Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 679/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 38/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11.12.2012 abgeändert und der Bescheid vom 28.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 aufgehoben, soweit darin der Bescheid vom 05.09.1991 auch für die Zeit vom 07.06.2007 bis 31.12.2007 aufgehoben wurde.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wehrt sich gegen die rückwirkende Aufhebung einer Befreiung von der Versicherungspflicht.
Der 1962 geborene Kläger war ab 1991 als Rechtsanwalt zugelassen und arbeitete bis Ende 1991 als angestellter Rechtsanwalt. Er wurde zum 01.02.1991 Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B. (künftig: Versorgungswerk). Mit Bescheid vom 05.09.1991 wurde er wegen seiner Mitgliedschaft im Versorgungswerk gemäß § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) ab dem 13.06.1991 von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Befreiung für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten wären, gilt. Weiter ist ausgeführt, der Kläger habe alle Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen. Dies sei insbesondere der Fall, wenn Versorgungsabgaben nicht mehr in der dem Einkommen entsprechenden Höhe zu entrichten seien. Die Mitgliedschaft im Versorgungswerk setzte der Kläger fort, als er im Februar 1992 als Rechtsanwalt von der Rechtsanwaltskammer S. zugelassen wurde. Die Zulassung zur Rechtsanwaltskammer S. wurde am 07.06.2007 auf Grund eines Verzichts des Klägers widerrufen und der Kläger war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Rechtsanwalt tätig. Er blieb freiwilliges Mitglied im Versorgungswerk. Ab 01.01.2008 wurde der Beitrag zum Versorgungswerk in Höhe von drei Zehnteln des Regelpflichtbeitrags gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks festgesetzt. Hinsichtlich aller satzungsrechtlichen Bestimmungen wird auf Bl. 21 ff LSG-Akte verwiesen.
Ab dem 14.01.2008 übte der Kläger auf der Grundlage eines zwischen ihm und dem Landkreis L. geschlossenen, befristeten und mehrmals verlängerten Arbeitsvertrags bis 31.12.2011 eine Beschäftigung unter Eingruppierung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für das Landratsamt L. aus.
Am 28.02.2008 bat der Kläger die Beklagte um Übersendung einer 1991 erfolgten Bestätigung seiner Befreiung von der Versicherungspflicht als Rechtsanwalt und stellte hilfsweise einen Antrag auf neuerliche Befreiung. Er sei weiterhin Mitglied im Versorgungswerk. Weitere Angaben enthält das Schreiben nicht (vgl. Bl. 5 SG-Akte). Die Beklagte übersandte ihm daraufhin den Bescheid vom 05.09.1991 in Mehrfertigung. Auf eine weitere, den Beteiligten nicht mehr vorliegende Anfrage des Klägers von Anfang November 2009 hin teilte die Beklagte ihm mit, dass er seit dem 13.06.1991 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei und ihm ein entsprechender Bescheid mit Datum vom 05.09.1991 erteilt worden sei. Am 15.12.2011 erfolgte eine neuerliche Zulassung zur Rechtsanwaltschaft durch die Rechtsanwaltskammer Freiburg. Zum 02.01.2012 nahm der Kläger eine Tätigkeit als (Einzel-)Rechtsanwalt in eigener Kanzlei auf. Einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht vom 31.12.2011 in Bezug auf die Wiederaufnahme der Tätigkeit als Rechtsanwalt lehnte die Beklagte mit bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 24.01.2012 ab, weil der Kläger als nun selbstständig Tätiger ohnehin nicht der Versicherungspflicht unterliege und deshalb eine Befreiung weder möglich noch erforderlich sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch nahm der Kläger am 14.02.2012 zurück.
Bereits am 21.01.2011 bat der Kläger die Beklagte um kurze Bestätigung, dass dort bekannt sei, dass er nicht mehr als Rechtsanwalt tätig sei, allerdings weiterhin Mitglied des Versorgungswerkes sei. Mit Bescheid vom 28.06.2011 hob die Beklagte daraufhin die Befreiung von der Versicherungspflicht zum 07.06.2007 nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht seien weggefallen, weil die Pflichtmitgliedschaft zu der Versorgungseinrichtung der Berufsgruppe des Klägers beendet worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit der Beendigung der Zulassung als Rechtsanwalt und dem damit verbundenen Ausscheiden aus der Rechtsanwaltskammer zum 07.06.2007 sei der Kläger nicht mehr Pflichtmitglied des Versorgungswerkes gewesen. Allein die Fortsetzung der Mitgliedschaft auf freiwilliger Basis rechtfertige nicht die Aufrechterhaltung der Befreiung von der Versicherungspflicht. Damit sei eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten.
Hiergegen hat der Kläger am 13.02.2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben und geltend gemacht, er sei auch über die Aufgabe seiner anwaltschaftlichen Tätigkeit zum 07.06.2007 hinaus bis zum heutigen Zeitpunkt Mitglied des Versorgungswerkes geblieben. Die Tätigkeit als Jurist beim Landratsamt L. vom 14.01.2008 bis 31.12.2011 habe einer anwaltlichen Tätigkeit entsprochen und sei deshalb befristet gewesen, weil er wieder beabsichtigt habe, in den Anwaltsberuf zurückzukehren. Auch habe er vor Beginn der Tätigkeit für den Landkreis L. bei der Beklagten angefragt, ob die Befreiung aus dem Jahr 1991 fortbestehe und vorsorglich einen neuen Befreiungsantrag gestellt. Die Befreiung sei ohne weitere Nachfrage bejaht worden. Dabei sei deutlich geworden, dass er eine neue Adresse gehabt habe und des Weiteren offensichtlich nicht mehr als Anwalt auftrete. Die Beklagte hätte nicht ohne Nachfrage die bisherige Befreiung bestätigen dürfen, weshalb sie nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verpflichtet sei, ihn so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Auskunft richtig erteilt worden wäre bzw. wenn über den neuen Befreiungsantrag entschieden worden wäre. Die Beklagte hat an ihrer bisherigen Einschätzung festgehalten und mitgeteilt, dass ihr zum Zeitpunkt der Anfragen des Klägers nicht bekannt gewesen sei, dass dieser seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bereits am 07.06.2007 zurückgegeben habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.12.2012 hat das Sozialgericht Freiburg die Klage abgewiesen. Nach Rückgabe der Zulassung zum 07.06.2007 und dem damit verbundenen Ausscheiden aus der Rechtsanwaltskammer habe auch die Pflichtmitgliedschaft des Klägers im Versorgungswerk geendet und seien damit zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Befreiung entfallen. Die nur freiwillige Mitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk berechtige weder zur Erteilung noch zur Aufrechterhaltung einer Befreiung von der Versicherungspflicht. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, die Rückgabe seiner Zulassung der Beklagten mitzuteilen, worauf er auch im Rahmen des Bescheides vom 05.09.1991 hingewiesen worden sei. Damit habe die Befreiung auch mit Wirkung zum 07.06.2007 aufgehoben werden können. Eine Erstreckung der Befreiung gemäß § 6 Abs. 5 S. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf andere versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten als diejenige, wegen derer der Kläger befreit worden ist, komme nicht in Betracht, denn die Voraussetzungen für die Befreiung waren bereits mehrere Monate vor Aufnahme der Beschäftigung am 14.01.2008 entfallen. Ob die Voraussetzungen für eine erneute Befreiung für die beim Landratsamt L. aufgenommene Beschäftigung vorliegen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Eine Befreiung könne der Kläger auch nicht gestützt auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verlangen. Ein Beratungs- oder Informationsfehler der Beklagten sei nicht zu erkennen, da die Beklagte insbesondere im November 2009 keine Kenntnis davon gehabt habe, dass der Kläger seine Zulassung als Rechtsanwalt zurückgegeben hatte. Darüber hinaus wäre auch bei Bestehen eines Beratungsmangels die Rechtsfolge nicht etwa der Fortbestand der Befreiung.
