Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 5080/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4946/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.10.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den (Fort-)Bestand der Familienversicherung der Klägerin bei der Beklagten über den 31.10.2011 hinaus
Die am 1998 geborene Klägerin ist die Stieftochter des bei der Beklagten aufgrund einer Beschäftigung versicherungspflichtigen, verheirateten (1979 geborenen) Beigeladenen. Dieser hat außerdem einen 2003 geborenen leiblichen Sohn.
Am 25.04.2012 teilte der Beigeladene der Beklagten auf Fragebögen zur Überprüfung der Familienversicherung bzw. zu den Einkommensverhältnissen seiner Familie (Zeitraum ab 01.01.2011) unter Beifügung weiterer Unterlagen (wie Gehaltsabrechnungen und Kontoauszügen) mit, die Klägerin besuche die Hauptschule. Sein monatliches Nettoeinkommen (Gehalt) betrage EUR 2.130,00. Hinzu kämen Weihnachts- und Urlaubsgeld als Einmalzahlungen von jeweils EUR 1.500,00. Das monatliche Nettoeinkommen seiner Ehefrau betrage EUR 313,00 (Arbeitslohn). Die Klägerin erhalte monatliche Unterhaltszahlungen von EUR 398,00 (von ihrem leiblichen Vater). Sein leiblicher Sohn verfüge nicht über eigenes Einkommen. Die Beklagte errechnete für den Beigeladenen und seine Ehefrau monatliche Nettoeinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von EUR 2.245,80 bzw. von EUR 306,00 und für die Klägerin monatliche Nettoeinkünfte aus Unterhaltszahlung von EUR 327,00.
Mit an die Klägerin (deren gesetzliche Vertreterin) und an den Beigeladenen gerichtetem Bescheid vom 06.06.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Familienversicherung der Klägerin ab 31.10.2011 beendet ist. Zur Begründung führte sie aus, Stiefkinder seien nur dann im Rahmen der Familienversicherung beitragsfrei mitversichert, wenn sie von dem Mitglied überwiegend unterhalten würden. Das setze voraus, dass das Mitglied mehr als die Hälfte des Unterhaltsbedarfs des Stiefkinds aus seinem Einkommen aufbringe. Verfüge das Stiefkind über eigene Einkünfte, sei davon auszugehen, dass es diese bis zur Höhe seines Unterhaltsbedarfs zur Deckung des eigenen Lebensunterhalts verwende. Der Beigeladene trage zum Unterhalt der Klägerin nicht mehr als die Hälfte bei. Deren leiblicher Vater zahle ihr ab 01.11.2011 Unterhalt von monatlich EUR 398,00. Die Unterhaltszahlung übersteige die Hälfte des aus dem Familieneinkommen errechneten Unterhaltsbedarfs der Klägerin. Dabei seien die Werte für die Haushaltsführung berücksichtigt. Grundsätzlich bestehe für die Klägerin Anspruch auf Familienversicherung beim leiblichen Elternteil.
Zur Begründung des dagegen durch den Beigeladenen und für die Klägerin durch deren gesetzliche Vertreterin am 14.06.2012 eingelegten Widerspruchs wurde vorgetragen, berücksichtige man bei der Ermittlung des Familieneinkommens neben dem Wert der Haushaltsführung auch den Wert der Kinderbetreuung, werde die Klägerin überwiegend vom Beigeladenen unterhalten. Der Betrag für Kinderbetreuung (70,00 EUR monatlich) ändere daran nichts. Außerdem sei das geringfügige Beschäftigungsverhältnis der Ehefrau des Beigeladenen weggefallen.
