Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3831/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2389/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2014 wird verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt gerichtlichen Rechtschutz in einer Angelegenheit der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der 1951 geborene Kläger schloss in einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) B. wegen eines Anspruchs auf Erwerbsunfähigkeitsrente (S 29 RJ 1687/98) mit der Beklagten im Oktober 1999 einen Vergleich, in dem diese erklärte, Erwerbsunfähigkeit des Klägers ab dem 15.04.1996 anzuerkennen und Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen ab dem 01.05.1996 zu zahlen. Mit Bescheid vom 12.04.2000 setzte die Beklagte den Vergleich um: Die Rente beginne am 16.04.1997. Bis zum 15.04.1997 habe der Kläger einen Anspruch auf Übergangsgeld, Verletztengeld oder Versorgungskrankengeld gehabt. Für die Zeit ab 01.06.2000 würden monatlich 1.343,27 DM gezahlt. Die Nachzahlung für die Zeit vom 16.04.1997 bis 31.05.2000 betrage 47.133,70 DM. Sie werde vorläufig einbehalten, weil zunächst die Ansprüche anderer Sozialleistungsträger abschließend zu klären seien.
Mit Bescheid vom 29.06.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Arbeitsamt B., die T. K. H. und das Sozialamt B. Erstattungsansprüche für die Zeit vom 16.04.1997 bis 31.05.2000 gegen die Beklagte geltend gemacht hätten. Mit der Nachzahlung in Höhe von 47.133,70 DM würden diese Erstattungsansprüche erfüllt. Dem Kläger bleibe ein Nachzahlungsbetrag von 581,28 DM.
In der Folge verlegte der Kläger seinen Wohnort mehrfach. So hielt er sich unter anderem in I., P., I. B., B., D. und F. auf.
Aufgrund der Pflichtmitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung der T. berücksichtigte die Beklagte die Eigenanteile des Klägers bei der Rentenhöhe und überwies die Beträge an die T.
Zum 01.07.2008 stellte die Beklagte die Rentenzahlungen auf ein Konto nach I. um, wo sich der Kläger nach eigenen Angaben aufhielt. Rückwirkend zum 02.05.2008 führte die Beklagte deshalb keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung mehr ab (Bescheid vom 13.05.2008). Für die Zeit ab 01.07.2008 zahlte die Beklagte an den Kläger laufend 738,81 EUR. Das Krankenversicherungsverhältnis ruhte zunächst.
Mit Schreiben vom 31.07.2008 begehrte der Kläger von der T. die Wiederaufnahme des Krankenversicherungsschutzes mit Wirkung zum 01.09.2008.
Im August 2008 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz nach G., im September 2009 nach F., im Mai 2011 nach D.
Die T. bestätigte der Beklagten am 22.06.2011 die rückwirkende Mitgliedschaft ab 02.05.2008.
Die Beklagte setzte den Kläger mit Bescheid vom 24.06.2011 darüber in Kenntnis, dass sich die Berechnungsgrundlagen geändert hätten und die Rente neu berechnet worden sei. Für die Zeit vom 02.08.2008 bis 30.06.2011 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 2.675,71 EUR. Dieser Betrag sei vom Kläger zu erstatten.
Der Kläger legte hiergegen am 08.07.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass er im vorliegenden Zeitraum tatsächlich keinen Krankenversicherungsschutz gehabt habe.
Mit Bescheid vom 29.06.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Versichertenrente weitergewährt werde. Für die Zeit ab 01.08.2011 würden monatlich laufend 684,66 EUR gezahlt. Für die Zeit vom 01.07.2011 bis 31.07.2011 betrage die Nachzahlung ebenfalls 684,66 EUR.
Mit Anhörungsschreiben vom 30.06.2011 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass für die Zeit vom 02.08.2008 bis 30.06.2011 Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.675,71 EUR einzubehalten seien. Sie beabsichtige, die Beitragsforderung ab dem 01.09.2011 gegen die laufende Rente in Höhe von 342,33 EUR monatlich aufzurechnen.
Daraufhin kündigte der Kläger seine Mitgliedschaft bei der T. mit Schreiben vom 08.07.2011.
Im Juli 2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er sich ab August 2011 wieder in I.aufhalten werde.
Mit Bescheid vom 24.10.2011 rechnete die Beklagte die Beitragsforderungen in Höhe von 2.675,71 EUR gegen die laufende Rente in Höhe von monatlich 382,06 EUR ab dem 01.12.2011 auf. Durch den Verzug nach I. unterliege er seit dem 01.07.2011 nicht mehr der Krankenversicherung der Rentner. Die Rente werde von der dadurch entstehenden Nachzahlung in Höhe von 397,35 EUR zur teilweisen Tilgung der Überzahlung die Hälfte einbehalten. Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 01.11.2011 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 25.10.2011 berechnete die Beklagte die Rente neu. Für die Zeit ab 01.12.2011 würden laufend 764,13 EUR monatlich gezahlt. Für die Zeit vom 01.07.2011 bis 30.11.2011 betrage die Nachzahlung 397,35 EUR. Die Nachzahlung werde vorläufig nicht ausgezahlt. Tatsächlich zahlte die Beklagte dem Kläger eine Rente in Höhe von monatlich 684,66 EUR aus. Am 09.11.2011 überwies die Beklagte an den Kläger außerdem einen Betrag in Höhe von 198,68 EUR für die Nachzahlung der Monate Juli bis November 2011.
Mit Bescheid vom 25.01.2012 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers neu. Für die Zeit ab 01.03.2012 würden laufend monatlich 764,13 EUR gezahlt. Für die Monate Juli bis Februar 2012 betrage die Nachzahlung 635,76 EUR.
Mit Schreiben vom 08.03.2012 hörte die Beklagte den Kläger erneut zu einer monatlichen Aufrechnung der Beitragsforderungen in Höhe von insgesamt 2.675,71 EUR an. Sie beabsichtige nunmehr, die Forderung ab dem 01.05.2012 gegen die laufende Rente in Höhe von 382,96 EUR monatlich aufzurechnen. Von diesem Vorgehen sah die Beklagte allerdings tatsächlich ab.
