L 3 U 1553/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 109/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 1553/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Kosten und baren Auslagen des Klägers für die von Prof. Dr. A. und von Dr. B. nach § 109 SGG erstatteten Gutachten vom 1. Juli 2015 und vom 18. Juli 2015 werden nicht auf die Staatskasse übernommen.

Dem Kläger werden Missbrauchskosten in Höhe von 337,50 Euro auferlegt, wovon 225,00 Euro an die Landeskasse und 112,50 Euro an die Beklagte zu zahlen sind.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens streitig.

Der im Jahr 1957 geborene Kläger war nach seinen Angaben von 1977 bis 1980 als Kellner und von 1981 bis 1983 als Verkäufer berufstätig, leistete von 1984 bis 1985 seinen Wehrdienst und war von 1985 bis 1987 als Kellner sowie von 1990 bis 1993 und von 1995 bis 1996 als Kommissionierer berufstätig. Vom 12.08.1996 bis zum 30.12.2008 war er bei der Firma C. GmbH als Verpacker sowie Lager- und Versandmitarbeiter berufstätig.

Bereits am 14.12.2007 beantragte der Kläger die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. Aktenkundig wurden unter anderem die Berichte des Kreiskrankenhauses D. vom 22.10.1997 (Quetschung, Luxation und Frakturen im rechten Fuß), des Orthopäden Dr. E. vom 05.08.1999 (mediale Meniskopathie und geringgradiger Knorpelschaden links), des Internisten Dr. F. vom 08.01.2007 (schmerzhafte Reizzustände in den Muskeln, Sehnen und Gelenken) und vom 31.12.2007 (schwere Verletzung des rechten Fußes im Jahr 1997, deutliche Abnutzungserscheinungen im unteren Lendenwirbelbereich, reaktive Erschöpfungsdepression) sowie die von ihm am 02.02.2008 erstellte Karteikarte, des Orthopäden Dr. G. vom 09.02.2007 (Tendovaginitis in den Peronealsehnenscheiden des rechten Außenknöchels) und vom 04.05.2007 (fehlstatische Fußbeschwerden, Arthralgie, rezidivierende Reizzustände in beiden Sprunggelenken), des Radiologen Dr. H. vom 18.04.2007 (Spondylarthrose L5/S1, kein Nachweis eines Bandscheibenvorfalls, keine spinale Enge), des Klinik-Zentrums Mühlengrund GmbH vom 27.12.2007 (chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule) sowie des Allgemeinmediziners und Psychotherapeuten Dr. I. vom 17.01.2008 (die bestehenden Rücken-, Muskel- und Gelenkschmerzen verschlechternde Depression) und diverse bildgebende Befunde. Dr. J.-J. führte in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 17.02.2008 aus, zusammenfassend bestehe kein Hinweis auf einen Bandscheibenvorfall oder eine spinale Enge. Es bestehe eine leichte Spondylarthrose L5/S1 rechts. Ansonsten bestünden kein Nachweis einer tumorsuspekten Veränderung, keine Frakturzeichen und keine altersüberschreitenden degenerativen Veränderungen. Daraufhin holte die Beklagte die vom Betriebsmediziner Dr. K. unter dem 28.02.2008 gemachten Angaben zur beruflichen Tätigkeit des Klägers ein. Dipl.-Ing. L. führte in der präventionsdienstlichen Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 02.04.2008 aus, die Berechnung habe eine Gesamtdosis zwischen 5,6 und 9,5 x 106 Nh und somit einen Belastungsindex zwischen 0,45 und 0,76 bezogen auf den um 50 % reduzierten Gesamtdosis-Richtwert von 12,5 x 106 Nh ergeben. Somit sei von keiner gefährdenden Tätigkeit im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV auszugehen.

