L 8 SB 3833/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2085/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3833/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.07.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB 50 statt 40) zusteht.

Die 1968 geborene, getrennt lebende Klägerin, hat drei eigene Kinder und ein vom Ehemann eingebrachtes Kind, die im Wesentlichen mit ihr in einer Wohnung leben. Sie ist türkische Staatsangehörige (mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis vgl. Blatt 10/11 der Beklagtenakte) und hat bis 30.05.2010 gearbeitet, zuletzt bezog sie Leistungen nach dem SGB II. Sie lebt in einer Wohnung des Sohnes mit weiteren Familienangehörigen (Kindern).

Das Landratsamt K. (LRA) stellte mit Bescheid vom 03.04.2012 (Blatt 42/43 der Beklagtenakte) den GdB mit 30 fest (zum Antrag und den damit vorgelegten Unterlagen vgl. Blatt 1/15 der Beklagtenakte; zur versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S. vom 30.03.2012 vgl. Blatt 40/41 der Beklagtenakte; zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Depressive Verstimmung (Einzel-GdB 30), entzündlich-rheumatische Erkrankung, Fibromyalgiesyndrom (Einzel-GdB 20), Verlust der Eierstöcke (Einzel -GdB 10)).

Die Klägerin beantragte am 22.10.2012 (Blatt 45/48 der Beklagtenakte) beim LRA die höhere (Neu-)Feststellung des GdB. Zu diesem Antrag gab sie eine Depression, eine anhaltende Schmerzstörung, eine rheumatische Arthritis, Adipositas und Traumata an.

Gestützt auf den beigezogenen Bericht vom 13.11.2012 über stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung (Blatt 50/66 der Beklagtenakte) sowie eine versorgungsmedizinische Stellungnahme von Dr. B. vom 21.11.2012 (Blatt 67/68 der Beklagtenakte) stellte das LRA den GdB der Klägerin seit 22.10.2012 mit 40 fest (Bescheid vom 22.11.2012, Blatt 69/70 der Beklagtenakte; zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Depressive Verstimmung (Einzel-GdB 30), entzündlich-rheumatische Erkrankung, Fibromyalgiesyndrom (Einzel-GdB 20), Verlust der Eierstöcke (Einzel-GdB 10), Adipositas permagna (Einzel-GdB 10)).

Die Klägerin beantragte am 26.11.2012 (Blatt 73/74 der Beklagtenakte) erneut die höhere (Neu-)Feststellung des GdB, woraufhin das LRA die Auskunft des praktischen Arztes Dr. Dr. M. vom 18.12.2012 mit beigefügten Arztbriefen (Blatt 77/97 der Beklagtenakte) beizog.

Am 18.12.2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.11.2012 (Blatt 99, 112/113 der Beklagtenakte; zu den vorgelegten ärztlichen Berichten vgl. Blatt 105/111 der Beklagtenakte), mit dem sie u.a. die Bewertung der depressiven Verstimmung sowie des Fibromyalgiesyndroms als zu gering rügte. Sie fühle sich müde und schlapp und leide unter ständiger Schlaflosigkeit. Sie bleibe nur noch zu Hause und habe den Kontakt nach außen abgebrochen. Die deutlichen Rückzugstendenzen seien nicht ausreichend bewertet. Im Übrigen leide sie unter ständigen Schmerzen in Folge des Fibromyalgiesyndroms und unter ständigen Hitzewallungen.

Daraufhin holte das LRA Auskünfte vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Akupunktur, klinische Geriatrie, Dr. H. (dazu vgl. Blatt 116/118 der Beklagtenakte) sowie vom Frauenarzt Dr. H. (dazu vgl. Blatt 121/123 der Beklagtenakte) ein.

