L 13 R 1825/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3122/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1825/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 31.01.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1962 geborene Kläger war von 1990 bis 2003 als Maschinenarbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem war er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Im Mai 2006 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab als Gesundheitsstörungen einen dreifachen Bandscheibenvorfall, Depressionen und Lärmstörungen (ununterbrochene Ohrenschmerzen) an. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Orthopäden Dr. M. z. V ... Dieser nannte in seinem Gutachten vom 6. Juni 2006 als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode, Tinnitus bds., Cervico-Brachialgie bei bekannten Bandscheibenvorfällen C5/6 und TH 7/8 sowie Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik im Rahmen eines Schmerzsyndroms von Bandscheibenbeschwerden im HWS-Bereich. Dr. M. z. V. sah lediglich ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich und empfahl eine Berentung für ein Jahr, da im Rahmen der weiteren Behandlung durchaus die Möglichkeit der Besserung bestehe. Mit Bescheid vom 19. Juli 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. November 2006 bis 30 Juni 2007. Am 24. Mai 2007 wurde der Kläger auf Veranlassung der Beklagten erneut sozialmedizinisch durch den Internisten Dr. B. begutachtet. Dieser nannte als Diagnosen eine chronifizierte depressive Störung in Kombination mit Angst, somatoforme Schmerzstörung und mäßiggradiges androides Übergewicht. Dr. B. führte aus, seit der letzten Begutachtung habe sich kein Fortschritt ergeben. Dies dürfte zu einem wesentlichen Teil daran liegen, dass der Versicherte bisher ausschließlich medikamentös und niemals psychotherapeutisch behandelt worden sei. Mit Hilfe einer stationären psychotherapeutischen Reha-Maßnahme lasse sich sowohl die ängstliche Depression als auch die somatoforme Schmerzstörung günstig beeinflussen. Eine dauerhafte Leistungs- und Erwerbsminderung könne durchaus noch verhindert werden. Die Beklagte bewilligte mit Bescheiden vom 20. Juni 2007 und 3. August 2007 die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter bis 30. November 2007.

Vom 1. Oktober 2007 bis 29. Oktober 2007 nahm der Kläger an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Klinik G. teil. Im Entlassungsbericht vom 6. November 2007 werden folgende Diagnosen genannt: 1. rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode; 2. somatoforme Schmerzstörung 3. chronisches Schmerzsyndrom der Wirbelsäule bei mäßiggradigen Bandscheibenveränderungen L4/5 und C4-6 und 4. Adipositas. In der Epikrise wurde ausgeführt, der Kläger habe sich in der Sozialberatung ausgeprägt rentenorientiert gezeigt. Unter Berücksichtigung psychiatrischer, neurologischer und orthopädischer Gesichtspunkte sei der Kläger derzeit leistungsfähig für leichte Tätigkeiten zumindest momentan halbschichtig, bei geeigneter therapeutischer Unterstützung und zumutbarer Willensanstrengung mittelfristig auch wieder vollschichtig unter Ausschluss von Nachtschichtarbeiten, Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, Akkord, häufigem Bücken, Zwangshaltungen, Exposition gegen Kälte, Überkopfarbeiten, Heben und Tragen von Lasten über 12 kg.

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2007 bewilligte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter bis 31. Mai 2008.

Mit Bescheid vom 27. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15 Dezember 2008 lehnte die Beklagte die Weitergewährung de Rente wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ab. Das anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht Ulm (S 8 R 51/09) endete durch Klagerücknahme.

