L 5 KR 4030/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 1738/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4030/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.06.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Krankengeld für die Zeit vom 18.12.2012 bis zum 26.02.2013.

Der 1958 geborene Kläger ist als Inhaber einer Zimmerei hauptberuflich selbstständig tätig und seit dem 01.08.2009 bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld ab Beginn der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit freiwillig versichert. Im Hinblick auf die Beitragseinstufung hatte der Kläger am 25.06.2012 der Beklagten den am 11.06.2012 ausgestellten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vorgelegt. Dieser wies ein negatives Einkommen aus Gewerbebetrieb von - 2.399,- EUR aus. Auf dieser Grundlage zahlte der Kläger den (Mindest-)Krankenversicherungsbeitrag aus dem vierzigsten Teil der für das Jahr 2012 geltenden monatlichen Bezugsgröße.

In der Zeit vom 06.11.2012 bis zum 26.02.2013 war der Kläger auf Grund eines Karpaltunnelsyndroms arbeitsunfähig erkrankt. Der Beklagten liegen Auszahlscheine vom 28.12.2012, 15.01.2013, 29.01.2013 und 12.02.2013 vor.

Am 12.12.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten deshalb die Bewilligung von Krankengeld. Seinen monatlichen Einkommensausfall auf Grund der Arbeitsunfähigkeit bezifferte der Kläger mit 5.371,- EUR. Zum Nachweis legte er eine Bestätigung seines Steuerberaters über den Rohertrag gemäß betriebswirtschaftlicher Auswertung für den Zeitraum Januar bis November 2012 in Höhe von 59.085,- EUR vor.

Mit Bescheid vom 20.12.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die seit dem 06.11.2012 bestehende Arbeitsunfähigkeit zu keinem Anspruch auf Krankengeld führe, da für die Berechnung des Krankengelds das Einkommen, das vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielt worden sei, berücksichtigt werde. Zwar weise die aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung für 2012 einen Gewinn aus, maßgebend sei jedoch die Höhe des Einkommens, die dem aktuellen Einkommensteuerbescheid zu entnehmen sei und die gleichzeitig für die aktuelle Einstufung der Krankenversicherungsbeiträge herangezogen werde. Aus diesem Einkommen müsse die Höhe des Krankengelds berechnet werden. Da der am 11.06.2012 ausgestellte Einkommensteuerbescheid 2011 Negativeinkünfte aus Gewerbebetrieb ausweise, entfalle folglich der Anspruch auf Krankengeld.

Hiergegen erhob der Kläger am 15.01.2013 Widerspruch und wies daraufhin, dass der Verlust im Jahr 2011 durch außerordentliche Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten entstanden sei und daher nicht berücksichtigt werden dürfe. Ohne diese Aufwendungen wäre 2011 ein Gewinn in Höhe von ca. 31.000,- EUR entstanden. Zum Beleg dafür legte der Kläger eine Gewinn- und Verlustrechnung seines Steuerberaters für 2011 vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Dem Grunde nach bestehe zwar ab dem 18.12.2012 ein Anspruch auf Krankengeld auf Grund der eingetretenen Arbeitsunfähigkeit. Zur Ermittlung der Krankengeldhöhe sei auf das der Beitragsberechnung zugrunde zu legende Arbeitseinkommen zurückzugreifen. Dieses bestimme sich nach dem im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Gewinn bzw. Verlust mit der Folge, dass bei einem Negativeinkommen kein Krankengeldanspruch bestehe. Zur weiteren Begründung verwies die Beklagte auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 06.11.2008 (B 1 KR 8/08 R, in juris).