Schließlich änderte die Beklagte mit Bescheid vom 06.05.2013 den Bescheid vom 24.10.2011 insoweit ab, als zur Tilgung der Beitragsforderung der Krankenkasse in Höhe von 2.675,71 EUR folgende Beträge einbehalten würden: • 198,67 EUR aus der Nachzahlung des Bescheides vom 25.10.2011 • 79,47 EUR aus der Nachzahlung des Bescheides vom 25.01.2012 • 2.311,39 EUR aus einer bei der D. R. B.-B. zur Verfügung stehenden Nachzahlung. Somit reduziere sich die Gesamtforderung auf 86,18 EUR. Von der Einbehaltung dieses Betrages sehe sie ab. Der Kläger habe sich mit der Einbehaltung der Forderung aus den Nachzahlungsbeträgen einverstanden erklärt. Dieser Bescheid ergehe aufgrund des Widerspruchs vom 01.11.2011. Diesem Rechtsbehelf sei damit in vollem Umfang abgeholfen. Ein Widerspruch gegen diesen Bescheid sei nur zulässig, soweit er sich gegen die Ausführung der Abhilfe richte.
In den folgenden Wochen trat der Kläger mit diversen Anliegen (Rentenzahlung nach I. etc.) an die Beklagte heran.
Mit Schreiben vom 28.06.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die bislang einbehaltene Rentennachzahlung 635,76 EUR betrage. Darauf habe sie selbst einen Erstattungsanspruch erhoben. Es verbleibe mithin ein Restbetrag in Höhe von 556,29 EUR.
Mit Schreiben vom 09.07.2013 an die Beklagte wandte sich der Kläger gegen das Schreiben vom 28.06.2013. Das Dokument, das eine Änderung vornehme, sei nicht geeignet, einen Bescheid zu ersetzen. Von monatlich 556,29 EUR könne er nicht leben. Der Betrag von 2.311,39 EUR sei auch problematisch, weil er auf einen Zeitraum zurückgehe, der durch den Vergleich vor dem SG B. ausgeschlossen gewesen sei. Er könne nicht einseitig den Vergleich korrigieren. Die Rentensache müsse neu vor dem SG Stuttgart verhandelt werden, weil der gerichtliche Vergleich in Frage gestellt werde. Die Beklagte legte dieses Schreiben nicht als Widerspruch aus.
Am 09.07.2013 hat der Kläger außerdem Klage vor dem SG Stuttgart erhoben. Wenn mit Halbierung seiner Rente gedroht werde, sei seine Existenz bedroht. Er bestreite außerdem die Richtigkeit und Klarheit der Forderung. Bei der Rente in Höhe von 556,29 EUR handele es sich um eine zusätzliche Zahlung, die ihm nicht erklärlich sei. Der Betrag in Höhe von 2.311,39 EUR widerspreche dem geschlossenen Vergleich über das Vorliegen einer Erwerbsminderungsrente.
Die Beklagte erwiderte, sie habe die monatliche Rentenzahlung nicht auf einen Betrag in Höhe von 556,29 EUR herabgesetzt. Der Kläger habe vielmehr neben seiner monatlichen Rentenzahlung in Höhe von derzeit 780,82 EUR (ab 01.07.2013: in Höhe von 782,76 EUR) eine Einmalzahlung in oben genannter Höhe erhalten.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG Stuttgart die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09.01.2014 abgewiesen mit der Begründung, die Klage sei unzulässig. Die laufenden Rentenleistungen an den Kläger seien nicht im Juli 2013 herabgesetzt worden. Dem Kläger fehle daher für sein ursprüngliches Klageziel, die ungekürzte Gewährung von Rentenleistungen für den Juli 2013, das für eine zulässige Klage erforderliche Bedürfnis für die Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes. Soweit der Kläger vorbringe, die Berechnung der Nachzahlung sei für ihn nicht schlüssig erklärt, ergebe sich auch daraus kein Rechtsschutzbedürfnis. Denn in dem Schreiben vom 28.06.2013 sei unter Bezugnahme auf den Nachzahlungsbetrag in Höhe von 635,76 EUR aus dem Bescheid vom 25.01.2012 die Errechnung aufgrund Erstattungsanspruchs in Höhe von 79,47 EUR angegeben worden. Somit sei die Berechnung nachvollziehbar gewesen. Gegen den Bescheid vom 25.01.2012 habe der Kläger außerdem keinen Widerspruch eingelegt. Soweit der Kläger sich mit der Klage gegen die Tilgung der Beitragsforderung der Krankenkasse in Höhe von 2.311,39 EUR aus der Nachzahlung durch die D. R. B.-Brandenburg wende, sei die Klage ebenfalls unzulässig. Denn insoweit fehle es an einem Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 06.05.2013. Der Kläger habe bislang keinen Widerspruch hiergegen erhoben. Aus diesem Grund könne die vorliegende Klage auch nicht in eine Untätigkeitsklage umgedeutet werden. Ansonsten hätte der Kläger, wie auch zuvor gegen den Ausgangsbescheid vom 24.10.2011, ausdrücklich einen Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.05.2013 eingelegt. Vielmehr habe er zum Ausdruck gebracht, dass er die Rentensache vor dem SG Stuttgart neu verhandeln möchte.
Das SG Stuttgart hat den Gerichtsbescheid an den Kläger unter der von ihm mitgeteilten Adresse des H. B., wo der Kläger vorübergehend wohnte, mit Postzustellungsurkunde versandt. Auf dieser hat ein Mitarbeiter des Postunternehmens B. GmbH & Co. KG am 17.01.2014 vermerkt, dass er - da er den Adressaten in der Gemeinschaftseinrichtung nicht erreicht habe - das Schriftstück an den Leiter der Einrichtung, Herrn D. K. (K), übergeben habe.
Am 19.05.2014 hat der Kläger dem SG Stuttgart mitgeteilt, dass er keinen Gerichtsbescheid erhalten habe, woraufhin ihm eine Abschrift am selben Tag persönlich ausgehändigt worden ist. Der Kläger hat hierzu ein Empfangsbekenntnis unterschrieben.
