L 4 KR 2984/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 26/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2984/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 18. Februar 2014 bis 31. März 2014.

Der Kläger ist am 1967 geboren. Er war zuletzt bis 31. Mai 2013 als Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt und Mitglied einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte).

Ab 3. April 2013 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid vom 24. Mai 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Krankengeld ab 15. Mai 2013 in Höhe von täglich EUR 60,99. Sie wies ausdrücklich auf die Notwendigkeit der erneuten Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit zur Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs hin.

Die am Wohnort des Klägers niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. T.-B. bescheinigte dem Kläger am 3. Februar 2014 mit "Zahlschein für Entgeltersatzleistungen" das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 17. Februar 2014 wegen depressiver Episode, nicht näher bezeichnet, und Anpassungsstörungen (ICD-10: F32.9 und F43.2). Anschließend stellte sich der Kläger am 24. Februar 2014 bei Dr. T.-B. vor, die ihm einen "Zahlschein für Entgeltersatzleistungen" wegen derselben Erkrankungen sowie zusätzlich wegen psychischen und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotropher Substanzen: Abhängigkeitssyndrom (ICD-10: F19.2) und voraussichtlicher Arbeitsunfähigkeit bis 17. März 2014 aushändigte.

Mit Bescheid vom 27. Februar 2014 stellte die Beklagte die Krankengeldzahlung zum 17. Februar 2014 ein. Grund hierfür sei, dass die Ärztin des Klägers am 3. Februar 2014 die Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 17. Februar 2014 bescheinigt habe. Weitere Arbeitsunfähigkeit sei erst am 24. Februar 2014 festgestellt worden. Damit habe der Kläger die Arbeitsunfähigkeit nicht lückenlos nachgewiesen. Auf die Konsequenzen sei der Kläger bereits mit Krankengeldbewilligungsbescheid vom 24. Mai 2013 hingewiesen worden. Der Anspruch auf Krankengeld und die Mitgliedschaft auf Grund des Krankengeldbezuges ende damit am 17. Februar 2014.

Die Beklagte führte den Kläger vom 18. Februar bis 31. März 2014 als freiwillig versichertes Mitglied ohne Anspruch auf Krankengeld. Ab 1. April 2014 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I.

Hiergegen erhob der Kläger unter dem 11. März 2014 Widerspruch. Er habe die Tatsache, dass er die Arbeitsunfähigkeit nicht lückenlos bescheinigt habe, nicht zu vertreten. Er leide an einer schweren Depression mit Anpassungsstörungen. Seit Jahren nehme er deswegen auch Medikamente ein. Ende des Jahres 2013 habe er mit seinem behandelnden Arzt vereinbart, einen Medikamentenwechsel zu versuchen. In diese Phase sei die Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom 3. bis 17. Februar 2014 bzw. die weitere Feststellung der Erkrankung bis zum 31. März 2014 gefallen. In der Woche vom 17. bis 24. Februar 2014 seien seine Beschwerden so massiv gewesen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, einen Arzt aufzusuchen. Er habe unter erheblichen Ängsten, Selbstwahrnehmungsproblemen und sozialen Anpassungsstörungen gelitten. Das Haus zu verlassen sei ihm deswegen nicht möglich gewesen. Erst am 24. Februar 2014 habe er erneut seinen Arzt aufsuchen können. Die Umstellung der Medikation sei fehlgeschlagen. Seit er wieder sein ursprüngliches Medikament nehme, habe sich sein Zustand stabilisiert.

Die Beklagte wandte sich unter dem 1. September 2014 an Dr. T.-B ... Der Kläger habe vorgetragen, in der Woche vom 17. bis 24. Februar 2014 seien seine Beschwerden so massiv gewesen, dass es ihm unmöglich gewesen sei, einen Arzt aufzusuchen. Dr. T.-B. übersandte ihr ärztliches Attest vom 15. September 2014, es werde bestätigt, dass der Kläger über den 17. Februar 2014 hinaus durchgehend arbeitsunfähig erkrankt sei. Vermutlich habe sie (die Ärztin) vergessen, an diesem Konsultationstag für den weiteren Zeitraum einen Auszahlungsschein auszustellen. Möglicherweise habe der Kläger auch kein Formular dabei gehabt. Aus ihren Unterlagen gehe ganz klar hervor, dass er sich gerade in dieser Zeit ab dem 3. Februar 2014 in einer schweren Krankheitskrise befunden habe. Dies belegten auch seine Arzttermine bei ihr in der Folgezeit am 24. und 28. Februar, 17. März, 28. April usw.