Mit Bescheid vom 05.05.2008 lehnte die Beklagte die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV ab. Hiergegen legte der Kläger am 15.05.2008 Widerspruch ein. Aktenkundig wurden unter anderem die Berichte des Dr. F. vom 30.06.2008 (Verschlechterung der Depression) und vom 14.07.2008 (Depression, Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen). Dipl.-Ing. L. führte nach Auswertung der vom Kläger unterschriebenen und vorgelegten Lieferscheine über einen Zeitraum von zwei Monaten in der präventionsdienstlichen Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 18.09.2008 aus, eine erneute Berechnung habe einen Belastungsindex von 0,4 bezogen auf den um 50 % reduzierten Gesamtdosis-Richtwert ergeben. Somit sei weiterhin von keiner gefährdenden Tätigkeit im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV auszugehen. Sodann legte der Kläger den Entlassungsbericht des Klinik-Zentrums M. vom 16.10.2008 (rezidivierende depressive Störung, psychosomatischer Symptomenkomplex, Zervikobrachialsyndrom, degeneratives Lumbalsyndrom, Zustand nach arthroskopischer Operation einer degenerativen Innenmeniskopathie im Jahr 1999) vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 29.12.2008 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2009 wurde Dipl.-Ing. L. als Zeuge gehört. Mit dem unter dem Aktenzeichen S 1 U 8954/08 ergangenen und rechtskräftig gewordenen Urteil vom 13.11.2009 wies das SG die Klage ab.

Der Kläger beantragte am 30.08.2010 erneut die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. Er legte den Bericht des Dr. F. vom 02.03.2010 (im Vordergrund stehende zunehmende Depression) vor.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 09.09.2010 diesen als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausgelegten Antrag ab. Hiergegen legte der Kläger am 27.09.2010 Widerspruch ein. Er legte unter anderem die Berichte des Dr. G. vom 22.06.1999 (degenerative Innenmeniskopathie links), des Klinik-Zentrums Mühlengrund GmbH vom 05.12.2007 (chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, Arthralgie beider Sprunggelenke bei Hohl-Spreizfuß und peronialer Tendovaginitis der Sehnenscheiden des rechten Außenknöchels), des Dr. F. vom 19.02.2007 (Schmerzen und Beschwerden) und vom 15.06.2009 (Tendosynovitis der rechten Peronealloge) vor. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2010 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 05.01.2011 Klage zum SG erhoben. Er hat die Befundberichte des Dr. G. vom 10.11.2010 (Innenmeniskusläsion links mit arthroskopischer Operation am 05.08.1999, Tendovaginitis der Peronealsehnen rechts am 05.02.2007, Arthralgie beider Sprunggelenke am 10.04.2007, Lumboischialgie beidseits und pseudoradikuläres Syndrom am 16.04.2007, Tenosynovitis der Peronealsehnen rechts am 19.05.2009) sowie des Dr. F. vom 23.11.2010 (Epicondylitis an den Armen, Tendovaginitis an den Beinen) und vom 08.05.2012 (schwere Depression) vorgelegt.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 27.02.2014 die Klage abgewiesen. Das klägerische Vorbringen enthalte keine Anhaltspunkte, die im Sinne einer Überprüfung der zuvor bindend gewordenen Bescheide eine Änderung notwendig mache.

Gegen den ihm am 05.03.2014 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 04.04.2014 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit bestritten würden, erscheine nicht nachvollziehbar. Es bestünden zweifelsohne gesundheitliche Probleme in den Bereichen Orthopädie und Psyche. Die psychischen Probleme könnten eine posttraumatische Belastungsstörung darstellen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2014 abzuändern/aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der entgegenstehenden Bescheide zu verurteilen, die Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und, insbesondere in Form von Verletztenrente und gegebenenfalls Übergangsleistungen, zu entschädigen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf den Akteninhalt und die aus ihrer Sicht zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides des SG.