Gegen den ihm am 17.12.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.01.2013 Berufung eingelegt und sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er die unterbliebene Beiladung seines ehemaligen Arbeitgebers sowie des Versorgungswerkes beanstandet und geltend gemacht, die Beklagte habe über den mit Datum vom 28.02.2008 gestellten Befreiungsantrag, dem die Beklagte stattzugeben habe, noch nicht entschieden, weshalb das Verfahren bis zur Entscheidung der Beklagten auszusetzen sei. Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.12.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 aufzuheben und festzustellen, dass er im Zeitraum vom 14.01.2008 bis 31.12.2011 von der Versicherungspflicht befreit war,
hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten keine Ansprüche auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Landkreis L. für den Zeitraum vom 14.01.2008 bis 31.12.2011 zustehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die angefochtene Entscheidung sowie auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31.10.2012 (B 12 R 3/11 und B 12 R 8/10 R). Danach komme eine Erstreckung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI weiter vorliegen, was eine erstmalige bzw. ausschließliche Befreiung für berufsfremde Beschäftigungen ausschließe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist weitgehend unbegründet.
Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig. Mit der Anfechtungsklage wehrt sich der Kläger gegen den Bescheid vom 28.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 und damit gegen die rückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 05.09.1991 über die Befreiung von der Versicherungspflicht. Verbunden hiermit ist zulässigerweise eine Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (BSG, Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 8/10 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 8 - auch zum Nachfolgenden). Denn eine isolierte Anfechtungsklage würde seinem Begehren nur unzureichend Rechnung tragen. Dieses ist nicht auf die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung beschränkt. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass er auch für die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung beim Landratsamt L. von der Versicherungspflicht befreit gewesen sei, was sich aus dem Bescheid vom 05.09.1991 im Falle seiner Fortgeltung jedenfalls nicht ohne weiteres erschließt.
Die vom Kläger hilfsweise beantragte Feststellung, dass der Beklagten keine Ansprüche auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zustehe, ist dagegen unzulässig, weil der Kläger sein diesbezügliches Begehren erstmalig im Klageverfahren geltend gemacht hat, damit nicht zuvor an die Beklagte herangetreten ist und es dementsprechend an einer Verwaltungsentscheidung fehlt. Ohne vorheriges Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren fehlt es aber an einem Feststellungsinteresse (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl. 2014, § 55 Rdnr. 3b m.w.N.). Nur ausnahmsweise ist die Feststellungsklage hiervon abweichend zulässig, nämlich, dann wenn es nicht zuzumuten ist, die Entscheidung der Behörde abzuwarten oder weil die Beklagte konkreten Anlass zur sofortigen Klage gegeben hat (Keller, a.a.O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor.
Die Beklagte war nicht berechtigt, den Befreiungsbescheid auch für die Zeit vor dem 01.01.2008 aufzuheben. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und aufzuheben. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und hat das Sozialgericht Freiburg die Klage zu Recht abgewiesen. Dies gilt auch in Hinblick auf die begehrte Feststellung.
Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Gem. § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit 1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Eine Anwendung des § 48 SGB X ist vorliegend nicht etwa ausgeschlossen. Zwar hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt entschieden, dass sich aus dem Tätigkeitsbezug der Befreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 und § 231 SGB VI eine von vornherein auf die jeweilige Tätigkeit oder Beschäftigung beschränkte Wirkung der Befreiung ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.1998, B 5/4 RA 80/97 R in SozR 3-2600 § 56 Nr. 12; Urteil vom 07.12.2000, B 12 KR 11/00 R in SozR 3-2600 § 6 Nr. 5; Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 8/10 R in SozR 4-2600 § 6 Nr. 8). In Bezug auf eine andere Beschäftigung wird der Befreiungsbescheid deshalb nicht rechtswidrig, sondern lediglich gegenstandslos (BSG, a.a.O.). Ein solcher Befreiungsbescheid erledigt sich auch nicht i.S. des § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise, da er bei der erneuten Aufnahme der ursprünglichen Beschäftigung Wirkungen entfaltet und es insoweit keines neuen Befreiungsantrags bedarf. Dies gilt selbst bei einem Befreiungsbescheid, der - wie hier - eine Befreiung vor dem 01.01.1992 nach § 7 Abs. 2 AVG ausgesprochen hat; auch dieser muss nicht aufgehoben werden, da die Versicherungspflicht in einer anderen Beschäftigung kraft Gesetzes eintritt (BSG, Urteil vom 07.12.2000, B 12 KR 11/00 R in SozR 3-2600 § 6 Nr. 5). Die zitierte Rechtsprechung schließt indes nicht aus, dass der Rentenversicherungsträger gleichwohl einen entsprechenden Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 SGB X - quasi deklaratorisch - aufhebt (BSG, Urteil vom 31.12.2012, a.a.O.).
In den Verhältnissen, die bei Erlass des die Befreiung von der Versicherungspflicht regelnden ursprünglichen Verwaltungsakts vom 05.09.1991 vorgelegen haben, ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X liegt hier bereits deshalb vor, weil die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltskammer S. mit Wirkung zum 07.06.2007 widerrufen wurde, der Kläger ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Rechtsanwalt tätig war und erst wieder mit Urkunde vom 15.12.2011 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen wurde. Damit entfiel die in § 7 Abs. 2 AVG in der hier anzuwendenden Fassung vom 22.12.1983 wie auch in § 6 Abs. 1 S.1 Nr. 1 SGB VI in sämtlichen nachfolgenden Fassungen vorausgesetzte, durch Gesetz angeordnete Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung. Denn die Pflicht¬mit-gliedschaft gemäß § 5 Abs. 2 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B. - Rechtsanwaltsversorgungsgesetz (RAVG BW) bzw. gemäß § 6 Abs. 2 Sächsisches Rechtsanwaltsversorgungsgesetz (SächsRAVG) - als einzige hier in Betracht kommende Regelungen - beruhte jeweils auf der Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer. Die fortdauernde freiwillige Mitgliedschaft des Klägers beim Versorgungswerk berechtigte weder zur Erteilung noch zur Aufrechterhaltung einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Denn soweit § 7 Abs. 2 AVG für die Befreiung eine durch Gesetz angeordnete oder auf Gesetz beruhende Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk voraussetzte, war auch damit nur eine Pflichtmitgliedschaft gemeint (BSG, Urteil vom 30.04.1997, 12 RK 34/96 in SozR 3-2940 § 7 Nr. 4).
Weiterhin war nach § 7 Abs. 2 AVG Voraussetzung für die Befreiung, dass nach näherer Maßgabe der Satzungen der Versorgungseinrichtungen einkommensbezogene Beiträge zu entrichten waren. Diese Regelung ist in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b SGB VI übernommen worden. Mit diesen Bestimmungen soll ein der gesetzlichen Rentenversicherung gleichwertiger Versicherungsschutz in der berufsständischen Versorgungseinrichtung erreicht werden. Entscheidend hierfür sind die grundsätzlich einkommensbezogenen Beiträge - wie in der gesetzlichen Rentenversicherung - auf der einen und eine dem Leistungsniveau der Rentenversicherung entsprechende Versorgung auf der anderen Seite (Gürtner, in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 6 SGB VI Rdnr. 15). Dementsprechend sah § 11 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks (künftig: Satzung) in der hier anzuwendenden Fassung vom 01.04.2006 einen monatlichen Regelpflichtbeitrag entsprechend dem jeweils geltenden Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten nach § 158 SGB VI vor. Für Mitglieder, bei denen die Summe von Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze der Angestelltenversicherung nicht erreichte, trat auf Antrag für die Bestimmung des persönlichen Pflichtbeitrages an die Stelle der Beitragsbemessungsgrenze die Summe des jeweils nachgewiesenen Arbeitseinkommens (§ 11 Abs. 2 der Satzung). Demgegenüber entrichtete der Kläger ab 01.01.2008 gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung ("Besondere Beiträge") indes nur noch einen Beitrag in Höhe von drei Zehnteln des Regelpflichtbeitrags, den diese Bestimmung Mitgliedern einräumte, die zugleich Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung sind. Dieser deutlich reduzierte Beitrag entsprach angesichts seiner pauschalen Festsetzung auf drei Zehntel des Regelpflichtbeitrags zum einen nicht mehr dem Erfordernis einer einkommensbezogenen Beitragsentrichtung und gewährleistete andererseits auch nicht mehr eine dem Leistungsniveau der Rentenversicherung entsprechende Versorgung. Eine solche wird nach Sinn und Zweck der Regelung auch nicht beabsichtigt, nachdem § 13 Abs. 1 der Satzung Fallkonstellationen betrifft, in denen das Mitglied als Pflichtversicherter in der gesetzlichen Rentenversicherung bereits über diese abgesichert ist und angesichts der vorausgesetzten Versicherungspflicht die Erfüllung des Befreiungstatbestands in § 7 Abs. 2 AVG bzw. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b SGB VI schon keine Rolle spielt. Ab 01.01.2008 entrichtete der Kläger somit auch keine einkommensbezogenen Beiträge im Sinne des § 7 Abs. 2 AVG bzw. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b SGB VI mehr.
