L 9 AS 3806/15 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 AS 4033/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 3806/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung im Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. August 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wegen des einstweiligen Rechtschutzes die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringen von Leistungen für Unterkunft und Heizung.

Der 1964 geborene Antragsteller beantragte am 29.12.2014 beim Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er übte ein freiberufliches Gewerbe (Marketing für Firmen und Immobilien) aus, ohne hieraus Einnahmen zu erzielen. Vor der Antragstellung hatte er nach seinen Angaben von der finanziellen Unterstützung seitens seiner Eltern gelebt. Diese übernahmen die Kosten für die von ihm angemietete 2-Zimmer-Wohnung in Höhe von 575 Euro (Grundmiete 470 Euro, Stellplatz 25 Euro, Nebenkostenvorauszahlung 80 Euro), Abschlagszahlungen für die Heizung 110 Euro, Abschlagszahlungen für Strom 29 Euro), die Beiträge seiner freiwilligen Krankenversicherung bei der A. in Höhe von 211,21 Euro und seiner Pflegeversicherung in Höhe von 36,86 Euro monatlich. Außerdem überwiesen sie ihm monatlich 150 Euro, überließen ihm ein Auto zur Nutzung und unterstützten ihn durch Bargeldbeträge zur Bestreitung des Lebensunterhalts von ca. 150 bis 200 Euro monatlich, gelegentliche Mittagessen sowie Pflegeartikel. Der Antragsteller legte hierzu seine eigenen Kontoauszüge und diejenigen seiner Eltern vor. Außerdem legte er eine Erklärung seiner Mutter vor, dass die Überweisungen in Höhe von 150 Euro für Dezember 2014 und Januar 2015 als Vorauszahlungen auf die zu erwartenden Leistungen des Antragsgegners anzusehen seien. Wenn möglich wolle sie den Dauerauftrag bestehen lassen und werde den monatlichen Zahlungsbetrag mit den Zahlungen des Antragsgegners verrechnen. In einer weiteren Erklärung vom 04.02.2015 gab seine Mutter an, sie und ihr Mann hätten sich gegenüber ihrem Sohn bereit erklärt, ihn für einen überschaubaren kurzen Zeitraum finanziell auf Darlehensbasis zu unterstützen. Dies sei freiwillig erfolgt, aber weiterhin nicht möglich. Ab sofort (04.02.2015) würden keine Bargeldzahlungen an den Sohn mehr erfolgen. Die monatliche Überweisung in Höhe von 150 Euro werde ab 01.03.2015 nicht mehr erfolgen, der Dauerauftrag sei gekündigt.

Hierauf bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 20.02.2015 dem Antragsteller vorläufig Leistungen für den Regelbedarf für die Zeit vom 01.02.2015 bis 31.05.2015 in Höhe von 279 Euro (Februar) bzw. 399 Euro monatlich (März bis Mai). Im Februar werde noch die Überweisung in Höhe von 150 Euro (abzüglich einer Versicherungspauschale von 30 Euro) angerechnet. Ein Bedarf für Unterkunft und Heizung bestehe nicht, da diese Kosten von den Eltern getragen würden. Aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II trete eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse ein. Die Entscheidung ergehe vorläufig im Hinblick auf mögliches Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum.

Mit Ablehnungsbescheid vom 20.02.2015 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.12.2014 bis 31.01.2015 abgelehnt werden müsse. Der Antragsteller habe von seinen Eltern ein monatliches Taschengeld in Höhe von 150 Euro sowie weitere Barzuwendungen von monatlich ca. 150 bis 200 Euro erhalten, außerdem gelegentliche Mittagessen und Pflegeartikel. Weitere Kosten wie Versicherungen und Unterkunftskosten seien ebenfalls von den Eltern bezahlt worden. Die Bedarfe des Antragstellers seien somit im Zeitraum Dezember 2014 und Januar 2015 gedeckt gewesen.

