Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3387/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1663/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. März 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. November 2010.
Die Klägerin ist am 1972 geboren und bei der Beklagten rentenversichert. Sie beantragte erstmals am 21. Dezember 2006 Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies mit "Tumor im Kopf, Darmprobleme[n] nach Entfernung eines Tumores, chronische[n] Unterleibsschmerzen, Glaskörperverletzung im Auge, psychische[n] Belastungen, Sehnenschwäche im Handgelenk". Die Beklagte holte ein ärztliches Gutachten bei Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. ein. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 2. März 2007 aufgrund einer Untersuchung vom 1. März 2007 Spannungskopfschmerzen bei Osteom, eine leichtgradige Somatisierungsstörung sowie eine Visusbeeinträchtigung nach Ablatio retinae-Operation rechts am 13. Februar 2007. Die Klägerin sei wegen ihrer Augenoperation derzeit nicht arbeitsfähig. Hinsichtlich der zukünftigen Leistungsperspektive bestünde auf neurologischem und psychiatrischem Gebiet keine Erwerbsunfähigkeit. Wegen einer leichtgradigen Somatisierungsstörung und der Spannungskopfschmerzen lägen die Leistungseinschränkungen auf dem Gebiet psychischer Stress, schwere körperliche Arbeiten und Nachtschichtarbeiten. Die Beklagte holte weiter ein Gutachten bei Arzt für Innere Medizin Dr. Ge. ein. Dr. Ge. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 1./7 Februar 2007 eine Angst- und Somatisierungsstörung, rezidivierende Unterleibsbeschwerden nach Operation eines Lymphknotenpakets im Zökumbereich im Juni 2002, differenzialdiagnostisch eine wohl funktionelle Hyperbilirubinämie, bekannte rezidivierende Bronchitiden, eine bekannte allergische Rhinokonjunktivitis bei bekannter Pollenallergie, einen Verdacht auf ein Osteotom links occipital sowie eine Glaskörperveränderung des rechten Auges bei Zustand nach Contusio bulbi rechts. Die Klägerin könne Tätigkeiten in Tagesschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung daraufhin mit Bescheid vom 20. März 2007 ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne die Klägerin noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig ausüben.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17. April 2007 Widerspruch. Die Beklagte holte sodann ein Gutachten bei Augenarzt Dr. A. ein. Dr. A. erhob auf Grund einer ambulanten Begutachtung vom 7. August 2007 folgende Befunde: ein Astigmatismus myopicus compositus, eine Amblyopie rechts, eine subcapsuläre Linsentrübung rechts, eine Corpusentmischung, ein Zustand nach Amotio-Operation mit Plombe, Kryokoagulation, Laserkoagulationen, Vitrektomie und Siliconöltamponade rechts, eine Maculopathie rechts, myopische Fundusdegenerationen, ein Sekundärglaucom rechts, einen Gesichtsfelddefekt rechts, eine Heterophorie, eine Nyktopie, eine Hemeralopie sowie fehlendes Stereosehen. Erwerbsunfähigkeit bzw. teilweise oder volle Erwerbsminderung liege nicht vor. Alle Tätigkeiten, die keine wesentlichen Anforderungen an das Sehvermögen stellten, könnten ebenso wie bei anderen sehschwachen Menschen vollschichtig und ganztags durchgeführt werden. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies daraufhin den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2007 zurück.
Am 18. November 2010 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Sie verwies auf Augenprobleme, zwei Bandscheibenvorfälle, ein allergisches Asthma, eine Operation des linken Handgelenkes im Jahr 2009, eine chronische Bronchitis, einen Knochentumor im Hinterkopf, zum Teil Angststörungen sowie diverse Operationen am Auge in den Jahren 2007 bis 2009.