Der von der Beklagten eingeschaltete Dr. F. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) führte unter dem 26. September 2014 aus, unmittelbar vor dem 17. Februar 2014 sei offenbar weder eine persönliche Untersuchung des Klägers noch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgt. Die pauschale Angabe der Dr. T.-B., der Kläger sei über den 17. Februar 2014 arbeitsunfähig gewesen und habe sich ab 3. Februar 2014 in einer schweren Krankheitskrise befunden, belege nicht, dass er nicht doch einen Arzt hätte aufsuchen können. Auch werde durch die Arzttermine in der Folgezeit keine schwere Krankheitskrise belegt. Vielmehr müssten medizinische Berichte über den Gesundheitszustand des Klägers über den 17. Februar 2014 hinaus und Kopien der Notizen der Arztpraxis bezüglich der Termine im Februar 2014 vorgelegt werden.

Dr. T.-B. teilte unter dem 27. Oktober 2014 mit, der Kläger leide an einer Depression, einer posttraumatischen Belastungsstörung nach einem Zustand nach Suchtabhängigkeit. Ein Ende der Arbeitsunfähigkeit sei nicht absehbar. Er sei konservativ mittels depressiver Medikation sowie einer Psychotherapie behandelt worden. Mitbehandler sei Arzt für Psychotherapie Dr. Z. in F ... Mit ebenfalls beigefügtem undatierten ärztlichen Attest führte sie (Dr. T.-B.) aus, die beim Kläger vorliegende psychische Erkrankung verlaufe in Phasen und sei großen Schwankungen unterworfen. Trotz entsprechender Medikamentenanpassung gebe es Zeiten, in denen sich der Kläger so schlecht fühle, dass er sich außer Stande sehe, das Haus zu verlassen. Eine solche Krankheitskrise habe Mitte Februar bestanden, so dass er seiner Nachweispflicht der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Woche ab 17. Februar 2014 nicht habe nachkommen können.

Der anschließend erneut beauftragte Dr. F. vom MDK führte unter dem 13. November 2014 aus, anhand der jetzt vorliegenden Informationen sei davon auszugehen, dass der Kläger, der schon lange vor und lange nach dem besagten Zeitraum wegen vergleichbarer Diagnosen arbeitsunfähig gewesen sei, auch im streitigen Zeitraum arbeitsunfähig gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2014 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Für die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft und damit auch des Anspruchs auf Krankengeld sei es bei abschnittweiser Gewährung des Krankengeldes auf der Grundlage befristeter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen notwendig, die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachzuweisen. Es sei erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt werde. Dies sei ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Die den Kläger behandelnde Ärztin habe Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 17. Februar 2014 bestätigt. Weitere Arbeitsunfähigkeit sei erst am 24. Februar 2014 bescheinigt worden. Ein neuer Krankengeldanspruch habe damit auf Grund der gesetzlichen Regelungen erst am 25. Februar 2014 entstehen können. Damit habe die Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf des 17. Februar 2014 geendet. Auf die Notwendigkeit der lückenlos nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit und der Rechtsfolgen im Falle des Unterlassens sei der Kläger mit "Schreiben" vom 24. Mai 2013 ausdrücklich hingewiesen worden.

