Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 1657/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1106/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Erkrankung seiner am 16.12.2001 verstorbenen Ehefrau Ursula S. (im Folgenden: Versicherte) als Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 1101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Die 1949 geborene und am 16.12.2001 verstorbene Versicherte war von 1988 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Mai 2000 bei der Firma K.T.C. K. GmbH in C., als Bedienperson an den Automaten und der Verzinnmaschine halbe Tage, in der Regel von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr, beschäftigt und dort mit der Konfektionierung von Kabeln betraut. Sie entnahm die geschnittenen und mit Kontakten versehenen Litzen bzw. Schlauchleitungen aus den Automaten, bündelte sie und legte sie in einen Behälter. Während ca. 80 % ihrer Arbeitszeit wurde die Verzinnmaschine mit den offenen Zinnbädern betrieben. Die Versicherte musste die Kabel abnehmen und halb- bis einstündig das Zinnbad reinigen. Diese Arbeit umfasste ca. 10 % der gesamten Arbeitszeit.
Wegen Husten und Thoraxschmerzen überwies der behandelnde Lungenfacharzt Dr. M. die Versicherte mit der Diagnose abklärungsbedürftige Veränderungen beider Lungen (Befundbericht Dr. M. vom 27.11.2000) in die Klinik Löwenstein zur stationären Behandlung vom 30.05.2000 bis zum 09.06.2000. Dort wurde ein ACE-Hemmer-Husten festgestellt und als Zufallsbefund ein Hinweis auf einen gynäkologischen Tumor erhoben. Hinweise auf eine berufsbedingte Atemwegserkrankung bestanden nicht (Befundbericht Klinik L. vom 05.12.2000). Während der nachfolgenden stationären Behandlung im Diakonie-Krankenhaus S. H. vom 09.06.2000 bis zum 03.07.2000 wurde ein Ovarialkarzinom festgestellt und am 03.06.2000 operativ entfernt. Die histologische Untersuchung ergab Infiltrate eines Adenokarzinoms, wobei ein sicherer Rückschluss auf einen Primärtumor nicht möglich war; am ehesten gehe er vom inneren Genitale, insbesondere vom Ovar aus (Entlassungsbericht des Diakonie-Krankenhauses S. H. vom 30.06.2000). Im Februar 2001 wurde ein Tumorrezidiv festgestellt (MRT-Bericht Dr. K. vom 09.02.2001). Nach Entfernung der Eierstöcke und der Gebärmutter und mehrfachen Chemotherapien wurde die Versicherte mit der Diagnose metastasiertes Ovarialkarzinom, platin-refraktär mit ausgedehnter Peritonealcarcinose und malignem Ascites sowie neu aufgetretenem malignem Pleuraerguss links, mit Zustand nach Netzresektion, Hysterektomie und Adnektomie (Bericht des Kreiskrankenhauses C. vom 15.10.2001) auf eigenen Wunsch zunächst in die häusliche Weiterbetreuung entlassen. Nach ihrem Tod am 16.12.2001 im Kreiskrankenhaus C. wurde am 18.12.2001 eine Obduktion durch PD Dr. N. und Prof. Dr. M. durchgeführt. Die erhobenen Befunde bestätigten die klinisch gestellte Diagnose eines Multiorganversagens bei ausgedehntem Krebsbefall der Bauchorgane. Als wesentliche Befunde wurde ausweislich des Sektionsprotokolls vom 20.12.2001 ein ausgedehnter Tumorbefall des gesamten Bauchraumes unter Einbeziehung beider Zwerchfelle, Tochtergeschwülste in der Leber (Metastasen), Erguss in beiden Brusthöhlen sowie in der Bauchhöhle, Zustand nach operativer Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken bei im Jahre 2000 diagnostiziertem Carcinoma adenomastosum papilliferum angegeben. Die Frage, inwieweit eine berufliche Asbestexpostion für das letztlich zum Tod führende Krebsleiden verantwortlich zu machen sei, könne aufgrund des Obduktionsbefunds allein nicht geklärt werden. Insoweit müsste ein Kollege mit speziellen onkologischen Fachkenntnissen hinzugezogen werden. Die entnommenen Asservate (Teile der inneren Organe sowie die gesamte linke Lunge, Proben aus Körperflüssigkeiten, ein Stück Gehirn, Leber und Niere, Scheidenabstrich und Blutproben) wurden in das Institut für Rechtsmedizin verbracht und im Jahr 2006 entsorgt (Schreiben von PD Dr. N. vom 08.08.2006, Bl. 61 SG-Akte). Das auf Anzeige des Klägers gegen Verantwortliche der Firma K.T.C. K. GmbH eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren (11 Js 3768/02) wegen fahrlässiger Tötung wurde durch die Staatsanwaltschaft Ellwangen mit Verfügung vom 08.03.2002 eingestellt.
Mit Schreiben vom 16.07.2000 zeigte die Versicherte der Beklagten die Krebserkrankung als Berufskrankheit an, da sie den Eierstocktumor auf den Umgang mit Talkum an ihrem Arbeitsplatz zurückführte. Ergänzend machte sie weitere Stoffe, denen sie an ihrem Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen sei, wie PVC, Weichmacher in Kabelisolierungen, Chrom, Blei, Cadmium, geltend (Schreiben vom 13.09.2000). Außerdem legte die Versicherte eine Stellungnahme von PD Dr. H. vom 23.01.2001 vor, wonach in neuerer Literatur beschrieben werde, dass Talkum als Stoff in vaginal oder rektal verabreichten Suppositorien zu Ovarialkarzinomen führen könne. Vorliegend sei bei einer inhalativen oder oralen Aufnahme kein Zusammenhang mit einem Ovarialkarzinom herzustellen, allerdings auch nicht auszuschließen.
Die staatliche Gewerbeärztin Dr. G. teilte auf Anfrage mit Schreiben vom 08.12.2000 mit, dass ihr nicht speziell bekannt sei, dass Eierstocktumore auf den Kontakt mit Arbeitsstoffen zurückgeführt werden könnten. Ergänzend sei ihres Erachtens aber erforderlich, den Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaft zu befragen. Die Präventionsabteilung der Beklagten führte am 10.02.2001 eine Arbeitsplatzbesichtigung unter Beteiligung der Versicherten und des Klägers durch (Arbeitsplatzanalyse vom 10.02.2001). Dem Bericht war eine Bestätigung der Greifen-Apotheke, wonach das dort regelmäßig gekaufte Talkum asbestfrei sei, Bestätigungen der Kunden, aus denen sich ergibt, dass in den dort verarbeiteten Kunststoffmischungen Bleiverbindungen als Stabilisator enthalten sind, und eine Liste der Inhaltsstoffe der bearbeiteten Materiealien der Kunden des Arbeitgebers beigefügt. Der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften teilte telefonisch mit, ihm lägen keine Informationen über Talkum als Auslöser einer Eierstockkrebserkrankung vor (Vermerk vom 01.03.2001). In der gewerbeärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vom 12.03.2001 wurde die Anerkennung einer Berufskrankheit nicht vorgeschlagen. Die Präventionsabteilung der Beklagten legte in ihrer Stellungnahme vom 17.05.2001 die seit 1988 geltenden Grenzwerte für Staub sowie für asbestbelastetes Talkum dar. In der eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26.08.2001 ging Dr. W. davon aus, dass nach heutigem medizinischen Kenntnisstand keine Arbeitsstoffe bekannt seien, die geeignet seien, Eierstockkrebserkrankungen hervorzurufen. Von Asbest sei bekannt, dass sowohl pleurale (brustfellbezogene) als auch peritoneale (bauchfellbezogene) Mesotheliome (gut- oder bösartige Geschwülste) auftreten könnten. Ein peritoneales Mesotheliom liege nicht vor, sondern ein Ovarialkarzinom. Außerdem sei keine Exposition zu Asbest dokumentiert. Nach Exposition zu berufsbedingten Kanzerogenen sei allgemein eine entsprechende Exposition und daran anschließend eine entsprechende Latenzzeit bis zum Auftreten des Tumors zu fordern. Bei berufsbedingten Krebserkrankungen, z. B. der Atemorgane, sollte die Latenzzeit nicht unter 10 bis 12 Jahren liegen.