Mit Bescheid vom 11. August 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Reha-Zentrum Bernkastell. Die Klägerin hielt sich dort vom 5. Oktober bis 26. Oktober 2011 zur medizinischen Rehabilitation auf. Dr. Q. berichtete im Entlassungsbericht vom 27. Oktober 2011 über einen medialen Bandscheibenprolaps Th6/7, eine Protrusio C5/C6, eine Osteochondrose der Halswirbelsäule, eine Knorpelläsion zweiten Grades im Bereich des medialen Femurkondylus des linken Kniegelenkes sowie Glaukome beidseits. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, ständig im Gehen, überwiegend im Sitzen, in Tages-, Früh-/Spät- oder Nachtschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Es bestehe Wegefähigkeit mit Wegstrecken von deutlich über 500 Meter Einfachstrecke, auch viermal täglich. Nicht verrichtet werden könnten Tätigkeiten in vorwiegend einseitiger Körperhaltung verbunden mit häufigem Heben, Tragen, überwiegend Überkopfarbeiten sowie Bewegen schwerer Lasten ohne technische Hilfsmittel im ersten halben Jahr nach Entlassung. Diese Beschreibung des Leistungsvermögens schließe jedoch den opthalneurologischen Bereich aus. Hierzu müsse eine gesonderte fachärztliche Beurteilung erfolgen.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 ab. Die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Die Beklagte legte ihrer Entscheidung die folgenden Krankheiten und Behinderungen zugrunde: eine funktionelle Einäugigkeit rechts nach Netzhautablösung mit ausreichendem Visus für das linke Auge, Glaukome beidseits, Bandscheibenvorfälle im Hals- und Brustbereich ohne neurologische Defizite, eine Knorpelläsion im linken Kniegelenk ohne wesentliche Funktionsdefizite, eine rezidivierende depressive Störung mit somatischen und psychischen Faktoren.
Hiergegen erhob die Klägerin am 21. Dezember 2011 Widerspruch. Sie leide neben den von der Beklagten berücksichtigten Erkrankungen an starken Schmerzen und Beeinträchtigungen in der Funktion der linken Hand. Die orthopädische Problematik sei ebenfalls nicht hinreichend berücksichtigt. Sie führe dazu, dass sie nicht länger als ein- bis zwei Stunden in einer gleichartigen Haltung verharren könne. Derartige Arbeitsplätze gebe es nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2012 zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 14. September 2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie sei nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei ihr bestünde eine chronische Bronchitis, eine Allergie, ein Osteom im linken Schädel, eine Angststörung, eine Sehminderung, eine eingepflanzte Kunstlinse rechts, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein Bandscheibenschaden, muskuläre Verspannungen, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und des linken Kniegelenks, Krampfadern, Sehnenreiszungen des rechten Fußes, ein chronisches Schmerzsyndrom, Beschwerden im linken Handgelenk, Beschwerden im Sprunggelenk des rechten Fußes sowie ein erhöhter Augendruck. Jedenfalls liege eine Summierung von Leistungseinschränkungen vor, die in der Zusammenschau dazu führten, dass sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu betriebsüblichen Bedingungen nicht mehr arbeiten könne. Weiter liege bei ihr auch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung wegen der bestehenden funktionellen Einäugigkeit nach Netzhautablösung vor.
Die Beklagte trag der Klage entgegen.
Das SG holte schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte der Klägerin ein. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. teilte unter dem 10. Januar 2013 als Diagnosen einen einmaligen großen generalisierten Krampfanfall ungeklärter Ursache und eine Somatisierungsstörung mit. Neurologe Dr. Sc. berichtete unter dem 17. Januar 2013 über eine letztmalige Untersuchung der Klägerin im Mai 2011, bei der die Klägerin politope Schmerzen und Missempfindungen des Körpers sowie einen Schmerz im Unterarm links geschildert habe, die sich neurologisch nicht zuordnen ließen. Direktor der Universitäts-Augenklinik H. Prof. Dr. Au. berichtete unter dem 16. Januar 2013 über Behandlungen in den Jahren 2009 und 2010. Chirurg Dr. J. berichtete unter dem 31. Januar 2013 über die Diagnosen einer Halswirbelsäulendistorsion, einer Arthritis im linken oberen Sprunggelenk sowie eines Karpaltunnelsyndroms links in den Jahren 2010 bis 2012. Orthopäde Dr. Tr. berichtete unter dem 20. Februar 2013 folgende Diagnosen: Osteotom Schädel, Zervikalsyndrom mit Wirbelblockierung, Thorakalsyndrom mit Blockierung, Zustand nach Beschleunigungsverletzung, somatoforme Schmerzempfindungsstörungen, Bandscheibenvorfall Brustwirbelkanal 6/7, Syrinx Halswirbelsäule, Bandscheibenprotusionen Halswirbelkanal 5/6, Sakroiliakalgelenksblockierung, Lumboischialgie, Lendenwirbelsäulensyndrom, Radikulopathie Halswirbelsäulensyndrom, Zustand nach Carpaltunnelsyndromoperation, Senk-Spreiz-Fuß, Handgelenksarthralgie links, Tendosynovitis Flexoren rechter Fuß, Verdacht auf Meniskusläsion links, Gonarthrose Grad II links, sensibles Sulcus-Ulnaris-Syndrom links, Schulter-Arm-Syndrom links, Blockierung Ellenbogen links. Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. B. berichtete unter dem 25. Februar 2013 über eine allergische Rhinitis, einen Verdacht auf eine allergische Bronchitis sowie einen Ohrtubenkatarrh.
