L 8 SB 4223/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 2851/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4223/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 05.09.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr).

Das Versorgungsamt Ravensburg stellte bei dem 1941 geborenen Kläger zuletzt in Ausführung eines Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Konstanz vom 05.08.2003 (Az.: S 3 SB 2189/00) mit Bescheid vom 14.08.2003 einen Grad der Behinderung (GdB) von 80 seit 01.01.2002 fest. Dem lagen folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde (Bl. 209 der Verwaltungsakte Band I):

- seelische Störung (Teil-GdB 50), - Unfallfolgen laut Bescheid der Württembergischen Bau-Berufsgenossenschaft vom 28.07.1986 (Teil-GdB 20), - Harnwegsbeschwerden und Beschwerden beim Geschlechtsverkehr (Teil-GdB 20), - degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, entzündliche Erkrankungen der Wirbelkörper und entzündliche Erkrankung der Bandscheiben (Teil-GdB 30), - Schädigungsfolgen nach dem SVG laut Bescheid vom 17.02.1971 (Teil-GdB 10) und - Diabetes mellitus (mit Diät und oralen Antidiabetika einstellbar) (Teil-GdB 10).

Der Kläger beantragte am 17.08.2004 die Feststellung des Merkzeichens "G". Der Antrag wurde vom Landratsamt S. mit Bescheid vom 06.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums S. vom 19.01.2006 abgelehnt. Das dagegen vor dem Sozialgericht Konstanz geführte Klageverfahren (Az.: S 1 SB 483/06) blieb erfolglos (Bl. 252 und 262 der Verwaltungsakte Band II).

Der Kläger beantragte am 10.10.2012 beim Landratsamt Sigmaringen erneut die Feststellung des Merkzeichens "G". Zur Begründung machte er Wirbelsäulenbeschwerden infolge eines 1984 erlittenen Arbeitsunfalls, Beeinträchtigungen nach einem Beckenbruch und Folgen eines Oberschenkelhalsbruchs geltend.

Der Beklagte zog einen Arztbrief des behandelnden Orthopäden Dr. H. vom 30.07.2012, ein für die BG Bau wegen eines Arbeitsunfalls vom 14.12.1984 erstelltes Rentengutachten zur Nachprüfung der MdE von dem Chirurgen Dr. S. und einen Bescheid der BG Bau über die Ablehnung einer Rentenerhöhung vom 21.02.2012 bei (Bl. 303 und 305 bis 309 der Verwaltungsakte Band II).

Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. Z, welcher unter dem 30.11.2012 die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers wie bereits im Bescheid vom 14.08.2003 vorgenommen bewertete und zusätzlich eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke mit einem Teil-GdB von 10 feststellte sowie die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" verneinte, lehnte das Landratsamt S. - Versorgungsamt - den "Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB und Feststellung des Merkzeichens "G" mit Bescheid vom 03.01.2013 ab (Bl. 312 bis 315 der Verwaltungsakte Band II).

Dagegen legte der Kläger vertreten durch den VDK mit Schreiben vom 24.01.2013 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er vortragen ließ, die bei ihm vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen rechtfertigten die Zuerkennung eines Gesamt-GdB von 100. Zudem wirkten sich die im Bereich der Wirbelsäule erlittenen Brüche, der Oberschenkelhalsbruch und die Beeinträchtigung im Bereich beider Hüftgelenke negativ auf die Gehfähigkeit des Klägers aus, sodass er nicht mehr in der Lage sei, eine ortsübliche Gehstrecke von zwei Kilometern innerhalb von 30 Minuten zurückzulegen (Bl. 318 und 325 bis 327 der Verwaltungsakte Band II).

Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. G., welcher unter dem 23.04.2013 eine Ablehnung der Erhöhung des GdB und einer Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorschlug, wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2013 als unbegründet zurück (Bl. 336 der Verwaltungsakte Band II).

Dagegen erhob der Kläger vertreten durch den VDK Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), zu deren Begründung er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholte.

Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 16/23 und 24/36 der SG-Akte verwiesen.

Der Orthopäde Dr. H. teilte dem SG unter dem 29.01.2014 mit, er schätze den GdB auf 40 aufgrund einer mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkung in zwei Wirbelsäulenabschnitten sowie ausgeprägtem Knorpelschaden am rechten Kniegelenk und ständig geklagten und als therapieresistent anzusehenden Schmerzzuständen der Wirbelsäule bei Claudicatio-Spinalis-Situation. Die Bewegungsfähigkeit des Klägers im Straßenverkehr sei durch die Kniearthrose bzw. durch ausgeprägte Knorpelschäden am rechten Kniegelenk und durch eine Engstelle des Rückenmarkkanals bei L4/5 beeinträchtigt.