In seiner versorgungsmedizinischen Stellungnahme vom 29.04.2013 (Blatt 105/106 der Beklagtenakte) schlug Dr. K. vor, den GdB bei 40 zu belassen, woraufhin der Beklagte durch das Regierungspräsidium S. – Landesversorgungsamt – den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 06.06.2013 (Blatt 108/110 der Beklagtenakte) zurückwies. Die psychische Erkrankung sei als stärker behindernde Störung bewertet und bei der Bemessung des GdB entsprechend den geltenden Bestimmungen berücksichtigt worden. Es sei damit bereits von einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ausgegangen worden. Beim Fibromyalgiesyndrom sei die Überlappung der depressiven Verstimmung einerseits und die Manifestation am Bewegungsapparat andererseits berücksichtigt worden.

Die Klägerin hat am 11.06.2013 beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe Klage erhoben zu deren Begründung sie im Wesentlichen die Bewertung der rheumatischen und psychiatrischen Erkrankungen rügt. Bei einer Fibromyalgie von einer mittelgradigen Auswirkung sei von einem GdB von 50 bis 70 auszugehen. Selbst bei "geringen Auswirkungen" falle eine Bewertung mit 20 bis 40 aus, so dass bei dieser verstärkten Schmerzsymptomatik mindestens von einem GdB von 30 auszugehen sei. Auch bestünden die gynäkologischen Beschwerden nach der Entfernung des rechten Eierstocks weiter. Ferner leide die Klägerin an Hitzewallungen und Bauchschmerzen.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 24/36, 37/127 und 128/131 der SG-Akte Bezug genommen. Der Frauenarzt Dr. H. hat dem SG am 05.09.2013 geschrieben, der gynäkologische Befund sei unauffällig, es bestünden derzeit lediglich leichte Gesundheitsstörungen. Der ihm überlassenen versorgungsärztlichen GdB-Bewertung hat er zugestimmt. Der praktische Arzt, Sportmedizin und Chirotherapie Dr. Dr. M.r hat am 16.09.2013 mitgeteilt, die depressive Verstimmung sei mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten. Für den Verlust der Eierstöcke und die Adipositas per magna sei jeweils ein Teil-GdB von 10 angemessen. Hinsichtlich der entzündlich-rheumatischen Erkrankung und der Fibromyalgie werde die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes nicht geteilt, da eine schwerwiegende Schmerzerkrankung vorliege, die mit einem GdB von 30 zu bewerten sei. Der Gesamt-GdB betrage 50. Die Ärztin für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. B.-V. hat in ihrer schriftlichen Aussage vom 24.09.2013 ausgeführt, es bestehe kein Hinweis auf eine Reaktivierung einer entzündlich-rheumatischen Grunderkrankung. Vordergründig sei der Ganzkörperschmerz mit deutlich druckdolenten Tender points, so dass ein erheblicher Leidensdruck bestehe. Es sei von einer Chronifizierung auszugehen. Die Einschätzung der rheumatoider Arthritis und des Fibromyalgiesyndroms sei aus ihrer Sicht unterbewertet. Es liege ein GdB von circa 30 vor.

