Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 2434/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4003/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10.09.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Gewährung eines elektrischen Paravan Kinderrollstuhls Piccolino im Rahmen der Hilfsmittelversorgung.
Der 1957 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin krankenversichert. Er leidet seit seiner Geburt an einer Tetraspastik bei Spina Bifida, ist 1,40 m groß und wiegt ca. 45 kg. Er ist steh- und gehunfähig und verbringt den ganzen Tag im Rollstuhl. Die Arme können bis zur Horizontalen angehoben werden, eine Elevation ist nicht möglich. Die Arme und Beine sind nur beschwerlich gezielt zu bewegen. Es besteht nur eine eingeschränkte Halte- und Greiffunktion mit feinmotorischen Defiziten. Zum Wasserlassen benutzt er eine Urinflasche (Gutachten des Medizinischen Dienstes (MDK) vom 19.06.2009). Der Antragsteller wohnt mit seiner Ehefrau in einer behindertengerechten Wohnung des St. in I ...
Im Jahr 2008 wurde der Antragsteller durch die Antragsgegnerin mit einem neuen Elektrorollstuhl (Sopur Quickie Groove) versorgt. Dieser ist mit einem speziellen Sitz mit Sitzkantelung und elektrischer Rückenverstellung ausgestattet. Mit Kostenvoranschlag vom 26.03.2015 beantragte der Antragsteller verschiedene Reparaturen an diesem Rollstuhl, deren Gesamtkosten sich auf 3.991,07 EUR beliefen.
Mit Verordnung vom 07.04.2015 (Internist und Hausarzt Dr. W.) wurde dem Antragsteller ein Multifunktions-Elektrorollstuhl verschrieben. In der Folge legte er der Antragsgegnerin mit der Verordnung einen Kostenvoranschlag vom 13.05.2015 über einen Paravan Kinderrollstuhl Piccolino mit verschiedenem Zubehör (z. B. Kleinwuchs-Kontur-Sitz, Sitzkantelung mit Aufstehhilfe 20 Grad nach vorne, 50 Grad nach hinten, elektrischer Sitzhöhenverstellung, elektrischer Unterschenkellängenverstellung, Fußbrett elektrisch klappbar) über insgesamt 20.955,41 EUR vor. Eingereicht wurde darüber hinaus ein Schreiben des behandelnden Physiotherapeuten Th. Th. vom 25.02.2015, mit welchem dieser die Anschaffung dieses Rollstuhls unterstützte. Der Antragsteller könne den Rollstuhl selbst bedienen und an seine Bedürfnisse anpassen. Daher werde die Teilhabe am alltäglichen Leben verbessert. Auch für die Therapie könne der Rollstuhl hilfreich sein, da durch die Verstellbarkeit sehr gute Möglichkeiten bestünden, den Patienten zu erreichen, weshalb Transfers entfallen würden.
Die Antragsgegnerin beauftragte mit Schreiben vom 04.06.2015 den MDK mit der Begutachtung. Dr. St. kam in seinem Gutachten vom 17.06.2015 zu dem Ergebnis, dass die Ersatzversorgung mit einem unter der Heilmittelverordnung gelisteten E-Rollstuhl mit Hubvorrichtung aus sozialmedizinischer Sicht befürwortet werde. Es sei jedoch seitens der Kasse zu prüfen, ob eine wirtschaftlichere Rollstuhlmodellauswahl zu dem laut Kostenvoranschlag beantragten E-Rollstuhl erfolgen könne.
Mit Fax vom 13.07.2015 führte der Antragsteller ergänzend aus, der Rollstuhl diene der Kontrakturprophylaxe, der Kontrakturtherapie, der Vermeidung von Dekubitus, zur Osteoporoseprophylaxe, zum orthostatischen Kreislauftraining, zur Thromboseprophylaxe, zur Verbesserung des Urinabflusses aus Niere und Blase, zur Verbesserung der Verdauungsfunktion und zur Verbesserung der Atemsituation. Er könne sich mit diesem Rollstuhl selbst mobilisieren. Das begehrte Hilfsmittel erlaube im Übrigen durch die Hubfunktion eine Kommunikation auf Augenhöhe. Auch könnten höhere Gegenstände besser erreicht werden. Durch die Kantelung könne sowohl eine Pinkelstellung (nach vorne), als auch Entlastung des Gesäß und der Wirbelsäule und eine Erleichterung der Atmung (nach hinten) erreicht werden.
Mit Bescheid vom 19.08.2015 lehnte die Antragsgegnerin die Versorgung mit dem beantragten Rollstuhl ab. Der vorhandene Rollstuhl sei ausreichend und zweckmäßig, auch unter Berücksichtigung eventuell anstehender Reparaturen, sofern diese sich noch in einem wirtschaftlichen Rahmen bewegen würden.
Gegen den Bescheid vom 19.08.2015 legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte am 03.09.2015 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Sozialgericht Konstanz (SG). Der veraltete Rollstuhl sei nicht mehr ausreichend. Der Paravan Piccolino sei wegen der besonderen Art und Schwere der körperlichen Behinderung die allein geeignete, zweckmäßige und ausreichende Hilfsmittelversorgung. Die Teilhabe an der Gesellschaft sei gefährdet, weil bei dem vorhandenen Elektrorollstuhl mit weiteren Reparaturen zu rechnen sei. Diese seien unwirtschaftlich. Darüber hinaus seien Ersatzteile schwer zu bekommen. Die behandelnden Ärzte hätten schon lange die Erforderlichkeit gesehen, ihn, den Antragsteller, mit dem Paravan Piccolino zu versorgen. Das Gutachten des MDK sei nicht zutreffend. Der Sachverhalt müsse vor Ort untersucht werden. Eilrechtsschutz sei geboten, da ihm ein Abwarten bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht zumutbar sei.
Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen. Es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Das Maß der von ihr sicherzustellenden Ausstattung mit Hilfsmitteln werde mit der beantragten Versorgung überschritten. Im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs seien lediglich die allgemeinen Grundbedürfnisse wie die Bewegungsfreiheit im Nahbereich der Wohnung auszugleichen. Dafür sei der beantragte Rollstuhl nicht erforderlich, da der Antragsteller bereits mit einem Elektrorollstuhl ausreichend versorgt sei. Insoweit fehle es auch an einer Eilbedürftigkeit.
Mit Beschluss vom 10.09.2015 lehnte das SG den Antrag ab. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass ein nach der Rechtsprechung anerkanntes Grundbedürfnis, insbesondere das Grundbedürfnis der Bewegungsfreiheit, durch seinen vorhandenen Rollstuhl nicht hinreichend ausgeglichen werde. Er trage lediglich vor, dass bei dem vorhandenen Rollstuhl gegebenenfalls weitere Reparaturen unwirtschaftlich oder unmöglich sein könnten. Dass eine solche Situation vorliege, sei jedoch nicht ersichtlich. Der Antragsteller habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass der beantragte Rollstuhl zur Behandlung oder Verhinderung weiterer Krankheiten erforderlich sei. Im Verwaltungsverfahren seien lediglich verschiedene medizinische Vorteile aufgezählt worden. Nachweise seien nicht vorgelegt worden. Im Hinblick auf den funktionsfähigen Elektrorollstuhl fehle es im Übrigen auch an einem Anordnungsgrund. Es sei nicht ersichtlich, warum dem Antragsteller das Abwarten des Widerspruchsverfahren nicht zumutbar sei.
Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 15.09.2015 zugestellt.
Hiergegen richtet sich seine am 17.09.2015 beim SG eingelegte Beschwerde, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 22.09.2015 vorgelegt wurde. In der Beschwerdebegründung, die vom Antragsteller, dem behandelnden Internisten und Hausarzt Dr. W. sowie dem behandelnden Physiotherapeuten Th. unterzeichnet ist, wird nochmals ausgeführt, dass mit dem Paravan Piccolino eine Kontrakturprophylaxe der Hüft-, Knie- und Fußgelenke sowie eine Kontrakturtherapie möglich sei. Darüber hinaus sei eine Versorgung mit dem Rollstuhl als Osteoporose- und Thromboseprophylaxe sowie zur Vermeidung von Dekubitus und zum orthostalischen Kreislauftraining notwendig. Durch die Versorgung mit dem begehrten Rollstuhl werde auch der Urinabfluss aus Niere und Blase sowie die Verdauungsfunktion verbessert. Dies gelte auch für die Atemfunktion. Schließlich werde auch die Reichweite des Klägers sowie die Teilhabe am Leben verbessert.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10.09.2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn vorläufig mit dem Rollstuhl Paravan Piccolino nebst Zubehör entsprechend dem Kostenvoranschlag vom 13.05.2015 zu versorgen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Ausführungen des Antragstellers seien nicht geeignet, eine unmittelbare Auswirkung des begehrten Hilfsmittels auf die allgemeinen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu belegen, da wissenschaftlich fundierte Nachweise für die Behauptungen fehlen würden. Es seien im Übrigen keine schweren oder unzumutbaren Nachteile ersichtlich, wenn die Versorgung mit dem Hilfsmittel erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen würde. Damit fehle es sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Vorliegend begehrt der Antragsteller die Versorgung mit einem Hilfsmittel. Damit richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung. Dies verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]).
Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) [Kammer], Beschluss vom 12.05.2005, - 1 BvR 569/05 -, in juris). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben bei diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 29.07.2003, - 2 BvR 311/03 -, in juris; Beschluss vom 22.11.2002, - 1 BvR 1586/02 -, in juris). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 12.05.2005, - 1 BvR 569/05 , in juris, mwN); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 22.11.2002, - 1 BvR 1586/02 -, in juris; Beschluss vom 29.11.2007, - 1 BvR 2496/07 -, in juris).
Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Versorgung mit dem Paravan Kinderrollstuhl Piccolino gehört nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der Krankenversicherung. Insoweit hatte der Senat zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bereits seit 2008 mit einem Elektrorollstuhl versorgt ist und im vorliegenden Verfahren eine Neuversorgung bzw. höherwertige Versorgung geltend macht. Geboten und ausreichend ist damit eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage.
Davon ausgehend besteht weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund.
Gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB (Sozialgesetzbuch) V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung (zum Behinderungsbegriff vgl. die auch hier maßgebliche Definition in § 2 Abs. 1 SGB IX) vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind; letzteres ist bei dem hier in Rede stehenden Hilfsmittel nicht der Fall.
Der Antragsteller stützt das Leistungsbegehren in erster Linie auf eine Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 SGB V).
Der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung dient ein sächliches Mittel (Hilfsmittel), soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Dabei kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation ein Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung im Sinne von § 27 SGB V zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztlich oder ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlung des § 27 SGB V als erforderlich anzusehen sind. Diese Voraussetzungen liegen bei einer Hilfe zur körperlichen Betätigung vor, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere der Erkrankung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der physikalischen Therapie hat und die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung diese Therapie entweder wesentlich fördert oder die Behandlungsfrequenz in Folge der eigenen Betätigung geringer ausfallen kann (vgl. BSG, Urteil vom 18.05.2011, - B 3 KR 7/10 R -, in juris).