Damit sind nachträglich zum 07.06.2007 die Befreiungsvoraussetzungen weggefallen, was regelmäßig die Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X rechtfertigt (BSG vom 31.10.2012, a.a.O.). Die Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist hier auch wesentlich i.S. von § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X, da sie zum Wegfall von Voraussetzungen für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führten und ein Fortbestand des Befreiungsstatus nicht in Betracht kommt. Denn die Befreiung von der Versicherungspflicht ist gem. §§ 6 Abs. 5 bzw. 231 Abs. 1 SGB VI auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht konnte daher weder die beim Landratsamt L. ab 14.01.2008 verrichtete Beschäftigung umfassen, noch kommt eine Erstreckung der Befreiung auf diese Beschäftigung in Betracht.
Die Befreiung erstreckte sich nur auf die bis zum Widerruf der Zulassung zum 07.06.2007 ausgeübte Tätigkeit als zugelassener Rechtsanwalt. Dies ergibt sich für die Zeit nach der Aufhebung des § 7 Abs. 2 AVG durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 zum 01.01.1992 und dem gleichzeitigen Inkrafttreten des SGB VI aus § 6 Abs. 5 S. 1 SGB VI und § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (BSG vom 07.12.2000, a.a.O. - auch zum Nachfolgenden). Das früher in § 7 Abs. 2 AVG enthaltene Befreiungsrecht ist nunmehr in § 6 Abs. 1 SGB VI geregelt. Für Befreiungen, die nach dieser Vorschrift ausgesprochen worden sind, schreibt § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ausdrücklich vor, dass die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder Tätigkeit beschränkt ist. Für Personen, die am 31. Dezember 1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, ordnet § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in gleicher Weise an, dass diese (nur) in der jeweiligen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit befreit bleiben. Beide Vorschriften zusammen stellen sicher, dass die vor 1992 nach § 7 Abs. 2 AVG und die seit dem 01.01.1992 nach § 6 Abs. 1 S. 1 SGB VI ausgesprochenen Befreiungen hinsichtlich ihres Geltungsbereichs einheitlich behandelt werden.
Die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht konnte die ab 14.01.2008 verrichtete Beschäftigung nicht umfassen, denn der Kläger war nicht mehr als zugelassener Rechtsanwalt tätig. Damit entsprach die ab 14.01.2008 verrichtete Beschäftigung nicht mehr der bislang ausgeübten Tätigkeit, für die dem Kläger die Befreiung erteilt worden war. Im Übrigen führte die ab 14.01.2008 verrichtete Beschäftigung nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer und erfüllte daher nicht die Voraussetzungen für eine (weitere) Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage einer Vergleichbarkeit der von ihm neu ausgeübten Beschäftigung mit der ursprünglichen Tätig¬keit als Rechtsanwalt kommt es daher nicht an.
Zu Recht hat das Sozialgericht auch eine vom Kläger behauptete Erstreckung der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung als andere versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI verneint. Es kann dabei offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI, ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 SGB VI, von einem vorherigen Antrag des Klägers abhängig ist und ob bejahendenfalls im hilfsweisen Antrag auf neuerliche Befreiung im Schreiben des Klägers vom 28.02.2008 (in welchem der Kläger weder offenlegte, dass seine Zulassung zur Rechtsanwaltskammer widerrufen wurde, noch dass er nun eine neue Beschäftigung ausübte) ein solcher Antrag gesehen werden kann. Denn jedenfalls war der - nur hilfsweise - gestellte Antrag erledigt, nach dem die Beklagte dem hauptsächlichen Begehren (Bestätigung der Befreiung von der Versicherungspflicht als Rechtsanwalt) mit der Übersendung des Bescheides vom 05.09.1991 entsprochen hatte. Hieran ändert auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Umstand nichts, dass die Beklagte zwischenzeitlich zu dem Hilfsantrag ablehnende und vom Kläger angefochtene Bescheide erlassen hat. Damit kommt die vom Kläger beantragte hilfsweise Aussetzung von vornherein nicht in Betracht. Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen für eine Erstreckung nach § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI nicht vor.
Die Anwendung der Vorschrift verlangt u.a. das ununterbrochene Vorliegen der Befreiungsvor-aussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, nämlich die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer (BSG vom 31.10.2012, a.a.O. - auch zum Nachfolgenden). Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI erstreckt sich die Befreiung in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die danach vorgesehene Erstreckung der Befreiung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit kommt nur in Betracht, wenn der zur ursprünglichen Befreiung führende Sachverhalt (nämlich die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer) auch weiterhin vorliegt; denn nach dem Wortsinn kann nur ein überhaupt noch bestehender Befreiungsstatus auf eine andere Tätigkeit erstreckt werden. Auch die systematische Stellung der Vorschrift im Anschluss an die gesetzliche Definition des auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkten Bezugspunkts der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs. 5 S. 1 SGB VI verdeutlicht im Zusammenhang mit der in ihr genannten Tatbestandsvoraussetzung einer zeitlich begrenzten anderen Tätigkeit, dass die Vorschrift lediglich eine Regelung enthält, die sich auf eine andere vorübergehende selbstständige Tätigkeit bzw. Beschäftigung bezieht, und daher keinen von den grundlegenden Voraussetzungen in § 6 Abs. 1 S. 1 SGB VI losgelösten eigenständigen Befreiungstatbestand darstellt.
Die Befreiung galt schließlich auch nicht wegen der im Befreiungsbescheid enthaltenen Hinweise zur Dauer der Befreiung weiter. Die dortigen Hinweise über die Fortdauer der Befreiung für die an eine Pflichtmitgliedschaft anschließende freiwillige Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung haben den gesetzlichen Umfang der Befreiung nicht erweitert (BSG vom 07.12.2000, a.a.O. m.w.N.; s. auch BSG, Urteil vom 22.10.1998 mit Ausführungen zum rechtlichen Hintergrund dieser Hinweise). Ebenso wenig steht das Schreiben der Beklagten vom 09.11.2009 einer Aufhebung entgegen. Denn dieses Schreiben enthält lediglich den Hinweis auf eine bereits erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht. Eine eigenständige Regelung über eine Befreiung von der Versicherungspflicht kann dem Schreiben dagegen nicht entnommen werden.
