L 10 U 3966/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 4354/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3966/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.06.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 20 v.H. ab 01.01.2006 streitig.

Der am 1947 geborene Kläger war bei der früheren D. AG beschäftigt und für diese im Rahmen mehrerer Auslandseinsätze tätig. Im Rahmen einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber wurde er ab 01.12.2002 bei der A. Motor Manufacturing Company Ltd. in L. , N. als After Sales Manager tätig. Ein automatisches Ende der Vereinbarung war für den 30.11.2005 vorgesehen, allerdings vorbehaltlich einer angestrebten Verlängerung des Einsatzes (Vereinbarung vom 30.09.2002, Bl. 98/102 VerwA). Der Arbeitgeber hatte für den Kläger bei der Beklagten eine Auslandsunfallversicherung abgeschlossen (vgl. Bl. 4 VerwA). Für N. galten damals wegen einer hohen Kriminalitätsrate Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes (vgl. Bl. 19/22 VerwA).

Am Abend des 12.07.2004 wurde der Kläger in seinem Wohnhaus in L. Opfer eines Überfalls durch seinen Gärtner. Dieser griff seine Ehefrau, die ihn in der Küche überraschte, mit einer Machete an und verletzte sie dabei erheblich im Bereich des Schädels und der Hand (u.a. Verlust des Daumens). Auch den hinzueilenden Kläger attackierte der Täter mit der Machete und verletzte ihn schwer (offene Schädelfraktur, mehrere Skalpierungsläsionen, Prellung des fünften Strahls der linken Hand, LWS- und BWS- Prellung). Gleichwohl gelang es dem Kläger schließlich den Täter in die Flucht zu schlagen. Nach einer Erstversorgung durch den Hausarzt wurden der Kläger und seine Ehefrau in ein örtliches Krankenhaus gebracht, dort zunächst versorgt und sodann mit dem Rettungsflugzeug nach S. verbracht, wo sie im K. am Morgen des 14.07.2004 stationär aufgenommen wurden.

In der Klinik für Unfallchirurgie des K. wurde der Kläger zunächst bis 28.07.2004 behandelt und dann vom Zentrum für Innere Medizin übernommen, aus dem er am 02.08.2004 entlassen wurde (Verlegungsbericht vom 31.08.2004, Bl. 44 VerwA; Entlassungsbericht vom 02.08.2004, Bl. 34 VerwA). Bereits während dieser stationären Behandlung begann der Kläger eine traumatherapeutische Behandlung bei der Dipl.-Psych. G.-P. , die diagnostisch von einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ausging (vgl. Behandlungsbericht vom 11.09.2004, Bl. 68 VerwA). Nach seiner Entlassung bezog der Kläger eine Ferienwohnung in Bad W. und wurde nach zunächst durchgeführter ambulanter orthopädischer Behandlung unter Weiterführung der Therapie bei der Dipl.-Psych. G.-P. im Rahmen einer stationären Anschlussheilbehandlung ab 08.09.2004 in der Privatklinik V. GmbH in Bad W. behandelt. Zu diesem Zeitpunkt plante der Kläger, am 03.10.2004 zur zumindest teilweisen Wiederaufnahme seiner Arbeit nach L. zurückzukehren, was in der therapeutischen Arbeit der behandelnden Dipl.-Psych. G.-P. auch unterstützt und vorbereitet wurde (Verlaufsbericht vom 27.09.2004, Bl. 87 VerwA). Nach Absage der geplanten Rückkehr nach N. wurde im Rahmen eines Gesprächs mit dem Arbeitgeber vereinbart, dass der Kläger seine Tätigkeit dort nicht wieder aufnehmen werde und lediglich noch zur Haushaltsauflösung nach N. zurückkehren solle. Nach erfolgreicher Behandlung wurde der Kläger schließlich am 19.10.2004 aus der Privatklinik V. GmbH entlassen (Diagnosen: Z.n. Schädelimpressionsfraktur mit Schädelhirntrauma Grad II und posttraumatischem HWS-/LWS-Syndrom bei Fehlstatik und degenerativen Veränderungen mit funktionellem Wurzelreizsyndrom in Form von Brachialgien und Lumboischialgien; posttraumatische Bewegungseinschränkung der linken Hand nach Weichteil-/Sehen- und Muskelquetschung links mit Streckkontraktur im PIP Dig V, posttraumatisches Psychosyndrom mit passagerer Anpassungs- und Belastungsstörung sowie leichter exogener Depression; vgl. Entlassungsbericht vom 05.11.2004, Bl. 132/135 VA). Die behandelnde Dipl.-Psych. G.-P. hielt den Kläger weiterhin für arbeitsunfähig, erachtete jedoch eine Belastungserprobung bzw. einen Arbeitsversuch nach Rückkehr des Klägers aus N. für möglich (vgl. Verlaufsbericht vom 07.11.2004, Bl. 151/152 VerwA).

Mit Schreiben vom 07.12.2004 informierte die D. AG den Kläger "im Sinne einer Orientierung" über die arbeitgeberseitig getroffenen Überlegungen und führte u.a. aus, da die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit derzeit nicht absehbar sei, ein weiterer Einsatz in einem Tropenland nicht einzuschätzen sei und die Frage seiner persönlichen Sicherheit bei einer weiteren Tätigkeit in N. nicht zu beantworten sei, werde sein internationaler Einsatz in N. mit dem 31.12.2004 beendet. Damit erfolge zum 01.01.2005 seine Wiedereingliederung im Bereich DCOS, wobei sich das Datum der tatsächlichen Arbeitsaufnahme nach der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit richte. Im Hinblick auf die Rückkehr nach L. zur Auflösung des Hausstandes, die sie ihm grundsätzlich gerne anbieten würde, verwies sie auf das beigefügte Schreiben der Konzernsicherheit, die diesem Vorhaben nicht zustimme (nicht auszuschließende Racheakte des sich auf freiem Fuß befindlichen Täters bzw. durch von diesem beauftragte Dritte; lückenloser Schutz deshalb und wegen der extremen Kriminalitätsbelastung im Land nicht zu gewährleisten; mögliche strafrechtliche Inanspruchnahme des Klägers wegen der Behauptung des Täters, in Notwehr gehandelt zu haben).