Am 20.05.2014 hat der Kläger hiergegen beim SG Stuttgart Berufung eingelegt und dazu (zunächst) ausgeführt, er habe Kenntnis von dem Gerichtsbescheid erst am 19.05.2014 erhalten. Im Zeitraum von Mai 2013 bis Juni 2014 habe er sich unter der Adresse in dem H. B. aufgehalten. Zuletzt hat er vorgetragen, es gehe ihm inhaltlich um die Infragestellung des 1999 geschlossenen Vergleichs. Demnach beginne die Rentenzahlung ab dem 01.05.1996. Unklar sei auch die Verteilung der Rente für die Jahre 1996 bis 2000 (ca. 50.000 DM). Er verlange Klärung, ob die Auszahlung der Nachzahlung an die T., das Arbeitsamt B. und das Bezirksamt B.-W. rechtmäßig gewesen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2014 aufzuheben und die Festsetzung des Beginns seiner Erwerbsunfähigkeitsrente sowie die Rechtmäßigkeit der Nichtauszahlung eines Nachzahlungsanspruchs für die Zeit vom 16. April 1997 bis 31. Mai 2000 zu überprüfen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine weitere Stellungnahme hat sie nicht abgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, insbesondere dabei auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.01.2016, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist bereits unzulässig.
Zwar hat der Kläger die Berufung fristgemäß eingelegt. Nach § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird, § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Der Kläger hat sein Berufungsschreiben am 20.05.2014 und somit fristgerecht vor Ablauf der Ein-Monats-Frist persönlich bei dem SG Stuttgart abgegeben. Denn der Gerichtsbescheid ist dem Kläger erst am 19.05.2014 und nicht bereits schon am 17.01.2014 zugestellt worden.
Für das Verfahren bei Zustellungen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend anwendbar, §§ 166 ff. ZPO, 202 Satz 1 SGG. Nach § 177 ZPO kann ein Schriftstück der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird. Dem Kläger ist am 29.05.2014 bei dessen persönlicher Vorsprache beim SG Stuttgart eine Abschrift des Gerichtsbescheids übergeben worden. Den Vorgang hat er mit Empfangsbekenntnis vom selben Tag quittiert. Eine Zustellung des Gerichtsbescheids ist nicht bereits am 17.01.2014 durch das Postunternehmen B. GmbH & Co. KG durch Übergabe des Schriftstücks an den in der Postzustellungsurkunde vermerkten K. erfolgt.
Die Voraussetzungen für eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO lagen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann ein Schriftstück bei einer Person, der zugestellt werden soll und die in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen wird, zugestellt werden 1. in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner, 2. in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person oder 3. in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.
Zum Nachweis der Zustellung nach § 178 ZPO ist gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Urkunde anzufertigen. Diese Urkunde ist eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 418 ZPO, vgl. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Nach § 418 Abs. 1 ZPO begründen öffentliche Urkunden vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Der Gegenbeweis kann nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Der Gegenbeweis wird nicht schon durch die bloße Behauptung, das betreffende Schriftstück nicht erhalten zu haben, erbracht, weil es für die Wirksamkeit der Zustellung nicht darauf ankommt, ob und wann der Adressat das Schriftstück seinem Briefkasten entnommen und ob er es tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. Vielmehr erfordert der Gegenbeweis der Unrichtigkeit den Beweis eines anderen als in der Zustellungsurkunde bezeugten Geschehensablaufs; nur so wird ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der Zustellungsurkunde belegt (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 13.11.2008, B 13 R 138/07 B (juris)). Unter Anwendung dieses Beweismaßstabs ist von der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde vermerkten Tatsachen auszugehen.
Der Kläger hat nämlich glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass er sich über einen zusammenhängenden Zeitraum von etwa einem Jahr, der auch den Monat Januar 2014 umfasste, in dem H. B. aufhielt. Seine Ausführungen werden bestätigt durch den Internetauftritt des H. B. auf der K als Hotelinhaber angegeben wird.
Bei einem Hotel handelt es sich jedoch nicht um eine Gemeinschaftseinrichtung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, bei welcher es sich um einen weiten Begriff handelt. Eine Legaldefinition für die ZPO existiert nicht (vgl. aber § 33 Infektionsschutzgesetz). Unter einer Gemeinschaftseinrichtung können nicht nur öffentlich-rechtliche, sondern auch privatrechtliche organisierte Einrichtungen gefasst werden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Auflage, § 178 Rn. 27). Voraussetzung ist jedoch, dass die Einrichtung zum Wohnen von Personen organisiert sein muss (Hüßtege in: Thomas/Putzo, 36. Auflage, § 179 Rn. 18a), wenngleich es sich hierbei auch um einen nur vorübergehenden Aufenthalt, wie etwa bei einem Krankenhaus, handeln kann (Stöber in: Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 178 Rn. 20). Als beispielhaft werden in der Kommentarliteratur u.a. aufgezählt Krankenhäuser, Lehrlingswohnheime oder Obdachlosenunterkünfte. Ein Hotel kann jedoch nicht als Gemeinschaftseinrichtung verstanden werden. Denn hierbei handelt es sich um eine rein wirtschaftlich veranlasste Einheit, die keinen weiteren gesellschaftlichen Zwecken dient als primär dem zur Verfügung stellen von kurzfristigen Unterkunftsmöglichkeiten, vorzugsweise für Reisende.
Ebenso liegt keine Ersatzzustellung in der Wohnung vor. Hierbei handelt es sich um Räume, in denen der Adressat über einen längeren Zeitraum tatsächlich lebt und schläft (Stöber, a.a.O. Rn. 4). Die Hotelräume sind im vorliegenden Fall zwar als Wohnung einzuordnen, da der Kläger in dem Hotel nach eigenen Angaben über einen Zeitraum von etwa einem Jahr lebte, keine weitere Bleibe hatte und es sich insbesondere nicht um einen nur vorübergehenden Aufenthalt handelte. Allerdings ist K weder ein erwachsener Familienangehöriger noch ein erwachsener ständiger Mitbewohner. Unter einem ständigen Mitbewohner versteht man denjenigen, der mit dem Adressaten in einer gemeinsamen Wohnung (oder zumindest in Teilen dieser) tatsächlich lebt und schläft, somit einen räumlichen Mittelpunkt seines Lebens hat. Das Erfordernis einer gemeinsamen Haushaltsführung besteht jedoch nicht (Stöber, a.a.O., Rn. 12). Bei lebensnaher Betrachtung ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kläger - auch wenn er möglicherweise die Empfangsräume oder den Gastronomiebereich des Hotels mitgenutzt hat - separat in dem Hotel lebte, so dass er seine Wohnung bereits aus diesen Gründen nicht mit K teilte. Eine wirksame Ersatzzustellung ist somit am 17.01.2014 nicht erfolgt.