Der Kläger erhob am 5. Januar 2015 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). In Ergänzung seines bisherigen Vortrags trug er vor, unter Berücksichtigung der Schwere seiner Erkrankung bestehe ein Anspruch auf Krankengeld über den 17. Februar 2014 hinaus, obwohl er die Arbeitsunfähigkeit nicht lückenlos nachgewiesen habe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Soweit der Kläger ausführe, er sei nicht in der Lage gewesen, einen Arzt aufzusuchen, sei zu berücksichtigen, dass ein Versicherter, welcher unverschuldet verhindert sei, einen Arzt aufzusuchen, zumindest alles in seiner Macht stehende veranlassen müsse, um die Arbeitsunfähigkeit lückenlos nachzuweisen. Hierbei reiche nicht aus zu behaupten, hierzu nicht in der Lage gewesen zu sein. Im Übrigen habe der Kläger nach einer Woche dann doch einen Arzt aufgesucht, obwohl sich sein Zustand nicht gebessert habe. Zudem sei er auf der Erforderlichkeit der lückenlosen Feststellung hingewiesen worden. Letztlich sei auf die ständige Rechtsprechung des BSG zuletzt in dessen Urteil vom 16. Dezember 2014 (B 1 KR 19/14 R – juris) hinzuweisen. Eine Ausnahme sei nur möglich, wenn der Versicherte tatsächlich nicht in der Lage gewesen sei, am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit einen Arzt aufzusuchen. Dies sei vorliegend nicht erwiesen. Zwar habe Dr. T.-B. dies attestiert; es stelle sich jedoch die Frage, woher sie diese Kenntnis habe, da der Kläger sie gerade nicht aufgesucht habe. Eine Beurteilung seines Befindens in der vorangegangenen Woche ohne jegliche Kontaktaufnahme erscheine mehr als kühn.

Das SG befragte die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. T.-B., Dr. Z. und Dr. P. schriftlich als sachverständige Zeugen.

Dr. T.-B. führte unter dem 3. März 2015 aus, am 3. Februar 2014 habe der Kläger wieder sehr instabil gewirkt und sei voller Zweifel gewesen, ob er das neue Medikament Elontril weiter nehmen solle. Er habe über mehr Nebenwirkungen berichtet, an die er sich im Einzelnen jedoch nicht mehr erinnern könne und die sie auch nicht dokumentiert habe. Am 10. Februar 2014 sei der Kläger wieder zur Akkupunkturbehandlung erschienen. Für diesen Behandlungstag seien keine besonderen Veränderungen dokumentiert worden. Am 24. Februar 2014 sei lediglich ein Gespräch in ihrer Praxis erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger das Antidepressivum wieder gewechselt und sein früheres Medikament (Venlafaxin) eingenommen. Dies sei für ihn besser verträglich. Ihr sei eine sehr geringe Frustrationstoleranz und Ungeduld aufgefallen, sich auf Veränderungen, welcher Art auch immer, einzulassen. Wenn man bedenke, dass der Kläger seit 2009 höchstens drei bis viermal im Jahr von ihr behandelt worden sei (der Kläger sei kein "Arztgänger"), belegten die häufigen Arztbesuche Anfang des Jahres 2014 die schwierige Krankheitsphase seiner Erkrankung.

Dr. Z. legte unter dem 12. März 2015 dar, beim Kläger seit September 2013 eine tiefenpsychologisch fundierte Gruppenpsychotherapie durchzuführen. Die Gruppenpsychotherapie finde jeweils dienstags in F. statt. Der Kläger habe daran u.a. auch am 4., 11., 19. und 24. Februar 2014 teilgenommen. Am 19. Februar 2014 habe der Kläger ihn morgens angerufen und mitgeteilt, er könne wahrscheinlich nicht kommen. Er habe es dann noch zu der Gruppe, wenn auch verspätet, geschafft. Er sei froh, einen Therapeuten zu haben, den er auch im Notfall erreichen könne (Zitat des Klägers: "Ich hätte mich sonst selbst einweisen müssen in die geschlossene Psychiatrie!"). Die Gruppensitzung sei zum Teil mit den Themen des Klägers ausgefüllt gewesen ("Ich schaffe den Alltag nicht mehr. Sollte ich Rente beantragen? Ich bekomme den Alltag nicht gebacken - Briefkasten, Telefon, Behörden. Brauche ich einen gesetzlichen Betreuer?"). Als Befund vermerkte Dr. Z. einen weiterhin unveränderten psychischen Zustand des Klägers, die zunehmende Unfähigkeit, den Alltag zu bewältigen, jedoch keine akute Suizidalität. Die therapeutische Beziehung habe durch den Kläger gehalten werden können. Unter dem 24. Februar 2014 notierte Dr. Z.: "In der letzten Woche hatte er mich mehrfach angerufen, um sich "rückzuversichern", dass ich noch lebe." Hierzu führte Dr. Z. aus, die affektive Modulationsfähigkeit des Klägers sei stark beeinflusst. Rückzug funktioniere als Überlebensfunktion. Der Kläger könne die Realität wahrnehmen, wenn auch distanziert. Er habe einen erneuten Klinikaufenthalt mit ihm abgeklärt. Dieser sei vom Kläger abgelehnt worden. Der Kläger brauche die haltende Funktion der Gruppe und von ihm als Therapeuten. Er fühle sich sicher trotz seiner massiven Ängste und der Schuldgefühle.

Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P. legte dar (Auskunft vom 10. April 2015), der Kläger habe sich am 25. November 2013 sowie am 15. Januar und 24. Februar 2014 zur Untersuchung vorgestellt. Er habe eine rezidivierende depressive Störung (ICD-10: F33.1) diagnostiziert. Am 12. Februar 2014 sei eine telefonische Beratung erfolgt.

Anschließend führte die Beklagte aus, der Kläger sei im streitigen Zeitraum sehr wohl in der Lage gewesen, das Haus zu verlassen. Dr. Z. habe berichtet, der Kläger habe am 11., 19. und 24. Februar 2014 an einer Gruppentherapie in F. teilgenommen, wo er mit dem Zug hingefahren sei. Es werde die Erkrankung des Klägers nicht verharmlost; wenn er es aber schaffe, den Therapeuten und die Gruppe in F. aufzusuchen, sollte es ihm auch möglich gewesen sein, die Hausärztin aufzusuchen und für eine weitere Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit zu sorgen.

Mit Gerichtsbescheid vom 5. Juni 2015 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld über den 17. Februar 2014 hinaus. Die den Anspruch auf Krankengeld vermittelnde, auf der Beschäftigungsversicherung beruhende Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten habe mit Ablauf des 17. Februar 2014 geendet. Bei Vorlage der erneuten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 24. Februar 2014 sei der Kläger deshalb nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Auch sei kein Sachverhalt gegeben, bei dem die Arbeitsunfähigkeitsfeststellung für einen weiteren Bewilligungsabschnitt ausnahmsweise hätte nachgeholt werden können. Zwar sei als Ausnahme nach der ständigen Rechtsprechung des BSG eine Möglichkeit der Nachholung gegeben, wenn der Versicherte wegen Geisteskrankheit geschäftsunfähig und ein gesetzlicher Vertreter nicht vorhanden sei und wenn der Versicherte auf Grund dieses Umstands nicht mehr in der Lage gewesen sei, die für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit obligatorischen Handlungen vorzunehmen. Der Kläger sei jedoch weder geschäfts- noch handlungsunfähig gewesen. Insbesondere aus der Stellungnahme des Dr. Z. ergebe sich, dass der Kläger u.a. am 19. Februar 2014 bei ihm in Behandlung gewesen sei. Für den 19. Februar 2014 sei dabei vermerkt, der Kläger habe morgens angerufen, er könne wahrscheinlich nicht kommen, sei klagsam gewesen, ängstlich und dabei agitiert. Dann habe es der Kläger aber doch zur Gruppentherapie geschafft, allerdings verspätet. Zwar ergebe sich aus diesen und den Schilderungen vom 24. Februar 2014, dass der Kläger in der Tat schwerwiegend erkrankt gewesen sei. Dass er jedoch handlungsunfähig gewesen sei, könne diesen Darlegungen nicht entnommen werden. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass der Kläger am 19. Februar 2014 und damit nur zwei Tage nach dem hier interessierenden Zeitpunkt für die spätestmögliche Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit in der Lage gewesen sei, Dr. Z. in F. aufzusuchen. Dort sei er mit dem Zug hin gefahren. Der Kläger sei damit in der Lage gewesen, zwei Stunden mit öffentlichem Nahverkehr und dem Zug nach F. zu fahren, an einer dreistündigen Gruppensitzung teilzunehmen und danach wieder zwei Stunden zurück zu fahren, dies in der Nacht (die Gruppensitzung habe von 18.00 Uhr bis 21.00 Uhr gedauert). Vor diesem Hintergrund könne nicht angenommen werden, dass der Kläger es nicht habe schaffen können, seine Hausärztin aufzusuchen, die selbst im Wohnort des Klägers in Weinheim residiere, um eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Aus den Darstellungen des Dr. Z. über die Themen, über die am 19. Februar 2014 mit dem Kläger gesprochen worden sei, sei eine Handlungsunfähigkeit ebenfalls nicht abzuleiten. Danach sei der Kläger in der Lage gewesen, zu erkennen, dass er sich gegebenenfalls selbst einweisen müsse in die geschlossene Psychiatrie, wenn er nicht Dr. Z. als Stütze gehabt habe. Darüber hinaus habe sich der Kläger gefragt, Rente zu beantragen oder gegebenenfalls einen gesetzlichen Betreuer einsetzen zu lassen. Er sei sich seiner Einschränkungen bewusst gewesen, habe aber nach den Schilderungen des Dr. Z. fast eine Leichtigkeit, alles zu verdrängen und zu ignorieren. Eine Handlungsunfähigkeit liege beispielsweise vor bei einem bewusstlosen Patienten bzw. einem ans Bett gefesselten Patienten. Der Zustand des Klägers könne mit diesem Zustand nicht verglichen werden, dies vor allen Dingen vor dem Hintergrund der doch sehr reflektierten Überlegungen. Dem Kläger stehe auch kein nachgehender Leistungsanspruch zu, weil er ab dem 18. Februar 2014 in der so genannten Auffangversicherung versichert gewesen sei.

