L 2 R 3189/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2693/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 3189/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der in Süditalien geborene Kläger lebt seit 1985 in der Bundesrepublik Deutschland. In Italien hatte er nach seinen Angaben den Beruf des Elektrikers erlernt, ohne diesen ausgeübt zu haben. In Deutschland war er überwiegend als Dekontaminierungsarbeiter bei Fremdfirmen in verschiedenen Kernkraftwerken tätig, zuletzt versicherungspflichtig von 1993 bis 31.1.1995; danach hat er nur noch gejobbt u.a. in Teilzeit als Taxi- bzw. Pizzafahrer. Derzeit bezieht er Arbeitslosengeld II. Seit 10.10.2007 ist bei ihm ein GdB von 70 festgestellt.

Auf seinen ersten Rentenantrag im Jahr 2005 hin gewährte die Beklagte dem Kläger im Rahmen eines Vergleichs in dem vor dem Sozialgericht Mannheim (SG - S 10 R 102/06) geführten Rechtsstreit wegen Erwerbsminderungsrente neben einer medizinischen Rehabilitation Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1.3.2005 bis 31.7.2007. Grundlage hierfür war das Gutachten des Dr. Schw., Chefarzt der Abteilung Allgemeinpsychiatrie im psychiatrischen Zentrum N., der in seinem Gutachten vom 16.10.2006 festgestellt hatte, der Kläger könne wegen einer mittelgradigen Depression und Somatisierungsstörung nur noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne erhöhte Stressbelastung und Verantwortung im Umfang von 4 bis unter 6 Stunden täglich verrichten, wobei sich die Beeinträchtigungen im Rahmen einer klinischen-psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung voraussichtlich bessern ließen.

Der Antrag des Klägers vom 6.6.2007 auf Weitergewährung der Rente blieb nach Einholung des nervenärztlichen Gutachtens bei Dr. H. vom 11.10.2007, der bei somatoformer Schmerzstörung, Wirbelsäulensyndrom und chronischer Nierenerkrankung leichte bis mittelschwere Tätigkeiten 6 Stunden und mehr nicht für ausgeschlossen hielt, erfolglos (Bescheid vom 23.10.2007, Widerspruchsbescheid vom 29.1.2008). Im Klageverfahren vor dem SG (S 5 R 622/08) und im Berufungsverfahren vor dem Senat (L 2 R 6049/08) hielten die Gutachter Dr. B. und Dr. H. in ihren nervenärztlichen Gutachten vom 8.8.2008 und vom 2.5.2011 den Kläger für fähig, 6 Stunden und mehr arbeitstäglich bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu arbeiten. Dr. H. hatte zuletzt eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine leichte depressive Episode diagnostiziert. Der Senat wies die Berufung des Klägers (gegen das Urteil des SG vom 26.11.2008) mit Urteil vom 19.10.2011 zurück.

Am 28.11.2012 beantragte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung unter Bezugnahme auf das ärztliche Attest des Allgemeinmediziners St. vom 27.6.2012. Danach sei die Leistungsfähigkeit des Klägers hauptsächlich wegen eines chronischen Schmerzsyndroms und wegen wiederholter Symptome einer schweren depressiven Episode eingeschränkt. Nach sozialmedizinischer Auswertung der vorgelegten medizinischen Unterlagen lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 17.12.2012 ab. Die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen - somatoforme Schmerzstörung, depressive Episode, Wirbelsäulensyndrom, degenerative Veränderungen, chronische Nierenerkrankung und arterieller Bluthochdruck - hinderten den Kläger nicht daran, noch mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Auf den Widerspruch des Klägers hin beauftragte die Beklagte mit der Einholung eines Gutachtens Dr. B., den der Kläger wegen Befangenheit ablehnte. Eine dann durch den Nervenarzt B. vorgesehene Begutachtung kam nicht zu Stande, nachdem der Bevollmächtigte des Klägers es abgelehnt hatte, eine Begutachtung durch einen Sozialmediziner der Beklagten vornehmen zu lassen (Schreiben vom 16.4.2013). Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4.7.2013 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 2.8.2013 Klage zum SG erheben lassen und zahlreiche psychische und körperliche Erkrankungen geltend gemacht, die sich immer weiter verschlechterten und nicht hinreichend gewürdigt worden seien. Er sei bereits seit Jahren voll erwerbsgemindert. Weiter hat er längere Ausführungen zur Parteilichkeit zahlreicher im Verfahren tätiger Ärzte, deren Einschätzung seinem Ziel zuwider liefen, gemacht.

