L 13 R 3170/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 5964/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3170/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente für die Zeit ab dem 1. August 1996.

Der 1936 geborene Kläger erzielte in einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (SG; S 9 RA 1903/98) ein von ihm angenommenes Anerkenntnis des damaligen Rentenversicherungsträgers (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte), wonach dem Kläger ab 1. August 1996 eine Altersrente wegen Berufsunfähigkeit zustehe.

Am 25. Juli 2012 erhob der Kläger bei der Beklagten Widerspruch gegen einen Bescheid ohne Datum, der am 23. Juni 2012 eingegangen sei. Bereits zum 1. Juli 2008 habe er Widerspruch eingelegt und bei der Bundeskanzlerin das rechtswidrige Verhalten der Beklagten moniert. Die Beklagte hat die Verwaltungsakten des Klägers erfolglos gesucht und mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2012 den Widerspruch gegen die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 als unbegründet zurückgewiesen. Der aktuelle Rentenwert betrage 28,07 EUR bzw. 24,92 EUR Ost. Die Rentenversicherungsträger seien an die gesetzliche Regelung gebunden. Der Widerspruch habe daher keinen Erfolg.

Am 30. November 2012 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Die Deutsche Rentenversicherung könne sich nicht über das Urteil des SG (wohl das Anerkenntnis der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gemeint) hinwegsetzen und seine kleine Rente anknabbern. Der Kläger hat auf Anforderung des SG die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 vorgelegt (Bl. 13 ff. der SG-Akten), nach der die bisherigen und die neuen Beträge unverändert geblieben sind. In den Erläuterungen zur Berechnung der neuen Beträge wurde ausgeführt, dass der aktuelle Rentenwert von 27, 47 EUR auf 28,07 EUR steige. Das SG hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass die Rente sich nicht erhöht habe, obwohl der Rentenwert gestiegen sei. Die Beklagte hat nun mitgeteilt, beim Kläger sei trotz nicht erfüllter Wartezeit eine Altersrente wegen Berufsunfähigkeit anerkannt worden. Leider seien die Akten ohne Verfilmung vernichtet worden. Ein fehlerhafter Bescheid sei zurückgenommen worden, jedoch sei es bei der mindestens zu zahlenden Rente unter Aussparung von Erhöhungen geblieben. Sie hat allein den Rentenbescheid vom 8. März 2000 vorgelegt, nach der die Altersrente ab 1. April 2000 neu berechnet wurde. In der Anlage 1 ist ausgeführt, dass die monatliche Rente 0,00 DM betrage und dass der nach der Entscheidung über die Rücknahme des fehlerhaften Rentenbescheids mindestens zu zahlende Betrag höher und deshalb zu zahlen sei. Die zu zahlende Rente betrage 2. 123,61 DM. In der Verhandlung vor dem SG hat der Kläger am 30. Juni 2014 beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung der Rentenanpassungsbescheide zum 1. Juli 2012, 1. Juli 2013 und 1. Juli 2014 eine höhere Rente unter Berücksichtigung der jeweils zu diesem Zeitpunkt fälligen gesetzlichen Rentenerhöhung zu gewähren. Das SG hat die Klage abgewiesen. Einem Anspruch des Klägers auf Erhöhung der ihm gewährten Rente entsprechend der allgemeinen Rentenerhöhungen zum 1. Juli 2012, 1. Juli 2013 und 1. Juli 2014 stehe der bestandskräftige Bescheid vom 8. März 2000 entgegen.

Am 29. Juli 2014 hat der Kläger Berufung eingelegt. Die Beklagte habe im Jahr 2000 keine Neuberechnung vornehmen dürfen. Das Urteil des SG (wohl Verfahren S 9 RA 1903/98 gemeint) bleibe rechtskräftig bestehen. Er fordere den gestohlenen Rententeilbetrag zurück und die ihm zustehenden gesetzlichen Erhöhungen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Rentenanpassungsbescheide zum 1. Juli 2012, 1. Juli 2013 und 1. Juli 2014 zu verurteilen, ihm ab 1. August 1996 die gewährte Rente ohne Berücksichtigung der Einfrierung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit welchem Bescheid die bereits zuvor ab August 1996 bewilligte Altersrente zurückgenommen worden sei, lasse sich nicht mehr nachvollziehen. Der im Schriftsatz vom 15. April 2013 genannte Bescheid vom 16. Februar 2000 liege nicht vor.