Mit (an den Verfahrensbevollmächtigten des Beigeladenen und der Klägerin gerichtetem) Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, die Klägerin sei bei ihr seit 04.09.2005 über den Beigeladenen als ihr Mitglied familienversichert. Hinsichtlich der Frage, ob ein Stiefkind vom Mitglied überwiegend unterhalten werde, seien alle (auch nicht beitragspflichtige) Nettobezüge, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwendet werden könnten, zu berücksichtigen, nicht jedoch Leistungen für Kinder, wie das Kindergeld. Man habe der Berechnung das monatliche Nettoeinkommen des Beigeladenen von EUR 2.245,80 EUR nach Maßgabe der Jahresrechnung seines Arbeitgebers für das Kalenderjahr 2011 und die Einnahmen der Klägerin (Kindesunterhalt) von EUR 398,00 zugrunde gelegt. Es ergäben sich folgende Werte:
Nettoeinkommen/EUR Unterhaltsbedarf/EUR Überschuss/EUR Fehlbetrag/EUR Anteil Beigeladener/EUR Beigeladener 2.245,80 660,95 1.584,85 0,00 Ehefrau 0,00 660,95 0,00 660,95 660,95 Klägerin 398,00 660,95 0,00 262,95 262,95 Sohn 0,00 660,95 0,00 660,95 660,95 Summe 2.643,80 2.643,80 1.584,85 1.584,85 1.584,85
Damit werde die Klägerin vom Beigeladenen nicht mehr überwiegend unterhalten. An diesem Ergebnis ändere sich nichts, wenn man nicht nur die geldwerten Einnahmen zum Lebensunterhalt, sondern auch Naturalleistungen, wie Haushaltsführung und Kinderbetreuung, berücksichtige. Der Wert der Haushaltsführung betrage im Jahr 2011 EUR 1.474,00, der Wert der Kinderbetreuung betrage (je unverheiratetem Kind) EUR 78,00. Danach müssten der Berechnung folgende Einkommenswerte hinzugefügt werden:
Haushaltsführung (bei voll berufstätigem Ehemann/Ehefrau zu Hause) Beigeladener (10%) EUR 147,40 Ehefrau (90 %) EUR 1.326,60
Kinderbetreuung Beigeladener (10%) EUR 15,60 Ehefrau (90 %) EUR 140,40
Gesamt zzgl. Nettoeinkommen Beigeladener EUR 2.408,80 Ehefrau EUR 1.467,00
Insgesamt ergäben sich sodann folgende Werte:
Nettoeinkommen/EUR Unterhaltsbedarf/EUR Überschuss/EUR Fehlbetrag/EUR Anteil Beigeladener/EUR Beigeladener 2.408,80 1.068,45 1.340,35 0,00 Ehefrau 1.467,00 1.068,45 398,55 0,00 0,00 Klägerin 398,00 1.068,45 0,00 670,45 516,79 Sohn 0,00 1.068,45 0,00 1.068,45 823,56 Summe 4.273,80 4.273,80 1.738,90 1.738,90 1.340,35
Da die Klägerin vom Beigeladenen ab 01.11.2011 nicht mehr überwiegend unterhalten werde, sei deren Familienversicherung zum 31.10.2011 zu beenden.
Am 16.10.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Freiburg; die Berechnungen der Beklagten seien nicht nachvollziehbar und sollten von dieser erläutert werden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und trug vor, die Beurteilung der Frage, ob ein Stiefkind von dem Mitglied überwiegend unterhalten werde, richte sich nach den Richtlinien für die Feststellung des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung für Stief- und Enkelkinder (§ 10 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V - im Folgenden nur: Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder) der (vormaligen) Bundesverbände der Krankenkassen vom 08.11.2005. Diese seien zur Umsetzung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.08.1994 (- 12 RK 41/92 - in juris) beschlossen bzw. neu gefasst worden und würden von allen Krankenkassen angewendet. Im Hinblick auf die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der einzelnen Familienmitglieder habe das BSG keine Vorgaben gemacht. Nach den Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder, die die Gleichbehandlung der Versicherten sicherstellen sollten, werde wie im Familienrecht zunächst der Unterhaltsbedarf jedes Familienmitglieds durch Aufsummierung der Nettoeinnahmen aller Familienmitglieder und Teilung der Summe durch die Zahl der Familienmitglieder ermittelt (vgl. auch BSG, Urteil vom 12.11.1969, - 4 RJ 223/68 -, in juris). Sodann werde der Unterhaltsbedarf des Familienmitglieds seinen Nettoeinnahmen gegenübergestellt und es werde daraus ein Überschuss oder ein Fehlbetrag errechnet. Erreiche ein Familienmitglied - mit Ausnahme des Ehegatten/Lebenspartners des Mitglieds - den aus dem Gesamteinkommen errechneten Unterhaltsbedarf, werde es bei der Ermittlung des überwiegenden Unterhalts nicht mehr berücksichtigt. Der Unterhaltsbedarf des Stiefkindes werde mit dessen Einkommen verglichen. Überwiegender Unterhalt durch die Stiefeltern komme von vornherein nur in Betracht, wenn die Einnahmen des Stiefkindes weniger als die Hälfte seines Unterhaltsbedarfs abdeckten. Ergebe die dargestellte Berechnung, dass das Stiefkind nicht überwiegend von den Stiefeltern unterhalten werde, werde die Berechnung durch Berücksichtigung des Betreuungsunterhalts ergänzt. Hierfür werde in Anlehnung an die familienrechtlichen Regelungen zum Betreuungsunterhalt ein pauschaler Wert für die Haushaltsführung festgelegt, der sodann anteilig auf den leiblichen Elternteil und den Stiefelternteil verteilt werde. Das führe zu einer Erhöhung des Einkommens der Eltern und somit zum Gesamteinkommen der Familie. Die weitere Berechnung erfolge analog zur Berechnung ohne Einbeziehung des Betreuungsunterhalts. Das BSG habe zwar darauf hingewiesen, dass für Kinder ein anderer Unterhaltsbedarf als für Erwachsene festzustellen sei, hierfür aber keine Umsetzungshinweise gegeben. Insoweit sei der Unterhaltsbedarf, der in Anlehnung an das Familienrecht festgestellt werde, auch zu pauschalieren. Setze man den Unterhaltsbedarf der Kinder niedriger an als den Unterhaltsbedarf der Erwachsenen, ginge das im Übrigen wohl zu Lasten der (Stief-)Kinder, da deren eigene Einnahmen auf den Unterhaltsbedarf angerechnet würden. Die derzeit geltende Regelung der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder gereiche im Regelfall der überwiegenden Zahl der Stiefkinder zum Vorteil. Würde man nämlich für die Kinder den Unterhaltsbedarf nach der (von den Familiengerichten angewandten) Düsseldorfer Tabelle festlegen, könnte in den Fällen, in denen der Unterhalt durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil voll geleistet werde, nie eine Familienversicherung über den Stiefelternteil durchgeführt werden, weil dann das Kind seinen Unterhalt selbst bestreite. Seien mehrere Unterhaltszahler (ggf. durch die Berücksichtigung von Haushaltsführung oder Kinderbetreuung) vorhanden, sei folgende Gleichung maßgeblich:
Überschuss des Mitglieds x Fehlbetrag des Stiefkindes Gesamtüberschuss.