Damit konnte die Beklagte den Befreiungsbescheid gem. § 48 Abs. 1 SGB X auch mit Wirkung ab 01.01.2008 (Zeitpunkt der Reduzierung des Beitrags zum Versorgungswerk auf drei Zehntel des Regelpflichtbeitrages) für die Vergangenheit aufheben. Auch wenn - wie oben dargelegt - mit dem Ende der Beschäftigung als Rechtsanwalt der Bescheid vom 05.09.1991 gegenstandslos wurde und eine Aufhebung somit quasi deklaratorisch erfolgt, gelten doch die Grundsätze des Vertrauensschutzes (s. BSG, Urteil vom 07.12.2000, a.a.O. und Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 3/11 R in SozR 4-2600 § 6 Nr. 9, dort jeweils unter dem Aspekt von Treu und Glauben), wie sie in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ihren Niederschlag gefunden haben. Dabei ist das Vertrauen des Klägers für die Zeit ab 01.01.2008 nicht schutzwürdig. Denn der Kläger ist mit der unterlassenen Unterrichtung der Beklagten über die Änderung der Beitragsentrichtung beim Versorgungswerk einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X). Gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hat der Kläger Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Eine solche Änderung liegt, wie dargelegt, (auch) in der Umstellung auf einen Beitrag i.H.v. drei Zehntel des Regelpflichtbeitrags gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung. Auf eine entsprechende Mitteilungspflicht wurde der Kläger im Bescheid vom 05.09.1991 auch ausdrücklich hingewiesen. Er unterrichtete die Beklagte dessen ungeachtet nicht über diese Änderung. Seiner diesbezüglichen Mitteilungspflicht genügte der Kläger insbesondere nicht mit der Mitteilung vom 28.02.2008, nachdem er in diesem Schreiben weder auf eine Veränderung des Mitgliedsbeitrags im Versorgungswerk noch auf eine sonstige Änderung gegenüber den zum Zeitpunkt des Erlasses des Befreiungsbescheides maßgeblichen Umständen hinwies. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es gerade nicht Sache der Beklagten, ohne jedwede Anhaltspunkte nachzuforschen, inwieweit sich Veränderungen ergeben haben. Eine Mitteilung über geänderte Beitrage behauptet der Kläger auch nicht für seine weitere Anfrage vom 04.11.2009. Der Kläger kann sich auch nicht mit Verweis auf die zwischen Beitragserteilung und geänderter Beitragsentrichtung liegende Zeit von mehr als 16 Jahren entlasten. Die mit der Umstellung vom Regelpflichtbeitrag zum "Besonderen Beitrag" nach § 13 Abs. 1 der Satzung einhergehende, ganz erhebliche Beitragsreduzierung hätte für den Kläger Anlass sein müssen, entweder den ursprünglichen Befreiungsbescheid vom 05.09.1991 nochmals im Hinblick auf Befreiungsvoraussetzungen und Mitwirkungspflichten zu prüfen oder aber diesbezügliche Erkundigungen bei der Beklagten einzuholen. Nachdem der Kläger dies aber unterließ, verletzte er seine Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig.
Die Jahresfrist gemäß § 48 Abs. 4 S. 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X ist gewahrt, weil die Beklagte vom Wegfall des Befreiungstatbestandes erst Anfang 2011 erfuhr.
Auf der Rechtsfolgenseite bedeutet das Wort "soll" in § 48 Abs. 1 S 2 SGB X, dass der Leitungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Ein atypischer Fall liegt hier nicht vor. Insbesondere fällt die wesentliche Ursache für die Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Klägers und ist kein Mitverschulden auf Seiten der Beklagten gegeben. Diese besaß bis zum Zeitpunkt der Unterrichtung durch den Kläger am 21.01.2011 keine Kenntnis von den wesentlichen Änderungen in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen und diese Unkenntnis beruhte auch nicht auf grober Fahrlässigkeit. Soweit der Kläger vorträgt, er habe im Rahmen seiner - den Beteiligten nicht mehr vorliegenden - Anfrage vom 04.11.2009 die Beklagte über die Änderungen in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen unterrichtet, so findet sich hierfür kein Beleg in den Verwaltungsakten. Ein entsprechender Hinweis des Klägers lässt sich insbesondere nicht der auf seine Anfrage hin erfolgten Stellungnahme der Beklagten entnehmen. Auch in der Zusammenschau mit der Anfrage vom 28.02.2008, mit welcher der Kläger die Beklagte erstmalig von den Veränderungen unterrichtet haben will, die indes keinerlei Anhaltspunkte für eine Änderung in den Verhältnissen enthielt, vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger die Beklagte zumindest über den Umstand des Widerrufs seiner Kammerzugehörigkeit unterrichtete. Mangels Atypik war der Beklagten vorliegend kein Ermessen eingeräumt; der Befreiungsbescheid war daher zwingend rückwirkend zum 01.01.2008 aufzuheben.
Eine Aufhebung bereits zum 07.06.2007, wie von der Beklagten vorgenommen, lässt § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X dagegen nicht zu. Insoweit kommt einzig § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X in Betracht. Indes vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt wusste oder wenigstens grob fahrlässig nicht wusste, dass die sich aus dem Befreiungsbescheid ergebende Befreiung bereits auf Grund des Verlustes der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gegenstandslos wurde. Denn die Beklagte wies im Bescheid vom 05.09.1991 (zwar fehlerhaft) ausdrücklich darauf hin, dass die Befreiung nicht nur für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft, sondern auch für eine daran anschließende freiwillige Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung gelte. Dementsprechend wurde im Bescheid weiter ausgeführt, der Kläger habe insbesondere anzuzeigen, wenn die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung ende. Dagegen wurde keine Hinweispflicht für die Beendigung der Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bzw. bei der hierdurch hervorgerufenen Änderung der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung in eine freiwillige Mitgliedschaft benannt. Angesichts dessen fällt dem Kläger jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit zur Last, soweit er hierauf gestützt von einer Unerheblichkeit seines Ausscheidens aus der Rechtsanwaltskammer und der daran anknüpfenden Umwandlung seiner Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk in eine freiwillige Mitgliedschaft ausging. Die Änderung in der Beitragsentrichtung kann dagegen eine Aufhebung erst ab ihrem Wirksamwerden zum 01.01.2008 rechtfertigen. Soweit die angefochtenen Bescheide eine Aufhebung der Befreiung auch für den Zeitraum 07.06.2007 bis 31.12.2007 verfügten, sind sie deshalb rechtswidrig und aufzuheben.
Der Kläger kann das Fortbestehen der Befreiung über den 31.12.2007 auch nicht auf Grund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verlangen. Es liegen schon keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beratung oder Information seitens der Beklagten im hier streitigen Zeitraum vor. Da im Übrigen beim Herstellungsanspruch das Sozialrechtsverhältnis so gestaltet werden soll, wie es ohne Pflichtverletzung bestanden hätte, lässt sich mit seiner Hilfe ein pflichtwidriges Verwaltungshandeln nur ausgleichen, soweit die begehrte Amtshandlung rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24.04.1996, 5/4 RA 36/93 in SozR 3-2940 § 124 Nr. 1). Die Nichtaufhebung des Befreiungsbescheids wäre aber rechtswidrig und daher unzulässig, weil die Beklagte - wie dargelegt - gem. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X verpflichtet ist, den Befreiungsbescheid mit Wirkung ab 01.01.2008 aufzuheben (BSG vom 30.04.1997, a.a.O.).
Die Feststellungsklage bleibt insgesamt ohne Erfolg. Denn wie bereits ausgeführt, war der Befreiungsbescheid mit Ende der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zum 07.06.2007 gegenstandslos, unabhängig davon, dass eine - deklaratorische - Aufhebung erst mit Wirkung zum 01.01.2008 erfolgen konnte. Denn die Befreiung war gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 und § 231 SGB VI in ihrer Wirkung von vornherein auf die konkrete Tätigkeit als Rechtsanwalt beschränkt und konnte die nachfolgenden Tätigkeiten nicht erfassen.
Einer notwendigen Beiladung des Landratsamtes L. als früherem Arbeitgeber des Klägers nach § 75 Abs. 2 S. 1 Alternative 1 SGG hat es nicht bedurft. Mit der Aufhebung der Befreiung wird nicht unmittelbar in dessen Rechtssphäre eingegriffen, wie dies für eine notwendige Beiladung erforderlich ist (BSG vom 30.04.1997, a.a.O. - auch zum Nachfolgenden). Denn der Befreiungsbescheid wurde unabhängig vom Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses allein deshalb aufgehoben, weil die Mitgliedschaft des Klägers bei der Rechtsanwaltskammer geendet hatte und der Kläger deshalb keine einkommensbezogenen Beiträge mehr entrichtete. Somit brauchte die Entscheidung - anders als bei Streitigkeiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht Beschäftigter - auch dem Arbeitgeber gegenüber nicht einheitlich zu ergehen. Von einer einfachen Beiladung gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 SGG hat der Senat im Rahmen seines Ermessens abgesehen; dies auch im Hinblick auf die beantragte Beiladung des Versorgungswerks.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wehrt sich gegen die rückwirkende Aufhebung einer Befreiung von der Versicherungspflicht.