Mit Bescheid vom 24.04.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.10.2001 lehnte die Beklagte Leistungen ab, da eine Berufskrankheit nicht vorliege. Es seien keine Fälle von Ovarialkarzinomen bekannt geworden, die auf Arbeitsstoffe zurückzuführen seien. Dies gelte auch für Talkum. Im Rahmen des Klageverfahrens (S 6 U 3140/02) vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) legte die Beklagte den Bericht ihres Präventionsdienstes vom 22.02.2002 vor, wonach die Messergebnisse vom 19.11.2001 zur Konzentration von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz der Versicherten keinen Nachweis von Grenzwertüberschreitungen erbracht hätten. Mit Urteil vom 20.05.2005 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, ein Ovarialkarzinom sei in der BKV nicht ausdrücklich genannt und auch die Eierstöcke seien nicht als Zielorgan schädigender Einwirkungen in der Liste der Berufskrankheiten erwähnt. Talkum sei bislang nicht in die Berufskrankheiten-Liste aufgenommen worden. Asbest sei lediglich in der Verordnung unter BKen 4103, 4104 und 4105 der Anlage 1 zur BKV genannt. Darüber hinaus lägen auch keine Erkenntnisse dafür vor, dass eine bestimmte Gruppentypik bestehe, wonach der Umgang mit Talkum oder Kontakt mit Asbest in bestimmten Berufszweigen zu einem erhöhten Risiko führe, an Eierstockkrebs zu erkranken. Aus den von Klägerseite vorgelegten Unterlagen ergäben sich keine solchen Erkenntnisse. Für andere, vom Kläger genannte gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe kämen zwar Krebserkrankungen als Folgeerscheinung in Betracht, jedoch bestünden nach den Stellungnahmen der Beratungsärzte und der beratungsärztlich hinzugezogenen Arbeitsmedizinerin Dr. W. keine Erkenntnisse darüber, dass Eierstocktumore auf den Kontakt mit solchen Arbeitsstoffen zurückzuführen seien. Die hiergegen eingelegte Berufung (L 1 U 3629/05) wurde durch das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) durch Beschluss vom 02.02.2006 zurückgewiesen. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung wurde durch das Bundessozialgericht (B 2 U 62/06 B) mit Beschluss vom 16.05.2006 als unzulässig verworfen.
Mit Bescheid vom 10.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers, den Bescheid vom 24.04.2001 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen, ab. Die hiergegen beim SG geführte Klage (S 5 U 4495/07) nahm der Kläger zurück.
Im Rahmen eines Antrags auf Anerkennung der BK 4105 der Anlage 1 der BKV teilte Prof. Dr. M. auf Anfrage der Beklagten unter dem 07.07.2008 mit, anlässlich der Obduktion habe sich makroskopisch kein Hinweis auf ein Pleuramesotheliom gefunden. Lediglich der Bauchraum sei durch Tumormetastasen ausgefüllt gewesen unter Einbeziehung auch beider Zwerchfelle. Routinemäßig seien Gewebsproben aus den inneren Organen zurückbehalten worden, hier einschließlich der gesamten linken Lunge. Dieses Material werde noch aufbewahrt und könnte für entsprechende Untersuchungen zur Verfügung gestellt werden. In dem fachpathologischen Zusatzgutachten vom 01.09.2008 gab Prof. Dr. T. nach Auswertung des ihr übersandten Untersuchungsguts als Diagnose Pleura- und Peritonealmetastasen eines mäßig differenzierten papillären Adenokarzinoms an. Das tumorfreie Lungenparenchym sei bis auf eine mäßig fibrinöse floride Pleuritis regelrecht mit geringer Dystelektase gewesen. Eine Fibrose fehle. Asbestkörper seien nicht zur Darstellung gekommen. Sowohl der feingewebliche als auch insbesondere der immunhistochemische Befund passten sehr gut zu Metastasen des vorbekannten Ovarialkarzinoms. Ein durch den Kläger zur Diskussion gestelltes peritoneales Mesotheliom habe ausgeschlossen werden können. Mit Bescheid vom 23.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.05.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 4105 der Anlage 1 zur BKV (Pleuramesotheliom) ab, da kein einer Berufskrankheit entsprechendes Krankheitsbild vorgelegen habe.
Mit Schreiben vom 30.01.2010 (eingegangen am 03.02.2010) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung der BK 1101 der Anlage 1 zur BKV. Er habe durch weiterführende Recherche aufgrund des Krankheitsverlaufs, Laborbefunden und Arztberichten erkannt, dass die primär vorgelegene Berufskrankheit eine Bleivergiftung gewesen sei. Zur Bestätigung legte er medizinische Unterlagen, u. a. einen Bericht von Prof. Dr. L., Abteilung für Allgemein und Gefäßchirurgie, Diakonie-Krankenhaus S. H. vom 21.07.1999 vor, wo eine periphere arterielle Verschlusskrankheit ausgeschlossen wurde.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei Dr. W. ein, die unter dem 29.06.2010 ausführte, die gegenüber der Gefäßchirurgie S. H. geschilderten Beschwerden deuteten nicht auf eine Bleivergiftung hin, sondern seien der Ausdruck einer Verschleißerscheinung der Wirbelsäule mit Ausstrahlung ins rechte Bein. Zusammenfassend ergäben sich keine Hinweise auf eine bleibedingte Erkrankung. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Technische Aufsichtsbeamte Georg mit, die Verzinnmaterialien hätten einen Bleianteil. Bleidämpfe seien nicht entstanden, weil die Temperatur der Verzinnmaterialien zu niedrig sei. Ein Bleikontakt sei über Verunreinigungen, wie etwa beim Essen am Arbeitsplatz ohne Händewaschen denkbar.
Mit Bescheid über die "Ablehnung einer Berufskrankheit im Rahmen der Sonderrechtsnachfolge" vom 31.08.2010 verfügte die Beklagte, dass eine BK nach Nr. 1101 bei der Ehefrau des Klägers nicht bestanden habe und Ansprüche auf Leistungen (mit Verweis in der Fußnote auf Leistungen und Maßnahmen, die dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenwirken) nicht bestehen. Die festgestellten Erkrankungen seien nicht ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen.
Zur Begründung seines hiergegen am 21.09.2010 eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die Versicherte sei bei der Kabelkonfektionierung und -reinigung bzw. Entfernung der Krätze vom Lot-Verzinnungsbad in Kontakt zu Blei gekommen. Während der Tätigkeit der Versicherten seien Stäube, Dampf bzw. Verdunstung von Blei nicht abgesaugt worden und es sei nur selten gelüftet worden. Da Getränke offen am Arbeitsplatz gestanden hätten, hätten sich die Stäube bzw. Verdunstungen hierin zusätzlich absetzen können. Gleichzeitig habe eine asbesthaltige Talkumstaubexposition in Industrie- und Arzneibuch-Qualität bestanden. Auch hier sei kein Staub abgesaugt und nur selten gelüftet worden. Durch die Bleivergiftung nach BK 1101 der Anlage 1 zur BKV sei es zu einer Störung im Schilddrüsenregelkreis der Versicherten gekommen mit der Folge einer Immunschwächung wegen nicht behandelter Hypothyreose. Sämtliche Leitsymptome einer Bleivergiftung hätten bei der Versicherten vorgelegen. In der Folge sei es durch die Immunschwächung noch zu einem SSPC (Bauchfellkrebs) wegen asbesthaltiger Talkumstaubbelastung gekommen. Aus einem beigefügten Schreiben von Prof. Dr. S., Klinik für Gynäkologie und gynäkologische Onkologie, Charité B., vom 12.11.2010 ergibt sich, dass dieser die Auffassung vertreten hat, bei der Versicherten habe ein vom Bauchfell ausgehender und sich biologisch ähnlich einem Ovarialkarzinom verhaltender Tumor vorgelegen. Ob das SSPC durch Bleivergiftung oder durch asbesthaltiges Talkum entstehen könne, entziehe sich seiner Kenntnis. Ihm lägen hierzu keine Angaben vor. Der Kläger legte ferner ein Schreiben der Firma S. GmbH vom 10.09.2010 vor, mit dem eine Anfrage des Klägers zu dem Lötzinn STANNOL L-Sn60 beantwortet wurde. Danach weise diese Legierung einen Schmelzbereich von 183°-190°C auf. Oberhalb dieser Temperatur sei das Lot flüssig und damit trete auch eine Verdunstung auf. Bei den normalen Verarbeitungstemperaturen zum Kabelverzinnen von 250°-300°C in einem offenen Lotbad seien aber keine Bleidämpfe feststellbar. Bleidämpfe träten in der Regel erst ab Temperaturen von weit oberhalb von 500°C auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den vorliegenden histologischen Befunden von Prof. Dr. M. vom 07.07.2008 sowie von Prof. Dr. T. vom 01.08.2008 hätten keine Hinweise auf eine Vergiftung gefunden werden können. Bei den durchgeführten neurologischen Untersuchungen hätten sich ebenfalls keine Hinweise auf eine Bleivergiftung ergeben. Erhöhte Bleiwerte seien nicht dokumentiert worden. Auch habe nach der Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vom 10.02.2001 und der Messung vom 19.11.2001 im Arbeitsbereich der Versicherten kein direkter Kontakt zu bleihaltigen Arbeitsstoffen bestanden. Bei den an den Verzinnmaschinen verwendeten Loten sei üblicherweise ein Bleianteil enthalten. Bleidämpfe hätten aber nicht entstehen können, da die zum Verzinnen der Kabel notwendige Temperatur zu gering gewesen sei.