Gegen den ihm am 17. Juni 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Juli 2015 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens führt er aus, trotz seiner Reise am 19. Februar 2014 zur Gruppentherapie nicht in der Lage gewesen zu sein, einen Arzt aufzusuchen, um die weitere Arbeitsunfähigkeit lückenlos bescheinigen zu lassen. Hierzu habe er nicht die Kraft gehabt. Dies sei auch nicht untypisch bei derartig schweren Erkrankungen.

Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Juni 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2014 zu verurteilen, ihm Krankengeld für die Zeit vom 18. Februar bis 31. März 2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Wenn der Kläger in der Lage gewesen sei, zu seinem Psychotherapeuten nach F. zu fahren und dabei eine Fahrt von zwei Stunden, eine Gruppensitzung von drei Stunden und danach eine Rückfahrt von wiederum zwei Stunden zurückzulegen, so sei er genauso in der Lage, vor Ort die behandelnde Ärztin oder irgendeinen anderen Arzt aufzusuchen, um die weitere Arbeitsunfähigkeit bescheinigen zu lassen. Soweit der Kläger nunmehr geltend mache, er habe gerade an den Tagen, an denen er die Gruppentherapie aufgesucht habe, vorübergehend die Stärke gehabt und an den Tagen dazwischen sei er gerade nicht in der Lage gewesen, die maßgeblichen Ärzte aufzusuchen, so erscheine dies als schlichte Schutzbehauptung. Jedenfalls dürfe ihm der Nachweis nicht gelingen, dass seine Erkrankung gerade an diesen Tagen in den passenden Schüben verlaufen sei.

Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 4. November 2015 erörtert; zu den Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Der Kläger hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung. Denn der Kläger begehrt Leistungen in Höhe von mehr als EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Bei einem Krangengeld in Höhe von täglich EUR 60,99 ergibt sich für den streitigen Zeitraum von 43 Kalendertagen ein Betrag von EUR 2.622,57.

2. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 18. Februar bis 31. März 2014. Der Kläger war ab 18. Februar 2014 nicht mehr beruhend auf seinem bis zum 31. Mai 2013 bestehenden Beschäftigungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld versichert (dazu unter a). Er ist auch nicht so zu stellen, als hätte er noch am letzten Tag des Krankengeldbezugs eine ärztliche Feststellung über seine Arbeitsunfähigkeit herbeigeführt (dazu unter b).

a) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn – abgesehen von den vorliegend nicht gegebenen Fällen stationärer Behandlung – Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliegt (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 9 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – in juris, Rn. 8 m.w.N.).

