L 1 U 1981/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3327/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1981/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.03.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17.03.2006 die Gewährung von Verletztenrente nach einem höheren Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) als 20 v.H.

Der 1939 geborene Kläger betrieb zum Unfallzeitpunkt einen Fachgroßhandel für Reinigungsbedarf und war als selbstständiger Unternehmer bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) versichert. Am 17.03.2006 sei er ausweislich seiner Unfallanzeige vom 23.06.2006 eine Leiter hochgestiegen, habe sich mit beiden Händen an dem aufzuschiebenden Tor festgehalten und sei, als er sich mit dem rechten Fuß abstützen wollte, abgerutscht und nach rechts abgesackt. Trotz des Festhaltens habe er sich dabei die linke Schulter verletzt (verrissen). Der Durchgangsarzt Dr. L. diagnostizierte am 18.03.2006 eine Zerrung der linken Schulter und äußerte den Verdacht einer Ruptur der langen Bizepssehne. Im Befund beschrieb er einen Druckschmerz an der Vorderseite der linken Schulter mit schmerzhaft eingeschränkter Bewegung und leicht eingeschränkter Beugefähigkeit im Ellenbogengelenk. Ein am 18.05.2006 durchgeführtes MRT ergab eine Ruptur der Supraspinatussehne mit Sehnenretraktion, eine Ruptur der Subscapularissehne, eine Tendinopathie der Infraspinatussehne, eine Atrophie des Musculus subscapularis, einen glenohumeralen Gelenkerguss mit Flüssigkeitsübertritt in die Bursa subacromialis/subdeltoidea, eine hypertrophe AC-Gelenksarthrose und eine Luxation der langen Bizepssehne aus dem Sulcus bizipitis brachii.

Mit fachärztlicher Stellungnahme vom 18.07.2006 bejahte der beratende Arzt der Beklagten, der Arzt für Chirurgie Dr. K., eine unfallkausale Entstehung einer Ruptur der Supraspinatus- und Subscapularissehne mit Atrophie des Musculus subscapularis und einer hypertrophen AC-Gelenksarthrose. Zwar bestehe als konkurrierende Ursache eine Schultereckgelenksarthrose, für die Annahme einer traumatischen Genese sprächen aber der adäquate Geschehensablauf und die Beteiligung der Subscapularissehne.

Durch krankengymnastische Übungsbehandlung steigerte sich die Beweglichkeit des Schultergelenkes links (aktive Abduktion) von 40° (Bericht Dr. H. vom 20.06.2006, Bl. 16 VA) auf bis zu 90° bei durchführbarem Schürzen- und Nackengriff (weiterer Bericht Dr. H. vom 10.08.2006). Am 29.09.2006 betrug das Bewegungsmaß der linken Schulter ausweislich des Berichts der ...-Klinik T. vom 16.10.2006 seitwärts/körperwärts 70-0-20° (rechts 160-0-20°) bzw. rückwärts/vorwärts 30-0-80° (rechts 40-0-160°).

Im Ersten Rentengutachten vom 13.08.2007 (Bl. 112 ff. VA) bezeichnete der Chirurg Dr. H. als wesentliche Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung des linken Armes im Schultergelenk in allen Ebenen und glaubhafte Belastungsschmerzen bei der täglichen Arbeit. Unfallunabhängig bestünden eine Amputationsverletzung am 1. und 2. Finger der linken Hand und ein Zustand nach Karpaltunnel-Operation rechts. Das Bewegungsmaß der Schulter links betrage seitwärts/körperwärts 85-0-20° (rechts 170-0-20°) und rückwärts/vorwärts 30-0-90° (rechts 40-0-170°). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er vom 06.11.2006 bis 11.01.2007 sowie darüber hinaus auch bis zum 31.08.2007 mit 20 v.H. ein, darüber hinaus mit 10 v.H.

Mit Bescheid vom 04.09.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger vom 06.11.2006 bis zum 31.08.2007 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. als Gesamtvergütung und verneinte eine rentenberechtigende MdE über den 31.08.2007 hinaus. Als Unfallfolgen stellte sie fest: "Nach Zerrung der linken Schulter mit Riss der Rotatorenmanschette: Bewegungseinschränkung im Schultergelenk mit belastungsabhängigen Beschwerden." Unfallunabhängig liege eine röntgenologisch nachweisbare Veränderung im linken Schultergelenk vor.

