Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SB 1170/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2978/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1955 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis der Stadt B.-B ... Beim Kläger stellte das Landratsamt L. - Versorgungsangelegenheiten - (LRA) in Ausführung eines im Rechtsstreit des Klägers beim Sozialgericht Heilbronn (SG) im Verfahren S 2 SB 3050/07 geschlossenen Vergleichs mit Bescheid vom 17.06.2009 wegen eines Diabetes mellitus (GdB 30), einer operierten arteriellen Verschlusskrankheit und Polyneuropathie (GdB 30), einer Herzleistungsminderung, koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt und Bluthochdruck (GdB 30), einer chronischen Bronchitis (GdB 20), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom (GdB 20), einer Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen (GdB 20) sowie einer seelischen Störung (GdB 20) den GdB mit 80 seit 01.12.2006 neu fest.
Am 21.11.2011 beantragte der Kläger beim LRA die Erhöhung des GdB. Das LRA nahm medizinische Befundunterlagen zu den Akten (Berichte des Krankenhauses B. vom 15.04.2011 über stationäre Behandlungen des Klägers vom 07.04.2011 bis 11.04.2011 und 14.04.2011 bis 15.04.2011 - Entlassung auf eigenen Wunsch des Klägers gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat -, Diagnosen insbesondere: Periphere arterielle Verschlusskrankheit links vom Oberschenkeltyp, metabolisches Syndrom, insulintherapierter Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Adipositas, Verdacht auf zerebrale Ischämien mit Hemihypästhesie und leichte Schwäche links, Zustand nach Myokardinfarkt 1995 sowie benigne Prostatahyperplasie; Dr. K. vom 21.06.2011; Dr. M. vom 28.06.2011, Diagnosen: koronare Herzkrankheit, koronare 1-Gefäßerkrankung, Septalaststenose, Wandveränderung R. CX, arterielle Hypertonie, Z.n. inferiorem Infarkt, anhaltender Nikotinabsus, Diabetes mellitus, Z.n. Stentimplantationen am 11.04.2011 in Ludwigsburg bei offenem Stent; Dr. S. vom 16.09.2011, Diagnosen: Fersensporn und Fersenschmerzen links, periphere arterielle Verschlusskrankheit vom Oberschenkeltyp links sowie Fußschmerzen links). In der eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes vom 15.12.2011 schlug der Vertragsarzt Diemer wegen eines Diabetes mellitus (GdB 30), einer operierten arteriellen Verschlusskrankheit, Polyneuropathie und Stentimplantation (GdB 40), einer Herzleistungsminderung, koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt und Bluthochdruck (GdB 30), einer chronischen Bronchitis (GdB 20), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom und Bandscheibenschaden (GdB 20), einer Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen (GdB 20) sowie einer seelischen Störung, Depression (GdB 30) den GdB mit 90 sowie die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G") vor. Entsprechend diesem Vorschlag stellte das LRA beim Kläger mit Bescheid vom 19.12.2011 den GdB mit 90 seit dem 21.11.2011 neu sowie die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "G" erstmals fest.
Gegen den Bescheid vom 19.12.2011 legte der Kläger (durch seinen Prozessbevollmächtigten) am 19.01.2012 Widerspruch ein, mit dem er einen GdB von 100 geltend machte. Er führte zur Begründung aus, Probleme mit den Sprunggelenken, der Fersensporn und die Fußschmerzen seien zusätzlich mit einem GdB von 30 zu bewerten und außerdem eine Prostatatitis verbunden mit einer Inkontinenz aufgrund eines Harndranges zusätzlich mit einem Teil-GdB zu berücksichtigen. Nach Einholung der weiteren gutachtlichen Stellungnahme des Vertragsarztes Diemer vom 07.03.2012, der den GdB weiterhin mit 90 vorschlug, wurde der Widerspruch vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2012 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorgenommene Erhöhung des GdB auf 90 gebe das Ausmaß der tatsächlich eingetretenen Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers wieder. Eine weitere Erhöhung des GdB lasse sich nicht begründen.
Hiergegen erhob der Kläger am 03.04.2012 Klage beim SG. Er führte zur Begründung aus, er sei ein schwer kranker Mann. Er leide unter einer Vielzahl von Krankheiten und Funktionsbeeinträchtigungen, weshalb der Beklagte einen Gesamt-GdB von 90 gebildet habe. Der Beklagte habe seine Fußprobleme jedoch außer Acht gelassen. Weiter sei für die seelische Störung und die Depression ein Teil-GdB von 80 anzusetzen. Hinzu kämen erneute erhebliche Herzprobleme, weshalb er sich vom 03.07.2012 bis 10.07.2012 in der Klinik für Kardiologie im Klinikum L. habe aufhalten müssen. Dort seien ihm neue Bypässe gesetzt worden. Er müsse einen GdB von 100 erhalten.
Das SG hörte vom Kläger benannte Ärzte - unter Übersendung der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 07.03.2012 - schriftlich als sachverständige Zeugen an. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. teilte in ihrer Stellungnahme vom 10.09.2012 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die Befunde mit. Sie stimmte den Feststellungen in der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 07.03.2012 sowie dem festgestellten GdB zu. Der Internist Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 24.09.2012 den Behandlungsverlauf sowie die Diagnosen mit und stimmte den Feststellungen in der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 07.03.2012 zu. Außerdem zog das SG den Entlassungsbericht des Klinikums L. vom 17.07.2012 über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 03.07.2012 bis 14.07.2012 bei (Diagnosen: Periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium III links bei Zustand nach PTA und Stenteinlage im April 2011, Anlage eines femoro-poplitealen (PI)-Bypass links am 09.07.2012, insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Hypertonie bei Adipositas und fortgesetzter Nikotinabusus).
Mit Gerichtsbescheid vom 11.06.2013 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, beim Kläger lägen die Voraussetzungen für einen höheren GdB als 90 nicht vor. Die dem Gericht vorliegenden und eingeholten Befunde der behandelnden Ärzte sowie die sachverständigen Zeugenaussagen stützten den Klageantrag nicht. Der Beklagte habe beim Kläger den Gesamt-GdB mit 90 zutreffend bewertet.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12.06.2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 11.07.2013 (beim SG) eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung ausgeführt, seine periphere Verschlusskrankheit habe sich nach der stationären Behandlung im Juli 2012 erneut verschlechtert. Ihm sei ärztlich die Amputation des erkrankten Beines empfohlen worden, was er nicht habe zulassen wollen. Im Mai 2013 habe er sich wiederum in stationärer Behandlung befunden. Auch seine psychische Belastung habe Spuren hinterlassen. Seine Frau sei überraschend verstorben. Finanzielle Probleme seien ihm über den Kopf gewachsen. Seine über alles geliebte Kinder hätten ihn verlassen. Die Stoffwechselstörung, unter der er leide, habe negative Auswirkung auf den Bluthochdruck, die Nierenfunktion und die koronare Herzkrankheit, die ihn schwer belasteten. Aufgrund der Vielzahl seiner schweren Erkrankungen sei ein GdB von 100 erreicht. Der Kläger legte einen Auszug des Berichts des Katharinenhospitals S. vom 03.06.2013 vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Juni 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. März 2012 zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit 100 seit dem 21. November 2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ob eine vom Kläger geltend gemachte wesentliche Änderung eingetreten ist, können nach Aktenlage nicht beurteilt werden.
Der Senat hat entsprechend einer Anregung des Beklagten den Bericht des Katharinenhospitals S. vom 03.06.2013 über eine am 21.05.2013 begonnene stationäre Behandlung des Klägers beigezogen. Anschließend hat der Senat Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 07.07.2014 mitgeteilt, der Kläger habe sich zuletzt am 14.11.2013 in seiner ambulanten Sprechstunde vorgestellt. Auf schriftliche Nachfrage des Berichterstatters vom 08.07.2014 hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, er werde in den nächsten Tagen Dr. B. zur Behandlung aufsuchen (Schriftsatz vom 14.07.2014). In der weiteren Stellungnahme vom 28.07.2014 hat Dr. B. unter Vorlage der Berichte des Katharinenhospitals über eine Untersuchung am 17.03.2014 und vom 08.05.2014 mitgeteilt, seit September 2012 sei eine nicht nur vorübergehende Veränderung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten. Der Kläger sei durch die schwerwiegende Diabetes-Erkrankung, die intensivierte Insulintherapie, eine diabetische Polyneuropathie und durch die periphere arterielle Durchblutungsstörung erheblich in seiner täglichen Lebensführung beeinträchtigt. Durch die intensive Therapie mit Insulin und oralen Antidiabetika könnten Hypoglykämien ausgelöst werden. Der Kläger müsse regelmäßig eine Dokumentationsliste des Blutzuckers sowie täglich eine Langzeitinsulininjektion und mindestens drei Kurzzeitinsulininjektionen entsprechend der körperlichen Belastung und der Blutzuckerhöhe selbst durchführen.
Der Beklagte ist unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. B. vom 05.12.2013 sowie des Dr. R. vom 04.12.2014 der Berufung weiter entgegen getreten.