Dies ist hier nicht der Fall. Hinsichtlich der geltend gemachten gesundheitlichen Vorteile: Kontrakturprophylaxe, Kontrakturtherapie, orthostalisches Kreislauftraining, Vermeidung von Dekubitus, Osteporoseprophylaxe, Thromboseprophylaxe, verbesserter Urinabfluss, verbesserte Verdauungsfunktion und Verbesserung der Atemfunktion lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass die Verstellbarkeit des Rollstuhls und eine damit ggf. einhergehende Mobilisation des Antragsstellers in engem Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche oder ärztlich angeleitete Leistungserbringung steht und für die gezielte Versorgung als erforderlich anzusehen ist. Dies wird weder von Seiten des Antragstellers vorgetragen noch ist dies aus den Unterlagen ersichtlich. Vielmehr geht der Physiotherapeut Th. in seiner Stellungnahme vom 25.02.2015 lediglich davon aus, dass im Fall einer Neuversorgung ggf. der Transfer entfalle. Eine wesentliche Förderung der physiotherapeutischen Behandlung und der Verringerung einer Behandlungsfrequenz lässt sich auch dem Beschwerdeschriftsatz nicht entnehmen. Dieser zählt lediglich wie in der Widerspruchsbegründung die verschiedenen Vorteile aus Sicht der Unterzeichner auf, ohne einen konkreten Bezug zu einer Behandlung herzustellen. Für den Senat ist im Hinblick auf das Krankheitsbild des Antragstellers auch nicht ersichtlich, dass allein die erweiterten Einstellungsmöglichkeiten des Rollstuhls durch den Antragsteller ärztliche oder physiotherapeutische Behandlung ersetzen können oder im Sinnes des § 33 Abs. 1 SGB V vergleichbar fördern.
Der Anspruch des Antragstellers auf das begehrte Hilfsmittel ergibt sich auch nicht aus § 33 Abs. 1 Satz 2 Variante 3 SGB V und dem dort genannten Zweck des Behinderungsausgleichs. Nach der Rechtsprechung des BSG bemisst sich der von der Krankenkasse geschuldete Behinderungsausgleich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird. Von einem unmittelbaren Behinderungsausgleich (dem unmittelbaren Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion) ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Hierfür gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Die Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens (vgl. auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) betroffen ist, entfällt in den Fällen der Erst- und Ersatzausstattung, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (BSG, Urteil vom 18.05.2011, - B 3 KR 12/10 R -, in juris).
Beschränkter sind die Leistungen der Krankenkasse beim wie hier vorliegenden mittelbaren Behinderungsausgleich, wenn also die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden. Dann sind die Krankenkassen nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben zu führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von den Krankenkassen deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderungen im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens im hier maßgeblichen Sinne gehört das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf. andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (vgl. auch etwa BSG, Urteil vom 16.07.2014, - B 3 KR 1/14 R -, in juris).
Das Grundbedürfnis nach Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums hat die Rechtsprechung des BSG immer nur im Sinne eines Basisausgleich der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den Möglichkeiten eines Gesunden verstanden. Die Bewegungsfreiheit stellt zwar ein allgemeines Grundbedürfnis dar. Hierfür ist im Ausgangpunkt allerdings nur auf diejenigen Entfernungen abzustellen, die ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß zurücklegt (BSG, Urteil vom 08.06.1994, - 3/1 RK 13/93 -, in juris). In der Folgezeit hat das BSG (Urteil vom 16.09.1999, - B 3 KR 8/98 R -, in juris) dies auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (z. B. Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post). Standen Wegstrecken in Rede, die über das von Gesunden zu Fuß Erreichbare hinausgingen, hat das BSG zusätzliche qualitative Momente verlangt (Urteil vom 16.09.2004, - B 3 KR 19/03 R -: Erreichbarkeit ambulanter und medizinischer Versorgung für Zuhause gepflegte Wachkomapatienten; Urteil vom 16.04.1998, - B 3 KR 9/97 R -: Rollstuhl-Bike für Jugendliche im Hinblick auf die Integration des behinderten Kindes während der jugendlichen Entwicklungsphase; Urteil vom 02.08.1979, - 11 RK 7/78 -: Faltrollstuhl für Schulkind zur Ermöglichung des Schulbesuchs; vgl. auch zusammenfassend BSG, Urteil vom 12.08.2009, - B 3 KR 11/08 R -, alle in juris).
Im vorliegenden Fall ist der Antragsteller bereits mit einem Elektrorollstuhl versorgt, den er seit 2008 nutzt. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder Tatsachen vorgetragen, wonach der Antragsteller den genannten Nahbereich mit diesem Rollstuhl nicht erschließen kann. Dem Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums ist damit ausreichend Rechnung getragen.
Auch das Grundbedürfnis der Ausscheidung und des Sitzens rechtfertigt vor diesem Hintergrund keine Zuerkennung des begehrten Hilfsmittels im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleich. Betroffen ist auch insoweit lediglich der mittelbare Behinderungsausgleich, da die gestörte Körperfunktion nicht ersetzt wird. Der von der Antragsgegnerin geschuldete Basisausgleich erfordert damit auch insoweit kein vollständiges Gleichziehens mit den Möglichkeiten eines Gesunden. Es ist zwar nachvollziehbar, dass dem Kläger durch die 20 Grad Kantelung nach vorne (Pinkelstellung) eine weitergehende Nutzung von öffentlichen Toiletten offenstehen kann. Offen bleibt jedoch, inwieweit der Kläger hierzu auf Grund seiner gesundheitlichen Situation tatsächlich in der Lage ist bzw. inwieweit er durch die Nutzung von Behindertentoiletten oder in anderer Weise bereits ausreichend im Sinne eines Basisausgleichs versorgt ist. Nach dem Pflegegutachten aus dem Jahr 2009 nutzt der Antragsteller unproblematisch und selbstständig eine Urinflasche. Auch bezüglich des Grundbedürfnisses des Sitzens gilt entsprechendes. Zwar trägt der Antragsteller auch insoweit eine Verbesserung seiner Situation vor. Eine optimale Versorgung ist von der Antragsgegnerin nach den obigen Ausführungen jedoch nicht geschuldet. Nachdem der Antragsteller den vorhandenen Elektrorollstuhl ohne größere Beanstandung seit 2008 bis 2015 benutzt hat, geht auch der Senat zumindest derzeit davon aus, dass auch dieses Grundbedürfnis im Sinne eines mittelbaren Behinderungsausgleichs durch den vorhandenen Rollstuhl ausgeglichen wird.