Die mit Schreiben vom 10.06.2010 beantragte Anerkennung einer Erkrankung nach BK 4104 der Anlage 1 zur BKV lehnte die Beklagte mit Bescheid "über die Ablehnung einer Berufskrankheit im Rahmen der Sonderrechtsnachfolge" vom 31.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2011 ab und stellte fest, dass bei der Ehefrau des Klägers keine Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Berufskrankheitenliste bestanden habe und Ansprüche auf Leistungen (Verweis in der Fußnote auf Leistungen und Maßnahmen, die dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenstehen (§ 3 BKV)) nicht bestünden. Die bei der Versicherten festgestellte Erkrankung sei nicht ursächlich auf ihre berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Nach den makroskopischen und feingeweblichen Untersuchungen hätten sich keine Hinweise auf eine Asbestose der Lunge oder das Vorliegen einer Kehlkopfkrebserkrankung durch Asbest ergeben. Auch in den Röntgenbefunden vom 22.05.2000 und 30.05.2000 seien keine asbesttypischen Veränderungen der Lunge bzw. der Pleura festgestellt worden. Nach den vorliegenden histologischen Befunden von Prof. Dr. M. und Prof. Dr. T. habe kein Lungen- oder Kehlkopfkrebs festgestellt werden können. Nach der Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vom 10.02.2001 und der Messung vom 19.11.2001 habe im Arbeitsbereich der Versicherten keine Belastung durch asbeststaubhaltige Arbeitsstoffe bestanden.
Gegen beide Bescheide vom 31.08.2010 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 01.04.2011 hat der Kläger am 02.05.2011 Klage beim SG erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Versicherte sei über zwölf Jahre kontinuierlich einer Belastung durch Bleidämpfe ausgesetzt gewesen. Bei den an den Verzinnmaschinen verwendeten Loten liege der Bleianteil bei der Verzinnung bei ca. 27%. Beim Verzinnen entstünden notwendigerweise im Hinblick auf den Bleianteil von ca. 27% infolge der Erhitzung des Materials Bleidämpfe, welche bei der Versicherten über den Zeitraum vom 12 Jahren zu einer Bleivergiftung geführt hätten. Diese Bleivergiftung sei die Primärerkrankung der Versicherten gewesen, die jedoch im vorhergehenden Klageverfahren vor dem SG (S 6 U 3140/02) und dem LSG (L 1 U 3629/05) nicht erkannt worden sei. Die Versicherte habe in den letzten Lebensjahren sämtliche Befunde aufgewiesen, die charakteristisch für eine Bleivergiftung seien. So habe sie an Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Hautblässe, Muskelschwäche, Magen-Darm-Störungen, Hypertonie, Nervenstörungen, Nervosität, Schreckträumen, schlechtem Sehen, HWS-/LWS-Beschwerden, Fettstoffwechselstörung durch Blockierung von Enzymen, Obstipation, Nierenschmerzen, Verlangsamung der Nervengeschwindigkeit, Teillähmung, Geschmacksverlust, Doppelbilder, Ödemen, Schwächegefühlen in den Gliedern, Spondylarthrose, Nackensteifhaltung, Schmerzen in beiden Beinen sowie Schädigungen des Gehirns mit Sprach- und Gedächtnisstörungen gelitten. Am Arbeitsplatz der Versicherten habe ein völlig unzureichender Arbeitsschutz bestanden, insbesondere habe die für Dämpfe und Stäube erforderliche Absaugung gefehlt, wobei gleichzeitig bis zu zehn Maschinen im Betrieb gewesen seien. Der Kläger hat Unterlagen der behandelnden Ärzte der Versicherten vorgelegt, aus denen sich die Leitsymptome einer Bleivergiftung ergäben (Bl. 56/70 der SG-Akte).
Nach entsprechendem Hinweis hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 16.02.2015 die Klage abgewiesen. Die Klage sei teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Die Bescheide vom 31.08.2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 01.04.2011 seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Anerkennung der Erkrankungen der Versicherten als BK 1101 oder BK 4104 der Anlage 1 zur BKV. Soweit über die Anerkennung der Berufskrankheiten hinaus "entsprechende Leistungen aus der Unfallversicherung" und insbesondere eine Verletztenrente begehrt werde, sei die Klage unzulässig. Die Beklagte habe durch die angefochtenen Bescheide allein die Feststellung abgelehnt, die Gesundheitsstörungen der Versicherten als Berufskrankheit anzuerkennen. Ein Leistungsanspruch, z.B. auf Verletztengeld oder Verletztenrente, sei jedoch nicht geprüft worden. Die Klage sei darüber hinaus unbegründet. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Anerkennung der BKen 1101 und 4104 der Anlage 1 zur BKV seien nicht erfüllt. Die Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage 1 zur BKV liege nicht vor. Aus dem Bericht über die Analyse des Arbeitsplatzes der Versicherten vom 10.02.2001 ergebe sich keine direkte Bleiexposition. Die Versicherte sei während ihrer Arbeit mit Verzinnmaterialien (Loten) in Kontakt gekommen, die einen Bleianteil aufgewiesen hätten. Allerdings entstünden bei der Verzinnung keine Bleidämpfe, da die dafür notwendige Temperatur beim Verzinnen nicht erreicht werde. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes, Herrn G., vom 12.08.2010. Ferner sei bei den am 19.11.2001 durchgeführten Gefahrstoffmessungen im Arbeitsbereich der Versicherten keine Belastung durch Blei festgestellt worden. Das im Betrieb der Versicherten durchgeführte Arbeitsverfahren finde sich nicht in den als Gefahrenquellen aufgezählten Arbeitsverfahren im "Merkblatt zur BK-Nr. 1101". Neben der nicht nachgewiesenen Bleiexposition der Versicherten am Arbeitsplatz ergebe sich aus den ärztlichen Unterlagen auch kein Hinweis darauf, dass eine Erkrankung durch Blei mit ausreichender Wahrscheinlichkeit vorgelegen hätte. Ein erhöhter Bleiwert sei in den ärztlichen Unterlagen nicht dokumentiert. Dass bei der Versicherten verschiedene Symptome vorgelegen hätten, die auch bei einer Bleivergiftung auftreten könnten, lasse nicht den Rückschluss zu, dass auch eine Erkrankung durch Blei vorgelegen hätte. Wie das Merkblatt zur BK 1101 unter Abschnitt 4 ausdrücklich ausführe, kämen Symptome, wie sie eine Erkrankung durch Blei aufweise, auch bei vielen anderen Erkrankungen vor. Weder die schädigende Einwirkung der versicherten Tätigkeit noch die Erkrankung der Versicherten im Sinne der BK 1101 der Anlage 1 zur BKV seien mithin nachgewiesen. Des Weiteren seien die Voraussetzungen für das Vorliegen der BK 4104 der Anlage 1 zur BKV nicht erfüllt. Bei der Versicherten sei zwar eine Krebserkrankung in Form eines Ovarialkarzinoms diagnostiziert worden. Im Rahmen der Obduktion sei ein ausgedehnter Tumorbefall des gesamten Bauchraumes unter Einbeziehung beider Zwerchfelle festgestellt worden, aber kein Lungen- oder Kehlkopfkrebs. Aus der Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vom 10.02.2001 und auch aus der am 19.11.2001 am Arbeitsplatz der Versicherten durchgeführten Messung ergäben sich keine Hinweise auf eine Exposition asbeststaubhaltiger Arbeitsstoffe. Auch für die BK 4104 der Anlage 1 zur BKV sei mithin weder die schädigende Einwirkung der versicherten Tätigkeiten noch die Erkrankung der Versicherten nachgewiesen.
Gegen den am 25.02.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 24.03.2015 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Behauptung des SG, dass bei der Verzinnung keine Bleidämpfe entstünden, da die dafür notwendige Temperatur beim Verzinnen nicht erreicht werde, sei falsch. Beim Verzinnen würden bleihaltige Dämpfe inhaliert, die zu einer erheblichen Belastung durch Blei führten. Insofern habe das SG auch den Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt, nachdem auch eine Exhumierung der Leiche der Versicherten beantragt, aber nicht durchgeführt worden sei. Bei einer Exhumierung lasse sich die Bleivergiftung in Knochen, Haaren, Zahnwurzeln und evtl. Nägeln nachweisen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Februar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. April 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Erkrankungen seiner verstorbenen Ehefrau eine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und der Verwaltungsakten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist nicht begründet. Gegenstand des Verfahrens ist ausweislich des Antrages des Klägers in der Berufungsverhandlung noch die Anerkennung der BK 1101 der Anlage 1 zur BKV im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Nachdem der Kläger die Berufung auf die Feststellung der BK beschränkt hat, ist die mit der Klage noch begehrte Leistungsgewährung nicht mehr Streitgegenstand.