Das SG hat mit Urteil vom 14.07.2014 die Klage abgewiesen. Seit dem Erlass des Bescheides vom 03.04.2012 sei eine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin eingetreten, den der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid mit einem Gesamt-GdB von 40 ausreichend Rechnung getragen habe. Im Bereich des Funktionssystems Gehirn einschließlich Psyche betrage der Einzel-GdB insgesamt 40. Die im Vordergrund des Beschwerdebildes stehende Fibromyalgie begründe einen Teil-GdB von 30. Die auf internistisch-rheumatologischem Gebiet bestehende rheumatische Erkrankung bedinge einen Teil-GdB von 10. Die aufgrund der Ovarialtumoren durchgeführte Ovarzystektomie und deren Funktionsbeeinträchtigung der Eierstöcke sei zutreffend mit einem Teil-GdB von 10 bewertet. Die Bewertung der Adipositas mit einem Teil-GdB von 10 sei ebenfalls nicht zu beanstanden, da keine höhergradigen kardiologischen bzw. orthopädischen negativen Auswirkungen ersichtlich seien. Der Gesamt-GdB betrage 40.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 15.08.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.09.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das SG habe verkannt, dass sowohl die psychische Beeinträchtigung im Rahmen der depressiven Verstimmung mit einem Einzel-GdB von 30 als auch die entzündlich-rheumatische Erkrankung nebst Fibromyalgie mit einem Einzel-GdB von 20 zu niedrig bemessen seien. Schon alleine die depressive Verstimmung sei zu niedrig bemessen. Die psychische Erkrankung präge sich z.B. so aus, dass sie bereits frühmorgens zwischen 03.00 Uhr und 04.00 Uhr aufstehe, um draußen spazieren zu gehen, wobei sie dabei niemandem begegnen möchte. Sie lebt von ihrem Ehemann getrennt. Mit in der Wohnung lebten die Kinder der Klägerin und deren Ehemann. Um den Haushalt kümmere sie sich überhaupt nicht, da sie dazu psychisch nicht in der Lage sei. Sie verbringe den Tag damit, in abgedunkelten Räumen, meistens liegend, auf die Rückkehr ihrer Kinder zu warten. Ein Sohn sei aufgrund einer MS-Erkrankung nicht arbeitsfähig und halte sich den Tag über zu Hause auf. Mittagessen bereite die Klägerin nicht zu, in der Regel werde das Abendessen von der Tochter zubereitet. Während des Tages verrichte sie Klägerin maximal 10 Minuten Haushaltstätigkeiten. Auch der Rentengutachter Dr. W. komme zu dem Ergebnis, dass eine anhaltende somatoforme Schmerzstörungen, chronische, vorwiegend im Bereich der linken Körperhälfte lokalisierte Schmerzen sowie in psychiatrischer Hinsicht eine rezidivierende depressive Störung vorliege. Allerdings blieb dabei unberücksichtigt, dass sie noch nicht einmal in der Lage sei, ihren Tagesablauf zu strukturieren. Es sei zu einer ganz massiven Einschränkung der sozialen Teilhabe gekommen, die sich durch die Anwesenheit des an MS erkrankten Sohnes weiter verschlimmert habe. Sie habe überhaupt keine sozialen Kontakte außerhalb ihrer eigenen Kinder. Auch habe der Frauenarzt Dr. H.darauf hingewiesen, dass Depressionen bestünden und das Fibromyalgiesyndrom nicht nur vorübergehend sei. Außerdem sei zu berücksichtigen: das rezidivierende oligoarthritische Syndrom, eine anamnestisch rheumatoide Arthritis, ein erhöhter Rheumafaktor, ein Fibromyalgiesyndrom, das keineswegs leicht oder mittelgradig, sondern erheblich sei, was sich auch am Umfang der Medikation ersehen lasse.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.07.2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheid vom 20.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2013 zu verurteilen, bei ihr seit 22.10.2012 den GdB mit 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Dr. B.-V. habe in der Auskunft keinerlei Hinweis auf eine Reaktivierung der entzündlich-rheumatischen Grunderkrankung mitgeteilt. Auf psychiatrischem Fachgebiet ergäben sich aus den Unterlagen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Nord keine neuen Erkenntnisse. Die bisherige Bewertung des GdB mit 30 entspreche bereits stärker behindernden psychischen Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit.

