L 6 VG 4477/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 VG 746/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 4477/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. September 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffes im Sinne des § 1 Abs. 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) geworden ist.

Der 1959 geborene Kläger beantragte am 1. September 2008 beim Beklagten die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG wegen im Jahre 1965 im Kinderheim Bad Dürrheim erlittener körperlicher Gewalt und sexuellen Missbrauches. Das Begehren blieb erfolglos (Bescheid vom 23. Oktober 2009, Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2010).

Hiergegen hat der Kläger am 26. Februar 2010 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Nachdem bei Klageerhebung noch beantragt worden ist, unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung den Beklagten zu verurteilen, Leistungen nach dem OEG zu gewähren, ist in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 24. September 2014 - ausweislich der Niederschrift - nicht mehr der Leistungsantrag aufrechterhalten worden, sondern ausschließlich die Feststellung begehrt worden, dass der Kläger im Jahre 1965 im Kinderheim Bad Dürrheim Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffes geworden ist.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 24. September 2014 abgewiesen. Es hat sie als zulässig, aber nicht begründet angesehen. Der Beklagte habe bei Erlass der angefochtenen Verwaltungsentscheidung zu Recht angenommen, dass bei Würdigung aller bekannten Umstände vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf den Kläger im Kinderheim Bad Dürrheim im Jahre 1965 nicht erwiesen seien.

Gegen die seiner Bevollmächtigten am 30. September 2014 zugestellten Entscheidung hat der Kläger am 28. Oktober 2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und sein Begehren weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. September 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 23. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2010 aufzuheben und festzustellen, dass er im Jahre 1965 im Kinderheim Bad Dürrheim Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffes im Sinne des § 1 Absatz 1 Opferentschädigungsgesetz geworden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In der nichtöffentlichen Sitzung beim LSG am 14. August 2015 hat der Berichterstatter mit den Beteiligten erörtert, dass die Klage nicht auf die isolierte Feststellung, dass der Kläger Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffes (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG) geworden ist, hätte beschränkt werden dürfen, da die Berufung nunmehr, mangels Zulässigkeit der Klage, nicht begründet sein dürfte. Er hat darauf hingewiesen, dass über das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden wird. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, hierzu Stellung zu nehmen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die Verwaltungsakte des Beklagten (2 Bände) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichterinnen und -richter des Senats die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Zudem ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1999 - B 13 RJ 25/99 R -, SozR 3-1500 § 153 Nr. 9, S. 27).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage vorliegend, mangels mündlicher Verhandlung (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 55 Rz. 21), der Entscheidungszeitpunkt.

Die Berufung ist form- und nach § 151 Abs. 1 SGG auch fristgereicht eingelegt worden. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber mangels Zulässigkeit der Klage unbegründet.

Der Kläger konnte seine ursprünglich zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) nicht zulässigerweise in der mündlichen Verhandlung beim SG auf die isolierte Feststellung beschränken (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung), ob er im Jahre 1965 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffes im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG geworden ist. Sein Feststellungsbegehren kann weder auf § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG noch auf § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG gestützt werden, weil nur eine isolierte Feststellung von Schädigungsfolgen im Sinne des OEG zulässig ist, nicht aber die Klärung einzelner Elemente als Vorfrage des Anspruches nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 1/13 R -, SozR 4-3800 § 1 Nr. 21, Rz. 10 ff.).

Daher war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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