Am 7. Juni 2011 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er leide an Depressionen und es sei ein Bandscheibenvorfall aufgetreten. Ferner bestünden Kopf- und Ohrenschmerzen. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der Klinik G. vom 6. November 2007 bei und bezog die medizinischen Unterlagen aus den vorangegangenen Verfahren in die Entscheidung mit ein. Mit Bescheid vom 20. September 2011 lehnte sie den Rentenantrag ab. Die medizinischen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen trotz der bestehenden rezidivierenden depressiven Störung, einer somatoformen Schmerzstörung und eines chronischen Schmerzsyndroms der Wirbelsäule nicht vor. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, bei ihm liege nicht nur eine depressive Symptomatik vor, sondern der Facharzt für Psychiatrie Dr. W. habe im Juli 2011 vielmehr die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie gestellt. Diese sei nicht ausreichend berücksichtigt. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine sozialmedizinische Begutachtung bei Dr. Sch. (Arzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie). In seinem Gutachten vom 26. Juli 2012 führte er aus, bei dem Kläger lägen auf psychiatrischem Fachgebiet eine Dysthmia und akzentuierte Persönlichkeitszüge vor. Die psychische Symptomatik sei nicht derart ausgeprägt bzw. entziehe sich nicht derart der zumutbaren Willensanstrengung, als dass sie ein unzumutbares Hemmnis für die Aufnahme und Ausführung einer Tätigkeit im Umfang von arbeitstäglich mindestens 6 Stunden darstellen würde. Es sei dem Kläger keineswegs unmöglich, eine erwerbsorientierte Lebensgestaltung zu realisieren. Tätigkeiten mit vermehrt psychischen Belastungen seien nicht leidensgerecht. Die Tätigkeiten sollten auf Grund der Persönlichkeitsakzentuierung nicht in Nachtschicht sein. Auch seien Tätigkeiten mit vermehrtem Publikumsverkehr auf Grund der Persönlichkeitsakzentuierung nicht möglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen hat der Kläger am 20. September 2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, er werde seit vielen Jahren psychiatrisch und psychotherapeutisch von Dr. W. betreut. Seine Beschwerden hätten sich nicht verbessert, sondern verschlechtert. Dr. Sch. habe seine Beschwerden überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Es sei Teil seiner Erkrankung, dass er seine Beschwerden nicht akzentuiert beschreiben könne. Die Auswirkung seiner Erkrankung seien nicht hinreichend berücksichtigt. Er sei selbst bei leichtesten Tätigkeiten überfordert. Das SG hat zunächst die schriftliche sachverständige Zeugenauskunft des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. eingeholt. Dieser hat in seinem Bericht vom 6. Dezember 2012 mitgeteilt, der Kläger befinde sich seit dem Jahr 2002 in seiner Behandlung. Er sei diagnostisch zunächst von einer im Rahmen eines chronischen Schmerzsyndroms und multipler psychosozialer Belastungsfaktoren bestehenden Anpassungsstörung und einem Tinnitus, später von einer depressiven Störung ausgegangen. Seit 15. Juli 2008 hätten sich dann jedoch bis heute deutliche Hinweise auf eine paranoide Schizophrenie gezeigt. Die sehr mangelhaften deutschen Sprachkenntnisse des Klägers hätten die adäquate diagnostische Einordnung der Störung verzögert bzw. erheblich erschwert. Retrospektiv deuteten einige bereits 2002 und bis heute noch vorhandenen Symptome darauf hin, dass man bereits seit 2002 diagnostisch von einer zumindest beginnenden schizophrenen Psychose ausgehen müsse. Im Rahmen der beim Kläger vorliegenden schizophrenen Psychose seien seine kognitiven Funktionen wie Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit erheblich eingeschränkt. Der Kläger sei unruhig, halte es im Untersuchungszimmer keine fünf Minuten aus, ruhig