Der Allgemeinmediziner und Hausarzt des Klägers Dr. M. übersandte dem SG Arztbriefe des Orthopäden Dr. H. vom 26.04.2013, vom 10.06.2013 und vom 17.09.2013, einen Arztbrief des Urologen Dr. K. vom 16.07.2013, einen Arztbrief des Chirurgen Dr. S. vom 10.05.2011, einen Arztbrief der Neurologin Dr. B.-L. vom 23.04.2013, einen Arztbrief des Radiologen Dr. Dr. J. vom 23.04.2013 sowie einen Entlassungsbericht der AOK-Klinik S. vom 03.09.2013 über eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers vom 08.08.2013 bis 05.09.2013.

Mit Gerichtsbescheid vom 05.09.2014 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte das SG aus, eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers, welche eine Zuerkennung eines höheren GdB als 80 rechtfertigen könne, sei nicht festzustellen. Hinweise auf eine wesentliche Verschlimmerung des bisher mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigten Wirbelsäulenleidens seien der Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. H. nicht zu entnehmen. Im Hinblick auf die seelische Störung des Klägers könne dahingestellt bleiben, ob insoweit überhaupt noch ein Einzel-GdB von 50 angemessen sei, da der Kläger sich nicht in fachärztlicher Behandlung befinde. Auch hinsichtlich der Unfallfolgen laut Bescheid der Württembergischen Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft vom 28.07.1986 sei keine Verschlimmerung ersichtlich. Der Kläger habe deswegen ein Verfahren vor dem SG mit dem Aktenzeichen S 11 U 1612/12 geführt und die Klage nach Einholung eines Gutachtens von Dr. K. zurückgenommen. Hinsichtlich der Harnwegsbeschwerden und der Beschwerden beim Geschlechtsverkehr könne dahingestellt bleiben, ob überhaupt noch ein Einzel-GdB von 20 vorliege. Eine Verschlimmerung der Schädigungsfolgen nach dem SVG laut Bescheid vom 17.02.1971 sei nicht ersichtlich. Schließlich könne dahingestellt bleiben, ob der Diabetes mellitus und eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigen seien, da diese den Gesamt-GdB nicht erhöhten. Ferner seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht gegeben. In Anbetracht der Tatsache, dass für die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule kein höherer Einzel-GdB als 30 und für das Hüftleiden kein höherer Einzel-GdB als 10 anzunehmen sei, sei nicht ersichtlich, weshalb die Gehfähigkeit des Klägers soweit eingeschränkt sein solle, dass er nicht mehr ortsübliche Strecken zu Fuß zurücklegen könne.

Gegen den dem VDK am 09.09.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger vertreten durch den VDK S. am 08.10.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Der Berufungsschriftsatz vom 07.10.2014 enthält nur eine Berufungserhebung "wegen des Merkzeichens "G". Zudem ist dort der Hinweis erhalten, dass das Berufungsverfahren von der Berufungsabteilung der VDK-Sozialschutz GGmbH in S. bearbeitet werde (Bl. 1 der Senatsakte). Mit Schriftsatz vom 22.10.2014, beim LSG eingegangen am 23.10.2014, hat der VDK S. angezeigt, dass er sich "in das anhängige Berufungsverfahren einschaltet". Antrag und Begründung würden nachgereicht. Der Schriftsatz enthält den Betreff "wegen Höhe des GdB, Merkzeichen "G" (Bl. 5 der Senatsakte). Die Berufung ist trotz Erinnerung nicht begründet worden. Vielmehr hat der VDK S. mit Schriftsatz vom 07.01.2015 unter dem Betreff "Merkzeichen "G" mitgeteilt, dass das Mandat niedergelegt werde (Bl. 15 der Senatsakte).