Im Hinblick auf die unfallchirurgischen Unfallfolgen teilte Prof. Dr. H. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im K. S. , mit, dass weitere Behandlungen nicht mehr erforderlich seien und der Kläger ab sofort für arbeitsfähig erachtet werde (Zwischenbericht vom 20.12.2004, Bl. 194 VerwA).

Bezüglich der weiteren psychotherapeutischen Behandlung veranlasste die Beklagte eine Vorstellung des Klägers bei Dr. U. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in der Psychosomatischen Fachklinik Bad D. , die den Kläger am 28.12.2004 untersuchte. Diese hielt die Weiterführung der therapeutischen Sitzungen in wöchentlichen Abständen für erforderlich und erachtete es für realistisch, dass der Kläger die Arbeit - stufenweise - Anfang März 2005 wieder aufnehmen könne. In diesem Sinne äußerte sich auch die behandelnde Dipl.-Psych. G.-P. , da durch eine berufliche Klärung und den erfolgten Bezug privaten Wohnraums eine äußere Stabilität eintrete (vgl. Verlaufsbericht vom 07.02.2005, Bl. 227/228 VerwA). Auf der Grundlage einer weiteren Vorstellung des Klägers bei Dr. U. am 03.03.2005, bei der dieser über fast wöchentlich auftretende Migräneanfälle auf Grund seiner gegenwärtigen Situation (Gefühle der Angst vor der Zukunft und Wut auf die Firma) berichtete, sah diese keine ausreichende psychische Stabilität für die Wiederaufnahme einer Tätigkeit und erachtete ein stationäres psychosomatische Heilverfahren für sinnvoll (Bericht vom 16.03.2005, Bl. 256/258 VerwA). Eine entsprechende Behandlung nahm der Kläger dann am 28.04.2005 in der Psychosomatischen Fachklinik Bad D. auf, aus der er am 13.07.2005 entlassen wurde. Ausweislich des entsprechenden Entlassungsberichtes habe der Kläger von der Behandlung gut profitieren können und sei zum Entlassungszeitpunkt recht gut stabilisiert. In der Vergangenheit sei mit der durchgeführten intensiven Therapie eine ausreichende Stabilisierung durch die ungeklärte häusliche und berufliche Situation deutlich erschwert worden. Wenn auch noch eine Restsymptomatik der Traumastörung, insbesondere in Form von auftretenden Flash-backs in näher umschriebenen Situationen, vorliege, sei der Kläger wieder in der Lage, seiner Berufstätigkeit nachzugehen (vgl. Entlassungsbericht vom 19.07.2005, Bl. 369/375 VerwA). Zuvor war im Rahmen eines mit Vertretern des Arbeitgebers am 08.07.2005 geführten Gesprächs der Beginn einer Arbeits- und Belastungserprobung am 25.07.2005 im Umfang von zunächst 20 Stunden wöchentlich vereinbart worden, wobei der Kläger ab 15.08.2005 mit 30 Stunden wöchentlich und ab 05.09.2005 vollschichtig im Mutterhaus der Firma tätig werden sollte.

Zur Feststellung von Unfallfolgen erstattete Dr. Dr. B. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapeutische Medizin, auf Grund Untersuchung des Kläger vom 27.07.2005 ein nervenärztliches Gutachten. Darin beschrieb er als Unfallfolgen eine symptomatische, mäßig ausgeprägte Neuralgie des 1. Astes des linken N. trigeminus, Dysästhesien im linken Parietalbereich und eine Teilversteifung und leichte Abduktionsschwäche des Fingers V links, die eine MdE um 15 v.H. bedingten, sowie eine PTBS, die er mit einer MdE um 30 v.H. bewertete.

Am 28.07.2005 berichtete der Kläger im Rahmen eines Telefonats mit einem Mitarbeiter der Beklagten von dem Schock, der beim Auspacken seines aus N. eingetroffenen Eigentums der Anblick des mit Blut beschmutzten Stuhls und der vollgebluteten Schuhe seiner Ehefrau bei ihm ausgelöst habe. Er berichtete ferner von dem Selbstmord seines damaligen Vorgesetzten, wobei er in Betracht ziehe, dass dieser Auftraggeber des Überfalls vom 12.07.2004 gewesen sei, da er, der Kläger, über Wissen verfügt habe, das diesem hätte zum Nachteil gereichen können. Zwischenzeitlich habe er im Übrigen beim Arbeitsgericht eine Klage gegen seinen Arbeitgeber eingereicht, weil dieser das von ihm in L. bewohnte Haus nicht mit dem notwendigen Sicherheitsstandard ausgestattet habe. Belastend sei im Übrigen auch das Gerede der Kollegen über Spekulationen und Theorien bezüglich des Selbstmordes des früheren Vorgesetzten (vgl. Aktenvermerk vom 28.07.2005, Bl. 380 VerwA).

Wegen einer unfallunabhängig eingetretenen Erkrankung vom 22.08. bis 09.09.2005 wurde die am 25.07.2005 begonnene Arbeits- und Belastungserprobung dahingehend verlängert, dass die vollschichtige Tätigkeit nunmehr am 26.09.2005 aufgenommen werden sollte.

Nach dem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 22.09.2005, in dessen Vorfeld dem Kläger seitens seines Arbeitgebers der Abschluss eines Aufhebungsvertrages angeboten worden war, stellte sich der Kläger am 23.09.2005 bei PD Dr. R. , Facharzt für Neurologie, vor und berichtete von einem psychischen Einbruch auf Grund der bestehenden schwerwiegenden Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber, die zum Teil auch Eingang in die Presse gefunden habe. Der Kläger fühle sich schlecht behandelt und meine, der Angriff in N. hätte durch bessere Fürsorge seitens seines Arbeitgebers verhindert werden können. Dies alles beeinträchtige die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit, auch fühle er sich von den Kollegen diffamiert. Da es aus verhaltenstherapeutischer Sicht nicht sinnvoll sei, den Arbeitsplatz zu meiden, sah PD Dr. R. eine Kompromissmöglichkeit dahingehend, dem verbitterten und belasteten Kläger eine Verlängerung der Wiedereingliederungsphase um zwei Wochen zuzugestehen (vgl. Bl. 442/443 VerwA), worauf die Arbeits- und Belastungserprobung bis zum 07.10.2005 verlängert wurde und der Kläger am 10.10.2005 (Montag) seine Tätigkeit wieder in vollem Umfang aufnehmen sollte.

Auf der Grundlage einer am 29.09.2005 erfolgten nochmaligen Vorstellung des Klägers bei Dr. Dr. B. führte dieser im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme aus, dass die weitere Tolerierung der Arbeits- und Belastungserprobung nicht vertretbar sei. Aus psychopathologischer Sicht sei eine signifikante Verschlechterung seit dem Vorbefund nicht eingetreten. Die fluktuierenden psychopathologischen Situationen seien auf die komplizierte juristische Situation und die individuellen Interpretationsversuche des Klägers zurückzuführen. Dieser neige dazu, die ungeklärten Vorgänge nach seinen eigenen Vorstellungen zu interpretieren, was ihn erheblich belaste (vgl. Bl. 478/483 VerwA).

Sodann stellte die Beklagte das dem Kläger im Anschluss an die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers ab 13.01.2005 gewährte Verletztengeld zum 09.10.2005 ein, da unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht mehr bestehe (vgl. Bl. 489 VerwA). Dies teilte sie dem Kläger auch mit (Bl. 490 VerwA). Am 10.10.2005 nahm der Kläger seine Tätigkeit in vollem Umfang auf.

In seinem ersten Rentengutachten, dem eine Untersuchung des Klägers im August 2005 zu Grunde lag, ging Prof. Dr. H. von einer folgenlos ausgeheilten Fraktur des Schädeldaches links, einer darüber liegenden reizlosen ca. fünf Zentimeter langen bogenförmigen Narbe, einer Empfindungsstörung im Bereich der Narbe sowie einer Beugekontraktur am linken Kleinfinger als Unfallfolgen aus und schätzte die MdE auf weniger als 10 v.H. Zur Gesamt-MdE äußerte sich Dr. Dr. B. schließlich im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme und schätzte diese mit 40 v.H. ein.

Im November 2005 übersandte die Barmer Ersatzkasse der Beklagten die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 13.10.2005 (Erstbescheinigung, Diagnose: essentielle Hypertonie, Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 21.10.2005) und 21.10.2005 (Folgebescheinigung des Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. H. , Diagnose: PTPS, Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 04.11.2005) mit der Bitte um Prüfung, ob eine Wiedererkrankung vorliege. Auf eine entsprechende Rückfrage teilte Dr. H. mit, den Kläger wegen verschiedenen Erkrankungen zu behandeln, jedoch stehe die PTBS im Vordergrund. Insoweit arbeite er eng mit der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie PD (zwischenzeitlich Prof.) Dr. W. zusammen. Auf Veranlassung der Beklagten berichtete diese im Rahmen eines Befundberichts, basierend auf einer Untersuchung am 24.11.2005, davon, dass der Kläger angegeben habe, sich schlecht zu fühlen, schlecht zu schlafen, häufig von dem Überfall zu träumen, häufig Migräne und immer wieder Angstattacken zu haben. Die bisherige Psychotherapie habe seines Erachtens nicht ausreichend geholfen. Verschlechtert habe sich die Symptomatik noch einmal, nachdem er die aus N. übersandten teilweise blutverschmierten Gegenstände vom Unfalltag habe auspacken müssen. Zudem befinde er sich in einer rechtlichen Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber. Nachdem ein Wiedereingliederungsversuch im Oktober gescheitert sei, habe ihm sein Arbeitgeber gekündigt. Diagnostisch ging Prof. Dr. W. von einer PTBS und einer mittelgradigen depressiven Episode aus.

In Bezug auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses teilte die D. AG unter dem 25.11.2005 mit, es sei eine außerordentliche Kündigung wegen versuchten Prozessbetruges zum 18.10.2005 erfolgt (vgl. Bl. 541/542 VerwA).

Nachdem Prof. Dr. W. den Kläger weiterhin für arbeitsunfähig erachtete, veranlasste die Beklagte eine erneute Untersuchung durch Dr. U. , die den Kläger am 15.12.2005 untersuchte. Sie beschrieb eine ausgeprägte reaktive Depression mit Restsymptomen der PTBS, die in den belastenden Vorkommnissen am Arbeitsplatz und der zumindest subjektiven Kränkung durch das Verhalten des Arbeitgebers seine Ursache habe (fristlose Kündigung am 18.10.2005, laut Kläger erneute Kündigung am 31.10.2005 "wegen geistigen Schadens"). Die jetzige Symptomatik sei nur noch zu einem geringen Teil in dem Unfallereignis selbst begründet. Der überwiegende Teil liege in der Verbitterung des Klägers über das nachfolgende Verhalten der Firma, wie der Kläger es erlebt habe.

Zur Klärung der Frage, ob die ab 13.10.2005 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit rechtlich wesentlich auf den Überfall zurückzuführen ist und welche MdE die Unfallfolgen seit Wegfall der Arbeitsunfähigkeit bedingen, veranlasste die Beklagte das nervenärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. , der den Kläger im Januar 2006 untersuchte. Die vom Kläger beklagten psychischen Beschwerden sah der Gutachter als Gemisch zwischen den letzten Resten einer posttraumatischen Belastungsreaktion und aktuellen Belastungen durch die Probleme mit dem Arbeitgeber bzw. dem derzeit mit diesem noch laufenden Prozess wegen der Kündigung, wobei letzteres zweifellos überwiege. Den psychischen Befund in der Untersuchungssituation beschrieb er als unauffällig. Insbesondere verneinte er eine nennenswerte Depressivität, Angstzustände oder sonstige Auffälligkeiten, wie sie bei posttraumatischen Belastungsreaktionen gelegentlich gesehen würden. Zusammenfassend ging er davon aus, dass jetzt die psychischen Beeinträchtigungen auf Grund der Probleme mit dem Arbeitgeber im Vordergrund stünden und demgegenüber die posttraumatische Belastungsreaktion in den Hintergrund getreten sei. Bestenfalls seien insoweit noch leichte Restbeschwerden vorhanden, die durch das neue psychoreaktive Geschehen verlagert worden seien. Eine leistungsrelevante posttraumatische Belastungsreaktion sei direkt nach dem Unfall bis Dezember 2004 anzunehmen. Für diesen Zeitraum habe unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestanden und darüber hinaus für das gesamte Jahr 2005 unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit. Die MdE für die posttraumatische Belastungsreaktion schätzte er für den Rest des Jahres 2004 mit 50 v.H., für das Jahr 2005 mit 30 v.H. und seither mit 10 v.H. ein.