Das SG hat den Kläger behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Die Ärztin für Innere Medizin und Nephrologie Dr. De C. hat mitgeteilt, dass aus nephrologischer Sicht keine Einwände gegen eine leichte körperliche Arbeit unter 6 Stunden (gemeint über 6 Stunden) täglich erhoben werden. Durch die gezielte Trinkmenge und die regelmäßige Medikamenteneinnahme seien ein Rückgang der Proteinurie und eine stabile Nierenfunktion zu verzeichnen (Auskunft vom 17.9.2013). Der Neurologe und Radiologe Dr. H. hat von einem leichtgradigen Karpaltunnelsyndrom, von dem weitreichende Einschränkungen nicht zu erwarten seien, berichtet. Angaben zum Leistungsvermögen hat er darüber hinaus nicht machen können (Auskunft vom 14.10.2013).

Weiter hat das SG das psychiatrische Gutachten der Dr. B. eingeholt. Diese hat in ihrem Gutachten vom 3.2.2014 als gesichert eine mittelschwere depressive Episode einer rezidivierenden depressiven Störung diagnostizieren können. Der Kläger lege offensichtlich Wert auf sein Äußeres. Er habe einen histrionischen Eindruck gemacht. Der Kläger sei subdepressiv verstimmt gewesen, die Schwingungsfähigkeit sei eingeschränkt und er kaum auflockerbar gewesen. Im Kontakt habe der Kläger schnell dazu tendiert, sich angegriffen, gekränkt und unverstanden zu fühlen. Teilweise habe er sich derart in etwas gesteigert, dass es in der Gegenübertragung schwergefallen sei, ihn ernst zu nehmen, was wiederum das Erleben, nicht ernst genommen zu werden, gestützt habe. Eine merkliche Antriebsstörung bestehe nicht. Es habe sich ein sozialer Rückzug gezeigt. Es bestehe keinerlei Krankheitseinsicht in eine psychische Erkrankung. Weder Introspektionsfähigkeit noch ein irgendwie erkennbares selbstkritisches Verhalten sei erkennbar. Im inhaltlichen Denken bestünde eine erhebliche dysfunktionale Überzeugung, allerdings keine wesentlichen Konzentrations-, Auffassungs- oder Merkfähigkeitsstörungen. Insgesamt habe sich in der Untersuchungssituation ein sehr auffälliges Kontaktverhalten ergeben. Aufgrund verschiedener Testverfahren und des persönlichen Eindrucks sei die genannte Diagnose zu stellen. Die darüber hinaus bestehenden Schmerzen seien somatisch nicht völlig erklärbar. Allerdings sei weder eine Schmerzerkrankung noch eine Persönlichkeitsstörung sicher diagnostizierbar. Der Kläger sei in der Lage 4 Stunden arbeitstäglich zu arbeiten. Aufgrund der völlig fehlenden Krankheitseinsicht, des langjährigen Verlaufs und der Therapieresistenz sei nicht mit einer wesentlichen Besserung zu rechen.

Die Beklagte ist dem Gutachten mit der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. N. vom 10.2.2014 entgegengetreten, der dem geschilderten Befund allenfalls eine Erwerbsminderung nicht begründende Dysthymie zuordnen konnte. Dr. B. und Dr. N. haben jeweils ergänzend Stellung genommen (Stellungnahmen vom 13.3.2014 und vom 21.3.2014).