Am 14.09.2015 hat der Kläger unter Vorlage der schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. B. vom 23.03.2015 im Verfahren des SG S 5 R 6/15 sowie des an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See erstatteten Gutachtens des Dr. Z. vom 18.09.2014 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt. Dieser Antrag ist vom Senat mit Beschluss vom 15.09.2015 abgelehnt worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 54 und 66 der Senatsakte).
Der Senat hat die Gerichtsakten des SG im Rechtsstreit des Klägers S 4 R 2825/11 (wegen medizinischer Rehabilitation) sowie S 4 R 1098/10 und die Berufungsakte des Landessozialgerichts L 5 R 4861/12 (wegen Rente) beigezogen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die im vorliegenden Rechtsstreit angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, einen Band Verwaltungsakten des Beklagten sowie die vom Senat beigezogenen und zum Verfahrensgegenstand gemachten Gerichtsakten S 4 R 2825/11, S 4 R 1098/10 und L 5 R 4861/12, insbesondere auf das im Rechtsstreit S 4 R 1098/10 vom SG eingeholte Gutachten des Dr. S. vom 22.07.2010 mit ergänzender Stellungnahme vom 09.12.2011 und das im Berufungsverfahren L 5 R 4861/12 eingeholte Gutachten des Dr. S. vom 22.04.2013, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 19.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung des GdB mit 100 seit dem 21.11.2011.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96-, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das den begehrten GdB (hier 100) bedingt.
Hiervon ausgehend ist gemessen an dem im gerichtlichen Vergleich und dem hierauf beruhenden Ausführungsbescheid vom 17.07.2009 vom Beklagten mit einem GdB von 80 berücksichtigten Behinderungszustand des Klägers eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung allenfalls dahin eingetreten, dass beim Kläger seit dem 21.11.2011 von einem GdB von 90 ausgegangen werden kann, wie im angefochtenen Bescheid vom 19.12.2011 festgestellt ist. Diesem GdB haben auch Dr. K. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 10.09.2012 sowie Dr. B. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 24.09.2012 übereinstimmend zugestimmt. Dass im weiteren zeitlichen Verlauf des Rechtsstreites beim Kläger eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, ist nicht ersichtlich. Die Feststellung des höchst möglichen GdB von 100, wie der Kläger begehrt, ist auch zur Überzeugung des Senates nicht gerechtfertigt.
Hinsichtlich des Diabetes mellitus hat Dr. B. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 28.07.2014 zwar eine Progredienz des Diabetes mellitus bejaht. Es ist wegen dieser Erkrankung des Klägers jedoch weiterhin von einem Einzel-GdB von 30 bis allenfalls 40 auszugehen. Für die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) sind die GdB-Bewertungsgrundsätze durch die Zweite Verordnung zur Änderung der VersMedV (BGBl. 2010, 928) mit Wirkung vom 22.07.2010 geändert worden. Mit dieser Änderung wurde die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nachvollzogen, die sowohl zu den bis 31.12.2008 anzuwendenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) als auch zu den versorgungsmedizinischen Grundsätzen in der VersMedV seit 01.01.2009 (VG) ergangen ist (BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R, SozR 4-3250 § 69 Nr. 9, v. 23.04.2009 - B 9 SB 3/08 R, Juris). Auf die VG in der Fassung der Änderungsverordnung kann auch für die Zeit vor deren Inkrafttreten zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 3/09 R, SozR 4-3250 § 69 Nr. 12). Danach gilt nach den VG Teil B 15.1 für die GdB-Bewertung eines Diabetes mellitus: Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdB rechtfertigt. Der GdB beträgt 0. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdB beträgt 20. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdB beträgt 30 bis 40. Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss, und die durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdB beträgt 50. Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdB-Werte bedingen.
Nach der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. B. können beim Kläger durch die Therapie des Diabetes mellitus mit Insulin und oralen Antidiabetika Hypoglykämien ausgelöst werden. Der Kläger muss eine Dokumentationsliste des Blutzuckers regelmäßig mehrfach täglich und entsprechend der körperlichen Belastung und der Blutzuckerhöhe neben einer täglichen Langzeitinsulininjektion mindestens drei Kurzzeitinsulininjektionen selbst durchführen. Dem entsprechen auch die von Dr. S. im Gutachten vom 22.07.2011 beschriebenen Angaben des Klägers. Damit kommt beim Kläger nach den dargestellten Bewertungsvorgaben der VG ein Einzel-GdB von 30 bis 40 in Betracht. Hiervon geht auch der Beklagte aus. Die Voraussetzungen der Bewertung des GdB mit 50 liegen dagegen beim Kläger nicht vor. Der Kläger muss neben einer Langzeitinsulininjektion täglich lediglich mindestens drei Insulininjektionen entsprechend der körperlichen Belastung und der Blutzuckerhöhe zusätzlich zu einer täglichen Langzeitinsulininjektion selbst durchführen Außerdem ist nicht belegt, dass der Kläger wegen der Diabeteserkrankung durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt ist, was nach den VG als zusätzlich zu erfüllende Anforderung Voraussetzung für die Bewertung des GdB mit 50 ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R -, juris). Zwar hat Dr. B. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage angegeben, dass der Kläger (unter anderem) wegen der Diabeteserkrankung in der Gesamtbetrachtung aller Lebensbereiche erheblich in seiner täglichen Lebensführung beeinträchtigt ist. Dies kann jedoch nur unter strengen Voraussetzungen bejaht werden (BSG, Urteil vom 16.12.2014, a.a.O.), die zur Überzeugung des Senats nicht vorliegen. Dagegen spricht maßgeblich, dass sich der Kläger nach den Angaben des Dr. B. in der Stellungnahme vom 07.07.2014 zuletzt am 14.11.2013 in der ambulanten Sprechstunde vorgestellt hat und sich erst (auf Nachfrage des Berichterstatters) am 15.07.2014 erneut in die Behandlung des Dr. B. begeben hat. Sollte der Kläger tatsächlich durch die Diabeteserkrankung gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sein, ist dieses Verhalten des Klägers nicht verständlich. Es wäre vielmehr zu erwarten, dass sich der Kläger in einer zeitlich engmaschigen Behandlung bzw. ärztlichen Kontrollen der Diabeteserkrankung befindet, was nach den Angaben des Dr. B. aber gerade nicht der Fall ist. Dass der Kläger durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt ist, lässt sich auch den von Dr. S. in seinem Gutachten vom 22.04.2013 geschilderten Angaben des Klägers nicht entnehmen. Danach bemerkt der Kläger, wenn er zu hohen Zucker hat. Wenn der Zucker zu tief ist, hat er Schwindel, der jedoch bereits durch das Trinken eines halben Glases Cola vom Kläger beseitigt werden kann und zudem nur ganz selten auftritt. Zwar ist beim Kläger nach dem Gutachten des Dr. S. vom 22.04.2013 von einer sehr schlechten Stoffwechseleinstellung auszugehen, die jedoch nach der Ansicht des Dr. S. durch Eigeninitiative des Klägers verbesserungsfähig sein dürfte. Auf einen unzureichenden Therapieerfolg kann die schlechte Stoffwechseleinstellung damit nicht zurückgeführt werden. Dass der Kläger durch die schlechte Stoffwechseleinstellung in seiner Leistungsfähigkeit gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt ist, ist auch sonst nicht ersichtlich und wird vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht. zudem liegt eine Dokumentation der Blutzuckermessungen und Insulindosen nicht vor. Die Voraussetzungen der VG für die Bewertung der Diabeteserkrankung mit einem Einzel-GdB von 50 sind damit für den Senat nicht belegt. Hierauf weist auch Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 25.11.2014 überzeugend hin. Damit ist beim Kläger wegen der Diabeteserkrankung ein Einzel-GdB von 30 bis allenfalls 40 gerechtfertigt. Dass beim Kläger außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen vorliegen die höhere GdB-Werte bedingen können, ist nicht ersichtlich. Solche Stoffwechsellagen beschreibt Dr. B. in seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenauskünften nicht. Neue Gesichtspunkte, die eine andere Bewertung erlaubten, lassen sich der vom Kläger im Verlauf des Berufungsverfahrens vorgelegten schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft im Verfahren S 5 R 6/15 des Dr. B. vom 23.03.2015 nicht entnehmen.