Die Beklagte trat sodann von Amts wegen in ein Verfahren zur Prüfung eines möglichen Rentenanspruchs nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums ein und beauftragte nach Gutachterauswahl durch den Kläger den Chirurg Dr. R. mit der Erstattung eines weiteren Rentengutachtens. Dieser gab in seinem Gutachten vom 11.09.2008 (Bl. 145 VA) das aktive Bewegungsausmaß der linken Schulter mit 70-0-20° (seitwärts/körperwärts) bzw. 35-0-70° (rückwärts/vorwärts) an. Die Fähigkeit zur Drehung des Arms auswärts/einwärts bestehe bei anliegendem Oberarm im Umfang von 60-0-60° (rechts 70-0-70°) und bei um 90° abgewinkeltem Oberarm nur eingeschränkt mit 45-0-45° (rechts 90-0-60°). Der Nackengriff sei links passiv möglich, aktiv eingeschränkt, der Schulterblattgriff eben erreichbar, die Schulterabduktion sei beidseits passiv frei möglich, allerdings sei der Kläger links kraftlos bei seitengleicher Handbeschwielung. Er kam zu dem Ergebnis, unfallunabhängig lägen deutliche degenerative Veränderungen im Sinne einer AC-Gelenksarthrose vor. Zudem bestehe klinisch ein Carpaltunnelsyndrom. Aktiv habe der Kläger im Bereich der Schulter eine deutliche Bewegungseinschränkung des linken Armes im Schultergelenk in allen Ebenen und glaubhafte Belastungsschmerzen bei seiner ursprünglichen beruflichen Tätigkeit, die er nur noch mit Einschränkungen ausführen könne. Die MdE bezifferte er bis zum 31.08.2007 mit 20 v.H., danach betrage sie nur noch 10 v.H.

Mit Bescheid vom 19.02.2009 lehnte die Beklagte gestützt auf das Gutachten des Dr. R. die Gewährung von Verletztenrente nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraumes ab.

Am 26.05.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Neufeststellung seiner Rente, weil sich die Unfallfolgen stark verschlimmert hätten. Der Kläger wies darauf hin, vom Arzt für Chirurgie Dr. S. begutachtet worden zu sein. Daraufhin zog die Beklagte dessen für die private Versicherung HDI Gerling erstattete Gutachten vom 18.07.2008 (Bl. 199 VA) und vom 21.03.2009 (Bl. 225) bei. Hiernach habe das passive Bewegungsausmaß (seitlich und nach vorne) links 100° betragen, aktiv könne der linke Arm seitlich bis 80° gehoben werden und nach vorne bis 90°. Auf eine Anfrage der Beklagten führte Dr. S. mit Stellungnahme vom 26.08.2009 (Bl. 242 VA) aus, sofern die Berufsgenossenschaft das Unfallereignis vom 17.03.2006 als wesentlich für den bestehenden Rotatorenmanschettenschaden anerkannt habe, müsse auch die daraus resultierende Funktionsbeeinträchtigung als unfallbedingt bewertet werden. Entscheidend für die Bewertung der MdE sei die aktive Beweglichkeit. Typisch für einen Rotatorenmanschettenschaden sei, dass die aktive Beweglichkeit deutlich reduziert und die passive Beweglichkeit frei sei. Nach Abschluss des Gesamtvergütungszeitraumes müsse die MdE weiterhin mit 20 v.H. angenommen werden, wobei von einem Dauerzustand auszugehen sei.