Nachdem die Berichterstatterin mit Terminsverfügung vom 12.03.2015 Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf den 02.04.2015 bestimmt hatte, hat der Kläger am 02.04.2015 telefonisch mitgeteilt, er könne den Termin krankheitsbedingt nicht wahrnehmen. Ein ärztliches Attest hat der Kläger trotz gerichtlicher Aufforderung nicht vorgelegt. Einen mit Terminsverfügung vom 13.04.2015 auf den 28.05.2015 erneut bestimmten Termin zur Erörterung des Sachverhalts hat der Kläger ohne Entschuldigung nicht wahrgenommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Konstanz vom 05.09.2014 und des Bescheids des Landratsamts Sigmaringen - Versorgungsamt - vom 03.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 31.10.2013 zu verurteilen, bei ihm seit dem 10.10.2012 das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" festzustellen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Band I und II) sowie die Akten des Sozialgerichts Konstanz und des Senats verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.

Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist allein die Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G", nicht jedoch die Erhöhung des bislang festgestellten Gesamt-GdB von 80. Der Kläger hat mit seinem Antrag vom 10.10.2012 zunächst lediglich die Feststellung des Merkzeichens "G", nicht hingegen die Erhöhung des GdB beantragt. Demgegenüber hat das Landratsamt S. - Versorgungsamt - mit Bescheid vom 03.01.2013 sowohl die Feststellung des Merkzeichens "G" als auch eine nicht beantragte Neufeststellung des GdB abgelehnt. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger erstmals vertreten durch den VDK neben der Feststellung des Merkzeichens "G" auch die Erhöhung des GdB von 80 auf 100 beantragt, was das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2013 beides abgelehnt hat. Das SG hat im streitgegenständlichen Gerichtsbescheid vom 05.09.2014 sowohl die Klage auf die Erhöhung des GdB als auch auf die Feststellung des Merkzeichens "G" abgewiesen. Der Berufungsschriftsatz des VDK S. vom 07.10.2014 enthält ausdrücklich den Betreff "wegen Merkzeichen "G"". Der Senat versteht die von dem rechtskundig durch den VDK vertretenen Kläger eingelegte Berufung dahingehend, dass sie ausschließlich wegen des Merkzeichens "G", nicht hingegen wegen der Erhöhung des GdB eingelegt ist. Eine Begründung der Berufung, der möglicherweise Gegenteiliges zu entnehmen sein könnte, wurde weder vom VDK, noch nach Mandatsniederlegung durch den VDK vom Kläger selbst abgegeben. Bei der Erhöhung des GdB einerseits und der Feststellung des Merkzeichens "G" andererseits handelt es sich um zwei voneinander unanhängige Streitgegenstände (vgl. BSG, Beschluss vom 12.12.1995; Az.: 9 BVs 28/95; juris Rn. 4 m.w.N.). Damit ist die Berufung nur wegen des Merkzeichens "G" eingelegt worden, d.h. ist der Gerichtsbescheid des SG vom 05.09.2014 ist auch nur in diesem Umfang angefochten worden. In Bezug auf den von der Feststellung des Merkzeichens "G" unabhängigen Streitgegenstand Erhöhung des GdB ist der Gerichtsbescheid rechtskräftig geworden. Soweit der VdK S. im Betreff seines Schriftsatzes vom 22.10.2014 "wegen Höhe des GdB; Merkzeichen "G" nennt, aber keine weitere Begründung der Berufung abgibt, ist eine damit möglicherweise wegen der Höhe des GdB eigelegte Berufung nicht mehr innerhalb der Berufungsfrist erhoben. Dieser Streitgegenstand wird im Betreff des Schreibens des VdK vom 07.01.2015 auch nicht mehr benannt. Die Mandatsniederlegung wird darin angezeigt im Verfahren "wegen Merkzeichen G". Folglich ist Streitgegenstand der zulässig erhobenen Berufung alleine die Feststellung des Merkzeichens "G".

Die so verstandene zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 05.09.2014 die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts Sigmaringen - Versorgungsamt - vom 03.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 31.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit darin die Feststellung des Merkzeichens "G" abgelehnt wird. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "G".

Gemäß § 145 Abs. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.

Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 9/9a RVs 1/91 BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 9 RVs 4/95 SozR 3 3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 9a/9 RVs 7/89 BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1). Die AHP besaßen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhten. Sie waren vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirkten, und deshalb normähnliche Auswirkungen hatten. Auch waren sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (vgl. BSGE 72, 285, 286; BSG SozR 3 3870 a.a.O.).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG (jetzt: § 30 Abs. 16 BVG) zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB.