zu sitzen und beginne dann, unruhig zu werden, umherzulaufen und nach draußen zu drängen. Er sei erheblich lärmempfindlich, d.h. er reagiere z.B. auf laute Geräusche wie Maschinen- oder Fahrzeuglärm oder Kindergeschrei teils ängstlich, aber auch aggressiv und mit erheblicher Anspannung und Unruhe. Die Stimmung schwanke auch ohne akute Belastungsfaktoren zwischen ängstlich, unterschwellig bis offen aggressiv und gedrückt und sei nur wenig auflockerbar, d.h. seine affektive Schwingungsfähigkeit sei erheblich vermindert. Gedanklich sei er ganz auf trotz mittlerweile hochdosierter sedierender Medikation auf bestehende Schlafstörungen und chronifizierte Bandscheibenbeschwerden mit wohl erheblichen Schmerzen zentriert. Schubweise gebe er immer wieder optische und (fragliche) akustische Halluzinationen an und äußere Beeinträchtigungs- und Verfolgungsideen, intermittierend auch suizidale Gedanken. Der Kläger sei schon aufgrund der mangelnden Fähigkeit, sich auf eine Tätigkeit zu konzentrieren und der fehlenden Durchhaltefähigkeit nicht mehr in der Lage, eine regelmäßige Arbeitstätigkeit von täglich 6 Stunden im ehemals ausgeübten Beruf zu erbringen. Ein Restleistungsvermögen bestehe nicht, so dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, eine Leistung von wirtschaftlichem Wert im ehemaligen Beruf zu erbringen. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe de facto kein Restleistungsvermögen mehr, um noch irgendeine Leistung von wirtschaftlichem Wert zu erbringen. Das SG hat ferner den Facharzt für Psychotherapie L., psychiatrische Klinik M., zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem fachpsychiatrischen Gutachten vom 26. Juli 2013 hat er als Diagnosen eine paranoide Schizophrenie, chronischen unbeeinflussbaren Schmerz bei Z.n. Bandscheibenvorfällen und Tinnitus aurium beidseits genannt. Für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers sei in erster Linie die Symptomatologie der paranoiden Schizophrenie maßgebend, die chronisch mindestens seit 2008 bestehe. Neben den Positivsymptomen Halluzinationen und Wahn und den daraus resultierenden Ängsten und der massiven Unruhe bestünden zusätzlich ausgeprägte Negativsymptome mit schwerer Störung des Antriebs und der Intentionalität, einer schweren Störung der sozialen Kompetenzen und der Interaktionsfähigkeit sowie ausgeprägte Störungen von Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentration. Diese führten dazu, dass der Kläger sowohl in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch deutlich weniger als drei Stunden täglich tätig sein könne. Die Beklagte hat dieser Einschätzung, gestützt auf eine Stellungnahme der Dr. E. vom 17. September 2013, entgegengehalten, die Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen seien nicht nachvollziehbar. Offensichtlich hätten erhebliche sprachliche Verständigungsschwierigkeiten bestanden, so dass die Befunde des Sachverständigen nicht ohne weiteres zu Grunde gelegt werden könnten. Der gerichtliche Sachverständige L. hat hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. November 2013 ausgeführt, der Kläger habe ein ausreichend gutes Sprachverständnis und ausreichende Sprachkenntnisse, so dass ein deutschsprachiger Psychiater mit Kenntnissen in der interkulturellen Psychiatrie mit hinreichender Sicherheit zwischen einem depressiven Störungsbild und einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis differenzieren könne. Es sei deshalb aus seiner Sicht nicht notwendig gewesen, einen vereidigten Dolmetscher hinzuzuziehen. In ihrer weiteren Stellungnahme vom 7. Januar 2014 hat Dr. E. ergänzend darauf hingewiesen, dass sich in den Stellungnahmen des gerichtlichen Sachverständigen widersprüchliche Angaben zum Sprachverständnis fänden. Das Gutachten sei insgesamt nicht überzeugend.