Nachdem der beratende Arzt Dr. J. darauf hinwies, dass Indiz für eine tatsächlich vorhandene Bewegungseinschränkung eine Muskelverschmächtigung sei, welche bei der Begutachtung durch Dr. R. nicht habe festgestellt werden können, veranlasste die Beklagte eine weitere Rentenbegutachtung durch den Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des K-Krankenhauses in S., PD Dr. S ... In seinem gemeinsam mit dem damaligen Leitenden Oberarzt Dr. H. erstatteten Gutachten vom 02.03.2010 beschrieb er als noch bestehende Unfallfolgen eine schmerzhafte aktive und passive Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes, eine Hypotrophie der linksseitigen Armmuskulatur und einen Kraftverlust des linken Armes. Vom Unfall unabhängige krankhafte Veränderungen seien ein Zustand nach Oberarmkopffraktur rechts 12/02, ein Zustand nach Amputationsverletzung linke Hand in der Kindheit und eine bekannte Hypertonie. Das Bewegungsmaß des linken Schultergelenks gab er an mit (seitwärts/körperwärts) 70-0-20° bzw. (rückwärts/vorwärts) 20-0-90° und (auswärts/einwärts bei anliegendem Oberarm) 40-0-60°. Im Vergleich zur letzten berufsgenossenschaftlichen Begutachtung vom 11.09.2008 habe sich die aktive und passive Schultergelenksbeweglichkeit links deutlich verschlechtert. Auch sei damals keine Hypotrophie der Oberarm- bzw. Unterarmmuskulatur beschrieben worden. In Anbetracht dessen halte er den Verschlimmerungsantrag des Klägers für gerechtfertigt. Die MdE schätzte er vom 01.09.2009 bis zum 25.02.2010 mit 10 v.H. ein und ab dem Tag der ärztlichen Untersuchung (26.02.2010) mit 20 v.H. auf Dauer.

Dr. J. äußerte sich beratungsärztlich dahingehend, dass beim Kläger eine erhebliche unfallunabhängige Arthrose im Schultergelenk mit Druckschmerzhaftigkeit vorliege, wodurch eine Schonhaltung bzw. eine hierdurch verursachte Muskelminderung zu erwarten sei. Ein erheblicher Teil der Bewegungseinschränkung und damit auch der Muskelminderung sei auf unfallunabhängige Faktoren zurückzuführen, die unfallbedingte MdE mit allenfalls 10 v.H. zu bewerten.

Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.04.2010 (Bl. 276 VA) die Gewährung von Verletztenrente wiederum (weiterhin) ab.

Auf den Widerspruch des Klägers vom 26.04.2010 veranlasste die Beklagte eine neuerliche Überprüfung durch ihren Beratungsarzt, den Chirurg und Unfallchirurg sowie Orthopäden Dr. K ... Dieser führte mit Stellungnahme vom 07.10.2010 (Bl. 298 VA) aus, dass die erhebliche aktive Bewegungseinschränkung der linken Schulter Folge der Zerrung mit Riss der Rotatorenmanschette sei. Trotz einer Omarthrose und Arthrose des Schultereckgelenks, die auch an der Schulter Beschwerden machten, sei die verbliebene aktive Bewegungseinschränkung zweifelsfrei dem Rotatorenmanschettenschaden zuzuordnen. Passiv sei die Schulterfunktion nahezu frei. Aufgrund des Funktionsdefizits sei die MdE mit 20 v.H. zu bewerten und der Einschätzung von PD Dr. S. zu folgen.

Mit Bescheid vom 21.10.2010 nahm die Beklagte hierauf den Bescheid vom 13.04.2010 zurück und gewährte dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 01.03.2010 auf unbestimmte Zeit. Als gesundheitliche Folgen des Arbeitsunfalls erkannte sie an: "Bewegungseinschränkung der linken Schulter. Minderung der Muskulatur und der Kraft des linken Arms." Unabhängig lägen verschleißbedingte röntgenologisch nachweisbare Veränderungen im Bereich des linken Schultergelenks und ein Oberarmkopfhochstand vor.

Hiergegen legte der Kläger am 22.11.2010 Widerspruch ein und teilte zur Begründung mit, er sei der Auffassung, ihm stehe ein höherer Prozentteil der Minderung der Erwerbsfähigkeit als 20 v.H. zu.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Grundlage des angefochtenen Bescheides bilde das Gutachten von Dr. S. vom 02.03.2010, der, wie auch der Leitende Oberarzt des K-Krankenhauses S., Dr. H., die MdE aufgrund der Unfallfolgen in 20 v.H. bewertet habe.

Dagegen hat der Kläger am 03.06.2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 30 v.H. geltend gemacht. Seit Erstattung des Rentengutachtens der Dres. S. und H. vom 02.03.2010 sei eine erhebliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eingetreten. Zwischenzeitlich hätten sowohl die Schmerzen in Schulter und Arm zugenommen als auch die Einschränkung der Beweglichkeit. Der dem Kläger mögliche Bewegungsradius sei erheblich kleiner geworden. Bezeugen könne dies Dr. H ...