Soweit der MDK in seinem Gutachten vom 17.06.2015 im Interesse eines Basisausgleichs bzgl. der Greiffunktion die Versorgung des Antragstellers mit einer Hubvorrichtung befürwortet, werden vom Antragsteller mit Blick hierauf im Vergleich zum bislang genutzten Rollstuhl keine spezifischen Vorteile genannt, weshalb der Senat auch insoweit bei summarischer Prüfung keinen Anordnungsanspruch sieht. Dies gilt umso mehr, als allein die befürwortete Hubvorrichtung im Hinblick auf die Vorgaben des SGB V in §§ 2, 12 SGB V nicht ohne weiteres zur Versorgung des Antragstellers mit dem von ihm allein begehrten Hilfsmittel führen dürfte. Hierauf hat der MDK zutreffend hingewiesen.
Auch andere Anspruchsgrundlagen, die von der Antragsgegnerin als erstangegangenem Leitungsträger, der einen Leistungsantrag nicht weitergeleitet hat, im Hinblick auf die Vorschrift des § 14 SGB IX ebenfalls anzuwenden wären (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24.01.2013, - B 3 KR 5/12 R -; Urteil vom 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -; Beschluss vom 03.02.2005, - B 13 R 261/14 B -, alle in juris), kommen vorliegend nicht zur Begründung eines Anordnungsanspruchs in Betracht. Dies gilt insbesondere für die Regelung zur sozialen Rehabilitation durch den Sozialhilfeträger (Eingliederungshilfe für behinderte Menschen) in den §§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und § 55 SGB IX. Ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft besteht nämlich grundsätzlich nur, wenn hierdurch die Teilhabe im Sinne von § 55 Abs. 1 SGB IX ermöglicht oder gesichert wird. Ziel der Leistungen nach § 55 Abs. 1 SGB IX ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung von (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden (BSG, Urteil vom 19.05.2009, - B 8 SO 32/07 R -, in juris). Weiter hat das BSG im Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen Hilfsmitteln (dort: "andere" Hilfsmittel i.S.d. § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX) im Sinne der medizinischen Rehabilitation (§ 31 SGB IX) und der sozialen Rehabilitation (§ 55 Abs. 2 SGB IX) ausgeführt, dass "andere" Hilfsmittel über die Aufgabenbestimmung nach § 31 SGB IX hinaus der gesamten Alltagsbewältigung dienen müssen. Sie haben die Aufgabe, den Behinderten den Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben (vgl. § 58 SGB IX i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX) zu ermöglichen und hierdurch insgesamt die Begegnung und den Umgang mit nichtbehinderten Menschen zu fördern (so BSG, Urteil vom 19.05.2009, - B 8 SO 32/07 R -, in juris).
Vorliegend ist für den Senat nicht ersichtlich, dass der Antragsteller durch die Nutzung des bisherigen Rollstuhls von gesellschaftlichen Ereignissen oder Bezügen abgeschnitten wird. Der Antragsteller benennt als Vorteile zwar die Kommunikation auf Augenhöhe und die erleichterte Möglichkeit der Nutzung von Tischen in Restaurants mit Hilfe der Schlittenfunktion. Einen ausgleichbedürftigen und ausgleichsfähigen Mangel in Bezug auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hat der Antragsteller hierdurch jedoch weder dargelegt noch ist ein solcher Mangel ersichtlich. Offen bleiben kann danach, inwieweit der Antragsteller überhaupt die finanziellen Anforderung hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse erfüllt (§ 19 Abs. 3 SGB XII i. V. m. § 82 ff. SGB XII).
Auch aus der vom Antragsteller genannten UN-Behindertenrechtskonvention ergibt sich keine abweichende Bewertung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bedürfen die Regelungen der Behindertenkonvention einer nationalen Umsetzung und sind nicht geeignet, eigenständige Anspruchsgrundlagen zu bilden (BSG, Beschluss vom 23.01.2013, - B 9 SB 90/12 B -, in juris mwN).
Hat der Antragsteller damit keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, so fehlt es zur Überzeugung des Senats vorliegend auch am notwendigen Anordnungsgrund. Bei der Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Vermieden werden soll, dass der Antragsteller vor vollendete Tatsachen gestellt wird, bevor er wirksam Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren erlangen kann. Entscheidend ist, ob es bei einer Interesseabwägung nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86 b Rdnr. 27a f). Die einstweilige Anordnung darf dabei grundsätzlich die endgültige Entscheidung nicht vorweg nehmen, wenn es nicht im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ausnahmsweise erforderlich ist, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86 b Rdnr. 31).
Zutreffend hat das SG im vorliegenden Fall darauf hingewiesen, dass ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist. Es fehlt insoweit bereits an einem hinreichend konkreten Vortrag des Antragstellers. Allein die pauschale Behauptung, dass ein Abwarten unzumutbar sei, genügt nicht zur Glaubhaftmachung. Ein Anordnungsgrund ergibt sich im Übrigen aber auch nicht aus den vorliegenden Unterlagen. Vielmehr ist der Antragsteller seit mehreren Jahren mit einem Elektrorollstuhl versorgt, ohne dass es zu Beanstandungen kam. Allein die geltend gemachten Reparaturkosten vermögen vor diesem Hintergrund eine besondere Eilbedürftigkeit nicht zu begründen, nachdem die Antragsgegnerin grundsätzlich zur Übernahme derselben bereit ist. Darüber hinausgehend hatte der Senat aber auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit seiner Ehefrau in einer behindertengerechten Wohnung des St. in I. wohnt, die in besonderem Maße auf die Bedürfnisse von Behinderten zugeschnitten ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Antragsteller zumutbar, bis zur Entscheidung in der Hauptsache den vorhandenen Rollstuhl weiter zu nutzen. Dies gilt umso mehr, als die Zuerkennung des begehrten Hilfsmittel im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache darstellen würde. Eine dies rechtfertigende Eilsituation vermag der Senat nach den obigen Ausführungen im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Gewährung eines elektrischen Paravan Kinderrollstuhls Piccolino im Rahmen der Hilfsmittelversorgung.