Nach § 46 Satz 1 SGB V in der im Jahre 2014 noch geltenden Fassung des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) entsteht der Anspruch auf Krankengeld (1.) bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, § 24, § 40 Abs. 2 und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an, (2.) im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist im streitigen Zeitraum für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – in juris, Rn. 9 m.w.N.). Das BSG hat wiederholt entschieden, dass das Gesetz weder einen Anhalt für das Verständnis des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V (in der im Jahre 2014 noch geltenden Fassung) als bloßer Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch gemäß § 44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht, bietet (zuletzt BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – in juris, Rn. 9 m.w.N.).

Die – hier durch die Beschäftigtenversicherung begründete – Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger besteht unter den Voraussetzungen des § 192 SGB V fort. Sie bleibt nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V unter anderem erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 11 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – in juris, Rn. 12 m.w.N.). § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeldanspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Um diesen Anforderungen zu genügen, reicht es aus, dass Versicherte am letzten Tage des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld – hier des Beschäftigungsverhältnisses am 31. Mai 2013 – alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Beendigung dieses Tages – und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages – einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 11; eingehend BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R – in juris, Rn. 12 ff.). Die Aufrechterhaltung der Beschäftigtenversicherung setzt insoweit nur eine Nahtlosigkeit von Beschäftigung und Entstehung des Rechts auf die Sozialleistung voraus, also die Entstehung des Anspruchs auf die Sozialleistung in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an das Ende des Beschäftigungsverhältnisses (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 11). § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V (in der im Jahre 2014 noch geltenden Fassung) setzt unabdingbar sowohl bei der Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit als auch bei nachfolgenden Feststellungen die persönliche Untersuchung des Versicherten durch einen Arzt voraus (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 13 m.w.N.)

Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 12 m.w.N.). Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs aus der Beschäftigtenversicherung ist es deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 12 m.w.N. – auch zum Folgenden). Dies folgt schon aus der durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V vorgegebenen Notwendigkeit, Krankengeld nur auf der Grundlage einer bestmöglich fundierten ärztlichen Einschätzung zu gewähren. Unter den realen Bedingungen und Erschwernissen (vertrags-)ärztlichen Versorgungsgeschehens im Praxisalltag sind Arbeitsunfähigkeitsfeststellungen nicht selten auf unsicherer Grundlage und zudem schnell vorzunehmen. Auch sind die Krankenkassen im Verwaltungsvollzug angesichts der Krankengeldfälle als Massenphänomen mit faktisch nur eingeschränkten Prüfmöglichkeiten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in besonderer Weise auf eine sorgfältige ärztliche Begutachtung angewiesen, um rechtswidrige Krankengeldbewilligungen zu vermeiden. Eine ausreichende Bewältigung dieser aus tatsächlichen Gegebenheiten resultierenden Schwierigkeiten vermag nur eine unmittelbare persönliche Untersuchung des Versicherten durch den Arzt zu gewährleisten. Bei den Fällen, bei denen der Arzt aufgrund sorgfältiger Untersuchung des Versicherten absehen kann, dass dessen Arbeitsunfähigkeit längere Zeit andauern wird, kann er dem insbesondere durch eine entsprechend längere Befristung der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeitsdauer Rechnung tragen. Macht der Arzt von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch, muss er sich bei jeder (Folge-)Arbeitsunfähigkeits-feststellung erneut durch eine unmittelbare persönliche Untersuchung des Versicherten die Gewissheit verschaffen, dass und gegebenenfalls wie lange die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich noch andauern wird.