Am 15.04.2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Er machte geltend, ihm stehe im streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch auf Krankengeld zu. So sei die seitens der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 28.03.2013 zitierte Entscheidung des BSG vorliegend nicht anwendbar, da im vom BSG entschiedenen Fall der betriebliche Verlust auf einer mangelnden Arbeitsleistung bzw. einer schlechten Betriebsführung des Betroffenen beruht habe, wohingegen er betriebswirtschaftlich gebotene Reparaturmaßnahmen durchgeführt habe. Zu berücksichtigen sei auch, dass er in den Jahren 2011 und 2012 Beiträge entrichtet habe, so dass auch ein Versicherungsschutz unabhängig vom Betriebsergebnis bestehen müsse. Schließlich sei im Jahre 2012 ein Gewinn erwirtschaftet worden, so dass zumindest in den Monaten Januar und Februar 2013 ein Krankengeldanspruch bestehen müsse.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 28.03.2013, den sie für zutreffend erachtete.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 27.06.2014 ab. Dem Kläger stehe im streitgegenständlichen Zeitraum vom 18.12.2012 bis 26.02.2013 kein Anspruch auf Krankengeld zu, weshalb der Bescheid vom 20.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2013 rechtmäßig sei. Zur Begründung nahm das SG zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 28.03.2013 Bezug (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und wies ergänzend auf Folgendes hin: Aufgrund der Entgeltersatzfunktion könne Krankengeld grundsätzlich nur als Ersatz für diejenigen Einkünfte beansprucht werden, die der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit (tatsächlich) bezogen habe und die wegen der Erkrankung entfielen. Dies gelte auch für Versicherte, die - wie der Kläger - keine Arbeitnehmer seien. Das Krankengeld bemesse sich daher bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen nach dem erzielten Arbeitseinkommen und nicht nach dem für die Beitragsbemessung maßgebenden Mindesteinkommen (vgl. zum Ganzen: BSG, Urt. v. 06.11.2008 - B 1 KR 8/08 R, Rdn. 12 nach Juris). Erweise sich dieses Arbeitseinkommen als negativ, könne ausgehend von der Entgeltersatzfunktion kein Krankengeld gewährt werden. Da der Gesetzgeber den Krankenkassen kein eigenes Ermittlungs- bzw. Feststellungsinstrumentarium hinsichtlich der Höhe des Arbeitseinkommens von Selbstständigen an die Hand gegeben habe, sei die Höhe der Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit verlässlich nur dem jeweils letzten Einkommensteuerbescheid zu entnehmen. Das BSG stelle daher auf die Regelung des § 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ab (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 07.05.2014 - B 12 KR 2/12 R, Rdn. 20 nach Juris m.w.N.). Danach sei Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensrechts ermittelte Gewinn, vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Auch der Gesetzgeber binde also die Berücksichtigung von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit an das Einkommensteuerrecht an. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG sei auf Grund dieser Anbindung des Sozialversicherungsrechts an das Steuerrecht (alleine) der Einkommensteuerbescheid als Mittel zur Ermittlung von Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit heranzuziehen (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 30.03.2011 - B 12 KR 18/09, in Juris). Diese Anknüpfung an das Einkommensteuerrecht habe darüber hinaus zur Folge, dass das Kalenderjahr der maßgebliche Veranlagungszeitraum zur Ermittlung der Einkommenshöhe sei, weshalb der ermittelte Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit vor Schluss eines Kalenderjahres nicht feststehe (BSG, Urt. v. 06.11.2008 - B 1 KR 8/08 R, Rdn. 17 nach Juris). Daraus folge zwingend, dass entgegen der Auffassung des Klägers alleine das Einkommen, das im Vorjahr des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit erzielt worden sei, zur Bemessung der Höhe des Krankengelds berücksichtigt werden könne (so ausdrücklich BSG, Beschl. v. 10.05.2010 - B 1 KR 144/09 B, Rdn. 8 nach Juris). Welche Einkünfte der Kläger dagegen unmittelbar in den Monaten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erzielt habe, sei demgegenüber nicht entscheidend. Unerheblich sei auch, aus welchen Gründen im Jahr vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ein betrieblicher Verlust erwirtschaftet worden sei. Soweit der Kläger offensichtlich der Ansicht sei, es müsse unterschieden werden, ob der betriebliche Verlust auf einer schlechten Betriebsführung oder aber - wie vorliegend - auf sinnvollen Investitionen beruhe, führe dies zu unüberwindbaren praktischen Schwierigkeiten, da es den Krankenkassen nicht möglich sei, zu beurteilen, ob etwaige Verluste aus selbstständiger Tätigkeit auf betriebswirtschaftlich sinnvollen Investitionen beruhten. Insbesondere stehe aber die Entgeltersatzfunktion des Krankengelds der vom Kläger vertretenen Unterscheidung entgegen. Da das Krankengeld entgangene Arbeitseinkünfte ersetzen solle, sei es irrelevant, aus welchen Gründen im letzten abgeschlossenen Kalenderjahr vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit keine derartigen Einkünfte erzielt worden seien, da jedenfalls keine entgangenen Einnahmen ersetzt werden könnten. Dass der Kläger vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit den Mindestbeitrag einschließlich des Zusatzbeitrages für den Anspruch auf Krankengeld ab Beginn der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit an die Beklagte zu entrichten gehabt habe, könne ebenfalls keinen Anspruch auf Krankengeld begründen. Das beitragsrechtlich maßgebliche Mindesteinkommen für alle freiwillig Versicherten nach § 240 Abs. 4 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) mit der darauf beruhenden Mindestbeitragsbemessungshöhe solle nämlich verhindern, dass sich freiwillige Kassenmitglieder mit geringen Einkünften zu Lasten der Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten Krankenversicherungsschutz zu unangemessen niedrigen Beiträgen verschaffen könnten. Der Zweck der Mindestbeitragshöhe liege gerade nicht darin, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der freiwillig Versicherten genauer zu erfassen (BSG, Urt. v. 07.12.2004 - B 1 KR 17/04 R, Rdn. 16 nach Juris). Dies habe zur Folge, dass für den Krankengeldanspruch von freiwillig Versicherten nicht ausreichend sei, dass diese sich mit Anspruch auf Krankengeld freiwillig versichert hätten. Ihnen müsse darüber hinaus auch durch den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Einkommen entgehen, was nur dann der Fall sei, wenn sie im hierfür maßgeblichen Veranlagungszeitraum Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielt hätten. Für die Bemessung des Krankengeldes sei bei Selbstständigen daher nicht die von ihnen gewählte Beitragsklasse, sondern das entfallende tatsächliche Einkommen maßgebend, dessen Höhe grundsätzlich auf der Grundlage des letzten Steuerbescheides zu ermitteln sei (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.11.2010 - L 1 KR 322/07, Rdn. 28 nach Juris m.w.N.). Schließlich stehe dem Kläger auch im Zeitraum 01.01.2013 bis 26.02.2013 kein Anspruch auf Krankengeld zu. Ausweislich der glaubhaften Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.06.2014 habe der Kläger zwar im Jahr 2012 einen betriebswirtschaftlichen Gewinn in Höhe von 26.466,- EUR erzielt. Bei Annahme eines Leistungsfalls im Jahre 2013 hätte der Kläger daher einen Krankengeldanspruch gegen die Beklagte. Obgleich das Krankengeld grundsätzlich abschnittsweise gewährt werde (st. Rspr. des BSG, vgl. Urt. v. 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R), liege mit dem Auftreten des zur Arbeitsunfähigkeit führenden Karpaltunnelsyndroms am 06.11.2012 ein einheitlicher Leistungsfall vor. Eine "Neuberechnung" der Höhe des Krankengeldanspruchs von freiwillig Versicherten nach Jahreswechsel würde zudem in aller Regel zu einem niedrigeren Krankengeldanspruch führen. Auf Grund der bereits vor Jahreswechsel eingetretenen Arbeitsunfähigkeit sei nämlich anzunehmen, dass sich das maßgebliche Vorjahreseinkommen gerade bei längerfristigen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit verringere, da in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit kein Arbeitseinkommen erzielt werden könne. Die vom Klägers präferierte Berechnungsmethode würde sich zwar im vorliegenden Fall auf Grund der einmaligen Reparaturmaßnahmen 2011 und dem positiven Betriebsergebnis 2012 zu Gunsten des Klägers auswirken, sie hätte im Regelfall jedoch einen Rückgang des Krankengeldanspruches zur Folge. Ihr könne auch aus diesem Grund nicht gefolgt werden.