Der Senat hat aus dem beim SG geführten Rentenverfahren (S 8 R 981/14) die dort vorliegenden ärztlichen Unterlagen beigezogen sowie unter Mitteilung an die Beteiligten zum Gegenstand des Verfahrens gemacht (Bl. 49 der Senatsakte) und als Beiheft zur Akte genommen, darunter - von der Klägerin vorgelegte medizinische Unterlagen, u.a. des Dipl.-Psych B., des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie usw. Dr. H. des ZfP - Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Krankenhaus L. -, des ZfP – Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Süd C.-H. -, des ZfP – Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Nord C.-H. -, der Rechbergklinik B., (Blatt 25/50 des Beihefts zur Senatsakte), - Auskünfte der als sachverständige Zeugen befragten behandelnden Ärzte Dr. Dr. M. vom 27.05.2015 (Blatt 63/106 des Beihefts zur Senatsakte), Dr. B.-V. vom 28.05.2011 (Blatt 107/120 des Beihefts zur Senatsakte), des Anästhesisten und Schmerztherapeuten Dr. K. vom 21.06.2014 (Blatt 121/141 des Beihefts zur Senatsakte), des Dipl.-Psych. B. vom 30.06.2014 (Blatt 143/144 des Beihefts zur Senatsakte), des Facharztes für Innere Medizin, Kardiologie Dr. B. vom 21.07.2014 (Blatt 146/149 des Beihefts zur Senatsakte) sowie - das neurologisch-psychiatrische, schmerzmedizinische Gutachten vom 17.09.2014 des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Schmerztherapie Dr. W. (Blatt 161/194 des Beihefts zur Senatsakte), der bei der Klägerin chronische, vorwiegend im Bereich der linken Körperhälfte lokalisierte Schmerzen, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Adipositas (BMI 29,7), gynäkologische Erkrankungen mit operativen Eingriffen sowie eine Laktoseunverträglichkeit, eine Anpassungsstörung und eine rezidivierende depressive Störung feststellen konnte, jedoch ein Fibromyalgiesyndrom ausschließen konnte, ebenfalls eine rheumatoide Arthritis.

Die Klägerin erklärte hierzu, keine Einsicht in diese Unterlagen nehmen zu wollen, da diese ihr bereits vorlägen (Blatt 50 der Senatsakte). Die Beklagte hat Einsicht in die Unterlagen des Beihefts genommen und mit Schreiben vom 22.01.2015 eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 19.01.2015 (Blatt 53/56 der Senatsakte) vorgelegt. Das Gutachten von Dr. W. ändere im Ergebnis nichts am bisherigen GdB von 40 für sämtliche psychischen Funktionseinschränkungen inkl. der psychischen Auswirkungen bestehender Schmerzen, wenn man davon ausgehe, dass dieser GdB bereits der Obergrenze des Ermessensspielraumes für eine stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit entspreche. Zeichen einer schwergradigen depressiven Erkrankung hätten sich ausdrücklich nicht gefunden. Im Gutachten sei eine somatoforme Schmerzstörung festgestellt, ein Fibromyalgiesyndrom konnte dagegen nicht bestätigt worden. Da beim gegenwärtigen medizinischen Wissensstand das Fibromyalgiesyndrom möglicherweise nichts anderes als eine somatoforme Schmerzstörung sei, könne es dahingestellt bleiben, ob man nun die Diagnose "Fibromyalgiesyndrom" feststellen wolle oder nicht. Entscheidend sei, dass die bestehenden Schmerzen mit dem bisherigen GdB entsprechend berücksichtigt seien. Zeichen einer rheumatoiden Arthritis seien nicht festgestellt. Eine Adipositas permagna, bestehe bei einem BMI von 29,7 nicht, eine einfache Adipositas ändere am GdB von 10 nichts.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 59, 60 = 61 der Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.

Gegenüber dem der GdB-Feststellung zuletzt zugrundeliegenden Bescheid des LRA vom 03.04.2012, mit dem das LRA bei der Klägerin einen GdB von 30 festgestellt hatte, ist eine rechtserhebliche wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten. Der Klägerin steht seit 22.10.2012 ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 zu. Dieser Änderung haben das LRA und der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2013 ausreichend Rechnung getragen, die Klägerin wird daher nicht in ihren Rechten verletzt.

Gegenstand des Verfahrens ist auch der Antrag der Klägerin vom 26.11.2012 (Blatt 73/74 der Beklagtenakte), denn maßgeblicher Beurteilungszeitraum der vorliegenden kombinierten (§ 56 SGG) Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) ist der Zeitraum von Antragstellung bis zur letzten mündlichen Verhandlung; in diesen Zeitraum fällt auch der genannte Antrag von 26.11.2012.

Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst im Allgemeinen nach Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.

