Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 U 199/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2289/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 1. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 02.08.1946 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von wenigstens 60 v.H. anstelle der bereits anerkannten 50 v.H.
Der 1937 geborene Kläger erlitt am 02.08.1946 als Schüler einen Arbeitsunfall, als er in einer Drescherei mit seinem rechten Fuß in das Becherwerk einer Drehmaschine geriet und dadurch der rechte Fuß oberhalb des Knöchels abriss. Infolge der Verletzung musste das untere Drittel des rechten Unterschenkels des Klägers amputiert werden. Seitdem trägt der Kläger eine Prothese.
Mit Bescheid vom 18.03.1947 erkannte die B. l. B., eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte), das Ereignis vom 02.08.1946 als Arbeitsunfall und als Folge des Unfalls den Verlust des rechten Fußes sowie einen Muskelschwund am rechten Unterschenkel an. Die Beklagte gewährte dem Kläger außerdem mit demselben Bescheid eine Rente nach einer MdE in vorläufiger Höhe von 60 v.H. und mit Bescheid vom 05.12.1947 nach einer MdE in Höhe von 50 v.H. Mit weiterem Bescheid vom 29.11.1948 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Dauerrente nach einer MdE von 40 v.H. Der Kläger habe sich an die Prothese gewöhnt. In einem Verfahren vor dem O. K. erklärte sich die Beklagte bereit, ab dem 01.01.1949 eine Dauerrente nach einer MdE von 50 v.H. zu gewähren. Im September 1955 fand eine Nachamputation mit Kürzung des Wadenbeines statt. Mit Bescheid vom 10.07.1956 kürzte die Beklagte erneut die Dauerrente ab 01.09.1956 auf eine MdE von 40 v.H.
Einen im April 1975 gestellten Antrag des Klägers auf Erhöhung seiner Verletztenrente wegen Stumpfbeschwerden, Beschwerden im rechten Kniegelenk, Rückenschmerzen und Überlastungsbeschwerden lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.1975 ab. Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Mannheim [SG] vom 30.03.1977, S 3 U 1444/75; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 19.08.1980, L 10 Ub 1048/77).
Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. P ... Dieser führte nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im September 1980 aus, die Beinmuskulatur des Klägers sei abgemagert gewesen. An mehreren Stellen hätten sich Hautschädigungen gezeigt, die den Stumpf prothesenunfähig machten. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers und der Berichte des Hausarztes seien die Hautschäden den größten Teil des Jahres vorhanden. Somit sei eine Verschlimmerung eingetreten. Mit Bescheid vom 10.04.1981 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen schlecht heilender Geschwürbildungen am rechten Unterschenkelstumpf mit Minderung der arteriellen Durchblutung eine Rente nach einer MdE von 50 v.H. dauerhaft für die Zeit ab 01.10.1980.
Am 29.10.2001 stellte der Kläger einen Antrag auf Erhöhung der Rente wegen Hüftgelenksbeschwerden und starken Phantomschmerzen. Die Beklagte beauftragte sodann den Oberarzt der Orthopädischen Universitätsklinik H. Prof. Dr. C. mit der Erstellung eines Gutachtens. Nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 11.02.2002 hat Prof. Dr. C. im Gutachten vom 12.02.2012 u.a. eine mäßiggradige, nicht aktivierte Hüftarthrose rechts, eine schwere Hüftarthrose links mit fortgeschrittenen Aktivierungszeichen sowie lumboischialgiforme Beschwerden aufgrund einer Protrusion festgestellt. Ein Zusammenhang zwischen den von der Lendenwirbelsäule ausgehenden Beschwerden mit den Folgen des Arbeitsunfalls wäre dann zu diskutieren, wenn aus der Unterschenkelamputation rechts eine asymmetrische Belastung der Lendenwirbelsäule resultieren würde. Die Lendenwirbelsäule des Klägers sei jedoch in beiden Betrachtungsebenen physiologisch ausgerichtet und zeige keine Hinweise für eine statisch bedingte Fehlbelastung. Bereits auf den Aufnahmen aus dem Jahr 1973 sei eine beginnende Verschleißerkrankung zu erkennen, die ihre Ursache vermutlich in einer Verknöcherungsstörung des Pfannendaches habe. Entsprechend dem oben Gesagten könne auch für die Hüftgelenke keine asymmetrische Belastung angenommen werden. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 26.02.2002 ab. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens legte der Kläger ein Gutachten des Ärztlichen Direktors der Fach- und Rehabilitationsklinik für Orthopädie und Rheumatologie Prof. Dr. F. vom 22.07.2002 vor. Nach einer ambulanten Untersuchung am selben Tag führte dieser aus, die Fehlstellung des Schienbeinkopfes rechts mit Absinken des innenseitigen Schienbeinkopfanteils sei wachstumsbedingt und erkläre sich zwangslos als Unfallfolge aufgrund einer prothesen- bzw. gangbildvermehrten innenseitigen Druckübernahme des Schienbeinkopfes des noch wachsenden kindlichen Skeletts. Die daraus resultierende Kniegelenksarthrose rechts sei somit als Unfallfolge anzuerkennen. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die von ihm geschilderten Beschwerden am linken Hüftgelenk und im Bereich der Lendenwirbelsäule seien unfallunabhängig und könnten demnach nicht eine Rentenerhöhung begründen. Auch hiergegen blieb die Klage des Klägers ohne Erfolg (Urteil des SG vom 16.02.2000, S 3 U 2187/02 und Urteil des LSG vom 29.11.2006, L 2 U 3005/06).
Einen weiteren Antrag auf Erhöhung seiner Unfallrente stellte der Kläger mit Schreiben vom 23.03.2009. Zur Begründung verwies er erneut auf die seiner Ansicht nach unfallbedingte Kniegelenksarthrose rechts sowie eine Hüftarthrose. Außerdem leide er unter seelischen Begleiterscheinungen in Form einer anhaltenden psychoreaktiven Störung, die eine Psychotherapie erfordere. Hierzu legte er einen Bericht des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. mit den Diagnosen depressives Syndrom und Wurzelaffektion L 4 vor. Die bei ihm vorliegenden Schmerzen im Bereich des Stumpfes würden über das übliche Maß hinausgehen und wären somit nicht von den Tabellenwerten umschlossen. Eine kontinuierliche Schmerztherapie sei erforderlich. Außerdem würde er durch die extreme Belastung des rechten Beines häufig stürzen. Vor zehn Jahren sei es infolge eines Sturzes zu einem Sehnen- und Bänderriss am linken Arm gekommen. Noch heute würden Ausstrahlungsschmerzen ins linke Schultergelenk auftreten. Eine erhebliche Bewegungseinschränkung bestehe.
Am 18.01.2010 stellte sich der Kläger bei dem H-Arzt Dr. M. in H. vor. Dort habe der Kläger laut Verlaufsbericht vom selben Datum mitgeteilt, dass er zwei Tage zuvor, am 16.01.2010, zu Hause auf die rechte Schulter gestürzt sei. Er sei in der Chirurgischen Klinik in H. erstbehandelt worden. Er führe den Sturz auf den Zustand nach Amputation zurück. Dr. M. äußerte den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenläsion.
Am 15.02.2010 stellte sich der Kläger in der Schultersprechstunde der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie bei Dr. S.-F. vor. In dem Bericht vom 16.02.2010 ist ausgeführt, der Kläger habe zum Unfallverlauf angegeben, es habe sich um einen Stolpersturz aufgrund seiner Prothese gehandelt. Er sei mit der Fußspitze hängen geblieben. Dabei habe er sich mit dem rechten Arm abfangen wollen und hierbei die rechte Schulter verdreht. Im MRT habe sich ein fraglich frischer Supraspinatussehnenriss bei mäßiggradiger Verfettung des Muskels sowie eine Einblutung mit Verdacht des Subscapularis gezeigt. Des Weiteren sei eine fragliche Labrumläsion erkennbar gewesen.
Am 29.03.2010 wurde der Kläger erneut bei Dr. S.-F. vorstellig. Laut Bericht vom 06.04.2010 lagen bei der Untersuchung klinisch reizlose Weichteilverhältnisse vor. Die passive Beweglichkeit im rechten Schultergelenk habe in Abduktion und Flexion je 60° betragen. Die Außen- und Innenrotation habe bei jeweils 40° gelegen (40/0/40°). Der Schürzen- und Nackengriff sei nicht ausführbar gewesen. Der Kläger habe eine Arthroskopie sowie krankengymnastische Übungen abgelehnt.
Die Bevollmächtigte des Klägers führte in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 11.05.2010 aus, die mehrfach beschriebenen Stürze seien auf die extreme Belastung, die das rechte Bein nicht mehr aushalte, zurückzuführen.
Die Beklagte veranlasste eine ambulante Untersuchung und Begutachtung durch den Ärztlichen Direktor der B.-Unfallklinik in L. Prof. Dr. G ... Die Untersuchung fand am 25.08.2010 statt. Prof. Dr. G. führte in seinem Gutachten vom 01.09.2010 aus, der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, er sei mit der Fußspitze hängen geblieben. Dabei habe er sich mit dem rechten Arm abfangen wollen und sich dabei die rechte Schulter verdreht. Bei der Untersuchung angefertigte Röntgenaufnahmen der rechten Schulter hätten einen allenfalls geringen Humeruskopfhochstand gezeigt. Der proximale Oberarmknochen sei normal geformt, die Gelenkfläche scharf begrenzt. Das korrespondierende Glenoid sei in der Gelenkfläche etwas unruhig und weise eine subchondrale vermehrte Sklerosierung auf. Im Bereich des Schultereckgelenks und auch am Tuberculum majus und im proximalen Schaftbereich hätten sich knöcherne exostosenartige Ausziehungen an mehreren Stellen gezeigt. Ebenfalls seien solche kleine Ausziehungen im Bereich des caudalen Glenoids erkennbar gewesen. Randständig sei zu erkennen, dass die Schulter eine geringe Subluxationsstellung des Humeruskopfes nach ventral aufweise. Eine funktionelle Untersuchung der unteren Extremitäten ergab im Bereich der rechten Hüfte eine geringe Einschränkung des Anführens im Seitenvergleich. Im Bereich des rechten Kniegelenks habe sich eine deutliche Bewegungseinschränkung mit 20° Streckdefizit und 40° Beugedefizit gezeigt. Am rechten Oberschenkel habe eine Umfangsverminderung von 4,5 cm und am rechten Kniegelenk eine Umfangsmehrung von 2 cm vorgelegen. Eine medizinische Aussage über die Einordnung der Gesundheitsstörungen in den Bereichen der Lendenwirbelsäule, Hüft- und Kniegelenke sowie der Schulterluxation als Unfallfolgen traf der Gutachter nicht. Er stellte lediglich fest, dass als Folge des Unfalls im Bereich des rechten Beines ein Zustand nach Unterschenkelamputation in Schaftmitte mit bis auf eine oberflächliche Druckstelle im Bereich des Tibiakopfes reizlosen Weichteilverhältnissen vorliege. Eine maßgebliche Verschlimmerung sei nicht eingetreten.
Nach Stellungnahme des beratenden Arztes der Beklagten (Name unleserlich) vom 11.04.2011 sei die Schulterluxation nicht als mittelbare Unfallfolge zu werten. Aus den Unterlagen gehe hervor, dass die Sturzproblematik auf unfallunabhängige Erkrankungen zurückzuführen sei. Selbst wenn der Sturz als mittelbare Unfallfolge zu werten sei, würden hieraus keine (weiteren) Unfallfolgen resultieren, weil laut Vorbefunden die Schulter bereits vorgeschädigt gewesen sei und degenerative Veränderungen vorgelegen hätten.
Mit Bescheid vom 14.04.2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rentenerhöhung ab. Des Weiteren lehnte sie die Anerkennung einer Schulterluxation rechts sowie eines depressiven Syndroms als mittelbare Unfallfolgen ab. Schließlich lehnte sie die Einleitung eines neuen Verwaltungsverfahrens gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich der Nichtanerkennung der Veränderungen an beiden Hüft- und Kniegelenken sowie der Wirbelsäule und der damit verbundenen Schmerzen ab. Die zugrunde liegenden Verhältnisse gegenüber dem Bescheid vom 10.04.1981 hätten sich nicht wesentlich geändert. Die Phantomschmerzen seien bereits in der MdE-Einschätzung von 50 v.H. enthalten. Dem Bericht des behandelnden Arztes Dr. G. sei zu entnehmen, dass Auslöser der Stürze die Wirbelsäule mit Einknicken im rechten Knie sei. Auch die Prozessbevollmächtigte führe die beschriebenen Stürze auf das Wegknicken des rechten Kniegelenks zurück. Womit die zahlreichen Stürze des Klägers zu erklären seien, könne nicht sicher beurteilt werden. Hier könne auch das fortgeschrittene Alter und die damit verbundene Unbeweglichkeit eine Rolle spielen. Im Übrigen müssten die Schäden am rechten Schultergelenk als vorbestehende degenerative Veränderungen angesehen werden. Auch der MRT-Befund der rechten Schulter vom 20.02.2010 beschreibe eine Sehnenruptur mit mäßig- bis hochgradiger Verfettung der entsprechenden Muskelbäuche. Ein depressives Syndrom, das über 60 Jahre nach dem Unfall erstmals auftrete, könne schon wegen der Zeitspanne nicht im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall stehen. Hinsichtlich der geltend gemachten Beschwerden und vermehrten Schmerzen im Bereich beider Hüft- und Kniegelenke sowie der Wirbelsäule würden keine neuen Ermittlungen eingeleitet. Der Bescheid vom 26.02.2002 sei gerichtlich bestätigt worden.
Der Kläger erhob hiergegen am 09.05.2011 Widerspruch. Er verfolge eine Rente nach einer MdE von mindestens 70 v.H.
Zur Widerspruchsbegründung legte der Kläger aktuelle Befundberichte des Radiologischen Zentrums W. vom 27.07.2011 und 01.08.2011 vor. Aus dem Bericht vom 27.07.2011 ergibt sich, dass sich gegenüber den Vergleichsaufnahmen von März 2010 ein Progress der ausgeprägten Degeneration mit jetzt tiefgreifender Rissbildung im Innenmeniskushinterhorn gezeigt hat.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 16.01.2012 vor dem SG Klage erhoben und zuletzt beantragt, unter Abänderung der zugrunde liegenden Bescheide die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente nach einer MdE von mindestens 60 v. H. zu gewähren. Das SG hat zunächst den behandelnden Arzt Dr. M. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Anschließend hat das Gericht den Orthopäden Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens aufgrund einer ambulanten Untersuchung beauftragt, die am 21.03.2013 stattgefunden hat. Schließlich hat das SG ein weiteres Gutachten auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers nach einer ambulanten Untersuchung am 25.09.2013 bei Dr. M. eingeholt.
Dr. P. hat im Gutachten vom 04.04.2013 einen Zusammenhang zwischen der Gonarthrose am rechten Knie mit Retropatellararthrose und dem unfallbedingten Tragen der Prothese bejaht. Er hat darauf verwiesen, dass die degenerativen Veränderungen am rechten Knie, im Gegensatz zu denen des linken Knies, das altersentsprechend zu erwartende Maß deutlich überschreiten würden. Aufgrund der dadurch bedingten nicht physiologischen Belastung sei es zu einer Fehlbildung an den das rechte Kniegelenk bildenden Strukturen gekommen, die wiederum das Fortschreiten der arthrotischen Veränderungen begünstigt hätten. Einen Ursachenzusammenhang mit den Gesundheitsstörungen an Wirbelsäule und Hüfte hat der Sachverständige dagegen verneint. Die bei dem Kläger seit einigen Jahren bestehende Gang- und Standunsicherheit sei zu einem überwiegenden Teil nicht den Amputationsfolgen, sondern seinem Übergewicht in Verbindung mit den unfallunabhängigen Erkrankungen an Hüfte und Lendenwirbelsäule zuzuschreiben. Auf jeden Fall seien die Beschwerden nach dem Sturz am 16.01.2010 spätestens nach einem halben Jahr ausgeheilt. Die über diesen Zeitpunkt hinweg bestehenden Einschränkungen und Schmerzen der rechten Schulter seien auf degenerative und chronisch-entzündliche Prozesse zurückzuführen. Eine Erhöhung der MdE sei nicht anzunehmen.
Der Sachverständige Dr. M. hat im Gutachten vom 09.11.2013 in Übereinstimmung mit Dr. P. eine Achsfehlstellung des rechten Kniegelenks und in Folge dessen eine verstärkte Gonarthrose als mittelbare Unfallfolge angesehen. Er hat einen Zusammenhang der Erkrankungen an Hüfte und linkem Knie ausgeschlossen. Die bei dem Kläger vorliegende rechts-konvexe Skoliose mit erheblichen spondylophytären Ausziehungen sei ebenfalls auf den Unfall zurückzuführen. Insgesamt bewerte er die MdE mit 60 v. H.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 01.04.2014 abgewiesen. Die beiden Sachverständigen seien sich darin einig gewesen, dass über die bislang als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen im Bereich des rechten Fußes/Unterschenkels hinaus Unfallfolgen im Bereich des rechten Kniegelenks festzustellen seien. Altersuntypische seitenungleiche Veränderungen an der Wirbelsäule im Sinne einer Spätfolge einer unfallbedingten Fehlbelastung seien nicht auszuschließen, aber angesichts der Uneinigkeit der Sachverständigen in der Interpretation der Befunde nicht positiv festgestellt. Dr. P. habe ausführlich dargelegt, eine klinisch-manifeste Skoliosierung der Lendenwirbelsäule werde zu keinem Zeitpunkt von den Vorgutachtern beschrieben, und die Röntgenaufnahmen hätten lediglich alterstypische degenerative Veränderungen im gesamten Bereich des Bewegungsapparates gezeigt. Wie Dr. P. zutreffend zitiere, bedinge der Verlust des Unterschenkels im Kniegelenk regelmäßig eine MdE von 50. Erst bei zusätzlicher Versteifung des Knies sei in der Regel eine MdE von 60 v. H. anzusetzen. Häufig und schlecht heilende Geschwürsbildungen am Unterschenkelstumpf und Minderung der arteriellen Durchblutung seien bereits durch die Erhöhung gemäß Bescheid vom 10.04.1981 hinreichend berücksichtigt.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.04.2014 zugestellte Urteil hat dieser am 22.05.2014 bei dem LSG Berufung eingelegt. Er verfolgt seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter und macht im Wesentlichen geltend, das SG habe die Pflicht zur medizinischen Sachaufklärung verletzt. Es hätte die Widersprüche in den beiden Gutachten aufklären müssen. Die gerichtliche Auffassung widerspreche dem Zweck des § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Würde man die Beweisregeln wie das SG anlegen, könnte ein nach § 109 SGG eingeholtes Gutachten nie zum Erfolg führen. In der Sache sei zu berücksichtigen, dass seine medizinische Versorgung nach dem Unfall jahrelang unzureichend gewesen sei. Die zur Verfügung gestellten Prothesen seien häufig nicht passgenau gewesen. Die Weichteildeckung am Unterschenkelstumpf sei schlecht. Es würden häufig Hautulcera auftreten. Des Weiteren bestehe eine Minderbelastbarkeit des rechten Beines mit erheblicher Muskelathrophie. Aus diesen Gründen versuche der Kläger, das rechte Bein zu schonen. Aktuell sei er wegen seiner chronischen Schmerzen an Knien und Hüftgelenken mehrfach wöchentlich in ärztlicher Behandlung. Unter Hinweis auf eine ergänzende außergerichtlich eingeholte Stellungnahme des Sachverständigen Dr. M. führt er aus, die degenerativen Schädigungen im Bereich beider Schultergelenke würden sich durch die jahrelange außergewöhnliche Belastung durch den Gebrauch der Unterarmgehstützen erklären. Bei ihm liege eine sogenannte "Krückengangschulter" vor. Voraussetzung für die Anerkennung von Rotatorenmanschettenschäden bei Amputationsverletzung sei ein mindestens fünfjähriger Gebrauch von Unterarmgehstützen bei ständiger Unmöglichkeit, ein Kunstbein zu tragen. Er sei sehr unsicher und wackelig beim Laufen. Deswegen bestehe bei ihm eine ausgeprägte Sturzgefahr. Im April 2014 habe er sich eine Orbitefraktur rechts und subdurale Hämatome zugezogen. Im Juni 2014 habe er eine Schädelprellung mit multiplen Schürfwunden erlitten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 1. April 2014 und den Bescheid vom 14. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 2. August 1946 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. an.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage bei Dr. P. unter Vorlage des Gutachtens des Dr. M. eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme vom 29.04.2015 verwiesen. Hierzu hat der Kläger eine ergänzende Stellungnahme von Dr. M. vom 09.07.2015 vorgelegt. Auch hierauf wird verwiesen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig gemäß §§ 143, 144 SGG. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Neufestsetzung seiner Verletztenrente. Die Folgen des Versicherungsfalls vom 02.08.1946 haben sich nicht in einem Umfang verschlimmert, dass eine höhere MdE als die bewilligte von 50 v. H. gerechtfertigt wäre.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhobene Klage ist gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG statthaft.
Anzuwenden sind im vorliegenden Fall gemäß § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) grundsätzlich die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung, da sich das zu beurteilende Ereignis vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 ereignet hat und die Leistungen bereits zuvor erstmals festgesetzt wurden (§ 214 Abs. 3 Satz 1 SGB VII). Demgegenüber findet § 73 SGB VII im vorliegenden Fall nach § 214 Abs. 3 Satz 2 SGB VII Anwendung.
§ 73 Abs. 1 VII, der an eine Änderung der Voraussetzungen für die Höhe einer Rente aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen anknüpft, regelt nur den Zeitpunkt des Rentenbeginns. Die Voraussetzungen für eine maßgebliche Änderung ergeben sich aus § 48 SGB X (vgl. Ricke in: Kasseler Kommentar, SGB VII, Stand September 2015, § 73 Rn. 2): Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt.
Gegenstand der Prüfung ist hierbei allein die Frage, ob eine in den für die Feststellung der Rente maßgebenden Verhältnissen, welche dem letzten die Rentenhöhe bindend feststellenden Bescheid vom 10.04.1981 zugrunde gelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nicht streitgegenständlich dagegen ist die Frage, ob die MdE im Bescheid vom 10.04.1981 in zutreffender Höhe festgesetzt worden ist.
Eine wesentliche Änderung liegt weder in den rechtlichen noch in den tatsächlichen Verhältnissen vor. Maßgeblich für eine solche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist eine wesentliche Leidensverschlimmerung oder das Hinzukommen neuer Leiden, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall stehen. Wesentlich ist die Änderung gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 SGB VII, wenn sich der Grad der MdE wegen der anerkannten oder neu anzuerkennenden Unfallfolgen um mehr als 5 v.H. ändert. Bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 73 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VII zudem länger als drei Monate andauern.
Der Kläger trägt Gesundheitsstörungen an den Knien, den Hüften, der Lendenwirbelsäule, den Schultern und im psychiatrisch-neurologischen Bereich vor.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein. Dies bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 (juris)). Dagegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung, sogenannte haftungsbegründende Kausalität, sowie zwischen der Einwirkung und der Erkrankung, sog. haftungsausfüllende Kausalität, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 2 U 5/10 R (juris)). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist dann anzunehmen, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG, Urteil vom 18.01.2011, aaO). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte ableitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen somit zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90).
Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese setzt zunächst die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne voraus. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen, die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R (juris)).
Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. Wesentlich ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R (juris)).
Im vorliegenden Fall ist nach Auswertung der medizinischen Unterlagen und Beweisergebnisse eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gegenüber den Feststellungen im Bescheid vom 10.04.1981 eingetreten, die jedoch nicht wesentlich ist.
Bei dem Kläger hat sich am rechten Knie eine lateral betonte Gonarthrose dritten Grades sowie eine ausgeprägte Retropatellararthrose nach einer Fehlentwicklung des rechten Kniegelenks entwickelt. Ein Unfallzusammenhang ist hierbei anzunehmen. Der Senat ist hierbei überzeugt, dass der Abriss des Fußes mit der damit verbundenen Notwendigkeit für den Kläger, eine Prothese zu tragen, die Entstehung der arthrotischen Veränderungen bedingt hat. Der Sachverständige Dr. P. hat hierbei nachvollziehbar dargelegt, dass es bei dem Kläger, der die Prothese auch in seiner Wachstumsphase tragen musste, zu einer Fehlbildung der Strukturen gekommen ist, die das Kniegelenk bilden. So hat er darauf hingewiesen, dass bereits im Jahr 1975 in einem Gutachten der Ärzte Prof. Dr. R. und Dr. Z. eine Verschmälerung und Deformierung des rechten Schienbeinkopfes bei mäßiger Seitenverschiebung nach außen gekommen ist. Ebenso vermerkten die gerichtlichen Sachverständigen Dres. G. und W. in einem nach Untersuchungen in den Jahren 1979 und 1980 erstatteten Gutachten für das LSG (L 10 Ub 1048/77) eine Dysplasie im rechten Kniegelenk. Auch Prof. Dr. C. hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass bei dem Kläger rechtsseitig eine Lateralisierung der Patella vorlag. Dr. P. hat diese Fehlentwicklung als präarthrotische Deformität eingeordnet, welche zur Entstehung der schwergradigen Arthrose in diesem Gelenk geführt hat. Für den Senat ist das Vorliegen einer nicht physiologischen Belastung des Knies nachvollziehbar, da das Skelettsystem des Klägers sich noch entwickeln musste, als er bereits eine Prothese trug und sich aus den vorliegenden Arztberichten und Gutachten ergibt, dass die Prothese häufig nicht optimal angepasst war. Der Gesundheitserstschaden ist auch wesentliche Ursache der Arthrose am rechten Kniegelenk. Dies ergibt sich aus den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. P., der aufgezeigt hat, dass die degenerativen Veränderungen am rechten Knie das altersentsprechend zu erwartende Ausmaß - anders als am linken Knie - erheblich überschreiten. Diese Einschätzung wird auch von dem Sachverständigen Dr. M. geteilt.
Die weiteren vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen sind jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 02.08.1946 zurückzuführen.
Bei dem Kläger liegt an der rechten Hüftseite eine Dysplasie-Arthrose zweiten Grades mit leichter Funktionseinschränkung und auf der linken Hüftseite ein Zustand nach Totalendoprothese ebenfalls mit leichter Funktionseinschränkung vor. Dr. P. hat bemerkt, dass eine Dysplasie beider Hüften mit begleitenden degenerativen Veränderungen, links mehr als rechts, bereits im Jahr 1975 (von Dr. P. irrtümlich mit 1995 angegeben) im Gutachten des Prof. Dr. C. (Blatt 65 VerwA) beschrieben wird. Diese Befundangaben werden bestätigt durch das im Jahr 1976 eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. S. im Verfahren vor dem SG (S 3 U 1444/75), der beginnende arthrotische Veränderungen in beiden Hüftgelenken festgestellt hat. Dr. P. hat außerdem ausgeführt, dass die Arthrose im weiteren Verlauf auf der linken Seite bei im Seitenvergleich links ausgeprägter Dysplasie fortgeschritten ist und diese Entwicklung dem natürlichen Ablauf bei derart fehlangelegten Gelenken entspricht. Bei der rechtlichen Bewertung hat der Senat nicht außer Acht gelassen, dass die Prothesenanpassung in der Wachstumsphase des Klägers nicht immer in den notwendigen Zeitabschnitten durchgeführt worden ist, der Kläger die Unterschenkelprothese nicht immer tragen konnte und ihm auch erst im Jahre 1964 eine Badprothese zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. bspw. Blatt 533 f. VerwA). Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. P., die auch nicht durch den weiteren Sachverständigen Dr. M. widerlegt wurden und des Umstandes, dass arthrotische Veränderungen in der Gesamtbevölkerung weit verbreitet sind, konnte der Senat keine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs erkennen.
Dass der Verlust des rechten Fußes durch den Arbeitsunfall vom 02.08.1946 zu den bei dem Kläger bestehenden Schädigungen an der Lendenwirbelsäule geführt haben, ist möglich, jedoch nach Einschätzung des Senats nicht hinreichend wahrscheinlich. Bei der Bewertung von Überlastungsschäden an der Wirbelsäule als Amputationsfolge ist zu berücksichtigen, dass diese in den Fällen eintreten können, in denen ein jahrelang getragenes wesentlich zu kurzes Kunstbein zum Einsatz kam. Des Weiteren kommen schlechte Stumpfverhältnisse als Ursache in Betracht. Entscheidend kann auch eine anlagebedingte Binde- und Stützgewebsschwäche sein, die mit veränderten statischen Verhältnissen schlechter zurechtkommt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 695). In allen diesen Fällen laufen die statischen Veränderungen überwiegend dergestalt ab, dass sich die Wirbelsäule im Lendenwirbelbereich zur amputierten Seite hin verbiegt, während sich im Bereich der Brustwirbelsäule Ausgleichsverbiegungen zur anderen Seite hin finden. Diese ausgleichende Verbiegung der Wirbelsäule, mit der der Körper versucht, einen Beckenschiefstand zu kompensieren, kann mit der Zeit durch Fixation in eine echte Skoliose übergehen, die wiederum spondylotische Degenerationen an Bandscheiben und Wirbeln hervorrufen kann (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.).
Dr. P. hat in seinem Gutachten zutreffend darauf hingewiesen, dass eine klinisch manifeste Skoliosierung der Lendenwirbelsäule bis zum Jahre 2002 nicht bestanden hat. So zeigten die im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. C. angefertigten Röntgenaufnahmen vom 11.02.2002 keine Asymmetrien im Sinne einer einseitigen Fehlbelastung. Bei der Betrachtung der Lendenwirbelsäule während der klinischen Untersuchung durch Prof. Dr. C. konnte der damalige Sachverständige keine Abweichung vom Lot feststellen. Prof. Dr. F. beobachtete bei seiner klinischen Untersuchung im Juli 2002 bei dem Barfußgang des Klägers mit angelegter Prothese einen Rumpfüberhang nach links (somit nicht zur amputierten Seite hin). Das klinische Bild wurde vom Röntgenbefund bestätigt (Blatt 545 VerwA). Offen bleiben kann demnach, ob sich bei dem Kläger im Jahre 2013 (Gutachten Dres. P. und M.) eine fixierte Verbiegung der Lendenwirbelsäule vorgefunden hat. Denn es ist für den Senat nicht hinreichend wahrscheinlich, dass eine möglicherweise vorgelegene Verbiegung zu einer Fixation der Wirbelsäule nach dem Jahr 2002 geführt hat. Der Kläger hat nämlich bereits bei seiner Untersuchung durch Prof. Dr. C. angegeben, selbst eine Wegstrecke von 150 m sei für ihn schwer zu bewältigen. Es ist somit davon auszugehen, dass der Kläger seinen Gehumfang zu jener Zeit bereits erheblich eingeschränkt hatte. Im Übrigen hat Dr. P. überzeugend darauf hingewiesen, dass Dr. M. in seinem Gutachten zwar eine Skoliosierung der Brustwirbelsäule angibt, jedoch keine Seitenrichtung angegeben hat. Zudem bestehen bei dem Kläger im Bereich der Halswirbelsäule vergleichbare degenerative Veränderungen, und an seinen Fingergelenken liegt eine Arthrose vor. Das Vorliegen degenerativer Erkrankungen auch an den übrigen Teilen des Bewegungsapparates, die nicht auf die Amputation und somit auf den Arbeitsunfall zurückführbar sind, spricht ebenfalls für eine anlagenbedingte Erkrankung.
Der Kläger beruft sich überdies auf hinzugetretene Erkrankungen an seiner Schulter, die teilweise auf einen seiner Ansicht nach unfallbedingten Sturz zurückzuführen, teilweise Folge seines jahrelangen Gebrauchs von Unterarmgehstützen sein sollen. Auch hinsichtlich dieser Erkrankungen ist ein Ursachenzusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht.
Der konkrete Ablauf des Sturzes sowie sämtliche Begleitumstände sind dem Gericht nicht bekannt. Das Gericht konnte den Kläger hierzu nicht persönlich befragen (vgl. Blatt 26 Gerichtsakte LSG). Den behandelnden Ärzten hat der Kläger teilweise angegeben, mit einem Fuß hängengeblieben und gestolpert zu sein (vgl. Blatt 1075 VerwA). Um welchen Fuß es sich dabei gehandelt haben soll, ist unklar. An anderer Stelle soll er mitgeteilt haben, aufgrund der Instabilität im rechten Bein "weggesackt" und zu Boden gefallen zu sein (Blatt 1111 VerwA, Blatt 20 Gerichtsakte SG). Der genaue Sturzvorgang kann aber im vorliegenden Fall offen bleiben. Der Kläger stürzte nach eigenen Angaben in den letzten Jahren mehrfach. Die auf den Unfall nachweisbar zurückzuführenden Erkrankungen sind gegenüber dem Zustand von 1981 - bis auf die hinzugetretenen arthrotischen Erkrankungen am rechten Knie - weitestgehend gleich geblieben. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger in seiner Gehfähigkeit bereits eingeschränkt. Die aktuell bestehende Gang- und Standunsicherheit, wie sie auch Dr. P. beschreibt, ist nach dessen schlüssiger Einschätzung überwiegend den weiteren Erkrankungen des Klägers an Hüfte und Lendenwirbelsäule sowie dessen Übergewicht und Alter zuzuschreiben. Dr. P. weist an dieser Stelle darauf hin, dass der Kläger auch nicht in der Lage ist, alleine aus sitzender Position aufzustehen. Selbst wenn der Sturz am 16.01.2010 ohne den Arbeitsunfall und dessen Folgen (Amputation, Gesundheitsstörungen am Knie) nicht eingetreten wäre, so ist in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. P. davon auszugehen, dass die Folgen des Sturzes spätestens ein halbes Jahr nach dem Ereignis ausgeheilt waren und die aktuellen Schmerzen und Beschwerden auf die bereits bei dem Sturz vorhanden gewesenen degenerativen und chronisch-entzündlichen Veränderungen zurückzuführen sind.
Diese degenerativen und chronisch-entzündlichen Erkrankungen, die Dr. P. in seinem Gutachten (Blatt 88 Gerichtsakte SG) beschreibt, sind ebenfalls nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 02.08.1946 zurückzuführen, wenn dies auch möglich erscheint. Nach langjähriger Gehstützenbenutzung können Überlastungsschäden vornehmlich im subakromialen und akromioklavikularen Gelenk (Rotatorenmanschettendefekt bis zur Rotatorendektarthropathie, Bursa, lange Bizepssehne) der Schulter entstehen, sogenannte "Krückengangschulter" (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 696). Nach medizinischen Erfahrungssätzen sind angesichts der Häufigkeit degenerativer Schulterbeschwerden die oben genannten Überlastungsbeschwerden als Folgen der Amputation anzuerkennen, sofern u.a. ein mindestens fünfjähriger Gehstützen- oder Rollstuhlgebrauch vorgelegen hat, ein doppelseitiger Befall gegeben ist, ein chronisch-persistierender, nichtepisodischer Verlauf besteht, keine Schulterbeschwerden bei Eintritt der Schädigung bestanden haben sowie röntgenologisch Sekundärschäden ebenso wie röntgenologische Zeichen der Rotatorendefektarthropathie nachgewiesen sind (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 697).
Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. F. im Juli 2002 stellte sich der Kläger mit einer Unterarmgehstütze rechts vor. Zu einer Untersuchung in der Orthopädischen Universitätsklinik H. im Dezember 2003 kam der Kläger sogar frei gehend zur Untersuchung (Blatt 657 VerwA). In einem weiteren für das SG von Prof. Dr. S. erstellten Gutachten im Verfahren S 3 U 2187/02 ist ausgeführt, der Kläger bewältige eine Gehstrecke von 100 - 150 m unter Zuhilfenahme eines Gehstockes. Prof. Dr. C., der den Kläger Anfang des Jahres 2002 untersuchte, stellte jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt an der linken Schulter des Klägers ein positives Impingement fest. Auch Prof. Dr. F. gab hierzu korrelierend in seinem Gutachten vom Kläger geäußerte Druckschmerzen am Supraspinatus-Sehnenansatz links an (Blatt 539 VerwA). Im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. ist ein rechtsseitiger Druckschmerz über dem Tuberculum majus angegeben. Ein hinreichend wahrscheinlicher Unfallzusammenhang der degenerativen Erkrankungen der Schulter lässt sich somit nicht begründen, da der Kläger bereits zu einem Zeitpunkt linksseitige Schulterbeschwerden hatte, als er zumindest die linke Unterarmgehstütze nicht durchgängig verwendete und sich außerdem dadurch ein doppelseitiger, etwa gleichlaufender Krankheitsverlauf nicht belegen lässt.
Im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragene Zunahme der Schmerzen im Stumpfbereich sowie der Phantomschmerzen konnte der Kläger keine wesentliche Veränderung der Verhältnisse gegenüber dem mit Bescheid vom 10.04.1981 zugrunde gelegten Zustand nachweisen. Denn bereits in dem Gutachten des Dr. G. vom 31.03.1980 führt dieser aus, der Kläger habe angegeben, dass seine Stumpfbeschwerden immer mehr zunehmen würden und diese Schmerzen für ihn fast nicht erträglich gewesen seien. Zudem führt der Kläger als Schmerzquellen auch die Erkrankungen an der Lendenwirbelsäule, der Hüfte und den Schultern auf, die entsprechend den oben gemachten Ausführungen nicht Unfallfolgen sind. Schließlich ergibt sich aus dem Befundbericht des behandelnden Facharztes Dr. G., dass zumindest im Jahre 2008 eine adäquate schmerztherapeutische Behandlung erfolgt sei.
Der Kläger erwähnte außerdem zu Beginn des Verfahrens das Vorliegen einer Depression, die nach seinem Dafürhalten auf den Schmerzzustand zurückzuführen sei. Im hierzu vorgelegten Befundbericht des Dr. G. ergibt sich jedoch, dass bei dem Kläger im Laufe der weiteren Behandlung eine Stimmungsaufhellung eingetreten sei, so dass er demzufolge auf eine psychopharmakotherapeutische Behandlung verzichtete. Weitere Ermittlungen zu einem Ursachenzusammenhang waren insoweit somit nicht erforderlich.
Soweit der Kläger im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens weitere Sturzereignisse angeführt hat, liegen keine Anhaltspunkte für hierdurch veranlasste länger andauernde Gesundheitsstörungen und somit für eine wesentliche Verschlimmerung vor. Amtsermittlungen waren somit diesbezüglich ebenfalls nicht angezeigt.
Änderungen im tatsächlichen Bereich haben sich folglich allein dadurch ergeben, als sich bei dem Kläger nun auch eine Gonarthrose und eine Retropatellararthrose im rechten Knie als Unfallfolgen eingetreten sind und diese bei der Bewertung der MdE Berücksichtigung zu finden haben. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Um das Vorliegen einer MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 2 U 5/10 R, (juris) Rn. 16 m.w.N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R, BSGE 93, 63). Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der Arbeitsunfall beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat. Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Bewertung der durch die Gesundheitsstörungen herbeigeführten Funktionseinschränkungen mit einer MdE über 50 v.H. nicht gerechtfertigt. Bei einem Verlust des Unterschenkels an typischer Stelle am Übergang vom mittleren zum unteren Drittel wird eine MdE von 40 v. H. angenommen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 692). In diesem Erfahrungswert ist bereits berücksichtigt, dass die Hautbeschaffenheit und Muskelkraft des durch die Amputation entstandenem neuen Endglieds nicht den erhöhten Anforderungen entspricht, die sich durch die neue physiologische Situation ergeben und regelmäßig Phantom- und Stumpfschmerzen entstehen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 689). Dr. P. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Situation des Klägers trotz seiner arthrotischen Veränderungen am Knie nicht mit der eines Geschädigten vergleichbar ist, bei dem eine Amputation des gesamten Unterschenkels zu einer Versteifung des Knies geführt hat und für den nach den einschlägigen Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 692) eine MdE von 60 v. H. angesetzt wird. Die Erhöhung bei einer zusätzlich eingetretenen Versteifung wird dabei damit begründet, dass in solchen Fällen Stumpf und Prothese beim Sitzen sehr hinderlich und die statischen Bedingungen für die Prothese ungünstig sind (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 692 Fn. 15 m. w. N.). Die funktionelle Prüfung durch den Sachverständigen Dr. P. ergab zwar im rechten Knie ein deutliches, jedoch bei weitem nicht aufgehobenes Streckdefizit. Die Werte für Streckung/Beugung betrugen rechts 0/15/90° und unterschieden sich insbesondere nicht deutlich von den Einschränkungen der - nicht zu berücksichtigenden - linken Seite mit 0/0/100°. Die Verschieblichkeit der rechten Kniescheibe war indes weitgehend aufgehoben. Zudem hat Dr. P. überzeugend darauf hingewiesen, dass die Wund- und Hautverhältnisse bei dem Kläger gegenüber dem 1981 zugrunde gelegten Zustand besser waren. Eine Prothesenunfähigkeit konnte der Sachverständige somit gerade nicht feststellen.
Aus diesen Gründen konnte keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen festgestellt werden.
Die Berufung war demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 02.08.1946 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von wenigstens 60 v.H. anstelle der bereits anerkannten 50 v.H.
Der 1937 geborene Kläger erlitt am 02.08.1946 als Schüler einen Arbeitsunfall, als er in einer Drescherei mit seinem rechten Fuß in das Becherwerk einer Drehmaschine geriet und dadurch der rechte Fuß oberhalb des Knöchels abriss. Infolge der Verletzung musste das untere Drittel des rechten Unterschenkels des Klägers amputiert werden. Seitdem trägt der Kläger eine Prothese.
Mit Bescheid vom 18.03.1947 erkannte die B. l. B., eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte), das Ereignis vom 02.08.1946 als Arbeitsunfall und als Folge des Unfalls den Verlust des rechten Fußes sowie einen Muskelschwund am rechten Unterschenkel an. Die Beklagte gewährte dem Kläger außerdem mit demselben Bescheid eine Rente nach einer MdE in vorläufiger Höhe von 60 v.H. und mit Bescheid vom 05.12.1947 nach einer MdE in Höhe von 50 v.H. Mit weiterem Bescheid vom 29.11.1948 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Dauerrente nach einer MdE von 40 v.H. Der Kläger habe sich an die Prothese gewöhnt. In einem Verfahren vor dem O. K. erklärte sich die Beklagte bereit, ab dem 01.01.1949 eine Dauerrente nach einer MdE von 50 v.H. zu gewähren. Im September 1955 fand eine Nachamputation mit Kürzung des Wadenbeines statt. Mit Bescheid vom 10.07.1956 kürzte die Beklagte erneut die Dauerrente ab 01.09.1956 auf eine MdE von 40 v.H.
Einen im April 1975 gestellten Antrag des Klägers auf Erhöhung seiner Verletztenrente wegen Stumpfbeschwerden, Beschwerden im rechten Kniegelenk, Rückenschmerzen und Überlastungsbeschwerden lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.1975 ab. Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Mannheim [SG] vom 30.03.1977, S 3 U 1444/75; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 19.08.1980, L 10 Ub 1048/77).
Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. P ... Dieser führte nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im September 1980 aus, die Beinmuskulatur des Klägers sei abgemagert gewesen. An mehreren Stellen hätten sich Hautschädigungen gezeigt, die den Stumpf prothesenunfähig machten. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers und der Berichte des Hausarztes seien die Hautschäden den größten Teil des Jahres vorhanden. Somit sei eine Verschlimmerung eingetreten. Mit Bescheid vom 10.04.1981 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen schlecht heilender Geschwürbildungen am rechten Unterschenkelstumpf mit Minderung der arteriellen Durchblutung eine Rente nach einer MdE von 50 v.H. dauerhaft für die Zeit ab 01.10.1980.
Am 29.10.2001 stellte der Kläger einen Antrag auf Erhöhung der Rente wegen Hüftgelenksbeschwerden und starken Phantomschmerzen. Die Beklagte beauftragte sodann den Oberarzt der Orthopädischen Universitätsklinik H. Prof. Dr. C. mit der Erstellung eines Gutachtens. Nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 11.02.2002 hat Prof. Dr. C. im Gutachten vom 12.02.2012 u.a. eine mäßiggradige, nicht aktivierte Hüftarthrose rechts, eine schwere Hüftarthrose links mit fortgeschrittenen Aktivierungszeichen sowie lumboischialgiforme Beschwerden aufgrund einer Protrusion festgestellt. Ein Zusammenhang zwischen den von der Lendenwirbelsäule ausgehenden Beschwerden mit den Folgen des Arbeitsunfalls wäre dann zu diskutieren, wenn aus der Unterschenkelamputation rechts eine asymmetrische Belastung der Lendenwirbelsäule resultieren würde. Die Lendenwirbelsäule des Klägers sei jedoch in beiden Betrachtungsebenen physiologisch ausgerichtet und zeige keine Hinweise für eine statisch bedingte Fehlbelastung. Bereits auf den Aufnahmen aus dem Jahr 1973 sei eine beginnende Verschleißerkrankung zu erkennen, die ihre Ursache vermutlich in einer Verknöcherungsstörung des Pfannendaches habe. Entsprechend dem oben Gesagten könne auch für die Hüftgelenke keine asymmetrische Belastung angenommen werden. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 26.02.2002 ab. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens legte der Kläger ein Gutachten des Ärztlichen Direktors der Fach- und Rehabilitationsklinik für Orthopädie und Rheumatologie Prof. Dr. F. vom 22.07.2002 vor. Nach einer ambulanten Untersuchung am selben Tag führte dieser aus, die Fehlstellung des Schienbeinkopfes rechts mit Absinken des innenseitigen Schienbeinkopfanteils sei wachstumsbedingt und erkläre sich zwangslos als Unfallfolge aufgrund einer prothesen- bzw. gangbildvermehrten innenseitigen Druckübernahme des Schienbeinkopfes des noch wachsenden kindlichen Skeletts. Die daraus resultierende Kniegelenksarthrose rechts sei somit als Unfallfolge anzuerkennen. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die von ihm geschilderten Beschwerden am linken Hüftgelenk und im Bereich der Lendenwirbelsäule seien unfallunabhängig und könnten demnach nicht eine Rentenerhöhung begründen. Auch hiergegen blieb die Klage des Klägers ohne Erfolg (Urteil des SG vom 16.02.2000, S 3 U 2187/02 und Urteil des LSG vom 29.11.2006, L 2 U 3005/06).
Einen weiteren Antrag auf Erhöhung seiner Unfallrente stellte der Kläger mit Schreiben vom 23.03.2009. Zur Begründung verwies er erneut auf die seiner Ansicht nach unfallbedingte Kniegelenksarthrose rechts sowie eine Hüftarthrose. Außerdem leide er unter seelischen Begleiterscheinungen in Form einer anhaltenden psychoreaktiven Störung, die eine Psychotherapie erfordere. Hierzu legte er einen Bericht des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. mit den Diagnosen depressives Syndrom und Wurzelaffektion L 4 vor. Die bei ihm vorliegenden Schmerzen im Bereich des Stumpfes würden über das übliche Maß hinausgehen und wären somit nicht von den Tabellenwerten umschlossen. Eine kontinuierliche Schmerztherapie sei erforderlich. Außerdem würde er durch die extreme Belastung des rechten Beines häufig stürzen. Vor zehn Jahren sei es infolge eines Sturzes zu einem Sehnen- und Bänderriss am linken Arm gekommen. Noch heute würden Ausstrahlungsschmerzen ins linke Schultergelenk auftreten. Eine erhebliche Bewegungseinschränkung bestehe.
Am 18.01.2010 stellte sich der Kläger bei dem H-Arzt Dr. M. in H. vor. Dort habe der Kläger laut Verlaufsbericht vom selben Datum mitgeteilt, dass er zwei Tage zuvor, am 16.01.2010, zu Hause auf die rechte Schulter gestürzt sei. Er sei in der Chirurgischen Klinik in H. erstbehandelt worden. Er führe den Sturz auf den Zustand nach Amputation zurück. Dr. M. äußerte den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenläsion.
Am 15.02.2010 stellte sich der Kläger in der Schultersprechstunde der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie bei Dr. S.-F. vor. In dem Bericht vom 16.02.2010 ist ausgeführt, der Kläger habe zum Unfallverlauf angegeben, es habe sich um einen Stolpersturz aufgrund seiner Prothese gehandelt. Er sei mit der Fußspitze hängen geblieben. Dabei habe er sich mit dem rechten Arm abfangen wollen und hierbei die rechte Schulter verdreht. Im MRT habe sich ein fraglich frischer Supraspinatussehnenriss bei mäßiggradiger Verfettung des Muskels sowie eine Einblutung mit Verdacht des Subscapularis gezeigt. Des Weiteren sei eine fragliche Labrumläsion erkennbar gewesen.
Am 29.03.2010 wurde der Kläger erneut bei Dr. S.-F. vorstellig. Laut Bericht vom 06.04.2010 lagen bei der Untersuchung klinisch reizlose Weichteilverhältnisse vor. Die passive Beweglichkeit im rechten Schultergelenk habe in Abduktion und Flexion je 60° betragen. Die Außen- und Innenrotation habe bei jeweils 40° gelegen (40/0/40°). Der Schürzen- und Nackengriff sei nicht ausführbar gewesen. Der Kläger habe eine Arthroskopie sowie krankengymnastische Übungen abgelehnt.
Die Bevollmächtigte des Klägers führte in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 11.05.2010 aus, die mehrfach beschriebenen Stürze seien auf die extreme Belastung, die das rechte Bein nicht mehr aushalte, zurückzuführen.
Die Beklagte veranlasste eine ambulante Untersuchung und Begutachtung durch den Ärztlichen Direktor der B.-Unfallklinik in L. Prof. Dr. G ... Die Untersuchung fand am 25.08.2010 statt. Prof. Dr. G. führte in seinem Gutachten vom 01.09.2010 aus, der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, er sei mit der Fußspitze hängen geblieben. Dabei habe er sich mit dem rechten Arm abfangen wollen und sich dabei die rechte Schulter verdreht. Bei der Untersuchung angefertigte Röntgenaufnahmen der rechten Schulter hätten einen allenfalls geringen Humeruskopfhochstand gezeigt. Der proximale Oberarmknochen sei normal geformt, die Gelenkfläche scharf begrenzt. Das korrespondierende Glenoid sei in der Gelenkfläche etwas unruhig und weise eine subchondrale vermehrte Sklerosierung auf. Im Bereich des Schultereckgelenks und auch am Tuberculum majus und im proximalen Schaftbereich hätten sich knöcherne exostosenartige Ausziehungen an mehreren Stellen gezeigt. Ebenfalls seien solche kleine Ausziehungen im Bereich des caudalen Glenoids erkennbar gewesen. Randständig sei zu erkennen, dass die Schulter eine geringe Subluxationsstellung des Humeruskopfes nach ventral aufweise. Eine funktionelle Untersuchung der unteren Extremitäten ergab im Bereich der rechten Hüfte eine geringe Einschränkung des Anführens im Seitenvergleich. Im Bereich des rechten Kniegelenks habe sich eine deutliche Bewegungseinschränkung mit 20° Streckdefizit und 40° Beugedefizit gezeigt. Am rechten Oberschenkel habe eine Umfangsverminderung von 4,5 cm und am rechten Kniegelenk eine Umfangsmehrung von 2 cm vorgelegen. Eine medizinische Aussage über die Einordnung der Gesundheitsstörungen in den Bereichen der Lendenwirbelsäule, Hüft- und Kniegelenke sowie der Schulterluxation als Unfallfolgen traf der Gutachter nicht. Er stellte lediglich fest, dass als Folge des Unfalls im Bereich des rechten Beines ein Zustand nach Unterschenkelamputation in Schaftmitte mit bis auf eine oberflächliche Druckstelle im Bereich des Tibiakopfes reizlosen Weichteilverhältnissen vorliege. Eine maßgebliche Verschlimmerung sei nicht eingetreten.
Nach Stellungnahme des beratenden Arztes der Beklagten (Name unleserlich) vom 11.04.2011 sei die Schulterluxation nicht als mittelbare Unfallfolge zu werten. Aus den Unterlagen gehe hervor, dass die Sturzproblematik auf unfallunabhängige Erkrankungen zurückzuführen sei. Selbst wenn der Sturz als mittelbare Unfallfolge zu werten sei, würden hieraus keine (weiteren) Unfallfolgen resultieren, weil laut Vorbefunden die Schulter bereits vorgeschädigt gewesen sei und degenerative Veränderungen vorgelegen hätten.
Mit Bescheid vom 14.04.2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rentenerhöhung ab. Des Weiteren lehnte sie die Anerkennung einer Schulterluxation rechts sowie eines depressiven Syndroms als mittelbare Unfallfolgen ab. Schließlich lehnte sie die Einleitung eines neuen Verwaltungsverfahrens gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich der Nichtanerkennung der Veränderungen an beiden Hüft- und Kniegelenken sowie der Wirbelsäule und der damit verbundenen Schmerzen ab. Die zugrunde liegenden Verhältnisse gegenüber dem Bescheid vom 10.04.1981 hätten sich nicht wesentlich geändert. Die Phantomschmerzen seien bereits in der MdE-Einschätzung von 50 v.H. enthalten. Dem Bericht des behandelnden Arztes Dr. G. sei zu entnehmen, dass Auslöser der Stürze die Wirbelsäule mit Einknicken im rechten Knie sei. Auch die Prozessbevollmächtigte führe die beschriebenen Stürze auf das Wegknicken des rechten Kniegelenks zurück. Womit die zahlreichen Stürze des Klägers zu erklären seien, könne nicht sicher beurteilt werden. Hier könne auch das fortgeschrittene Alter und die damit verbundene Unbeweglichkeit eine Rolle spielen. Im Übrigen müssten die Schäden am rechten Schultergelenk als vorbestehende degenerative Veränderungen angesehen werden. Auch der MRT-Befund der rechten Schulter vom 20.02.2010 beschreibe eine Sehnenruptur mit mäßig- bis hochgradiger Verfettung der entsprechenden Muskelbäuche. Ein depressives Syndrom, das über 60 Jahre nach dem Unfall erstmals auftrete, könne schon wegen der Zeitspanne nicht im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall stehen. Hinsichtlich der geltend gemachten Beschwerden und vermehrten Schmerzen im Bereich beider Hüft- und Kniegelenke sowie der Wirbelsäule würden keine neuen Ermittlungen eingeleitet. Der Bescheid vom 26.02.2002 sei gerichtlich bestätigt worden.
Der Kläger erhob hiergegen am 09.05.2011 Widerspruch. Er verfolge eine Rente nach einer MdE von mindestens 70 v.H.
Zur Widerspruchsbegründung legte der Kläger aktuelle Befundberichte des Radiologischen Zentrums W. vom 27.07.2011 und 01.08.2011 vor. Aus dem Bericht vom 27.07.2011 ergibt sich, dass sich gegenüber den Vergleichsaufnahmen von März 2010 ein Progress der ausgeprägten Degeneration mit jetzt tiefgreifender Rissbildung im Innenmeniskushinterhorn gezeigt hat.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 16.01.2012 vor dem SG Klage erhoben und zuletzt beantragt, unter Abänderung der zugrunde liegenden Bescheide die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente nach einer MdE von mindestens 60 v. H. zu gewähren. Das SG hat zunächst den behandelnden Arzt Dr. M. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Anschließend hat das Gericht den Orthopäden Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens aufgrund einer ambulanten Untersuchung beauftragt, die am 21.03.2013 stattgefunden hat. Schließlich hat das SG ein weiteres Gutachten auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers nach einer ambulanten Untersuchung am 25.09.2013 bei Dr. M. eingeholt.
Dr. P. hat im Gutachten vom 04.04.2013 einen Zusammenhang zwischen der Gonarthrose am rechten Knie mit Retropatellararthrose und dem unfallbedingten Tragen der Prothese bejaht. Er hat darauf verwiesen, dass die degenerativen Veränderungen am rechten Knie, im Gegensatz zu denen des linken Knies, das altersentsprechend zu erwartende Maß deutlich überschreiten würden. Aufgrund der dadurch bedingten nicht physiologischen Belastung sei es zu einer Fehlbildung an den das rechte Kniegelenk bildenden Strukturen gekommen, die wiederum das Fortschreiten der arthrotischen Veränderungen begünstigt hätten. Einen Ursachenzusammenhang mit den Gesundheitsstörungen an Wirbelsäule und Hüfte hat der Sachverständige dagegen verneint. Die bei dem Kläger seit einigen Jahren bestehende Gang- und Standunsicherheit sei zu einem überwiegenden Teil nicht den Amputationsfolgen, sondern seinem Übergewicht in Verbindung mit den unfallunabhängigen Erkrankungen an Hüfte und Lendenwirbelsäule zuzuschreiben. Auf jeden Fall seien die Beschwerden nach dem Sturz am 16.01.2010 spätestens nach einem halben Jahr ausgeheilt. Die über diesen Zeitpunkt hinweg bestehenden Einschränkungen und Schmerzen der rechten Schulter seien auf degenerative und chronisch-entzündliche Prozesse zurückzuführen. Eine Erhöhung der MdE sei nicht anzunehmen.
Der Sachverständige Dr. M. hat im Gutachten vom 09.11.2013 in Übereinstimmung mit Dr. P. eine Achsfehlstellung des rechten Kniegelenks und in Folge dessen eine verstärkte Gonarthrose als mittelbare Unfallfolge angesehen. Er hat einen Zusammenhang der Erkrankungen an Hüfte und linkem Knie ausgeschlossen. Die bei dem Kläger vorliegende rechts-konvexe Skoliose mit erheblichen spondylophytären Ausziehungen sei ebenfalls auf den Unfall zurückzuführen. Insgesamt bewerte er die MdE mit 60 v. H.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 01.04.2014 abgewiesen. Die beiden Sachverständigen seien sich darin einig gewesen, dass über die bislang als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen im Bereich des rechten Fußes/Unterschenkels hinaus Unfallfolgen im Bereich des rechten Kniegelenks festzustellen seien. Altersuntypische seitenungleiche Veränderungen an der Wirbelsäule im Sinne einer Spätfolge einer unfallbedingten Fehlbelastung seien nicht auszuschließen, aber angesichts der Uneinigkeit der Sachverständigen in der Interpretation der Befunde nicht positiv festgestellt. Dr. P. habe ausführlich dargelegt, eine klinisch-manifeste Skoliosierung der Lendenwirbelsäule werde zu keinem Zeitpunkt von den Vorgutachtern beschrieben, und die Röntgenaufnahmen hätten lediglich alterstypische degenerative Veränderungen im gesamten Bereich des Bewegungsapparates gezeigt. Wie Dr. P. zutreffend zitiere, bedinge der Verlust des Unterschenkels im Kniegelenk regelmäßig eine MdE von 50. Erst bei zusätzlicher Versteifung des Knies sei in der Regel eine MdE von 60 v. H. anzusetzen. Häufig und schlecht heilende Geschwürsbildungen am Unterschenkelstumpf und Minderung der arteriellen Durchblutung seien bereits durch die Erhöhung gemäß Bescheid vom 10.04.1981 hinreichend berücksichtigt.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.04.2014 zugestellte Urteil hat dieser am 22.05.2014 bei dem LSG Berufung eingelegt. Er verfolgt seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter und macht im Wesentlichen geltend, das SG habe die Pflicht zur medizinischen Sachaufklärung verletzt. Es hätte die Widersprüche in den beiden Gutachten aufklären müssen. Die gerichtliche Auffassung widerspreche dem Zweck des § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Würde man die Beweisregeln wie das SG anlegen, könnte ein nach § 109 SGG eingeholtes Gutachten nie zum Erfolg führen. In der Sache sei zu berücksichtigen, dass seine medizinische Versorgung nach dem Unfall jahrelang unzureichend gewesen sei. Die zur Verfügung gestellten Prothesen seien häufig nicht passgenau gewesen. Die Weichteildeckung am Unterschenkelstumpf sei schlecht. Es würden häufig Hautulcera auftreten. Des Weiteren bestehe eine Minderbelastbarkeit des rechten Beines mit erheblicher Muskelathrophie. Aus diesen Gründen versuche der Kläger, das rechte Bein zu schonen. Aktuell sei er wegen seiner chronischen Schmerzen an Knien und Hüftgelenken mehrfach wöchentlich in ärztlicher Behandlung. Unter Hinweis auf eine ergänzende außergerichtlich eingeholte Stellungnahme des Sachverständigen Dr. M. führt er aus, die degenerativen Schädigungen im Bereich beider Schultergelenke würden sich durch die jahrelange außergewöhnliche Belastung durch den Gebrauch der Unterarmgehstützen erklären. Bei ihm liege eine sogenannte "Krückengangschulter" vor. Voraussetzung für die Anerkennung von Rotatorenmanschettenschäden bei Amputationsverletzung sei ein mindestens fünfjähriger Gebrauch von Unterarmgehstützen bei ständiger Unmöglichkeit, ein Kunstbein zu tragen. Er sei sehr unsicher und wackelig beim Laufen. Deswegen bestehe bei ihm eine ausgeprägte Sturzgefahr. Im April 2014 habe er sich eine Orbitefraktur rechts und subdurale Hämatome zugezogen. Im Juni 2014 habe er eine Schädelprellung mit multiplen Schürfwunden erlitten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 1. April 2014 und den Bescheid vom 14. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 2. August 1946 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. an.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage bei Dr. P. unter Vorlage des Gutachtens des Dr. M. eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme vom 29.04.2015 verwiesen. Hierzu hat der Kläger eine ergänzende Stellungnahme von Dr. M. vom 09.07.2015 vorgelegt. Auch hierauf wird verwiesen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig gemäß §§ 143, 144 SGG. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Neufestsetzung seiner Verletztenrente. Die Folgen des Versicherungsfalls vom 02.08.1946 haben sich nicht in einem Umfang verschlimmert, dass eine höhere MdE als die bewilligte von 50 v. H. gerechtfertigt wäre.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhobene Klage ist gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG statthaft.
Anzuwenden sind im vorliegenden Fall gemäß § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) grundsätzlich die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung, da sich das zu beurteilende Ereignis vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 ereignet hat und die Leistungen bereits zuvor erstmals festgesetzt wurden (§ 214 Abs. 3 Satz 1 SGB VII). Demgegenüber findet § 73 SGB VII im vorliegenden Fall nach § 214 Abs. 3 Satz 2 SGB VII Anwendung.
§ 73 Abs. 1 VII, der an eine Änderung der Voraussetzungen für die Höhe einer Rente aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen anknüpft, regelt nur den Zeitpunkt des Rentenbeginns. Die Voraussetzungen für eine maßgebliche Änderung ergeben sich aus § 48 SGB X (vgl. Ricke in: Kasseler Kommentar, SGB VII, Stand September 2015, § 73 Rn. 2): Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt.
Gegenstand der Prüfung ist hierbei allein die Frage, ob eine in den für die Feststellung der Rente maßgebenden Verhältnissen, welche dem letzten die Rentenhöhe bindend feststellenden Bescheid vom 10.04.1981 zugrunde gelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nicht streitgegenständlich dagegen ist die Frage, ob die MdE im Bescheid vom 10.04.1981 in zutreffender Höhe festgesetzt worden ist.
Eine wesentliche Änderung liegt weder in den rechtlichen noch in den tatsächlichen Verhältnissen vor. Maßgeblich für eine solche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist eine wesentliche Leidensverschlimmerung oder das Hinzukommen neuer Leiden, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall stehen. Wesentlich ist die Änderung gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 SGB VII, wenn sich der Grad der MdE wegen der anerkannten oder neu anzuerkennenden Unfallfolgen um mehr als 5 v.H. ändert. Bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 73 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VII zudem länger als drei Monate andauern.
Der Kläger trägt Gesundheitsstörungen an den Knien, den Hüften, der Lendenwirbelsäule, den Schultern und im psychiatrisch-neurologischen Bereich vor.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein. Dies bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 (juris)). Dagegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung, sogenannte haftungsbegründende Kausalität, sowie zwischen der Einwirkung und der Erkrankung, sog. haftungsausfüllende Kausalität, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 2 U 5/10 R (juris)). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist dann anzunehmen, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG, Urteil vom 18.01.2011, aaO). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte ableitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen somit zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90).
Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese setzt zunächst die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne voraus. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen, die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R (juris)).
Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. Wesentlich ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R (juris)).
Im vorliegenden Fall ist nach Auswertung der medizinischen Unterlagen und Beweisergebnisse eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gegenüber den Feststellungen im Bescheid vom 10.04.1981 eingetreten, die jedoch nicht wesentlich ist.
Bei dem Kläger hat sich am rechten Knie eine lateral betonte Gonarthrose dritten Grades sowie eine ausgeprägte Retropatellararthrose nach einer Fehlentwicklung des rechten Kniegelenks entwickelt. Ein Unfallzusammenhang ist hierbei anzunehmen. Der Senat ist hierbei überzeugt, dass der Abriss des Fußes mit der damit verbundenen Notwendigkeit für den Kläger, eine Prothese zu tragen, die Entstehung der arthrotischen Veränderungen bedingt hat. Der Sachverständige Dr. P. hat hierbei nachvollziehbar dargelegt, dass es bei dem Kläger, der die Prothese auch in seiner Wachstumsphase tragen musste, zu einer Fehlbildung der Strukturen gekommen ist, die das Kniegelenk bilden. So hat er darauf hingewiesen, dass bereits im Jahr 1975 in einem Gutachten der Ärzte Prof. Dr. R. und Dr. Z. eine Verschmälerung und Deformierung des rechten Schienbeinkopfes bei mäßiger Seitenverschiebung nach außen gekommen ist. Ebenso vermerkten die gerichtlichen Sachverständigen Dres. G. und W. in einem nach Untersuchungen in den Jahren 1979 und 1980 erstatteten Gutachten für das LSG (L 10 Ub 1048/77) eine Dysplasie im rechten Kniegelenk. Auch Prof. Dr. C. hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass bei dem Kläger rechtsseitig eine Lateralisierung der Patella vorlag. Dr. P. hat diese Fehlentwicklung als präarthrotische Deformität eingeordnet, welche zur Entstehung der schwergradigen Arthrose in diesem Gelenk geführt hat. Für den Senat ist das Vorliegen einer nicht physiologischen Belastung des Knies nachvollziehbar, da das Skelettsystem des Klägers sich noch entwickeln musste, als er bereits eine Prothese trug und sich aus den vorliegenden Arztberichten und Gutachten ergibt, dass die Prothese häufig nicht optimal angepasst war. Der Gesundheitserstschaden ist auch wesentliche Ursache der Arthrose am rechten Kniegelenk. Dies ergibt sich aus den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. P., der aufgezeigt hat, dass die degenerativen Veränderungen am rechten Knie das altersentsprechend zu erwartende Ausmaß - anders als am linken Knie - erheblich überschreiten. Diese Einschätzung wird auch von dem Sachverständigen Dr. M. geteilt.
Die weiteren vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen sind jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 02.08.1946 zurückzuführen.
Bei dem Kläger liegt an der rechten Hüftseite eine Dysplasie-Arthrose zweiten Grades mit leichter Funktionseinschränkung und auf der linken Hüftseite ein Zustand nach Totalendoprothese ebenfalls mit leichter Funktionseinschränkung vor. Dr. P. hat bemerkt, dass eine Dysplasie beider Hüften mit begleitenden degenerativen Veränderungen, links mehr als rechts, bereits im Jahr 1975 (von Dr. P. irrtümlich mit 1995 angegeben) im Gutachten des Prof. Dr. C. (Blatt 65 VerwA) beschrieben wird. Diese Befundangaben werden bestätigt durch das im Jahr 1976 eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. S. im Verfahren vor dem SG (S 3 U 1444/75), der beginnende arthrotische Veränderungen in beiden Hüftgelenken festgestellt hat. Dr. P. hat außerdem ausgeführt, dass die Arthrose im weiteren Verlauf auf der linken Seite bei im Seitenvergleich links ausgeprägter Dysplasie fortgeschritten ist und diese Entwicklung dem natürlichen Ablauf bei derart fehlangelegten Gelenken entspricht. Bei der rechtlichen Bewertung hat der Senat nicht außer Acht gelassen, dass die Prothesenanpassung in der Wachstumsphase des Klägers nicht immer in den notwendigen Zeitabschnitten durchgeführt worden ist, der Kläger die Unterschenkelprothese nicht immer tragen konnte und ihm auch erst im Jahre 1964 eine Badprothese zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. bspw. Blatt 533 f. VerwA). Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. P., die auch nicht durch den weiteren Sachverständigen Dr. M. widerlegt wurden und des Umstandes, dass arthrotische Veränderungen in der Gesamtbevölkerung weit verbreitet sind, konnte der Senat keine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs erkennen.
Dass der Verlust des rechten Fußes durch den Arbeitsunfall vom 02.08.1946 zu den bei dem Kläger bestehenden Schädigungen an der Lendenwirbelsäule geführt haben, ist möglich, jedoch nach Einschätzung des Senats nicht hinreichend wahrscheinlich. Bei der Bewertung von Überlastungsschäden an der Wirbelsäule als Amputationsfolge ist zu berücksichtigen, dass diese in den Fällen eintreten können, in denen ein jahrelang getragenes wesentlich zu kurzes Kunstbein zum Einsatz kam. Des Weiteren kommen schlechte Stumpfverhältnisse als Ursache in Betracht. Entscheidend kann auch eine anlagebedingte Binde- und Stützgewebsschwäche sein, die mit veränderten statischen Verhältnissen schlechter zurechtkommt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 695). In allen diesen Fällen laufen die statischen Veränderungen überwiegend dergestalt ab, dass sich die Wirbelsäule im Lendenwirbelbereich zur amputierten Seite hin verbiegt, während sich im Bereich der Brustwirbelsäule Ausgleichsverbiegungen zur anderen Seite hin finden. Diese ausgleichende Verbiegung der Wirbelsäule, mit der der Körper versucht, einen Beckenschiefstand zu kompensieren, kann mit der Zeit durch Fixation in eine echte Skoliose übergehen, die wiederum spondylotische Degenerationen an Bandscheiben und Wirbeln hervorrufen kann (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.).
Dr. P. hat in seinem Gutachten zutreffend darauf hingewiesen, dass eine klinisch manifeste Skoliosierung der Lendenwirbelsäule bis zum Jahre 2002 nicht bestanden hat. So zeigten die im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. C. angefertigten Röntgenaufnahmen vom 11.02.2002 keine Asymmetrien im Sinne einer einseitigen Fehlbelastung. Bei der Betrachtung der Lendenwirbelsäule während der klinischen Untersuchung durch Prof. Dr. C. konnte der damalige Sachverständige keine Abweichung vom Lot feststellen. Prof. Dr. F. beobachtete bei seiner klinischen Untersuchung im Juli 2002 bei dem Barfußgang des Klägers mit angelegter Prothese einen Rumpfüberhang nach links (somit nicht zur amputierten Seite hin). Das klinische Bild wurde vom Röntgenbefund bestätigt (Blatt 545 VerwA). Offen bleiben kann demnach, ob sich bei dem Kläger im Jahre 2013 (Gutachten Dres. P. und M.) eine fixierte Verbiegung der Lendenwirbelsäule vorgefunden hat. Denn es ist für den Senat nicht hinreichend wahrscheinlich, dass eine möglicherweise vorgelegene Verbiegung zu einer Fixation der Wirbelsäule nach dem Jahr 2002 geführt hat. Der Kläger hat nämlich bereits bei seiner Untersuchung durch Prof. Dr. C. angegeben, selbst eine Wegstrecke von 150 m sei für ihn schwer zu bewältigen. Es ist somit davon auszugehen, dass der Kläger seinen Gehumfang zu jener Zeit bereits erheblich eingeschränkt hatte. Im Übrigen hat Dr. P. überzeugend darauf hingewiesen, dass Dr. M. in seinem Gutachten zwar eine Skoliosierung der Brustwirbelsäule angibt, jedoch keine Seitenrichtung angegeben hat. Zudem bestehen bei dem Kläger im Bereich der Halswirbelsäule vergleichbare degenerative Veränderungen, und an seinen Fingergelenken liegt eine Arthrose vor. Das Vorliegen degenerativer Erkrankungen auch an den übrigen Teilen des Bewegungsapparates, die nicht auf die Amputation und somit auf den Arbeitsunfall zurückführbar sind, spricht ebenfalls für eine anlagenbedingte Erkrankung.
Der Kläger beruft sich überdies auf hinzugetretene Erkrankungen an seiner Schulter, die teilweise auf einen seiner Ansicht nach unfallbedingten Sturz zurückzuführen, teilweise Folge seines jahrelangen Gebrauchs von Unterarmgehstützen sein sollen. Auch hinsichtlich dieser Erkrankungen ist ein Ursachenzusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht.
Der konkrete Ablauf des Sturzes sowie sämtliche Begleitumstände sind dem Gericht nicht bekannt. Das Gericht konnte den Kläger hierzu nicht persönlich befragen (vgl. Blatt 26 Gerichtsakte LSG). Den behandelnden Ärzten hat der Kläger teilweise angegeben, mit einem Fuß hängengeblieben und gestolpert zu sein (vgl. Blatt 1075 VerwA). Um welchen Fuß es sich dabei gehandelt haben soll, ist unklar. An anderer Stelle soll er mitgeteilt haben, aufgrund der Instabilität im rechten Bein "weggesackt" und zu Boden gefallen zu sein (Blatt 1111 VerwA, Blatt 20 Gerichtsakte SG). Der genaue Sturzvorgang kann aber im vorliegenden Fall offen bleiben. Der Kläger stürzte nach eigenen Angaben in den letzten Jahren mehrfach. Die auf den Unfall nachweisbar zurückzuführenden Erkrankungen sind gegenüber dem Zustand von 1981 - bis auf die hinzugetretenen arthrotischen Erkrankungen am rechten Knie - weitestgehend gleich geblieben. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger in seiner Gehfähigkeit bereits eingeschränkt. Die aktuell bestehende Gang- und Standunsicherheit, wie sie auch Dr. P. beschreibt, ist nach dessen schlüssiger Einschätzung überwiegend den weiteren Erkrankungen des Klägers an Hüfte und Lendenwirbelsäule sowie dessen Übergewicht und Alter zuzuschreiben. Dr. P. weist an dieser Stelle darauf hin, dass der Kläger auch nicht in der Lage ist, alleine aus sitzender Position aufzustehen. Selbst wenn der Sturz am 16.01.2010 ohne den Arbeitsunfall und dessen Folgen (Amputation, Gesundheitsstörungen am Knie) nicht eingetreten wäre, so ist in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. P. davon auszugehen, dass die Folgen des Sturzes spätestens ein halbes Jahr nach dem Ereignis ausgeheilt waren und die aktuellen Schmerzen und Beschwerden auf die bereits bei dem Sturz vorhanden gewesenen degenerativen und chronisch-entzündlichen Veränderungen zurückzuführen sind.
Diese degenerativen und chronisch-entzündlichen Erkrankungen, die Dr. P. in seinem Gutachten (Blatt 88 Gerichtsakte SG) beschreibt, sind ebenfalls nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 02.08.1946 zurückzuführen, wenn dies auch möglich erscheint. Nach langjähriger Gehstützenbenutzung können Überlastungsschäden vornehmlich im subakromialen und akromioklavikularen Gelenk (Rotatorenmanschettendefekt bis zur Rotatorendektarthropathie, Bursa, lange Bizepssehne) der Schulter entstehen, sogenannte "Krückengangschulter" (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 696). Nach medizinischen Erfahrungssätzen sind angesichts der Häufigkeit degenerativer Schulterbeschwerden die oben genannten Überlastungsbeschwerden als Folgen der Amputation anzuerkennen, sofern u.a. ein mindestens fünfjähriger Gehstützen- oder Rollstuhlgebrauch vorgelegen hat, ein doppelseitiger Befall gegeben ist, ein chronisch-persistierender, nichtepisodischer Verlauf besteht, keine Schulterbeschwerden bei Eintritt der Schädigung bestanden haben sowie röntgenologisch Sekundärschäden ebenso wie röntgenologische Zeichen der Rotatorendefektarthropathie nachgewiesen sind (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 697).
Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. F. im Juli 2002 stellte sich der Kläger mit einer Unterarmgehstütze rechts vor. Zu einer Untersuchung in der Orthopädischen Universitätsklinik H. im Dezember 2003 kam der Kläger sogar frei gehend zur Untersuchung (Blatt 657 VerwA). In einem weiteren für das SG von Prof. Dr. S. erstellten Gutachten im Verfahren S 3 U 2187/02 ist ausgeführt, der Kläger bewältige eine Gehstrecke von 100 - 150 m unter Zuhilfenahme eines Gehstockes. Prof. Dr. C., der den Kläger Anfang des Jahres 2002 untersuchte, stellte jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt an der linken Schulter des Klägers ein positives Impingement fest. Auch Prof. Dr. F. gab hierzu korrelierend in seinem Gutachten vom Kläger geäußerte Druckschmerzen am Supraspinatus-Sehnenansatz links an (Blatt 539 VerwA). Im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. ist ein rechtsseitiger Druckschmerz über dem Tuberculum majus angegeben. Ein hinreichend wahrscheinlicher Unfallzusammenhang der degenerativen Erkrankungen der Schulter lässt sich somit nicht begründen, da der Kläger bereits zu einem Zeitpunkt linksseitige Schulterbeschwerden hatte, als er zumindest die linke Unterarmgehstütze nicht durchgängig verwendete und sich außerdem dadurch ein doppelseitiger, etwa gleichlaufender Krankheitsverlauf nicht belegen lässt.
Im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragene Zunahme der Schmerzen im Stumpfbereich sowie der Phantomschmerzen konnte der Kläger keine wesentliche Veränderung der Verhältnisse gegenüber dem mit Bescheid vom 10.04.1981 zugrunde gelegten Zustand nachweisen. Denn bereits in dem Gutachten des Dr. G. vom 31.03.1980 führt dieser aus, der Kläger habe angegeben, dass seine Stumpfbeschwerden immer mehr zunehmen würden und diese Schmerzen für ihn fast nicht erträglich gewesen seien. Zudem führt der Kläger als Schmerzquellen auch die Erkrankungen an der Lendenwirbelsäule, der Hüfte und den Schultern auf, die entsprechend den oben gemachten Ausführungen nicht Unfallfolgen sind. Schließlich ergibt sich aus dem Befundbericht des behandelnden Facharztes Dr. G., dass zumindest im Jahre 2008 eine adäquate schmerztherapeutische Behandlung erfolgt sei.
Der Kläger erwähnte außerdem zu Beginn des Verfahrens das Vorliegen einer Depression, die nach seinem Dafürhalten auf den Schmerzzustand zurückzuführen sei. Im hierzu vorgelegten Befundbericht des Dr. G. ergibt sich jedoch, dass bei dem Kläger im Laufe der weiteren Behandlung eine Stimmungsaufhellung eingetreten sei, so dass er demzufolge auf eine psychopharmakotherapeutische Behandlung verzichtete. Weitere Ermittlungen zu einem Ursachenzusammenhang waren insoweit somit nicht erforderlich.
Soweit der Kläger im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens weitere Sturzereignisse angeführt hat, liegen keine Anhaltspunkte für hierdurch veranlasste länger andauernde Gesundheitsstörungen und somit für eine wesentliche Verschlimmerung vor. Amtsermittlungen waren somit diesbezüglich ebenfalls nicht angezeigt.
Änderungen im tatsächlichen Bereich haben sich folglich allein dadurch ergeben, als sich bei dem Kläger nun auch eine Gonarthrose und eine Retropatellararthrose im rechten Knie als Unfallfolgen eingetreten sind und diese bei der Bewertung der MdE Berücksichtigung zu finden haben. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Um das Vorliegen einer MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 2 U 5/10 R, (juris) Rn. 16 m.w.N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R, BSGE 93, 63). Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der Arbeitsunfall beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat. Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Bewertung der durch die Gesundheitsstörungen herbeigeführten Funktionseinschränkungen mit einer MdE über 50 v.H. nicht gerechtfertigt. Bei einem Verlust des Unterschenkels an typischer Stelle am Übergang vom mittleren zum unteren Drittel wird eine MdE von 40 v. H. angenommen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 692). In diesem Erfahrungswert ist bereits berücksichtigt, dass die Hautbeschaffenheit und Muskelkraft des durch die Amputation entstandenem neuen Endglieds nicht den erhöhten Anforderungen entspricht, die sich durch die neue physiologische Situation ergeben und regelmäßig Phantom- und Stumpfschmerzen entstehen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 689). Dr. P. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Situation des Klägers trotz seiner arthrotischen Veränderungen am Knie nicht mit der eines Geschädigten vergleichbar ist, bei dem eine Amputation des gesamten Unterschenkels zu einer Versteifung des Knies geführt hat und für den nach den einschlägigen Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 692) eine MdE von 60 v. H. angesetzt wird. Die Erhöhung bei einer zusätzlich eingetretenen Versteifung wird dabei damit begründet, dass in solchen Fällen Stumpf und Prothese beim Sitzen sehr hinderlich und die statischen Bedingungen für die Prothese ungünstig sind (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 692 Fn. 15 m. w. N.). Die funktionelle Prüfung durch den Sachverständigen Dr. P. ergab zwar im rechten Knie ein deutliches, jedoch bei weitem nicht aufgehobenes Streckdefizit. Die Werte für Streckung/Beugung betrugen rechts 0/15/90° und unterschieden sich insbesondere nicht deutlich von den Einschränkungen der - nicht zu berücksichtigenden - linken Seite mit 0/0/100°. Die Verschieblichkeit der rechten Kniescheibe war indes weitgehend aufgehoben. Zudem hat Dr. P. überzeugend darauf hingewiesen, dass die Wund- und Hautverhältnisse bei dem Kläger gegenüber dem 1981 zugrunde gelegten Zustand besser waren. Eine Prothesenunfähigkeit konnte der Sachverständige somit gerade nicht feststellen.
Aus diesen Gründen konnte keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen festgestellt werden.
Die Berufung war demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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