Gegen das ihm am 30.08.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.09.2014 Berufung eingelegt. Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag und bittet um Prüfung, ob die Rechtsprechung des BSG auch für alle Versicherten gelte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.06.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 20.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm im Zeitraum 18.12.2012 bis einschließlich 26.02.2013 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt nach sachdienlicher Auslegung,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013 (richtig: 28.03.2013) und auf das Urteil des SG, das sie für zutreffend hält.

Am 27.05.2015 hat die Berichterstatterin mit den Beteiligten einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt und die Beteiligten in diesem Termin darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet halte, und dass beabsichtigt sei, diese Verfahrensweise dem Senat vorzuschlagen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das SG statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem Krankengeldanspruch für einen Zeitraum von zehn Wochen und einer - fiktiven, aus der Mindestbeitragsbemessungsgrenze berechneten - kalendertäglichen Höhe von 50 EUR brutto überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 20.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hatte für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 18.12.2012 bis zum 26.02.2013 keinen Anspruch auf Auszahlung von Krankengeld. Der Senat teilt die Auffassung des SG und nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat im Berufungsverfahren auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen und lediglich Zweifel an der Anwendbarkeit der Rechtsprechung des BSG geäußert. Das SG hat indes die maßgebliche Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil zutreffend dargestellt und ist dieser zu Recht gefolgt. Auch der erkennende Senat folgt der Rechtsprechung des BSG zur Bemessung der Krankengeldhöhe bei selbstständig erwerbstätig Versicherten (vgl. zuletzt im Urteil vom 22.04.2015 - L 5 KR 114/14 - n.v., zum insoweit gleichgelagerten Anspruch auf Mutterschaftsgeld einer selbstständig erwerbstätigen Versicherten).

Die Höhe des Krankengelds beträgt nach näherer Maßgabe der Berechnungsvorschriften in § 47 SGB V 70 v. H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts bzw. - für selbstständig Erwerbstätige - des Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt; das ist das so genannte "Regelentgelt" (§ 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Gem. § 15 Abs. 1 SGB IV ist das Arbeitseinkommen (auch) i. S. d. § 47 SGB V der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Gem. § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V gilt als Regelentgelt (i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für Versicherte die (wie der Kläger) nicht Arbeitnehmer sind, der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war.

Nach der danach für die Berechnung des Krankengelds selbstständig Erwerbstätiger maßgeblichen Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, ist bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen (freiwillig Versicherten) eine Änderung des der Beitragsbemessung zugrunde zu legenden Gewinns nur durch den Einkommensteuerbescheid der Finanzverwaltung möglich (BSG, Urt. v. 02.09.2009, - B 12 KR 21/08 R -; insbesondere juris Rdnr. 16; vgl. auch BSG, Urt. v. 18.12.2013, - B 12 KR 24/12 R - in Juris). Das gilt nicht nur für eine (regelmäßig allein streitige) Beitragsanpassung an eine verschlechterte Einkommenssituation, sondern in gleicher Weise für den Nachweis einer verbesserten Einkommenssituation und die Erhebung höherer Beiträge. Die auch verfahrensrechtliche Verknüpfung des Beitragsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Einkommensteuerrecht beruht letztendlich darauf, dass das Sozialversicherungsrecht in § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV das (u.a. für die Beitragsbemessung maßgebliche) Arbeitseinkommen mit dem nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit gleichsetzt. Dieser steht nicht vor Schluss des Kalenderjahrs fest, mit dessen Ablauf auch die Einkommensteuer entsteht (BSG, Urt. v. 02.09.2009, a.a.O. unter Hinweis auf § 36 Einkommensteuergesetz - EStG -). Das BSG hat außerdem entschieden, dass das Krankengeld bei freiwillig versicherten hauptberuflich Selbstständigen gem. § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V im Sinne einer widerlegbaren Vermutung nach dem Regelentgelt zu berechnen ist, das dem Betrag entspricht, aus dem zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Beiträge entrichtet worden sind. So kann in den Fällen der fiktiven Beitragsbemessung nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V (Mindest- und Höchstbeitrag) wegen der Entgeltersatzfunktion des Krankengelds grundsätzlich nicht auf das der Beitragsbemessung zugrunde liegende Arbeitseinkommen zurückgegriffen werden. Die Vermutung kann widerlegt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieses Einkommen erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspricht, weil sein tatsächliches Arbeitseinkommen wesentlich geringer war (BSG; Urt. v. 14.12.2006, - B 1 KR 11/06 R -, bestätigend: Urt. v. 12.03.2013, - B 1 KR 4/12 R -). Der Senat schließt sich auch insoweit der Rechtsprechung des BSG an.