Hinsichtlich der (peripheren) arteriellen Verschlusskrankheit des Klägers mit Stentimplantationen sowie der Polyneuropathie ist der Einzel-GdB mit 40 nicht unangemessen bewertet. Nach den VG Teil B 9.2.1 sind arterielle Verschlusskrankheiten, Arterienverschlüsse an den Beinen (auch nach rekanalisierenden Maßnahmen) mit ausreichender Restdurchblutung, Pulsausfall ohne Beschwerden oder mit geringen Beschwerden (Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem Gehen) ein- oder beidseitig mit einen GdB von 0 bis 10, mit eingeschränkter Restdurchblutung (Claudicatio intermittens) Stadium II bei Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 Meter mit einem GdB von 20, bei Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 100 bis 500 Metern mit einem GdB von 30 bis 40, bei Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50 bis 100 Metern mit einem GdB von 50 bis 60 und bei Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von weniger als 50 m ohne Ruheschmerz mit einem GdB von 70 bis 80 bzw. bei Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke unter 50 m mit Ruheschmerz (Stadium III) einschließlich trophischer Störungen (Stadium IV ) mit einem GdB einseitig von 80 und beidseitig 90 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger wegen der arteriellen Verschlusskrankheit (dauerhaft) bereits Schmerzen nach dem Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50 bis 100 Metern (oder darunter) hervorgerufen werden, die eine Bewertung des GdB mit 50 (oder mehr) rechtfertigen, ist nicht belegt. Eine solche Einschränkung hat Dr. B. in seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG sowie den Senat nicht beschrieben. Er hat vielmehr in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 24.09.2012 der Bewertung des Beklagten (GdB 40) nicht widersprochen. Dass beim Kläger im weiteren Verlauf des Rechtsstreites eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, ist nicht nachgewiesen. Zwar hat der Kläger bei seiner Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch Dr. S. nach dessen Beschreibungen im Gutachten vom 22.04.2013 eine Einschränkung des Gehvermögens auf 50 bis 100 Meter geltend gemacht, diese jedoch nicht wegen Schmerzen beim Laufen sondern wegen des Auftretens von Krämpfen. Nach den weiteren überzeugenden Ausführungen von Dr. S. in seinem Gutachten wird hinsichtlich der Schilderung des Klägers von Schmerzen eine klare Beziehung zur Gehbelastung anamnestisch nicht deutlich. Im Rahmen der klinischen Untersuchung standen die Befunde und die gezeigten Beschwerden nicht in logischer Zuordnung. Die extreme Ausprägung der Beschwerden in der Untersuchungssituation war nicht konsistent und konnte nicht als durchlaufende Symptomatik im Rahmen der gesamten Untersuchungssituation einschließlich des Verhaltens zu Beginn und bei Ende der gesamten Untersuchung beobachtet werden. Nach Dr. S. ist die vom Kläger vorgetragene Minderung der Gehstrecke auf 50 bis 100 Meter nach den Dopplerdrucken auch nicht plausibel. Dies wird nach den Ausführungen von Dr. S. auch durch den Zustand der Fußsohlenbeschwielung nahegelegt, welche einen regelmäßig Gebrauch in relevantem Umfang anzeigt. Mithin erachtete Dr. S. eine starke Einschränkung des Gehvermögens durch die objektiven Befunde nicht für begründbar. Auch Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 22.07.2011 an den Füßen des Klägers lediglich diskrete trophische Störungen beschrieben. Allein der Umstand, dass der Kläger sich wegen der arteriellen Verschlusskrankheit im Mai 2013 sowie im April 2014 wegen der Anlage von Bypässen in erneute stationäre Behandlung hat begeben müssen (Berichte des Katharinenhospitals Stuttgart vom 03.06.2013 und 08.05.2014), rechtfertigt noch keinen GdB von 50 (oder mehr). Denn nach den VG Teil B 18.1 begründet allein die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße (oder an der Wirbelsäule) durchgeführt wurde, für sich allein noch nicht die Annahme eines GdB. Dass sich die arterielle Verschlusskrankheit des Klägers (im Verlaufe des Rechtsstreites) funktionell relevant verschlechtert hat, wie er zur Begründung seiner Berufung geltend macht, ist nicht ersichtlich. Nach dem Bericht des Katharinenhospitals S. vom 17.03.2014 waren die vom Kläger bei seiner ambulanten Vorstellung am 17.03.2014 geschilderten Beschwerden nicht auf eine Durchblutungsstörung zurückzuführen. Zudem lässt sich den Berichten des Katharinenhospitals S. vom 03.06.2013 sowie vom 08.05.2014 nicht entnehmen, dass die durchgeführte Therapie (Anlage von Bypässen) keinen Erfolg erbracht hat. Es ist auch nicht ersichtlich und wird vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht, dass er von der vom Katharinenhospital angebotenen jederzeitigen sofortigen Wiedervorstellung in der Gefäßsprechstunde im Falle einer Befundverschlechterung hat Gebrauch machen müssen. Nach den schriftlichen sachverständigen Zeugenangaben des Dr. B. vom 07.07.2014 und 28.07.2014 hat sich der Kläger vielmehr zwischen dem 14.11.2013 und 15.07.2014 bei ihm nicht mehr zur ambulanten Behandlung vorgestellt, was ein klares Indiz dafür ist, dass die durchgeführten Therapien erfolgreich waren. Dies bestätigt auch Dr. Z. in seinem Gutachten vom 18.09.2014 an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, der aufgrund der körperlichen Untersuchung im Rahmen der Begutachtung ein ausreichend gutes klinisches Resultat der Therapien festgestellt hat, wie der Senat dem vom Kläger vorgelegten Gutachten entnimmt. Nach den dargestellten Bewertungsvorgaben der VG kann danach beim Kläger wegen der arteriellen Verschlusskrankheit (allenfalls) von einem Einzel-GdB von 30 bis 40 ausgegangen werden, wie er vom Beklagten berücksichtigt worden ist. Eine die Erhöhung des Einzel-GdB zu berücksichtigende Polyneuropathie liegt beim Kläger nicht vor. Funktionell behindernde Auswirkungen der Polyneuropathie haben weder Dr. S. noch Dr. S. in ihren Gutachten beschrieben und sind auch sonst aus den dem Senat vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht ersichtlich.
Die seelische Störung/Depression des Klägers rechtfertigt keinen höheren Einzel-GdB als 30, wie vom Beklagten berücksichtigt. Dieser Bewertung hat Dr. K. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 10.09.2012 an das SG ausdrücklich zugestimmt. Nach den Angaben von Dr. K. fanden Konsultationen des Klägers seit 28.09.2005 nur in längeren zeitlichen Abständen ca. alle 6 Monate statt, wobei die letzte Konsultation des Klägers vor der schriftlichen Zeugenaussage am 20.06.2011 erfolgte. Dies spricht für einen geringen Leidensdruck des Klägers, weshalb der vom Beklagten berücksichtigte Einzel-GdB auf psychischem Gebiet eher großzügig erscheint. Dafür spricht auch, dass der Kläger bei der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch Dr. S. keinen tiefgreifenden depressiven Eindruck hinterlassen hat, wie Dr. S. in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat. Dem entspricht auch der von Dr. S. erhobene und im Gutachten beschriebene psychische Untersuchungsbefund. Einen Anhalt für eine floride psychische Erkrankung des Klägers hat Dr. S. nicht feststellen können. Vielmehr zeigte sich ein unauffälliger psychopathologischer Querschnittsbefund ohne Anhalt für eine depressive Symptomatik. Auch phobische Elemente hat Dr. S. nicht erheben können. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren geltend macht, seine psychische Belastung habe Spuren hinterlassen, ist eine dauerhafte Verschlimmerung auf psychiatrischem Fachgebiet nicht belegt. Dr. B. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 28.07.2014 an den Senat im Vergleich zu seinen Angaben in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 24.09.2012 an das SG eine dauerhafte Verschlimmerung der seelischen Störung und Depression des Klägers nicht genannt. Eine solche Verschlimmerung lässt sich auch dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des Dr. Z. vom 18.09.2014 nicht entnehmen, in dem lediglich als psychische Befund vom Kläger geklagte Zukunftsängste, eine andauernde Schmerzsymptomatik , eine Stimmungsminderung, Gedankenkreisen, und ein verminderter Antrieb als auffällig beschrieben wird. Auch den hierzu im Berufungsverfahren gemachten vagen Angaben des Klägers lässt sich eine dauerhafte Verschlimmerung der seelischen Störung/Depression nicht greifbar entnehmen. Die vom Kläger in der Berufungsbegründung geltend gemachten Gesichtspunkte, die für eine bedeutsame Verschlechterung seines psychischen Zustandes sprechen sollen (Tod seiner im Februar 2008 verstorbenen Ehefrau, Verlassen der Kinder, finanzielle Probleme) wurden im Gutachten von Dr. S. als Belastungsfaktoren berücksichtigt und führten zu dem von Dr. S. erhobenen psychischen Befund, den der Senat seiner Bewertung, wie dargelegt, zugrunde gelegt hat. Eine Verschlimmerung ist daraus nicht abzuleiten. Sonstige Belastungsfaktoren zeigt der Kläger nicht auf. Soweit Dr. K. in ihrem Befundbericht vom 21.06.2011 aus nervenärztlicher Sicht von einem GdB von 80 ausgeht, ist diese Bewertung anhand des beschriebenen psychischen Befundes nicht nachvollziehbar und wird außerdem durch ihre schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 10.09.2012 an das SG nicht bestätigt.