Mit Urteil vom 12.6.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass dem Kläger der geltend gemachte Rentenanspruch nicht zustehe. Ein rentenrelevantes auf unter 6 Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen ergebe sich zunächst nicht aus den Auskünften der Dr. De C., die einen Rückgang der Proteinuri, eine stabile Nierenfunktion und einen Blutdruck unter Kontrolle beschrieben habe, schwere neurologische Störungen würden nicht mehr auftreten. Dr. H. (Radiologe) habe in seiner Auskunft, wie in dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Befundbericht vom 11.4.2014, keine manifeste radikuläre Symptomatik beschrieben. Das Gutachten der Dr. B. überzeuge nicht. Das SG ist weitgehend der Einschätzung des Dr. N. in seinen Stellungnahmen vom 10.2.2014 und 21.3.2014 gefolgt. Im Gutachten verwundere, dass der Kläger seine Schmerzen als Hauptproblematik geschildert und psychische Probleme verneint habe, dennoch eine Auseinandersetzung mit der Schmerzproblematik nur dahingehend stattgefunden habe, dass eine Schmerzerkrankung nicht zu diagnostizieren sei, sondern die Symptomatik mit der Diagnose der mittelschweren depressiven Episode ausreichend gewürdigt sei. Dies spreche nicht unbedingt dafür, dass den Schmerzen die vom Kläger beschriebene Bedeutung zukomme. Schmerzbedingte Beeinträchtigungen, die sich auf die Leistungsfähigkeit auswirken könnten, würden im Gutachten nicht erwähnt. Schließlich überrasche es nach dem erhobenen Befund, dass letztlich die Diagnose der rezidivierenden depressiven Störung mit mittelschwerer Episode gestellt worden sei. Nach dem psychopathologischen Befund sei eher eine Diagnose im Bereich der Persönlichkeitsstörung zu erwarten gewesen. Ein Befund, der letztlich nachvollziehbar zu der Diagnose einer depressiven Episode in einer eine Leistungsminderung begründenden Ausprägung führen würde, finde sich im Gutachten nicht, worauf Dr. N. schlüssig hinweise. Die Gutachterin habe in ihrer ergänzenden Stellungnahme die Ausführungen des Dr. N., dass im psychopathologischen Befund lediglich eine Subdepressivität beschrieben worden sei, womit ein leichtgradiger Verstimmungszustand an der Grenze zum Normalbefund gemeint sei, nicht zu entkräften vermocht. Eine dementielle Entwicklung, eine Merkfähigkeitsstörung oder kognitive Defizite, auf die die Gutachterin in ihrer ergänzenden Stellungnahme abhebe, seien im Gutachten gerade nicht beschrieben worden. Die Gutachterin habe letztlich einen Befund beschrieben, der eine quantitative Leistungsminderung nicht offensichtlich erscheinen lasse und eine Diagnose gestellt, der ein anderer Arzt derselben Fachrichtung mit schlüssigen Argumenten entgegengetreten sei. Den Ausführungen der Gutachterin hätte noch am ehesten gefolgt werden können, wenn sie die quantitative Leistungsminderung auf die Persönlichkeit bzw. das Kontaktverhalten des Klägers gestützt hätte. Da auf dem Arbeitsmarkt jedoch auch Tätigkeiten vorhanden seien, die weitgehend alleine ausgeübt werden könnten, und weil die Problematik scheinbar nicht so ausgeprägt sei, dass sie eine eigene Diagnose rechtfertige, sei die sichere Annahme einer quantitativen Leistungsminderung nicht möglich. Soweit die Gutachterin das von ihr festgestellte untervollschichtige Leistungsvermögen mittels des mini ICF und IREPRO bekundet habe, sei die daraus resultierende "Punkteverteilung" anhand des beschriebenen Befundes nicht nachzuvollziehen. Dabei sei maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Kläger sich selbst nicht für psychisch krank und eine Behandlung nicht für erforderlich halte. Ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe bereits nicht, weil der Kläger nach dem Mehrstufenschema auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne. Letztlich äußerte das SG Zweifel an dem von der Gutachterin beschriebenen Zeitpunkt des Eintritts der quantitativen Leistungsminderung. Zwar sei in dem von ihr hinsichtlich des Zeitpunktes herangezogenen Entlassbriefes anfangs die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung mit Somatisierungstendenz genannt worden. Der Kläger sei jedoch am 9.5.2012 weitgehend beschwerdefrei nach Hause entlassen worden.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 2.7.2014 zugestellte Urteil hat er am 30.7.2014 schriftlich beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und sein Vorbringen im SG Verfahren wiederholt und vertieft.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Juni 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat das neurologisch-psychiatrische Gutachten bei Prof. Dr. Dr. W. vom 30.3.2015 eingeholt. Der Gutachter hat auf neurologischem Fachgebiet eine radikuläre Nervenwurzelreizsymptomatik C7 rechts ohne nachweisliche motorische und/oder sensible Ausfälle diagnostiziert. Auf psychiatrischem Fachgebiet hat er eine rezidivierende depressive Episode, derzeit jedoch lediglich leichtgradig festgestellt. Eine Schmerzerkrankung liege nicht vor, insbesondere auch nicht im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Die vom Kläger bei längerem Stehen geklagten Rückenschmerzen seien den bereits 2008 kernspintomographisch beschriebenen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule zuzurechnen. Die geringe Inanspruchnahme von Schmerzmitteln und das Fehlen einer krankengymnastischen Übungsbehandlung deute darauf hin, dass der Schweregrad dieser Schmerzen eher als leicht- bis mittelgradig einzuschätzen sei. Aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen einschließlich der rechtsseitigen Zervikobrachialgien seien Tätigkeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten, unter dauerhaftem Stehen bzw. Zwangshaltungen und unter voller Gebrauchsfähigkeit beider Arme nicht mehr zumutbar. Aufgrund der psychischen Problematik seien zusätzlich Tätigkeiten mit erhöhtem Leistungsdruck wie Akkord- oder Schichtarbeit zu vermeiden. Körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen könne der Kläger noch 6 Stunden und mehr an 5 Tagen in der Woche ausüben.

Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 15.5.2015 zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 und Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgebenden Form-und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 3 SGG) eingelegte zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren gegeben hat, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das SG hat die Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 17.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.7.2013, gegen den der Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage vorgeht, zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung.

Das SG hat nach erschöpfender Ermittlung des Sachverhalts, unter Darlegung der zutreffenden Rechtsnormen sowie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung verbunden mit einer rechtsfehlerfreien und ausführlichen Würdigung des Beweisergebnisses zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung oder auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist im Hinblick auf die weitere Beweiserhebung im Berufungsverfahren auszuführen, dass sich auch der Senat nicht davon hat überzeugen können, dass die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen über qualitative Einschränkungen hinaus eine zeitliche Limitierung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit begründen. Das bei Prof. Dr. Dr. W. auch im Hinblick auf seine besondere Sachkunde auf dem Gebiet der Schmerztherapie bei wiederholt geltend gemachten Schmerzen eingeholte neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 30.3.2015 hat die vom Kläger geltend gemachte Erwerbsminderung nicht bestätigt. Das Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. hat vielmehr die im Urteil vorgenommene Einschätzung der Erkrankungen des Klägers durch das SG entgegen der Beurteilung der Dr. B. in ihrem Gutachten vom 3.2.2014 dahingehend bestätigt, dass keine Gründe dagegen ersichtlich sind, dass der Kläger nicht 6 Stunden an 5 Tagen in der Woche erwerbsfähig sein kann. D.h. im Umfang von 6 Stunden arbeitstäglich kann der Kläger leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen bei Beachtung der vom Gutachter genannten weiteren Einschränkungen zumutbar verrichten. Diese Einschätzung steht auch im Einklang mit der gegenüber dem Gutachter gemachten Selbsteinschätzung des Klägers, wonach einer Erwerbstätigkeit weniger die körperliche oder seelische Gesundheit als vielmehr der Arbeitsmarkt, der eine leidensgerechte Tätigkeit für ihn nicht bereithalte, entgegensteht.