Der 1962 geborene Kläger war ab 1991 als Rechtsanwalt zugelassen und arbeitete bis Ende 1991 als angestellter Rechtsanwalt. Er wurde zum 01.02.1991 Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B. (künftig: Versorgungswerk). Mit Bescheid vom 05.09.1991 wurde er wegen seiner Mitgliedschaft im Versorgungswerk gemäß § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) ab dem 13.06.1991 von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Befreiung für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten wären, gilt. Weiter ist ausgeführt, der Kläger habe alle Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen. Dies sei insbesondere der Fall, wenn Versorgungsabgaben nicht mehr in der dem Einkommen entsprechenden Höhe zu entrichten seien. Die Mitgliedschaft im Versorgungswerk setzte der Kläger fort, als er im Februar 1992 als Rechtsanwalt von der Rechtsanwaltskammer S. zugelassen wurde. Die Zulassung zur Rechtsanwaltskammer S. wurde am 07.06.2007 auf Grund eines Verzichts des Klägers widerrufen und der Kläger war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Rechtsanwalt tätig. Er blieb freiwilliges Mitglied im Versorgungswerk. Ab 01.01.2008 wurde der Beitrag zum Versorgungswerk in Höhe von drei Zehnteln des Regelpflichtbeitrags gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks festgesetzt. Hinsichtlich aller satzungsrechtlichen Bestimmungen wird auf Bl. 21 ff LSG-Akte verwiesen.
Ab dem 14.01.2008 übte der Kläger auf der Grundlage eines zwischen ihm und dem Landkreis L. geschlossenen, befristeten und mehrmals verlängerten Arbeitsvertrags bis 31.12.2011 eine Beschäftigung unter Eingruppierung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für das Landratsamt L. aus.
Am 28.02.2008 bat der Kläger die Beklagte um Übersendung einer 1991 erfolgten Bestätigung seiner Befreiung von der Versicherungspflicht als Rechtsanwalt und stellte hilfsweise einen Antrag auf neuerliche Befreiung. Er sei weiterhin Mitglied im Versorgungswerk. Weitere Angaben enthält das Schreiben nicht (vgl. Bl. 5 SG-Akte). Die Beklagte übersandte ihm daraufhin den Bescheid vom 05.09.1991 in Mehrfertigung. Auf eine weitere, den Beteiligten nicht mehr vorliegende Anfrage des Klägers von Anfang November 2009 hin teilte die Beklagte ihm mit, dass er seit dem 13.06.1991 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei und ihm ein entsprechender Bescheid mit Datum vom 05.09.1991 erteilt worden sei. Am 15.12.2011 erfolgte eine neuerliche Zulassung zur Rechtsanwaltschaft durch die Rechtsanwaltskammer Freiburg. Zum 02.01.2012 nahm der Kläger eine Tätigkeit als (Einzel-)Rechtsanwalt in eigener Kanzlei auf. Einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht vom 31.12.2011 in Bezug auf die Wiederaufnahme der Tätigkeit als Rechtsanwalt lehnte die Beklagte mit bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 24.01.2012 ab, weil der Kläger als nun selbstständig Tätiger ohnehin nicht der Versicherungspflicht unterliege und deshalb eine Befreiung weder möglich noch erforderlich sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch nahm der Kläger am 14.02.2012 zurück.
Bereits am 21.01.2011 bat der Kläger die Beklagte um kurze Bestätigung, dass dort bekannt sei, dass er nicht mehr als Rechtsanwalt tätig sei, allerdings weiterhin Mitglied des Versorgungswerkes sei. Mit Bescheid vom 28.06.2011 hob die Beklagte daraufhin die Befreiung von der Versicherungspflicht zum 07.06.2007 nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht seien weggefallen, weil die Pflichtmitgliedschaft zu der Versorgungseinrichtung der Berufsgruppe des Klägers beendet worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit der Beendigung der Zulassung als Rechtsanwalt und dem damit verbundenen Ausscheiden aus der Rechtsanwaltskammer zum 07.06.2007 sei der Kläger nicht mehr Pflichtmitglied des Versorgungswerkes gewesen. Allein die Fortsetzung der Mitgliedschaft auf freiwilliger Basis rechtfertige nicht die Aufrechterhaltung der Befreiung von der Versicherungspflicht. Damit sei eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten.
Hiergegen hat der Kläger am 13.02.2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben und geltend gemacht, er sei auch über die Aufgabe seiner anwaltschaftlichen Tätigkeit zum 07.06.2007 hinaus bis zum heutigen Zeitpunkt Mitglied des Versorgungswerkes geblieben. Die Tätigkeit als Jurist beim Landratsamt L. vom 14.01.2008 bis 31.12.2011 habe einer anwaltlichen Tätigkeit entsprochen und sei deshalb befristet gewesen, weil er wieder beabsichtigt habe, in den Anwaltsberuf zurückzukehren. Auch habe er vor Beginn der Tätigkeit für den Landkreis L. bei der Beklagten angefragt, ob die Befreiung aus dem Jahr 1991 fortbestehe und vorsorglich einen neuen Befreiungsantrag gestellt. Die Befreiung sei ohne weitere Nachfrage bejaht worden. Dabei sei deutlich geworden, dass er eine neue Adresse gehabt habe und des Weiteren offensichtlich nicht mehr als Anwalt auftrete. Die Beklagte hätte nicht ohne Nachfrage die bisherige Befreiung bestätigen dürfen, weshalb sie nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verpflichtet sei, ihn so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Auskunft richtig erteilt worden wäre bzw. wenn über den neuen Befreiungsantrag entschieden worden wäre. Die Beklagte hat an ihrer bisherigen Einschätzung festgehalten und mitgeteilt, dass ihr zum Zeitpunkt der Anfragen des Klägers nicht bekannt gewesen sei, dass dieser seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bereits am 07.06.2007 zurückgegeben habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.12.2012 hat das Sozialgericht Freiburg die Klage abgewiesen. Nach Rückgabe der Zulassung zum 07.06.2007 und dem damit verbundenen Ausscheiden aus der Rechtsanwaltskammer habe auch die Pflichtmitgliedschaft des Klägers im Versorgungswerk geendet und seien damit zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Befreiung entfallen. Die nur freiwillige Mitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk berechtige weder zur Erteilung noch zur Aufrechterhaltung einer Befreiung von der Versicherungspflicht. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, die Rückgabe seiner Zulassung der Beklagten mitzuteilen, worauf er auch im Rahmen des Bescheides vom 05.09.1991 hingewiesen worden sei. Damit habe die Befreiung auch mit Wirkung zum 07.06.2007 aufgehoben werden können. Eine Erstreckung der Befreiung gemäß § 6 Abs. 5 S. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf andere versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten als diejenige, wegen derer der Kläger befreit worden ist, komme nicht in Betracht, denn die Voraussetzungen für die Befreiung waren bereits mehrere Monate vor Aufnahme der Beschäftigung am 14.01.2008 entfallen. Ob die Voraussetzungen für eine erneute Befreiung für die beim Landratsamt L. aufgenommene Beschäftigung vorliegen, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Eine Befreiung könne der Kläger auch nicht gestützt auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verlangen. Ein Beratungs- oder Informationsfehler der Beklagten sei nicht zu erkennen, da die Beklagte insbesondere im November 2009 keine Kenntnis davon gehabt habe, dass der Kläger seine Zulassung als Rechtsanwalt zurückgegeben hatte. Darüber hinaus wäre auch bei Bestehen eines Beratungsmangels die Rechtsfolge nicht etwa der Fortbestand der Befreiung.