Das SG hat mit Urteil vom 31. Januar 2014 den angefochtenen Bescheid der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 1. Juni 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG hat sich dabei auf die Feststellungen und Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen L. sowie dessen ergänzende Stellungnahme gestützt. Der gerichtliche Sachverständige L. habe aufgrund einer ausführlichen Auswertung der in den überlassenen Akten enthaltenen medizinischen Unterlagen, einer ausführlichen Anamnese und Untersuchung des Klägers die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie gestellt. Diese Erkrankung führe dazu, dass der Kläger vor allem in seiner geistigen Leistungsfähigkeit in erheblichem Ausmaß beeinträchtigt und er deshalb nicht in der Lage sei, eine mindestens dreistündige Tätigkeit gleich welcher Art auszuüben. Der Einwand der Beklagten, das Gutachten sei nicht schlüssig, weil eine ausreichende Verständigung zwischen dem Kläger und dem gerichtlichen Sachverständigen aufgrund der beim Kläger vorliegenden Sprachschwierigkeiten nicht möglich gewesen sei, greife nicht durch. Der gerichtliche Sachverständige habe hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, dass die sprachliche Verständigung zwar nicht problemlos, aber doch immerhin ausreichend gewesen sei. Der gerichtliche Sachverständige sei ein erfahrener Psychiater und nach Einschätzung der Kammer durchaus in der Lage, zu beurteilen, ob eine ausreichende Verständigung möglich sei oder nicht. Immerhin habe auch Dr. Sch., der den Kläger im Vorverfahren untersucht habe, keine so ausgeprägten Sprachschwierigkeiten des Klägers festgestellt, dass eine Diagnosestellung unmöglich gewesen sei. Auch bei den früheren Untersuchungen des Klägers seien solche erheblichen Sprachschwierigkeiten nicht beschrieben worden. Der Einwand der Beklagten sei deshalb widersprüchlich, weil sie einerseits die ohne einen türkischen Dolmetscher erstellten Gutachten für verwertbar halte, andererseits dem gerichtlichen Sachverständigen aber vorwerfe, er habe keinen türkischen Dolmetscher zugezogen. Die Feststellungen und Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen L. würden im Übrigen eindrucksvoll durch die ausführliche und umfassende Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. W. vom 6. Dezember 2012 bestätigt. Dr. W. habe den Gang der jahrelangen Behandlung des Klägers ausführlich beschrieben und - insoweit räume er Sprach- und Verständnisschwierigkeiten ein - dargelegt, dass er zunächst an eine Erkrankung aus dem Bereich der Depressionen gedacht hatte, jedenfalls zu einem späteren Zeitpunkt dann aber eine paranoide Schizophrenie angenommen habe. Vor dem Hintergrund dieser umfassenden Auskunft habe die Kammer letztlich keine Zweifel an dieser Diagnose und der darauf aufbauenden Schlussfolgerungen zur Leistungsfähigkeit des Klägers, wie sie der gerichtliche Sachverständige L. erstellt habe. Damit sei nach Überzeugung der Kammer auch die Einschätzung des Dr. Sch. widerlegt. Beim Kläger lägen nicht nur eine depressive Erkrankung und eine Anpassungsstörung, sondern eben eine paranoide Schizophrenie vor, die eine völlig andere Beurteilung der Leistungsfähigkeit notwendig mache.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 7. April 2014 zugestellte Urteil am 24. April 2014 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei nach ihrer Überzeugung nicht daran gehindert, leichte Arbeiten noch sechs Stunden und länger pro Tag unter den betriebsüblichen Einschränkungen auszuführen. Das Gutachten sowie die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen wiesen mehrere inhaltlichen Brüche auf und seien daher weder schlüssig noch nachvollziehbar. Die beim Kläger durchgeführten Tests könnten nicht verwertet werden, da in einem laufenden Rentenverfahren nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden könne, dass Probanden besonders