Der Senat hat den Kläger aufgefordert, sämtliche Bescheide der Beklagten im Original gegen Rückgabe oder in Kopie vorzulegen. Dem ist der Kläger ohne Angabe von tatsächlichen Hindernissen nicht gefolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des SG S 9 RA 1903/98 und S 18 R 5964/12 sowie die Gerichtsakten des Senats ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand des Verfahrens ist die mit Widerspruch und Klage angefochtene Mitteilung über die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2012. Entgegen der Auffassung des SG sind die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2013 und 1. Juli 2014 nicht zulässigerweise auch Gegenstand des Verfahrens geworden. Denn die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 wurde weder während des Widerspruchsverfahrens (§ 86 SGG) noch während des Gerichtsverfahrens (§ 96 SGG) durch die späteren Rentenanpassungen abgeändert oder ersetzt. Rentenanpassungen entscheiden nicht über den Geldwert des Rechts auf Rente, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung zu einem bestimmten Zeitpunkt (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Juni 2012, L 17 R 448/11; s. auch Urteil des erkennenden Senates vom 6. Mai 2014, L 13 R 4388/12, beide veröffentlicht in Juris). Zudem hat die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 gerade keine Anpassung vorgenommen. Dies wurde durch die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2013 und 1. Juli 2014 weder abgeändert noch ersetzt. Die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2013 und 2014 wurden auch nicht durch eine Klageerweiterung gem. § 99 SGG zulässigerweise Klagegegenstand, da insoweit das notwendige Vorverfahren fehlt (§ 78 SGG). Ebenso wenig sind andere Bescheide, wie die ergangenen Rentenbescheide sowie ein Einfrierungsbescheid, zulässigerweise Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da ein Vorverfahren (§ 78 SGG) nicht nachgewiesen ist.

Die Klage gegen die Mitteilung über die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 ist zulässig. Mit ihr wird zwar lediglich ausgeführt, dass der Zahlbetrag gleich bleibt. Die Rentenanpassung enthält auch keinerlei Hinweise auf das gemäß § 48 Abs. 3 SGB X zuvor erfolgte -was der Bescheid vom 8. März 2000 nahe legt- Einfrieren der Altersrente. Ihr kann insoweit auch keine wiederholende Verfügung entnommen werden. Der Kläger richtet sein Rechtsschutzbegehren auch nicht auf die Berechnung des rechtmäßigen -insoweit wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen-aktuellen Rentenwerts (insofern anders als z.B. BSG, Urteil vom 10. April 2003, B 4 RA 41/02 R), sondern will mit seiner Klage das "Einfrieren" seiner Rente ab Beginn angreifen. Dies hat der Kläger sowohl mit seiner Klage, als auch mit seiner Berufung hinreichend zum Ausdruck gebracht. Zum Einen hat er sich gegen die Rentenminderung gewandt und zum Anderen hat er zum Ausdruck gebracht, dass das Anerkenntnis bindend sei. Damit kommt zum Ausdruck, dass die Rente von Anbeginn ohne Einfrieren begehrt wird. Im Berufungsverfahren hat er ausdrücklich den "gestohlenen" Teilbetrag gefordert, was ebenfalls nicht auf die Zeit ab 1. Juli 2012 begrenzt ist. Der Senat hält eine Klagebefugnis für gegeben, da der Kläger behauptet, durch die fehlende Erhöhung der Rente in seinen Rechten möglicherweise verletzt zu sein. Die Klage ist aber unbegründet. Das Ziel des Klägers, die Aufhebung des Einfrierens der Rente, kann er nicht mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage gegen die Mitteilung über die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 verfolgen, sondern ggfs. gegen den - nicht aktenkundigen - konstitutiven Verwaltungsakt gem. § 48 Abs. 3 SGB X, der die Rechtswidrigkeit des - ebenfalls nicht aktenkundigen - Bewilligungsbescheides feststellt und das Aussparen von Leistungsverbesserungen ("Einfrieren") regelt. Gem. § 48 Abs. 3 SGB X darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt, wenn ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann und eine Änderung nach § 48 Abs. 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29. August 1996, 4 RA 54/95, Juris). Der Bescheid vom 8. März 2000 enthält diese Verfügung nicht, sondern nimmt auf eine vorangegangene Entscheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X in der Begründung nur Bezug. Einen Bescheid gem. § 48 Abs. 3 SGB X hat der Kläger weder vorgelegt noch nachgewiesen, dass ein Widerspruchsverfahren -auch nicht aufgrund eines Überprüfungantrages gemäß § 44 SGB X- durchgeführt worden ist, sodass auch insoweit das gemäß § 78 SGG notwendige Vorverfahren fehlt.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Rechtskraft
Aus
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