Mit Bescheid vom 12.04.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger wegen den Folgen seines Arbeitsunfalles vom 12.07.2004 Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. für die Zeit vom 10.10.2005 bis 30.11.2005 und nach einer MdE um 20 v.H. für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.12.2005. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, bei der Bewertung der MdE seien die Restbeschwerden einer PTBS sowie eine Beugekontraktur am linken Kleinfinger berücksichtigt worden, was eine rentenberechtigende MdE über den 31.12.2005 hinaus nicht bedinge. Grund hierfür sei, dass die ab 13.10.2005 bestehenden Beschwerden keine rechtlich wesentlichen Folgen des Arbeitsunfalls seien. Der dagegen mit dem Begehren, Verletztenrente zumindest bis 31.12.2006 zu gewähren, eingelegte Widerspruch des Klägers, wurde mit dem Kläger am 14.08.2006 zugegangenem Widerspruchsbescheid vom 09.08.2006 zurückgewiesen. Im Widerspruchsverfahren hatte sich Prof. Dr. W. der Auffassung der Beklagten zur Höhe und Dauer der MdE angeschlossen.

Am 14.09.2006 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit dem Antrag Klage erhoben, ihm auch über den 31.12.2005 hinaus Verletztenrente zu gewähren. Er hat sich gegen die Einschätzung des Dr. S. gewandt, die eine individuelle Bewertung unter Berücksichtigung der Besonderheiten seines Krankheitsverlaufs nicht enthalte. Nicht nachvollziehbar seien auch die Ausführungen der Dr. U. , wonach die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit lediglich bis 09.10.2005 gedauert haben soll. Nachdem er bereits seit Oktober 2004 mit seinem Arbeitgeber in Auseinandersetzungen über den Ausgleich seiner Schäden gestanden habe, stelle sich die Frage, welche zusätzlichen neuen Belastungen zum 10.10.2005 hinzugekommen sein sollen. Zweifellos liege bei ihm unfallbedingt eine Reduzierung seiner Belastbarkeit auf Dauer vor, wie dies auch von Prof. Dr. W. bestätigt werde. Entsprechend sei seine Erwerbsfähigkeit wegen den Folgen des Arbeitsunfalles auch über den 01.01.2006 hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert.

Das SG hat Prof. Dr. W. und den Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Psychotherapeutische Medizin Dr. J. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Prof. Dr. W. hat von Vorstellungen des Klägers seit 08.11.2005 mit anfänglichen Vorstellungen in ein- bis zweiwöchentlichen Abständen berichtet, die dann nach Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie bei einem Kollegen ab Juli 2006 lediglich noch in zwei- bis dreimonatigen Abständen erfolgt seien. Im Vergleich zum Erstbefund ("wach, bewusstseinsklar und voll orientiert, kein Anhalt für formale oder inhaltliche Denkstörungen, Stimmung gedrückt, angespannt, verärgert, zunächst seine Anamnese auffallend ruhig schildernd, dann Redefluss zunehmend, affektive Resonanzfähigkeit reduziert, Gedächtnis und weitere kognitive Funktionen intakt, äußert Suizidgedanken, distanziert sich von Suizidalität") seien die hiernach erhobenen Befunde mit einem depressiv-gefärbten, angespannten, ängstlichen und erschöpften Zustand jeweils relativ ähnlich gewesen. Eine im Januar 2006 zusätzlich aufgetretene Trigeminusneuralgie links mit Überempfindlichkeit und typischen einschießenden Schmerzen der linken Gesichtsseite sei unter Einnahme von Gabapentin gebessert worden. Dr. J. hat von psychotherapeutischen Behandlungen seit Juli 2006 im Sinne einer Krisenintervention auf Grund einer schweren PTBS berichtet; seit Januar 2007 nehme der Kläger regelmäßig einmal wöchentlich an einer Gruppentherapie teil. Neben der typischen Symptomatik einer PTBS habe über den gesamten Zeitraum das vielschichtige Beschwerdebild eines depressiven Erschöpfungssyndroms mit depressiven Verstimmungen, Schlafstörungen, Erschöpfung, Angstgefühlen, Schwindel, Appetitstörungen, Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen, Stimmungsschwankungen, Sexualstörungen, Gefühle des gestörten inneren Gleichgewichts und Gefühlen, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein, bestanden. Die Symptomatik habe sich im Laufe des letzten Jahres etwas gebessert, wenngleich sie noch immer in ausgeprägter Form vorhanden sei. Die auffallende Therapieresistenz erkläre sich daraus, dass der Kläger durch den "besonderen" Umgang seines Arbeitgebers mit ihm, für den er viele Jahrzehnte loyal gearbeitet habe, immer wieder retraumatisiert werde. In den vielen Auseinandersetzungen mit seinem Arbeitgeber fühle er sich, insbesondere durch dessen Anwälte, immer wieder in die Rolle des Opfers und sogar des Schuldigen hineingedrängt. Diese Situationen, in denen er von Gefühlen der Hilflosigkeit überflutet werde, mobilisierten mit großer Regelmäßigkeit das "Trauma-Schema", das durch die Traumatisierung durch den Mordanschlag am 12.07.2004 entstanden sei.