Der 1957 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin krankenversichert. Er leidet seit seiner Geburt an einer Tetraspastik bei Spina Bifida, ist 1,40 m groß und wiegt ca. 45 kg. Er ist steh- und gehunfähig und verbringt den ganzen Tag im Rollstuhl. Die Arme können bis zur Horizontalen angehoben werden, eine Elevation ist nicht möglich. Die Arme und Beine sind nur beschwerlich gezielt zu bewegen. Es besteht nur eine eingeschränkte Halte- und Greiffunktion mit feinmotorischen Defiziten. Zum Wasserlassen benutzt er eine Urinflasche (Gutachten des Medizinischen Dienstes (MDK) vom 19.06.2009). Der Antragsteller wohnt mit seiner Ehefrau in einer behindertengerechten Wohnung des St. in I ...
Im Jahr 2008 wurde der Antragsteller durch die Antragsgegnerin mit einem neuen Elektrorollstuhl (Sopur Quickie Groove) versorgt. Dieser ist mit einem speziellen Sitz mit Sitzkantelung und elektrischer Rückenverstellung ausgestattet. Mit Kostenvoranschlag vom 26.03.2015 beantragte der Antragsteller verschiedene Reparaturen an diesem Rollstuhl, deren Gesamtkosten sich auf 3.991,07 EUR beliefen.
Mit Verordnung vom 07.04.2015 (Internist und Hausarzt Dr. W.) wurde dem Antragsteller ein Multifunktions-Elektrorollstuhl verschrieben. In der Folge legte er der Antragsgegnerin mit der Verordnung einen Kostenvoranschlag vom 13.05.2015 über einen Paravan Kinderrollstuhl Piccolino mit verschiedenem Zubehör (z. B. Kleinwuchs-Kontur-Sitz, Sitzkantelung mit Aufstehhilfe 20 Grad nach vorne, 50 Grad nach hinten, elektrischer Sitzhöhenverstellung, elektrischer Unterschenkellängenverstellung, Fußbrett elektrisch klappbar) über insgesamt 20.955,41 EUR vor. Eingereicht wurde darüber hinaus ein Schreiben des behandelnden Physiotherapeuten Th. Th. vom 25.02.2015, mit welchem dieser die Anschaffung dieses Rollstuhls unterstützte. Der Antragsteller könne den Rollstuhl selbst bedienen und an seine Bedürfnisse anpassen. Daher werde die Teilhabe am alltäglichen Leben verbessert. Auch für die Therapie könne der Rollstuhl hilfreich sein, da durch die Verstellbarkeit sehr gute Möglichkeiten bestünden, den Patienten zu erreichen, weshalb Transfers entfallen würden.
Die Antragsgegnerin beauftragte mit Schreiben vom 04.06.2015 den MDK mit der Begutachtung. Dr. St. kam in seinem Gutachten vom 17.06.2015 zu dem Ergebnis, dass die Ersatzversorgung mit einem unter der Heilmittelverordnung gelisteten E-Rollstuhl mit Hubvorrichtung aus sozialmedizinischer Sicht befürwortet werde. Es sei jedoch seitens der Kasse zu prüfen, ob eine wirtschaftlichere Rollstuhlmodellauswahl zu dem laut Kostenvoranschlag beantragten E-Rollstuhl erfolgen könne.
Mit Fax vom 13.07.2015 führte der Antragsteller ergänzend aus, der Rollstuhl diene der Kontrakturprophylaxe, der Kontrakturtherapie, der Vermeidung von Dekubitus, zur Osteoporoseprophylaxe, zum orthostatischen Kreislauftraining, zur Thromboseprophylaxe, zur Verbesserung des Urinabflusses aus Niere und Blase, zur Verbesserung der Verdauungsfunktion und zur Verbesserung der Atemsituation. Er könne sich mit diesem Rollstuhl selbst mobilisieren. Das begehrte Hilfsmittel erlaube im Übrigen durch die Hubfunktion eine Kommunikation auf Augenhöhe. Auch könnten höhere Gegenstände besser erreicht werden. Durch die Kantelung könne sowohl eine Pinkelstellung (nach vorne), als auch Entlastung des Gesäß und der Wirbelsäule und eine Erleichterung der Atmung (nach hinten) erreicht werden.
Mit Bescheid vom 19.08.2015 lehnte die Antragsgegnerin die Versorgung mit dem beantragten Rollstuhl ab. Der vorhandene Rollstuhl sei ausreichend und zweckmäßig, auch unter Berücksichtigung eventuell anstehender Reparaturen, sofern diese sich noch in einem wirtschaftlichen Rahmen bewegen würden.
Gegen den Bescheid vom 19.08.2015 legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte am 03.09.2015 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Sozialgericht Konstanz (SG). Der veraltete Rollstuhl sei nicht mehr ausreichend. Der Paravan Piccolino sei wegen der besonderen Art und Schwere der körperlichen Behinderung die allein geeignete, zweckmäßige und ausreichende Hilfsmittelversorgung. Die Teilhabe an der Gesellschaft sei gefährdet, weil bei dem vorhandenen Elektrorollstuhl mit weiteren Reparaturen zu rechnen sei. Diese seien unwirtschaftlich. Darüber hinaus seien Ersatzteile schwer zu bekommen. Die behandelnden Ärzte hätten schon lange die Erforderlichkeit gesehen, ihn, den Antragsteller, mit dem Paravan Piccolino zu versorgen. Das Gutachten des MDK sei nicht zutreffend. Der Sachverhalt müsse vor Ort untersucht werden. Eilrechtsschutz sei geboten, da ihm ein Abwarten bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht zumutbar sei.
Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen. Es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Das Maß der von ihr sicherzustellenden Ausstattung mit Hilfsmitteln werde mit der beantragten Versorgung überschritten. Im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs seien lediglich die allgemeinen Grundbedürfnisse wie die Bewegungsfreiheit im Nahbereich der Wohnung auszugleichen. Dafür sei der beantragte Rollstuhl nicht erforderlich, da der Antragsteller bereits mit einem Elektrorollstuhl ausreichend versorgt sei. Insoweit fehle es auch an einer Eilbedürftigkeit.
Mit Beschluss vom 10.09.2015 lehnte das SG den Antrag ab. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass ein nach der Rechtsprechung anerkanntes Grundbedürfnis, insbesondere das Grundbedürfnis der Bewegungsfreiheit, durch seinen vorhandenen Rollstuhl nicht hinreichend ausgeglichen werde. Er trage lediglich vor, dass bei dem vorhandenen Rollstuhl gegebenenfalls weitere Reparaturen unwirtschaftlich oder unmöglich sein könnten. Dass eine solche Situation vorliege, sei jedoch nicht ersichtlich. Der Antragsteller habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass der beantragte Rollstuhl zur Behandlung oder Verhinderung weiterer Krankheiten erforderlich sei. Im Verwaltungsverfahren seien lediglich verschiedene medizinische Vorteile aufgezählt worden. Nachweise seien nicht vorgelegt worden. Im Hinblick auf den funktionsfähigen Elektrorollstuhl fehle es im Übrigen auch an einem Anordnungsgrund. Es sei nicht ersichtlich, warum dem Antragsteller das Abwarten des Widerspruchsverfahren nicht zumutbar sei.
Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 15.09.2015 zugestellt.
Hiergegen richtet sich seine am 17.09.2015 beim SG eingelegte Beschwerde, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 22.09.2015 vorgelegt wurde. In der Beschwerdebegründung, die vom Antragsteller, dem behandelnden Internisten und Hausarzt Dr. W. sowie dem behandelnden Physiotherapeuten Th. unterzeichnet ist, wird nochmals ausgeführt, dass mit dem Paravan Piccolino eine Kontrakturprophylaxe der Hüft-, Knie- und Fußgelenke sowie eine Kontrakturtherapie möglich sei. Darüber hinaus sei eine Versorgung mit dem Rollstuhl als Osteoporose- und Thromboseprophylaxe sowie zur Vermeidung von Dekubitus und zum orthostalischen Kreislauftraining notwendig. Durch die Versorgung mit dem begehrten Rollstuhl werde auch der Urinabfluss aus Niere und Blase sowie die Verdauungsfunktion verbessert. Dies gelte auch für die Atemfunktion. Schließlich werde auch die Reichweite des Klägers sowie die Teilhabe am Leben verbessert.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10.09.2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn vorläufig mit dem Rollstuhl Paravan Piccolino nebst Zubehör entsprechend dem Kostenvoranschlag vom 13.05.2015 zu versorgen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Ausführungen des Antragstellers seien nicht geeignet, eine unmittelbare Auswirkung des begehrten Hilfsmittels auf die allgemeinen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu belegen, da wissenschaftlich fundierte Nachweise für die Behauptungen fehlen würden. Es seien im Übrigen keine schweren oder unzumutbaren Nachteile ersichtlich, wenn die Versorgung mit dem Hilfsmittel erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen würde. Damit fehle es sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Vorliegend begehrt der Antragsteller die Versorgung mit einem Hilfsmittel. Damit richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung. Dies verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]).
Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) [Kammer], Beschluss vom 12.05.2005, - 1 BvR 569/05 -, in juris). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben bei diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 29.07.2003, - 2 BvR 311/03 -, in juris; Beschluss vom 22.11.2002, - 1 BvR 1586/02 -, in juris). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 12.05.2005, - 1 BvR 569/05 , in juris, mwN); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 22.11.2002, - 1 BvR 1586/02 -, in juris; Beschluss vom 29.11.2007, - 1 BvR 2496/07 -, in juris).
Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Versorgung mit dem Paravan Kinderrollstuhl Piccolino gehört nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der Krankenversicherung. Insoweit hatte der Senat zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bereits seit 2008 mit einem Elektrorollstuhl versorgt ist und im vorliegenden Verfahren eine Neuversorgung bzw. höherwertige Versorgung geltend macht. Geboten und ausreichend ist damit eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage.
Davon ausgehend besteht weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund.
Gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB (Sozialgesetzbuch) V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung (zum Behinderungsbegriff vgl. die auch hier maßgebliche Definition in § 2 Abs. 1 SGB IX) vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind; letzteres ist bei dem hier in Rede stehenden Hilfsmittel nicht der Fall.
Der Antragsteller stützt das Leistungsbegehren in erster Linie auf eine Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 SGB V).
Der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung dient ein sächliches Mittel (Hilfsmittel), soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Dabei kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation ein Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung im Sinne von § 27 SGB V zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztlich oder ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlung des § 27 SGB V als erforderlich anzusehen sind. Diese Voraussetzungen liegen bei einer Hilfe zur körperlichen Betätigung vor, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere der Erkrankung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der physikalischen Therapie hat und die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung diese Therapie entweder wesentlich fördert oder die Behandlungsfrequenz in Folge der eigenen Betätigung geringer ausfallen kann (vgl. BSG, Urteil vom 18.05.2011, - B 3 KR 7/10 R -, in juris).