Die Bemessung des Gesamt GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Da-nach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.

Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die Funktions-behinderungen, die im Allgemeinen in den einzelnen Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) bewertet werden, in ihrer Gesamtschau bei der Klägerin einen Gesamt-GdB von 50 nicht rechtfertigen, weshalb sie keinen Anspruch auf Feststellung eines entsprechenden GdB hat und die Berufung zurückzuweisen war.

Der Senat konnte auf gynäkologischem Fachgebiet – nach A Nr. 2 Buchst. e) VG dem Funktionssystem des (weiblichen) Geschlechtsapparates zugeordnet – einen Zustand nach Hyterektomie (Gebärmutterentfernung) und Adnexektomie/Adnektomie (Eileiterentfernung) im Januar 2012 sowie Ovarektomie im Jahr 2012 feststellen. Ausweislich der von Dr. H. vorgelegten Berichte (Blatt 34, 35 der SG-Akte, Blatt 121 der Beklagtenakte) gab es keinen Anhalt für einen malignen Tumor. Da die Familienplanung der Klägerin 2012 offensichtlich bereits abgeschlossen war - der jüngste von 3 leiblichen Kindern war zu diesem Zeitpunkt bereits 14/15 Jahre alt - und ein Kinderwunsch auch nicht vorgetragen worden ist, ein Gebärmuttertumor und auch ein maligner Eierstocktumor nicht vorlag, ist der Teil-GdB insoweit mit 0 zu bewerten; auch eine Heilungsbewährung war daher nicht abzuwarten. Alleine ein erhöhter Tumormarker ohne feststellbaren Tumor bedingen keine GdB-Bewertung. Im Übrigen konnte Dr. H. lediglich die Entfernung einer Peritonealzyste links im Unterbauch, abdominelle Schmerzen ohne organischen Befund sowie eine häufige Defäkationsfrequenz (vgl. Blatt 123 der Beklagtenakte) mitteilen, die er insgesamt als leichte Gesundheitsstörung bezeichnete. Er hielt mit dem Beklagten und Dr. Dr. M. einen Einzel-GdB von 10 für angemessen. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat den vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB von 10 jedenfalls als nicht zu Lasten der Klägerin zu niedrig feststellen.

Im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion ist die Adipositas der Klägerin zu bewerten. Bei einem Gewicht von zuletzt 80 kg (Blatt 176 des Beihefts zur Senatsakte = Seite 16 des Gutachtens Dr. W.) bei einer Größe von 164 cm errechnet sich ein BMI von 29,7 kg/m2, was einer Praeadipositas, keiner Adipositas per magna entspricht. Soweit die Klägerin bei Antragstellung im Oktober 2012 noch 116 kg bei 166 cm gewogen hatte (vgl. Rehabericht vom 13.11.2012, Blatt 56 der Beklagtenakte) betrug der BMI 42,09 kg/m2. Nach B Nr. 15.3 VG 15.3 bedingt die Adipositas allein keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen; gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna. Jedoch konnte außer einer funktionell unbedeutenden chronischen Perimyokarditis (Herzmuskelentzündung) und eines vorübergehenden Perikardergusses, der sich vollständig zurückgebildet hat (vgl. Bericht Dr. Bopp, Blatt 146/147 des Beihefts zur Senatsakte) eine kardiale oder lungenfunktionell wirksame Erkrankung nicht festgestellt werden (vgl. Berichte Dr. B., Blatt 146/147 ff. des Beihefts zur Senatsakte sowie Bericht der Ärztin K., Rechbergklinik B., vom 20.09.2013, Blatt 35/38 des Beihefts zur Senatsakte). So waren EKG und Herzenzyme unauffällig (Bericht der Ärztin K., Rechbergklinik B., vom 22.12.2012, Blatt 41/42 des Beihefts zur Senatsakte); zuletzt hatten auch Dres. B. et al. (Bericht vom 20.03.2014, Blatt 79/81 des Beihefts zur Senatsakte) über eine unauffällige kardiologische Untersuchung berichtet. Auch im Rehabericht vom 13.11.2012 wurde ein unauffälliger Herz- und Lungenbefund mitgeteilt (Blatt 56 der Beklagtenakte). Vor diesem Hintergrund war der vom Beklagten auch zuletzt noch angesetzte Einzel-GdB für die Adipositas zum Zeitpunkt der Antragstellung gerechtfertigt, zuletzt aber jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin zu niedrig angesetzt.