Eine Herzleistungsminderung nach abgelaufenem Herzinfarkt sowie einen Bluthochdruckleiden des Klägers, die nach den VG Teil B 9.1.1 und 9.3 einen Einzel-GdB von über 30 rechtfertigen, ist für den vorliegend streitigen Zeitraum ab 21.11.2011 nicht belegt. Nach den VG Teil B Nr. 9 ist für die Bemessung des GdB bei Herz- und Kreislauferkrankungen weniger die Art der Krankheit als die Leistungseinbuße maßgeblich. Dies gilt nach Teil B 9.1.2 auch nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen; auch hier ist der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei der Beurteilung des GdB ist vom klinischen Bild und von den Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten ergänzen das klinische Bild. Nach Nr. 9.1.1 Teil B VG bedingt eine Einschränkung der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, wie z.B. ohne Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, ohne Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung einen GdB von 0 bis 10. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt über wenigstens zwei Minuten rechtfertigt einen GdB von 20 bis 40. Die Implantation eines Herzschrittmachers führt nach Nr. 9.1.6 Teil B VG zu einem GdB von 10. Eine Hypertonie (Bluthochdruck) führt nach Nr. 9.3 Teil B VG in leichter Form zu einem GdB von 0 bis 10. Eine leichte Form ist anzunehmen, wenn keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei einer mittelschweren Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung ist ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Dass beim Kläger wegen der Herzerkrankung und des Bluthochdrucks eine Einzel-GdB von 30 erreicht wird, ist im streitigen Zeitraum nicht belegt. Nach dem Gutachten des Dr. S. vom 22.04.2013 hat sich die nach einem erlittenen Herzinfarkt im Jahre 1995 berücksichtigte koronare Herzkrankheit im Hinblick auf weitere Symptome zwischenzeitlich stabilisiert. Angina pektoris Beschwerden in relevantem Maße hat der Kläger nach den Beschreibungen von Dr. S. bei seiner Untersuchung nicht angegeben. Vielmehr hat er berichtet, dass bei einer letzten kardiologischen Untersuchung keine erheblichen Probleme gesehen worden. Der Bluthochdruck (165/90 mmHg im Liegen und 150/70 bis 170/80 mmHg im Stehen) ist nach dem Gutachten des Dr. S. lediglich nicht befriedigend eingestellt, mit der Möglichkeit einer Nachbesserung. Sichere Zeichen einer Infarktnarbe hat Dr. S. nicht feststellen können. Dem entspricht die internistische Befundbeschreibung des Dr. S. in seinem Gutachten, der einen krankhaften Herzbefund bei einem Blutdruck von 105/60 mmHg nicht festgestellt hat. Nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des Dr. Z. vom 18.09.2014 besteht beim Kläger lediglich eine Sinustachykardie sowie eine leicht eingeschränkte LV-Funktion bei einem (nur leicht erhöhten) Blutdruck von 140/90 mmHg. Eine wesentliche Herzleistungsminderung lässt sich dem Gutachten des Dr. Z. nicht entnehmen. Auch sonst lassen sich den dem Senat vorliegenden medizinischen Unterlagen für den streitigen Zeitraum ab 21.11.2011 keine wesentliche Einschränkung der Herzleistung entnehmen. Eine stationäre Behandlung wegen Herzproblemen im Juli 2012 ist nicht belegt. Der vom Beklagten weiterhin übernommene Einzel-GdB von 30 für eine Herzleistungsminderung und einen Bluthochdruck ist danach als sehr großzügig anzusehen. Hierauf weist auch Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.12.2014 zutreffend hin.
Entsprechendes gilt, soweit der Beklagte eine Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigt hat. Nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. S. liegen beim Kläger Sprechstörungen nicht vor. Nach den weiteren Beschreibungen von Dr. S. in seinem Gutachten hatte der Kläger ohne Hörgerätekorrektur die Umgangssprache in Zimmerlautstärke regelgerecht verstanden, bei lediglich subjektiv leicht geminderten Hörvermögen. Auch Dr. S. hat in seinem Gutachten das Hörvermögen des Klägers ohne Hörhilfen bei normaler Gesprächslautstärke als unbeeinträchtigt beschrieben. Dem entspricht auch die Befundbeschreibung des Dr. Z. im Gutachten vom 08.09.2014, wonach beim Kläger Sprechstörungen oder Sprachstörungen nicht bestehen und der Kläger die Umgangssprache versteht. Danach erweist sich für den Senat auch der vom Beklagten übernommene Einzel GdB von 20 für eine Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen als sehr großzügig.
Eine zu berücksichtigende Einschränkung der Nierenfunktion des Klägers liegt nicht vor. Zwar bestehen nach dem Gutachten des Dr. S. Hinweise auf eine Nephropathie, die jedoch keine Nierenfunktionseinschränkung von Bedeutung bedingt. Auch den sonst dem Senat vorliegenden medizinischen Unterlagen lässt sich eine bedeutsame Einschränkung der Nierenfunktion des Klägers nicht entnehmen.
Eine benigne Prostatahyperplasie ist nach dem im Rechtsstreit S 4 R 1098/10 zu den Akten gelangten Bericht des Klinikums L. vom 07.02.2010 am 02.02.2010 erfolgreich behandelt worden. Der Kläger ist von der Klinik beschwerdefrei aus der Behandlung entlassen worden. Medizinische Befundunterlagen, die eine bedeutsame Inkontinenz des Klägers belegen, liegen nicht vor.
Ein zu berücksichtigtes Schlafapnoe-Syndrom ist beim Kläger nicht belegt. Eine Untersuchung in einem Schlaflabor zum Nachweis eines Schlafapnoesyndrom, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Zwar sind Dr. S. und Dr. S. in ihren Gutachten von der Möglichkeit des Vorliegens eines Schlafapnoe-Syndroms ausgegangen. Sie haben jedoch übereinstimmend typische Symptome einer Schlafapnoe nicht feststellen können.
Dass hinsichtlich der mit einem Einzel-GdB von jeweils 20 berücksichtigten chronischen Bronchitis des Klägers sowie der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Schulter-Arm-Syndrom eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten und dass diese Behinderungen zu niedrig bemessen sind, ist nicht ersichtlich und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Insbesondere hat Dr. Z. bei der Untersuchung des Klägers eine bedeutsame Lungenfunktionseinschränkung nicht festgestellt, sondern noch normale lungenfunktionelle Befunde erhoben. Außerdem ist nach den von Dr. S. in seinem Gutachten dargelegten Angaben des Klägers eine Besserung des Hustens seit der Aufgabe des Rauchens (im Juli 2012) eingetreten. Weiter hat Dr. S. nach seinen Ausführungen im Gutachten pathologische Atemgeräusche (insbesondere bronchitische bzw. spastische Rasselgeräusche) nicht feststellen können. Weiter haben die Wirbelsäulenschäden des Klägers keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen bedingt, wie Dr. Z. in dem vom Kläger vorgelegten Gutachten vom 18.09.2014 beschrieben hat.
Sonstige zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen sind nicht ersichtlich und werden im Übrigen vom Kläger auch nicht substantiiert geltend gemacht.
Die vom Beklagten beim Kläger berücksichtigten Behinderungen sind mit einem Gesamt-GdB von 90 danach nicht unterbewertet. Dies gilt selbst dann, wenn hinsichtlich der Diabeteserkrankung des Klägers von einem Einzel-GdB von 40 ausgegangen wird. Denn nach dem oben Ausgeführten erweisen sich jedenfalls die vom Beklagten mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigte koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck sowie eine mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigte Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen als sehr weitreichend. Unter weiterer Berücksichtigung einer arteriellen Verschlusskrankheit (Einzel-GdB 40), einer chronischen Bronchitis und einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Schulter-Arm-Syndrom (jeweils Einzel-GdB 20) und einer seelischen Störung/Depression (Einzel-GdB 30) ist es damit nicht gerechtfertigt, beim Kläger den Gesamt-GdB mit 100 seit dem 21.11.2011 festzustellen. Dass die zu berücksichtigenden Behinderungen des Klägers in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, die im Vergleich zu den Teilhabeberechtigungen anderer Behinderungen, für die nach den VG ein GdB von 100 vorgegeben ist, wie z.B. bei einer Halsmarkschädigung mit gewichtigen Teillähmungen beider Arme und Beine und Störungen der Blasen- und/oder Mastdarmfunktion bzw. mit vollständiger Lähmung beider Arme und Beine und Störungen der Blasen- und/ oder Mastdarmfunktion oder einer vollständigen Brust-, Lendenmark-, oder Kaudaschädigung mit vollständiger Lähmung der Beine und Störungen der Blasen und/oder Mastdarmfunktion (Teil B 3.9), einer Herabsetzung des Sehvermögens auf eine Sehschärfe von höchstens 1/20 beidseits (Teil B 4.3), bei Immundefekten wie AIDS-Vollbildschwere mit schwerer Leistungsbeeinträchtigung (Teil B 16.11), bei Extremitätenverlust wie dem Verlust eines Armes und Beines oder dem Verlust aller zehn Finger (Teil B 18.13) bzw. dem Verlust beider Beine im Oberschenkel, dem Verlust eines Beines im Oberschenkel und eines Beines im Unterschenkel oder dem Verlust beider Beine im Unterschenkel bei beidseitig ungünstigen Stumpfverhältnissen (Teil B 18.14), ist beim Kläger nicht der Fall.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG sowie vom Senat durchgeführten Ermittlungen und die dem Senat vorliegenden zahlreichen medizinischen Befundunterlagen sowie die im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten des Dr. S. und Dr. S. vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, lassen sich den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen (Schriftsatz vom 14.09.2015) nicht entnehmen und solche hat der Kläger auch sonst nicht aufgezeigt. Insbesondere hat Dr. B. in der vom Kläger vorgelegten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 23.03.2015 (S 5 R 6/15) eine akute Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers verneint.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1955 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis der Stadt B.-B ... Beim Kläger stellte das Landratsamt L. - Versorgungsangelegenheiten - (LRA) in Ausführung eines im Rechtsstreit des Klägers beim Sozialgericht Heilbronn (SG) im Verfahren S 2 SB 3050/07 geschlossenen Vergleichs mit Bescheid vom 17.06.2009 wegen eines Diabetes mellitus (GdB 30), einer operierten arteriellen Verschlusskrankheit und Polyneuropathie (GdB 30), einer Herzleistungsminderung, koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt und Bluthochdruck (GdB 30), einer chronischen Bronchitis (GdB 20), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom (GdB 20), einer Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen (GdB 20) sowie einer seelischen Störung (GdB 20) den GdB mit 80 seit 01.12.2006 neu fest.