Gegen den ihm am 17.12.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.01.2013 Berufung eingelegt und sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er die unterbliebene Beiladung seines ehemaligen Arbeitgebers sowie des Versorgungswerkes beanstandet und geltend gemacht, die Beklagte habe über den mit Datum vom 28.02.2008 gestellten Befreiungsantrag, dem die Beklagte stattzugeben habe, noch nicht entschieden, weshalb das Verfahren bis zur Entscheidung der Beklagten auszusetzen sei. Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.12.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 aufzuheben und festzustellen, dass er im Zeitraum vom 14.01.2008 bis 31.12.2011 von der Versicherungspflicht befreit war,
hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten keine Ansprüche auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Landkreis L. für den Zeitraum vom 14.01.2008 bis 31.12.2011 zustehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die angefochtene Entscheidung sowie auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31.10.2012 (B 12 R 3/11 und B 12 R 8/10 R). Danach komme eine Erstreckung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI weiter vorliegen, was eine erstmalige bzw. ausschließliche Befreiung für berufsfremde Beschäftigungen ausschließe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist weitgehend unbegründet.
Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig. Mit der Anfechtungsklage wehrt sich der Kläger gegen den Bescheid vom 28.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 und damit gegen die rückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 05.09.1991 über die Befreiung von der Versicherungspflicht. Verbunden hiermit ist zulässigerweise eine Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (BSG, Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 8/10 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 8 - auch zum Nachfolgenden). Denn eine isolierte Anfechtungsklage würde seinem Begehren nur unzureichend Rechnung tragen. Dieses ist nicht auf die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Aufhebung des ursprünglichen Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung beschränkt. Vielmehr macht der Kläger geltend, dass er auch für die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung beim Landratsamt L. von der Versicherungspflicht befreit gewesen sei, was sich aus dem Bescheid vom 05.09.1991 im Falle seiner Fortgeltung jedenfalls nicht ohne weiteres erschließt.
Die vom Kläger hilfsweise beantragte Feststellung, dass der Beklagten keine Ansprüche auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zustehe, ist dagegen unzulässig, weil der Kläger sein diesbezügliches Begehren erstmalig im Klageverfahren geltend gemacht hat, damit nicht zuvor an die Beklagte herangetreten ist und es dementsprechend an einer Verwaltungsentscheidung fehlt. Ohne vorheriges Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren fehlt es aber an einem Feststellungsinteresse (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl. 2014, § 55 Rdnr. 3b m.w.N.). Nur ausnahmsweise ist die Feststellungsklage hiervon abweichend zulässig, nämlich, dann wenn es nicht zuzumuten ist, die Entscheidung der Behörde abzuwarten oder weil die Beklagte konkreten Anlass zur sofortigen Klage gegeben hat (Keller, a.a.O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor.
Die Beklagte war nicht berechtigt, den Befreiungsbescheid auch für die Zeit vor dem 01.01.2008 aufzuheben. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und aufzuheben. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und hat das Sozialgericht Freiburg die Klage zu Recht abgewiesen. Dies gilt auch in Hinblick auf die begehrte Feststellung.
Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Gem. § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit 1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Eine Anwendung des § 48 SGB X ist vorliegend nicht etwa ausgeschlossen. Zwar hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt entschieden, dass sich aus dem Tätigkeitsbezug der Befreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 und § 231 SGB VI eine von vornherein auf die jeweilige Tätigkeit oder Beschäftigung beschränkte Wirkung der Befreiung ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.1998, B 5/4 RA 80/97 R in SozR 3-2600 § 56 Nr. 12; Urteil vom 07.12.2000, B 12 KR 11/00 R in SozR 3-2600 § 6 Nr. 5; Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 8/10 R in SozR 4-2600 § 6 Nr. 8). In Bezug auf eine andere Beschäftigung wird der Befreiungsbescheid deshalb nicht rechtswidrig, sondern lediglich gegenstandslos (BSG, a.a.O.). Ein solcher Befreiungsbescheid erledigt sich auch nicht i.S. des § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise, da er bei der erneuten Aufnahme der ursprünglichen Beschäftigung Wirkungen entfaltet und es insoweit keines neuen Befreiungsantrags bedarf. Dies gilt selbst bei einem Befreiungsbescheid, der - wie hier - eine Befreiung vor dem 01.01.1992 nach § 7 Abs. 2 AVG ausgesprochen hat; auch dieser muss nicht aufgehoben werden, da die Versicherungspflicht in einer anderen Beschäftigung kraft Gesetzes eintritt (BSG, Urteil vom 07.12.2000, B 12 KR 11/00 R in SozR 3-2600 § 6 Nr. 5). Die zitierte Rechtsprechung schließt indes nicht aus, dass der Rentenversicherungsträger gleichwohl einen entsprechenden Verwaltungsakt über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 SGB X - quasi deklaratorisch - aufhebt (BSG, Urteil vom 31.12.2012, a.a.O.).
In den Verhältnissen, die bei Erlass des die Befreiung von der Versicherungspflicht regelnden ursprünglichen Verwaltungsakts vom 05.09.1991 vorgelegen haben, ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X liegt hier bereits deshalb vor, weil die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltskammer S. mit Wirkung zum 07.06.2007 widerrufen wurde, der Kläger ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Rechtsanwalt tätig war und erst wieder mit Urkunde vom 15.12.2011 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen wurde. Damit entfiel die in § 7 Abs. 2 AVG in der hier anzuwendenden Fassung vom 22.12.1983 wie auch in § 6 Abs. 1 S.1 Nr. 1 SGB VI in sämtlichen nachfolgenden Fassungen vorausgesetzte, durch Gesetz angeordnete Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung. Denn die Pflicht¬mit-gliedschaft gemäß § 5 Abs. 2 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B. - Rechtsanwaltsversorgungsgesetz (RAVG BW) bzw. gemäß § 6 Abs. 2 Sächsisches Rechtsanwaltsversorgungsgesetz (SächsRAVG) - als einzige hier in Betracht kommende Regelungen - beruhte jeweils auf der Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer. Die fortdauernde freiwillige Mitgliedschaft des Klägers beim Versorgungswerk berechtigte weder zur Erteilung noch zur Aufrechterhaltung einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Denn soweit § 7 Abs. 2 AVG für die Befreiung eine durch Gesetz angeordnete oder auf Gesetz beruhende Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk voraussetzte, war auch damit nur eine Pflichtmitgliedschaft gemeint (BSG, Urteil vom 30.04.1997, 12 RK 34/96 in SozR 3-2940 § 7 Nr. 4).
Weiterhin war nach § 7 Abs. 2 AVG Voraussetzung für die Befreiung, dass nach näherer Maßgabe der Satzungen der Versorgungseinrichtungen einkommensbezogene Beiträge zu entrichten waren. Diese Regelung ist in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b SGB VI übernommen worden. Mit diesen Bestimmungen soll ein der gesetzlichen Rentenversicherung gleichwertiger Versicherungsschutz in der berufsständischen Versorgungseinrichtung erreicht werden. Entscheidend hierfür sind die grundsätzlich einkommensbezogenen Beiträge - wie in der gesetzlichen Rentenversicherung - auf der einen und eine dem Leistungsniveau der Rentenversicherung entsprechende Versorgung auf der anderen Seite (Gürtner, in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 6 SGB VI Rdnr. 15). Dementsprechend sah § 11 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks (künftig: Satzung) in der hier anzuwendenden Fassung vom 01.04.2006 einen monatlichen Regelpflichtbeitrag entsprechend dem jeweils geltenden Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten nach § 158 SGB VI vor. Für Mitglieder, bei denen die Summe von Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze der Angestelltenversicherung nicht erreichte, trat auf Antrag für die Bestimmung des persönlichen Pflichtbeitrages an die Stelle der Beitragsbemessungsgrenze die Summe des jeweils nachgewiesenen Arbeitseinkommens (§ 11 Abs. 2 der Satzung). Demgegenüber entrichtete der Kläger ab 01.01.2008 gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung ("Besondere Beiträge") indes nur noch einen Beitrag in Höhe von drei Zehnteln des Regelpflichtbeitrags, den diese Bestimmung Mitgliedern einräumte, die zugleich Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung sind. Dieser deutlich reduzierte Beitrag entsprach angesichts seiner pauschalen Festsetzung auf drei Zehntel des Regelpflichtbeitrags zum einen nicht mehr dem Erfordernis einer einkommensbezogenen Beitragsentrichtung und gewährleistete andererseits auch nicht mehr eine dem Leistungsniveau der Rentenversicherung entsprechende Versorgung. Eine solche wird nach Sinn und Zweck der Regelung auch nicht beabsichtigt, nachdem § 13 Abs. 1 der Satzung Fallkonstellationen betrifft, in denen das Mitglied als Pflichtversicherter in der gesetzlichen Rentenversicherung bereits über diese abgesichert ist und angesichts der vorausgesetzten Versicherungspflicht die Erfüllung des Befreiungstatbestands in § 7 Abs. 2 AVG bzw. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b SGB VI schon keine Rolle spielt. Ab 01.01.2008 entrichtete der Kläger somit auch keine einkommensbezogenen Beiträge im Sinne des § 7 Abs. 2 AVG bzw. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b SGB VI mehr.