Die - mithin fristgerecht erhobene - Berufung ist aber aus anderen Gründen unzulässig. Eine zulässige Berufung setzt voraus, dass der Kläger noch bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung die aus dem erstinstanzlichen Urteil folgende Beschwer beseitigen will. Eine Berufung des Klägers ist demnach unzulässig, wenn sie den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt, sondern lediglich im Wege der Klageerweiterung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, Vor § 143 Rn. 3 mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs [BGH], vgl. Urteil vom 30.11.2005, XII ZR 112/03; BSG, Urteil vom 31.07.2002, B 4 RA 20/01 R (juris)). Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Vor dem SG Stuttgart hatte der Kläger in erster Linie die Zahlung einer höheren Rente für den Monat Juli 2013 begehrt, da er versehentlich davon ausging, er bekomme für den Monat Juli 2013 nur 556,29 EUR Rente. Ferner hatte er sich gegen eine Tilgung der Beitragsforderung für die gesetzliche Kranken- und soziale Pflegeversicherung aus einem Nachzahlungsanspruch gegen die D. R. B.-B. in Höhe von 2.311,39 EUR gewandt. Diese Angelegenheit hat er im Berufungsverfahren nicht mehr weiterverfolgt. Zwar spricht er in seinem Schreiben vom 10.06.2014 einen Betrag in Höhe von 2.311,00 EUR erneut an, allerdings nur, um mitzuteilen, dass er diesen für seinen damals geplanten Umzug in die S. verwenden werde. Im Berufungsverfahren hat der Kläger sein Begehren ausgetauscht und dabei sein erstinstanzliches Klageziel vollständig aufgegeben. Mit Schreiben vom 08.11.2014 hat der Kläger sein Berufungsbegehren dahingehend zusammengefasst. Im Einzelnen führte er aus, es gehe um die "Infragestellung des Vergleichs vor dem Sozialgericht Berlin 1999", den Rentenzahlungsbeginn sowie die Verteilung der (etwa) 50.000,00 DM an verschiedene Behörden.
Der Kläger nahm zwar im Laufe des Berufungsverfahrens auf eine Vielzahl von anderen Punkten Bezug (Datenschutz, laufende Rentenzahlung). Aus den weiteren Angaben des Klägers mit Schreiben vom 18.09.2014 ("Bis auf weiteres sind Sie meine Adresse in Rentenangelegenheiten"), ergibt sich jedoch, dass der Kläger diesbezüglich keine gerichtliche Klärung sucht, sondern aus Angst vor Datenschutzrechtsverletzungen nur die Korrespondenz über das Gericht gewählt hat. Dies wird auch in seinem Schreiben vom 01.10.2015 deutlich, in dem er eine Neuberechnung der Rente wegen in R. zurückgelegter Beitragszeiten begehrte und ausdrücklich darauf hinwies, dass diese Angelegenheit außerhalb des gerichtlichen Verfahrens geregelt werden soll.
Der Kläger hat das nunmehr streitige Klageziel auch nicht bereits im Klageverfahren vor dem SG Stuttgart geltend gemacht. Richtig ist, dass er bereits damals, beispielsweise mit Schriftsatz vom 18.07.2013, ausgeführt hat, dass "in dem von ihm genannten Vergleich [ ] ab 01. Juni 1996 bis erste Rente Juni 2000 circa 50.000,00 DM als Rente berechnet" worden seien. Er habe davon lediglich 50,00 DM erhalten. Der Rest sei hauptsächlich an die T. und andere Behörden ausgezahlt worden. Nun sei die T. "wieder mit rückwirkender Forderung". Der Kläger spricht damit den ihm mit Bescheid vom 12.04.2000 gewährten Nachzahlungsanspruch in Höhe von 47.133,70 DM an, welchen die Beklagte mit Bescheid vom 29.06.2000 mit Erstattungsansprüchen anderer Behörden verrechnete. Diese Ausführungen sind vom SG Stuttgart zu Recht nicht als prozessuales Gesuch ausgelegt worden, da dem klägerischen Vorbringen insgesamt nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden konnte, dass er insoweit eine Entscheidung des Gerichts begehrt. Vielmehr sind seine Ausführungen lediglich als Überleitung zu dem aktuelleren mit Bescheid vom 24.06.2011 geregelten Erstattungsanspruch der Beklagten zu verstehen. Somit ist von einem vollständigen Austausch des Klagegrundes auszugehen.
Die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgenommene Klageänderung ist auch nicht zulässig gemäß § 99 Abs.1 und 2 SGG ist. Sie ist nicht sachdienlich, weil die neu eingebrachten Streitgegenstände keinen engen Bezug zu den bisherigen Streitgegenständen haben und es überdies hierzu bestandskräftige Bescheide gibt. Die Beklagte hat der Klageerweiterung in der mündlichen Verhandlung eindeutig widersprochen und hatte sich außerdem zuvor in den Schriftsätzen nicht auf das geänderte Vorbringen inhaltlich eingelassen. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass er an einer Entscheidung über die neuen Streitgegenstände selbst bei Annahme einer zulässigen Klageänderung gehindert wäre. Denn eine zulässige Klageänderung ersetzt nicht die für die Zulässigkeit der geänderten Klage fehlenden Prozessvoraussetzungen (BSG, Urteil vom 02.12.2008, B 2 KN 2/07 U R). Diese müssen in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein und stehen nicht zur Disposition der Beteiligten. Zu den Sachurteilsvoraussetzungen gehört auch die funktionelle und somit instanzielle Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Das LSG entscheidet gemäß § 29 Abs. 1 SGG im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte. Soweit der Kläger die Feststellung seines Rentenbeginns sowie die Prüfung der Rechtmäßigkeit der verrechneten Nachzahlung begehrt, handelt es sich um neu erhobene Klagen, die nicht bereits Streitgegenstand vor dem SG Stuttgart waren. Die in den Absätzen zwei bis vier geregelten Ausnahmevoraussetzungen für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG sind nicht gegeben. Das LSG wäre somit für die neu erhobenen Ansprüche unzuständig.