Der Senat hat auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers das radiologische Zusatzgutachten des Prof. Dr. A., Chefarzt der Klinik für Radiologie der Klinik GmbH in N., vom 01.07.2015 und das orthopädische Hauptgutachten nach Aktenlage des Orthopäden Dr. B. vom 18.07.2015 eingeholt. Prof. Dr. A. hat ausgeführt, eine Bewertung der Lendenwirbelsäule nach der Hurxthal-II-Methode und der Berechnung nach Robert et al. gemäß den Konsensempfehlungen ergebe keine fortgeschrittenen degenerativen Befunde. Im Bereich der Halswirbelsäule habe der Vergleich der Höhen zu den Werten von Sohn et al. (2004) eine Chondrose Grad II der Höhen HWK2/3, HWK4/5, HWK5/6 und HWK6/7 ergeben. Dr. B. hat dargelegt, beim Kläger liege ein chronisch-rezidivierendes lokales Zervikal- und Lumbalsyndrom ohne sensomotorische Defizite mit kontinuierlich konservativem Behandlungsbedarf vor. Es handele sich bei den Gesundheitsstörungen im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule um bandscheibenbedingte Erkrankungen im Sinne von Osteochondrose und Spondylosen. Im Bereich der Lendenwirbelsäule hätten entsprechende Befunde nicht gefunden werden können. Nur im Bereich der Halswirbelsäule hätten sich Osteochondrosen von mindestens Grad I und Spondylophyten finden lassen. Im Bereich der Halswirbelsäule sei der Befund am stärksten ausgeprägt. Aufgrund der Ermittlung des Chondrose-Ausmaßes nach Hurxthal II in Bezug auf die Berechnung nach Robert et al. mittels des Berechnungsprogramms des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) entsprechend den Konsensempfehlungen ergebe sich kein Anhalt für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. Der bildgebende Nachweis eines Bandscheibenschadens mit Höhenminderung und/oder Vorfall sei unabdingbare Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung. Beim Kläger könne dieser Nachweis eines Bandscheibenschadens nicht geführt werden. Beim Kläger lägen weder die Altersnorm überschreitende Wirbelsäulenbefunde noch ein belastungskonformes Schadensbild vor. Das Erkrankungsbild sei nicht dem Lebensalter vorauseilend. Die unteren Lendensegmente seien nicht stärker als die oberen verschlissen. Die sekundär-degenerativen Veränderungen im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule seien eher stärker ausgeprägt als im Bereich der Lendenwirbelsäule. Die Verteilung der Bandscheibenschäden und das Ausmaß der reaktiven umformenden Veränderungen spreche gegen eine entsprechende berufliche Exposition im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV.

Der Berichterstatter hat unter dem 30.07.2015 gegenüber dem Kläger angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Er hat darauf hingewiesen, dass das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen könne, die dadurch verursacht würden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführe, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden sei. Nach derzeitiger Sachlage werde dieser Rechtsstreit für geeignet erachtet, bei Fortführung der Berufung durch den Kläger von der Auferlegung von Missbrauchskosten Gebrauch zu machen.

Der Kläger hat sodann ausgeführt, Prof. Dr. A. stelle bandscheibenbedingte Veränderungen an der Halswirbelsäule fest, welche auf das Tragen von Lasten von 50 Kilogramm zurückzuführen sein könnten. Er gehe davon aus, dass Dr. B. die röntgenologischen Bewertungen seinerseits auch hinsichtlich der Bandscheibenhöhenbewertung überprüfen werde. Er sei der Auffassung, dass sich die Beschwerden der Lendenwirbelsäule vornehmlich im Segment L4/5 und L3/4 zeigten. Damit sei das Zielorgan an der zu erwartenden Bandscheibenstelle betroffen. Der Kläger hat ferner ausgeführt, der Sachverständige habe nicht beachtet, dass er nach diversen ärztlichen Stellungnahmen aus den Jahren 2007 und 2008 keine Lasten zwischen 5 und 10 Kilogramm heben dürfe, nur noch unter drei Stunden täglich berufstätig sein könne und insbesondere seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr für zumutbar erachtet worden sei. Außerdem stelle die Berufsaufgabe ein Indiz für das Vorliegen einer Berufskrankheit dar. Im Übrigen habe der Sachverständige statt einer Tendovaginitis nur eine Tendopathie erwähnt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte Berufung des Klägers ist erfolglos.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG vom 27.02.2014. Der Kläger erstrebt nach richtiger Auslegung seines Klagebegehrens neben der Aufhebung dieses Gerichtsbescheides die Aufhebung des Bescheides vom 09.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2010 und die Verurteilung der Beklagten zur Rücknahme des Bescheides vom 05.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2008, zur Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV und zur Gewährung von Entschädigungsleistungen. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage.

Das SG hat zu Recht die Beklagte nicht dazu verurteilt, den Bescheid vom 05.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2008 zurückzunehmen, die Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV festzustellen und Entschädigungsleistungen zu gewähren.

Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Entschädigungsleistungen begehrt, ist seine Klage schon unzulässig und damit die Berufung unbegründet. Denn die Beklagte hat nur über die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV, nicht aber über die Gewährung von Entschädigungsleistungen eine Entscheidung getroffen, so dass es in dieser Hinsicht an einem - einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zwingend vorgeschalteten - Verwaltungsverfahren fehlt.

Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Rücknahme des Bescheides vom 05.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2008 und zur Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV begehrt, ist die Klage und damit auch die Berufung unbegründet.

Rechtsgrundlage für die Rücknahme eines Bescheides ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Rechtsgrundlage für die Feststellung einer Berufskrankheit ist § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), wonach Berufskrankheiten Krankheiten sind, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkungen und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 25/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - juris).

Als Berufskrankheit sind bezeichnet in Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben ursächlich waren oder sein können.

Vorliegend ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die bei den Verrichtungen des Klägers vom 12.08.1996 bis zum 30.12.2008 bei der Firma C. GmbH als Verpacker sowie Lager- und Versandmitarbeiter erfolgten Einwirkungen dessen Wirbelsäulenerkrankung verursacht haben. Mithin fehlt es an der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Einwirkungen und Erkrankung.

Es sind bereits die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV nicht gegeben.

Dies ergibt sich aus den vorliegenden Berechnungen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 02.04.2008 und vom 18.09.2008 zum Ausmaß der mechanischen Belastung nach dem Mainz-Dortmunder-Dosis-Modell (MDD-Modell).

Zwar legt das MDD-Modell für die Belastung durch Heben und Tragen keine Mindestwerte fest, die erreicht werden müssen, damit von einem erhöhten Risiko von Bandscheibenschäden durch die berufliche Tätigkeit ausgegangen werden kann. Die auf Grund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis, sind nicht als Grenzwerte, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge zu verstehen. Von diesem Verständnis geht auch das aktuelle Merkblatt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV aus, das für eine zusammenfassende Bewertung der Wirbelsäulenbelastung auf das MDD-Modell verweist (BArbBl 2006, Heft 10 S. 30 ff.). Danach sind zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV zu bejahen, wenn die Richtwerte im Einzelfall erreicht oder überschritten werden; umgekehrt schließt aber ein Unterschreiten dieser Werte das Vorliegen dieser Berufskrankheit nicht von vornherein aus (BSG, Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - juris, Urteile vom 30.11.2008 - B 2 U 14/07 R und B 2 U 14/08 R - juris).

Orientierungswerte sind andererseits keine unverbindlichen Größen, die beliebig unterschritten werden können. Ihre Funktion besteht in dem hier interessierenden Zusammenhang darin, zumindest die Größenordnung festzulegen, ab der die Wirbelsäule belastende Tätigkeiten als potentiell gesundheitsschädlich einzustufen sind. Die Mindestbelastungswerte müssen naturgemäß niedriger angesetzt werden, weil sie ihrer Funktion als Ausschlusskriterium auch noch in besonders gelagerten Fällen, etwa beim Zusammenwirken des Hebens und Tragens mit anderen schädlichen Einwirkungen, gerecht werden müssen. Werden die Orientierungswerte jedoch so deutlich unterschritten, dass das Gefährdungsniveau nicht annähernd erreicht wird, so ist das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV zu verneinen, ohne dass es weiterer Feststellungen zum Krankheitsbild und zum medizinischen Kausalzusammenhang im Einzelfall bedarf (BSG, Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - juris, Urteile vom 30.11.2008 - B 2 U 14/07 R und B 2 U 14/08 R - juris).

Das BSG hat daher Modifizierungen zur Anwendung des MDD-Modells für notwendig erachtet. Danach ist die dem MDD-Modell zu Grunde liegende Mindestdruckkraft pro Arbeitsvorgang bei Männern nunmehr mit dem Wert 2.700 N pro Arbeitsvorgang anzusetzen. Auf eine Mindesttagesdosis ist nach dem Ergebnis der Deutschen Wirbelsäulenstudie zu verzichten. Alle Hebe- und Tragebelastungen, die die aufgezeigte Mindestbelastung von 2.700 N bei Männern erreichen, sind entsprechend dem quadratischen Ansatz (Kraft mal Kraft mal Zeit) zu berechnen und aufzuaddieren. Der untere Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, ist auf die Hälfte des im MDD-Modell vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis von 25 x 106 Nh, also auf 12,5 x 106 Nh herabzusetzen (BSG, Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - juris, Urteile vom 30.11.2008 - B 2 U 14/07 R und B 2 U 14/08 R - juris).