Dies ist hier nicht der Fall. Hinsichtlich der geltend gemachten gesundheitlichen Vorteile: Kontrakturprophylaxe, Kontrakturtherapie, orthostalisches Kreislauftraining, Vermeidung von Dekubitus, Osteporoseprophylaxe, Thromboseprophylaxe, verbesserter Urinabfluss, verbesserte Verdauungsfunktion und Verbesserung der Atemfunktion lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass die Verstellbarkeit des Rollstuhls und eine damit ggf. einhergehende Mobilisation des Antragsstellers in engem Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche oder ärztlich angeleitete Leistungserbringung steht und für die gezielte Versorgung als erforderlich anzusehen ist. Dies wird weder von Seiten des Antragstellers vorgetragen noch ist dies aus den Unterlagen ersichtlich. Vielmehr geht der Physiotherapeut Th. in seiner Stellungnahme vom 25.02.2015 lediglich davon aus, dass im Fall einer Neuversorgung ggf. der Transfer entfalle. Eine wesentliche Förderung der physiotherapeutischen Behandlung und der Verringerung einer Behandlungsfrequenz lässt sich auch dem Beschwerdeschriftsatz nicht entnehmen. Dieser zählt lediglich wie in der Widerspruchsbegründung die verschiedenen Vorteile aus Sicht der Unterzeichner auf, ohne einen konkreten Bezug zu einer Behandlung herzustellen. Für den Senat ist im Hinblick auf das Krankheitsbild des Antragstellers auch nicht ersichtlich, dass allein die erweiterten Einstellungsmöglichkeiten des Rollstuhls durch den Antragsteller ärztliche oder physiotherapeutische Behandlung ersetzen können oder im Sinnes des § 33 Abs. 1 SGB V vergleichbar fördern.
Der Anspruch des Antragstellers auf das begehrte Hilfsmittel ergibt sich auch nicht aus § 33 Abs. 1 Satz 2 Variante 3 SGB V und dem dort genannten Zweck des Behinderungsausgleichs. Nach der Rechtsprechung des BSG bemisst sich der von der Krankenkasse geschuldete Behinderungsausgleich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird. Von einem unmittelbaren Behinderungsausgleich (dem unmittelbaren Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion) ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Hierfür gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Die Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens (vgl. auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) betroffen ist, entfällt in den Fällen der Erst- und Ersatzausstattung, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (BSG, Urteil vom 18.05.2011, - B 3 KR 12/10 R -, in juris).
Beschränkter sind die Leistungen der Krankenkasse beim wie hier vorliegenden mittelbaren Behinderungsausgleich, wenn also die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden. Dann sind die Krankenkassen nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben zu führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von den Krankenkassen deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderungen im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens im hier maßgeblichen Sinne gehört das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf. andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (vgl. auch etwa BSG, Urteil vom 16.07.2014, - B 3 KR 1/14 R -, in juris).
Das Grundbedürfnis nach Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums hat die Rechtsprechung des BSG immer nur im Sinne eines Basisausgleich der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den Möglichkeiten eines Gesunden verstanden. Die Bewegungsfreiheit stellt zwar ein allgemeines Grundbedürfnis dar. Hierfür ist im Ausgangpunkt allerdings nur auf diejenigen Entfernungen abzustellen, die ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß zurücklegt (BSG, Urteil vom 08.06.1994, - 3/1 RK 13/93 -, in juris). In der Folgezeit hat das BSG (Urteil vom 16.09.1999, - B 3 KR 8/98 R -, in juris) dies auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (z. B. Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post). Standen Wegstrecken in Rede, die über das von Gesunden zu Fuß Erreichbare hinausgingen, hat das BSG zusätzliche qualitative Momente verlangt (Urteil vom 16.09.2004, - B 3 KR 19/03 R -: Erreichbarkeit ambulanter und medizinischer Versorgung für Zuhause gepflegte Wachkomapatienten; Urteil vom 16.04.1998, - B 3 KR 9/97 R -: Rollstuhl-Bike für Jugendliche im Hinblick auf die Integration des behinderten Kindes während der jugendlichen Entwicklungsphase; Urteil vom 02.08.1979, - 11 RK 7/78 -: Faltrollstuhl für Schulkind zur Ermöglichung des Schulbesuchs; vgl. auch zusammenfassend BSG, Urteil vom 12.08.2009, - B 3 KR 11/08 R -, alle in juris).
Im vorliegenden Fall ist der Antragsteller bereits mit einem Elektrorollstuhl versorgt, den er seit 2008 nutzt. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder Tatsachen vorgetragen, wonach der Antragsteller den genannten Nahbereich mit diesem Rollstuhl nicht erschließen kann. Dem Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums ist damit ausreichend Rechnung getragen.
Auch das Grundbedürfnis der Ausscheidung und des Sitzens rechtfertigt vor diesem Hintergrund keine Zuerkennung des begehrten Hilfsmittels im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleich. Betroffen ist auch insoweit lediglich der mittelbare Behinderungsausgleich, da die gestörte Körperfunktion nicht ersetzt wird. Der von der Antragsgegnerin geschuldete Basisausgleich erfordert damit auch insoweit kein vollständiges Gleichziehens mit den Möglichkeiten eines Gesunden. Es ist zwar nachvollziehbar, dass dem Kläger durch die 20 Grad Kantelung nach vorne (Pinkelstellung) eine weitergehende Nutzung von öffentlichen Toiletten offenstehen kann. Offen bleibt jedoch, inwieweit der Kläger hierzu auf Grund seiner gesundheitlichen Situation tatsächlich in der Lage ist bzw. inwieweit er durch die Nutzung von Behindertentoiletten oder in anderer Weise bereits ausreichend im Sinne eines Basisausgleichs versorgt ist. Nach dem Pflegegutachten aus dem Jahr 2009 nutzt der Antragsteller unproblematisch und selbstständig eine Urinflasche. Auch bezüglich des Grundbedürfnisses des Sitzens gilt entsprechendes. Zwar trägt der Antragsteller auch insoweit eine Verbesserung seiner Situation vor. Eine optimale Versorgung ist von der Antragsgegnerin nach den obigen Ausführungen jedoch nicht geschuldet. Nachdem der Antragsteller den vorhandenen Elektrorollstuhl ohne größere Beanstandung seit 2008 bis 2015 benutzt hat, geht auch der Senat zumindest derzeit davon aus, dass auch dieses Grundbedürfnis im Sinne eines mittelbaren Behinderungsausgleichs durch den vorhandenen Rollstuhl ausgeglichen wird.