Mit Schreiben vom 03.03.2015 legte der Antragsteller unter "Betr.: Ihr Ablehnungsbescheid vom 20.02.2015" Widerspruch ein. Er wolle "auf das Ablehnungsbescheid-Schreiben vom 20.02.2015 eingehen". Die Begründung zur Ablehnung von Leistungen sei nicht haltbar. Er habe bereits seit einer Zeit im Jahr 2014 seinen Lebensunterhalt und all die damit verbundenen Kosten nicht mehr tragen können. Daher hätten ihn seine Eltern finanziell unterstützt. Es sei abgesprochen worden, dass diese Unterstützung nur bis einschließlich November 2014 gewährt würde. Entgegen seiner Erwartungen sei er für die Zeit ab Dezember 2014 nicht in der Lage gewesen, sich selbst zu finanzieren und habe daher Leistungen beantragt. Zur Überbrückung der Bearbeitungszeit des Antragsgegners habe er seine Eltern gebeten, ihn weiter darlehensweise zu unterstützen und diese Zahlungen mit den Leistungen des Antragsgegners zu verrechnen. Wenn er diese Notlösung nicht gefunden hätte, hätte er die Kündigung des Mietvertrages riskiert. Mit weiterem Schreiben vom 27.03.2015 mahnte der Antragsteller eine rasche Entscheidung an. Alleine schon mit dem Mietzahlungssachverhalt handle es sich um eine dringliche Situation, welche er nur durch das Organisieren einer kurzfristigen Zwischenfinanzierung für die Monate Dezember bis März habe abwenden können. Nun stehe schon der fünfte Mietzahlungsmonat an. Der Dauerauftrag hierzu sei von seinen Eltern bereits vor mehreren Wochen gekündigt worden. Mit weiterem Schreiben vom 26.05.2015 stellte der Antragsteller auf erneute Rückfragen des Antragsgegners nochmals klar, dass kein schriftlicher Darlehensvertrag existierte, die Vereinbarungen mit seinen Eltern mündlich getroffen worden seien. Hierzu legte der Antragsteller eine Vereinbarung mit seiner Mutter vom 26.05.2015 darüber vor, dass alle Überweisungs- und Bargeldzuwendungen in den Monaten ab Dezember 2014 als zinsloses Überbrückungsdarlehen gewährt worden seien, die sofort nach Erhalt der vom Antragsgegner ausbezahlten Geldleistungen mit diesen wieder zu verrechnen seien.

Hierauf bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 23.06.2015 dem Antragsteller vorläufig Leistungen für Dezember 2014 in Höhe von 391 Euro und für Januar 2015 in Höhe von 399 Euro. Ein Bedarf für Unterkunft und Heizung bestehe nicht, da diese Kosten von den Eltern getragen würden. Die Bewilligung erfolge vorläufig im Hinblick auf etwaiges Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2015 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Klägers gegen den Ablehnungsbescheid vom 20.02.2015 betreffend den Zeitraum 01.12.2014 bis 31.01.2015, soweit ihm nicht mit dem Bescheid vom 23.06.015 abgeholfen wurde, als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Antragsteller am 24.07.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben (S 23 AS 4027/15) und am 27.07.2015 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt (S 23 AS 4033/15 ER). Mit Schriftsatz vom 24.07.2015 hat er beantragt, "abweichend vom Bescheid des Antragsgegners vom 20.02.2015 und vom 23.06.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.06.2015" den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, "seit erstmaliger Antragstellung auch die Kosten der Unterkunft in angemessener Höhe zu bewilligen". Tatsächlich hätten seine Eltern die Kosten der Unterkunft auch bislang getragen, jedoch von vornherein nur darlehensweise in der Erwartung, dass diese Kosten im Rahmen der Leistungsgewährung durch den Antragsgegner zu tragen seien und sie diese Gelder ab Leistungsbewilligung zurückerhalten würden. Seine Eltern seien nicht willens und nicht in der Lage, weiterhin darlehensweise die Kosten der Unterkunft für ihn zu übernehmen. Sie benötigten dringend die verauslagten Gelder zurück. Diese seien von vornherein nur als Darlehen erbracht worden. Eine Bedarfsdeckung durch die Leistungen der Eltern würde nur vorliegen, wenn diese schenkungsweise geleistet hätten. Dies sei ausdrücklich für die Zeit ab Dezember 2014 nicht (mehr) der Fall gewesen. Die aus dem von den Eltern gewährten Darlehen resultierenden Schulden stellten ein Surrogat des ursprünglichen Bedarfs dar. Damit seien die ursprünglichen Bedarfe nicht bedarfsmindernd entfallen. Damit bestehe ein Anordnungsanspruch. Ein Anordnungsgrund folge aus dem drohenden Wohnungsverlust nach Einstellung der Darlehenszahlungen durch die Eltern. Der Vermieter werde von seinem Kündigungsrecht wegen Zahlungsverzug Gebrauch machen.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegen getreten. Für die Zeit vom 29.12.2014 bis zur Antragstellung beim SG am 26.07.2015 bestehe wegen fehlender Eilbedürftigkeit kein Anordnungsgrund. Zudem bestehe kein Rechtschutzbedürfnis, da der Antragsteller als einfachere Möglichkeit einen Fortzahlungsantrag für die Zeit ab 01.06.2015 stellen könne. Es sei auch bislang nicht glaubhaft gemacht, dass ein Bedarf an Kosten für Unterkunft und Heizung bestehe, da die Mietzahlungen bislang per Dauerauftrag vom Konto der Eltern des Antragstellers an den Vermieter überwiesen würden. Da Leistungen für den Zeitraum vor dem 27.07.2015 nicht Streitgegenstand sein dürften, sei nicht erheblich, ob die finanziellen Zuwendungen der Eltern des Antragstellers nur darlehensweise gewährt würden. Hilfsweise werde eingewandt, dass die vorgelegte Vereinbarung vom 26.05.2015 keine konkreten Rückzahlungsmodalitäten enthalte und daher fraglich sei, ob im Hinblick auf die Kriterien des Fremdvergleichs ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden sei.