Nach der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten vom 02.04.2008 errechnet sich bezogen auf die bei ihr versicherte berufliche Tätigkeit des Klägers als Verpacker sowie Lager- und Versandmitarbeiter vom 12.08.1996 bis zum 30.12.2008 bei der Firma C. GmbH unter Berücksichtigung von Erfahrungswerten eine Gesamtdosis zwischen 5,6 und 9,5 x 106 Nh und somit ein Belastungsindex zwischen 0,45 und 0,76 bezogen auf den um 50 % reduzierten Gesamtdosis-Richtwert von 12,5 x 106 Nh. Die Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten vom 18.09.2008 hat ebenfalls nur einen Belastungsindex von 0,4 bezogen auf den um 50 % reduzierten Gesamtdosis-Richtwert von 12,5 x 106 Nh ergeben. Der Senat hat daher keinen Zweifel daran, dass die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV vorliegend nicht gegeben sind.

Beim Kläger sind aber auch die sogenannten medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV nicht gegeben. Das Vorliegen einer durch die berufliche Tätigkeit verursachten bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule ist nicht hinreichend wahrscheinlich.

Der Senat stützt sich im Rahmen seiner Beurteilung auf die Konsensempfehlungen der auf Anregung des HVBG eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe (Trauma und Berufskrankheit Heft 3/2005, S. 211 ff.). Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs bei der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV war die medizinische Wissenschaft gezwungen, weitere Kriterien zu erarbeiten, die zumindest in ihrer Gesamtschau für oder gegen eine berufliche Verursachung sprechen. Diese sind in den Konsensempfehlungen niedergelegt. Sie stellen den aktuellen Stand der nationalen und internationalen Diskussion zur Verursachung von Lendenwirbelsäulenerkrankungen durch körperliche berufliche Belastungen dar (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 29.09.2011 - L 6 U 4567/09, und vom 09.12.2010 - L 6 U 4586/09; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 19.11.2009 - L 2 U 154/06, vom 19.03.2009 - L 31 U 489/08 und L 31 U 454/08 - juris; vergleiche auch BSG, Urteil vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - juris). Zur Gewährleistung einer gleichen und gerechten Behandlung aller Versicherten im Geltungsbereich des SGB VII begegnet daher deren Anwendung keinen Bedenken, so dass sie der Senat mithin anwendet.

In den Konsensempfehlungen werden typische Befundkonstellationen definiert und die Einschätzung der Experten zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs wiedergegeben. Danach gilt bei den Konstellationen B (Lokalisation: bandscheibenbedingte Erkrankung betrifft L5/S1 und/oder L4/L5, Ausprägung des Bandscheibenschadens: Chondrose Grad II oder höher und/oder Vorfall) der Zusammenhang als wahrscheinlich, wenn wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind und eine Begleitspondylose vorliegt (Konstellation B1) oder eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben - bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 "black disc" im Magnetresonanztomogramm in mindestens zwei angrenzenden Segmenten - oder eine besonders intensive Belastung - Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren - bestand oder ein besonderes Gefährdungspotenzial - Erreichen der Hälfte des Tagesdosis-Richtwertes nach dem MDD-Modell durch hohe Belastungsspitzen - vorliegt (Konstellation B2). Die Einschätzung des Zusammenhangs durch die Arbeitsgruppenteilnehmer ist unterschiedlich, soweit weder eine Begleitspondylose noch eines der zuvor genannten Zusatzkriterien vorliegt (Konstellation B3). Diesbezüglich sprechen aber nach der Mehrheit der Sachverständigen gewichtige Argumente gegen einen Zusammenhang und spricht damit das Fehlen einer Begleitspondylose in der Konstellation B3 gegen eine Expositionsabhängigkeit der bandscheibenbedingten Erkrankung. In Anhang 1 der Anmerkungen zu den Konsensempehlungen weisen Grosser/Schröter auf Studien hin, nach denen deutliche Höhenminderungen von Bandscheiben in allen Segmenten der Lendenwirbelsäule bei Schwerarbeitern deutlich häufiger als in der Normalbevölkerung sind. Auch ist danach die Häufigkeit von Spondylosen in der belasteten Gruppe in allen Segmenten der Lendenwirbelsäule deutlich erhöht. Zudem entspricht die Konstellation B3 der häufigsten Manifestationsform eigenständiger Bandscheibenerkrankungen innerer Ursache an der Lendenwirbelsäule. Es existieren keinerlei epidemiologische Arbeiten, welche nachwiesen, dass bei Schadensbildern, die der Konstellation B3 entsprechen, bei beruflich Exponierten im Vergleich zur Normalbevölkerung statistisch eine relevante Risikoerhöhung besteht. Die epidemiologische Literatur zu berufsbedingten Bandscheibenerkrankungen bestätigt eine relative Häufung von Chondrosen bei schwerer im Vergleich zu leichter Arbeit an der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule und eine absolute Häufung in den unteren beiden Lendenwirbelsäulen-Segmenten; dies entspricht auch der aus biomechanischer Sicht zu erwartenden Entwicklung, während ein mono- und bisegmentaler Befall biomechanisch kaum plausibel ist (Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 219 bis 221). Demgegenüber sind Seidler/Bolm-Audorff in Anhang 2 der Anmerkungen zu den Konsensempehlungen der Auffassung, der hohe Stellenwert, welcher dem Fehlen einer Begleitspondylose beigemessen werde, sei wissenschaftlich nicht begründbar. Aber auch von diesen Autoren wird eingeräumt, dass Patienten mit Chondrose und Spondylose ein erhöhtes berufliches Erkrankungsrisiko aufweisen (Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 221 und 222). Ferner ist bei erkennbaren wesentlichen konkurrierenden Ursachen zu beachten, dass bei Vorliegen einer Begleitspondylose der Ursachenzusammenhang von der Bewertung der Qualität der Krankheitsursachen nach der Theorie von der wesentlichen Bedingung abhängt (Konstellation B9) und bei Nicht-Vorliegen einer Begleitspondylose der Ursachenzusammenhang zu verneinen ist (Konstellation B10).