Am 21.11.2011 beantragte der Kläger beim LRA die Erhöhung des GdB. Das LRA nahm medizinische Befundunterlagen zu den Akten (Berichte des Krankenhauses B. vom 15.04.2011 über stationäre Behandlungen des Klägers vom 07.04.2011 bis 11.04.2011 und 14.04.2011 bis 15.04.2011 - Entlassung auf eigenen Wunsch des Klägers gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat -, Diagnosen insbesondere: Periphere arterielle Verschlusskrankheit links vom Oberschenkeltyp, metabolisches Syndrom, insulintherapierter Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Adipositas, Verdacht auf zerebrale Ischämien mit Hemihypästhesie und leichte Schwäche links, Zustand nach Myokardinfarkt 1995 sowie benigne Prostatahyperplasie; Dr. K. vom 21.06.2011; Dr. M. vom 28.06.2011, Diagnosen: koronare Herzkrankheit, koronare 1-Gefäßerkrankung, Septalaststenose, Wandveränderung R. CX, arterielle Hypertonie, Z.n. inferiorem Infarkt, anhaltender Nikotinabsus, Diabetes mellitus, Z.n. Stentimplantationen am 11.04.2011 in Ludwigsburg bei offenem Stent; Dr. S. vom 16.09.2011, Diagnosen: Fersensporn und Fersenschmerzen links, periphere arterielle Verschlusskrankheit vom Oberschenkeltyp links sowie Fußschmerzen links). In der eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes vom 15.12.2011 schlug der Vertragsarzt Diemer wegen eines Diabetes mellitus (GdB 30), einer operierten arteriellen Verschlusskrankheit, Polyneuropathie und Stentimplantation (GdB 40), einer Herzleistungsminderung, koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt und Bluthochdruck (GdB 30), einer chronischen Bronchitis (GdB 20), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom und Bandscheibenschaden (GdB 20), einer Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen (GdB 20) sowie einer seelischen Störung, Depression (GdB 30) den GdB mit 90 sowie die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G") vor. Entsprechend diesem Vorschlag stellte das LRA beim Kläger mit Bescheid vom 19.12.2011 den GdB mit 90 seit dem 21.11.2011 neu sowie die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "G" erstmals fest.
Gegen den Bescheid vom 19.12.2011 legte der Kläger (durch seinen Prozessbevollmächtigten) am 19.01.2012 Widerspruch ein, mit dem er einen GdB von 100 geltend machte. Er führte zur Begründung aus, Probleme mit den Sprunggelenken, der Fersensporn und die Fußschmerzen seien zusätzlich mit einem GdB von 30 zu bewerten und außerdem eine Prostatatitis verbunden mit einer Inkontinenz aufgrund eines Harndranges zusätzlich mit einem Teil-GdB zu berücksichtigen. Nach Einholung der weiteren gutachtlichen Stellungnahme des Vertragsarztes Diemer vom 07.03.2012, der den GdB weiterhin mit 90 vorschlug, wurde der Widerspruch vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2012 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorgenommene Erhöhung des GdB auf 90 gebe das Ausmaß der tatsächlich eingetretenen Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers wieder. Eine weitere Erhöhung des GdB lasse sich nicht begründen.
Hiergegen erhob der Kläger am 03.04.2012 Klage beim SG. Er führte zur Begründung aus, er sei ein schwer kranker Mann. Er leide unter einer Vielzahl von Krankheiten und Funktionsbeeinträchtigungen, weshalb der Beklagte einen Gesamt-GdB von 90 gebildet habe. Der Beklagte habe seine Fußprobleme jedoch außer Acht gelassen. Weiter sei für die seelische Störung und die Depression ein Teil-GdB von 80 anzusetzen. Hinzu kämen erneute erhebliche Herzprobleme, weshalb er sich vom 03.07.2012 bis 10.07.2012 in der Klinik für Kardiologie im Klinikum L. habe aufhalten müssen. Dort seien ihm neue Bypässe gesetzt worden. Er müsse einen GdB von 100 erhalten.
Das SG hörte vom Kläger benannte Ärzte - unter Übersendung der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 07.03.2012 - schriftlich als sachverständige Zeugen an. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. teilte in ihrer Stellungnahme vom 10.09.2012 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die Befunde mit. Sie stimmte den Feststellungen in der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 07.03.2012 sowie dem festgestellten GdB zu. Der Internist Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 24.09.2012 den Behandlungsverlauf sowie die Diagnosen mit und stimmte den Feststellungen in der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 07.03.2012 zu. Außerdem zog das SG den Entlassungsbericht des Klinikums L. vom 17.07.2012 über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 03.07.2012 bis 14.07.2012 bei (Diagnosen: Periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium III links bei Zustand nach PTA und Stenteinlage im April 2011, Anlage eines femoro-poplitealen (PI)-Bypass links am 09.07.2012, insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Hypertonie bei Adipositas und fortgesetzter Nikotinabusus).
Mit Gerichtsbescheid vom 11.06.2013 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, beim Kläger lägen die Voraussetzungen für einen höheren GdB als 90 nicht vor. Die dem Gericht vorliegenden und eingeholten Befunde der behandelnden Ärzte sowie die sachverständigen Zeugenaussagen stützten den Klageantrag nicht. Der Beklagte habe beim Kläger den Gesamt-GdB mit 90 zutreffend bewertet.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12.06.2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 11.07.2013 (beim SG) eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung ausgeführt, seine periphere Verschlusskrankheit habe sich nach der stationären Behandlung im Juli 2012 erneut verschlechtert. Ihm sei ärztlich die Amputation des erkrankten Beines empfohlen worden, was er nicht habe zulassen wollen. Im Mai 2013 habe er sich wiederum in stationärer Behandlung befunden. Auch seine psychische Belastung habe Spuren hinterlassen. Seine Frau sei überraschend verstorben. Finanzielle Probleme seien ihm über den Kopf gewachsen. Seine über alles geliebte Kinder hätten ihn verlassen. Die Stoffwechselstörung, unter der er leide, habe negative Auswirkung auf den Bluthochdruck, die Nierenfunktion und die koronare Herzkrankheit, die ihn schwer belasteten. Aufgrund der Vielzahl seiner schweren Erkrankungen sei ein GdB von 100 erreicht. Der Kläger legte einen Auszug des Berichts des Katharinenhospitals S. vom 03.06.2013 vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Juni 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. März 2012 zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit 100 seit dem 21. November 2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ob eine vom Kläger geltend gemachte wesentliche Änderung eingetreten ist, können nach Aktenlage nicht beurteilt werden.
Der Senat hat entsprechend einer Anregung des Beklagten den Bericht des Katharinenhospitals S. vom 03.06.2013 über eine am 21.05.2013 begonnene stationäre Behandlung des Klägers beigezogen. Anschließend hat der Senat Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 07.07.2014 mitgeteilt, der Kläger habe sich zuletzt am 14.11.2013 in seiner ambulanten Sprechstunde vorgestellt. Auf schriftliche Nachfrage des Berichterstatters vom 08.07.2014 hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, er werde in den nächsten Tagen Dr. B. zur Behandlung aufsuchen (Schriftsatz vom 14.07.2014). In der weiteren Stellungnahme vom 28.07.2014 hat Dr. B. unter Vorlage der Berichte des Katharinenhospitals über eine Untersuchung am 17.03.2014 und vom 08.05.2014 mitgeteilt, seit September 2012 sei eine nicht nur vorübergehende Veränderung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten. Der Kläger sei durch die schwerwiegende Diabetes-Erkrankung, die intensivierte Insulintherapie, eine diabetische Polyneuropathie und durch die periphere arterielle Durchblutungsstörung erheblich in seiner täglichen Lebensführung beeinträchtigt. Durch die intensive Therapie mit Insulin und oralen Antidiabetika könnten Hypoglykämien ausgelöst werden. Der Kläger müsse regelmäßig eine Dokumentationsliste des Blutzuckers sowie täglich eine Langzeitinsulininjektion und mindestens drei Kurzzeitinsulininjektionen entsprechend der körperlichen Belastung und der Blutzuckerhöhe selbst durchführen.
Der Beklagte ist unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. B. vom 05.12.2013 sowie des Dr. R. vom 04.12.2014 der Berufung weiter entgegen getreten.