Die Beklagte hat unter Verweis auf ihre durchgeführte Beweisaufnahme an ihrer Rechtsauffassung festgehalten.

Am 21.12.2011 hat das SG über das K-Krankenhauses in S. Dr. H. zur Erstattung einer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage aufgefordert, nachdem der Kläger zuvor mitgeteilt hatte, bei ihm in Behandlung zu sein. Daraufhin hat PD Dr. S. mit Schreiben vom 09.01.2012 mitgeteilt, dass Dr. H. zum 31.12.2011 aus den Diensten des K-Krankenhauses ausgeschieden sei. Der Kläger habe sich im Jahr 2010 zu einer Begutachtung im Auftrag der Beklagten vorgestellt und sei von Dr. H. begutachtet worden. Über eine ambulante Behandlung des Klägers lägen keine Unterlagen vor.

Auf den Antrag des Klägers nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG am 11.10.2012 Dr. H. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Mit Schreiben vom 15.01.2013 hat dieser die Unterlagen an das SG zurückgesandt und mitgeteilt, ihm sei nicht möglich, das Gutachten zeitnah anzufertigen. Ab April 2013 stehe er wieder zur Verfügung. Hierauf hat das SG dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen mitzuteilen, welcher Arzt zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Gutachtenerstattung nach § 109 SGG beauftragt werden solle. Dieser hat am 19.01.2013 mitgeteilt, da eine besondere Eilbedürftigkeit nicht ersichtlich sei, werde das Gericht gebeten, im April 2013 nochmals Dr. H. mit der Erstattung eines Gutachtens nach § 109 SGG zu beauftragen.

Mit Urteil vom 21.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Berücksichtigung der bestehenden unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen im Bereich des linken Schultergelenks in Form eines Oberarmkopfhochstands und einer hypertrophen AC-Gelenksarthrose habe der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. Dies ergebe sich aus dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten von PD Dr. S. und Oberarzt Dr. H. vom 02.03.2010 und der Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. K., der zugunsten des Klägers ausdrücklich darauf abgestellt habe, dass trotz der unfallunabhängigen Omarthrose und der Arthrose des Schultergelenks die verbliebene aktive Bewegungseinschränkung auf den unfallbedingten Rotatorenmanschettenschaden zurückzuführen sei und bei passiv nahezu freier Schulterfunktion eine unfallbedingte MdE um 20 v.H. rechtfertige. Nach den Erfahrungswerten zur MdE-Einschätzung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung für den Schulterbereich werde eine Bewegungseinschränkung im Schultergelenk vorwärts/seitwärts bis 90° bei freier Rotation mit einer MdE um 20 v.H. eingeschätzt. Erst eine Schultergelenksversteifung (30° Abduktion) bei nicht eingeschränktem Schultergürtel werde mit einer MdE um 30 v.H. bewertet. Eine MdE von 20 v.H. sei angemessen. Ein weiteres Zuwarten und eine nochmalige Beauftragung von Dr. H. sei nicht in Betracht gekommen, weil dies die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte.

Gegen dieses seinem Bevollmächtigten am 10.04.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.05.2013 Berufung eingelegt. Er macht geltend, sein Gesundheitszustand habe sich seit Erstellung des Rentengutachtens der Dres. S. und H. vom 02.03.2010 erheblich verschlechtert. Sowohl die Schmerzen in Schulter und Arm hätten zugenommen als auch die Einschränkung der Beweglichkeit. Im linken Arm, vor allem im fortgeschrittenen Tagesverlauf, habe der Kläger häufig keinerlei Kraft mehr zum Halten oder Heben auch leichter Gegenstände. Sein linker Arm schnappe immer wieder regelrecht ein und müsse dann durch die andere Hand wieder aus dieser erstarrten Position gelöst werden. Die linke Hand sei auch schon ein paar Mal völlig blau angelaufen. Dr. H. habe im Gespräch mit dem Kläger die Auffassung geäußert, dass die bislang festgestellte MdE von 20 v.H. nicht ausreiche. Deshalb sei bereits die Beklagte im Widerspruchsverfahren darum gebeten worden, bei Dr. H. ein ausführliches ärztliches Attest anzufordern.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.03.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 21.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2011 zu verurteilen, ihm ab dem 01.03.2010 Verletztenrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 30 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hat darauf hingewiesen, dass Dr. H. am Gutachten vom 02.03.2010 mitgewirkt habe und hierbei die Untersuchungsbefunde erhoben habe, wie der Auskunft von Dr. S. vom 09.01.2012 im SG-Verfahren zu entnehmen sei. Während sich durchaus ärztliche Äußerungen in den Akten befänden, nach denen eine MdE von 20 v.H. als zu hoch eingeschätzt gelte, fänden sich gegenteilige schriftlich begründete Ausführungen nicht.