Daher war die Berufung unzulässig und zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt gerichtlichen Rechtschutz in einer Angelegenheit der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der 1951 geborene Kläger schloss in einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) B. wegen eines Anspruchs auf Erwerbsunfähigkeitsrente (S 29 RJ 1687/98) mit der Beklagten im Oktober 1999 einen Vergleich, in dem diese erklärte, Erwerbsunfähigkeit des Klägers ab dem 15.04.1996 anzuerkennen und Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen ab dem 01.05.1996 zu zahlen. Mit Bescheid vom 12.04.2000 setzte die Beklagte den Vergleich um: Die Rente beginne am 16.04.1997. Bis zum 15.04.1997 habe der Kläger einen Anspruch auf Übergangsgeld, Verletztengeld oder Versorgungskrankengeld gehabt. Für die Zeit ab 01.06.2000 würden monatlich 1.343,27 DM gezahlt. Die Nachzahlung für die Zeit vom 16.04.1997 bis 31.05.2000 betrage 47.133,70 DM. Sie werde vorläufig einbehalten, weil zunächst die Ansprüche anderer Sozialleistungsträger abschließend zu klären seien.
Mit Bescheid vom 29.06.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Arbeitsamt B., die T. K. H. und das Sozialamt B. Erstattungsansprüche für die Zeit vom 16.04.1997 bis 31.05.2000 gegen die Beklagte geltend gemacht hätten. Mit der Nachzahlung in Höhe von 47.133,70 DM würden diese Erstattungsansprüche erfüllt. Dem Kläger bleibe ein Nachzahlungsbetrag von 581,28 DM.
In der Folge verlegte der Kläger seinen Wohnort mehrfach. So hielt er sich unter anderem in I., P., I. B., B., D. und F. auf.
Aufgrund der Pflichtmitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung der T. berücksichtigte die Beklagte die Eigenanteile des Klägers bei der Rentenhöhe und überwies die Beträge an die T.
Zum 01.07.2008 stellte die Beklagte die Rentenzahlungen auf ein Konto nach I. um, wo sich der Kläger nach eigenen Angaben aufhielt. Rückwirkend zum 02.05.2008 führte die Beklagte deshalb keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung mehr ab (Bescheid vom 13.05.2008). Für die Zeit ab 01.07.2008 zahlte die Beklagte an den Kläger laufend 738,81 EUR. Das Krankenversicherungsverhältnis ruhte zunächst.
Mit Schreiben vom 31.07.2008 begehrte der Kläger von der T. die Wiederaufnahme des Krankenversicherungsschutzes mit Wirkung zum 01.09.2008.
Im August 2008 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz nach G., im September 2009 nach F., im Mai 2011 nach D.
Die T. bestätigte der Beklagten am 22.06.2011 die rückwirkende Mitgliedschaft ab 02.05.2008.
Die Beklagte setzte den Kläger mit Bescheid vom 24.06.2011 darüber in Kenntnis, dass sich die Berechnungsgrundlagen geändert hätten und die Rente neu berechnet worden sei. Für die Zeit vom 02.08.2008 bis 30.06.2011 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 2.675,71 EUR. Dieser Betrag sei vom Kläger zu erstatten.
Der Kläger legte hiergegen am 08.07.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass er im vorliegenden Zeitraum tatsächlich keinen Krankenversicherungsschutz gehabt habe.
Mit Bescheid vom 29.06.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Versichertenrente weitergewährt werde. Für die Zeit ab 01.08.2011 würden monatlich laufend 684,66 EUR gezahlt. Für die Zeit vom 01.07.2011 bis 31.07.2011 betrage die Nachzahlung ebenfalls 684,66 EUR.
Mit Anhörungsschreiben vom 30.06.2011 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass für die Zeit vom 02.08.2008 bis 30.06.2011 Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.675,71 EUR einzubehalten seien. Sie beabsichtige, die Beitragsforderung ab dem 01.09.2011 gegen die laufende Rente in Höhe von 342,33 EUR monatlich aufzurechnen.
Daraufhin kündigte der Kläger seine Mitgliedschaft bei der T. mit Schreiben vom 08.07.2011.
Im Juli 2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er sich ab August 2011 wieder in I.aufhalten werde.
Mit Bescheid vom 24.10.2011 rechnete die Beklagte die Beitragsforderungen in Höhe von 2.675,71 EUR gegen die laufende Rente in Höhe von monatlich 382,06 EUR ab dem 01.12.2011 auf. Durch den Verzug nach I. unterliege er seit dem 01.07.2011 nicht mehr der Krankenversicherung der Rentner. Die Rente werde von der dadurch entstehenden Nachzahlung in Höhe von 397,35 EUR zur teilweisen Tilgung der Überzahlung die Hälfte einbehalten. Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 01.11.2011 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 25.10.2011 berechnete die Beklagte die Rente neu. Für die Zeit ab 01.12.2011 würden laufend 764,13 EUR monatlich gezahlt. Für die Zeit vom 01.07.2011 bis 30.11.2011 betrage die Nachzahlung 397,35 EUR. Die Nachzahlung werde vorläufig nicht ausgezahlt. Tatsächlich zahlte die Beklagte dem Kläger eine Rente in Höhe von monatlich 684,66 EUR aus. Am 09.11.2011 überwies die Beklagte an den Kläger außerdem einen Betrag in Höhe von 198,68 EUR für die Nachzahlung der Monate Juli bis November 2011.
Mit Bescheid vom 25.01.2012 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers neu. Für die Zeit ab 01.03.2012 würden laufend monatlich 764,13 EUR gezahlt. Für die Monate Juli bis Februar 2012 betrage die Nachzahlung 635,76 EUR.
Mit Schreiben vom 08.03.2012 hörte die Beklagte den Kläger erneut zu einer monatlichen Aufrechnung der Beitragsforderungen in Höhe von insgesamt 2.675,71 EUR an. Sie beabsichtige nunmehr, die Forderung ab dem 01.05.2012 gegen die laufende Rente in Höhe von 382,96 EUR monatlich aufzurechnen. Von diesem Vorgehen sah die Beklagte allerdings tatsächlich ab.