Am 14.09.2015 hat der Kläger unter Vorlage der schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. B. vom 23.03.2015 im Verfahren des SG S 5 R 6/15 sowie des an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See erstatteten Gutachtens des Dr. Z. vom 18.09.2014 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt. Dieser Antrag ist vom Senat mit Beschluss vom 15.09.2015 abgelehnt worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 54 und 66 der Senatsakte).
Der Senat hat die Gerichtsakten des SG im Rechtsstreit des Klägers S 4 R 2825/11 (wegen medizinischer Rehabilitation) sowie S 4 R 1098/10 und die Berufungsakte des Landessozialgerichts L 5 R 4861/12 (wegen Rente) beigezogen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die im vorliegenden Rechtsstreit angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, einen Band Verwaltungsakten des Beklagten sowie die vom Senat beigezogenen und zum Verfahrensgegenstand gemachten Gerichtsakten S 4 R 2825/11, S 4 R 1098/10 und L 5 R 4861/12, insbesondere auf das im Rechtsstreit S 4 R 1098/10 vom SG eingeholte Gutachten des Dr. S. vom 22.07.2010 mit ergänzender Stellungnahme vom 09.12.2011 und das im Berufungsverfahren L 5 R 4861/12 eingeholte Gutachten des Dr. S. vom 22.04.2013, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 19.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung des GdB mit 100 seit dem 21.11.2011.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96-, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das den begehrten GdB (hier 100) bedingt.
Hiervon ausgehend ist gemessen an dem im gerichtlichen Vergleich und dem hierauf beruhenden Ausführungsbescheid vom 17.07.2009 vom Beklagten mit einem GdB von 80 berücksichtigten Behinderungszustand des Klägers eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung allenfalls dahin eingetreten, dass beim Kläger seit dem 21.11.2011 von einem GdB von 90 ausgegangen werden kann, wie im angefochtenen Bescheid vom 19.12.2011 festgestellt ist. Diesem GdB haben auch Dr. K. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 10.09.2012 sowie Dr. B. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 24.09.2012 übereinstimmend zugestimmt. Dass im weiteren zeitlichen Verlauf des Rechtsstreites beim Kläger eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, ist nicht ersichtlich. Die Feststellung des höchst möglichen GdB von 100, wie der Kläger begehrt, ist auch zur Überzeugung des Senates nicht gerechtfertigt.
Hinsichtlich des Diabetes mellitus hat Dr. B. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 28.07.2014 zwar eine Progredienz des Diabetes mellitus bejaht. Es ist wegen dieser Erkrankung des Klägers jedoch weiterhin von einem Einzel-GdB von 30 bis allenfalls 40 auszugehen. Für die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) sind die GdB-Bewertungsgrundsätze durch die Zweite Verordnung zur Änderung der VersMedV (BGBl. 2010, 928) mit Wirkung vom 22.07.2010 geändert worden. Mit dieser Änderung wurde die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nachvollzogen, die sowohl zu den bis 31.12.2008 anzuwendenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) als auch zu den versorgungsmedizinischen Grundsätzen in der VersMedV seit 01.01.2009 (VG) ergangen ist (BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R, SozR 4-3250 § 69 Nr. 9, v. 23.04.2009 - B 9 SB 3/08 R, Juris). Auf die VG in der Fassung der Änderungsverordnung kann auch für die Zeit vor deren Inkrafttreten zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 3/09 R, SozR 4-3250 § 69 Nr. 12). Danach gilt nach den VG Teil B 15.1 für die GdB-Bewertung eines Diabetes mellitus: Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdB rechtfertigt. Der GdB beträgt 0. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdB beträgt 20. Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdB beträgt 30 bis 40. Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss, und die durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdB beträgt 50. Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdB-Werte bedingen.
Nach der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. B. können beim Kläger durch die Therapie des Diabetes mellitus mit Insulin und oralen Antidiabetika Hypoglykämien ausgelöst werden. Der Kläger muss eine Dokumentationsliste des Blutzuckers regelmäßig mehrfach täglich und entsprechend der körperlichen Belastung und der Blutzuckerhöhe neben einer täglichen Langzeitinsulininjektion mindestens drei Kurzzeitinsulininjektionen selbst durchführen. Dem entsprechen auch die von Dr. S. im Gutachten vom 22.07.2011 beschriebenen Angaben des Klägers. Damit kommt beim Kläger nach den dargestellten Bewertungsvorgaben der VG ein Einzel-GdB von 30 bis 40 in Betracht. Hiervon geht auch der Beklagte aus. Die Voraussetzungen der Bewertung des GdB mit 50 liegen dagegen beim Kläger nicht vor. Der Kläger muss neben einer Langzeitinsulininjektion täglich lediglich mindestens drei Insulininjektionen entsprechend der körperlichen Belastung und der Blutzuckerhöhe zusätzlich zu einer täglichen Langzeitinsulininjektion selbst durchführen Außerdem ist nicht belegt, dass der Kläger wegen der Diabeteserkrankung durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt ist, was nach den VG als zusätzlich zu erfüllende Anforderung Voraussetzung für die Bewertung des GdB mit 50 ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R -, juris). Zwar hat Dr. B. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage angegeben, dass der Kläger (unter anderem) wegen der Diabeteserkrankung in der Gesamtbetrachtung aller Lebensbereiche erheblich in seiner täglichen Lebensführung beeinträchtigt ist. Dies kann jedoch nur unter strengen Voraussetzungen bejaht werden (BSG, Urteil vom 16.12.2014, a.a.O.), die zur Überzeugung des Senats nicht vorliegen. Dagegen spricht maßgeblich, dass sich der Kläger nach den Angaben des Dr. B. in der Stellungnahme vom 07.07.2014 zuletzt am 14.11.2013 in der ambulanten Sprechstunde vorgestellt hat und sich erst (auf Nachfrage des Berichterstatters) am 15.07.2014 erneut in die Behandlung des Dr. B. begeben hat. Sollte der Kläger tatsächlich durch die Diabeteserkrankung gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sein, ist dieses Verhalten des Klägers nicht verständlich. Es wäre vielmehr zu erwarten, dass sich der Kläger in einer zeitlich engmaschigen Behandlung bzw. ärztlichen Kontrollen der Diabeteserkrankung befindet, was nach den Angaben des Dr. B. aber gerade nicht der Fall ist. Dass der Kläger durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt ist, lässt sich auch den von Dr. S. in seinem Gutachten vom 22.04.2013 geschilderten Angaben des Klägers nicht entnehmen. Danach bemerkt der Kläger, wenn er zu hohen Zucker hat. Wenn der Zucker zu tief ist, hat er Schwindel, der jedoch bereits durch das Trinken eines halben Glases Cola vom Kläger beseitigt werden kann und zudem nur ganz selten auftritt. Zwar ist beim Kläger nach dem Gutachten des Dr. S. vom 22.04.2013 von einer sehr schlechten Stoffwechseleinstellung auszugehen, die jedoch nach der Ansicht des Dr. S. durch Eigeninitiative des Klägers verbesserungsfähig sein dürfte. Auf einen unzureichenden Therapieerfolg kann die schlechte Stoffwechseleinstellung damit nicht zurückgeführt werden. Dass der Kläger durch die schlechte Stoffwechseleinstellung in seiner Leistungsfähigkeit gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt ist, ist auch sonst nicht ersichtlich und wird vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht. zudem liegt eine Dokumentation der Blutzuckermessungen und Insulindosen nicht vor. Die Voraussetzungen der VG für die Bewertung der Diabeteserkrankung mit einem Einzel-GdB von 50 sind damit für den Senat nicht belegt. Hierauf weist auch Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 25.11.2014 überzeugend hin. Damit ist beim Kläger wegen der Diabeteserkrankung ein Einzel-GdB von 30 bis allenfalls 40 gerechtfertigt. Dass beim Kläger außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen vorliegen die höhere GdB-Werte bedingen können, ist nicht ersichtlich. Solche Stoffwechsellagen beschreibt Dr. B. in seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenauskünften nicht. Neue Gesichtspunkte, die eine andere Bewertung erlaubten, lassen sich der vom Kläger im Verlauf des Berufungsverfahrens vorgelegten schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft im Verfahren S 5 R 6/15 des Dr. B. vom 23.03.2015 nicht entnehmen.