Soweit der MDK in seinem Gutachten vom 17.06.2015 im Interesse eines Basisausgleichs bzgl. der Greiffunktion die Versorgung des Antragstellers mit einer Hubvorrichtung befürwortet, werden vom Antragsteller mit Blick hierauf im Vergleich zum bislang genutzten Rollstuhl keine spezifischen Vorteile genannt, weshalb der Senat auch insoweit bei summarischer Prüfung keinen Anordnungsanspruch sieht. Dies gilt umso mehr, als allein die befürwortete Hubvorrichtung im Hinblick auf die Vorgaben des SGB V in §§ 2, 12 SGB V nicht ohne weiteres zur Versorgung des Antragstellers mit dem von ihm allein begehrten Hilfsmittel führen dürfte. Hierauf hat der MDK zutreffend hingewiesen.
Auch andere Anspruchsgrundlagen, die von der Antragsgegnerin als erstangegangenem Leitungsträger, der einen Leistungsantrag nicht weitergeleitet hat, im Hinblick auf die Vorschrift des § 14 SGB IX ebenfalls anzuwenden wären (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24.01.2013, - B 3 KR 5/12 R -; Urteil vom 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -; Beschluss vom 03.02.2005, - B 13 R 261/14 B -, alle in juris), kommen vorliegend nicht zur Begründung eines Anordnungsanspruchs in Betracht. Dies gilt insbesondere für die Regelung zur sozialen Rehabilitation durch den Sozialhilfeträger (Eingliederungshilfe für behinderte Menschen) in den §§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und § 55 SGB IX. Ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft besteht nämlich grundsätzlich nur, wenn hierdurch die Teilhabe im Sinne von § 55 Abs. 1 SGB IX ermöglicht oder gesichert wird. Ziel der Leistungen nach § 55 Abs. 1 SGB IX ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung von (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden (BSG, Urteil vom 19.05.2009, - B 8 SO 32/07 R -, in juris). Weiter hat das BSG im Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen Hilfsmitteln (dort: "andere" Hilfsmittel i.S.d. § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX) im Sinne der medizinischen Rehabilitation (§ 31 SGB IX) und der sozialen Rehabilitation (§ 55 Abs. 2 SGB IX) ausgeführt, dass "andere" Hilfsmittel über die Aufgabenbestimmung nach § 31 SGB IX hinaus der gesamten Alltagsbewältigung dienen müssen. Sie haben die Aufgabe, den Behinderten den Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben (vgl. § 58 SGB IX i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX) zu ermöglichen und hierdurch insgesamt die Begegnung und den Umgang mit nichtbehinderten Menschen zu fördern (so BSG, Urteil vom 19.05.2009, - B 8 SO 32/07 R -, in juris).
Vorliegend ist für den Senat nicht ersichtlich, dass der Antragsteller durch die Nutzung des bisherigen Rollstuhls von gesellschaftlichen Ereignissen oder Bezügen abgeschnitten wird. Der Antragsteller benennt als Vorteile zwar die Kommunikation auf Augenhöhe und die erleichterte Möglichkeit der Nutzung von Tischen in Restaurants mit Hilfe der Schlittenfunktion. Einen ausgleichbedürftigen und ausgleichsfähigen Mangel in Bezug auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hat der Antragsteller hierdurch jedoch weder dargelegt noch ist ein solcher Mangel ersichtlich. Offen bleiben kann danach, inwieweit der Antragsteller überhaupt die finanziellen Anforderung hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse erfüllt (§ 19 Abs. 3 SGB XII i. V. m. § 82 ff. SGB XII).
Auch aus der vom Antragsteller genannten UN-Behindertenrechtskonvention ergibt sich keine abweichende Bewertung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bedürfen die Regelungen der Behindertenkonvention einer nationalen Umsetzung und sind nicht geeignet, eigenständige Anspruchsgrundlagen zu bilden (BSG, Beschluss vom 23.01.2013, - B 9 SB 90/12 B -, in juris mwN).
Hat der Antragsteller damit keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, so fehlt es zur Überzeugung des Senats vorliegend auch am notwendigen Anordnungsgrund. Bei der Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Vermieden werden soll, dass der Antragsteller vor vollendete Tatsachen gestellt wird, bevor er wirksam Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren erlangen kann. Entscheidend ist, ob es bei einer Interesseabwägung nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86 b Rdnr. 27a f). Die einstweilige Anordnung darf dabei grundsätzlich die endgültige Entscheidung nicht vorweg nehmen, wenn es nicht im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ausnahmsweise erforderlich ist, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86 b Rdnr. 31).
Zutreffend hat das SG im vorliegenden Fall darauf hingewiesen, dass ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist. Es fehlt insoweit bereits an einem hinreichend konkreten Vortrag des Antragstellers. Allein die pauschale Behauptung, dass ein Abwarten unzumutbar sei, genügt nicht zur Glaubhaftmachung. Ein Anordnungsgrund ergibt sich im Übrigen aber auch nicht aus den vorliegenden Unterlagen. Vielmehr ist der Antragsteller seit mehreren Jahren mit einem Elektrorollstuhl versorgt, ohne dass es zu Beanstandungen kam. Allein die geltend gemachten Reparaturkosten vermögen vor diesem Hintergrund eine besondere Eilbedürftigkeit nicht zu begründen, nachdem die Antragsgegnerin grundsätzlich zur Übernahme derselben bereit ist. Darüber hinausgehend hatte der Senat aber auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit seiner Ehefrau in einer behindertengerechten Wohnung des St. in I. wohnt, die in besonderem Maße auf die Bedürfnisse von Behinderten zugeschnitten ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Antragsteller zumutbar, bis zur Entscheidung in der Hauptsache den vorhandenen Rollstuhl weiter zu nutzen. Dies gilt umso mehr, als die Zuerkennung des begehrten Hilfsmittel im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache darstellen würde. Eine dies rechtfertigende Eilsituation vermag der Senat nach den obigen Ausführungen im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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