Mit Beschluss vom 06.08.2015 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz abgelehnt. Der Antrag sei teilweise bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet. Der Antragsteller begehre die Gewährung von Kosten der Unterkunft für die Zeit von Dezember 2014 bis Mai 2015. Für die Zeit ab Juni 2015 habe er noch auch keinen Weiterbewilligungsantrag beim Antragsgegner gestellt, so dass insoweit im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes auch kein Rechtschutzbedürfnis bestehen würde. Der Bewilligungsbescheid vom 20.02.2015 betreffend die Monate Februar bis Mai 2015 sei bestandskräftig geworden und damit der Antrag für diese Zeit bereits unzulässig. Denn der Antragsteller habe sich mit seinem Widerspruch vom 05.03.2015 ausdrücklich nur gegen den Ablehnungsbescheid vom 20.02.2015 gewandt, der Antragsgegner dementsprechend auch im Widerspruchsbescheid vom 24.06.2015 nur diesen Zeitraum verbeschieden. Hinsichtlich Dezember 2014 und Januar 2015 begehre der Kläger den Erlass einer Regelungsanordnung. Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung seien bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen in der Regel ab Eingang des Eilantrags bei Gericht zuzusprechen. Eine Verpflichtung des Antragsgegners zu Leistungen für die Zeit vor der Antragstellung komme nur ausnahmsweise bei einem Nachholbedarf in Betracht. Vorliegend begehre der Antragsteller Leistungen für Unterkunft und Heizung für Dezember 2014 und Januar 2015 und damit einen vor der Antragstellung liegenden Zeitraum. Einen Nachholbedarf habe er nicht glaubhaft gemacht. Zwar habe er vorgetragen, dass eine Räumungsklage drohe, Voraussetzung sei jedoch, dass eine Räumungsklage angestrengt worden sei. Dies sei nicht gegeben. Darüber hinaus erscheine die Erhebung einer Räumungsklage auch nicht glaubhaft, da der Antragsteller nach eigenen Angaben seit 2013 mietfrei bei seinen Eltern wohne, ohne dass diese entsprechende Räumungsmaßnahmen unternommen hätten. Auch habe der Antragsteller selbst vorgetragen, dass die Mietschulden mit einem Darlehen verrechnet worden seien. Insoweit wären nach den eigenen Angaben des Antragstellers keine Mietschulden vorhanden und eine Räumungsklage daher ohne Erfolg. Ein aktueller Nachholbedarf würde im Übrigen auch voraussetzen, dass der Antragsteller aktuell auch nicht in der Lage sei, den Nachholbedarf zu befriedigen. Auch hier fehle eine entsprechende Glaubhaftmachung. Konkrete Angaben zu den finanziellen Mitteln für die Zeit ab 01.06.2015 fehlten. Die fehlende Antragstellung auf weitere Leistungen nach dem SGB II lasse lediglich den Schluss zu, dass der Antragsteller nunmehr in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt selbst sicherzustellen. Das Gericht gehe daher davon aus, dass der Antragsteller in der Lage sei, die unter Umständen bestehenden Mietschulden für Dezember und Januar bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu übernehmen.

Am 28.08.2015 hat der Antragsteller einen neuen Leistungsantrag beim Antragsgegner gestellt. Hierzu hat er angegeben, als Darlehen von Dritten Miete und Nebenkosten sowie 325 Euro für Lebenshaltungskosten zu erhalten und auf beigefügte Kontoauszüge verwiesen. Aus diesen geht hervorgeht, dass seine Eltern ihm auch in den Monaten Juni bis September jeweils finanziell unterstützt haben (Überweisungsgutschriften von den Eltern auf dem Kreditkartenkonto des Antragstellers vom 01.06., 01.07., 03.08. und 01.09. jeweils in Höhe von 150 Euro und auf dem neu angegebenen Girokonto des Antragstellers vom 29.05. in Höhe von 650 Euro und vom 01.07., 31.07. und 01.09.2015 in Höhe von jeweils 775 Euro). Ergänzend hat der Antragsteller erklärt, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Juni und Juli ebenfalls gezahlt seien, für August seien keine finanziellen Mittel hierfür da. Der Kläger hat einen weiteren Darlehensvertrag mit seiner Mutter vom 05.09.2015 vorgelegt.