Mit Urteil vom 30.10.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Beendigung der Familienversicherung zum 01.11.2011 stehe ein Verwaltungsakt der Beklagten nicht entgegen. Im Zuge der vorangegangenen Überprüfungsverfahren seien Verwaltungsakte nicht ergangen. Die (tatsächliche) Weitergewährung von Leistungen an die Klägerin nach dem 01.11.2011 stelle einen schlüssig verfügten Verwaltungsakt über den Fortbestand der Familienversicherung nicht dar (BSG, Urteil vom 07.12.2000, - B 10 KR 3/99 R -, in juris). Die Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, dass die Klägerin ab 01.11.2011 nicht mehr über den Beigeladenen familienversichert sei. Zum Kreis der familienversicherten Kinder eines (Krankenkassen-)Mitglieds (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zählten (u.a.) auch Stiefkinder, die das Mitglied überwiegend unterhalte (§ 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Da zur Ermittlung des Unterhalts (i. S. d. § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V) eigenständige Regelungen im Krankenversicherungsrecht fehlten, sei hierfür nach der Rechtsprechung des BSG auf das Familienrecht zurückzugreifen (BSG, Urteil vom 30.08.1994, - 12 RK 41/92 -, juris). Gemäß § 1610 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) umfasse der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Ausbildung zu einem Beruf, bei einer erziehungsbedürftigen Person auch der Erziehung. Danach müsse bei der Ermittlung des überwiegenden Unterhalts (nach § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V) jeweils festgestellt werden, welche von dritter Seite erbrachten Geld-, Sach- und Betreuungsleistungen zum Lebensbedarf des Stiefkindes gehörten, und was als eigene Einnahmen des Stiefkindes zu werten sei. Stehe danach der gesamte Unterhaltsbedarf fest, sei zu prüfen, in welchem Verhältnis die vom Mitglied erbrachten Geld-, Sach- oder Betreuungsleistungen zum gesamten Unterhaltsbedarf des Stiefkindes stünden. Der vom Mitglied erbrachte Unterhalt überwiege nur dann, wenn er höher sei als die Hälfte des gesamten Unterhaltsbedarfs des Stiefkindes. Ergebe sich ein Überwiegen in diesem Sinne weder bei den Geld- und Sachleistungen noch bei den Betreuungsleistungen, werde das Stiefkind von dem Mitglied nicht i. S. d. § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V überwiegend unterhalten. Davon ausgehend habe die Beklagte unter Zugrundelegung der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder zutreffend festgestellt, dass die Klägerin nicht überwiegend vom Beigeladenen unterhalten werde. Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens seien das Nettoeinkommen des Beigeladenen, der der Klägerin gewährte Unterhalt sowie der Wert der Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Nach Maßgabe der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder (Nr. 5.2) sei für die Haushaltsführung für das Jahr 2011 unter Berücksichtigung der Werte der nach § 69 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) Tabelle 21 Anlage 14 für sonstige nichtproduzierende Bereiche ermittelten Durchschnittsentgelte der Betrag von EUR 1.447,00 anzusetzen. Als Wert der Kinderbetreuung sei in entsprechender Anwendung der Regelungen über den Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 270 SGB VI) ein Betrag von EUR 78,00 je Kind maßgeblich. Nach den Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder (Nr. 3) richte sich der Unterhaltsbedarf der einzelnen Familienangehörigen grundsätzlich nach den gesamten Einnahmen aller Familienmitglieder, unabhängig davon, welchen Anteil diese jeweils hierzu beitrügen. Eine Differenzierung des Unterhaltsbedarfs der einzelnen Familienangehörigen werde nicht vorgenommen. Die Beklagte habe den Unterhaltsbedarf der Klägerin richtlinienkonform und zutreffend mit EUR 1.068,45 ermittelt. Das sei nicht zu beanstanden. Nach den (familienrechtlichen) Tabellen zur Ermittlung des Kindesunterhalts, wie nach der Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2011, werde der Unterhalt zwar differenziert nach dem Nettoeinkommen des Leistungspflichtigen und dem Alter des Kindes berechnet. Diese Regelungen gälten jedoch nur für die Festlegung des Barunterhalts eines nicht im Haushalt des Unterhaltspflichtigen lebenden Kindes; für jüngere Kinder sei der Barunterhalt geringer als für ältere Kinder. Eine Differenzierung dieser Art sei bei der hier im Rahmen der Familienversicherung nach § 10 SGB V maßgeblichen Ermittlung des gesamten Unterhaltsbedarfs nicht geboten, da für jüngere Kinder zwar der Barunterhalt geringer ausfalle, jedoch der Bedarf an den Leistungen der Haushaltsführung entsprechend höher anzusetzen sei. Insgesamt erscheine deshalb die gleichmäßige Berücksichtigung der Familienmitglieder bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nach Maßgabe der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder gerechtfertigt. Aufgrund des sich danach ergebenden Fehlbetrags der Klägerin zur Deckung des Unterhalts, des Überschusses des Beigeladenen gegenüber dem Unterhaltsbedarf sowie der Höhe des Gesamtüberschusses der Familienmitglieder ergebe sich ein Anteilsbetrag des Beigeladenen am Unterhalt der Klägerin von EUR 516,79. Dieser liege unter der Hälfte des Unterhaltsbedarfs der Klägerin, weshalb diese nicht vom Beigeladenen i. S. d. § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V überwiegend unterhalten werde.
Gegen das ihr am 21.11.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.12.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das SG habe entschieden, obwohl noch weitere Verfahren anhängig seien. Die Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder seien falsch. Sie setzten voraus, dass vom Mitglied 90 % des Unterhalts (des Stiefkindes) geleistet werden müssten, damit überwiegender Unterhalt (durch das Mitglied) angenommen werden könne. Damit werde das Gesetz in unzutreffender Art und Weise eingeengt.
Die Klägerin beantragt sachgerecht gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.10.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2012 aufzuheben und festzustellen, dass sie über den 31.10.2011 hinaus über den Beigeladenen bei der Beklagten familienversichert ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der mit Beschluss vom 01.09.2015 beigeladene Stiefvater stellt keinen Antrag.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, dass die Familienversicherung der Klägerin über den Beigeladenen zum 31.10.2011 beendet ist. Das SG hat in seinem Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (§ 153 Abs. 2 SGG), zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften sich die Durchführung der Familienversicherung für Stiefkinder richtet (insbesondere nach § 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 SGB V) und weshalb die Klägerin danach ab 01.11.2011 nicht mehr über den Beigeladenen familienversichert sein kann. Es hat - wie die Beklagte - ergänzend und rechtsfehlerfrei die von allen Krankenkassen angewandten Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder herangezogen. Diese Richtlinien legen im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung fest, nach welchen Maßgaben die Vorschrift des § 10 Abs. 4 SGB V von den Krankenkassen auszulegen und anzuwenden ist und wie zu berechnen ist, ob das Mitglied das Stiefkind i.S.d. § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V "überwiegend unterhält". Die Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder stellen damit sicher, dass bei Durchführung der Familienversicherung der Stiefkinder die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG gewahrt werden. Rechtliche Bedenken gegen die hier einschlägigen Bestimmungen der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder sind nicht substantiiert geltend gemacht. Die Klägerin hat sich vielmehr auf die pauschale Behauptung beschränkt, die Richtlinien "seien falsch". Rechtsfehler der Richtlinien sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere trifft es nicht zu, dass zur Durchführung der Familienversicherung für Stiefkinder verlangt wird, dass das Mitglied für deren Unterhaltsbedarf zu 90 % aufkommt. Gemäß Nr. 4.1 der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder genügt es vielmehr, dass das Mitglied mehr als die Hälfte des Unterhaltsbedarfs des Stiefkinds aus seinem Einkommen aufbringt. Einwendungen gegen die von der Beklagten angestellten Berechnungen sind im Übrigen nicht erhoben; Berechnungsfehler sind auch nicht ersichtlich. Die rückwirkende Feststellung des Nichtbestehens von Familienversicherung ist rechtlich ebenfalls unbedenklich (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2000, - B 10 KR 3/99 R -; LSG Baden Württemberg, Urteil vom 14.10.2013, - L 11 KR 1983/12 -, jeweils in juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den (Fort-)Bestand der Familienversicherung der Klägerin bei der Beklagten über den 31.10.2011 hinaus
Die am 1998 geborene Klägerin ist die Stieftochter des bei der Beklagten aufgrund einer Beschäftigung versicherungspflichtigen, verheirateten (1979 geborenen) Beigeladenen. Dieser hat außerdem einen 2003 geborenen leiblichen Sohn.