Das SG hat sodann das Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie O.-P. auf Grund Untersuchung des Klägers im Juli 2007 eingeholt. Die Sachverständige ist auf ihrem Fachgebiet diagnostisch von einer im Vordergrund stehenden mittelgradigen depressiven Symptomatik ausgegangen sowie einem Restzustand nach PTBS. Dabei sei die Symptomatik der anfänglich vorhanden gewesenen PTBS unter professioneller Behandlung im Verlauf langsam abgeklungen und sei zunehmend verdrängt bzw. durch die mittelschwere depressive Symptomatik überlagert worden, die sich im Rahmen der enttäuschten Erwartungen, Konflikte, Kränkungen und Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber entwickelt habe. Insoweit sei von einer Verschiebung der Wesensgrundlage auszugehen. Auf dieser Grundlage ist die Sachverständige davon ausgegangen, dass über den 09.10.2005 hinaus keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden habe. Die MdE für die PTBS hat sie bis Ende 2005 mit 20 v.H. und danach mit 10 v.H. eingeschätzt. Zusammen mit den unfallchirurgischen Folgen im Bereich des linken Kleinfingers, die sie mit einer MdE um 10 v.H. bewertet hat, hat sie die MdE vom 10.10.2005 bis 30.11.2005 mit 30 v.H. und danach mit 20 v.H. bewertet. Das SG hat sodann das orthopädische Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T. auf Grund Untersuchung des Kläger im März 2008 eingeholt. Dieser hat als Unfallfolgen eine folgenlos ausgeheilte Schädelfraktur links mit verbliebener Hyposensibilität im Narbenbereich und eine Beugekontraktur des linken Kleinfingers beschrieben, die er mit einer MdE um weniger als 10 v.H. bewertet hat.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG schließlich das Gutachten des Facharztes für Innere Medizin und Psychotherapeutische Medizin Dr. P. auf Grund Untersuchung des Klägers im Dezember 2008 eingeholt. Der Sachverständige ist von einem chronifizierten depressiven Syndrom ausgegangen, dass er ganz überwiegend ursächlich auf das Ereignis vom 12.07.2004 zurückgeführt hat. Denn mit hinreichender Klarheit lasse sich weder anamnestisch noch nach Auswertung der Akten eine syndromale Abstufung in der Entwicklung des Gesundheitszustandes, die auf eine unabhängige zweite Verursachung schließen ließe, feststellen. Das beschriebene psychopathologische Bild habe vielmehr im Wesentlichen bruchlos seit spätestens Ende 2004 bestanden. Dass in den Beschreibungen und Befundungen im Laufe der Zeit unterschiedliche Züge der Symptomatik in den Vordergrund gestellt worden seien, rechtfertige nicht den Schluss auf eine syndromal unabhängige Zweiterkrankung. Der Konflikt mit dem Arbeitgeber sei nicht als von dem Unfallereignis unabhängig zu betrachten, sondern seinerseits Folge des Unfallereignisses und der Versuche des Klägers, dieses zu verarbeiten. Ohne das Unfallereignis hätte der Konflikt mit dem Arbeitgeber nicht diese Folgen und Ausprägungen angenommen. Ein kausal unabhängiges Zweitgeschehen bestehe somit nicht. Eine Verschiebung der Wesensgrundlage lasse sich demnach nicht hinreichend sichern, zumal depressive Symptome zum posttraumatischen Syndrom regelhaft dazugehörten. Der Kläger sei seit dem Unfallereignis arbeitsunfähig. Die MdE hat der Sachverständige auf 30 v.H. eingeschätzt.

Gegen die Einschätzung des Sachverständigen Dr. P. hat sich die Beklagte unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. F. gewandt, der auf den Knick im Heilverlauf und die Entwicklung zum Ungünstigen hin mit dem Entstehen des Konflikts mit dem Arbeitgeber und der danach überwiegend durch diesen Konflikt geprägten Symptomatik hingewiesen hat.

Mit Urteil vom 30.06.2009 hat das SG die Klage, mit der der Kläger zuletzt die Gewährung von Verletztengeld über den 09.10.2005 hinaus, hilfsweise höhere Verletztenrente für die Zeit vom 10.10.2005 bis 31.12.2005 und die Gewährung von Verletztenrente über den 31.12.2005 hinaus nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. beantragt hat, abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die nach Beendigung der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Psychosomatischen Fachklinik Bad D. eingetretene Verschlechterung des psychischen Befundes finde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ihre wesentliche Ursache in einem zeitgleich exacerbierten Konflikt mit dem Arbeitgeber, der in eine am 18.10.2005 ausgesprochene arbeitgeberseitige Kündigung wegen Prozessbetrugs gemündet habe. Ein wesentlicher innerer Zusammenhang dieses Konflikts mit dem Geschehen vom 12.04.2004 sei nicht erkennbar. Entsprechend bestehe nach Wiedereintritt von Arbeitsunfähigkeit am 13.10.2005 kein Anspruch auf Verletztengeld, ab 10.10.2005 kein Anspruch auf höhere Verletztenrente und auch kein Anspruch auf Verletztenrente über den 31.12.2005 hinaus.

Am 28.08.2009 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die PTBS hinter die Exazerbation des Konfliktes mit seinem Arbeitgeber zurückgetreten sei und insoweit lediglich noch Restsymptome vorhanden seien. Vielmehr habe er aus psychotraumatologischer Sicht das von seinem ehemaligen Arbeitgeber gegen ihn betriebene Verfahren als (psychische) Gewalt erlebt und damit im Ergebnis die Wiederholung des Traumas vom 12.07.2004. Der Konflikt mit dem Arbeitgeber habe daher die Bedeutung einer Retraumatisierung, so dass ein innerer Zusammenhang zwischen den Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber und dem Überfall bestehe. Die weiterhin bestehende psychische und psychosomatische Symptomatik sei somit eindeutig ursächlich auf den Überfall zurückzuführen. Auch der Sachverständige Dr. P. sei davon ausgegangen, dass kein ausreichender Anhalt für die Vermutung bestehe, dass er ohne traumatisierendes Ereignis depressiv erkrankt wäre. Auch habe dieser deutlich gemacht, dass die Entwicklung seines Gesundheitszustandes nicht auf eine unfallunabhängige Zweitursache zurückzuführen sei, der Konflikt mit dem Arbeitgeber vielmehr seinerseits Folge des Unfallereignisses und seines Versuchs, dieses zu verarbeiten, sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.06.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2006 zu verurteilen, ihm ab 01.01.2006 Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat nach Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. S. , das dieser nach Untersuchungen des Klägers im Mai 2011 im Februar 2013 vorgelegt hat, das Gutachten des Prof. Dr. F. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychosomatische Medizin in der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T. , nebst ergänzenden Stellungnahmen auf Grund Untersuchung des Klägers im November 2013 eingeholt. Dieser hat auf seinem Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen diagnostiziert und ausgeführt, dass mangels Erfüllung des A2-Kriteriums die Diagnose einer PTBS nie hätte gestellt werden dürfen. Möglicherweise habe bis Ende des Jahres 2004 eine Anpassungsstörung bestanden, was sich retrospektiv jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit bejahen lasse. Eine Anpassungsstörung bestehe längstens für 24 Monate, jedoch sei die Zeit um das Scheitern der Wiedereingliederung so überlagert von der Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber und die psychische Reaktion sei auf das Angebot eines Auflösungsvertrages entstanden, so dass eher der Zwist mit dem Arbeitgeber auslösend für das Scheitern der Wiedereingliederung gewesen sei, nicht aber das Trauma an sich. Eine Aussage über die Ursache der damals beklagten psychischen Beschwerden sei neun Jahre später hoch spekulativ.