Hinsichtlich der (peripheren) arteriellen Verschlusskrankheit des Klägers mit Stentimplantationen sowie der Polyneuropathie ist der Einzel-GdB mit 40 nicht unangemessen bewertet. Nach den VG Teil B 9.2.1 sind arterielle Verschlusskrankheiten, Arterienverschlüsse an den Beinen (auch nach rekanalisierenden Maßnahmen) mit ausreichender Restdurchblutung, Pulsausfall ohne Beschwerden oder mit geringen Beschwerden (Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem Gehen) ein- oder beidseitig mit einen GdB von 0 bis 10, mit eingeschränkter Restdurchblutung (Claudicatio intermittens) Stadium II bei Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 Meter mit einem GdB von 20, bei Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 100 bis 500 Metern mit einem GdB von 30 bis 40, bei Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50 bis 100 Metern mit einem GdB von 50 bis 60 und bei Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von weniger als 50 m ohne Ruheschmerz mit einem GdB von 70 bis 80 bzw. bei Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke unter 50 m mit Ruheschmerz (Stadium III) einschließlich trophischer Störungen (Stadium IV ) mit einem GdB einseitig von 80 und beidseitig 90 bis 100 zu bewerten. Dass beim Kläger wegen der arteriellen Verschlusskrankheit (dauerhaft) bereits Schmerzen nach dem Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50 bis 100 Metern (oder darunter) hervorgerufen werden, die eine Bewertung des GdB mit 50 (oder mehr) rechtfertigen, ist nicht belegt. Eine solche Einschränkung hat Dr. B. in seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG sowie den Senat nicht beschrieben. Er hat vielmehr in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 24.09.2012 der Bewertung des Beklagten (GdB 40) nicht widersprochen. Dass beim Kläger im weiteren Verlauf des Rechtsstreites eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, ist nicht nachgewiesen. Zwar hat der Kläger bei seiner Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch Dr. S. nach dessen Beschreibungen im Gutachten vom 22.04.2013 eine Einschränkung des Gehvermögens auf 50 bis 100 Meter geltend gemacht, diese jedoch nicht wegen Schmerzen beim Laufen sondern wegen des Auftretens von Krämpfen. Nach den weiteren überzeugenden Ausführungen von Dr. S. in seinem Gutachten wird hinsichtlich der Schilderung des Klägers von Schmerzen eine klare Beziehung zur Gehbelastung anamnestisch nicht deutlich. Im Rahmen der klinischen Untersuchung standen die Befunde und die gezeigten Beschwerden nicht in logischer Zuordnung. Die extreme Ausprägung der Beschwerden in der Untersuchungssituation war nicht konsistent und konnte nicht als durchlaufende Symptomatik im Rahmen der gesamten Untersuchungssituation einschließlich des Verhaltens zu Beginn und bei Ende der gesamten Untersuchung beobachtet werden. Nach Dr. S. ist die vom Kläger vorgetragene Minderung der Gehstrecke auf 50 bis 100 Meter nach den Dopplerdrucken auch nicht plausibel. Dies wird nach den Ausführungen von Dr. S. auch durch den Zustand der Fußsohlenbeschwielung nahegelegt, welche einen regelmäßig Gebrauch in relevantem Umfang anzeigt. Mithin erachtete Dr. S. eine starke Einschränkung des Gehvermögens durch die objektiven Befunde nicht für begründbar. Auch Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 22.07.2011 an den Füßen des Klägers lediglich diskrete trophische Störungen beschrieben. Allein der Umstand, dass der Kläger sich wegen der arteriellen Verschlusskrankheit im Mai 2013 sowie im April 2014 wegen der Anlage von Bypässen in erneute stationäre Behandlung hat begeben müssen (Berichte des Katharinenhospitals Stuttgart vom 03.06.2013 und 08.05.2014), rechtfertigt noch keinen GdB von 50 (oder mehr). Denn nach den VG Teil B 18.1 begründet allein die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße (oder an der Wirbelsäule) durchgeführt wurde, für sich allein noch nicht die Annahme eines GdB. Dass sich die arterielle Verschlusskrankheit des Klägers (im Verlaufe des Rechtsstreites) funktionell relevant verschlechtert hat, wie er zur Begründung seiner Berufung geltend macht, ist nicht ersichtlich. Nach dem Bericht des Katharinenhospitals S. vom 17.03.2014 waren die vom Kläger bei seiner ambulanten Vorstellung am 17.03.2014 geschilderten Beschwerden nicht auf eine Durchblutungsstörung zurückzuführen. Zudem lässt sich den Berichten des Katharinenhospitals S. vom 03.06.2013 sowie vom 08.05.2014 nicht entnehmen, dass die durchgeführte Therapie (Anlage von Bypässen) keinen Erfolg erbracht hat. Es ist auch nicht ersichtlich und wird vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht, dass er von der vom Katharinenhospital angebotenen jederzeitigen sofortigen Wiedervorstellung in der Gefäßsprechstunde im Falle einer Befundverschlechterung hat Gebrauch machen müssen. Nach den schriftlichen sachverständigen Zeugenangaben des Dr. B. vom 07.07.2014 und 28.07.2014 hat sich der Kläger vielmehr zwischen dem 14.11.2013 und 15.07.2014 bei ihm nicht mehr zur ambulanten Behandlung vorgestellt, was ein klares Indiz dafür ist, dass die durchgeführten Therapien erfolgreich waren. Dies bestätigt auch Dr. Z. in seinem Gutachten vom 18.09.2014 an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, der aufgrund der körperlichen Untersuchung im Rahmen der Begutachtung ein ausreichend gutes klinisches Resultat der Therapien festgestellt hat, wie der Senat dem vom Kläger vorgelegten Gutachten entnimmt. Nach den dargestellten Bewertungsvorgaben der VG kann danach beim Kläger wegen der arteriellen Verschlusskrankheit (allenfalls) von einem Einzel-GdB von 30 bis 40 ausgegangen werden, wie er vom Beklagten berücksichtigt worden ist. Eine die Erhöhung des Einzel-GdB zu berücksichtigende Polyneuropathie liegt beim Kläger nicht vor. Funktionell behindernde Auswirkungen der Polyneuropathie haben weder Dr. S. noch Dr. S. in ihren Gutachten beschrieben und sind auch sonst aus den dem Senat vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht ersichtlich.
Die seelische Störung/Depression des Klägers rechtfertigt keinen höheren Einzel-GdB als 30, wie vom Beklagten berücksichtigt. Dieser Bewertung hat Dr. K. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 10.09.2012 an das SG ausdrücklich zugestimmt. Nach den Angaben von Dr. K. fanden Konsultationen des Klägers seit 28.09.2005 nur in längeren zeitlichen Abständen ca. alle 6 Monate statt, wobei die letzte Konsultation des Klägers vor der schriftlichen Zeugenaussage am 20.06.2011 erfolgte. Dies spricht für einen geringen Leidensdruck des Klägers, weshalb der vom Beklagten berücksichtigte Einzel-GdB auf psychischem Gebiet eher großzügig erscheint. Dafür spricht auch, dass der Kläger bei der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch Dr. S. keinen tiefgreifenden depressiven Eindruck hinterlassen hat, wie Dr. S. in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat. Dem entspricht auch der von Dr. S. erhobene und im Gutachten beschriebene psychische Untersuchungsbefund. Einen Anhalt für eine floride psychische Erkrankung des Klägers hat Dr. S. nicht feststellen können. Vielmehr zeigte sich ein unauffälliger psychopathologischer Querschnittsbefund ohne Anhalt für eine depressive Symptomatik. Auch phobische Elemente hat Dr. S. nicht erheben können. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren geltend macht, seine psychische Belastung habe Spuren hinterlassen, ist eine dauerhafte Verschlimmerung auf psychiatrischem Fachgebiet nicht belegt. Dr. B. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 28.07.2014 an den Senat im Vergleich zu seinen Angaben in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 24.09.2012 an das SG eine dauerhafte Verschlimmerung der seelischen Störung und Depression des Klägers nicht genannt. Eine solche Verschlimmerung lässt sich auch dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des Dr. Z. vom 18.09.2014 nicht entnehmen, in dem lediglich als psychische Befund vom Kläger geklagte Zukunftsängste, eine andauernde Schmerzsymptomatik , eine Stimmungsminderung, Gedankenkreisen, und ein verminderter Antrieb als auffällig beschrieben wird. Auch den hierzu im Berufungsverfahren gemachten vagen Angaben des Klägers lässt sich eine dauerhafte Verschlimmerung der seelischen Störung/Depression nicht greifbar entnehmen. Die vom Kläger in der Berufungsbegründung geltend gemachten Gesichtspunkte, die für eine bedeutsame Verschlechterung seines psychischen Zustandes sprechen sollen (Tod seiner im Februar 2008 verstorbenen Ehefrau, Verlassen der Kinder, finanzielle Probleme) wurden im Gutachten von Dr. S. als Belastungsfaktoren berücksichtigt und führten zu dem von Dr. S. erhobenen psychischen Befund, den der Senat seiner Bewertung, wie dargelegt, zugrunde gelegt hat. Eine Verschlimmerung ist daraus nicht abzuleiten. Sonstige Belastungsfaktoren zeigt der Kläger nicht auf. Soweit Dr. K. in ihrem Befundbericht vom 21.06.2011 aus nervenärztlicher Sicht von einem GdB von 80 ausgeht, ist diese Bewertung anhand des beschriebenen psychischen Befundes nicht nachvollziehbar und wird außerdem durch ihre schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 10.09.2012 an das SG nicht bestätigt.