Mit Bescheid vom 09.09.2015 hat der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen für August und September 2015 in Höhe von 279 Euro monatlich und für Oktober 2015 bis Januar 2016 in Höhe von 399 Euro monatlich vorläufig (im Hinblick auf mögliches Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit) bewilligt. Weiter hat der Antragsgegner ausgeführt, ab Oktober 2015 könnten Kosten der Unterkunft gewährt werden. Da die Akten sich bei Gericht befänden, lägen aber keine Nachweise über Unterkunftskosten vor. Der Antragsteller solle hierzu Unterlagen einreichen. Ab Oktober 2015 erfolge auch keine Anrechnung von Taschengeld von den Eltern mehr.

Am 04.09.2015 hat der Antragsteller gegen den Beschluss vom 06.08.2015 Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Das Begehren aus der Antragschrift werde aufrecht erhalten und auf die dortigen Ausführungen und Anlagen Bezug genommen. Er lebe entgegen der Annahme des SG nicht im Haus seiner Eltern. Zwischen den darlehensgebenden Eltern und dem Vermieter bestehe keinerlei vertragliche Sonderverbindung. Dies ergebe sich bereits aus den unterschiedlichen Anschriften von Antragsteller und Eltern und dem vorgelegten Mietvertrag. Er sei mit der Miete noch nie in Rückstand gegenüber seinem Vermieter geraten, da er von seinen Eltern immer frühzeitig diese Gelder auf Darlehensbasis erhalten habe. Dass die Eltern nie eine Schenkungsabsicht gehabt hätten, sei ausreichend vorgetragen. Soweit der Antragsgegner vortrage, in dem vorgelegten Darlehensvertrag seien keine Rückzahlungsmodalitäten enthalten, verkenne er die Anforderungen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Er habe über den Mai 2015 hinaus keine Leistungen beantragt. Sein Widerspruch vom 05.03.2015 habe sich klar auch gegen die Verweigerung der Bewilligung von Kosten der Unterkunft bezogen. Er sei nicht in der Lage, weiterhin die Leistungen seiner Eltern in Anspruch zu nehmen, so dass er Ende August einen Weiterbewilligungsantrag gestellt habe. Der Bewilligungsbescheid vom 09.09.2015 zeige, dass der Antragsgegner weiterhin nicht willens sei, die ihm zustehenden Leistungen zu erbringen. Seine darlehensgebenden Eltern würden in eine Rolle gedrängt, die sie gerade nicht einnehmen wollten. Das Vorgehen des Antragsgegners sei willkürlich und nicht hinnehmbar.

Der Antragsteller nimmt auf seine Anträge aus der Antragsschrift vom 24.07.3015 Bezug.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insbesondere nach den §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG ausgeschlossen. Der maßgebliche Wert der Beschwer für eine Berufung von 750 Euro nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist überschritten, da der Antragsteller die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 575 Euro monatlich für sechs Monate begehrt.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 01.08.2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17.08.2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide juris, jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).

Vor diesem Hintergrund kann eine einstweilige Anordnung im konkreten Fall nicht erlassen werden. Zutreffend hat das SG ausgehend vom Antrag und dem weiteren Vorbringen des Antragstellers das Antragsbegehren dahingehend ausgelegt, dass dieser den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von Dezember 2014 bis Mai 2015 begehrt. Der Antragsteller hat insoweit mit seiner Beschwerde mitgeteilt, dass er dieses Begehren weiterverfolgt und klargestellt, dass er vor seiner erneuten Antragstellung beim Antragsgegner am 28.08.2015 für die Zeit ab Juni 2015 keinen Leistungsantrag gestellt hatte und insoweit auch keine vorläufige Regelung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes begehrt hatte.