Bislang konnte sich der Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht auf die VG (Teil D Ziff. 1) berufen. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthielten nach Auffassung des Senats weder § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis 30.06.2011 bzw. § 30 Abs. 16 BVG in der ab 01.07.2011 gültigen Fassung, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, Juris PR-SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche war bislang auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich "G" (und "aG") waren damit nach ständiger Rechtsprechung des Senats mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 - und vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 -, beide veröffentlicht in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; so auch der 6. Senat des LSG Baden-Württemberg, vgl. stellvertretend Urteil vom 04.11.2010 - L 6 SB 2556/09 -, unveröffentlicht; offenlassend der 3. Senat, vgl. Urteil vom 17.07.2012 - L 3 SB 523/12 - unveröffentlicht). Rechtsgrundlage waren daher bislang allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung anzuwendenden Grundsätze.

Das Tatbestandsmerkmal der im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegten Wegstrecke des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte (grundlegend BSG Urt. vom 10.12.1987 9a RVs 11/87 , SozR 3870 § 60 Nr. 2; BSG Urteil vom 13.08.1997 9 RVS 1/96 , SozR 3 3870 § 60 Nr. 2) die Bewältigung von Wegstrecken von zwei km in einer halben Stunde ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall. Sowohl die Gesetzesmaterialien zur gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG 1979 als auch die AHP 1983 (Seite 123, 127f) enthielten keine Festlegung zur Konkretisierung des Begriffs der im Ortsverkehr üblichen Wegstrecke. Diese Festlegung geht auf eine in der Verwaltungs und Gerichtspraxis gegriffene Größe von 2 km zurück, die als allgemeine Tatsache, welche zur allgemeingültigen Auslegung der genannten Gesetzesvorschrift herangezogen wurde, durch verschiedene Studien (vgl. die Nachweise in BSG, Urt. vom 10.12.1987 a.a.O.) bestätigt worden ist. Der außerdem hinzukommende Zeitfaktor enthält den in ständiger Rechtsprechung bestätigten Ansatz einer geringeren Durchschnittsgeschwindigkeit als die von fünf bis sechs km pro Stunde zu erwartende Gehgeschwindigkeit rüstiger Wanderer, da im Ortsverkehr in der Vergleichsgruppe auch langsam Gehende, die noch nicht so erheblich behindert sind wie die Schwerbehinderten, denen das Recht auf unentgeltliche Beförderung zukommt, zu berücksichtigen sind (vgl. BSG Urteil vom 10.12.1987, a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass infolge des Zeitablaufs sich die Tatsachengrundlage geändert haben könnte, hat der Senat nicht. Der Senat legt daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 02.10.2012 L 8 SB 1914/10 , juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) diese Erkenntnisse weiter der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der ortsüblichen Wegstrecken i.S.v. § 146 Abs. 1 SGB IX zugrunde, auch wenn die entsprechenden Regelungen der VG zu dem Nachteilsausgleich "G" wie oben ausgeführt nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats unwirksam waren (ebenso der 3. und 6. Senat des LSG Baden Württemberg, Urteile vom 17.07.2012 a.a.O. und vom 04.11.2010 a.a.O.).

Zwischenzeitlich hat jedoch der Gesetzgeber mit Wirkung zum 15.01.2015 in § 70 Abs. 2 SGB IX eine Verordnungsermächtigung eingeführt und in § 159 Abs. 7 SGB IX eine Übergangsregelung getroffen (eingefügt durch Art. 1a des am 15.01.2015 in Kraft getretenen Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 07.01.2015; BGBl. II S. 15).

§ 70 Abs. 2 SGB IX in der Fassung vom 07.01.2015 lautet nunmehr: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Von der Verordnungsermächtigung ist bislang kein Gebrauch gemacht worden.

Nach der ebenfalls am 15.01.2015 in Kraft getretenen Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX in der Fassung vom 07.01.2015 gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des Bundesversorgungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.

Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber mit der Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX ab dem 15.01.2015 wirksam und mit hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" geschaffen (insoweit offen lassend der 3. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Urteil vom 13.05.2015 - L 3 SB 1100/14 -). Soweit eine entsprechende Anwendung der Maßstäbe der VersMV durch das Gesetz angeordnet ist, lässt sich dem Wortlaut hinreichend deutlich die Regelung für Merkzeichen entnehmen, dass die Bewertungsmaßstäbe der VG Teil D unmittelbar anzuwenden sind. Der Regelung der mit Wirkung zum 01.01.2009 erlassenen VersMV ist bis zum Erlass einer neuen Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX damit praktisch Gesetzescharakter verliehen worden (so auch der 6. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Urteil vom 21.04.2015 - L 6 SB 3121/14 - unter Verweis auf BT-Drs. 18/3190, S. 5, - mittlerweile veröffentlicht in juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Die so geschaffene Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" entfaltet nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 22.05.2015 - L 8 SB 70/13 - juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) jedoch keine Rückwirkung, sondern ist erst ab dem Datum des Inkrafttretens am 15.01.2015 wirksam. Eine Rückwirkung ist in der Übergangsbestimmung gesetzlich nicht geregelt worden, weshalb die gesetzliche Neuregelung erst am Tag des Inkrafttretens Gültigkeit erlangt. Dies ergibt sich auch aus der Begründung zu der Neufassung von § 70 Abs. 2 und § 159 Abs. 7 SGB IX, mit der der Gesetzgeber die Zweifel, ob § 30 Abs. 16 BVG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung (zusätzlich gemeint wohl: für die Feststellung von Merkzeichen) darstellt, ausräumen will, so dass die Versorgungsmedizinverordnung "künftig auf beide Ermächtigungsnormen" gestützt werden kann (BT-Drs. 18/3190, S. 5 zu Nummer 2), also eine Regelung für die Zukunft beabsichtigt. Zudem geht der Gesetzgeber mit der Schaffung der Übergangsregelung davon aus, dass "in der Übergangszeit das derzeitige Recht weiter Anwendung findet" (BT-Drs. 18/3190, S. 5 zu Nummer 3).

Folglich stellt der Senat für die Zeit bis zum 14.01.2015 auf die von der Rechtsprechung für die Feststellung des Merkzeichens "G" entwickelten Kriterien und für die Zeit ab dem 15.01.2015 auf die in den VG geregelten Kriterien ab. Vorliegend führt ein Abstellen auf die VG indes zu keinem anderen Ergebnis für den Kläger, weil die dort geregelten Kriterien für die Vergabe des Merkzeichens "G" jenen oben dargestellten gesetzlichen Bestimmungen und den in ständiger Rechtsprechung konkretisierten Auslegungskriterien im Wesentlichen entsprechen bzw. diese noch weiter konkretisieren. So heißt es in Teil D Ziff. 1b VG: In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalls an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d.h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei km, die in etwa einer halben Stunden zurückgelegt wird. Unter Teil D Ziff. 1d VG heißt es weiter: Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen.

Der Senat konnte aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht feststellen, dass beim Kläger eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens vorliegt. Weder ist ein für sich festzustellender GdB 50 für die Wirbelsäulenbeeinträchtigung (Einzel-GdB 20 oder allenfalls 30) und der unteren Gliedmaßen gegeben (Einzel-GdB 20) noch finden sich besonders auf die Gehfähigkeit auszuwirkende Funktionseinschränkungen.

Der Kläger hat am 14.12.1984 einen Arbeitsunfall erlitten, als er als Maurer von einem Baugerüst stürzte. Dabei hat er im Wesentlichen eine inzwischen ausgeheilte Kompressionsfraktur des zehnten und elften Brustwirbelkörpers sowie eine mittlerweile auch knöchern fest abgeheilte Vorderkantenabsprengung des Brustwirbelkörpers zwölf sowie eine ausgeheilte Symphysensprengung erlitten. Daraus resultiert eine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule sowie ein chronisches Wirbelsäulenschmerzsyndrom. Weiter leidet der Kläger unter einer beidseitigen Lumboischialgie bei Osteochondrose, einer beidseitigen Spondylarthrose sowie einer zentralen spinalen Stenose und einem kleinem, rechts dorsolateralem Diskusprolaps L4/5. Ferner liegen beim Kläger eine Innenmeniskusläsion rechts, eine Femuropatellararthrose mit Chondropathie Grad 4 sowie eine Cox- und Gonarthrose rechts vor. Dies entnimmt der Senat dem Bescheid der Württembergischen Bau-Berufsgenossenschaft vom 15.10.1986 (Bl. 12 der Verwaltungsakte Band I), dem Arztbrief des Orthopäden Dr. H. vom 17.09.2013 (Bl. 25 der SG-Akte), dem Arztbrief der Neurologin Dr. B.-L. vom 24.04.2013 (Bl. 30 der SG-Akte), dem Arztbrief des Radiologen Dr. Dr. J. vom 23.04.2013 (Bl. 31 der SG-Akte) sowie dem Entlassungsbericht der AOK-Klinik S. vom 03.09.2013 (Bl. 32 der SG-Akte). Schließlich leidet der Kläger unter einem verheilten Oberschenkelbruch rechts. Dies entnimmt der Senat dem Bescheid des Versorgungsamts Ravensburg über die Anerkennung nach Schädigungsfolgen nach dem SVG vom 17.02.1971 (Bl. 62 der Verwaltungsakte Band I). Diese Funktionseinschränkungen hatte Dr. Reiniger in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.05.2014 für den Senat überzeugend mit den Teil-GdB-Werten von 20 (Wirbelsäule), 20 (Knie rechts) und 10 (Oberschenkel rechts) bewertet.