Der Senat hat sämtliche verfügbaren Röntgen-, CT- und MRT-Bilder sowie einen Ausdruck aus dem Leistungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers (DAK Gesundheit) beigezogen und auf den Antrag des Klägers nach § 109 Abs. 1 SGG Dr. H. am 30.07.2014 mit der Erstattung des Gutachtens beauftragt. Dieser hat die ihm überlassenen Akten zurückgereicht und mit Schreiben vom 12.12.2014 mitgeteilt, aufgrund einer neuen Praxiseröffnung sei es ihm nicht möglich, das Gutachten fristgerecht durchzuführen. Auf Nachfrage des Gerichts, ob der Kläger an seinem Antrag, Dr. H. als Gutachter zu hören, festhalte oder bis zum 23.01.2015 einen anderen Arzt benennen wolle, hat der Kläger mitteilen lassen, dass an dem an Dr. H. gerichteten Gutachtensauftrag festgehalten werden solle. Hierauf hat am 13.01.2015 der Senat Dr. H. erneut mit der Erstattung des Gutachtens beauftragt.

In seinem Gutachten vom 30.03.2015 hat Dr. H. unter "Klagen des Versicherten" ausgeführt, die Bewegungseinschränkung sowie Kraftlosigkeit des gesamten linken Armes sei im Vergleich zur letzten Begutachtung progredient. Die Untersuchung habe bei teilentkleidetem Oberkörper stattgefunden. Das Ablegen der Kleidung beschrieb er bezogen auf beide Schultergelenke als stark arrhythmisch. Es bestehe ein Schultertiefstand links minus 1 cm, zudem ein prominentes AC-Gelenk links mit lokaler Druckschmerzhaftigkeit. Bezüglich der genauen Umfangmaße und der Gelenksbeweglichkeit hat Dr. H. auf das dem Gutachten beiliegenden Messblatt verwiesen. Die Beweglichkeit seitwärts/körperwärts links betrage hiernach 70-0-20° (rechts 120-0-40°) und rückwärts/vorwärts 20-0-80° (rechts 30-0-110°). Die Drehung auswärts/einwärts bei anliegendem Oberarm betrage links 30-0-60° (rechts 50-0-80°). Die MdE sei ab dem 01.03.2010 auf Dauer weiterhin mit 20 v.H. zu bemessen.

Mit Schriftsatz vom 18.05.2015 hat der Kläger mitteilen lassen, die Angaben zum klinischen Befund seien nicht zutreffend. Er habe den Oberkörper keineswegs teilentkleidet gehabt, noch nicht einmal seine Jacke ausgezogen, da dies vom Gutachter auch nicht gefordert worden sei. Er sei sich insoweit absolut sicher. Er sei also voll bekleidet vom Gutachter in Augenschein genommen worden, wobei von einer richtigen Untersuchung auch keine Rede sein könne. Er habe lediglich einmal den linken Arm bewegen sollen und sei an der rechten Schulter angefasst worden. Dies sei alles.