motiviert seien, möglichst leistungsstarke Testergebnisse zu erzielen und manche Fragen auch nicht vom Kläger, sondern seiner Ehefrau beantwortet worden seien. Ferner seien die Angaben im Gutachten zur Medikamenteneinnahme des Klägers nicht schlüssig. Der Kläger sei darüber hinaus - wie er bei der Untersuchung bei Dr. Sch. am 24. Juli 2012 angegeben habe - zuletzt dieses Jahr für drei Wochen in der Türkei gewesen. Für die Beurteilung des Schweregrades einer rentenrelevanten Erkrankung spiele neben vielen anderen Bewertungskriterien auch die Frage der Fähigkeit, eine Urlaubsreise durchführen zu können, eine Rolle. Aufgrund der vom Gutachter L. beschriebenen kognitiven Einschränkungen (aus Halluzinationen und Wahn resultierende Ängste, massive Unruhe, schwere Störung des Antriebs und der Intentionalität, schwere Störung der sozialen Kompetenzen und der Interaktionsfähigkeit sowie ausgeprägte Störungen von Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentration) erscheine die Durchführung einer Urlaubsreise, die sogar allein durchgeführt worden sei, eigentlich nicht möglich, zumal der Gutachter davon ausgehe, dass das Störungsbild bereits seit dem Jahr 2008 bestehe. Im Gutachten werde ferner nicht berücksichtigt, dass der Kläger, dem eine Fahruntüchtigkeit bescheinigt werde, selbst mit dem Auto zur Untersuchung gefahren sei. Der Gutachter gehe auch nicht auf die Symptome des Klägers in Bezug auf eine kulturimmanente Krankheitsvorstellung und die entsprechende Wertung ein. Auch sei das Gutachten hinsichtlich seiner Prognose nicht nachvollziehbar. Im Gutachten werde dargelegt, dass seit mindestens 2008 eine chronische paranoide Schizophrenie bestehe, aufgrund deren chronischen Verlaufs sowie der Länge des Krankheitsverlaufs nicht davon auszugehen sei, dass auch bei nochmaliger Intensivierung eine Vollremission erreicht werden könne. Der den Kläger behandelnde Facharzt für Psychiatrie - Psychotherapie habe am 6. Dezember 2012 erklärt, dass die aktuelle Behandlungsfrequenz je nach Belastung und Bedarf durchschnittlich ca. drei Monate betrage. Dies spreche weder für einen erhöhten Leidensdruck des Klägers noch für das Durchführen einer intensiven Therapie. Aus dem Kurzbrief der Klinik am W. vom 26. August 2008 sei zu entnehmen, dass sich durch die Behandlung der Zustand des Klägers habe bessern können und er stabilisiert worden sei. Auch der Sachverständige L. weise darauf hin, dass beim Kläger noch eine Optimierungsmöglichkeit der Psychopharmakatherapie bzw. durch eine stationäre oder teilstationäre Behandlung gegeben sei. Der Kläger unterziehe sich jedoch keiner ambulanten Psychotherapie zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit. Ergänzend brachte die Beklagte vor, es sei wissenschaftlich belegt, dass bei ca. 1/3 der Patienten mit Schizophrenie wieder ein Normalzustand erreicht werden könne, bei 1/3 trete eine Besserung ein und nur bei 1/3 bessere sich der Zustand trotz Therapie nicht. Auf Grund der Aktenlage könne beim Kläger daher von keiner Dauerwirkung seiner Erkrankung ausgegangen werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 31.01.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sei aktenkundig, dass er seit vielen Jahren an psychischen Erkrankungen, chronischen Wirbelsäulenbeschwerden und Tinnitus leide. Vor dem Hintergrund seiner psychischen Erkrankung sei er zunächst zum 1. November 2006 bis zum 30. Juni 2007 und dann nochmals bis zum 31. Mai 2008 berentet worden. Der Sachverständige L. und der behandelnde Arzt Dr. W. hätten - wie auch das Sozialgericht Heilbronn festgestellt habe - schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, auch nur leichte Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert wahrzunehmen. Es gebe unter Bezugnahme auf die Ausführungen das Sozialgerichts Heilbronn keinen Grund, an den nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters L. zu zweifeln.