Am 25.04.2012 teilte der Beigeladene der Beklagten auf Fragebögen zur Überprüfung der Familienversicherung bzw. zu den Einkommensverhältnissen seiner Familie (Zeitraum ab 01.01.2011) unter Beifügung weiterer Unterlagen (wie Gehaltsabrechnungen und Kontoauszügen) mit, die Klägerin besuche die Hauptschule. Sein monatliches Nettoeinkommen (Gehalt) betrage EUR 2.130,00. Hinzu kämen Weihnachts- und Urlaubsgeld als Einmalzahlungen von jeweils EUR 1.500,00. Das monatliche Nettoeinkommen seiner Ehefrau betrage EUR 313,00 (Arbeitslohn). Die Klägerin erhalte monatliche Unterhaltszahlungen von EUR 398,00 (von ihrem leiblichen Vater). Sein leiblicher Sohn verfüge nicht über eigenes Einkommen. Die Beklagte errechnete für den Beigeladenen und seine Ehefrau monatliche Nettoeinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von EUR 2.245,80 bzw. von EUR 306,00 und für die Klägerin monatliche Nettoeinkünfte aus Unterhaltszahlung von EUR 327,00.
Mit an die Klägerin (deren gesetzliche Vertreterin) und an den Beigeladenen gerichtetem Bescheid vom 06.06.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Familienversicherung der Klägerin ab 31.10.2011 beendet ist. Zur Begründung führte sie aus, Stiefkinder seien nur dann im Rahmen der Familienversicherung beitragsfrei mitversichert, wenn sie von dem Mitglied überwiegend unterhalten würden. Das setze voraus, dass das Mitglied mehr als die Hälfte des Unterhaltsbedarfs des Stiefkinds aus seinem Einkommen aufbringe. Verfüge das Stiefkind über eigene Einkünfte, sei davon auszugehen, dass es diese bis zur Höhe seines Unterhaltsbedarfs zur Deckung des eigenen Lebensunterhalts verwende. Der Beigeladene trage zum Unterhalt der Klägerin nicht mehr als die Hälfte bei. Deren leiblicher Vater zahle ihr ab 01.11.2011 Unterhalt von monatlich EUR 398,00. Die Unterhaltszahlung übersteige die Hälfte des aus dem Familieneinkommen errechneten Unterhaltsbedarfs der Klägerin. Dabei seien die Werte für die Haushaltsführung berücksichtigt. Grundsätzlich bestehe für die Klägerin Anspruch auf Familienversicherung beim leiblichen Elternteil.
Zur Begründung des dagegen durch den Beigeladenen und für die Klägerin durch deren gesetzliche Vertreterin am 14.06.2012 eingelegten Widerspruchs wurde vorgetragen, berücksichtige man bei der Ermittlung des Familieneinkommens neben dem Wert der Haushaltsführung auch den Wert der Kinderbetreuung, werde die Klägerin überwiegend vom Beigeladenen unterhalten. Der Betrag für Kinderbetreuung (70,00 EUR monatlich) ändere daran nichts. Außerdem sei das geringfügige Beschäftigungsverhältnis der Ehefrau des Beigeladenen weggefallen.