Damit konnte der Senat aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen trotz der beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen eine relevante Gehbeeinträchtigung nicht feststellen. Die Wirbelsäulenbeschwerden limitieren schmerzbedingt die Beweglichkeit des Rumpfes, relevante funktionelle neurologische Störungen liegen dagegen an der Wirbelsäule nicht vor. Im Arztbrief vom 26.04.2013 befundete Dr. H. einen Druckschmerz lumbosakral und eine eingeschränkte Entfaltbarkeit der Wirbelsäule mit einem Finger-Boden-Abstand bei maximaler Inklination von 47 cm. Ein MRT der LWS sowie eine neurologische Abklärung am 23.04.2013 ergaben eine schmerzreflektorische behinderte Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule. Das Zeichen nach Lasègue war beidseitig endgradig provozierbar. Die Beineigenreflexe ließen sich beidseits nur schwach auslösen und die Sensibilität wurde an beiden Beinen diffus als dysästhetisch angegeben. Jedoch lagen keine manifesten Paresen vor. Die sensible Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus suralis wie auch die motorische des Nervus tibialis war seitengleich normal. Die somatosensibel-evozierten Potentiale des Nervus tibialis ließen sich, wie auch die magnetevozierten Potentiale des Cortex zum Musculus tibialis anterior beidseits nicht reproduzieren (Arztbrief der Neurologin Dr. B.-L. vom 23.04.2013). Im Arztbrief von Dr. H. vom 10.06.2013 ist klinisch ein leicht zaghaftes und verlangsamtes Gangbild beschrieben. Die Entfaltbarkeit der Wirbelsäule war eingeschränkt mit einem Finger-Boden-Abstand bei maximaler Inklination von 50 cm. Dr. H. befundete eine Steifhaltung in der Wirbelsäule und Dysästhesien am rechten Bein, insbesondere an der Rückseite. Im Arztbrief von Dr. H. vom 17.09.2013 ist beschrieben, dass der Kläger zum Gehen zwei Gehstöcke benutzt. Dr. H. befundete ebenfalls ein kleinschrittiges und zaghaftes Gangbild, was mit den objektiven Befunden nicht völlig korreliert, denn eine schmerzbedingte entzündlich-rheumatische Erkrankung wird weder von Dr. H. noc. Reiniger zutreffend und überzeugend hervorhebt. Der Finger-Boden-Abstand betrug im September 2013 nach Dr. H. nun bei maximaler Inklination 41 cm. Im Arztbrief vom 03.12.2013 befundete Dr. H. eine eingeschränkte Entfaltbarkeit der Wirbelsäule mit Finger-Boden-Abstand bei maximaler Inklination von 47 cm. Es fand sich ein massiver muskulärer Hartspann beidseits. Jedoch waren beide Beine sensomotorisch intakt und es waren keine Paresen feststellbar. Im Arztbrief des Radiologen Dr. Dr. J. vom 27.09.2007 wurden aufgrund eines MRT des rechten Kniegelenks zentrale Degenerationen von Pars intermedia und Hinterhorn des Innenmeniskus mit Rissbildungen in die Gelenkflächen am Übergang beider Anteile beschrieben. Der Außenmeniskus war bis auf geringere zentrale Degenerationen intakt. Es zeigte sich eine regelrechte Darstellung von Kreuzbändern und Seitenbändern. Weiter ergab sich ein umschriebener Aufbrauch des Knorpelbelags im dorsalen Anteil der Hauptbelastungszone von medialem und lateralem Femorcondylus und ein geringer Gelenkerguss. Der retropatellare Knorpel im Bereich der medialen Facette war verdünnt und es zeigte sich ein umschriebener Aufbrauch des Knorpelbelags im zentralen Anteil der lateralen Femurtrochlea. Ebenso zeigte sich ein Marködem am Außenrand des medialen Femurcondylus und eine ödematöse Verdickung der medialen Synovialis sowie der oberflächlichen Bursa infrapatellaris. Eine Vorstellung beim Chirurgen Dr. S. am 05.05.2011 aufgrund eines Sturzes ergab eine Beweglichkeit des rechten Kniegelenks mit Extension/Flexion 0-0-120 °. Es fand sich kein Erguss. Das