Zu dem Gutachten des Prof. Dr. F. und den vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnehmen hat der Kläger jeweils Stellungnahmen des behandelnden Psychotherapeuten Dr. J. vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 12.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2006, mit dem die Beklagte dem Kläger Verletztenrente für die Zeit vom 10.10.2005 bis 30.11.2005 nach einer MdE um 30 v.H. und vom 01. bis 31.12.2005 nach einer MdE um 20 v.H. bewillige, einen weitergehenden Anspruch auf Verletztenrente aber ablehnte.

Soweit der Kläger sich zuletzt im Klageverfahren und dementsprechend zunächst auch noch im Berufungsverfahren gegen diese Bescheide vorrangig mit dem Begehren gewandt hat, ihm über den 09.10.2005 hinaus Verletztengeld zu gewähren, hat er dieses Begehren im Berufungsverfahren zuletzt nicht mehr aufrecht erhalten und sein Begehren auf die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. auch für die Zeit ab 01.01.2006 beschränkt. Entsprechend erübrigen sich Ausführungen zu dem zuvor geltend gemachten Anspruch auf Verletztengeld bzw. höhere Verletztenrente für die Zeit vor dem 01.01.2006. Der Senat hat daher lediglich noch darüber zu befinden, ob dem Kläger wegen den gesundheitlichen Folgen des am 12.07.2004 erlittenen Unfalls Verletztenrente über den 31.12.2005 hinaus, mithin auch noch ab 01.01.2006 zusteht.

Dies ist indessen zu verneinen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 12.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2006 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Entsprechend hat das SG die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Denn die Folgen des in Rede stehenden Unfalls rechtfertigen jedenfalls ab 01.01.2006 nicht mehr die Bemessung mit einer MdE in einem rentenberechtigenden Grad.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).

Zum Zeitpunkt des vom Kläger in L. , Nigeria, erlittenen Überfalls stand dieser jedenfalls auf Grund der seitens seines Arbeitgebers gemäß § 140 Abs. 2 SGB VII abgeschlossenen Auslandsunfallversicherung, die seinen Unfallversicherungsschutz auf im Ausland erlittene Arbeitsunfälle erweiterte, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Überfall am Abend im häuslichen Bereich und nach Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit ereignete. Zwar entfällt der Unfallversicherungsschutz nach der vorliegend heranzuziehenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Unfallversicherungsschutz auf Dienstreisen im Ausland dann, wenn sich der Reisende unterwegs persönlichen, von seinen betrieblichen Aufgaben nicht mehr beeinflussten Belangen widmet. Allerdings ist dies dann nicht der Fall, wenn sich der Unfall bei einer dem persönlichen Lebensbereich zugehörenden Tätigkeit ereignet, jedoch einer besonderen dem Aufenthaltsort eigentümlichen Gefahrenquelle entspringt (vgl. BSG, Urteil vom 27.11.1980, 8a RU 18/79 in SozR 2200 § 762 Nr. 2). So liegt der Fall hier. Denn nach den seinerzeitigen Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes für N. bestand neben der allgemeinen Gefahr, dass jederzeit gewaltsame lokale und regionale Konflikte aufflammen können, gerade auch eine erhöhte Gefahr schwerer Gewaltkriminalität vor allem in dem städtischen Ballungsgebiet L. , wo der Kläger sich zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufhielt und wohnhaft war. Mit dem Überfall und dem gewaltsamen Vorgehen des Täters gegen den Kläger in dessen Wohnhaus verwirklichte sich damit gerade die mit seinem Aufenthalt in L. verbundene besondere Gefahr, Opfer einer Gewalttat zu werden. Die Beklagte ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger bei dem in Rede stehenden Überfall einen Arbeitsunfall erlitt.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Beim Kläger lagen am 01.01.2006 als Folgen des Unfalls vom 12.04.2004 von unfallchirurgischer Seite eine Beugekontraktur des linken Kleinfingers und eine folgenlos ausgeheilte Schädelfraktur links mit verbliebener Hyposensibilität im Narbenbereich vor. Der Senat entnimmt dies dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. T. , der auch die hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich des linken Kleinfingers nachvollziehbar mit einer MdE um weniger als 10 v.H. bewertet hat. Diese Einschätzung steht auch in Einklang mit der Beurteilung des Prof. Dr. H. , der im Rahmen seines Ersten Rentengutachtens gleichermaßen eine am linken Kleinfinger verbliebene Beugekontraktur beschrieben und diese mit einer MdE um weniger als 10 v.H. bewertet hat. Auch der Kläger selbst hat gegen diese Beurteilungen keine Einwände erhoben.

Unfallfolgen von nervenärztlicher Seite, die zusammen mit den von chirurgischer Seite bestehenden Unfallfolgen die Bemessung mit einer MdE um zumindest 20 v.H. rechtfertigen würden, vermag der Senat nicht festzustellen. Der Senat teilt vielmehr die Einschätzung der Beklagten und ihr folgend des SG, dass die beim Kläger durch den Überfall hervorgerufenen psychischen Beeinträchtigungen jedenfalls ab 01.01.2006 so weit abgeklungen waren, dass sie nicht mehr die Bewertung mit einer MdE um mehr als 10 v.H. rechtfertigten und daher auch zusammen mit den unfallchirurgischen Unfallfolgen eine MdE in einem rentenberechtigenden Grad nicht mehr erreicht wurde.