Mit (an den Verfahrensbevollmächtigten des Beigeladenen und der Klägerin gerichtetem) Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, die Klägerin sei bei ihr seit 04.09.2005 über den Beigeladenen als ihr Mitglied familienversichert. Hinsichtlich der Frage, ob ein Stiefkind vom Mitglied überwiegend unterhalten werde, seien alle (auch nicht beitragspflichtige) Nettobezüge, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwendet werden könnten, zu berücksichtigen, nicht jedoch Leistungen für Kinder, wie das Kindergeld. Man habe der Berechnung das monatliche Nettoeinkommen des Beigeladenen von EUR 2.245,80 EUR nach Maßgabe der Jahresrechnung seines Arbeitgebers für das Kalenderjahr 2011 und die Einnahmen der Klägerin (Kindesunterhalt) von EUR 398,00 zugrunde gelegt. Es ergäben sich folgende Werte:
Nettoeinkommen/EUR Unterhaltsbedarf/EUR Überschuss/EUR Fehlbetrag/EUR Anteil Beigeladener/EUR Beigeladener 2.245,80 660,95 1.584,85 0,00 Ehefrau 0,00 660,95 0,00 660,95 660,95 Klägerin 398,00 660,95 0,00 262,95 262,95 Sohn 0,00 660,95 0,00 660,95 660,95 Summe 2.643,80 2.643,80 1.584,85 1.584,85 1.584,85
Damit werde die Klägerin vom Beigeladenen nicht mehr überwiegend unterhalten. An diesem Ergebnis ändere sich nichts, wenn man nicht nur die geldwerten Einnahmen zum Lebensunterhalt, sondern auch Naturalleistungen, wie Haushaltsführung und Kinderbetreuung, berücksichtige. Der Wert der Haushaltsführung betrage im Jahr 2011 EUR 1.474,00, der Wert der Kinderbetreuung betrage (je unverheiratetem Kind) EUR 78,00. Danach müssten der Berechnung folgende Einkommenswerte hinzugefügt werden:
Haushaltsführung (bei voll berufstätigem Ehemann/Ehefrau zu Hause) Beigeladener (10%) EUR 147,40 Ehefrau (90 %) EUR 1.326,60
Kinderbetreuung Beigeladener (10%) EUR 15,60 Ehefrau (90 %) EUR 140,40
Gesamt zzgl. Nettoeinkommen Beigeladener EUR 2.408,80 Ehefrau EUR 1.467,00
Insgesamt ergäben sich sodann folgende Werte:
Nettoeinkommen/EUR Unterhaltsbedarf/EUR Überschuss/EUR Fehlbetrag/EUR Anteil Beigeladener/EUR Beigeladener 2.408,80 1.068,45 1.340,35 0,00 Ehefrau 1.467,00 1.068,45 398,55 0,00 0,00 Klägerin 398,00 1.068,45 0,00 670,45 516,79 Sohn 0,00 1.068,45 0,00 1.068,45 823,56 Summe 4.273,80 4.273,80 1.738,90 1.738,90 1.340,35
Da die Klägerin vom Beigeladenen ab 01.11.2011 nicht mehr überwiegend unterhalten werde, sei deren Familienversicherung zum 31.10.2011 zu beenden.
Am 16.10.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Freiburg; die Berechnungen der Beklagten seien nicht nachvollziehbar und sollten von dieser erläutert werden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und trug vor, die Beurteilung der Frage, ob ein Stiefkind von dem Mitglied überwiegend unterhalten werde, richte sich nach den Richtlinien für die Feststellung des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung für Stief- und Enkelkinder (§ 10 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V - im Folgenden nur: Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder) der (vormaligen) Bundesverbände der Krankenkassen vom 08.11.2005. Diese seien zur Umsetzung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.08.1994 (- 12 RK 41/92 - in juris) beschlossen bzw. neu gefasst worden und würden von allen Krankenkassen angewendet. Im Hinblick auf die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der einzelnen Familienmitglieder habe das BSG keine Vorgaben gemacht. Nach den Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder, die die Gleichbehandlung der Versicherten sicherstellen sollten, werde wie im Familienrecht zunächst der Unterhaltsbedarf jedes Familienmitglieds durch Aufsummierung der Nettoeinnahmen aller Familienmitglieder und Teilung der Summe durch die Zahl der Familienmitglieder ermittelt (vgl. auch BSG, Urteil vom 12.11.1969, - 4 RJ 223/68 -, in juris). Sodann werde der Unterhaltsbedarf des Familienmitglieds seinen Nettoeinnahmen gegenübergestellt und es werde daraus ein Überschuss oder ein Fehlbetrag errechnet. Erreiche ein Familienmitglied - mit Ausnahme des Ehegatten/Lebenspartners des Mitglieds - den aus dem Gesamteinkommen errechneten Unterhaltsbedarf, werde es bei der Ermittlung des überwiegenden Unterhalts nicht mehr berücksichtigt. Der Unterhaltsbedarf des Stiefkindes werde mit dessen Einkommen verglichen. Überwiegender Unterhalt durch die Stiefeltern komme von vornherein nur in Betracht, wenn die Einnahmen des Stiefkindes weniger als die Hälfte seines Unterhaltsbedarfs abdeckten. Ergebe die dargestellte Berechnung, dass das Stiefkind nicht überwiegend von den Stiefeltern unterhalten werde, werde die Berechnung durch Berücksichtigung des Betreuungsunterhalts ergänzt. Hierfür werde in Anlehnung an die familienrechtlichen Regelungen zum Betreuungsunterhalt ein pauschaler Wert für die Haushaltsführung festgelegt, der sodann anteilig auf den leiblichen Elternteil und den Stiefelternteil verteilt werde. Das führe zu einer Erhöhung des Einkommens der Eltern und somit zum Gesamteinkommen der Familie. Die weitere Berechnung erfolge analog zur Berechnung ohne Einbeziehung des Betreuungsunterhalts. Das BSG habe zwar darauf hingewiesen, dass für Kinder ein anderer Unterhaltsbedarf als für Erwachsene festzustellen sei, hierfür aber keine Umsetzungshinweise gegeben. Insoweit sei der Unterhaltsbedarf, der in Anlehnung an das Familienrecht festgestellt werde, auch zu pauschalieren. Setze man den Unterhaltsbedarf der Kinder niedriger an als den Unterhaltsbedarf der Erwachsenen, ginge das im Übrigen wohl zu Lasten der (Stief-)Kinder, da deren eigene Einnahmen auf den Unterhaltsbedarf angerechnet würden. Die derzeit geltende Regelung der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder gereiche im Regelfall der überwiegenden Zahl der Stiefkinder zum Vorteil. Würde man nämlich für die Kinder den Unterhaltsbedarf nach der (von den Familiengerichten angewandten) Düsseldorfer Tabelle festlegen, könnte in den Fällen, in denen der Unterhalt durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil voll geleistet werde, nie eine Familienversicherung über den Stiefelternteil durchgeführt werden, weil dann das Kind seinen Unterhalt selbst bestreite. Seien mehrere Unterhaltszahler (ggf. durch die Berücksichtigung von Haushaltsführung oder Kinderbetreuung) vorhanden, sei folgende Gleichung maßgeblich:
Überschuss des Mitglieds x Fehlbetrag des Stiefkindes Gesamtüberschuss.