Der Senat hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M. von Amts wegen als gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem nervenärztlichen Gutachten vom 24. Oktober 2014 teilte der Sachverständige mit, es lägen folgende Gesundheitsstörungen vor: 1. multisegmentale degenerative Wirbelsäulenveränderung im Halswirbel- und Lendenwirbelsäulenbereich ohne neurologischen Hinweis auf eine Nervenwurzelkompression oder Nervenwurzelirritation und ohne zum Untersuchungszeitpunkt feststellbare schwererwiegende Bewegungseinschränkung 2. Angabe täglicher Kopfschmerzen, am ehesten vom Spannungstyp bei angegebener regelmäßiger Einnahme von Schmerzmitteln DD im Sinne analgetikainduzierter Kopfschmerzen 3. Bei gesicherter massiver Simulation kognitiver Defizite erheblich eingeschränkte Beurteilbarkeit hinsichtlich des Vorliegens einer psychischen Störung und 4. DD kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und emotional instabilen Anteilen, DD chronisch depressive Störung im Sinne einer Dysthmia, eher unwahrscheinlich sei hingegen das Vorliegen einer schizophrenen Psychose. Bedingt durch die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen in mehreren Wirbelsäulenabschnitten sollte dem Kläger keine körperlich schwere Arbeit mehr zugemutet werden. Zumutbar seien nur noch überwiegend leichte und zeitweise bis zu drei Stunden täglich mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis maximal 10 kg, angesichts der zervikalen Bandscheibendegeneration sei kein Überkopfarbeiten mehr zumutbar. Wegen der degenerativen Veränderung der lumbalen Wirbelsäule sollte keine Tätigkeit in ständig vornübergebeugter Körperhaltung mehr zugemutet werden. Bei vorhandener emotionaler Instabilität und verminderter Fähigkeit zur Impulssteuerung könnte dem Kläger keine Tätigkeiten im pädagogisch erzieherischen Bereich und auch keine Tätigkeiten in der Pflege sowie auch keine Tätigkeiten mit hoher Verantwortung für andere Menschen oder an einem Arbeitsplatz mit hohem Konfliktpotential zugemutet werden. Angesichts der emotionalen Instabilität in Verbindung mit der depressiven Störung könne dem Kläger auch keine Tätigkeit unter sehr hohem Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit mehr zugemutet werden. Wegen der psychischen Störung und der Angabe von massiven Schlafstörungen könne ihm auch keine Schichtarbeit mehr zugemutet werden. Die noch möglichen Tätigkeiten seien weiterhin auch unter Berücksichtigung der notwendigen Wege zu und vom Arbeitsplatz noch acht Stunden täglich möglich. Die Leiden des Klägers bedingten, so die qualitativen Einschränkungen beachtet würden, keine Notwendigkeit besonderer Pausen oder eines besonders gestalteten Arbeitsgerätes. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen L. sei die von ihm gestellte Diagnose einer schizophrenen Psychose nicht gesichert, ebenso sei die Diagnose chronischer Schmerz bei Zustand nach Bandscheibenvorfällen falsch. Der Kläger ist dem Gutachten des Sachverständigen M. entgegengetreten und hat die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG bei der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. beantragt. Diese hat in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 1. September 2015 folgende Diagnosen angegeben: Chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom bei NPP C3/4 und C4/5 sowie degenerativen Veränderungen mit rezidivierenden Zervikobrachialgien bds., rechts betont, ohne neurologischen Ausfälle; Tinnitus aurium bds.; Spannungskopfschmerz; rezidivierende depressive Episode, mittelschwer; anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen. Eine paranoide Schizophrenie könne nicht festgestellt werden. Möglich seien leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg, im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen oder überwiegend sitzend, ohne permanente Zwangshaltungen, ohne ständige Überkopfarbeiten, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Tätigkeiten unter erhöhter Lärmbelastung, keine fordernden sozialen Interaktionen, kein regelmäßiger Publikumsverkehr, kein Zeitdruck und keine Nachtschicht. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könnten die noch möglichen Tätigkeiten vollschichtig, d.h. mindestens sechs Stunden täglich, verrichtet werden. Auf ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, im Bedarfsfall Tragen eines Lärmschutzes, sei zu achten. Darüber hinaus seien keine besonderen Arbeitsbedingungen, insbesondere keine betriebsunüblichen Pausen, zu beachten. Auch diesem Gutachten ist der Kläger entgegengetreten und hat ergänzend den Bericht des behandelnden Ohrenarztes Dr. K. vom 1. Oktober 2015 vorgelegt. Er leide unter enormem Tinnitus und gestörtem Nachtschlaf mit massivem Zähneknirschen, sei stark schmerzbelastet und nicht in der Lage, seinen Alltag zu strukturieren.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 23. Oktober 2015 bzw. 11. November 2015 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Nach Maßgabe dieser Vorschriften ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Der Senat stützt sich dabei auf die ausführlichen und in sich schlüssigen Gutachten des Sachverständigen M. vom 24. Oktober 2014 und der Sachverständigen Dr. E. vom 1. September 2015. Beide Gutachter kommen übereinstimmend zu der Einschätzung, dass der Kläger unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen noch in der Lage ist, die noch möglichen Tätigkeiten vollschichtig, d.h. mindestens sechs Stunden täglich, auszuüben.