Insoweit teilt der Senat die Einschätzung der Sachverständigen O.-P. , die nach gutachtlicher Untersuchung des Klägers und Auswertung der Ergebnisse der zeitnah erfolgten fachärztlichen Untersuchungen zu der Auffassung gelangt ist, dass der psychische Zustand des Klägers, wie er sich Ende 2005 darstellte, nicht mehr wesentlich durch das am 12.04.2005 erlittene Trauma auf Grund des Überfalls bedingt war, sondern durch die Exacerbation des Konfliktes mit seinem Arbeitgeber nach Beendigung der Arbeits- und Belastungserprobung zum 09.10.2005. Überzeugend hat sie insoweit dargelegt, dass sich die beim Kläger zunächst vorhanden gewesene Symptomatik unter der früh begonnenen professionellen Therapie im Verlauf zurückbildete und der Kläger bereits im September 2004 bereit war, nach N. zurückzukehren, selbst wenn dies letztlich nicht umgesetzt wurde. Jedenfalls sei zu diesem Zeitpunkt das klassische Symptom der Vermeidung, das für eine PTBS charakteristisch sei, nicht mehr zu finden gewesen. Im weiteren Verlauf habe der Kläger dann im Januar 2005 gegenüber Dr. U. eine Besserung der psychischen Aspekte des Traumas angegeben und er habe von dem nachfolgenden Aufenthalt in der Psychosomatischen Klinik Bad D. gut profitiert, wobei zum Zeitpunkt der Entlassung nur noch eine Restsymptomatik der Traumastörung mit kurzfristigen Flashbacks mit Bildern des Täters bei bestimmtem Schweißgeruch bestand. Entsprechend sei der Kläger auch wieder für in der Lage erachtet worden, seiner Arbeit nachzugehen, weshalb die Wiedereingliederungsmaßnahme begonnen wurde. Erst in der Folgezeit trat im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber und dem Selbstmord des damaligen Vorgesetzten in N. von psychischer Seite eine Befundverschlechterung ein, und zwar ausgehend von einer gegen den Arbeitgeber gerichteten Klage auf Schadensersatz, weil nach Auffassung des Klägers das in L. bewohnte Haus nicht den erforderlichen Sicherheitsstandards entsprochen habe. Dabei kam es beim Kläger bereits im Zusammenhang mit dem vor dem Arbeitsgericht am 22.09.2005 stattfindenden Gütetermin, in dessen Vorfeld der Arbeitgeber dem Kläger einen Aufhebungsvertrag angeboten hatte, zu einem psychischen Einbruch, wie den Ausführungen des PD Dr. R. entnommen werden kann, bei dem der Kläger sich am 23.09.2005 vorstellte. Dieser beschrieb die schwerwiegenden Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber, die auch Eingang in die Presse fanden, sowie Diffamierungen durch Arbeitskollegen, denen sich der Kläger ausgesetzt fühlte. Auch Dr. Dr. B. , bei dem der Kläger sich am 29.09.2005 vorstellte, führte die vorhanden gewesene psychopathologische Situation auf die komplizierten juristischen und individuellen Interpretationsversuche des Klägers zurück und nicht auf den am 12.04.2005 erlittenen Überfall. Die Auseinandersetzungen gipfelten schließlich in einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers zum 18.10.2005, die mit einem versuchten Prozessbetrug begründet wurde. Die sodann ab 21.10.2005 von Dr. H. wegen PTBS bescheinigte Arbeitsunfähigkeit führte zur Aufnahme einer Behandlung bei Prof. Dr. W. , die neben einer PTBS nunmehr auch eine mittelgradige depressive Episode diagnostizierte und im Hinblick darauf eine medikamentöse Therapie begann, was zuvor zu keinem Zeitpunkt für erforderlich erachtet wurde. Auch Dr. U. , die den Kläger am 15.12.2005 untersuchte, fand zu diesem Zeitpunkt ein überwiegend depressives Zustandsbild, das lediglich noch Restsymptome der PTBS zeigte, und deren Ursache sie in den belastenden Vorkommnissen am Arbeitsplatz und der jedenfalls subjektiven Kränkung des Kläger durch das Verhalten des Arbeitgebers sah. Soweit der Kläger seinerzeit von vermehrten Alpträumen und Angstzuständen seit dem Anblick der aus N. eingetroffenen Haushaltsgegenständen, welche noch blutbefleckt waren, berichtete, sah Dr. U. gleichwohl die Konflikte mit dem Arbeitgeber als vorwiegenden Grund für die zu diesem Zeitpunkt bestehende Symptomatik. Deren überwiegenden Teil führte sie auf die Verbitterung über das vom Kläger erlebte Verhalten der Firma zurück. In diesem Sinne äußerte sich auch Dr. S. , der den Kläger am 30.01.2006 untersuchte. Er sah die vom Kläger geschilderten psychischen Beschwerden als ein Gemisch zwischen den Resten einer posttraumatischen Belastungsreaktion und den aktuellen Belastungen durch die Probleme mit dem Arbeitgeber bzw. dem zu diesem Zeitpunkt laufenden Prozess vor dem Arbeitsgericht wegen der ausgesprochenen Kündigung. Hierbei sah er die posttraumatische Belastungsreaktion in den Hintergrund getreten, wie dies nach einem Zeitablauf von eineinhalb Jahren auch in aller Regel der Fall sei.

Übereinstimmend haben damit Dr. U. , Dr. Dr. B. sowie Dr. S. und im Rahmen ihrer Untersuchung schließlich auch die Sachverständige O.-P. im Vordergrund der Beeinträchtigungen die mittelgradige depressive Episode gesehen und die noch vorhandenen Symptome der PTBS als in den Hintergrund getreten beurteilt. Diese Restsymptomatik bedingt nach Auffassung der Sachverständigen O.-P. , der sich der Senat anschließt, seit 01.01. 2006 keine MdE um mehr als 10 v.H. Dieser Beurteilung stimmte auch Prof. Dr. W. im Widerspruchsverfahren zu.

Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. P. überzeugt den Senat demgegenüber nicht. Soweit dieser ausführt, der Konflikt mit dem Arbeitgeber stelle von seinem Bedeutungszusammenhang her einen Verarbeitungs- und Bewältigungsversuch dar und könne daher nicht unabhängig von dem bei dem Überfall erlittenen Trauma gesehen werden, aus dem Konflikt rühre mithin keine von dem Überfall unabhängige separate Depressionsverursachung, vielmehr wirke das Trauma in dem Konflikt weiter, weshalb die Depression nicht dem Konflikt folge, sondern dem Konflikt vorausgehe, mögen diese Ausführungen zwar den psychodynamischen Zusammenhang zwischen dem Trauma und der späteren Depression beschreiben und gleichzeitig aufzeigen, dass ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der später aufgetretenen Depression besteht (auch der Senat geht davon aus, dass es im Sinne einer conditio-sine-qua-non bei Hinwegdenken des Überfalls nicht zu den Arbeitsplatzkonflikten und damit auch nicht zu der depressiven Störung gekommen wäre). Allerdings lässt der Sachverständige in diesem Zusammenhang unberücksichtigt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Entlassung aus der stationären Behandlung in der Psychosomatischen Klinik Bad D. und dem Beginn der Arbeits- und Belastungserprobung nicht an einer depressiven Störung litt und sich eine solche, und zwar in mittelgradiger und nach Auffassung von Prof. Dr. W. medikamentös behandlungsbedürftiger Ausprägung, erst nach und im Zusammenhang mit der Exacerbation des Arbeitsplatzkonfliktes entwickelte. Damit überzeugt schon der Ausgangspunkt der Einschätzung des Dr. P. , wonach keine syndromale Abstufung in der Entwicklung des Gesundheitszustandes vorhanden sei, nicht.

Rechtlich wesentlich für die psychopathologische Entwicklung nach Beginn der Arbeits- und Belastungserprobung war nicht mehr der Überfall als solcher, sondern die vom Kläger im Rahmen des späteren Konfliktes erlebte Kränkung, der wiederum die nicht erfüllten Erwartungen an seinen Arbeitgeber zu Grund lag. Damit traten wunschbedingte Vorstellungen des Klägers über die ihm infolge des Arbeitsunfalls zustehenden Ansprüche als Ursache der depressiven Störung neben den eigentlichen Arbeitsunfall als gleichermaßen naturwissenschaftliche Ursache dieser Gesundheitsstörung. Diese wunschbedingten Vorstellungen sind deshalb als konkurrierende Ursache anzusehen (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Allerdings können derartige wunschbedingte Vorstellungen des Versicherten nach einem Arbeitsunfall keinen wesentlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und nun bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen begründen (BSG, a.a.O.; BSG, Beschluss vom 19.05.2000, B 2 U 138/00 B). Sie stehen vielmehr der Bejahung eines wesentlichen Ursachenzusammenhangs zwischen versichertem Arbeitsunfall und der psychischen Störung entgegen. Der Ursachenbeitrag des versicherten Unfalls am Entstehen der depressiven Störung beschränkt sich somit auf die Tatsache, dass überhaupt ein Arbeitsunfall passierte. Die sich hieraus entwickelnden psychische Störungen beruhten dann wesentlich auf diesen nicht erfüllten Erwartungen, die im Rahmen des SGB VII nicht geschützt sind (vgl. BSG, Beschluss vom 19.05.2000, B 2 U 138/00 B).

Nach alledem rechtfertigen die von orthopädischer und psychiatrischer Seite auch über den 31.12.205 hinaus fortbestehenden Unfallfolgen, die einerseits eine Teil-MdE um weniger als 10 v.H. (orthopädisch) und andererseits eine MdE um 10 v.H. (psychiatrisch) bedingen, keine Gesamt-MdE in einem rentenberechtigenden Grad. Soweit die Sachverständige O.-P. die Gesamt-MdE mit 20 v.H. bewertet hat, beruht dies auf der Annahme der Sachverständigen, dass die Unfallfolgen von orthopädischer Seite eine MdE um 10 v.H. bedingen. Diese für die Sachverständige fachfremde Einschätzung ist durch das anschließend vom SG bei dem Sachverständigen Dr. T. eingeholte orthopädische Gutachten aber nicht bestätigt worden. Dr. T. hat - wie dargelegt - die MdE vielmehr mit weniger als 10 v.H. bewertet. Soweit Dr. Dr. B. in seinem für die Beklagten erstatteten Gutachten im Übrigen Unfallfolgen auch von neurologischer Seite aufführte und eine Trigeminusneuralgie beschrieb, überzeugt dies schon deshalb nicht, weil zeitnah zu dem in Rede stehenden Ereignis diesbezüglich kein relevanter Befund dokumentiert ist. Auch Dr. U. legte in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 29.11.2005 dar, dass sich anlässlich der ausführlichen neurologischen Untersuchung zum Zeitpunkt der Aufnahme des Klägers in der Psychosomatischen Klinik Bad D. Ende April 2005 die Nervenaustrittspunkte frei zeigten und sich im Bereich des Schädels auch keine Anhaltspunkte für Par- oder Dysästhesien ergaben. Auch anamnestisch seien vom Kläger keine entsprechenden Beschwerden geklagt worden, obwohl in den zahlreichen Einzelsitzungen immer wieder über die verschiedenen Beschwerden gesprochen worden sei, insbesondere seien auch immer wieder Kopfschmerzen thematisiert worden, wobei der Kläger jedoch keine Beschwerden angegeben habe, die Hinwiese auf eine Trigeminusneuralgie gegeben hätten. Damit lässt sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit kein Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Unfall herstellen, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt keine MdE um wenigstens 20 v.H. erreicht wird.

Die im Berufungsverfahren vom Senat durchgeführten weiteren Ermittlungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Das Gutachten des Dr. S. hat der Senat nicht verwertet, da zwischen den gutachterlichen Untersuchungen des Klägers und der Abfassung des schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen ein Zeitraum verstrichen gewesen ist, der nicht mehr gewährleistet, dass tatsächlich die anlässlich der jeweiligen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse Grundlage des Gutachtens geworden sind.

Soweit der Sachverständige Prof. Dr. F. ausgeführt hat, dass mangels Erfüllung des A2-Kriteriums die Diagnose eines PTBS nie hätte gestellt werden dürfen, kann der Senat dahingestellt sein lassen, welcher Diagnose die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers in der Vergangenheit korrekter Weise zuzuordnen waren. Denn für die Bemessung der vorliegend allein im Streit stehenden MdE ist weniger die korrekte diagnostische Zuordnung der Erkrankung von Bedeutung als vielmehr die hiervon ausgehenden funktionellen Beeinträchtigungen. Das Vorliegen von psychischen Beeinträchtigungen hat der Sachverständige zum Zeitpunkt seiner Untersuchung aber verneint. Im Hinblick auf in der Vergangenheit vorhanden gewesene psychische Erkrankungen hat er eine retrospektive Beurteilung mit hinreichender Sicherheit nicht für möglich erachtet.

Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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