiten, ständiges Bücken und Hocken, ständiges Arbeiten in Rumpfzwangshaltungen, auf schwierigem und unebenem Untergrund, auf Gerüsten und Leitern, mit besonderem Zeitdruck, mit ständiger nervöser Anspannung und überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sowie Tätigkeiten in Nacht- und Wechselschicht. Damit scheiden die durch das Bundessozialgericht (Urteil vom 09.05.2012, B 5 R 68/11 R, Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten (z. B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) nicht aus. Die Einschränkungen sind durch das Erfordernis einer leichten bis mittelschweren Tätigkeit erfasst und führen nicht zu einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Zweifel an der Wegefähigkeit des Klägers bestehen nicht; er ist in der Lage, vierfach täglich eine Wegstrecke von über 500 Metern in jeweils höchstens 20 Minuten zurückzulegen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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