Schließlich änderte die Beklagte mit Bescheid vom 06.05.2013 den Bescheid vom 24.10.2011 insoweit ab, als zur Tilgung der Beitragsforderung der Krankenkasse in Höhe von 2.675,71 EUR folgende Beträge einbehalten würden: • 198,67 EUR aus der Nachzahlung des Bescheides vom 25.10.2011 • 79,47 EUR aus der Nachzahlung des Bescheides vom 25.01.2012 • 2.311,39 EUR aus einer bei der D. R. B.-B. zur Verfügung stehenden Nachzahlung. Somit reduziere sich die Gesamtforderung auf 86,18 EUR. Von der Einbehaltung dieses Betrages sehe sie ab. Der Kläger habe sich mit der Einbehaltung der Forderung aus den Nachzahlungsbeträgen einverstanden erklärt. Dieser Bescheid ergehe aufgrund des Widerspruchs vom 01.11.2011. Diesem Rechtsbehelf sei damit in vollem Umfang abgeholfen. Ein Widerspruch gegen diesen Bescheid sei nur zulässig, soweit er sich gegen die Ausführung der Abhilfe richte.
In den folgenden Wochen trat der Kläger mit diversen Anliegen (Rentenzahlung nach I. etc.) an die Beklagte heran.
Mit Schreiben vom 28.06.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die bislang einbehaltene Rentennachzahlung 635,76 EUR betrage. Darauf habe sie selbst einen Erstattungsanspruch erhoben. Es verbleibe mithin ein Restbetrag in Höhe von 556,29 EUR.
Mit Schreiben vom 09.07.2013 an die Beklagte wandte sich der Kläger gegen das Schreiben vom 28.06.2013. Das Dokument, das eine Änderung vornehme, sei nicht geeignet, einen Bescheid zu ersetzen. Von monatlich 556,29 EUR könne er nicht leben. Der Betrag von 2.311,39 EUR sei auch problematisch, weil er auf einen Zeitraum zurückgehe, der durch den Vergleich vor dem SG B. ausgeschlossen gewesen sei. Er könne nicht einseitig den Vergleich korrigieren. Die Rentensache müsse neu vor dem SG Stuttgart verhandelt werden, weil der gerichtliche Vergleich in Frage gestellt werde. Die Beklagte legte dieses Schreiben nicht als Widerspruch aus.
Am 09.07.2013 hat der Kläger außerdem Klage vor dem SG Stuttgart erhoben. Wenn mit Halbierung seiner Rente gedroht werde, sei seine Existenz bedroht. Er bestreite außerdem die Richtigkeit und Klarheit der Forderung. Bei der Rente in Höhe von 556,29 EUR handele es sich um eine zusätzliche Zahlung, die ihm nicht erklärlich sei. Der Betrag in Höhe von 2.311,39 EUR widerspreche dem geschlossenen Vergleich über das Vorliegen einer Erwerbsminderungsrente.
Die Beklagte erwiderte, sie habe die monatliche Rentenzahlung nicht auf einen Betrag in Höhe von 556,29 EUR herabgesetzt. Der Kläger habe vielmehr neben seiner monatlichen Rentenzahlung in Höhe von derzeit 780,82 EUR (ab 01.07.2013: in Höhe von 782,76 EUR) eine Einmalzahlung in oben genannter Höhe erhalten.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG Stuttgart die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09.01.2014 abgewiesen mit der Begründung, die Klage sei unzulässig. Die laufenden Rentenleistungen an den Kläger seien nicht im Juli 2013 herabgesetzt worden. Dem Kläger fehle daher für sein ursprüngliches Klageziel, die ungekürzte Gewährung von Rentenleistungen für den Juli 2013, das für eine zulässige Klage erforderliche Bedürfnis für die Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes. Soweit der Kläger vorbringe, die Berechnung der Nachzahlung sei für ihn nicht schlüssig erklärt, ergebe sich auch daraus kein Rechtsschutzbedürfnis. Denn in dem Schreiben vom 28.06.2013 sei unter Bezugnahme auf den Nachzahlungsbetrag in Höhe von 635,76 EUR aus dem Bescheid vom 25.01.2012 die Errechnung aufgrund Erstattungsanspruchs in Höhe von 79,47 EUR angegeben worden. Somit sei die Berechnung nachvollziehbar gewesen. Gegen den Bescheid vom 25.01.2012 habe der Kläger außerdem keinen Widerspruch eingelegt. Soweit der Kläger sich mit der Klage gegen die Tilgung der Beitragsforderung der Krankenkasse in Höhe von 2.311,39 EUR aus der Nachzahlung durch die D. R. B.-Brandenburg wende, sei die Klage ebenfalls unzulässig. Denn insoweit fehle es an einem Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 06.05.2013. Der Kläger habe bislang keinen Widerspruch hiergegen erhoben. Aus diesem Grund könne die vorliegende Klage auch nicht in eine Untätigkeitsklage umgedeutet werden. Ansonsten hätte der Kläger, wie auch zuvor gegen den Ausgangsbescheid vom 24.10.2011, ausdrücklich einen Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.05.2013 eingelegt. Vielmehr habe er zum Ausdruck gebracht, dass er die Rentensache vor dem SG Stuttgart neu verhandeln möchte.
Das SG Stuttgart hat den Gerichtsbescheid an den Kläger unter der von ihm mitgeteilten Adresse des H. B., wo der Kläger vorübergehend wohnte, mit Postzustellungsurkunde versandt. Auf dieser hat ein Mitarbeiter des Postunternehmens B. GmbH & Co. KG am 17.01.2014 vermerkt, dass er - da er den Adressaten in der Gemeinschaftseinrichtung nicht erreicht habe - das Schriftstück an den Leiter der Einrichtung, Herrn D. K. (K), übergeben habe.
Am 19.05.2014 hat der Kläger dem SG Stuttgart mitgeteilt, dass er keinen Gerichtsbescheid erhalten habe, woraufhin ihm eine Abschrift am selben Tag persönlich ausgehändigt worden ist. Der Kläger hat hierzu ein Empfangsbekenntnis unterschrieben.