Sowohl der Sachverständige M. als auch die Sachverständige Dr. E. haben sich sehr ausführlich mit der Aktenlage sowie den vom Kläger in der Anamnese geschilderten Beschwerden beschäftigt und haben umfangreiche eigene Untersuchungsbefunde erhoben. Sie haben jedoch zahlreiche Widersprüche bezüglich der Angaben des Klägers aufgezeigt, die sie in überzeugender Weise als Zeichen der Aggravation bzw. Simulation gedeutet haben. So ist bei der Untersuchung durch den Sachverständigen M. keines der vom Kläger angegebenen Medikamente im Serum nachweisbar gewesen; bei der Untersuchung durch Dr. E. hat lediglich ein Medikamentenspiegel für das Schmerzmedikament Tramadol nachgewiesen werden können. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. durchaus nachvollziehbar den vom Kläger geschilderten Leidensdruck angezweifelt, wenn verordnete Medikamente offensichtlich nicht eingenommen werden und Vorstellungen beim Psychiater nur alle drei Monate zum Zwecke der Verordnung von Medikamenten (die dann nicht eingenommen werden) erfolgen. Der Sachverständige M. hat im klinischen Befund keine Hinweise auf kognitive Defizite gefunden und hat darauf hingewiesen, dass vom Kläger testpsychologische kognitive Einschränkungen, die der willentlichen Steuerung unterliegen, massiv akzentuiert worden seien. Auch Dr. E. hat ausgeführt, der Kläger habe Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen geschildert, die während der mehrstündigen klinischen Untersuchung nicht aufgefallen seien und hat hier einen deutlichen Widerspruch zu den Ergebnissen der durchgeführten orientierend-neuropsychologischen Testung mit erheblichen Auffälligkeiten im Sinne einer beginnenden dementiellen Entwicklung bzw. einer Pseudodemenz bei Depression gesehen. Im Zusammenhang mit dem durchgeführten Symptomvalidierungstest hat sie erhebliche Auffälligkeiten beschrieben, die sich nur im Sinne eines suboptimalen Antwortverhaltens interpretieren ließen. Sowohl der Sachverständige M. als auch Dr. E. haben den Kläger in der Untersuchungssituation als unruhig und psychisch verhaltensauffällig beschrieben und stimmen damit mit den Angaben im Gutachten des Herrn L. überein. Beide Sachverständigen sehen jedoch unter Berücksichtigung der vielfach nicht nachvollziehbaren Angaben des Klägers und der auffälligen Testergebnisse, die auf fehlende adäquate Mitwirkung schließen lassen, Anhaltspunkte für Simulation und Aggravation, wodurch die sichere Diagnosestellung erschwert werde. Der Sachverständige M. hat sich kritisch mit den von Dr. L. angegebenen Symptomen einer paranoiden Psychose auseinander gesetzt und hat ausführlich und überzeugend dargelegt, aus welchen Gründen sich beim Kläger gerade keine psychotische Störung und insbesondere keine paranoide Schizophrenie mit ausreichender Sicherheit bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen lasse. Er weist darauf hin, dass der Kläger im Rahmen der Untersuchung eher uniform auftretende optische Halluzinationen geschildert habe, die für eine schizophrene Psychose ausgesprochen untypisch seien. Typische akustische Halluzinationen und Verfolgungsideen hätten nicht erfragt werden können und beispielhaft genannte Beeinflussungserlebnisse sowie Vergiftungsängste habe der Kläger ausdrücklich verneint. Bei der Untersuchung durch Dr. E. hat der Kläger ebenfalls nur optische Halluzinationen erwähnt, die auch nach Ansicht der Sachverständigen in der konstant über Jahre fortbestehenden, immer gleichen