Für die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage, mit der der Kläger als Rechtsnachfolger der Versicherten die Feststellung von BKen begehrt (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) fehlt das Feststellunginteresse. Die Klage war daher bereits unzulässig.
Zwar eröffnet § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG dem Versicherten und ggf. seinen Rechtsnachfolgern die Möglichkeit, Elemente eines Rechtsverhältnisses, hier bestimmte Folgen eines Versicherungsfalls, feststellen zu lassen. Allerdings ist eine solche gesetzlich zugelassene Elementenfeststellungsklage nur zulässig, wenn ein Beteiligter für die begehrte Feststellung ein Feststellunginteresse hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 55 Rdnr. 13b). Ein solches Feststellungsinteresse kann der Kläger weder daraus herleiten, dass er als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten auf ihn übergegangene Geldleistungen beanspruchen könnte, noch daraus, dass er im Vorgriff auf einen möglichen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach § 63 SGB VII ein Interesse an der Feststellung einer BK hat.
An einem Feststellungsinteresse fehlt es, soweit der Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten die Feststellung einer BK begehrt. Der Kläger, der mit der Versicherten zum Zeitpunkt ihres Todes in einem Haushalt gelebt hat, ist Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) geworden. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB I gehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten u. a. auf den Ehegatten über, wenn dieser mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihm wesentlich unterhalten worden ist. Gemäß § 59 SGB I erlöschen Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen mit dem Tod des Berechtigten; Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nach § 59 Satz 2 SGB I nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch über sie ein Verwaltungsverfahren anhängig ist.
Als Sonderrechtsnachfolger hat der Kläger ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn als Folge der Feststellung einer BK ein Anspruch auf weitere Geldleistungen bestehen kann, die durch Sonderrechtsnachfolge auf ihn übergangen sein können (BSG, Urteil vom 12.01.2010, B 2 U 21/08 R, Juris). Ansprüche auf Geldleistungen waren zum Zeitpunkt des Todes der Versicherten am 16.12.2001 nicht festgestellt. Das zu dem Zeitpunkt des Todes anhängige Verwaltungsverfahren ist zwischenzeitlich rechtskräftig abgeschlossen. Zwischen den Beteiligten steht aufgrund des bestandskräftigen Bescheides vom 24.04.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2001 fest, dass ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht besteht. Das Klageverfahren vor dem SG (S 6 U 3140/02), das der Kläger als Sonderrechtsnachfolger nach dem Tod der Versicherten fortgeführt hat, ist mit Urteil vom 20.05.2005 abgeschlossen worden. Die Berufung des Klägers zum LSG (L 1 U 3629/05) wurde mit Urteil vom 02.02.2006 zurückgewiesen, die Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundessozialgerichts vom 16.05.2006 (B 2 U 62/06 B) als unzulässig verworfen. Mit der Bestandskraft des Verfahrens endet die Anhängigkeit des Verwaltungsverfahrens (Wagner in jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 59 SGB I, Rdnr. 16). Ein Verwaltungsverfahren über einen Anspruch der Versicherten, ist daher nicht mehr anhängig.
Im vorliegenden Fall führt die Berechtigung des Rechtsnachfolgers, bei bestandskräftigen Verwaltungsakten einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu stellen (vgl. BSG, Urteile vom 15.10.1987, 1 RA 15/86 und vom 16.10.1986, 5b RJ 78/85, Juris), zu keiner anderen Beurteilung. Zwar gilt das Verwaltungsverfahren im Falle eines Antrags nach § 44 SGB X rückwirkend als zum Zeitpunkt des Todes des Berechtigten im Sinne des § 59 Satz 2 SGB I anhängig gewesen. Dies gilt aber nur dann, wenn der Antrag des Sonderrechtsnachfolgers nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X auf einen vor dem Tod des Leistungsberechtigen erlassenen Verwaltungsakt zurückwirkt (BSG, Urteile vom 16.02.1984, 1 RJ 54/83 und vom 29.11.1984, 5b RJ 56/84, Juris). Es kann dahinstehen, ob der am 03.02.1010 bei der Beklagten eingegangene Antrag des Klägers auf Feststellung der BK 1101 der Anlage 1 zur BKV vom 18.05.2010 zugleich als Antrag nach § 44 SGB X auf Überprüfung des Bescheids vom 24.04.2001 hinsichtlich der Ablehnung von Leistungen an die Versicherte auszulegen ist, da jedenfalls eine Leistungsgewährung nicht mehr in Betracht käme. Gemäß § 44 Abs. 4 SGB X werden Sozialleistungen bei einer Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den rückwirkend Leistungen zur erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag. Die Anträge des Klägers im Jahr 2010 würden daher auf einen Zeitpunkt vor dem Tod der Versicherten nicht zurückwirken. Da auf den Kläger als Sonderrechtsnachfolger übergegangenen Geldansprüche auch im Rahmen des § 44 SGB X nicht mehr geltend gemacht werden können, besteht auch kein Anspruch auf Feststellung von BKen im Rahmen einer Elementenfeststellungsklage.
Ein Feststellungsinteresse lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die begehrte Feststellung dem Kläger bei der Durchsetzung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente einen rechtlichen Vorteil verschaffen könnte.
Das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente ein eigener Rechtsanspruch ist, der sich zwar vom Recht des Versicherten ableitet, aber hinsichtlich aller Voraussetzungen gesondert zu prüfen ist (BSG, Urteil vom 07.02.2006, B 2 U 31/04 R, vom 25.07.2001, B 8 KN 1/00 U R, vom 12.01.2010, B 2 U 21/08 R, Juris). Diese Trennung hat zur Folge, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach § 63 SGB VII ohne Bindung an bestands- oder rechtskräftige Entscheidungen gegenüber dem Verstorbenen neu zu prüfen sind (Jentsch in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., Stand 15.03.2014, § 63 Rdnr. 17). Die bestandskräftige Feststellung einer BK gegenüber dem Versicherten kann diesem nur nach Maßgabe des § 45 SGB X entzogen werden, sie hat aber keine begünstigende Wirkung hinsichtlich des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente. Deshalb ist weder die positive Feststellung von BK-Folgen noch die Ablehnung der Feststellung von BK-Folgen gegenüber dem Versicherten für die Entscheidung über den Anspruch auf Hinterbliebenenrente vorgreiflich. Verwaltungen und Gerichte haben vielmehr nach dem Tod eines Versicherten neu zu prüfen, ob bei diesem ein Versicherungsfall vorgelegen hat und er infolgedessen verstorben ist. Daher ist eine Elementenfeststellungsklage im Hinblick auf eine Hinterbliebenenrente nicht zulässig. Die Frage, ob ein Versicherungsfall vorgelegen hat und welcher es genau war, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kein selbständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt entschieden werden dürfte, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitgegenständlichen Anspruchs. Wird dieser Anspruch durch negativ feststellenden Verwaltungsakt verneint, ist die Äußerung des Trägers, ein Versicherungsfall habe nicht vorgelegen, nur ein unselbständiges Begründungselement des Verwaltungsakts (BSG, Urteil vom 04.12.2014, B 2 U 18/13 R, Juris).
Dieser für den Anspruch auf Hinterbliebenenrente geltende Grundsatz findet auch auf die Vermutung nach § 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VII Anwendung. Zwar hat das Bundessozialgericht entschieden, beim Tod des Versicherten müsse eine der in der Vorschrift genannten BKen 4101 bis 4104 der Anlage 1 zur BKV nicht vorgelegen haben und eine erst nach dem Tod der Versicherten erfolgte Anerkennung als BK und Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. reiche aus (BSG, Urteile vom 07.02.2006, B 2 U 31/04 R, vom 25.07.2001, B 8 KN 1/00 U R, Juris), allerdings genügt auch insoweit, dass in einem Verwaltungsverfahren wegen Hinterbliebenenrente die Feststellung getroffen wird, dass die Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vorgelegen haben (BSG, Urteil vom 12.01.2010, B 2 U 21/08 R, a.a.O., m.w.N.).
Da eine Feststellung einer BK gegenüber der Versicherten dem Kläger in Bezug auf die Hinterbliebenenrente keinen Vorteil verschaffen würde, hat er kein schutzwürdiges Interesse daran, für diese posthum Folgen einer BK feststellen zu lassen. Vielmehr haben auf einen Antrag auf Hinterbliebenenrente die Verwaltungen und ggf. die Gerichte die Voraussetzungen des Anspruch ohne Bindung an einen gegenüber dem Versicherten getroffene Entscheidung neu zu prüfen (BSG, Urteil vom 12.01.2010, B 2 U 21/08 R, Juris). Über einen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen hat die Beklagte ersichtlich nicht entschieden, nachdem die Beklagte in dem Bescheid vom 31.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.2011 ausdrücklich über die Ablehnung einer Berufskrankheit "im Rahmen der Sonderrechtsnachfolge" entschieden hat und lediglich eine pauschale Ablehnung von (§ 3 BKV-) Leistungen erfolgt ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Erkrankung seiner am 16.12.2001 verstorbenen Ehefrau Ursula S. (im Folgenden: Versicherte) als Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 1101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Die 1949 geborene und am 16.12.2001 verstorbene Versicherte war von 1988 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Mai 2000 bei der Firma K.T.C. K. GmbH in C., als Bedienperson an den Automaten und der Verzinnmaschine halbe Tage, in der Regel von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr, beschäftigt und dort mit der Konfektionierung von Kabeln betraut. Sie entnahm die geschnittenen und mit Kontakten versehenen Litzen bzw. Schlauchleitungen aus den Automaten, bündelte sie und legte sie in einen Behälter. Während ca. 80 % ihrer Arbeitszeit wurde die Verzinnmaschine mit den offenen Zinnbädern betrieben. Die Versicherte musste die Kabel abnehmen und halb- bis einstündig das Zinnbad reinigen. Diese Arbeit umfasste ca. 10 % der gesamten Arbeitszeit.