Zohlen-Zeichen war negativ. Die Beinachse war gerade, die vordere Schublade stabil, ebenso die mediale/laterale Aufklappbarkeit. Die Innen- und Außenmeniskuszeichen waren beidseits negativ. Es fand sich lediglich eine deutliche Prellmarke präpatellar mit Druckschmerz und Hämatomverfärbung (vgl. Arztbrief des Orthopäden Dr. S. vom 10.05.2011, Bl. 29 der SG-Akte). Schließlich werden im Entlassungsbericht der AOK-Klinik S. vom 03.09.2013 eine freie Beweglichkeit der Hüft-, Knie-, Sprung- und Zehengelenke beschrieben. Es ergab sich bei Aufnahme noch ein hinkendes Gangbild rechts. Der Zehen- und Hackenstand sowie der Einbeinstand rechts und links waren mit wenig Hilfe möglich. Hinsichtlich der Wirbelsäule fand sich ein ausgeprägter Berührungsschmerz des gesamten Rückenbereiches. Eine Funktionsuntersuchung der Wirbelsäule sowohl im HWS- als auch im LWS-Bereich waren schmerzbedingt nicht möglich. Der neurologische Befund war orientierend unauffällig. Der Kläger wurde am Anfang der Rehabilitationsmaßnahme mit einem Paar Unterarmstützen versorgt, wodurch sich dann ein verbesserter, dynamischer und schmerzfreierer Bewegungsablauf zeigte. Die Gehstrecke konnte dadurch erheblich erweitert werden. Eine Funktionsuntersuchung bei Entlassung, die nun möglich war, ergab einen Finger-Boden-Abstand von 46 cm und ein Zeichen nach Schober von 10/12 cm. Die weitere Befunddarlegungen mit Ausführung darüber, dass das Treppensteigen im Beistellschritt gelang, sich mit einem Fersenkissen links von 1,0 cm eine verbesserte Stabilisation des Beckens zeigte und kurze Strecken auf Zimmerebene bei guter Konzentration nahezu hinkfrei gelangen, belegen eine deutliche Verbesserung der Gehfunktion und des Schmerzerlebens. Dagegen ist der Hinweis im Entlassungsbericht, dass für längere Strecken die bereits zu Hause verwendeten Unterarmgehstützen empfohlen wurden, mit den orthopädischen Befunden über eine frei Beweglichkeit der Gelenke der unteren Extremitäten ohne entzündlich-rheumatische Symptomatik, so Dr. R. in Auswertung des Entlassungsberichts, nicht ganz in Einklang zu bringen. Dies ist allenfalls einem Sicherheitsbedürfnis des Klägers geschuldet oder als vorübergehende Unterstützung bis zum vollen Abklingen des Akutzustandes gedacht gewesen. Die Sozialanamnese ergab, dass der Kläger im eigenen Haus wohnt und sich dort selbst versorgt. Er verfügt über keinen PKW, weshalb anzunehmen ist, dass er übliche Wegstrecken zu Fuß zurückzulegen vermag.

Nach alledem sind zur Überzeugung des Senats keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaße und/oder der Lendenwirbelsäule dokumentiert, welche für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen (vgl. dazu Teil D Ziff. 1d VG). Es sind aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen auch keine Behinderungen der unteren Gliedmaßen mit einem GdB von unter 50 ersichtlich, welche sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken wie z.B. die Versteifung eines Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung (vgl. Teil D Ziff. 1d VG). Eine Einschränkung des Gehvermögens durch innere Leiden ist weder ersichtlich, noch vorgetragen. Für den Senat ist somit aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht zu entnehmen, dass der Kläger eine ortsübliche Wegstrecke von etwa zwei km in etwa einer halben Stunde nicht mehr zurücklegen könnte. Die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" sind somit nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Weitere Ermittlungen sind aus Sicht des Senats auch nicht zu veranlassen gewesen.

Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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