Mit Urteil vom 30.10.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Beendigung der Familienversicherung zum 01.11.2011 stehe ein Verwaltungsakt der Beklagten nicht entgegen. Im Zuge der vorangegangenen Überprüfungsverfahren seien Verwaltungsakte nicht ergangen. Die (tatsächliche) Weitergewährung von Leistungen an die Klägerin nach dem 01.11.2011 stelle einen schlüssig verfügten Verwaltungsakt über den Fortbestand der Familienversicherung nicht dar (BSG, Urteil vom 07.12.2000, - B 10 KR 3/99 R -, in juris). Die Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, dass die Klägerin ab 01.11.2011 nicht mehr über den Beigeladenen familienversichert sei. Zum Kreis der familienversicherten Kinder eines (Krankenkassen-)Mitglieds (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zählten (u.a.) auch Stiefkinder, die das Mitglied überwiegend unterhalte (§ 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Da zur Ermittlung des Unterhalts (i. S. d. § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V) eigenständige Regelungen im Krankenversicherungsrecht fehlten, sei hierfür nach der Rechtsprechung des BSG auf das Familienrecht zurückzugreifen (BSG, Urteil vom 30.08.1994, - 12 RK 41/92 -, juris). Gemäß § 1610 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) umfasse der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Ausbildung zu einem Beruf, bei einer erziehungsbedürftigen Person auch der Erziehung. Danach müsse bei der Ermittlung des überwiegenden Unterhalts (nach § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V) jeweils festgestellt werden, welche von dritter Seite erbrachten Geld-, Sach- und Betreuungsleistungen zum Lebensbedarf des Stiefkindes gehörten, und was als eigene Einnahmen des Stiefkindes zu werten sei. Stehe danach der gesamte Unterhaltsbedarf fest, sei zu prüfen, in welchem Verhältnis die vom Mitglied erbrachten Geld-, Sach- oder Betreuungsleistungen zum gesamten Unterhaltsbedarf des Stiefkindes stünden. Der vom Mitglied erbrachte Unterhalt überwiege nur dann, wenn er höher sei als die Hälfte des gesamten Unterhaltsbedarfs des Stiefkindes. Ergebe sich ein Überwiegen in diesem Sinne weder bei den Geld- und Sachleistungen noch bei den Betreuungsleistungen, werde das Stiefkind von dem Mitglied nicht i. S. d. § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V überwiegend unterhalten. Davon ausgehend habe die Beklagte unter Zugrundelegung der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder zutreffend festgestellt, dass die Klägerin nicht überwiegend vom Beigeladenen unterhalten werde. Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens seien das Nettoeinkommen des Beigeladenen, der der Klägerin gewährte Unterhalt sowie der Wert der Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Nach Maßgabe der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder (Nr. 5.2) sei für die Haushaltsführung für das Jahr 2011 unter Berücksichtigung der Werte der nach § 69 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) Tabelle 21 Anlage 14 für sonstige nichtproduzierende Bereiche ermittelten Durchschnittsentgelte der Betrag von EUR 1.447,00 anzusetzen. Als Wert der Kinderbetreuung sei in entsprechender Anwendung der Regelungen über den Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 270 SGB VI) ein Betrag von EUR 78,00 je Kind maßgeblich. Nach den Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder (Nr. 3) richte sich der Unterhaltsbedarf der einzelnen Familienangehörigen grundsätzlich nach den gesamten Einnahmen aller Familienmitglieder, unabhängig davon, welchen Anteil diese jeweils hierzu beitrügen. Eine Differenzierung des Unterhaltsbedarfs der einzelnen Familienangehörigen werde nicht vorgenommen. Die Beklagte habe den Unterhaltsbedarf der Klägerin richtlinienkonform und zutreffend mit EUR 1.068,45 ermittelt. Das sei nicht zu beanstanden. Nach den (familienrechtlichen) Tabellen zur Ermittlung des Kindesunterhalts, wie nach der Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2011, werde der Unterhalt zwar differenziert nach dem Nettoeinkommen des Leistungspflichtigen und dem Alter des Kindes berechnet. Diese Regelungen gälten jedoch nur für die Festlegung des Barunterhalts eines nicht im Haushalt des Unterhaltspflichtigen lebenden Kindes; für jüngere Kinder sei der Barunterhalt geringer als für ältere Kinder. Eine Differenzierung dieser Art sei bei der hier im Rahmen der Familienversicherung