Wegen Husten und Thoraxschmerzen überwies der behandelnde Lungenfacharzt Dr. M. die Versicherte mit der Diagnose abklärungsbedürftige Veränderungen beider Lungen (Befundbericht Dr. M. vom 27.11.2000) in die Klinik Löwenstein zur stationären Behandlung vom 30.05.2000 bis zum 09.06.2000. Dort wurde ein ACE-Hemmer-Husten festgestellt und als Zufallsbefund ein Hinweis auf einen gynäkologischen Tumor erhoben. Hinweise auf eine berufsbedingte Atemwegserkrankung bestanden nicht (Befundbericht Klinik L. vom 05.12.2000). Während der nachfolgenden stationären Behandlung im Diakonie-Krankenhaus S. H. vom 09.06.2000 bis zum 03.07.2000 wurde ein Ovarialkarzinom festgestellt und am 03.06.2000 operativ entfernt. Die histologische Untersuchung ergab Infiltrate eines Adenokarzinoms, wobei ein sicherer Rückschluss auf einen Primärtumor nicht möglich war; am ehesten gehe er vom inneren Genitale, insbesondere vom Ovar aus (Entlassungsbericht des Diakonie-Krankenhauses S. H. vom 30.06.2000). Im Februar 2001 wurde ein Tumorrezidiv festgestellt (MRT-Bericht Dr. K. vom 09.02.2001). Nach Entfernung der Eierstöcke und der Gebärmutter und mehrfachen Chemotherapien wurde die Versicherte mit der Diagnose metastasiertes Ovarialkarzinom, platin-refraktär mit ausgedehnter Peritonealcarcinose und malignem Ascites sowie neu aufgetretenem malignem Pleuraerguss links, mit Zustand nach Netzresektion, Hysterektomie und Adnektomie (Bericht des Kreiskrankenhauses C. vom 15.10.2001) auf eigenen Wunsch zunächst in die häusliche Weiterbetreuung entlassen. Nach ihrem Tod am 16.12.2001 im Kreiskrankenhaus C. wurde am 18.12.2001 eine Obduktion durch PD Dr. N. und Prof. Dr. M. durchgeführt. Die erhobenen Befunde bestätigten die klinisch gestellte Diagnose eines Multiorganversagens bei ausgedehntem Krebsbefall der Bauchorgane. Als wesentliche Befunde wurde ausweislich des Sektionsprotokolls vom 20.12.2001 ein ausgedehnter Tumorbefall des gesamten Bauchraumes unter Einbeziehung beider Zwerchfelle, Tochtergeschwülste in der Leber (Metastasen), Erguss in beiden Brusthöhlen sowie in der Bauchhöhle, Zustand nach operativer Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken bei im Jahre 2000 diagnostiziertem Carcinoma adenomastosum papilliferum angegeben. Die Frage, inwieweit eine berufliche Asbestexpostion für das letztlich zum Tod führende Krebsleiden verantwortlich zu machen sei, könne aufgrund des Obduktionsbefunds allein nicht geklärt werden. Insoweit müsste ein Kollege mit speziellen onkologischen Fachkenntnissen hinzugezogen werden. Die entnommenen Asservate (Teile der inneren Organe sowie die gesamte linke Lunge, Proben aus Körperflüssigkeiten, ein Stück Gehirn, Leber und Niere, Scheidenabstrich und Blutproben) wurden in das Institut für Rechtsmedizin verbracht und im Jahr 2006 entsorgt (Schreiben von PD Dr. N. vom 08.08.2006, Bl. 61 SG-Akte). Das auf Anzeige des Klägers gegen Verantwortliche der Firma K.T.C. K. GmbH eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren (11 Js 3768/02) wegen fahrlässiger Tötung wurde durch die Staatsanwaltschaft Ellwangen mit Verfügung vom 08.03.2002 eingestellt.
Mit Schreiben vom 16.07.2000 zeigte die Versicherte der Beklagten die Krebserkrankung als Berufskrankheit an, da sie den Eierstocktumor auf den Umgang mit Talkum an ihrem Arbeitsplatz zurückführte. Ergänzend machte sie weitere Stoffe, denen sie an ihrem Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen sei, wie PVC, Weichmacher in Kabelisolierungen, Chrom, Blei, Cadmium, geltend (Schreiben vom 13.09.2000). Außerdem legte die Versicherte eine Stellungnahme von PD Dr. H. vom 23.01.2001 vor, wonach in neuerer Literatur beschrieben werde, dass Talkum als Stoff in vaginal oder rektal verabreichten Suppositorien zu Ovarialkarzinomen führen könne. Vorliegend sei bei einer inhalativen oder oralen Aufnahme kein Zusammenhang mit einem Ovarialkarzinom herzustellen, allerdings auch nicht auszuschließen.
Die staatliche Gewerbeärztin Dr. G. teilte auf Anfrage mit Schreiben vom 08.12.2000 mit, dass ihr nicht speziell bekannt sei, dass Eierstocktumore auf den Kontakt mit Arbeitsstoffen zurückgeführt werden könnten. Ergänzend sei ihres Erachtens aber erforderlich, den Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaft zu befragen. Die Präventionsabteilung der Beklagten führte am 10.02.2001 eine Arbeitsplatzbesichtigung unter Beteiligung der Versicherten und des Klägers durch (Arbeitsplatzanalyse vom 10.02.2001). Dem Bericht war eine Bestätigung der Greifen-Apotheke, wonach das dort regelmäßig gekaufte Talkum asbestfrei sei, Bestätigungen der Kunden, aus denen sich ergibt, dass in den dort verarbeiteten Kunststoffmischungen Bleiverbindungen als Stabilisator enthalten sind, und eine Liste der Inhaltsstoffe der bearbeiteten Materiealien der Kunden des Arbeitgebers beigefügt. Der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften teilte telefonisch mit, ihm lägen keine Informationen über Talkum als Auslöser einer Eierstockkrebserkrankung vor (Vermerk vom 01.03.2001). In der gewerbeärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vom 12.03.2001 wurde die Anerkennung einer Berufskrankheit nicht vorgeschlagen. Die Präventionsabteilung der Beklagten legte in ihrer Stellungnahme vom 17.05.2001 die seit 1988 geltenden Grenzwerte für Staub sowie für asbestbelastetes Talkum dar. In der eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26.08.2001 ging Dr. W. davon aus, dass nach heutigem medizinischen Kenntnisstand keine Arbeitsstoffe bekannt seien, die geeignet seien, Eierstockkrebserkrankungen hervorzurufen. Von Asbest sei bekannt, dass sowohl pleurale (brustfellbezogene) als auch peritoneale (bauchfellbezogene) Mesotheliome (gut- oder bösartige Geschwülste) auftreten könnten. Ein peritoneales Mesotheliom liege nicht vor, sondern ein Ovarialkarzinom. Außerdem sei keine Exposition zu Asbest dokumentiert. Nach Exposition zu berufsbedingten Kanzerogenen sei allgemein eine entsprechende Exposition und daran anschließend eine entsprechende Latenzzeit bis zum Auftreten des Tumors zu fordern. Bei berufsbedingten Krebserkrankungen, z. B. der Atemorgane, sollte die Latenzzeit nicht unter 10 bis 12 Jahren liegen.