Ein Anordnungsgrund kommt für die Zeit von Dezember 2014 bis Mai 2015 aber nicht in Betracht. Wie das SG ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, ist Sinn der einstweiligen Anordnung, für die Zukunft eine Regelung zu treffen. Bei Geldleistungen für die Vergangenheit, also für Zeiten vor Eingang des Antrags bei Gericht, fehlt deshalb in aller Regel der Anordnungsgrund (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 29a). Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn ein Nachholbedarf erkennbar ist. Einen solchen hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss nach eigener Prüfung an. Ergänzend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller entgegen den Ausführungen des SG nicht mietfrei bei seinen Eltern lebt. Er hat allein eine Wohnung angemietet, während seine Eltern an einem anderen Ort wohnen, wie der Antragsteller zutreffend mit der Beschwerde vorträgt und was durch die vorliegenden Unterlagen auch hinreichend belegt ist. Allerdings ändert dies nichts an der rechtlichen Bewertung, wie sie das SG vorgenommen hat. Denn der Antragsteller räumt mit der Beschwerde ebenfalls ein, dass er gegenüber seinem Vermieter nie mit den Miet- und Nebenkostenzahlungen in Rückstand geraten ist und damit eine Kündigung und Räumung der von ihm bewohnten Mietwohnung nie gedroht hat. Damit kann in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes allein streitigen Kosten der Unterkunft in dem Verhältnis zum Vermieter des Antragstellers keine Notlage entstanden sein und damit eine solche auch nicht fortwirken. Eine Notlage könnte sich nach dem unstreitigen Sachverhalt allenfalls im Verhältnis des Antragstellers zu seinen Eltern ergeben. Denn nach den eigenen Angaben des Antragstellers und den von ihm vorgelegten Erklärungen und Kontoauszügen haben seine Eltern ihn hinsichtlich der Kosten der Unterkunft durchgehend seit Dezember 2014 finanziell unterstützt. Unabhängig davon, ob diese finanzielle Unterstützung als bedarfsmindernd hinsichtlich der Kosten der Unterkunft eingeordnet werden kann, könnte sich eine Eilbedürftigkeit im Sinne des für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrundes nur ergeben, wenn die tatsächlich geleistete finanzielle Unterstützung von den Eltern im streitigen Zeitraum dringlich zurückgefordert worden wäre. Dies hat der Antragsteller aber nicht glaubhaft gemacht. Zwar hatte er Erklärungen seiner Mutter dahingehend vorgelegt, dass diese ab März 2015 die monatliche Überweisung von 150 Euro auf sein Kreditkartenkonto einstellen würde. Auch hat er angegeben, dass die Eltern zu einer finanziellen Unterstützung im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft nicht mehr in der Lage wären bzw. diese nicht mehr erfolgen würde. Gleichwohl belegen die vorgelegten Kontoauszüge, dass der Antragsteller fortlaufend bis einschließlich September 2015 nicht nur mit monatlichen Zahlungen für Miete und Nebenkosten, sondern in den Monaten Juni und bis September 2015 sogar mit weiteren Zahlungen für den Lebensunterhalt und in den Monaten Juni und Juli 2015 wiederum mit Zahlungen für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unterstützt wurde. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller sich nicht gezwungen sah, nahtlos ab Ende des vorherigen Bewilligungsabschnitts am 31.05.2015 einen Fortzahlungsantrag zu stellen, ist nicht glaubhaft, in welcher finanziellen Notlage er sich trotz möglicherweise bestehender Darlehensschulden gegenüber seinen Eltern bzw. sich seine Eltern aufgrund möglicherweise bestehender unerfüllter Darlehensrückforderungen befunden haben sollen. Hiervon unbenommen bleibt die Frage, ob der Antragsteller von seinen Eltern nur darlehensweise unterstützt wurde und den geltend gemachten weitergehenden Leistungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner hat. Die Klärung dieser Frage muss aber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Mangels Glaubhaftmachung einer Eilbedürftigkeit rechtfertigt das Bestehen dieser Frage es nicht, eine vorläufige Regelung in Bezug auf Zeiträume zu treffen, die vor Beantragung der vorläufigen Regelung bereits abgelaufen waren. Das Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens ist dem Antragsteller nicht unzumutbar.

Ebenfalls dahinstehen kann in der vorliegenden Beschwerdeentscheidung die Frage, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung für die Zeit von Februar bis Mai 2015 bereits mangels Widerspruchs gegen den Bewilligungsbescheid vom 20.02.2015 unzulässig gewesen ist. Denn auch die Zeit von Februar bis Mai 2015 liegt vor der Antragstellung bei Gericht im Juli 2015 und auch insoweit gelten obige Ausführungen zur fehlenden Glaubhaftmachung einer (fortbestehenden) Notlage.

Ebenfalls abzulehnen ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 115 ff Zivilprozessordnung [ZPO]) neben der PKH-Bedürftigkeit (§§ 114, 115 ZPO) und der Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung eine hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 1 ZPO).

Hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers auf Grund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (Geimer in Zöller, Zivilprozessordnung, 29. Aufl. 2012, § 114 Rn. 19). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.

Die Kostenentscheidung orientiert sich an § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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