Auch die nicht ausreichend substituierte Hyperthyreose (vgl. Bericht der Ärztin K.i, Rechbergklinik B., Blatt 35/38 des Beihefts zur Senatsakte), eine Schilddrüsenunterfunktion, bedingt bei der Klägerin keine Erhöhung des GdB im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion. Denn Organkomplikationen, die auch gesondert zu beurteilen wären, liegen ebenso wenig vor, wie konkret benennbare funktionelle Beeinträchtigungen.

Einen GdB für aus einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung folgende Funktionsbehinderungen konnte der Senat nicht annehmen. Nach B Nr. 15.1 VG sind bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen (zur Bewertung entzündlich-rheumatischer Krankheiten vgl. B Nr. 15.2.1 VG). Voraussetzung ist jedoch, dass eine solche Erkrankung objektiviert ist. Lediglich Verdachtsdiagnosen oder nicht objektivierte anamnestische Angaben genügen hierfür nicht. Der Senat konnte weder in einem einzelnen Funktionssystem noch ein Funktionssystem übergreifend eine entzündliche rheumatische Erkrankung feststellen. Zwar hat die Klägerin eine rheumatische Arthritis angegeben (vgl. Antrag vom 22.10.2012), teilweise wurde auch undifferenziert eine Rheumaerkrankung angenommen. Doch hat keiner der Ärzte diese Krankheit objektivieren können. Vielmehr wurde jeweils immer eine anamnestische Angabe der Klägerin zugrunde gelegt. So haben z.B. Dres. B./Dr. B.-V. der Rheumatischen Schwerpunktpraxis durchgehend lediglich anamnestisch – alleine auf den Angaben der Klägerin beruhend – ein oligoarthritisches Syndrom sowie eine rheumatoide Arthritis angenommen (vgl. z.B. Bericht vom 20.03.2014, Blatt 79/81 des Beihefts zur Senatsakte), jedoch darauf hingewiesen, dass trotz entsprechender Aufforderung entsprechende ärztliche Berichte nie vorgelegt worden waren (a.a.O. und Bericht vom 28.05.2015 Blatt 107 ff. des Beihefts zur Senatsakte; s. z.B. auch Blatt 86 des Beihefts zur Senatsakte), kein Hinweis auf die Reaktivierung einer entzündlich-rheumatischen Grunderkrankung vorhanden war und Gelenkschwellungen, Gelenkentzündungen oder Gelenkdeformitäten – trotz fehlender rheumatologischen Basisbehandlung - nie vorhanden waren (vgl. auch Blatt 185 des Beihefts zur Senatsakte = Seite 25 des Gutachtens Dr. W.). Lediglich ein erhöhter Rheumafaktor bei jedoch normwertigem Anti-CCP-Antikörper-Wert deuten auf eine rheumatische Erkrankung hin. Da jedoch der erhöhte Rheumafaktor alleine keine funktionellen Auswirkungen zeitigt, konnte der Senat insoweit keine rheumatoide Erkrankung feststellen. Dies wird auch durch den Gutachter Dr. W. bestätigt (Blatt 185 des Beihefts zur Senatsakte = Seite 25 des Gutachtens). Damit konnte für eine rheumatische Erkrankungen und den daraus folgenden funktionellen Behinderungen vorliegend ein GdB nicht angenommen werden.