Mit Bescheid vom 24.04.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.10.2001 lehnte die Beklagte Leistungen ab, da eine Berufskrankheit nicht vorliege. Es seien keine Fälle von Ovarialkarzinomen bekannt geworden, die auf Arbeitsstoffe zurückzuführen seien. Dies gelte auch für Talkum. Im Rahmen des Klageverfahrens (S 6 U 3140/02) vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) legte die Beklagte den Bericht ihres Präventionsdienstes vom 22.02.2002 vor, wonach die Messergebnisse vom 19.11.2001 zur Konzentration von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz der Versicherten keinen Nachweis von Grenzwertüberschreitungen erbracht hätten. Mit Urteil vom 20.05.2005 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, ein Ovarialkarzinom sei in der BKV nicht ausdrücklich genannt und auch die Eierstöcke seien nicht als Zielorgan schädigender Einwirkungen in der Liste der Berufskrankheiten erwähnt. Talkum sei bislang nicht in die Berufskrankheiten-Liste aufgenommen worden. Asbest sei lediglich in der Verordnung unter BKen 4103, 4104 und 4105 der Anlage 1 zur BKV genannt. Darüber hinaus lägen auch keine Erkenntnisse dafür vor, dass eine bestimmte Gruppentypik bestehe, wonach der Umgang mit Talkum oder Kontakt mit Asbest in bestimmten Berufszweigen zu einem erhöhten Risiko führe, an Eierstockkrebs zu erkranken. Aus den von Klägerseite vorgelegten Unterlagen ergäben sich keine solchen Erkenntnisse. Für andere, vom Kläger genannte gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe kämen zwar Krebserkrankungen als Folgeerscheinung in Betracht, jedoch bestünden nach den Stellungnahmen der Beratungsärzte und der beratungsärztlich hinzugezogenen Arbeitsmedizinerin Dr. W. keine Erkenntnisse darüber, dass Eierstocktumore auf den Kontakt mit solchen Arbeitsstoffen zurückzuführen seien. Die hiergegen eingelegte Berufung (L 1 U 3629/05) wurde durch das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) durch Beschluss vom 02.02.2006 zurückgewiesen. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung wurde durch das Bundessozialgericht (B 2 U 62/06 B) mit Beschluss vom 16.05.2006 als unzulässig verworfen.
Mit Bescheid vom 10.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers, den Bescheid vom 24.04.2001 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen, ab. Die hiergegen beim SG geführte Klage (S 5 U 4495/07) nahm der Kläger zurück.
Im Rahmen eines Antrags auf Anerkennung der BK 4105 der Anlage 1 der BKV teilte Prof. Dr. M. auf Anfrage der Beklagten unter dem 07.07.2008 mit, anlässlich der Obduktion habe sich makroskopisch kein Hinweis auf ein Pleuramesotheliom gefunden. Lediglich der Bauchraum sei durch Tumormetastasen ausgefüllt gewesen unter Einbeziehung auch beider Zwerchfelle. Routinemäßig seien Gewebsproben aus den inneren Organen zurückbehalten worden, hier einschließlich der gesamten linken Lunge. Dieses Material werde noch aufbewahrt und könnte für entsprechende Untersuchungen zur Verfügung gestellt werden. In dem fachpathologischen Zusatzgutachten vom 01.09.2008 gab Prof. Dr. T. nach Auswertung des ihr übersandten Untersuchungsguts als Diagnose Pleura- und Peritonealmetastasen eines mäßig differenzierten papillären Adenokarzinoms an. Das tumorfreie Lungenparenchym sei bis auf eine mäßig fibrinöse floride Pleuritis regelrecht mit geringer Dystelektase gewesen. Eine Fibrose fehle. Asbestkörper seien nicht zur Darstellung gekommen. Sowohl der feingewebliche als auch insbesondere der immunhistochemische Befund passten sehr gut zu Metastasen des vorbekannten Ovarialkarzinoms. Ein durch den Kläger zur Diskussion gestelltes peritoneales Mesotheliom habe ausgeschlossen werden können. Mit Bescheid vom 23.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.05.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 4105 der Anlage 1 zur BKV (Pleuramesotheliom) ab, da kein einer Berufskrankheit entsprechendes Krankheitsbild vorgelegen habe.
Mit Schreiben vom 30.01.2010 (eingegangen am 03.02.2010) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung der BK 1101 der Anlage 1 zur BKV. Er habe durch weiterführende Recherche aufgrund des Krankheitsverlaufs, Laborbefunden und Arztberichten erkannt, dass die primär vorgelegene Berufskrankheit eine Bleivergiftung gewesen sei. Zur Bestätigung legte er medizinische Unterlagen, u. a. einen Bericht von Prof. Dr. L., Abteilung für Allgemein und Gefäßchirurgie, Diakonie-Krankenhaus S. H. vom 21.07.1999 vor, wo eine periphere arterielle Verschlusskrankheit ausgeschlossen wurde.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei Dr. W. ein, die unter dem 29.06.2010 ausführte, die gegenüber der Gefäßchirurgie S. H. geschilderten Beschwerden deuteten nicht auf eine Bleivergiftung hin, sondern seien der Ausdruck einer Verschleißerscheinung der Wirbelsäule mit Ausstrahlung ins rechte Bein. Zusammenfassend ergäben sich keine Hinweise auf eine bleibedingte Erkrankung. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Technische Aufsichtsbeamte Georg mit, die Verzinnmaterialien hätten einen Bleianteil. Bleidämpfe seien nicht entstanden, weil die Temperatur der Verzinnmaterialien zu niedrig sei. Ein Bleikontakt sei über Verunreinigungen, wie etwa beim Essen am Arbeitsplatz ohne Händewaschen denkbar.
Mit Bescheid über die "Ablehnung einer Berufskrankheit im Rahmen der Sonderrechtsnachfolge" vom 31.08.2010 verfügte die Beklagte, dass eine BK nach Nr. 1101 bei der Ehefrau des Klägers nicht bestanden habe und Ansprüche auf Leistungen (mit Verweis in der Fußnote auf Leistungen und Maßnahmen, die dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenwirken) nicht bestehen. Die festgestellten Erkrankungen seien nicht ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen.
Zur Begründung seines hiergegen am 21.09.2010 eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die Versicherte sei bei der Kabelkonfektionierung und -reinigung bzw. Entfernung der Krätze vom Lot-Verzinnungsbad in Kontakt zu Blei gekommen. Während der Tätigkeit der Versicherten seien Stäube, Dampf bzw. Verdunstung von Blei nicht abgesaugt worden und es sei nur selten gelüftet worden. Da Getränke offen am Arbeitsplatz gestanden hätten, hätten sich die Stäube bzw. Verdunstungen hierin zusätzlich absetzen können. Gleichzeitig habe eine asbesthaltige Talkumstaubexposition in Industrie- und Arzneibuch-Qualität bestanden. Auch hier sei kein Staub abgesaugt und nur selten gelüftet worden. Durch die Bleivergiftung nach BK 1101 der Anlage 1 zur BKV sei es zu einer Störung im Schilddrüsenregelkreis der Versicherten gekommen mit der Folge einer Immunschwächung wegen nicht behandelter Hypothyreose. Sämtliche Leitsymptome einer Bleivergiftung hätten bei der Versicherten vorgelegen. In der Folge sei es durch die Immunschwächung noch zu einem SSPC (Bauchfellkrebs) wegen asbesthaltiger Talkumstaubbelastung gekommen. Aus einem beigefügten Schreiben von Prof. Dr. S., Klinik für Gynäkologie und gynäkologische Onkologie, Charité B., vom 12.11.2010 ergibt sich, dass dieser die Auffassung vertreten hat, bei der Versicherten habe ein vom Bauchfell ausgehender und sich biologisch ähnlich einem Ovarialkarzinom verhaltender Tumor vorgelegen. Ob das SSPC durch Bleivergiftung oder durch asbesthaltiges Talkum entstehen könne, entziehe sich seiner Kenntnis. Ihm lägen hierzu keine Angaben vor. Der Kläger legte ferner ein Schreiben der Firma S. GmbH vom 10.09.2010 vor, mit dem eine Anfrage des Klägers zu dem Lötzinn STANNOL L-Sn60 beantwortet wurde. Danach weise diese Legierung einen Schmelzbereich von 183°-190°C auf. Oberhalb dieser Temperatur sei das Lot flüssig und damit trete auch eine Verdunstung auf. Bei den normalen Verarbeitungstemperaturen zum Kabelverzinnen von 250°-300°C in einem offenen Lotbad seien aber keine Bleidämpfe feststellbar. Bleidämpfe träten in der Regel erst ab Temperaturen von weit oberhalb von 500°C auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den vorliegenden histologischen Befunden von Prof. Dr. M. vom 07.07.2008 sowie von Prof. Dr. T. vom 01.08.2008 hätten keine Hinweise auf eine Vergiftung gefunden werden können. Bei den durchgeführten neurologischen Untersuchungen hätten sich ebenfalls keine Hinweise auf eine Bleivergiftung ergeben. Erhöhte Bleiwerte seien nicht dokumentiert worden. Auch habe nach der Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vom 10.02.2001 und der Messung vom 19.11.2001 im Arbeitsbereich der Versicherten kein direkter Kontakt zu bleihaltigen Arbeitsstoffen bestanden. Bei den an den Verzinnmaschinen verwendeten Loten sei üblicherweise ein Bleianteil enthalten. Bleidämpfe hätten aber nicht entstehen können, da die zum Verzinnen der Kabel notwendige Temperatur zu gering gewesen sei.