Hierzu zur Stellungnahme aufgefordert hat Dr. H. am 28.07.2015 mitgeteilt, er sei sich nicht sicher, ob am 30.03.2015 der Oberkörper des Klägers komplett entkleidet gewesen sei. Dennoch habe er bei der Untersuchung für die Begutachtung relevante Werte erheben können (Messblatt). Dies wäre zumindest beim Tragen einer "Winterjacke" nicht möglich gewesen. Er sei sich sicher, dass bei der Untersuchung am 30.03.2015 ein erforderlicher "Entkleidungszustand" des Oberkörpers bestanden habe. Unabhängig davon sei die fachärztlich-gutachterliche Aussage eindeutig.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) erhobene Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat aufgrund der Gesundheitsstörungen, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der vom Kläger am 17.03.2006 erlittene Arbeitsunfall ist, keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente nach einem höheren Grad der MdE als 20 v.H.

Nach § 26 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte wegen nachgewiesener Gesundheitsschäden, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Versicherungsfall ist, Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld, § 45 SGB VII, und Rente, § 56 SGB VII). Nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist zwar keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, aber für die Gewährung einer Verletztenrente (st. Rspr., etwa BSG, Urteil vom 12.05.2009 – B 2 U 11/08 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 34, Urteil vom 12.12.2006 – B 2 U 1/06 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 21, BSGE 98, 20-26). Sowohl für die die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - , SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R -, BSGE 94, 269). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 m.w.N.; BSG, Urteil vom 30.01.2007 - B 2 U 8/06 R - UV-Recht Aktuell 2007, 860).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf höhere Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet. Sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes (§ 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VII); bei einer MdE wird Teilrente geleistet, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Die Höhe der dem Kläger ab dem 01.03.2010 auf unbestimmte Zeit gewährten Verletztenrente mit 20 v.H. ist nicht zu beanstanden. Die infolge der am 17.03.2006 erlittenen Rotatorenmanschettenruptur verbliebene aktive Bewegungseinschränkung mit Minderung der Muskulatur und der Kraft des linken Armes rechtfertigt eine höhere MdE-Bewertung nicht. Das gilt selbst dann, wenn man die aktive Bewegungseinschränkung bei passiv nahezu freier Schulterfunktion nicht – auch nicht teilweise – auf die Gesundheitsstörungen im Bereich der linken Schulter, die sich zur Überzeugung des Senats unfallunabhängig entwickelt haben, einen Oberarmkopfhochstand und eine hypertrophe AC-Gelenksarthrose, zurückführt. Der Senat stützt seine Überzeugung auf das Gutachten von PD Dr. S. und Dr. H. vom 02.03.2010 und die gutachterliche Stellungnahme des Dr. K. vom 07.10.2010, welche er im Wege des Urkundsbeweises verwertet hat. Nach der maßgeblichen unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 523) wird eine Bewegungseinschränkung von bis zu 120° bei freier Rotation mit 10 v.H. eingeschätzt; eine MdE von 20 v.H. wird bei einer Bewegungseinschränkung von bis zu 90° bei freier Rotation erreicht. Erst eine Schultergelenksversteifung (30° Abduktion) bei nicht eingeschränktem Schultergürtel, eine Lähmung des Deltamuskels und des kleinen Rundmuskels oder eine Oberarmprothese mit nicht guter Funktion (Bewegungseinschränkung, Kraftminderung) werden mit einer MdE um 30 v.H. bewertet. Die Beweglichkeit der Schulter des Klägers ist nicht in damit vergleichbarer Weise beeinträchtigt, die MdE mit 20 v.H. ausreichend bemessen. Dem Kläger ist ausweislich der von PD Dr. S. und Dr. H. am 26.02.2010 erhobenen Messwerte eine Abduktion (seitwärts) von bis zu 70° möglich, eine Anteversion bis 90° und eine Adduktion bis 20°. Die Drehbeweglichkeit ist (gemessen bei anliegendem Oberarm) links mit 40-0-60° gegenüber rechts (50-0-80°) nur geringfügig eingeschränkt, weshalb eine Erhöhung des auf Grundlage einer Vorhebungsfähigkeit von 70° zu bildenden MdE-Wertes von 20 v.H. aufgrund dessen nicht angezeigt ist.