Auch konnte der Senat eine Fibromyalgieerkrankung nicht annehmen. Insoweit gilt nach B Nr. 18.3 VG bzw. B Nr. 18.4 VG, dass es bei der Beurteilung nicht-entzündlicher Krankheiten der Weichteile auf Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie auf die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand an und die Fibromyalgie jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen ist. Der Gutachter Dr. W. konnte überzeugend und entgegen Dres. B./Dr. B.-V. darlegen, dass die Kriterien eines Fibromyalgiesyndroms nicht erfüllt seien. Insbesondere betrifft der anhaltende Körperschmerz der Klägerin im Wesentlichen lediglich die linke Körperhälfte, was gegen ein Ganzkörperschmerzsyndrom spricht (Blatt 185 des Beihefts zur Senatsakte = Seite 25 des Gutachtens Dr. W.); dem steht auch nicht die Berichtslage der Dres. B./Dr. B.-V. entgegen, die zwar über eine Schmerzhaftigkeit aller 18 Tenderpoints berichtet haben, jedoch immer wieder Schmerzen der linken Seite besonders beschrieben haben.

Aber selbst das Vorliegen einer Fibromyalgieerkrankung angenommen, wären deren funktionellen Auswirkungen alleine im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche zu bewerten. Denn bei den insoweit zu berücksichtigenden Schmerzen handelt es sich um solche, die gerade einem konkreten Funktionssystem nicht mehr zugeordnet werden können und daher nach der Rechtsprechung des Senats im Rahmen der psychischen Bewertungen zu berücksichtigen sind. Insoweit überschneidet sich die Erkrankung sowohl in den Voraussetzungen als auch der Bewertung der funktionellen Beeinträchtigungen vollständig mit dem bei der Klägerin vorliegenden chronischen Schmerzsyndrom i.S.e. somatoformen Schmerzstörung, die der Gutachter Dr. W. darlegen konnte. Neben dieser Erkrankung besteht bei der Klägerin eine depressive Erkrankung in Kombination mit einer Anpassungsstörung (vgl. u. a. PD Dr. W., Bl. 180 Beiheft zu Senatsakte), die durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H.z sowie den Dipl.-Psych. B. therapiert wird.

Nach den verbindlichen Vorgaben von B Nr. 3.7 VG eröffnen leichtere psychovegetative oder psychische Störungen den Bewertungsrahmen von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) sind mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50 bis 70 und bei schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Im Ergebnis richtet sich die GdB-Bemessung nach den funktionellen Auswirkungen der vorhandenen Erkrankungen.