Die mit Schreiben vom 10.06.2010 beantragte Anerkennung einer Erkrankung nach BK 4104 der Anlage 1 zur BKV lehnte die Beklagte mit Bescheid "über die Ablehnung einer Berufskrankheit im Rahmen der Sonderrechtsnachfolge" vom 31.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2011 ab und stellte fest, dass bei der Ehefrau des Klägers keine Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Berufskrankheitenliste bestanden habe und Ansprüche auf Leistungen (Verweis in der Fußnote auf Leistungen und Maßnahmen, die dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenstehen (§ 3 BKV)) nicht bestünden. Die bei der Versicherten festgestellte Erkrankung sei nicht ursächlich auf ihre berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Nach den makroskopischen und feingeweblichen Untersuchungen hätten sich keine Hinweise auf eine Asbestose der Lunge oder das Vorliegen einer Kehlkopfkrebserkrankung durch Asbest ergeben. Auch in den Röntgenbefunden vom 22.05.2000 und 30.05.2000 seien keine asbesttypischen Veränderungen der Lunge bzw. der Pleura festgestellt worden. Nach den vorliegenden histologischen Befunden von Prof. Dr. M. und Prof. Dr. T. habe kein Lungen- oder Kehlkopfkrebs festgestellt werden können. Nach der Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vom 10.02.2001 und der Messung vom 19.11.2001 habe im Arbeitsbereich der Versicherten keine Belastung durch asbeststaubhaltige Arbeitsstoffe bestanden.
Gegen beide Bescheide vom 31.08.2010 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 01.04.2011 hat der Kläger am 02.05.2011 Klage beim SG erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Versicherte sei über zwölf Jahre kontinuierlich einer Belastung durch Bleidämpfe ausgesetzt gewesen. Bei den an den Verzinnmaschinen verwendeten Loten liege der Bleianteil bei der Verzinnung bei ca. 27%. Beim Verzinnen entstünden notwendigerweise im Hinblick auf den Bleianteil von ca. 27% infolge der Erhitzung des Materials Bleidämpfe, welche bei der Versicherten über den Zeitraum vom 12 Jahren zu einer Bleivergiftung geführt hätten. Diese Bleivergiftung sei die Primärerkrankung der Versicherten gewesen, die jedoch im vorhergehenden Klageverfahren vor dem SG (S 6 U 3140/02) und dem LSG (L 1 U 3629/05) nicht erkannt worden sei. Die Versicherte habe in den letzten Lebensjahren sämtliche Befunde aufgewiesen, die charakteristisch für eine Bleivergiftung seien. So habe sie an Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Hautblässe, Muskelschwäche, Magen-Darm-Störungen, Hypertonie, Nervenstörungen, Nervosität, Schreckträumen, schlechtem Sehen, HWS-/LWS-Beschwerden, Fettstoffwechselstörung durch Blockierung von Enzymen, Obstipation, Nierenschmerzen, Verlangsamung der Nervengeschwindigkeit, Teillähmung, Geschmacksverlust, Doppelbilder, Ödemen, Schwächegefühlen in den Gliedern, Spondylarthrose, Nackensteifhaltung, Schmerzen in beiden Beinen sowie Schädigungen des Gehirns mit Sprach- und Gedächtnisstörungen gelitten. Am Arbeitsplatz der Versicherten habe ein völlig unzureichender Arbeitsschutz bestanden, insbesondere habe die für Dämpfe und Stäube erforderliche Absaugung gefehlt, wobei gleichzeitig bis zu zehn Maschinen im Betrieb gewesen seien. Der Kläger hat Unterlagen der behandelnden Ärzte der Versicherten vorgelegt, aus denen sich die Leitsymptome einer Bleivergiftung ergäben (Bl. 56/70 der SG-Akte).
Nach entsprechendem Hinweis hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 16.02.2015 die Klage abgewiesen. Die Klage sei teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Die Bescheide vom 31.08.2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 01.04.2011 seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Anerkennung der Erkrankungen der Versicherten als BK 1101 oder BK 4104 der Anlage 1 zur BKV. Soweit über die Anerkennung der Berufskrankheiten hinaus "entsprechende Leistungen aus der Unfallversicherung" und insbesondere eine Verletztenrente begehrt werde, sei die Klage unzulässig. Die Beklagte habe durch die angefochtenen Bescheide allein die Feststellung abgelehnt, die Gesundheitsstörungen der Versicherten als Berufskrankheit anzuerkennen. Ein Leistungsanspruch, z.B. auf Verletztengeld oder Verletztenrente, sei jedoch nicht geprüft worden. Die Klage sei darüber hinaus unbegründet. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Anerkennung der BKen 1101 und 4104 der Anlage 1 zur BKV seien nicht erfüllt. Die Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage 1 zur BKV liege nicht vor. Aus dem Bericht über die Analyse des Arbeitsplatzes der Versicherten vom 10.02.2001 ergebe sich keine direkte Bleiexposition. Die Versicherte sei während ihrer Arbeit mit Verzinnmaterialien (Loten) in Kontakt gekommen, die einen Bleianteil aufgewiesen hätten. Allerdings entstünden bei der Verzinnung keine Bleidämpfe, da die dafür notwendige Temperatur beim Verzinnen nicht erreicht werde. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes, Herrn G., vom 12.08.2010. Ferner sei bei den am 19.11.2001 durchgeführten Gefahrstoffmessungen im Arbeitsbereich der Versicherten keine Belastung durch Blei festgestellt worden. Das im Betrieb der Versicherten durchgeführte Arbeitsverfahren finde sich nicht in den als Gefahrenquellen aufgezählten Arbeitsverfahren im "Merkblatt zur BK-Nr. 1101". Neben der nicht nachgewiesenen Bleiexposition der Versicherten am Arbeitsplatz ergebe sich aus den ärztlichen Unterlagen auch kein Hinweis darauf, dass eine Erkrankung durch Blei mit ausreichender Wahrscheinlichkeit vorgelegen hätte. Ein erhöhter Bleiwert sei in den ärztlichen Unterlagen nicht dokumentiert. Dass bei der Versicherten verschiedene Symptome vorgelegen hätten, die auch bei einer Bleivergiftung auftreten könnten, lasse nicht den Rückschluss zu, dass auch eine Erkrankung durch Blei vorgelegen hätte. Wie das Merkblatt zur BK 1101 unter Abschnitt 4 ausdrücklich ausführe, kämen Symptome, wie sie eine Erkrankung durch Blei aufweise, auch bei vielen anderen Erkrankungen vor. Weder die schädigende Einwirkung der versicherten Tätigkeit noch die Erkrankung der Versicherten im Sinne der BK 1101 der Anlage 1 zur BKV seien mithin nachgewiesen. Des Weiteren seien die Voraussetzungen für das Vorliegen der BK 4104 der Anlage 1 zur BKV nicht erfüllt. Bei der Versicherten sei zwar eine Krebserkrankung in Form eines Ovarialkarzinoms diagnostiziert worden. Im Rahmen der Obduktion sei ein ausgedehnter Tumorbefall des gesamten Bauchraumes unter Einbeziehung beider Zwerchfelle festgestellt worden, aber kein Lungen- oder Kehlkopfkrebs. Aus der Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vom 10.02.2001 und auch aus der am 19.11.2001 am Arbeitsplatz der Versicherten durchgeführten Messung ergäben sich keine Hinweise auf eine Exposition asbeststaubhaltiger Arbeitsstoffe. Auch für die BK 4104 der Anlage 1 zur BKV sei mithin weder die schädigende Einwirkung der versicherten Tätigkeiten noch die Erkrankung der Versicherten nachgewiesen.
Gegen den am 25.02.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 24.03.2015 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Behauptung des SG, dass bei der Verzinnung keine Bleidämpfe entstünden, da die dafür notwendige Temperatur beim Verzinnen nicht erreicht werde, sei falsch. Beim Verzinnen würden bleihaltige Dämpfe inhaliert, die zu einer erheblichen Belastung durch Blei führten. Insofern habe das SG auch den Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt, nachdem auch eine Exhumierung der Leiche der Versicherten beantragt, aber nicht durchgeführt worden sei. Bei einer Exhumierung lasse sich die Bleivergiftung in Knochen, Haaren, Zahnwurzeln und evtl. Nägeln nachweisen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Februar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. April 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Erkrankungen seiner verstorbenen Ehefrau eine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und der Verwaltungsakten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist nicht begründet. Gegenstand des Verfahrens ist ausweislich des Antrages des Klägers in der Berufungsverhandlung noch die Anerkennung der BK 1101 der Anlage 1 zur BKV im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Nachdem der Kläger die Berufung auf die Feststellung der BK beschränkt hat, ist die mit der Klage noch begehrte Leistungsgewährung nicht mehr Streitgegenstand.
Für die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage, mit der der Kläger als Rechtsnachfolger der Versicherten die Feststellung von BKen begehrt (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) fehlt das Feststellunginteresse. Die Klage war daher bereits unzulässig.