Am 20.05.2014 hat der Kläger hiergegen beim SG Stuttgart Berufung eingelegt und dazu (zunächst) ausgeführt, er habe Kenntnis von dem Gerichtsbescheid erst am 19.05.2014 erhalten. Im Zeitraum von Mai 2013 bis Juni 2014 habe er sich unter der Adresse in dem H. B. aufgehalten. Zuletzt hat er vorgetragen, es gehe ihm inhaltlich um die Infragestellung des 1999 geschlossenen Vergleichs. Demnach beginne die Rentenzahlung ab dem 01.05.1996. Unklar sei auch die Verteilung der Rente für die Jahre 1996 bis 2000 (ca. 50.000 DM). Er verlange Klärung, ob die Auszahlung der Nachzahlung an die T., das Arbeitsamt B. und das Bezirksamt B.-W. rechtmäßig gewesen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2014 aufzuheben und die Festsetzung des Beginns seiner Erwerbsunfähigkeitsrente sowie die Rechtmäßigkeit der Nichtauszahlung eines Nachzahlungsanspruchs für die Zeit vom 16. April 1997 bis 31. Mai 2000 zu überprüfen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine weitere Stellungnahme hat sie nicht abgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, insbesondere dabei auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.01.2016, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist bereits unzulässig.
Zwar hat der Kläger die Berufung fristgemäß eingelegt. Nach § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird, § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Der Kläger hat sein Berufungsschreiben am 20.05.2014 und somit fristgerecht vor Ablauf der Ein-Monats-Frist persönlich bei dem SG Stuttgart abgegeben. Denn der Gerichtsbescheid ist dem Kläger erst am 19.05.2014 und nicht bereits schon am 17.01.2014 zugestellt worden.
Für das Verfahren bei Zustellungen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend anwendbar, §§ 166 ff. ZPO, 202 Satz 1 SGG. Nach § 177 ZPO kann ein Schriftstück der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird. Dem Kläger ist am 29.05.2014 bei dessen persönlicher Vorsprache beim SG Stuttgart eine Abschrift des Gerichtsbescheids übergeben worden. Den Vorgang hat er mit Empfangsbekenntnis vom selben Tag quittiert. Eine Zustellung des Gerichtsbescheids ist nicht bereits am 17.01.2014 durch das Postunternehmen B. GmbH & Co. KG durch Übergabe des Schriftstücks an den in der Postzustellungsurkunde vermerkten K. erfolgt.
Die Voraussetzungen für eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO lagen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann ein Schriftstück bei einer Person, der zugestellt werden soll und die in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen wird, zugestellt werden 1. in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner, 2. in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person oder 3. in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.
Zum Nachweis der Zustellung nach § 178 ZPO ist gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Urkunde anzufertigen. Diese Urkunde ist eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 418 ZPO, vgl. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Nach § 418 Abs. 1 ZPO begründen öffentliche Urkunden vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Der Gegenbeweis kann nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Der Gegenbeweis wird nicht schon durch die bloße Behauptung, das betreffende Schriftstück nicht erhalten zu haben, erbracht, weil es für die Wirksamkeit der Zustellung nicht darauf ankommt, ob und wann der Adressat das Schriftstück seinem Briefkasten entnommen und ob er es tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. Vielmehr erfordert der Gegenbeweis der Unrichtigkeit den Beweis eines anderen als in der Zustellungsurkunde bezeugten Geschehensablaufs; nur so wird ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der Zustellungsurkunde belegt (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 13.11.2008, B 13 R 138/07 B (juris)). Unter Anwendung dieses Beweismaßstabs ist von der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde vermerkten Tatsachen auszugehen.
Der Kläger hat nämlich glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass er sich über einen zusammenhängenden Zeitraum von etwa einem Jahr, der auch den Monat Januar 2014 umfasste, in dem H. B. aufhielt. Seine Ausführungen werden bestätigt durch den Internetauftritt des H. B. auf der K als Hotelinhaber angegeben wird.
Bei einem Hotel handelt es sich jedoch nicht um eine Gemeinschaftseinrichtung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, bei welcher es sich um einen weiten Begriff handelt. Eine Legaldefinition für die ZPO existiert nicht (vgl. aber § 33 Infektionsschutzgesetz). Unter einer Gemeinschaftseinrichtung können nicht nur öffentlich-rechtliche, sondern auch privatrechtliche organisierte Einrichtungen gefasst werden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Auflage, § 178 Rn. 27). Voraussetzung ist jedoch, dass die Einrichtung zum Wohnen von Personen organisiert sein muss (Hüßtege in: Thomas/Putzo, 36. Auflage, § 179 Rn. 18a), wenngleich es sich hierbei auch um einen nur vorübergehenden Aufenthalt, wie etwa bei einem Krankenhaus, handeln kann (Stöber in: Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 178 Rn. 20). Als beispielhaft werden in der Kommentarliteratur u.a. aufgezählt Krankenhäuser, Lehrlingswohnheime oder Obdachlosenunterkünfte. Ein Hotel kann jedoch nicht als Gemeinschaftseinrichtung verstanden werden. Denn hierbei handelt es sich um eine rein wirtschaftlich veranlasste Einheit, die keinen weiteren gesellschaftlichen Zwecken dient als primär dem zur Verfügung stellen von kurzfristigen Unterkunftsmöglichkeiten, vorzugsweise für Reisende.
Ebenso liegt keine Ersatzzustellung in der Wohnung vor. Hierbei handelt es sich um Räume, in denen der Adressat über einen längeren Zeitraum tatsächlich lebt und schläft (Stöber, a.a.O. Rn. 4). Die Hotelräume sind im vorliegenden Fall zwar als Wohnung einzuordnen, da der Kläger in dem Hotel nach eigenen Angaben über einen Zeitraum von etwa einem Jahr lebte, keine weitere Bleibe hatte und es sich insbesondere nicht um einen nur vorübergehenden Aufenthalt handelte. Allerdings ist K weder ein erwachsener Familienangehöriger noch ein erwachsener ständiger Mitbewohner. Unter einem ständigen Mitbewohner versteht man denjenigen, der mit dem Adressaten in einer gemeinsamen Wohnung (oder zumindest in Teilen dieser) tatsächlich lebt und schläft, somit einen räumlichen Mittelpunkt seines Lebens hat. Das Erfordernis einer gemeinsamen Haushaltsführung besteht jedoch nicht (Stöber, a.a.O., Rn. 12). Bei lebensnaher Betrachtung ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kläger - auch wenn er möglicherweise die Empfangsräume oder den Gastronomiebereich des Hotels mitgenutzt hat - separat in dem Hotel lebte, so dass er seine Wohnung bereits aus diesen Gründen nicht mit K teilte. Eine wirksame Ersatzzustellung ist somit am 17.01.2014 nicht erfolgt.