Davon ausgehend kann dem Kläger Krankengeld für die streitige Zeit nicht gezahlt werden, da sich hinsichtlich der Höhe des ihm dem Grunde nach zustehenden Anspruchs ein (positiver) Zahlbetrag nicht ergibt. Das für die Berechnung des Krankengeldbetrags maßgebliche Regelentgelt i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist gem. § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 06.11.2012 für die Beitragsbemessung aus dem Arbeitseinkommen des Kläger maßgebend war. Für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen vor diesem Tag sind die zuletzt im Einkommensteuerbescheid für 2011 ausgewiesenen Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb maßgebend gewesen. Diese sind indessen negativ ausgefallen (- 2.399 EUR), so dass sich ein (positives) Arbeitseinkommen (§ 15 Abs. 1 SGB IV) nicht ergibt. Der Kläger ist infolgedessen für das Jahr 2012 auch zur Zahlung des Mindestbeitrags herangezogen worden. Auch aus der Zahlung des Mindestbeitrages folgt aber kein Krankengeldanspruch. Das Krankengeld soll wegen seiner Entgeltersatzfunktion nur nach Maßgabe des tatsächlich ausgefallenen und nicht nach Maßgabe des der Festsetzung des Mindestbeitrags zugrunde gelegten höheren - fiktiven - Arbeitseinkommens gezahlt werden. Wird nach Festsetzung des Mindestbeitrags in der Folgezeit tatsächlich ein höheres Arbeitseinkommen erzielt, sind daraus zu gegebener Zeit auch höhere Beiträge zu entrichten und das höhere Arbeitseinkommen kann dann auch erst in der Folgezeit für die Berechnung von Krankengeld maßgeblich sein.

Etwaige positive Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb im Jahr 2012 sind für die Beitragsbemessung zum Stichtag 06.11.2012 (Eintritt der Arbeitsunfähigkeit als Leistungsfall) deshalb nicht von Belang. Die an die Steuerbescheide der Finanzverwaltung gekoppelte und im Hinblick auf die Regelung in § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V (bei Festsetzung (insbesondere) des Höchstbetrags Berücksichtigung niedrigerer Einnahmen erst für die Zukunft ab Vorlage des Steuerbescheids) zeitversetzte Beitragsbemessung bzw. Beitragserhebung ist rechtlich, insbesondere verfassungsrechtlich unbedenklich. Die zeitversetzte Beitragsbemessung führt über die Dauer durch teils zu hohe, teils zu niedrige Beiträge zu einem Ausgleich in der Beitragsbelastung (vgl. etwa jurisPK-SGB V/Bernsdorff § 240 Rdnr. 35 m.w.N.). Angesichts dessen sind die Grenzen der zulässigen Pauschalierung und Typisierung, die dem Gesetzgeber gerade auch bei zeitnah und ohne besonderen Verwaltungsaufwand auszuzahlenden Entgeltersatzleistungen zukommt, nicht überschritten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved