Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 604/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 4313/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. September 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Aufhebung eines Verwaltungsaktes, mit dem ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt wurde.
Der Beklagte hatte bei der 1957 geborenen Klägerin wegen der Erkrankung der rechten Brust in Heilungsbewährung mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 den GdB mit 60 seit 1. Mai 2006 festgestellt. Dem ging ein stationärer Aufenthalt der Klägerin vom 3. bis 12. Mai 2006 in der Frauenklinik des Universitätsklinikums Tübingen voraus, wo ein invasiv duktales Mammakarzinom rechts diagnostiziert wurde. Es wurde im Stadium (T1c) pN1a M0 entfernt. Zur Durchführung einer Chemotherapie wurde eine Portimplantation in die große epifasziale Vene des linken Armes, die Vena cephalica, vorgenommen. Die Maßnahme wurde am 11. Juli 2006 komplikationslos durchgeführt. Postoperativ ergaben sich keine Auffälligkeiten.
Im Juni 2011 leitete der Beklagte ein Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin ein. Hierzu zog er einen Bericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. R. von Juli 2011 bei, wonach es bei der Klägerin bisher keinen Anhalt für ein Tumorrezidiv gegeben habe. Die Lokalsituation sei nach einer Rekonstruktion mit einer Lappenplastik über dem großen Rückenmuskel, dem Musculus latissimus dorsi, zufriedenstellend, jedoch funktionell nicht so gut gewesen. Die Klägerin habe immer wieder deutliche Beschwerden mit Bewegungseinschränkung und außerdem eine Lymphabflussstörung beklagt. Es sei eine manuelle Lymphdrainage durchgeführt worden. Außerdem sei die Klägerin trotz stützender Gespräche psychisch sehr schlecht mit der Erkrankung zurechtgekommen.
Auf der Grundlage der Stellungnahme des Versorgungsarztes H., wonach der Verlust der rechten Brust mit Folgeerscheinungen und die Lymphabflussstörung mit einem GdB von 30 zu bewerten seien, hörte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Februar 2012 dazu an, dass eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen insoweit eingetreten sei, dass die noch bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen nunmehr mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet seien.
Mit Bescheid vom 16. April 2012, der am Folgetag abgesandt wurde, hob der Beklagte die mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 getroffene Verwaltungsentscheidung ab 20. April 2012 auf, soweit ein höherer GdB als 30 festgestellt wurde. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2013 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 4. März 2013 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben.
Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von Dr. R. und der Fachärztin für Gynäkologie Dr. S. eingeholt.
Dr. R. hat im April 2013 ausgeführt, es bestehe ein Zustand nach invasiv duktalem Mammakarzinom rechts mit Mastektomie und Brustaufbau durch Musculus latissimus dorsi-Lappenplastik am rechten Arm sowie Radiochemotherapie. Derzeit gebe es in der Nachsorge keinen Anhalt für ein Rezidiv des Mammakarzinoms. Das kosmetische Ergebnis bei Musculus latissimus dorsi-Aufbauplastik sei nur unbefriedigend. Des Weiteren bestehe eine Adipositas. Das zuletzt dokumentierte Gewicht sei mit 122,5 kg festgestellt worden. Die Klägerin sei 164 cm groß. Es bestehe, neben einem mit Bisoprolol und einem Thiaziddiuretikum medikamentös eingestellten Hypertonus, ein Lymphödem nach Ablatio mammae, in der Osteodensiometrie ein grenzwertiger Knochendichtewert im Sinne einer Osteopenie, ein Zustand nach Radiojodtherapie mit einer Hyperthyreose, also einer Schilddrüsenüberfunktion, und rezidivierende Zeichen einer psychovegetativen Erschöpfung. Zuletzt sei die Klägerin wegen Kniegelenksbeschwerden zu einem Chirurgen überwiesen worden. Die Bewertung des Gesamt-GdB mit 30 sei zu niedrig, da entweder die anderen Krankheiten neben der Karzinomerkrankung nicht berücksichtigt worden seien oder das schlechte kosmetische Ergebnis nicht beachtet worden sei.
Dr. S. hat im November 2013 angegeben, die gynäkologische Praxis von Dr. K. übernommen zu haben. Deswegen habe sie die Klägerin am 5. August 2013 erstmals untersucht. Bei Dr. K. sei sie zuletzt im August 2012 gewesen. Bei der Routineuntersuchung im August 2013 sei nichts aufgefallen.
Das SG hat vom Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Kreiskrankenhauses Sigmaringen, Dr. Sch., ein Gutachten eingeholt. Nach einer Untersuchung der Klägerin am 11. Februar 2014 hat dieser ausgeführt, bei ihr bestünden nach der operativen Therapie eines Mammakarzinoms im Jahre 2006 noch eine Schwellneigung des rechten Armes mit Kraftminderung und funktioneller Störung des Armes, ein diskretes Lymphödem rechts mit Parästhesien, funktionelle Beschwerden im Narbenbereich der rechten Thoraxwand und der Rückennarbe, Funktionseinschränkungen im Sinne einer verminderten Leistungsfähigkeit und schnelleren Ermüdbarkeit in Form eines Fatigue-Syndroms, eine Adipositas per magna sowie eine arterielle Hypertonie. Insgesamt schätze er den GdB mit 30 ein.
Das SG hat, auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weiterhin ein Gutachten bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. H. in Auftrag gegeben. Nach einer ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 26. August 2014 hat dieser ausgeführt, den GdB infolge des Mammakarzinoms mit funktionellen Einschränkungen des rechten Armes und einer Gewichtszunahme schätze er mit 30 ein. Die Funktionsbehinderung wegen der doch deutlichen degenerativen Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule sei mit einem GdB von 10 zu bewerten. Die mäßige Gonarthrose des linken Kniegelenkes mit Belastungsschmerzen habe ebenfalls einen GdB von 10 zur Folge. Den Gesamt-GdB schätze er daher mit 40 ein. Eine zeitliche Staffelung halte er nicht für sinnvoll, da es sich um dauerhafte, chronische Schädigungen handele. Im Januar 2015 hat er ergänzend ausgeführt, die Beweglichkeit des linken Kniegelenkes sei nicht eingeschränkt gewesen. Es habe sich auch keine Schwellung, Rötung oder ein Hinweis auf einen Kniegelenkserguss gezeigt. Das Gangbild habe keinen Hinweis für ein Schonhinken ergeben. Die getragenen Konfektionsschuhe seien seitengleich abgelaufen gewesen, ohne Hinweis für eine Fehlbelastung. Die Umfangmaße der unteren Extremität seien in etwa seitengleich, ohne eindeutige Hinweise für eine Muskelminderung gewesen. Die Einschätzung des GdB in Bezug auf die Funktionseinschränkungen des linken Kniegelenkes stütze sich erstens auf die Beschreibung der Klägerin, welche die Funktionsstörungen nicht als gravierend dargestellt habe und sich deshalb bislang nur einmal in chirurgisch-orthopädischer Behandlung bei Dr. Einsiedel befunden habe. Zweitens habe die klinische Untersuchung nur eine geringe Varusstellung ("O-Beine") und lediglich einen leichten Druckschmerz am inneren Gelenkspalt als Hinweis für degenerative Veränderungen gezeigt. Die Bandführung sei stabil gewesen, weshalb kein Hinweis für eine Kniegelenksinstabilität bestanden habe. Eine Schwellung oder Umfangsvermehrung habe als Hinweis für einen stärkeren Reizzustand im Kniegelenk nicht festgestellt werden können. Die Beweglichkeit sei im Seitenvergleich frei gewesen. Die radiologischen Veränderungen im Bereich des linken Knies seien als mäßige Gonarthrose einzuordnen. Unter Belastung habe sich eine gut hälftige Verschmälerung mit beginnenden osteophytären Ausziehungen als Hinweis für eine Arthrose ergeben. Zusammenfassend sei der Kniegelenksschaden links als mäßiggradige mediale Gonarthrose zu beschreiben. Eine Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes führe vorliegend nicht zu einer Erhöhung des GdB. Zu berücksichtigen sei, dass wegen des Verlustes der rechten Brust mit Lymphabflussstörung ein GdB von 30 angesetzt worden sei. Er selbst sei von einer endgradig schmerzhaften Bewegungseinschränkung des rechten Armes mit Narbenschmerzen und bekanntem Lymphödem ausgegangen. Bei der Messung nach der Neutral-0-Methode habe sich eine im Vergleich zu links um 15° verminderte Körperwärtsführung des gestreckten linken Armes gezeigt. Die Armauswärtsdrehung bei angelegtem Oberarm sei im Vergleich um 5° eingeschränkt gewesen, was allerdings im Rahmen der Messungenauigkeit liege. Würden die Umfangsmaße der beiden Arme betrachtet, sei zu seinem Untersuchungszeitpunkt keine Schwellung des Armes zu verzeichnen gewesen. Bis auf die Umfänge der Mittelhand und der Daumen seien am linken Arm entweder größere oder gleiche Umfangswerte festzustellen gewesen. Diese Funktionseinschränkung sei in dem angeführten GdB von 30 bereits berücksichtigt und rechtfertige keine höhere Bewertung. Zu einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule führe ein chronisches thorakolumbales Wirbelsäulensyndrom mit mäßiger Funktionseinschränkung ohne neurologische Ausfallserscheinung der unteren Extremität und leichter funktioneller Fehlhaltung der Wirbelsäule bei geringer muskulärer Dysbalance. Zudem resultierten Funktionsbehinderungen aus einem chronischen degenerativen zervikalen Wirbelsäulensyndrom mit leichter Funktionsminderung der Halswirbelsäule ohne radikuläre Ausfallserscheinungen der oberen Extremitäten. Die Einschätzung basiere vorwiegend auf den radiologisch festgestellten Veränderungen, insbesondere im Bereich der Brustwirbelsäule. In diesem Bereich komme wegen der anatomischen Situation des Brustkorbes eine Bewegungseinschränkung eher weniger zum Tragen. Eine verminderte Entfaltung der Wirbelsäule im unteren Abschnitt, die sich auch in einem Finger-Boden-Abstand von 15 cm wiederspiegele, sei nicht ungewöhnlich, sondern auch ohne degenerative Veränderungen der Wirbelsäule möglich. Wegen der Veränderungen in den drei Wirbelsäulenabschnitten sei ein GdB von 20 durchaus vertretbar. Da die Klägerin bei der gutachterlichen Untersuchung sehr offen und ehrlich gewesen sei, keinesfalls klagend aggravierend, führe dies zu einer eher niedrigen Bewertung der Funktionseinschränkung. Dies führe letzten Endes zu einer Höherbewertung des Gesamt-GdB auf 40, wohlweislich, dass Teil-GdB-Werte von 10 nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. September 2015 mit der Begründung abgewiesen, die mit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung vorgenommene Herabsetzung des GdB von 60 auf 30 werde den verbliebenen behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin in vollem Umfang gerecht.
Hiergegen hat die Klägerin am 14. Oktober 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Sie trägt im Wesentlichen vor, das SG habe die medizinischen Befunde, die nach dem Gutachten und den Arztauskünften vorlägen, nur unzureichend ausgewertet. Dr. K. habe bestätigt, dass sie seit der Brustoperation im Jahre 2006 unter einem Erschöpfungssyndrom und einer depressiven Verstimmung leide. Sie werde sich wieder in nervenärztliche Behandlung begeben. Es liege eine Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Armes durch rezidivierende Lymphödeme vor, was bislang nicht hinreichend beachtet worden sei. Sie sei wegen ihrer Adipositas und der Operation massiv psychisch und physisch gestört. Dr. R. habe im Herbst 2012 bestätigt, dass der Blutdruck zuletzt sehr instabil gewesen sei. Auch er gehe von einer psychischen Labilität aus. Bislang nur unzureichend berücksichtigt worden seien der Substanzverlust der Muskulatur und die dadurch bedingte Dysbalance im Bereich der Wirbelsäule nach der Brustoperation. Auch hierdurch komme es zu funktionellen Einschränkungen. Ohnehin würden sich die geschilderten Funktionsstörungen gegenseitig verstärken.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. September 2015 und den Bescheid des Beklagten vom 16. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen seien ab 20. April 2012 mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet.
Der Berichterstatter hat mit gerichtlichem Schreiben vom 4. November 2015 darauf hingewiesen, dass über das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entschieden wird. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, hierzu Stellung zu nehmen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichterinnen und -richter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Zudem ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1999 - B 13 RJ 25/99 R -, SozR 3-1500 § 153 Nr. 9, S. 27).
Die Berufung ist form- und nach § 151 Abs. 1 SGG auch fristgereicht eingelegt worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der von der Klägerin erhobenen (isolierten) Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2013 (vgl. BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 2/15 R -, juris, Rz. 13), da es sich bei der angefochtenen Verwaltungsentscheidung vom 16. April 2012 um keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 RVs 5/95 -, BSGE 79, 223 (225), wonach bei der isolierten Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich ist).
Grundlage für die vom Beklagten - nach Anhörung der Klägerin gemäß § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Schreiben vom 23. Februar 2012 - vorgenommene (teilweise) Aufhebung des Bescheides vom 24. März 2009 mit Wirkung ab 18. September 2010 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, das sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verbesserung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Verminderung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 beziehungsweise der Wegfall der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "G" folgt (vgl. BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12 zur Erhöhung des Gesamt-GdB). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt (teilweise) aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei der mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 getroffenen Feststellung des GdB mit 60 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Im Mai 2006 war im Stadium (T1c) pN1a M0 ein maligner Brustdrüsentumor entfernt worden. Der behandelnde Hausarzt der Klägerin, der sachverständige Zeuge Dr. R., hat, wie zuvor im Befundbericht von Juli 2011, noch im April 2013 berichtet, dass kein Anhalt für ein Rezidiv des Mammakarzinoms vorgelegen hat. Daher hat sich der GdB von 60 (VG, Teil B, Nr. 14.1) nach Ablauf der fünfjährigen Heilungsbewährung, während der grundsätzlich ein höherer GdB gerechtfertigt ist, als er sich aus den tatsächlich vorhandenen Funktionsstörungen ergibt (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 h), auf 30 reduziert, welcher die Funktionsstörungen der Klägerin ab Mitte April 2012 hinreichend abbildet.
Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung des GdB richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er-Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellten und fortentwickelten Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig ihrer Ursache, also final, bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regel-mäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10, 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob der Senat im Berufungsverfahren Teil-GdB-Werte in anderer Höhe für richtig erachtet als der Beklagte oder die Vorinstanz, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze begründen die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin ab 20. April 2012 keinen höheren Gesamt-GdB als 30, wie nach der teilweisen Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2006 durch die angefochtene Verwaltungsentscheidung noch festgestellt ist.
Das Funktionssystem "Geschlechtsapparat" (VG, Teil A, Nr. 2 e) ist mit keinem höheren Teil-GdB als 30 zu bewerten sein. Nach den VG, Teil B, Nr. 14.1 eröffnet die einseitige Aufbauplastik zur Wiederherstellung der Brust mit Prothese je nach Ergebnis (z. B. Kapselfibrose, Dislokation, Symmetrie) nach Mastektomie einen GdB-Rahmen von 10 bis 30. Funktionseinschränkungen im Schultergürtel, des Armes oder der Wirbelsäule als Operations- oder Bestrahlungsfolgen (z. B. Lymphödem, Muskeldefekte, Nervenläsionen, Fehlhaltung) sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen. Dr. R. hat zwar im April 2013 das kosmetische Ergebnis des Brustaufbaus mit einem Muskellappen ("Latissimus dorsi") allgemein als unbefriedigend beschrieben. Der Sachverständige Dr. Sch. hat bei seiner gutachterlichen Untersuchung im Februar 2014 demgegenüber konkret, bei etwas eingezogen erscheinender Narbe, einen gut eingeheilten Muskellappen festgestellt, wofür ein GdB von 10 angemessen ist. Ein GdB von 30 ist demnach erst erreicht, wenn noch die weiteren bei der Klägerin nachgewiesenen Funktionseinschränkungen zusätzlich berücksichtigt werden. Dr. Sch. hat bei seiner gutachterlichen Untersuchung Mitte Februar 2014 eine Schwellneigung des rechten Armes mit Kraftminderung und funktioneller Störung des Armes, ein diskretes Lymphödem rechts mit Parästhesien, funktionelle Beschwerden im Narbenbereich der rechten Thoraxwand und der Rückennarbe sowie Funktionseinschränkungen im Sinne einer verminderten Leistungsfähigkeit und schnelleren Ermüdbarkeit in Form eines Fatigue-Syndroms objektiviert. Der Sachverständige Dr. H. hat bei seiner gutachterlichen Untersuchung Ende August 2014 neben einer Schwellneigung des rechten Armes mit Kraftminderung und einem diskreten Lymphödem mit Parästhesien noch eine um 15° verminderte Körperwärtsführung des gestreckten linken Armes objektiviert. Für die Armauswärtsdrehung bei angelegtem Oberarm hat er nach der Neutral-0-Methode indes eine Einschränkung im Vergleich zur rechten Seite um nur 5° gemessen, also eine ohnehin zu vernachlässigende Funktionseinschränkung, die er selbst auf eine mögliche Messungenauigkeit zurückgeführt hat. Wegen der Lymphödeme hat zum Zeitpunkt seiner Untersuchung keine Schwellung vorgelegen.
Einen höheren GdB als 30 hat bei diesen nachgewiesenen behinderungsbedingten Funktionsstörungen, für den Senat nachvollziehbar, weder Dr. Sch. aus gynäkologischer Sicht, der insbesondere keine weitere Anhebung wegen der schnelleren Ermüdbarkeit und den auftretenden episodischen depressiven Stimmungsschwankungen vorgeschlagen hat, noch Dr. H. für das chirurgische Gebiet für gerechtfertigt erachtet. In Bezug auf die von der Klägerin angeführten "psychischen Auswirkungen", derentwegen sie noch nicht in nervenärztlicher Behandlung ist, sondern erst noch beabsichtigt, fachärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, liegen für den Senat keine Anhaltspunkte für damit einhergehende Funktionsbeeinträchtigungen vor, die in Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" zumindest einen Teil-GdB von 20 stützen, der vorliegend überhaupt geeignet wäre, den GdB zu erhöhen. Danach sind Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Insbesondere ist es der Klägerin weiterhin möglich, ihre berufliche Tätigkeit als Bankangestellte auszuüben. Diese macht ihr Spaß und ist ihr für das Selbstwertgefühl wichtig. Die Beschränkung auf halbtags ist bereits vor über vierzig Jahren erfolgt und hatte ihren Grund in der Geburt ihres Kindes, nicht in einer Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet. Dies entnimmt der Senat der Anamnese durch Dr. Sch., weshalb hierdurch keine weiteren Funktionsbehinderungen objektiviert sind, die geeignet wären, den GdB zu erhöhen.
Das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" bedingt allenfalls einen Teil-GdB von 10. Im Frühjahr 2013 ist die Hypertonie mit Bisoprolol und einem Thiaziddiuretikum medikamentös gut eingestellt gewesen, was der Senat der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S. R. entnimmt. Noch im August 2014 hat die Klägerin bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. H. angegeben, dass der Bluthochdruck medikamentös gut eingestellt ist und ihr aktuell keine Probleme bereitet. Unter Berücksichtigung der VG, Teil B, Nr. 9.3, wonach ein GdB-Rahmen von 20 bis 40 eröffnet ist, wenn eine mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung, vorliegt, ist daher insoweit kein höherer Teil-GdB als 10 begründbar.
Ohne zumindest mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ist unter Berücksichtigung der VG, Teil B, Nr. 18.9 für das Funktionssystem "Rumpf" ebenfalls kein höherer Teil-GdB als 10 gerechtfertigt. Danach haben Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 angemessen. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen. Nach der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. H. sind geringe funktionelle Auswirkungen für alle drei Bereiche der Wirbelsäule aufgrund von Wirbelsäulensyndromen nachgewiesen, worauf sich der von ihm angenommene GdB von 20 hingegen nicht stützen lässt. Demgegenüber wird ein GdB von 10 den behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen, zu denen begleitend weder radikuläre noch sonstige neurologischen Ausfallserscheinungen hinzutreten, hinreichend gerecht. Wegen der von Dr. H., gestützt auf den bei der klinischen Untersuchung festgestellten Finger-Boden-Abstand von 15 cm, angenommenen verminderten Entfaltung der Wirbelsäule, ist keine weitere Erhöhung des GdB möglich. Nach den VG, Teil A, Nr. 2 c setzen die GdB stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB zu berücksichtigen, auch wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten. Dr. H. hat insoweit nachvollziehbar ausgeführt, dass die von ihm festgestellte verminderte Entfaltung im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht ungewöhnlich, sondern auch ohne degenerative Veränderungen der Wirbelsäule möglich ist. Folglich liegt hierin kein pathologischer, sondern sich regelhaft entwickelter Zustand. Ein höherer Teil-GdB als 10 ist daher für das Funktionssystem "Rumpf" nicht begründbar.
Das Funktionssystem "Beine" hat, ob der mäßigen Gonarthrose im linken Kniegelenk, die ob der belastungsbedingt hälftigen Verschmälerung mit beginnenden osteophytären Ausziehungen nachgewiesen ist, und der freien Beweglichkeit des linken Kniegelenkes (VG, Teil B, Nr. 18.14), allenfalls den von Dr. H. angenommenen Teil-GdB von 10 zur Folge. Denn es hat sich weiter weder eine Schwellung oder Umfangsvermehrung noch ein sonstiger Hinweis auf einen Reizzustand im linken Kniegelenk gezeigt, der weitere Funktionsbehinderungen in diesem Bereich hätte erklären können. Dies steht in Einklang mit den Ergebnissen seiner klinischen Untersuchung, wonach das Gangbild keinen Hinweis für ein Schonhinken ergeben hat. Die getragenen Konfektionsschuhe sind seitengleich abgelaufen gewesen, ohne Hinweis für eine Fehlbelastung. Die Umfangmaße der unteren Extremität sind in etwa seitengleich gewesen, ohne einen eindeutigen Hinweis für eine Muskelminderung. Ferner ist die Bandführung stabil gewesen, weshalb auch kein Anhaltspunkt für eine Kniegelenksinstabilität bestanden hat.
Das Funktionssystem "innere Sekretion und Stoffwechsel" hat bei der Klägerin keinen GdB zur Folge. Dr. H. hat zwar eine Gewichtszunahme der Klägerin seit der Operation im Mai 2006 von 95 kg auf 121,5 kg zum Zeitpunkt seiner gutachterlichen Untersuchung, bei einer Größe von 1,69 m, beschrieben. Eine Adipositas per magna, wie sie bei der Klägerin von Dr. Sch. diagnostiziert worden ist, bedingt allein jedoch nach den VG, Teil B, Nr. 15.3 keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden, insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt danach selbst für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna. Insoweit ist von der Klägerin zwar die Vermutung geäußert worden, die Kniegelenke und auch die Wirbelsäule seien funktionell betroffen. Weder Dr. Sch. noch Dr. H. haben demgegenüber keine mit dieser Erkrankung verbundene Funktionsbehinderung objektiviert.
Sonst sind keine mit einem höheren GdB als 10 zu bewertende behinderungsbedingte Funktionseinschränkungen nachgewiesen, insbesondere nicht wegen der von Dr. S. R. im April 2013 angeführten Hyperthyreose. Angaben hierzu hat auch die Klägerin nicht gemacht.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist der Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Geschlechtsapparat" ab 20. April 2012 nicht zu erhöhen. Auch Dr. H. hat diesen Grundsatz erkannt und einen Gesamt-GdB von 40 nur mit der sachfremden Erwägung als gerechtfertigt angesehen, dass die Klägerin bei der gutachterlichen Untersuchung sehr offen und ehrlich gewesen sei, insbesondere nicht klagend oder aggravierend. Demgegenüber ist gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX allein entscheidend, ob die Klägerin wegen ihrer Gesundheitsstörungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Es ist zudem nicht ersichtlich, weshalb sich die bei ihr vorhandenen Funktionsstörungen gegenseitig verstärken sollten, wie sie behauptet.
Dahinstehen kann, ob der Beklagte den Bescheid vom 17. Oktober 2006 mit dem angefochtenen Verwaltungsakt vom 16. April 2012 zutreffend ab dem 20. April 2012 mit Wirkung für "die Zukunft" aufgehoben hat. Die im Inland durch einen Postdienstleister übermittelte schriftliche Verwaltungsentscheidung, die ausweislich eines Vermerkes des Beklagten am Folgetag zur Post gegeben worden war, gilt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am 20. April 2012 als bekannt gegeben, weshalb die Aufhebung möglicherweise erst für den Folgetag hätte erfolgen dürfen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Februar 1987 - 11b RAr 53/86 -, BSGE 61, 189 (190); Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 18 m. w. N.; a. A. Steinwedel, in Kasseler Kommentar zum SGB X, Stand: August 2012, § 48 Rz. 34, wonach auf den Zeitpunkt ab Bekanntgabe abzustellen ist). Die Berufung ist indes auch insoweit unbegründet, da der Klage hierfür das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Vorliegend ist es nicht erforderlich, insoweit gerichtlichen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014). Die besonderen Regelungen für Menschen mit Schwerbehinderung werden zwar nicht angewendet nach dem Wegfall der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 SGB IX (§ 116 Abs. 1 Halbsatz 1 SGB IX). Wenn sich der GdB auf weniger als 50 verringert, jedoch erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides (§ 116 Abs. 1 Halbsatz 2 SGB IX). Wegen des erst jetzt abgeschlossenen Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 16. April 2012 bislang noch nicht unanfechtbar gewesen, weshalb die Klägerin, bezogen auf den seither festgestellten GdB von 60, nach wie vor im Genuss aller Rechte aus dem SGB IX und sonstiger Schutzbestimmungen geblieben ist (vgl. Pahlen, in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, Kommentar zum SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 116 Rz. 3).
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Aufhebung eines Verwaltungsaktes, mit dem ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt wurde.
Der Beklagte hatte bei der 1957 geborenen Klägerin wegen der Erkrankung der rechten Brust in Heilungsbewährung mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 den GdB mit 60 seit 1. Mai 2006 festgestellt. Dem ging ein stationärer Aufenthalt der Klägerin vom 3. bis 12. Mai 2006 in der Frauenklinik des Universitätsklinikums Tübingen voraus, wo ein invasiv duktales Mammakarzinom rechts diagnostiziert wurde. Es wurde im Stadium (T1c) pN1a M0 entfernt. Zur Durchführung einer Chemotherapie wurde eine Portimplantation in die große epifasziale Vene des linken Armes, die Vena cephalica, vorgenommen. Die Maßnahme wurde am 11. Juli 2006 komplikationslos durchgeführt. Postoperativ ergaben sich keine Auffälligkeiten.
Im Juni 2011 leitete der Beklagte ein Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin ein. Hierzu zog er einen Bericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. R. von Juli 2011 bei, wonach es bei der Klägerin bisher keinen Anhalt für ein Tumorrezidiv gegeben habe. Die Lokalsituation sei nach einer Rekonstruktion mit einer Lappenplastik über dem großen Rückenmuskel, dem Musculus latissimus dorsi, zufriedenstellend, jedoch funktionell nicht so gut gewesen. Die Klägerin habe immer wieder deutliche Beschwerden mit Bewegungseinschränkung und außerdem eine Lymphabflussstörung beklagt. Es sei eine manuelle Lymphdrainage durchgeführt worden. Außerdem sei die Klägerin trotz stützender Gespräche psychisch sehr schlecht mit der Erkrankung zurechtgekommen.
Auf der Grundlage der Stellungnahme des Versorgungsarztes H., wonach der Verlust der rechten Brust mit Folgeerscheinungen und die Lymphabflussstörung mit einem GdB von 30 zu bewerten seien, hörte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Februar 2012 dazu an, dass eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen insoweit eingetreten sei, dass die noch bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen nunmehr mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet seien.
Mit Bescheid vom 16. April 2012, der am Folgetag abgesandt wurde, hob der Beklagte die mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 getroffene Verwaltungsentscheidung ab 20. April 2012 auf, soweit ein höherer GdB als 30 festgestellt wurde. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2013 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 4. März 2013 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben.
Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von Dr. R. und der Fachärztin für Gynäkologie Dr. S. eingeholt.
Dr. R. hat im April 2013 ausgeführt, es bestehe ein Zustand nach invasiv duktalem Mammakarzinom rechts mit Mastektomie und Brustaufbau durch Musculus latissimus dorsi-Lappenplastik am rechten Arm sowie Radiochemotherapie. Derzeit gebe es in der Nachsorge keinen Anhalt für ein Rezidiv des Mammakarzinoms. Das kosmetische Ergebnis bei Musculus latissimus dorsi-Aufbauplastik sei nur unbefriedigend. Des Weiteren bestehe eine Adipositas. Das zuletzt dokumentierte Gewicht sei mit 122,5 kg festgestellt worden. Die Klägerin sei 164 cm groß. Es bestehe, neben einem mit Bisoprolol und einem Thiaziddiuretikum medikamentös eingestellten Hypertonus, ein Lymphödem nach Ablatio mammae, in der Osteodensiometrie ein grenzwertiger Knochendichtewert im Sinne einer Osteopenie, ein Zustand nach Radiojodtherapie mit einer Hyperthyreose, also einer Schilddrüsenüberfunktion, und rezidivierende Zeichen einer psychovegetativen Erschöpfung. Zuletzt sei die Klägerin wegen Kniegelenksbeschwerden zu einem Chirurgen überwiesen worden. Die Bewertung des Gesamt-GdB mit 30 sei zu niedrig, da entweder die anderen Krankheiten neben der Karzinomerkrankung nicht berücksichtigt worden seien oder das schlechte kosmetische Ergebnis nicht beachtet worden sei.
Dr. S. hat im November 2013 angegeben, die gynäkologische Praxis von Dr. K. übernommen zu haben. Deswegen habe sie die Klägerin am 5. August 2013 erstmals untersucht. Bei Dr. K. sei sie zuletzt im August 2012 gewesen. Bei der Routineuntersuchung im August 2013 sei nichts aufgefallen.
Das SG hat vom Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Kreiskrankenhauses Sigmaringen, Dr. Sch., ein Gutachten eingeholt. Nach einer Untersuchung der Klägerin am 11. Februar 2014 hat dieser ausgeführt, bei ihr bestünden nach der operativen Therapie eines Mammakarzinoms im Jahre 2006 noch eine Schwellneigung des rechten Armes mit Kraftminderung und funktioneller Störung des Armes, ein diskretes Lymphödem rechts mit Parästhesien, funktionelle Beschwerden im Narbenbereich der rechten Thoraxwand und der Rückennarbe, Funktionseinschränkungen im Sinne einer verminderten Leistungsfähigkeit und schnelleren Ermüdbarkeit in Form eines Fatigue-Syndroms, eine Adipositas per magna sowie eine arterielle Hypertonie. Insgesamt schätze er den GdB mit 30 ein.
Das SG hat, auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weiterhin ein Gutachten bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. H. in Auftrag gegeben. Nach einer ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 26. August 2014 hat dieser ausgeführt, den GdB infolge des Mammakarzinoms mit funktionellen Einschränkungen des rechten Armes und einer Gewichtszunahme schätze er mit 30 ein. Die Funktionsbehinderung wegen der doch deutlichen degenerativen Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule sei mit einem GdB von 10 zu bewerten. Die mäßige Gonarthrose des linken Kniegelenkes mit Belastungsschmerzen habe ebenfalls einen GdB von 10 zur Folge. Den Gesamt-GdB schätze er daher mit 40 ein. Eine zeitliche Staffelung halte er nicht für sinnvoll, da es sich um dauerhafte, chronische Schädigungen handele. Im Januar 2015 hat er ergänzend ausgeführt, die Beweglichkeit des linken Kniegelenkes sei nicht eingeschränkt gewesen. Es habe sich auch keine Schwellung, Rötung oder ein Hinweis auf einen Kniegelenkserguss gezeigt. Das Gangbild habe keinen Hinweis für ein Schonhinken ergeben. Die getragenen Konfektionsschuhe seien seitengleich abgelaufen gewesen, ohne Hinweis für eine Fehlbelastung. Die Umfangmaße der unteren Extremität seien in etwa seitengleich, ohne eindeutige Hinweise für eine Muskelminderung gewesen. Die Einschätzung des GdB in Bezug auf die Funktionseinschränkungen des linken Kniegelenkes stütze sich erstens auf die Beschreibung der Klägerin, welche die Funktionsstörungen nicht als gravierend dargestellt habe und sich deshalb bislang nur einmal in chirurgisch-orthopädischer Behandlung bei Dr. Einsiedel befunden habe. Zweitens habe die klinische Untersuchung nur eine geringe Varusstellung ("O-Beine") und lediglich einen leichten Druckschmerz am inneren Gelenkspalt als Hinweis für degenerative Veränderungen gezeigt. Die Bandführung sei stabil gewesen, weshalb kein Hinweis für eine Kniegelenksinstabilität bestanden habe. Eine Schwellung oder Umfangsvermehrung habe als Hinweis für einen stärkeren Reizzustand im Kniegelenk nicht festgestellt werden können. Die Beweglichkeit sei im Seitenvergleich frei gewesen. Die radiologischen Veränderungen im Bereich des linken Knies seien als mäßige Gonarthrose einzuordnen. Unter Belastung habe sich eine gut hälftige Verschmälerung mit beginnenden osteophytären Ausziehungen als Hinweis für eine Arthrose ergeben. Zusammenfassend sei der Kniegelenksschaden links als mäßiggradige mediale Gonarthrose zu beschreiben. Eine Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes führe vorliegend nicht zu einer Erhöhung des GdB. Zu berücksichtigen sei, dass wegen des Verlustes der rechten Brust mit Lymphabflussstörung ein GdB von 30 angesetzt worden sei. Er selbst sei von einer endgradig schmerzhaften Bewegungseinschränkung des rechten Armes mit Narbenschmerzen und bekanntem Lymphödem ausgegangen. Bei der Messung nach der Neutral-0-Methode habe sich eine im Vergleich zu links um 15° verminderte Körperwärtsführung des gestreckten linken Armes gezeigt. Die Armauswärtsdrehung bei angelegtem Oberarm sei im Vergleich um 5° eingeschränkt gewesen, was allerdings im Rahmen der Messungenauigkeit liege. Würden die Umfangsmaße der beiden Arme betrachtet, sei zu seinem Untersuchungszeitpunkt keine Schwellung des Armes zu verzeichnen gewesen. Bis auf die Umfänge der Mittelhand und der Daumen seien am linken Arm entweder größere oder gleiche Umfangswerte festzustellen gewesen. Diese Funktionseinschränkung sei in dem angeführten GdB von 30 bereits berücksichtigt und rechtfertige keine höhere Bewertung. Zu einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule führe ein chronisches thorakolumbales Wirbelsäulensyndrom mit mäßiger Funktionseinschränkung ohne neurologische Ausfallserscheinung der unteren Extremität und leichter funktioneller Fehlhaltung der Wirbelsäule bei geringer muskulärer Dysbalance. Zudem resultierten Funktionsbehinderungen aus einem chronischen degenerativen zervikalen Wirbelsäulensyndrom mit leichter Funktionsminderung der Halswirbelsäule ohne radikuläre Ausfallserscheinungen der oberen Extremitäten. Die Einschätzung basiere vorwiegend auf den radiologisch festgestellten Veränderungen, insbesondere im Bereich der Brustwirbelsäule. In diesem Bereich komme wegen der anatomischen Situation des Brustkorbes eine Bewegungseinschränkung eher weniger zum Tragen. Eine verminderte Entfaltung der Wirbelsäule im unteren Abschnitt, die sich auch in einem Finger-Boden-Abstand von 15 cm wiederspiegele, sei nicht ungewöhnlich, sondern auch ohne degenerative Veränderungen der Wirbelsäule möglich. Wegen der Veränderungen in den drei Wirbelsäulenabschnitten sei ein GdB von 20 durchaus vertretbar. Da die Klägerin bei der gutachterlichen Untersuchung sehr offen und ehrlich gewesen sei, keinesfalls klagend aggravierend, führe dies zu einer eher niedrigen Bewertung der Funktionseinschränkung. Dies führe letzten Endes zu einer Höherbewertung des Gesamt-GdB auf 40, wohlweislich, dass Teil-GdB-Werte von 10 nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. September 2015 mit der Begründung abgewiesen, die mit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung vorgenommene Herabsetzung des GdB von 60 auf 30 werde den verbliebenen behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin in vollem Umfang gerecht.
Hiergegen hat die Klägerin am 14. Oktober 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Sie trägt im Wesentlichen vor, das SG habe die medizinischen Befunde, die nach dem Gutachten und den Arztauskünften vorlägen, nur unzureichend ausgewertet. Dr. K. habe bestätigt, dass sie seit der Brustoperation im Jahre 2006 unter einem Erschöpfungssyndrom und einer depressiven Verstimmung leide. Sie werde sich wieder in nervenärztliche Behandlung begeben. Es liege eine Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Armes durch rezidivierende Lymphödeme vor, was bislang nicht hinreichend beachtet worden sei. Sie sei wegen ihrer Adipositas und der Operation massiv psychisch und physisch gestört. Dr. R. habe im Herbst 2012 bestätigt, dass der Blutdruck zuletzt sehr instabil gewesen sei. Auch er gehe von einer psychischen Labilität aus. Bislang nur unzureichend berücksichtigt worden seien der Substanzverlust der Muskulatur und die dadurch bedingte Dysbalance im Bereich der Wirbelsäule nach der Brustoperation. Auch hierdurch komme es zu funktionellen Einschränkungen. Ohnehin würden sich die geschilderten Funktionsstörungen gegenseitig verstärken.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. September 2015 und den Bescheid des Beklagten vom 16. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen seien ab 20. April 2012 mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet.
Der Berichterstatter hat mit gerichtlichem Schreiben vom 4. November 2015 darauf hingewiesen, dass über das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entschieden wird. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, hierzu Stellung zu nehmen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichterinnen und -richter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Zudem ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1999 - B 13 RJ 25/99 R -, SozR 3-1500 § 153 Nr. 9, S. 27).
Die Berufung ist form- und nach § 151 Abs. 1 SGG auch fristgereicht eingelegt worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der von der Klägerin erhobenen (isolierten) Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2013 (vgl. BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 2/15 R -, juris, Rz. 13), da es sich bei der angefochtenen Verwaltungsentscheidung vom 16. April 2012 um keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 RVs 5/95 -, BSGE 79, 223 (225), wonach bei der isolierten Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich ist).
Grundlage für die vom Beklagten - nach Anhörung der Klägerin gemäß § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Schreiben vom 23. Februar 2012 - vorgenommene (teilweise) Aufhebung des Bescheides vom 24. März 2009 mit Wirkung ab 18. September 2010 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, das sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verbesserung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Verminderung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 beziehungsweise der Wegfall der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "G" folgt (vgl. BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12 zur Erhöhung des Gesamt-GdB). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt (teilweise) aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei der mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 getroffenen Feststellung des GdB mit 60 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Im Mai 2006 war im Stadium (T1c) pN1a M0 ein maligner Brustdrüsentumor entfernt worden. Der behandelnde Hausarzt der Klägerin, der sachverständige Zeuge Dr. R., hat, wie zuvor im Befundbericht von Juli 2011, noch im April 2013 berichtet, dass kein Anhalt für ein Rezidiv des Mammakarzinoms vorgelegen hat. Daher hat sich der GdB von 60 (VG, Teil B, Nr. 14.1) nach Ablauf der fünfjährigen Heilungsbewährung, während der grundsätzlich ein höherer GdB gerechtfertigt ist, als er sich aus den tatsächlich vorhandenen Funktionsstörungen ergibt (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 h), auf 30 reduziert, welcher die Funktionsstörungen der Klägerin ab Mitte April 2012 hinreichend abbildet.
Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung des GdB richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er-Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellten und fortentwickelten Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig ihrer Ursache, also final, bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regel-mäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10, 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob der Senat im Berufungsverfahren Teil-GdB-Werte in anderer Höhe für richtig erachtet als der Beklagte oder die Vorinstanz, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze begründen die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin ab 20. April 2012 keinen höheren Gesamt-GdB als 30, wie nach der teilweisen Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2006 durch die angefochtene Verwaltungsentscheidung noch festgestellt ist.
Das Funktionssystem "Geschlechtsapparat" (VG, Teil A, Nr. 2 e) ist mit keinem höheren Teil-GdB als 30 zu bewerten sein. Nach den VG, Teil B, Nr. 14.1 eröffnet die einseitige Aufbauplastik zur Wiederherstellung der Brust mit Prothese je nach Ergebnis (z. B. Kapselfibrose, Dislokation, Symmetrie) nach Mastektomie einen GdB-Rahmen von 10 bis 30. Funktionseinschränkungen im Schultergürtel, des Armes oder der Wirbelsäule als Operations- oder Bestrahlungsfolgen (z. B. Lymphödem, Muskeldefekte, Nervenläsionen, Fehlhaltung) sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen. Dr. R. hat zwar im April 2013 das kosmetische Ergebnis des Brustaufbaus mit einem Muskellappen ("Latissimus dorsi") allgemein als unbefriedigend beschrieben. Der Sachverständige Dr. Sch. hat bei seiner gutachterlichen Untersuchung im Februar 2014 demgegenüber konkret, bei etwas eingezogen erscheinender Narbe, einen gut eingeheilten Muskellappen festgestellt, wofür ein GdB von 10 angemessen ist. Ein GdB von 30 ist demnach erst erreicht, wenn noch die weiteren bei der Klägerin nachgewiesenen Funktionseinschränkungen zusätzlich berücksichtigt werden. Dr. Sch. hat bei seiner gutachterlichen Untersuchung Mitte Februar 2014 eine Schwellneigung des rechten Armes mit Kraftminderung und funktioneller Störung des Armes, ein diskretes Lymphödem rechts mit Parästhesien, funktionelle Beschwerden im Narbenbereich der rechten Thoraxwand und der Rückennarbe sowie Funktionseinschränkungen im Sinne einer verminderten Leistungsfähigkeit und schnelleren Ermüdbarkeit in Form eines Fatigue-Syndroms objektiviert. Der Sachverständige Dr. H. hat bei seiner gutachterlichen Untersuchung Ende August 2014 neben einer Schwellneigung des rechten Armes mit Kraftminderung und einem diskreten Lymphödem mit Parästhesien noch eine um 15° verminderte Körperwärtsführung des gestreckten linken Armes objektiviert. Für die Armauswärtsdrehung bei angelegtem Oberarm hat er nach der Neutral-0-Methode indes eine Einschränkung im Vergleich zur rechten Seite um nur 5° gemessen, also eine ohnehin zu vernachlässigende Funktionseinschränkung, die er selbst auf eine mögliche Messungenauigkeit zurückgeführt hat. Wegen der Lymphödeme hat zum Zeitpunkt seiner Untersuchung keine Schwellung vorgelegen.
Einen höheren GdB als 30 hat bei diesen nachgewiesenen behinderungsbedingten Funktionsstörungen, für den Senat nachvollziehbar, weder Dr. Sch. aus gynäkologischer Sicht, der insbesondere keine weitere Anhebung wegen der schnelleren Ermüdbarkeit und den auftretenden episodischen depressiven Stimmungsschwankungen vorgeschlagen hat, noch Dr. H. für das chirurgische Gebiet für gerechtfertigt erachtet. In Bezug auf die von der Klägerin angeführten "psychischen Auswirkungen", derentwegen sie noch nicht in nervenärztlicher Behandlung ist, sondern erst noch beabsichtigt, fachärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, liegen für den Senat keine Anhaltspunkte für damit einhergehende Funktionsbeeinträchtigungen vor, die in Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" zumindest einen Teil-GdB von 20 stützen, der vorliegend überhaupt geeignet wäre, den GdB zu erhöhen. Danach sind Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Insbesondere ist es der Klägerin weiterhin möglich, ihre berufliche Tätigkeit als Bankangestellte auszuüben. Diese macht ihr Spaß und ist ihr für das Selbstwertgefühl wichtig. Die Beschränkung auf halbtags ist bereits vor über vierzig Jahren erfolgt und hatte ihren Grund in der Geburt ihres Kindes, nicht in einer Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet. Dies entnimmt der Senat der Anamnese durch Dr. Sch., weshalb hierdurch keine weiteren Funktionsbehinderungen objektiviert sind, die geeignet wären, den GdB zu erhöhen.
Das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" bedingt allenfalls einen Teil-GdB von 10. Im Frühjahr 2013 ist die Hypertonie mit Bisoprolol und einem Thiaziddiuretikum medikamentös gut eingestellt gewesen, was der Senat der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S. R. entnimmt. Noch im August 2014 hat die Klägerin bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. H. angegeben, dass der Bluthochdruck medikamentös gut eingestellt ist und ihr aktuell keine Probleme bereitet. Unter Berücksichtigung der VG, Teil B, Nr. 9.3, wonach ein GdB-Rahmen von 20 bis 40 eröffnet ist, wenn eine mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung, vorliegt, ist daher insoweit kein höherer Teil-GdB als 10 begründbar.
Ohne zumindest mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ist unter Berücksichtigung der VG, Teil B, Nr. 18.9 für das Funktionssystem "Rumpf" ebenfalls kein höherer Teil-GdB als 10 gerechtfertigt. Danach haben Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 angemessen. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen. Nach der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. H. sind geringe funktionelle Auswirkungen für alle drei Bereiche der Wirbelsäule aufgrund von Wirbelsäulensyndromen nachgewiesen, worauf sich der von ihm angenommene GdB von 20 hingegen nicht stützen lässt. Demgegenüber wird ein GdB von 10 den behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen, zu denen begleitend weder radikuläre noch sonstige neurologischen Ausfallserscheinungen hinzutreten, hinreichend gerecht. Wegen der von Dr. H., gestützt auf den bei der klinischen Untersuchung festgestellten Finger-Boden-Abstand von 15 cm, angenommenen verminderten Entfaltung der Wirbelsäule, ist keine weitere Erhöhung des GdB möglich. Nach den VG, Teil A, Nr. 2 c setzen die GdB stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB zu berücksichtigen, auch wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten. Dr. H. hat insoweit nachvollziehbar ausgeführt, dass die von ihm festgestellte verminderte Entfaltung im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht ungewöhnlich, sondern auch ohne degenerative Veränderungen der Wirbelsäule möglich ist. Folglich liegt hierin kein pathologischer, sondern sich regelhaft entwickelter Zustand. Ein höherer Teil-GdB als 10 ist daher für das Funktionssystem "Rumpf" nicht begründbar.
Das Funktionssystem "Beine" hat, ob der mäßigen Gonarthrose im linken Kniegelenk, die ob der belastungsbedingt hälftigen Verschmälerung mit beginnenden osteophytären Ausziehungen nachgewiesen ist, und der freien Beweglichkeit des linken Kniegelenkes (VG, Teil B, Nr. 18.14), allenfalls den von Dr. H. angenommenen Teil-GdB von 10 zur Folge. Denn es hat sich weiter weder eine Schwellung oder Umfangsvermehrung noch ein sonstiger Hinweis auf einen Reizzustand im linken Kniegelenk gezeigt, der weitere Funktionsbehinderungen in diesem Bereich hätte erklären können. Dies steht in Einklang mit den Ergebnissen seiner klinischen Untersuchung, wonach das Gangbild keinen Hinweis für ein Schonhinken ergeben hat. Die getragenen Konfektionsschuhe sind seitengleich abgelaufen gewesen, ohne Hinweis für eine Fehlbelastung. Die Umfangmaße der unteren Extremität sind in etwa seitengleich gewesen, ohne einen eindeutigen Hinweis für eine Muskelminderung. Ferner ist die Bandführung stabil gewesen, weshalb auch kein Anhaltspunkt für eine Kniegelenksinstabilität bestanden hat.
Das Funktionssystem "innere Sekretion und Stoffwechsel" hat bei der Klägerin keinen GdB zur Folge. Dr. H. hat zwar eine Gewichtszunahme der Klägerin seit der Operation im Mai 2006 von 95 kg auf 121,5 kg zum Zeitpunkt seiner gutachterlichen Untersuchung, bei einer Größe von 1,69 m, beschrieben. Eine Adipositas per magna, wie sie bei der Klägerin von Dr. Sch. diagnostiziert worden ist, bedingt allein jedoch nach den VG, Teil B, Nr. 15.3 keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden, insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt danach selbst für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna. Insoweit ist von der Klägerin zwar die Vermutung geäußert worden, die Kniegelenke und auch die Wirbelsäule seien funktionell betroffen. Weder Dr. Sch. noch Dr. H. haben demgegenüber keine mit dieser Erkrankung verbundene Funktionsbehinderung objektiviert.
Sonst sind keine mit einem höheren GdB als 10 zu bewertende behinderungsbedingte Funktionseinschränkungen nachgewiesen, insbesondere nicht wegen der von Dr. S. R. im April 2013 angeführten Hyperthyreose. Angaben hierzu hat auch die Klägerin nicht gemacht.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist der Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Geschlechtsapparat" ab 20. April 2012 nicht zu erhöhen. Auch Dr. H. hat diesen Grundsatz erkannt und einen Gesamt-GdB von 40 nur mit der sachfremden Erwägung als gerechtfertigt angesehen, dass die Klägerin bei der gutachterlichen Untersuchung sehr offen und ehrlich gewesen sei, insbesondere nicht klagend oder aggravierend. Demgegenüber ist gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX allein entscheidend, ob die Klägerin wegen ihrer Gesundheitsstörungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Es ist zudem nicht ersichtlich, weshalb sich die bei ihr vorhandenen Funktionsstörungen gegenseitig verstärken sollten, wie sie behauptet.
Dahinstehen kann, ob der Beklagte den Bescheid vom 17. Oktober 2006 mit dem angefochtenen Verwaltungsakt vom 16. April 2012 zutreffend ab dem 20. April 2012 mit Wirkung für "die Zukunft" aufgehoben hat. Die im Inland durch einen Postdienstleister übermittelte schriftliche Verwaltungsentscheidung, die ausweislich eines Vermerkes des Beklagten am Folgetag zur Post gegeben worden war, gilt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am 20. April 2012 als bekannt gegeben, weshalb die Aufhebung möglicherweise erst für den Folgetag hätte erfolgen dürfen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Februar 1987 - 11b RAr 53/86 -, BSGE 61, 189 (190); Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 18 m. w. N.; a. A. Steinwedel, in Kasseler Kommentar zum SGB X, Stand: August 2012, § 48 Rz. 34, wonach auf den Zeitpunkt ab Bekanntgabe abzustellen ist). Die Berufung ist indes auch insoweit unbegründet, da der Klage hierfür das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Vorliegend ist es nicht erforderlich, insoweit gerichtlichen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014). Die besonderen Regelungen für Menschen mit Schwerbehinderung werden zwar nicht angewendet nach dem Wegfall der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 SGB IX (§ 116 Abs. 1 Halbsatz 1 SGB IX). Wenn sich der GdB auf weniger als 50 verringert, jedoch erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides (§ 116 Abs. 1 Halbsatz 2 SGB IX). Wegen des erst jetzt abgeschlossenen Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 16. April 2012 bislang noch nicht unanfechtbar gewesen, weshalb die Klägerin, bezogen auf den seither festgestellten GdB von 60, nach wie vor im Genuss aller Rechte aus dem SGB IX und sonstiger Schutzbestimmungen geblieben ist (vgl. Pahlen, in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, Kommentar zum SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 116 Rz. 3).
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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