Ausdrucksform, nicht zum Krankheitsbild einer paranoiden Schizophrenie passen. Vom Gesamteindruck und unter Mitberücksichtigung der Aktenlage ist der Sachverständige M. davon ausgegangen, dass beim Kläger eine anhaltende depressive Herabgestimmtheit bestehe; unter Mitberücksichtigung der doch vorhandenen aggravatorischen Darstellung sei am ehesten von einer Dysthmia im Sinne einer leichteren anhaltenden depressiven Herabgestimmtheit und nicht von einer schweren depressiven Störung auszugehen. Dr. E. hat eine mittelschwere rezidivierende depressive Symptomatik diagnostiziert. Beide Gutachter haben - unabhängig von der konkreten Diagnose - unter Berücksichtigung verschiedener qualitativer Einschränkungen sowohl auf nervenärztlich-psychiatrischem als auch auf orthopädischem Fachgebiet keine zeitliche Leistungseinschränkung gesehen.

Der Senat schließt sich dieser Einschätzung in vollem Umfang an. Es kann letztlich dahinstehen, welche konkrete Diagnose auf psychiatrischem Fachgebiet vorliegt. Denn jedenfalls lässt sich die vom Sachverständigen L. bei seiner Leistungsbeurteilung vorausgesetzte Diagnose einer paranoiden Schizophrenie aufgrund der nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Darlegungen der Gutachten des Sachverständigen M. und der Sachverständigen Dr. E. nicht bestätigen. Dementsprechend sind auch die vom Sachverständigen L. beschriebenen grundlegenden Störungen von Denken und Wahrnehmung sowie inadäquate oder verflachte Affekte, durch welche schizophrene Störungen gekennzeichnet seien, beim Kläger nicht nachweisbar. Zwar liegen beim Kläger unbestritten psychische Beeinträchtigungen vor. Auch nach Überzeugung des Senats sind jedoch beim Kläger Verdeutlichungstendenzen im Zusammenhang mit einem ausgeprägten Rentenbegehren zu berücksichtigen, die anhand der in den Gutachten des Sachverständigen M. und der Sachverständige Dr. E. erwähnten Inkonsistenzen bezüglich der Angaben und dem Verhalten des Klägers erkennbar werden. Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass die psychischen Beschwerden des Klägers objektiv nicht so stark ausgeprägt sind, dass daraus eine zeitliche Leistungseinschränkung resultiert. Diese Einschätzung wird außerdem gestützt durch die unzuverlässige Medikamenteneinnahme und die nur unzureichende fachärztliche Behandlung im Abstand von drei Monaten, die gegen einen besonders stark ausgeprägten Leidensdruck aufgrund schwerwiegender Einschränkungen spricht.

Bezüglich der beim Kläger vorliegenden orthopädischen Einschränkungen sind die in den vorhandenen Gutachten genannten qualitativen Einschränkungen zu beachten; eine zeitliche Leistungseinschränkung resultiert daraus nicht. Soweit sich der Kläger ergänzend auf den Bericht des Dr. K. vom 1. Oktober 2015 bezogen und vorgebracht hat, er leide unter enormem Tinnitus und gestörtem Nachtschlaf mit massivem Zähneknirschen, sei stark schmerzbelastet und nicht in der Lage, seinen Alltag zu strukturieren, ergeben sich daraus - über die vom Sachverständigen M. und der Sachverständigen Dr. E. erwähnten qualitativen Einschränkungen hinaus - keine Anhaltspunkte für ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen.

Der Kläger ist demnach bei Beachtung der angegebenen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein.

Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).

Aus diesen Gründen war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Rechtskraft
Aus
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