Damit sind nachträglich zum 07.06.2007 die Befreiungsvoraussetzungen weggefallen, was regelmäßig die Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X rechtfertigt (BSG vom 31.10.2012, a.a.O.). Die Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist hier auch wesentlich i.S. von § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X, da sie zum Wegfall von Voraussetzungen für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führten und ein Fortbestand des Befreiungsstatus nicht in Betracht kommt. Denn die Befreiung von der Versicherungspflicht ist gem. §§ 6 Abs. 5 bzw. 231 Abs. 1 SGB VI auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht konnte daher weder die beim Landratsamt L. ab 14.01.2008 verrichtete Beschäftigung umfassen, noch kommt eine Erstreckung der Befreiung auf diese Beschäftigung in Betracht.
Die Befreiung erstreckte sich nur auf die bis zum Widerruf der Zulassung zum 07.06.2007 ausgeübte Tätigkeit als zugelassener Rechtsanwalt. Dies ergibt sich für die Zeit nach der Aufhebung des § 7 Abs. 2 AVG durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 zum 01.01.1992 und dem gleichzeitigen Inkrafttreten des SGB VI aus § 6 Abs. 5 S. 1 SGB VI und § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (BSG vom 07.12.2000, a.a.O. - auch zum Nachfolgenden). Das früher in § 7 Abs. 2 AVG enthaltene Befreiungsrecht ist nunmehr in § 6 Abs. 1 SGB VI geregelt. Für Befreiungen, die nach dieser Vorschrift ausgesprochen worden sind, schreibt § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ausdrücklich vor, dass die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder Tätigkeit beschränkt ist. Für Personen, die am 31. Dezember 1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, ordnet § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in gleicher Weise an, dass diese (nur) in der jeweiligen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit befreit bleiben. Beide Vorschriften zusammen stellen sicher, dass die vor 1992 nach § 7 Abs. 2 AVG und die seit dem 01.01.1992 nach § 6 Abs. 1 S. 1 SGB VI ausgesprochenen Befreiungen hinsichtlich ihres Geltungsbereichs einheitlich behandelt werden.
Die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht konnte die ab 14.01.2008 verrichtete Beschäftigung nicht umfassen, denn der Kläger war nicht mehr als zugelassener Rechtsanwalt tätig. Damit entsprach die ab 14.01.2008 verrichtete Beschäftigung nicht mehr der bislang ausgeübten Tätigkeit, für die dem Kläger die Befreiung erteilt worden war. Im Übrigen führte die ab 14.01.2008 verrichtete Beschäftigung nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer und erfüllte daher nicht die Voraussetzungen für eine (weitere) Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage einer Vergleichbarkeit der von ihm neu ausgeübten Beschäftigung mit der ursprünglichen Tätig¬keit als Rechtsanwalt kommt es daher nicht an.
Zu Recht hat das Sozialgericht auch eine vom Kläger behauptete Erstreckung der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung als andere versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI verneint. Es kann dabei offenbleiben, ob die Erstreckung nach § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI, ebenso wie die ursprüngliche Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 SGB VI, von einem vorherigen Antrag des Klägers abhängig ist und ob bejahendenfalls im hilfsweisen Antrag auf neuerliche Befreiung im Schreiben des Klägers vom 28.02.2008 (in welchem der Kläger weder offenlegte, dass seine Zulassung zur Rechtsanwaltskammer widerrufen wurde, noch dass er nun eine neue Beschäftigung ausübte) ein solcher Antrag gesehen werden kann. Denn jedenfalls war der - nur hilfsweise - gestellte Antrag erledigt, nach dem die Beklagte dem hauptsächlichen Begehren (Bestätigung der Befreiung von der Versicherungspflicht als Rechtsanwalt) mit der Übersendung des Bescheides vom 05.09.1991 entsprochen hatte. Hieran ändert auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Umstand nichts, dass die Beklagte zwischenzeitlich zu dem Hilfsantrag ablehnende und vom Kläger angefochtene Bescheide erlassen hat. Damit kommt die vom Kläger beantragte hilfsweise Aussetzung von vornherein nicht in Betracht. Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen für eine Erstreckung nach § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI nicht vor.
Die Anwendung der Vorschrift verlangt u.a. das ununterbrochene Vorliegen der Befreiungsvor-aussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, nämlich die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer (BSG vom 31.10.2012, a.a.O. - auch zum Nachfolgenden). Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI erstreckt sich die Befreiung in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die danach vorgesehene Erstreckung der Befreiung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit kommt nur in Betracht, wenn der zur ursprünglichen Befreiung führende Sachverhalt (nämlich die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer) auch weiterhin vorliegt; denn nach dem Wortsinn kann nur ein überhaupt noch bestehender Befreiungsstatus auf eine andere Tätigkeit erstreckt werden. Auch die systematische Stellung der Vorschrift im Anschluss an die gesetzliche Definition des auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkten Bezugspunkts der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs. 5 S. 1 SGB VI verdeutlicht im Zusammenhang mit der in ihr genannten Tatbestandsvoraussetzung einer zeitlich begrenzten anderen Tätigkeit, dass die Vorschrift lediglich eine Regelung enthält, die sich auf eine andere vorübergehende selbstständige Tätigkeit bzw. Beschäftigung bezieht, und daher keinen von den grundlegenden Voraussetzungen in § 6 Abs. 1 S. 1 SGB VI losgelösten eigenständigen Befreiungstatbestand darstellt.
Die Befreiung galt schließlich auch nicht wegen der im Befreiungsbescheid enthaltenen Hinweise zur Dauer der Befreiung weiter. Die dortigen Hinweise über die Fortdauer der Befreiung für die an eine Pflichtmitgliedschaft anschließende freiwillige Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung haben den gesetzlichen Umfang der Befreiung nicht erweitert (BSG vom 07.12.2000, a.a.O. m.w.N.; s. auch BSG, Urteil vom 22.10.1998 mit Ausführungen zum rechtlichen Hintergrund dieser Hinweise). Ebenso wenig steht das Schreiben der Beklagten vom 09.11.2009 einer Aufhebung entgegen. Denn dieses Schreiben enthält lediglich den Hinweis auf eine bereits erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht. Eine eigenständige Regelung über eine Befreiung von der Versicherungspflicht kann dem Schreiben dagegen nicht entnommen werden.