Diese Voraussetzungen sind für die Zeit ab dem 18. Februar 2014 hier nicht erfüllt, weil eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts am 17. Februar 2014 nicht erneut ärztlich festgestellt worden ist. Die den Anspruch vermittelnde, auf der Beschäftigtenversicherung beruhende Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten endete mit Ablauf des 17. Februar 2014, dem letzten Tag der von Dr. T.-B. am 3. Februar 2014 vorgenommenen befristeten Arbeitsunfähigkeitsfeststellung. Als der Kläger am 24. Februar 2014 Dr. T.-B. erneut aufsuchte, war er deshalb nicht mehr nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V mit Anspruch auf Krankengeld versichert.

b) Es liegen auch keine Gründe vor, die dazu führen, dass die Arbeitsunfähigkeitsfeststellung für einen weiteren Bewilligungsabschnitt ausnahmsweise – rückwirkend auf den letzten Tag des abgelaufenen Krankengeldbezugs – hätte nachgeholt werden können (vgl. insoweit die Nachweise bei BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 14).

aa) Zu einem mitgliedschaftserhaltenden Krankengeldanspruch kann es danach ab 18. Februar 2014 nur gekommen sein, wenn ausnahmsweise die unterbliebene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit rückwirkend nachgeholt werden konnte. Es ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass das Unterlassen der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit einem Anspruch auf Krankengeld nicht entgegengehalten werden darf, wenn die rechtzeitige Feststellung oder Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die nicht dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzurechnen sind (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 8. November 2005 – B 1 KR 30/04 R – in juris, Rn. 18, m.w.N.). Dies ist z. B. bei Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 1966 – 3 RK 14/64 – zu § 182 RVO in juris, Rn. 18). Geschäftsunfähig ist nach § 104 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

Das SG hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger nicht wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit an einer rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gehindert war. Der Kläger hat schon im Verfahren vor dem SG keine hinreichenden Umstände für seine Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit ab 17. Februar 2014 vorgebracht, die eine weitere Sachverhaltsaufklärung insbesondere durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens – nahe legen. Maßgebliche Punkte wären hierfür nach Auffassung des BSG in seinem Urteil vom 5. Mai 2009 (B 1 KR 20/08 R – in juris, Rn. 21) etwa: keine Medikamenteneinnahme und Verhaltensauffälligkeiten; Prüfung der Prozessfähigkeit durch das Amtsgericht; Einleitung eines Betreuungsverfahrens mit Bestellung eines Betreuers; zwangsweise Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung. Anhaltspunkte hierfür liegen jedoch nicht vor.

Zwar hat Dr. T.-B. im undatierten Attest ausgeführt, die Erkrankung des Klägers verlaufe in Phasen und sei großen Schwankungen unterworfen. Trotz entsprechender Medikamentenanpassung gebe es Zeiten, in denen sich der Kläger so schlecht fühle, dass er sich nicht in der Lage sehe, das Haus zu verlassen. Der Kläger sei rund um den maßgeblichen Zeitraum in einer schweren Krankheitsphase wegen einer Medikamentenumstellung gewesen. Dies belegten die häufigen Arztbesuche Anfang des Jahres 2014. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Dr. T.-B. den Kläger nach Ausstellung des "Zahlscheins für Entgeltersatzleistungen" am 3. Februar 2014 nur noch einmal am 10. Februar 2014 und dann erst wieder am 24. Februar 2014 gesehen hat. Am 10. Februar 2014 erschien der Kläger lediglich zu einer weiteren Akkupunkturbehandlung. Für diesen Tag dokumentierte sie keine besonderen Veränderungen. Auch Dr. P. hatte den Kläger ausweislich seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 10. April 2015 zwischen dem 15. Januar und 24. Februar 2014 nicht untersucht; lediglich am 12. Februar 2014 erfolgte eine telefonische Beratung.

