L 5 KR 127/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 3256/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 127/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26.11.2014 wird zurückgewiesen. Die Klage des Klägers gegen die Bescheide der Beklagten Nr. 1 vom 19.01.2015 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf Einmalzahlungen von Kapitallebensversicherungen.

Der 1948 geborene Kläger ist seit 01.08.2013 als versicherungspflichtiger Rentner Mitglied der Beklagten Nr. 1 und 2. Am 27.04.2013 teilte die A. Lebensversicherung AG (A.) der Beklagten Nr. 1 die Auszahlung eines Betrags von 11.689,41 EUR zum 01.05.2013 als Einmalzahlung einer Kapitallebensversicherung mit. Mit (auch im Namen der Beklagten Nr. 2 ergangenem) Bescheid vom 05.07.2013 stellte die Beklagte Nr. 1 daraufhin die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen aus der Kapitalzahlung der A. fest. Als monatlicher Zahlbetrag gelte für längstens 120 Monate ein Betrag i. H. v. 1/120 der Kapitalzahlung (11.689,41 EUR/ 120 = 97,41 EUR). Da die Geringfügigkeitsgrenze (§ 226 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) unterschritten sei, seien (noch) keine Beiträge zu zahlen.

Am 14.01.2014 teilte die D. Lebensversicherung AG (D.) der Beklagten Nr. 1 die Auszahlung eines Betrags von 22.287,08 EUR zum 01.12.2013 als Einmalzahlung einer Kapitallebensversicherung mit.

Mit (auch im Namen der Beklagten Nr. 2 ergangenem) Bescheid vom 12.02.2014 setzte die Beklagte Nr. 1 die aus den Kapitalzahlungen der A. und der D. zu zahlenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers für die Zeit ab 01.12.2013 auf monatlich 15,10 EUR bzw. 2,00 EUR (A.) und 28,79 EUR bzw. 3,81 EUR (D.) - insgesamt 49,70 EUR - fest. Der Beitragsbemessung wurden Beitragssätze von 15,5 % zur Krankenversicherung und 2,05 % zur Pflegeversicherung sowie monatliche Zahlbeträge von 97,41 EUR (A.) bzw. von 185,73 EUR (D.) zugrunde gelegt.

Der Kläger legte am 25.02.2014 Widerspruch ein; die Direktversicherungen hätten aus Gründen des Bestandsschutzes beitragsfrei bleiben müssen. Auf Nachfrage der Beklagten Nr. 1 teilte die A. unter dem 28.03.2014 mit, Versicherungsnehmer des Lebensversicherungsvertrags sei stets der Arbeitgeber des Klägers gewesen; private Beitragszahlungen durch den Kläger seien nicht erfolgt. Die D. teilte unter dem 28.03.2014 mit, die Beiträge seien ausschließlich in Zeiten gezahlt worden, in denen der Arbeitgeber des Klägers Versicherungsnehmer gewesen sei.

Mit (auch im Namen der Beklagten Nr. 2 ergangenem) Widerspruchsbescheid vom 20.06.2014 wies die Beklagte Nr. 1 den Widerspruch zurück, worauf der Kläger am 14.07.2014 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhob. Er trug vor, Beiträge aus der Kapitalzahlung der A. seien wegen Geringfügigkeit nicht zu zahlen, die Lebensversicherung der D. habe er aus seinem Weihnachtsgeld finanziert. Die Beiträge seien von ihm allein im Wege der Gehaltsumwandlung aufgebracht worden. Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, bei versicherungspflichtigen Rentnern seien der Beitragsbemessung u.a. der Rente vergleichbare Einnahmen zugrunde zu legen (§ 237 Satz 1 SGB V), wozu Renten der betrieblichen Altersversorgung gehörten (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Um betriebliche Altersversorgung handele es sich auch dann, wenn der Arbeitnehmer Beiträge aus dem Arbeitsentgelt zur Finanzierung einer Direktversicherung aufbringe und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasse (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Betriebsrentengesetz, BetrAVG). Die Kapitalzahlungen aus den Direktversicherungen bei der A. und der D. stellten danach Leistungen der betrieblichen Altersversorgung dar, auf die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erheben seien, auch wenn der Kläger die Versicherungsbeiträge für die Lebensversicherungen (allein) aus seinem Arbeitsentgelt aufgebracht habe (BSG, Urt. v. 12.12.2007, - B 12 KR 6/06 R -, in juris). Dies sei verfassungsmäßig (BVerfG, Beschl. v. 28.09.2010, - 1 BvR 1660/08 -, in juris). Anderes gelte nur für Kapitalzahlungen, die auf Beiträgen beruhten, die der Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers gezahlt habe (BVerfG, a. a. O.). Hier seien die Versicherungsbeiträge, wie die A. und die D. bestätigt hätten, aber während der Zeit gezahlt worden, als der Arbeitgeber des Klägers Versicherungsnehmer der Lebensversicherungsverträge gewesen sei.