Damit konnte die Beklagte den Befreiungsbescheid gem. § 48 Abs. 1 SGB X auch mit Wirkung ab 01.01.2008 (Zeitpunkt der Reduzierung des Beitrags zum Versorgungswerk auf drei Zehntel des Regelpflichtbeitrages) für die Vergangenheit aufheben. Auch wenn - wie oben dargelegt - mit dem Ende der Beschäftigung als Rechtsanwalt der Bescheid vom 05.09.1991 gegenstandslos wurde und eine Aufhebung somit quasi deklaratorisch erfolgt, gelten doch die Grundsätze des Vertrauensschutzes (s. BSG, Urteil vom 07.12.2000, a.a.O. und Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 3/11 R in SozR 4-2600 § 6 Nr. 9, dort jeweils unter dem Aspekt von Treu und Glauben), wie sie in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ihren Niederschlag gefunden haben. Dabei ist das Vertrauen des Klägers für die Zeit ab 01.01.2008 nicht schutzwürdig. Denn der Kläger ist mit der unterlassenen Unterrichtung der Beklagten über die Änderung der Beitragsentrichtung beim Versorgungswerk einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X). Gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hat der Kläger Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Eine solche Änderung liegt, wie dargelegt, (auch) in der Umstellung auf einen Beitrag i.H.v. drei Zehntel des Regelpflichtbeitrags gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung. Auf eine entsprechende Mitteilungspflicht wurde der Kläger im Bescheid vom 05.09.1991 auch ausdrücklich hingewiesen. Er unterrichtete die Beklagte dessen ungeachtet nicht über diese Änderung. Seiner diesbezüglichen Mitteilungspflicht genügte der Kläger insbesondere nicht mit der Mitteilung vom 28.02.2008, nachdem er in diesem Schreiben weder auf eine Veränderung des Mitgliedsbeitrags im Versorgungswerk noch auf eine sonstige Änderung gegenüber den zum Zeitpunkt des Erlasses des Befreiungsbescheides maßgeblichen Umständen hinwies. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es gerade nicht Sache der Beklagten, ohne jedwede Anhaltspunkte nachzuforschen, inwieweit sich Veränderungen ergeben haben. Eine Mitteilung über geänderte Beitrage behauptet der Kläger auch nicht für seine weitere Anfrage vom 04.11.2009. Der Kläger kann sich auch nicht mit Verweis auf die zwischen Beitragserteilung und geänderter Beitragsentrichtung liegende Zeit von mehr als 16 Jahren entlasten. Die mit der Umstellung vom Regelpflichtbeitrag zum "Besonderen Beitrag" nach § 13 Abs. 1 der Satzung einhergehende, ganz erhebliche Beitragsreduzierung hätte für den Kläger Anlass sein müssen, entweder den ursprünglichen Befreiungsbescheid vom 05.09.1991 nochmals im Hinblick auf Befreiungsvoraussetzungen und Mitwirkungspflichten zu prüfen oder aber diesbezügliche Erkundigungen bei der Beklagten einzuholen. Nachdem der Kläger dies aber unterließ, verletzte er seine Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig.
Die Jahresfrist gemäß § 48 Abs. 4 S. 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X ist gewahrt, weil die Beklagte vom Wegfall des Befreiungstatbestandes erst Anfang 2011 erfuhr.
Auf der Rechtsfolgenseite bedeutet das Wort "soll" in § 48 Abs. 1 S 2 SGB X, dass der Leitungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Ein atypischer Fall liegt hier nicht vor. Insbesondere fällt die wesentliche Ursache für die Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Klägers und ist kein Mitverschulden auf Seiten der Beklagten gegeben. Diese besaß bis zum Zeitpunkt der Unterrichtung durch den Kläger am 21.01.2011 keine Kenntnis von den wesentlichen Änderungen in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen und diese Unkenntnis beruhte auch nicht auf grober Fahrlässigkeit. Soweit der Kläger vorträgt, er habe im Rahmen seiner - den Beteiligten nicht mehr vorliegenden - Anfrage vom 04.11.2009 die Beklagte über die Änderungen in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen unterrichtet, so findet sich hierfür kein Beleg in den Verwaltungsakten. Ein entsprechender Hinweis des Klägers lässt sich insbesondere nicht der auf seine Anfrage hin erfolgten Stellungnahme der Beklagten entnehmen. Auch in der Zusammenschau mit der Anfrage vom 28.02.2008, mit welcher der Kläger die Beklagte erstmalig von den Veränderungen unterrichtet haben will, die indes keinerlei Anhaltspunkte für eine Änderung in den Verhältnissen enthielt, vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger die Beklagte zumindest über den Umstand des Widerrufs seiner Kammerzugehörigkeit unterrichtete. Mangels Atypik war der Beklagten vorliegend kein Ermessen eingeräumt; der Befreiungsbescheid war daher zwingend rückwirkend zum 01.01.2008 aufzuheben.
Eine Aufhebung bereits zum 07.06.2007, wie von der Beklagten vorgenommen, lässt § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X dagegen nicht zu. Insoweit kommt einzig § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X in Betracht. Indes vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt wusste oder wenigstens grob fahrlässig nicht wusste, dass die sich aus dem Befreiungsbescheid ergebende Befreiung bereits auf Grund des Verlustes der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gegenstandslos wurde. Denn die Beklagte wies im Bescheid vom 05.09.1991 (zwar fehlerhaft) ausdrücklich darauf hin, dass die Befreiung nicht nur für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft, sondern auch für eine daran anschließende freiwillige Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung gelte. Dementsprechend wurde im Bescheid weiter ausgeführt, der Kläger habe insbesondere anzuzeigen, wenn die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung ende. Dagegen wurde keine Hinweispflicht für die Beendigung der Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bzw. bei der hierdurch hervorgerufenen Änderung der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung in eine freiwillige Mitgliedschaft benannt. Angesichts dessen fällt dem Kläger jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit zur Last, soweit er hierauf gestützt von einer Unerheblichkeit seines Ausscheidens aus der Rechtsanwaltskammer und der daran anknüpfenden Umwandlung seiner Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk in eine freiwillige Mitgliedschaft ausging. Die Änderung in der Beitragsentrichtung kann dagegen eine Aufhebung erst ab ihrem Wirksamwerden zum 01.01.2008 rechtfertigen. Soweit die angefochtenen Bescheide eine Aufhebung der Befreiung auch für den Zeitraum 07.06.2007 bis 31.12.2007 verfügten, sind sie deshalb rechtswidrig und aufzuheben.
Der Kläger kann das Fortbestehen der Befreiung über den 31.12.2007 auch nicht auf Grund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verlangen. Es liegen schon keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beratung oder Information seitens der Beklagten im hier streitigen Zeitraum vor. Da im Übrigen beim Herstellungsanspruch das Sozialrechtsverhältnis so gestaltet werden soll, wie es ohne Pflichtverletzung bestanden hätte, lässt sich mit seiner Hilfe ein pflichtwidriges Verwaltungshandeln nur ausgleichen, soweit die begehrte Amtshandlung rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24.04.1996, 5/4 RA 36/93 in SozR 3-2940 § 124 Nr. 1). Die Nichtaufhebung des Befreiungsbescheids wäre aber rechtswidrig und daher unzulässig, weil die Beklagte - wie dargelegt - gem. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X verpflichtet ist, den Befreiungsbescheid mit Wirkung ab 01.01.2008 aufzuheben (BSG vom 30.04.1997, a.a.O.).
Die Feststellungsklage bleibt insgesamt ohne Erfolg. Denn wie bereits ausgeführt, war der Befreiungsbescheid mit Ende der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zum 07.06.2007 gegenstandslos, unabhängig davon, dass eine - deklaratorische - Aufhebung erst mit Wirkung zum 01.01.2008 erfolgen konnte. Denn die Befreiung war gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 und § 231 SGB VI in ihrer Wirkung von vornherein auf die konkrete Tätigkeit als Rechtsanwalt beschränkt und konnte die nachfolgenden Tätigkeiten nicht erfassen.
Einer notwendigen Beiladung des Landratsamtes L. als früherem Arbeitgeber des Klägers nach § 75 Abs. 2 S. 1 Alternative 1 SGG hat es nicht bedurft. Mit der Aufhebung der Befreiung wird nicht unmittelbar in dessen Rechtssphäre eingegriffen, wie dies für eine notwendige Beiladung erforderlich ist (BSG vom 30.04.1997, a.a.O. - auch zum Nachfolgenden). Denn der Befreiungsbescheid wurde unabhängig vom Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses allein deshalb aufgehoben, weil die Mitgliedschaft des Klägers bei der Rechtsanwaltskammer geendet hatte und der Kläger deshalb keine einkommensbezogenen Beiträge mehr entrichtete. Somit brauchte die Entscheidung - anders als bei Streitigkeiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht Beschäftigter - auch dem Arbeitgeber gegenüber nicht einheitlich zu ergehen. Von einer einfachen Beiladung gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 SGG hat der Senat im Rahmen seines Ermessens abgesehen; dies auch im Hinblick auf die beantragte Beiladung des Versorgungswerks.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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