Nichts anderes ergibt sich aus der schriftlichen Zeugenauskunft des Dr. Z., wonach der Kläger ihn am 19. Februar 2014 morgens angerufen und mitgeteilt habe, er könne wahrscheinlich nicht kommen. Der Kläger schaffte es dann noch zu der Gruppensitzung, wenn auch verspätet, zu kommen. Nach den Angaben des Dr. Z. äußerte der Kläger, froh zu sein, einen Therapeuten zu haben, den er auch im Notfall erreichen könne (Zitat des Klägers: "Ich hätte mich sonst selbst einweisen müssen in die geschlossene Psychiatrie!"). Die Gruppensitzung war zum Teil mit den Themen des Klägers ausgefüllt ("Ich schaffe den Alltag nicht mehr. Sollte ich Rente beantragen? Ich bekomme den Alltag nicht gebacken - Briefkasten, Telefon, Behörden. Brauche ich einen gesetzlichen Betreuer?"). Als Befund vermerkte Dr. Z. einen weiterhin unveränderten psychischen Zustand des Klägers, die zunehmende Unfähigkeit, den Alltag zu bewältigen, jedoch keine akute Suizidalität. Die therapeutische Beziehung konnte durch den Kläger gehalten werden. Unter dem 24. Februar 2014 notierte Dr. Z.: "In der letzten Woche hatte er mich mehrfach angerufen, um sich "rückzuversichern", dass ich noch lebe." Hierzu führte er aus, die affektive Modulationsfähigkeit des Klägers sei stark beeinflusst. Rückzug funktioniere als Überlebensfunktion. Der Kläger könne die Realität wahrnehmen, wenn auch distanziert. Er habe einen erneuten Klinikaufenthalt mit ihm abgeklärt. Dieser sei vom Kläger abgelehnt worden. Der Kläger brauche die haltende Funktion der Gruppe und von ihm als Therapeuten. Er fühle sich sicher trotz seiner massiven Ängste und der Schuldgefühle.

Diese Aufzeichnungen belegen nicht die mangelnde Geschäftsunfähigkeit des Klägers am 17. Februar 2015. Vielmehr kann vor dem Hintergrund der Teilnahme an der Gruppentherapie in F. keine mangelnde Geschäftsfähigkeit angenommen werden. Wie das SG zutreffend dargestellt hat, war der Kläger in der Lage eine Reisetätigkeit in ca. siebenstündiger Länge zu entfalten und während der Therapiesitzung seine derzeitige Lebenssituation zu strukturieren und in maßgeblichen Punkten zu reflektieren. Nicht nachvollziehbar ist, weswegen der Kläger es nicht hätte schaffen sollen, seine am Wohnort residierende Hausärztin zu kontaktieren.

bb) Der Kläger kann sich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist (z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 15).

Daran fehlt es hier. Es ist nicht Sache der Krankenkasse, den Versicherten rechtzeitig vor Ablauf des schon festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeitraums auf die besondere gesetzliche Regelung und deren im Regelfall gravierende Folgen hinzuweisen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 16). Krankenkassen sind nicht gehalten, Hinweise auf den gesetzlich geregelten Zeitpunkt einer ggf. erneut erforderlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung zu geben oder solche Hinweise in den Formularen zur Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit vorzusehen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 16). Obwohl keine Pflicht zur Aufklärung der Versicherten über ihre Obliegenheiten besteht, hat die Beklagte den Kläger mit Bewilligungsbescheid über Krankengeld vom 24. Mai 2013 ausdrücklich hierauf hingewiesen.

c) Dem Kläger steht auch kein nachgehender Leistungsanspruch (§ 19 Abs. 2 SGB V) für die Zeit ab dem 18. Februar 2014 zu. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V besteht, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ein solcher nachgehender Anspruch kommt lediglich in Betracht, falls der Kläger ab 18. Februar 2014 nicht auf andere Weise Krankenversicherungsschutz genoss (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 18 m.w.N.). Denn der aus der früheren Mitgliedschaft abgeleitete Versicherungsschutz ist gegenüber Ansprüchen aus einem aktuellen Versicherungsverhältnis grundsätzlich nachrangig (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 18 m.w.N.). Ab dem 18. Februar 2014 war der Kläger bei der Beklagten freiwillig versichert (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V), so dass ein Krankengeldanspruch nicht auf § 19 Abs. 2 SGB V gestützt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R – in juris, Rn. 17).

d) Ein Anspruch des Klägers auf Krankengeld folgt auch nicht aus der freiwilligen Versicherung ab 18. Februar 2014. Denn diese umfasste nicht einen Anspruch auf Krankengeld.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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