Von diesen Erwägungen ausgehend sind beim Kläger die sogenannten medizinischen Voraussetzungen der geltend gemachten Berufskrankheit nicht erfüllt.

Zwar liegt beim Kläger nach der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. J.-J. vom 17.02.2008 eine leichte Spondylarthrose L5/S1 rechts vor. Beratungsärztlich ist aber zusammenfassend und zutreffend ausgeführt worden, dass kein Hinweis auf einen Bandscheibenvorfall oder eine spinale Enge besteht und auch ansonsten kein Nachweis einer tumorsuspekten Veränderung, keine Frakturzeichen und keine altersüberschreitenden degenerativen Veränderungen bestünden. Diese Einschätzung hat durch die auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers eingeholten Gutachten des Prof. Dr. A. vom 01.07.2015 und Dr. B. vom 18.07.2015 ihre Bestätigung gefunden. So hat Prof. Dr. A. nach Auswertung der radiologischen Befunde überzeugend dargelegt, dass zwar im Bereich der Halswirbelsäule eine Chondrose Grad II der Höhen HWK2/3, HWK4/5, HWK5/6 und HWK6/7 gegeben ist, aber in der Lendenwirbelsäule keine fortgeschrittenen degenerativen Befunde vorliegen. Auf dieser Grundlage und in Kenntnis der aktenkundigen Unterlagen auf dem Gebiet der Orthopädie hat Dr. B. zutreffend dargelegt, dass beim Kläger ein chronisch-rezidivierendes lokales Zervikal- und Lumbalsyndrom ohne sensomotorische Defizite mit kontinuierlich konservativem Behandlungsbedarf vorliegt, im Bereich der Halswirbelsäule Osteochondrosen von mindestens Grad I und Spondylophyten vorliegen, aber im Bereich der Lendenwirbelsäule entsprechende Befunde nicht gefunden worden sind, so dass sich nach den Konsensempfehlungen kein Anhalt für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV ergibt. Dr. B. hat völlig zu Recht dargelegt, dass der bildgebende Nachweis eines Bandscheibenschadens mit Höhenminderung und/oder Vorfall unabdingbare Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung ist, beim Kläger dieser Nachweis eines Bandscheibenschadens aber nicht geführt werden kann, da bei ihm weder die Altersnorm überschreitende Wirbelsäulenbefunde noch ein belastungskonformes Schadensbild vorliegen. Denn die unteren Lendensegmente sind nicht stärker als die oberen verschlissen und die sekundär-degenerativen Veränderungen im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule sind eher stärker ausgeprägt als im Bereich der Lendenwirbelsäule. Die Verteilung der Bandscheibenschäden und das Ausmaß der reaktiven umformenden Veränderungen spricht daher nach den schlüssigen Darlegungen des Dr. B. gegen eine entsprechende berufliche Exposition im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. Das Krankheitsbild des Klägers entspricht damit nicht den in den Konsensempfehlungen beschriebenen Konstellationen B1, B2 oder B3. Mithin hat sich die auf die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. J.-J. vom 17.02.2008 gestützte Einschätzung der Beklagten bestätigt.