Gegen den ihm am 29.11.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22.12.2014 Berufung eingelegt. Er trägt vor, da er die Lebensversicherung der D., um die es ihm gehe, aus seinem Weihnachtsgeld finanziert und sein Arbeitgeber selbst nichts hinzugezahlt habe, sei er als Versicherungsnehmer anzusehen und es wäre ungerecht, wenn ihm jetzt Nachteile erwachsen würden. Da die Lebensversicherung als Direktversicherung abgeschlossen worden sei, habe der Arbeitgeber in der Police stehen müssen, wobei er als Bezugsberechtigter eingetragen worden sei.

Mit Bescheiden vom 19.01.2015 sind die vom Kläger aus den Kapitalzahlungen der A. und der D. ab 2015 zu zahlenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge wegen geänderter Beitragssätze (Beitragssatz zur Pflegeversicherung ab 01.01.2015 2,35 %; Beitragssatz zur Krankenversicherung ab 01.01.2015 15,3 %) neu festgesetzt worden. Der aus der Kapitalzahlung der A. zu zahlende Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag ist auf 14,90 EUR bzw. 2,29 EUR (insgesamt 17,19 EUR), der aus der Kapitalzahlung der D. zu zahlende Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag ist auf 28,42 EUR bzw. 4,36 EUR (insgesamt 32,78 EUR) festgesetzt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26.11.2014 und den Bescheid der Beklagten Nr. 1 vom 12.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.06.2014 sowie die Bescheide vom 19.01.2015 aufzuheben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen sowie die Klage gegen die Bescheide vom 19.01.2015 abzuweisen.

Sie halten den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten Nr. 1, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen; der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens (wie des Klageverfahrens) ist der Beitragsbescheid vom 12.02.2014 bzw. der Widerspruchsbescheid vom 20.06.2014, nicht jedoch der (Feststellungs-)Bescheid vom 05.07.2013. Die während des Berufungsverfahrens ergangenen Beitragsbescheide für 2015 vom 19.01.2015 sind ebenfalls Gegenstand des Berufungsverfahrens (§§ 153 Abs. 1, 96 SGG); insoweit entscheidet der Senat auf Klage (vgl. BSG, Urt. v. 25.02.2010, - B 13 R 61/09 R -, in juris). Da der Kläger sowohl die Festsetzung von Kranken- wie von Pflegeversicherungsbeiträgen angefochten hat, richten sich Klage und Berufung auch gegen die bei der Beklagten Nr. 1 errichtete Pflegekasse (Beklagte Nr. 2); das Rubrum ist (nur) entsprechend zu berichtigen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urt. v. 22.05.2015, - L 4 KR 1271/13 - n. v.).

Der Kläger ist entgegen seiner Auffassung nicht Versicherungsnehmer der in Rede stehenden Lebensversicherungsverträge gewesen. Versicherungsnehmer eines Lebensversicherungsvertrags ist derjenige, der mit dem Versicherer (hier: der A. bzw. der D.) den Versicherungsvertrag abgeschlossen hat. Das ist hier jeweils der Arbeitgeber des Klägers gewesen. Sowohl die A. wie die D. haben bestätigt, dass es sich bei den in Rede stehenden Lebensversicherungsverträgen um vom Arbeitgeber des Klägers abgeschlossene Direktversicherungen gehandelt hat; das ist unter den Beteiligten auch nicht streitig. Dass der Kläger die Versicherungsbeiträge (wie bei Direktversicherungen zur betrieblichen Altersversorgung üblich) allein aus seinem Arbeitsentgelt (im Wege der Gehaltsumwandlung) aufgebracht hat, macht ihn nicht zum Versicherungsnehmer des Lebensversicherungsvertrags (vgl. auch BSG; Beschl. v. 20.08.2014, - B 12 KR 110/13 B -, in juris). Die dem Beschluss des BVerfG vom 28.09.2010 (a. a. O.; auch BSG; Urt. v. 30.03.2011, - B 12 KR 16/10 R -, in juris) zugrunde liegende Fallgestaltung (Zahlung von Versicherungsbeiträgen durch den Arbeitnehmer nach Beendigung des Erwerbslebens unter Übernahme des vormaligen Direktversicherungsvertrags als privaten Versicherungsvertrag durch Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers) liegt beim Kläger nicht vor.

Für die Festsetzung der Pflegeversicherungsbeiträge gelten die Vorschriften über die Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge entsprechend (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, SGB XI). Dass in den Bescheiden für 2015 vom 19.01.2015 auf deren Ergehen auch im Namen der Pflegekasse nicht (erneut) hingewiesen worden ist, ist im Hinblick auf die entsprechenden Hinweise im Bescheid vom 12.02.2014 und im Widerspruchsbescheid vom 20.06.2014 unschädlich.

Aufgrund der zu verbeitragenden Beträge von monatlich 97,41 EUR und 185,73 EUR hat die Beklagte Nr. 1 die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung und für die Beklagte Nr. 2 die monatlichen Beiträge zur Pflegeversicherung unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Beitragssätze zutreffend berechnet. Einwände sind insoweit vom Kläger nicht erhoben worden. Die - zusammenzurechnenden - monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen von 283,14 EUR übersteigen auch 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Diese monatliche Bezugsgröße betrug 2014 2.765 EUR (davon 1/20: 138,25 EUR) und im Jahr 2015 2.835 EUR (davon 1/20: 141,75 EUR).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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