Der Senat hat keine objektivierbaren Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers, wie dieser behauptet hat, seit der Begutachtung vom Februar 2010 verschlechtert hat. Als seither behandelnden Arzt hat er Dr. H. benannt, welcher ihn auf seinen Antrag und sein Kostenrisiko nach § 109 Abs. 1 SGG am 09.03.2015 nochmals untersucht und ein mit den am 26.02.2010 erhobenen Messwerten im Wesentlichen identisches Bewegungsausmaß erhoben hat. Wieder war dem Kläger eine Abduktion (seitwärts) von bis zu 70° möglich, eine Anteversion bis 80° (vormals 90°) und eine Adduktion bis 20°. Die Drehbeweglichkeit fand Dr. H. (bei anliegendem Oberarm) links mit 30-0-60° gegenüber rechts (50-0-80°) wieder nur gering eingeschränkt. Nachdem sich die vom Kläger auch ihm gegenüber angegebene Verschlimmerung der Symptomatik in der linken Schulter seit 2010 bei fast identischem Bewegungsumfang nicht objektivieren ließ, bestätigte Dr. H. in seinem aktuellen Gutachten auch hinsichtlich der MdE die Ergebnisse und Schlussfolgerungen seines gemeinsam mit PD Dr. S. erstatteten Gutachtens aus dem Jahr 2010. Der Senat hat sich hiernach zur Durchführung weiterer medizinischer Ermittlungen von Amts wegen nicht gedrängt gesehen.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Klägers gegen die Untersuchung durch Dr. H ... Der Kläger hat behauptet, im Zuge der Untersuchung nicht einmal seine Jacke ausgezogen zu haben, da dies von ihm nicht verlangt worden sei. Dies sieht der Senat als unglaubhaft an, denn Dr. H. hat in seinem Gutachten nicht nur ausgeführt, dass die Untersuchung bei "teilentkleidetem Oberkörper" stattgefunden hat, er hat auch den Vorgang des Ablegens der Kleidung eingehend beschrieben (" bezogen auf beide Schultergelenke stark arrhythmisch", vgl. Gutachten vom 30.03.2015, Seite 4, Bl. 138 Senatsakte). Diese Befundbeschreibung wäre, wenn der Kläger seine Jacke anbehalten hätte, vollständig "aus der Luft gegriffen". Ebenso wäre nicht schlüssig begründbar, wie Dr. H. zu den im Messblatt vom 23.03.2015 angegebenen Umfangmaßen gelangt wäre, denn solche lassen sich mit angezogener Jacke nicht erheben. Der Senat ist aufgrund dessen und auch gestützt auf das Vorbringen des Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 28.07.2015 davon überzeugt, dass der Oberkörper des Klägers bei der Untersuchung in einem Maße teilentkleidet war, das die Erhebung valider orthopädischer Messwerte nach der Neutral-Null-Methode ermöglicht hat.

Selbst wenn man die Einwendungen des Klägers gegen die gutachterliche Untersuchungen als wahr unterstellt, lassen sich aktive Bewegungsmaße der linken oberen Extremität, und auf diese kommt es vorliegend entscheidend an, auch mit angelegter Bekleidung erheben. Nachdem der Kläger im Schriftsatz vom 18.05.2015 eingeräumt hat, dass er den linken Arm habe bewegen sollen, ist der Senat davon überzeugt, dass die von Dr. Herl genannten aktiven Bewegungsmaße der linken Schulter korrekt erhoben und angegeben sind.

Der Klägerbevollmächtigte hat seinen ursprünglich angekündigten Antrag, Dr. H. zur Erläuterung seines Gutachtens bzw. zur Befragung durch den Kläger zur mündlichen Verhandlung zu laden, in der mündlichen Verhandlung nicht aufrecht erhalten, sondern ausschließlich einen Sachantrag gestellt. Der Senat hat sich in Ausübung des ihm zustehenden richterlichen Ermessens auch nicht veranlasst gesehen, den Sachverständigen Dr. H. zur Erläuterung seines Gutachtens zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO)). Dessen Gutachten ist aus den bereits dargestellten Gründen weder unklar noch ergänzungsbedürftig.

Zu den vom Kläger im Schriftsatz vom 18.05.2015 aufgeworfenen Fragen hat er am 28.07.2015 schriftlich ausführlich Stellung genommen. Weitere sachdienliche Fragen hat der Kläger nicht angekündigt, weshalb der Senat auch unter dem Aspekt des Fragerechts der Beteiligten (§ 116 Satz 2 und § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 ZPO) keine Veranlassung hatte, Dr. H. zum Termin zu laden.

Hiernach war die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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