Die - mithin fristgerecht erhobene - Berufung ist aber aus anderen Gründen unzulässig. Eine zulässige Berufung setzt voraus, dass der Kläger noch bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung die aus dem erstinstanzlichen Urteil folgende Beschwer beseitigen will. Eine Berufung des Klägers ist demnach unzulässig, wenn sie den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt, sondern lediglich im Wege der Klageerweiterung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, Vor § 143 Rn. 3 mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs [BGH], vgl. Urteil vom 30.11.2005, XII ZR 112/03; BSG, Urteil vom 31.07.2002, B 4 RA 20/01 R (juris)). Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Vor dem SG Stuttgart hatte der Kläger in erster Linie die Zahlung einer höheren Rente für den Monat Juli 2013 begehrt, da er versehentlich davon ausging, er bekomme für den Monat Juli 2013 nur 556,29 EUR Rente. Ferner hatte er sich gegen eine Tilgung der Beitragsforderung für die gesetzliche Kranken- und soziale Pflegeversicherung aus einem Nachzahlungsanspruch gegen die D. R. B.-B. in Höhe von 2.311,39 EUR gewandt. Diese Angelegenheit hat er im Berufungsverfahren nicht mehr weiterverfolgt. Zwar spricht er in seinem Schreiben vom 10.06.2014 einen Betrag in Höhe von 2.311,00 EUR erneut an, allerdings nur, um mitzuteilen, dass er diesen für seinen damals geplanten Umzug in die S. verwenden werde. Im Berufungsverfahren hat der Kläger sein Begehren ausgetauscht und dabei sein erstinstanzliches Klageziel vollständig aufgegeben. Mit Schreiben vom 08.11.2014 hat der Kläger sein Berufungsbegehren dahingehend zusammengefasst. Im Einzelnen führte er aus, es gehe um die "Infragestellung des Vergleichs vor dem Sozialgericht Berlin 1999", den Rentenzahlungsbeginn sowie die Verteilung der (etwa) 50.000,00 DM an verschiedene Behörden.
Der Kläger nahm zwar im Laufe des Berufungsverfahrens auf eine Vielzahl von anderen Punkten Bezug (Datenschutz, laufende Rentenzahlung). Aus den weiteren Angaben des Klägers mit Schreiben vom 18.09.2014 ("Bis auf weiteres sind Sie meine Adresse in Rentenangelegenheiten"), ergibt sich jedoch, dass der Kläger diesbezüglich keine gerichtliche Klärung sucht, sondern aus Angst vor Datenschutzrechtsverletzungen nur die Korrespondenz über das Gericht gewählt hat. Dies wird auch in seinem Schreiben vom 01.10.2015 deutlich, in dem er eine Neuberechnung der Rente wegen in R. zurückgelegter Beitragszeiten begehrte und ausdrücklich darauf hinwies, dass diese Angelegenheit außerhalb des gerichtlichen Verfahrens geregelt werden soll.
Der Kläger hat das nunmehr streitige Klageziel auch nicht bereits im Klageverfahren vor dem SG Stuttgart geltend gemacht. Richtig ist, dass er bereits damals, beispielsweise mit Schriftsatz vom 18.07.2013, ausgeführt hat, dass "in dem von ihm genannten Vergleich [ ] ab 01. Juni 1996 bis erste Rente Juni 2000 circa 50.000,00 DM als Rente berechnet" worden seien. Er habe davon lediglich 50,00 DM erhalten. Der Rest sei hauptsächlich an die T. und andere Behörden ausgezahlt worden. Nun sei die T. "wieder mit rückwirkender Forderung". Der Kläger spricht damit den ihm mit Bescheid vom 12.04.2000 gewährten Nachzahlungsanspruch in Höhe von 47.133,70 DM an, welchen die Beklagte mit Bescheid vom 29.06.2000 mit Erstattungsansprüchen anderer Behörden verrechnete. Diese Ausführungen sind vom SG Stuttgart zu Recht nicht als prozessuales Gesuch ausgelegt worden, da dem klägerischen Vorbringen insgesamt nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden konnte, dass er insoweit eine Entscheidung des Gerichts begehrt. Vielmehr sind seine Ausführungen lediglich als Überleitung zu dem aktuelleren mit Bescheid vom 24.06.2011 geregelten Erstattungsanspruch der Beklagten zu verstehen. Somit ist von einem vollständigen Austausch des Klagegrundes auszugehen.
Die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgenommene Klageänderung ist auch nicht zulässig gemäß § 99 Abs.1 und 2 SGG ist. Sie ist nicht sachdienlich, weil die neu eingebrachten Streitgegenstände keinen engen Bezug zu den bisherigen Streitgegenständen haben und es überdies hierzu bestandskräftige Bescheide gibt. Die Beklagte hat der Klageerweiterung in der mündlichen Verhandlung eindeutig widersprochen und hatte sich außerdem zuvor in den Schriftsätzen nicht auf das geänderte Vorbringen inhaltlich eingelassen. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass er an einer Entscheidung über die neuen Streitgegenstände selbst bei Annahme einer zulässigen Klageänderung gehindert wäre. Denn eine zulässige Klageänderung ersetzt nicht die für die Zulässigkeit der geänderten Klage fehlenden Prozessvoraussetzungen (BSG, Urteil vom 02.12.2008, B 2 KN 2/07 U R). Diese müssen in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein und stehen nicht zur Disposition der Beteiligten. Zu den Sachurteilsvoraussetzungen gehört auch die funktionelle und somit instanzielle Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Das LSG entscheidet gemäß § 29 Abs. 1 SGG im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte. Soweit der Kläger die Feststellung seines Rentenbeginns sowie die Prüfung der Rechtmäßigkeit der verrechneten Nachzahlung begehrt, handelt es sich um neu erhobene Klagen, die nicht bereits Streitgegenstand vor dem SG Stuttgart waren. Die in den Absätzen zwei bis vier geregelten Ausnahmevoraussetzungen für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG sind nicht gegeben. Das LSG wäre somit für die neu erhobenen Ansprüche unzuständig.
Daher war die Berufung unzulässig und zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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