Eine Herzleistungsminderung nach abgelaufenem Herzinfarkt sowie einen Bluthochdruckleiden des Klägers, die nach den VG Teil B 9.1.1 und 9.3 einen Einzel-GdB von über 30 rechtfertigen, ist für den vorliegend streitigen Zeitraum ab 21.11.2011 nicht belegt. Nach den VG Teil B Nr. 9 ist für die Bemessung des GdB bei Herz- und Kreislauferkrankungen weniger die Art der Krankheit als die Leistungseinbuße maßgeblich. Dies gilt nach Teil B 9.1.2 auch nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen; auch hier ist der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei der Beurteilung des GdB ist vom klinischen Bild und von den Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten ergänzen das klinische Bild. Nach Nr. 9.1.1 Teil B VG bedingt eine Einschränkung der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, wie z.B. ohne Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, ohne Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung einen GdB von 0 bis 10. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt über wenigstens zwei Minuten rechtfertigt einen GdB von 20 bis 40. Die Implantation eines Herzschrittmachers führt nach Nr. 9.1.6 Teil B VG zu einem GdB von 10. Eine Hypertonie (Bluthochdruck) führt nach Nr. 9.3 Teil B VG in leichter Form zu einem GdB von 0 bis 10. Eine leichte Form ist anzunehmen, wenn keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei einer mittelschweren Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung ist ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Dass beim Kläger wegen der Herzerkrankung und des Bluthochdrucks eine Einzel-GdB von 30 erreicht wird, ist im streitigen Zeitraum nicht belegt. Nach dem Gutachten des Dr. S. vom 22.04.2013 hat sich die nach einem erlittenen Herzinfarkt im Jahre 1995 berücksichtigte koronare Herzkrankheit im Hinblick auf weitere Symptome zwischenzeitlich stabilisiert. Angina pektoris Beschwerden in relevantem Maße hat der Kläger nach den Beschreibungen von Dr. S. bei seiner Untersuchung nicht angegeben. Vielmehr hat er berichtet, dass bei einer letzten kardiologischen Untersuchung keine erheblichen Probleme gesehen worden. Der Bluthochdruck (165/90 mmHg im Liegen und 150/70 bis 170/80 mmHg im Stehen) ist nach dem Gutachten des Dr. S. lediglich nicht befriedigend eingestellt, mit der Möglichkeit einer Nachbesserung. Sichere Zeichen einer Infarktnarbe hat Dr. S. nicht feststellen können. Dem entspricht die internistische Befundbeschreibung des Dr. S. in seinem Gutachten, der einen krankhaften Herzbefund bei einem Blutdruck von 105/60 mmHg nicht festgestellt hat. Nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des Dr. Z. vom 18.09.2014 besteht beim Kläger lediglich eine Sinustachykardie sowie eine leicht eingeschränkte LV-Funktion bei einem (nur leicht erhöhten) Blutdruck von 140/90 mmHg. Eine wesentliche Herzleistungsminderung lässt sich dem Gutachten des Dr. Z. nicht entnehmen. Auch sonst lassen sich den dem Senat vorliegenden medizinischen Unterlagen für den streitigen Zeitraum ab 21.11.2011 keine wesentliche Einschränkung der Herzleistung entnehmen. Eine stationäre Behandlung wegen Herzproblemen im Juli 2012 ist nicht belegt. Der vom Beklagten weiterhin übernommene Einzel-GdB von 30 für eine Herzleistungsminderung und einen Bluthochdruck ist danach als sehr großzügig anzusehen. Hierauf weist auch Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.12.2014 zutreffend hin.
Entsprechendes gilt, soweit der Beklagte eine Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigt hat. Nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. S. liegen beim Kläger Sprechstörungen nicht vor. Nach den weiteren Beschreibungen von Dr. S. in seinem Gutachten hatte der Kläger ohne Hörgerätekorrektur die Umgangssprache in Zimmerlautstärke regelgerecht verstanden, bei lediglich subjektiv leicht geminderten Hörvermögen. Auch Dr. S. hat in seinem Gutachten das Hörvermögen des Klägers ohne Hörhilfen bei normaler Gesprächslautstärke als unbeeinträchtigt beschrieben. Dem entspricht auch die Befundbeschreibung des Dr. Z. im Gutachten vom 08.09.2014, wonach beim Kläger Sprechstörungen oder Sprachstörungen nicht bestehen und der Kläger die Umgangssprache versteht. Danach erweist sich für den Senat auch der vom Beklagten übernommene Einzel GdB von 20 für eine Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen als sehr großzügig.
Eine zu berücksichtigende Einschränkung der Nierenfunktion des Klägers liegt nicht vor. Zwar bestehen nach dem Gutachten des Dr. S. Hinweise auf eine Nephropathie, die jedoch keine Nierenfunktionseinschränkung von Bedeutung bedingt. Auch den sonst dem Senat vorliegenden medizinischen Unterlagen lässt sich eine bedeutsame Einschränkung der Nierenfunktion des Klägers nicht entnehmen.
Eine benigne Prostatahyperplasie ist nach dem im Rechtsstreit S 4 R 1098/10 zu den Akten gelangten Bericht des Klinikums L. vom 07.02.2010 am 02.02.2010 erfolgreich behandelt worden. Der Kläger ist von der Klinik beschwerdefrei aus der Behandlung entlassen worden. Medizinische Befundunterlagen, die eine bedeutsame Inkontinenz des Klägers belegen, liegen nicht vor.
Ein zu berücksichtigtes Schlafapnoe-Syndrom ist beim Kläger nicht belegt. Eine Untersuchung in einem Schlaflabor zum Nachweis eines Schlafapnoesyndrom, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Zwar sind Dr. S. und Dr. S. in ihren Gutachten von der Möglichkeit des Vorliegens eines Schlafapnoe-Syndroms ausgegangen. Sie haben jedoch übereinstimmend typische Symptome einer Schlafapnoe nicht feststellen können.
Dass hinsichtlich der mit einem Einzel-GdB von jeweils 20 berücksichtigten chronischen Bronchitis des Klägers sowie der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Schulter-Arm-Syndrom eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten und dass diese Behinderungen zu niedrig bemessen sind, ist nicht ersichtlich und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Insbesondere hat Dr. Z. bei der Untersuchung des Klägers eine bedeutsame Lungenfunktionseinschränkung nicht festgestellt, sondern noch normale lungenfunktionelle Befunde erhoben. Außerdem ist nach den von Dr. S. in seinem Gutachten dargelegten Angaben des Klägers eine Besserung des Hustens seit der Aufgabe des Rauchens (im Juli 2012) eingetreten. Weiter hat Dr. S. nach seinen Ausführungen im Gutachten pathologische Atemgeräusche (insbesondere bronchitische bzw. spastische Rasselgeräusche) nicht feststellen können. Weiter haben die Wirbelsäulenschäden des Klägers keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen bedingt, wie Dr. Z. in dem vom Kläger vorgelegten Gutachten vom 18.09.2014 beschrieben hat.
Sonstige zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen sind nicht ersichtlich und werden im Übrigen vom Kläger auch nicht substantiiert geltend gemacht.
Die vom Beklagten beim Kläger berücksichtigten Behinderungen sind mit einem Gesamt-GdB von 90 danach nicht unterbewertet. Dies gilt selbst dann, wenn hinsichtlich der Diabeteserkrankung des Klägers von einem Einzel-GdB von 40 ausgegangen wird. Denn nach dem oben Ausgeführten erweisen sich jedenfalls die vom Beklagten mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigte koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck sowie eine mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigte Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen als sehr weitreichend. Unter weiterer Berücksichtigung einer arteriellen Verschlusskrankheit (Einzel-GdB 40), einer chronischen Bronchitis und einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Schulter-Arm-Syndrom (jeweils Einzel-GdB 20) und einer seelischen Störung/Depression (Einzel-GdB 30) ist es damit nicht gerechtfertigt, beim Kläger den Gesamt-GdB mit 100 seit dem 21.11.2011 festzustellen. Dass die zu berücksichtigenden Behinderungen des Klägers in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, die im Vergleich zu den Teilhabeberechtigungen anderer Behinderungen, für die nach den VG ein GdB von 100 vorgegeben ist, wie z.B. bei einer Halsmarkschädigung mit gewichtigen Teillähmungen beider Arme und Beine und Störungen der Blasen- und/oder Mastdarmfunktion bzw. mit vollständiger Lähmung beider Arme und Beine und Störungen der Blasen- und/ oder Mastdarmfunktion oder einer vollständigen Brust-, Lendenmark-, oder Kaudaschädigung mit vollständiger Lähmung der Beine und Störungen der Blasen und/oder Mastdarmfunktion (Teil B 3.9), einer Herabsetzung des Sehvermögens auf eine Sehschärfe von höchstens 1/20 beidseits (Teil B 4.3), bei Immundefekten wie AIDS-Vollbildschwere mit schwerer Leistungsbeeinträchtigung (Teil B 16.11), bei Extremitätenverlust wie dem Verlust eines Armes und Beines oder dem Verlust aller zehn Finger (Teil B 18.13) bzw. dem Verlust beider Beine im Oberschenkel, dem Verlust eines Beines im Oberschenkel und eines Beines im Unterschenkel oder dem Verlust beider Beine im Unterschenkel bei beidseitig ungünstigen Stumpfverhältnissen (Teil B 18.14), ist beim Kläger nicht der Fall.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG sowie vom Senat durchgeführten Ermittlungen und die dem Senat vorliegenden zahlreichen medizinischen Befundunterlagen sowie die im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten des Dr. S. und Dr. S. vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, lassen sich den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen (Schriftsatz vom 14.09.2015) nicht entnehmen und solche hat der Kläger auch sonst nicht aufgezeigt. Insbesondere hat Dr. B. in der vom Kläger vorgelegten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 23.03.2015 (S 5 R 6/15) eine akute Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers verneint.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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