Zwar eröffnet § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG dem Versicherten und ggf. seinen Rechtsnachfolgern die Möglichkeit, Elemente eines Rechtsverhältnisses, hier bestimmte Folgen eines Versicherungsfalls, feststellen zu lassen. Allerdings ist eine solche gesetzlich zugelassene Elementenfeststellungsklage nur zulässig, wenn ein Beteiligter für die begehrte Feststellung ein Feststellunginteresse hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 55 Rdnr. 13b). Ein solches Feststellungsinteresse kann der Kläger weder daraus herleiten, dass er als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten auf ihn übergegangene Geldleistungen beanspruchen könnte, noch daraus, dass er im Vorgriff auf einen möglichen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach § 63 SGB VII ein Interesse an der Feststellung einer BK hat.
An einem Feststellungsinteresse fehlt es, soweit der Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten die Feststellung einer BK begehrt. Der Kläger, der mit der Versicherten zum Zeitpunkt ihres Todes in einem Haushalt gelebt hat, ist Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) geworden. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB I gehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten u. a. auf den Ehegatten über, wenn dieser mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihm wesentlich unterhalten worden ist. Gemäß § 59 SGB I erlöschen Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen mit dem Tod des Berechtigten; Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nach § 59 Satz 2 SGB I nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch über sie ein Verwaltungsverfahren anhängig ist.
Als Sonderrechtsnachfolger hat der Kläger ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn als Folge der Feststellung einer BK ein Anspruch auf weitere Geldleistungen bestehen kann, die durch Sonderrechtsnachfolge auf ihn übergangen sein können (BSG, Urteil vom 12.01.2010, B 2 U 21/08 R, Juris). Ansprüche auf Geldleistungen waren zum Zeitpunkt des Todes der Versicherten am 16.12.2001 nicht festgestellt. Das zu dem Zeitpunkt des Todes anhängige Verwaltungsverfahren ist zwischenzeitlich rechtskräftig abgeschlossen. Zwischen den Beteiligten steht aufgrund des bestandskräftigen Bescheides vom 24.04.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2001 fest, dass ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht besteht. Das Klageverfahren vor dem SG (S 6 U 3140/02), das der Kläger als Sonderrechtsnachfolger nach dem Tod der Versicherten fortgeführt hat, ist mit Urteil vom 20.05.2005 abgeschlossen worden. Die Berufung des Klägers zum LSG (L 1 U 3629/05) wurde mit Urteil vom 02.02.2006 zurückgewiesen, die Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundessozialgerichts vom 16.05.2006 (B 2 U 62/06 B) als unzulässig verworfen. Mit der Bestandskraft des Verfahrens endet die Anhängigkeit des Verwaltungsverfahrens (Wagner in jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 59 SGB I, Rdnr. 16). Ein Verwaltungsverfahren über einen Anspruch der Versicherten, ist daher nicht mehr anhängig.
Im vorliegenden Fall führt die Berechtigung des Rechtsnachfolgers, bei bestandskräftigen Verwaltungsakten einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu stellen (vgl. BSG, Urteile vom 15.10.1987, 1 RA 15/86 und vom 16.10.1986, 5b RJ 78/85, Juris), zu keiner anderen Beurteilung. Zwar gilt das Verwaltungsverfahren im Falle eines Antrags nach § 44 SGB X rückwirkend als zum Zeitpunkt des Todes des Berechtigten im Sinne des § 59 Satz 2 SGB I anhängig gewesen. Dies gilt aber nur dann, wenn der Antrag des Sonderrechtsnachfolgers nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X auf einen vor dem Tod des Leistungsberechtigen erlassenen Verwaltungsakt zurückwirkt (BSG, Urteile vom 16.02.1984, 1 RJ 54/83 und vom 29.11.1984, 5b RJ 56/84, Juris). Es kann dahinstehen, ob der am 03.02.1010 bei der Beklagten eingegangene Antrag des Klägers auf Feststellung der BK 1101 der Anlage 1 zur BKV vom 18.05.2010 zugleich als Antrag nach § 44 SGB X auf Überprüfung des Bescheids vom 24.04.2001 hinsichtlich der Ablehnung von Leistungen an die Versicherte auszulegen ist, da jedenfalls eine Leistungsgewährung nicht mehr in Betracht käme. Gemäß § 44 Abs. 4 SGB X werden Sozialleistungen bei einer Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den rückwirkend Leistungen zur erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag. Die Anträge des Klägers im Jahr 2010 würden daher auf einen Zeitpunkt vor dem Tod der Versicherten nicht zurückwirken. Da auf den Kläger als Sonderrechtsnachfolger übergegangenen Geldansprüche auch im Rahmen des § 44 SGB X nicht mehr geltend gemacht werden können, besteht auch kein Anspruch auf Feststellung von BKen im Rahmen einer Elementenfeststellungsklage.
Ein Feststellungsinteresse lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die begehrte Feststellung dem Kläger bei der Durchsetzung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente einen rechtlichen Vorteil verschaffen könnte.
Das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente ein eigener Rechtsanspruch ist, der sich zwar vom Recht des Versicherten ableitet, aber hinsichtlich aller Voraussetzungen gesondert zu prüfen ist (BSG, Urteil vom 07.02.2006, B 2 U 31/04 R, vom 25.07.2001, B 8 KN 1/00 U R, vom 12.01.2010, B 2 U 21/08 R, Juris). Diese Trennung hat zur Folge, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach § 63 SGB VII ohne Bindung an bestands- oder rechtskräftige Entscheidungen gegenüber dem Verstorbenen neu zu prüfen sind (Jentsch in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., Stand 15.03.2014, § 63 Rdnr. 17). Die bestandskräftige Feststellung einer BK gegenüber dem Versicherten kann diesem nur nach Maßgabe des § 45 SGB X entzogen werden, sie hat aber keine begünstigende Wirkung hinsichtlich des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente. Deshalb ist weder die positive Feststellung von BK-Folgen noch die Ablehnung der Feststellung von BK-Folgen gegenüber dem Versicherten für die Entscheidung über den Anspruch auf Hinterbliebenenrente vorgreiflich. Verwaltungen und Gerichte haben vielmehr nach dem Tod eines Versicherten neu zu prüfen, ob bei diesem ein Versicherungsfall vorgelegen hat und er infolgedessen verstorben ist. Daher ist eine Elementenfeststellungsklage im Hinblick auf eine Hinterbliebenenrente nicht zulässig. Die Frage, ob ein Versicherungsfall vorgelegen hat und welcher es genau war, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kein selbständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt entschieden werden dürfte, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitgegenständlichen Anspruchs. Wird dieser Anspruch durch negativ feststellenden Verwaltungsakt verneint, ist die Äußerung des Trägers, ein Versicherungsfall habe nicht vorgelegen, nur ein unselbständiges Begründungselement des Verwaltungsakts (BSG, Urteil vom 04.12.2014, B 2 U 18/13 R, Juris).
Dieser für den Anspruch auf Hinterbliebenenrente geltende Grundsatz findet auch auf die Vermutung nach § 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VII Anwendung. Zwar hat das Bundessozialgericht entschieden, beim Tod des Versicherten müsse eine der in der Vorschrift genannten BKen 4101 bis 4104 der Anlage 1 zur BKV nicht vorgelegen haben und eine erst nach dem Tod der Versicherten erfolgte Anerkennung als BK und Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. reiche aus (BSG, Urteile vom 07.02.2006, B 2 U 31/04 R, vom 25.07.2001, B 8 KN 1/00 U R, Juris), allerdings genügt auch insoweit, dass in einem Verwaltungsverfahren wegen Hinterbliebenenrente die Feststellung getroffen wird, dass die Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vorgelegen haben (BSG, Urteil vom 12.01.2010, B 2 U 21/08 R, a.a.O., m.w.N.).
Da eine Feststellung einer BK gegenüber der Versicherten dem Kläger in Bezug auf die Hinterbliebenenrente keinen Vorteil verschaffen würde, hat er kein schutzwürdiges Interesse daran, für diese posthum Folgen einer BK feststellen zu lassen. Vielmehr haben auf einen Antrag auf Hinterbliebenenrente die Verwaltungen und ggf. die Gerichte die Voraussetzungen des Anspruch ohne Bindung an einen gegenüber dem Versicherten getroffene Entscheidung neu zu prüfen (BSG, Urteil vom 12.01.2010, B 2 U 21/08 R, Juris). Über einen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen hat die Beklagte ersichtlich nicht entschieden, nachdem die Beklagte in dem Bescheid vom 31.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.2011 ausdrücklich über die Ablehnung einer Berufskrankheit "im Rahmen der Sonderrechtsnachfolge" entschieden hat und lediglich eine pauschale Ablehnung von (§ 3 BKV-) Leistungen erfolgt ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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