Nach alledem liegen weder die sogenannten arbeitstechnischen noch die sogenannten medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV vor. Die Beklagte hat daher zu Recht mit Bescheid vom 05.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2008 die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt. Sie hat dabei das Recht richtig angewandt und ist von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen. Zutreffend hat daher die Beklagte mit Bescheid vom 09.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2010 eine Rücknahme dieses Bescheides abgelehnt. Der mit der Berufung angegriffene Gerichtsbescheid des SG vom 27.02.2014 ist mithin rechtmäßig. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Kosten und baren Auslagen des Klägers für die von Prof. Dr. A. und von Dr. B. nach § 109 SGG erstatteten Gutachten vom 01.07.2015 und vom 18.07.2015 werden nicht auf die Staatskasse übernommen, da hierdurch die Sachverhaltsaufklärung nicht wesentlich gefördert worden ist und sie daher auch keine wesentliche Bedeutung für die gerichtliche Entscheidung gewonnen haben. Denn diese Gutachten haben - wie oben bereits dargelegt - lediglich die von der Beklagten bereits getroffene Entscheidung bestätigt. Hinzu kommt, dass bereits die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen zu verneinen waren, so dass es auf das Vorliegen der sogenannten medizinischen Voraussetzungen nicht mehr ankam.

Die Entscheidung über die Missbrauchskosten ergibt sich aus §§ 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2, Satz 3, 184 Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht sein Vertreter oder Bevollmächtigter gleich. Als verursachter Kostenbeitrag gilt dabei mindestens der Betrag in Höhe von 225,00 Euro. Als darüber hinausgehender Betrag kann die Hälfte der von der Beklagten nach § 184 Abs. 2 SGG zu entrichtenden Pauschgebühr in Höhe von 225,00 Euro für das Verfahren vor dem LSG, also 112,50 Euro, auferlegt werden, denn nach § 186 Satz 1 SGG wäre die Pauschgebühr im Falle einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden. Bei verständigem Handeln wären diese Kosten daher ebenfalls vermeidbar gewesen. Sie sind zusätzlich als Missbrauchskosten zu erstatten (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.08.2013 - L 22 R 317/12 - juris, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 27.04.1994 - 10 RAr 10/93 - juris).

Missbrauch ist anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Dabei ist von einem Rechtsanwalt zu verlangen, dass er sich mit der Materie auseinandersetzt, die Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen prüft und die Erfolgsaussichten eingehend abwägt (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 03.07.1995 - 2 BvR 1379/95 - juris). Die Berufung des Klägers wäre erfolgreich gewesen, wenn sich die sogenannten arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV hätten feststellen lassen. Der Kläger ist vorliegend über seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt zunächst unter dem 29.04.2014, 07.07.2014 und 20.11.2014 auf das Nichtvorliegen der sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen hingewiesen worden. Die dennoch vom Kläger zu den sogenannten medizinischen Voraussetzungen nach § 109 SGG beantragten Ermittlungen sind vom Senat vorgenommen worden. Als Ergebnis dessen ist der Kläger unter dem 30.07.2015 auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden. Daraufhin ist vom Kläger nichts Wesentliches vorgetragen worden. Damit müsste jedem Einsichtigen - insbesondere einem den Kläger vertretenden Rechtsanwalt, der die Beweissituation einzuschätzen hat - einleuchten, dass der Rechtsstreit für den Kläger nicht erfolgreich sein kann. Diese Beweissituation zu missachten, weist auf ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit hin. In Kenntnis dessen, den Rechtsstreit fortzuführen, stellt sich dies mithin als missbräuchlich dar.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Rechtskraft
Aus
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