nach § 10 SGB V maßgeblichen Ermittlung des gesamten Unterhaltsbedarfs nicht geboten, da für jüngere Kinder zwar der Barunterhalt geringer ausfalle, jedoch der Bedarf an den Leistungen der Haushaltsführung entsprechend höher anzusetzen sei. Insgesamt erscheine deshalb die gleichmäßige Berücksichtigung der Familienmitglieder bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nach Maßgabe der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder gerechtfertigt. Aufgrund des sich danach ergebenden Fehlbetrags der Klägerin zur Deckung des Unterhalts, des Überschusses des Beigeladenen gegenüber dem Unterhaltsbedarf sowie der Höhe des Gesamtüberschusses der Familienmitglieder ergebe sich ein Anteilsbetrag des Beigeladenen am Unterhalt der Klägerin von EUR 516,79. Dieser liege unter der Hälfte des Unterhaltsbedarfs der Klägerin, weshalb diese nicht vom Beigeladenen i. S. d. § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V überwiegend unterhalten werde.
Gegen das ihr am 21.11.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.12.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das SG habe entschieden, obwohl noch weitere Verfahren anhängig seien. Die Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder seien falsch. Sie setzten voraus, dass vom Mitglied 90 % des Unterhalts (des Stiefkindes) geleistet werden müssten, damit überwiegender Unterhalt (durch das Mitglied) angenommen werden könne. Damit werde das Gesetz in unzutreffender Art und Weise eingeengt.
Die Klägerin beantragt sachgerecht gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.10.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2012 aufzuheben und festzustellen, dass sie über den 31.10.2011 hinaus über den Beigeladenen bei der Beklagten familienversichert ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der mit Beschluss vom 01.09.2015 beigeladene Stiefvater stellt keinen Antrag.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, dass die Familienversicherung der Klägerin über den Beigeladenen zum 31.10.2011 beendet ist. Das SG hat in seinem Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (§ 153 Abs. 2 SGG), zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften sich die Durchführung der Familienversicherung für Stiefkinder richtet (insbesondere nach § 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 SGB V) und weshalb die Klägerin danach ab 01.11.2011 nicht mehr über den Beigeladenen familienversichert sein kann. Es hat - wie die Beklagte - ergänzend und rechtsfehlerfrei die von allen Krankenkassen angewandten Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder herangezogen. Diese Richtlinien legen im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung fest, nach welchen Maßgaben die Vorschrift des § 10 Abs. 4 SGB V von den Krankenkassen auszulegen und anzuwenden ist und wie zu berechnen ist, ob das Mitglied das Stiefkind i.S.d. § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V "überwiegend unterhält". Die Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder stellen damit sicher, dass bei Durchführung der Familienversicherung der Stiefkinder die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG gewahrt werden. Rechtliche Bedenken gegen die hier einschlägigen Bestimmungen der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder sind nicht substantiiert geltend gemacht. Die Klägerin hat sich vielmehr auf die pauschale Behauptung beschränkt, die Richtlinien "seien falsch". Rechtsfehler der Richtlinien sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere trifft es nicht zu, dass zur Durchführung der Familienversicherung für Stiefkinder verlangt wird, dass das Mitglied für deren Unterhaltsbedarf zu 90 % aufkommt. Gemäß Nr. 4.1 der Familienversicherungsrichtlinien-Stiefkinder genügt es vielmehr, dass das Mitglied mehr als die Hälfte des Unterhaltsbedarfs des Stiefkinds aus seinem Einkommen aufbringt. Einwendungen gegen die von der Beklagten angestellten Berechnungen sind im Übrigen nicht erhoben; Berechnungsfehler sind auch nicht ersichtlich. Die rückwirkende Feststellung des Nichtbestehens von Familienversicherung ist rechtlich ebenfalls unbedenklich (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2000, - B 10 KR 3/99 R -; LSG Baden Württemberg, Urteil vom 14.10.2013, - L 11 KR 1983/12 -, jeweils in juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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