Solche funktionellen Auswirkungen hat der Senat in einem gewissen sozialen Rückzug erkennen können. Die Klägerin hat – so ist es dem Gutachten von Dr. W. und auch vielen Arztberichten zu entnehmen – außer zu den Familienangehörigen kaum Kontakt. Gegen einen vollständigen sozialen Rückzug spricht jedoch der stetige Kontakt mit ihren Kindern, die häufigen Arztbesuche, auch der mit verschiedenen Geschwistern bestehende gute Kontakt (Blatt 29 des Beihefts zur Senatsakte, Bericht Dr. L. vom 30.03.2012), das manchmalige Spazierengehen mit der Tochter (Blatt 176 des Beihefts zur Senatsakte = Seite 16 des Gutachtens Dr. W.) aber auch der Besuch des Fitnessstudios (vgl. Bericht Dr. K., Rechbergklinik B., Blatt 36 des Beihefts zur Senatsakte). Sie hat – bedingt durch die Schmerzen – ihren Tagesablauf reduziert (zum Tage. W.) und alltägliche Erledigungen sowie Haushaltstätigkeiten deutlich reduziert, jedoch nicht vollständig aufgegeben (vgl. Blatt 175/176 des Beihefts zur Senatsakte = Seite 15/16 des Gutachtens Dr. W., wonach sie aufräumt, Mittagessen kocht). Dass dieser Tagesablauf nicht mehr strukturiert wäre, wie die Klägerin vortragen lässt, konnte der Senat aber nicht erkennen. Denn die Klägerin steht regelmäßig zwischen 3:00 Uhr und 4:00 Uhr auf und geht bewusst nachts spazieren, um niemandem zu begegnen. Sie isst abends gemeinsam mit den Kindern und wartet tagsüber auf deren Rückkehr von Arbeit, Ausbildung bzw. Fitnessstudio (vgl. Blatt 175/176 des Beihefts zur Senatsakte = Seite 15/16 des Gutachtens Dr. W.). Gerade das nächtliche Spazierengehen – so ungewöhnlich es auch sein mag und ein Hinweis auf einen sozialen Rückzug darstellt – zeigt, dass die Klägerin sehr wohl noch in der Lage ist, ihren Tagesablauf an ihre Erkrankung und ihre persönlichen Bedürfnisse anzupassen. Auch die häufigen Arztbesuche, oft zusammen mit einem der Kinder als Übersetzer, zeigen, dass die Klägerin in der Lage ist, Termine wahrzunehmen und ihren Tag darauf einzustellen. Damit haben die von den Ärzten durchgängig beschriebenen Schmerzen zwar wesentliche Bedeutung für die Gestaltung des Alltages und die Teilhabe, doch ist diese nicht vollständig ausgeschlossen. Insoweit konnte der Senat unter Berücksichtigung der sich im Hinblick auf die Schmerzen und psychischen Folgen vollständig überlagernden Krankheitsbilder der somatoformen Schmerzstörung/Fibromyalgiesyndrom und der Depression von einem Einzel-GdB von 40 ausgehen. Einen höheren Einzel-GdB konnte der Senat nicht annehmen, denn weder das Krankheitsbild noch die funktionellen Auswirkungen sind im Fall der Klägerin schweren Störungen, die der Gesetzgeber beispielhaft mit schweren Zwangskrankheiten umschrieben hat, vergleichbar, weshalb ein GdB von 50 nicht angenommen werden konnte. Alleine – wie auch immer gewichtige - sozialen Anpassungsschwierigkeiten ohne Vorliegen einer schweren Störung rechtfertigen es nicht, den GdB-Rahmen von 50 zu eröffnen.

Die von der Klägerin ohne nähere Angaben im Antrag angegebenen Traumata bedingen als solche keine funktionellen Beeinträchtigungen und konnten daher keinen eigenständigen Einzel-GdB rechtfertigen. Soweit die Traumata jedoch im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen bzw. Funktionsdefiziten stehen, wurden diese dort berücksichtigt.

Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Nachdem der Senat die ärztlichen Unterlagen des Rentenverfahrens beigezogen hatte, musste er kein weiteres Gutachten von Amts wegen einholen, sodass der Beweisanregung der Klägerin nicht nachzukommen war. Im Übrigen hat sie mit der bedingungslosen Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu erkennen gegeben, dass sie Beweisanträge nicht mehr aufrecht erhalten will (vgl. BSG, Beschluss vom 14.12.1999 - B 13 RJ 219/99 R, juris). Das gilt auch soweit sie beantragt hatte, Kinder, den Ehemann, den Dipl.-Psych. B. zu ihrer Wohnsituation, zur Erledigung von Hausarbeiten, der Möglichkeit zur Strukturierung des Tagesablaufs und der Behandlung als Zeugen zu befragen. Darüber hinaus war der Senat auch nicht gehalten, diese Zeugen von Amts wegen zu befragen.

Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB mit 40, gebildet aus Teil-GdB-Werten von - 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (Depression/somatoforme Schmerzstörung), - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der weiblichen Geschlechtsorgane und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Stoffwechsels/innere Sekretion (Adipositas) - wobei Teil-GdB-Werte von 10 regemäßig nicht erhöhend wirken - zu bemessen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass ausgehend vom Einzel-GdB von 40 für das Funktionssystem der Psyche lediglich Werte von 10, die nach A Nr. 3 Buchst. d) ee) VG als leichte Gesundheitsstörungen – von vorliegend nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen.

Mit dem vom Senat festgestellten Gesamt-GdB von 40 hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Änderung des angefochtenen Bescheid und höhere (Neu-)Feststellung des GdB.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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