Das Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. überzeugt den Senat. Es ist schlüssig und anhand der erhobenen Befunde nachvollziehbar. In psychischer Beziehung hat die Befunderhebung ergeben, dass sich der Kläger täglich ausführlich mit seinem PC beschäftigt. Der Kläger zeigte sich gut über aktuelle politische Ereignisse informiert. Daraus auf einen nicht vorhandenen Interessenverlust zu schließen, ist nachvollziehbar. Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit sowie das Gedächtnis und der formale Denkablauf waren in keiner Weise beeinträchtigt. Die affektive Schwingungsfähigkeit war allenfalls mäßig beeinträchtigt, der Antrieb als etwas schwankend und wohl unter Berücksichtigung eines primär hohen Antriebsniveaus als etwas vermindert beschrieben. Die in den Vorunterlagen mehrfach beschriebene Persönlichkeitsstörung bis hin zu einem sensitiven Beziehungswahn und Angststörung hat Prof. Dr. Dr. W. in keiner Weise bestätigen können. Vielmehr hat er die Neigung zu einer blumigen, umfangreichen Schilderung seiner Situation, die jedoch in jeder Hinsicht nachvollziehbar erschien, dem süditalienischen Naturell des Klägers und nicht wie Dr. B. einer psychopathologischen Veränderung zugeschrieben. Dazu hat er eine gewisse narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung mit leichter Kränkbarkeit festgestellt. Angesichts der wenig befriedigenden sozialen Situation wurde die gedrückte Stimmungslage im Sinne einer derzeit leichtgradigen depressiven Episode als nachvollziehbar beschrieben. Eine schwerwiegendere depressive Störung mit auch Interessenverlust (s.o.) und Rückzug vermochte der Gutachter nicht zu erkennen. Soweit ein sozialer Rückzug besteht hat der Kläger selbst eingeräumt, dass hierbei die begrenzten finanziellen Möglichkeiten eine nicht unwesentliche Bedeutung besitzen. Auch die als dramatisch erlebten gesundheitlichen Probleme 2004 (Urosepsis mit anschließendem Nierenversagen) sind inzwischen hinreichend verarbeitet und schwerwiegendere psychoreaktive Folgen nicht (mehr) ersichtlich.

Die klinisch-neurologische Untersuchung zeigte bei vorbefundlichen degenerativen Veränderungen an der Halswirbelsäule eine radikuläre Nervenwurzelreizsymptomatik C 7 rechts ohne Lähmungen oder Gefühlsstörungen. Anhaltspunkte für eine radikuläre Symptomatik aufgrund der beschriebenen Rücken- und Wadenschmerzen nach längerem Gehen und Stehen fanden sich nicht. Ausdrücklich ausgeschlossen hat Prof. Dr. Dr. W. eine eigenständige Schmerzerkrankung auch im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung. Die geklagten Beschwerden, die von ihm als leicht- bis mittelgradig eingeschätzt wurden, waren mit den degenerativen Veränderungen in Einklang zu bringen.

Auch seine unterschiedliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Gegensatz zum Gutachten der Dr. B. überzeugt. Nachdem sie in ihrem psychiatrischen Querschnittsbefund letztlich keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen beschrieben hatte, beruhte ihre Beurteilung im Wesentlichen auf der "Mini-ICF-App". Hier kam Prof. Dr. Dr. W. jedoch aufgrund der eingehenden Exploration und Befragung des Klägers zu einer erheblich divergenten Einschätzung. Insbesondere war die Fähigkeit sich an Regeln zu halten und Termine wahrzunehmen in der Begutachtungssituation in keiner Weise schwerwiegend beeinträchtigt, ebenso wie Flexibilität und Umstellungsfähigkeit gut erhalten waren. Eine schwerere Beeinträchtigung lag lediglich im Bereich der Durchhaltefähigkeit vor, in geringerem Umfang auch bezüglich der Gruppenfähigkeit und bezüglich der Initiierung spontaner Aktivitäten. Dem wird jedoch durch eine Arbeit ohne erhöhten Leistungsdruck wie Akkord- oder Schichtarbeit ausreichend Rechnung getragen.

Nachdem eine quantitative Leistungseinschränkung beim Kläger nicht nachgewiesen ist, konnte die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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