Sodann bestellte das SG den Direktor der Augenklinik der S. V.-Kliniken K., Prof. Dr. L., von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen. Prof. Dr. L. erstattete auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 29. Juli und 20. August 2013 unter dem 7. November 2013 ein augenfachärztliches Gutachten. Er stellte folgende Befunde und Diagnosen fest: am rechten Auge periphere Netzhautnarben und periphere einbuckelnde Netzhautplombe in Folge operativer Versorgung einer Netzhautablösung (Schisisamotio) mittels einbuckelndem Operationsverfahren (limbusparallele Plombe und thermische Netzhautverödung), ein sekundäres Offenwinkelglaukom bei Zustand nach mehrmaliger Netzhautoperation mit Silikonöleingabe, eine intraokulare Kunstlinse in der Hinterkammer (Hinterkammerlinsenpseudophakie), eine eröffnete Kapselhinterfläche nach Linsenpolitur mittels Laser bei Nachstar (YAG-Kapsulotomie) hohe Kurzsichtigkeit mit Degenerationsarealen der Netzhaut (Fundus myopicus), eine monokulare Minderung der Sehschärfe auf Grund einer Schädigung der Stelle des schärfsten Sehens nach Netzhautablösung (persistierende Visusminderung bei Makula-schädigung), eine latente Schielstellung (Heterophorie), eine Verdickung der Grenzmembranen zwischen Netzhaut und Glaskörperraum (epiretinale Gliose), Beschwerden bei trockenem Auge (Sicca-Symptomatik), eine Stabsichtigkeit (Astigmatismus), eine partielle Nachtblindheit, ein eingeschränktes Stereosehen und einen unterschiedlichen Brechwert beider Augen (Anisometropie); am linken Auge Beschwerden bei trockenem Auge (Sicca-Symptomatik), eine beginnende Linsentrübung (Cataracta corticalis incipiens), eine hohe Kurzsichtigkeit mit Degenerationsarealen der Netzhaut (Fundus myopicus), eine Stabsichtigkeit (Astigmatismus), eine Alterssichtigkeit (Presbyopie), eine partielle Nachtblindheit (Nyktopie), ein eingeschränktes Stereosehen sowie einen unterschiedlichen Brechwert beider Augen (Anisometropie). Gegenüber einer mittelschweren Tätigkeit über sechs Stunden täglich bestünde von augenärztlicher Seite keine Einschränkung. Zwar bestehe am rechten Auge nach einer mehrfach operativ versorgten Netzhautablösung eine Reduktion der Sehschärfe für die Ferne auf 0,4 sowie eine Reduktion der Sehschärfe für die Nähe auf Nieden 4, jedoch könne am linken Auge bei optimaler Brillenanpassung eine Sehschärfe für die Ferne von 0,8 bis 1,0 und für die Nähe von Nieden 1 festgehalten werden. Die binokulare Sehschärfe für die Ferne betrage 0,8. Probleme mache der Klägerin lediglich das unterschiedliche Brechungsvermögen der optischen Medien beider Augen. Die Klägerin beschreibe Doppelbildsymptomatiken. Die Brechungsunterschiede zwischen beiden Augen führten zu unterschiedlichen Größen der Bildprojektion auf der Netzhaut, so dass bei der Bildverarbeitung durch das Gehirn kein Fusionsbild erzeugt werden könne. Unter Anwendung von Kontaktlinsen verschwinde dieser Effekt jedoch. Vermutlich auf Grund der erfolgten einbuckelnden Operation am rechten Auge mit Plombenaufnähung träten bei Abblick über 10° bei der Klägerin beidäugige Doppelbilder auf. Bei üblichem Blick geradeaus bestünden jedoch keine Einschränkungen. Die Klägerin berichte über zunehmende Blendempfindlichkeit. Beidseits liege eine Nachtblindheit und ein pathologisches Dämmerungssehen vor. Auf einer der Klägerin angepasste Umgebungsbeleuchtung sei daher zu achten. Nur schwer einschätzen lasse sich die Schmerzensymptomatik als einschränkende Komponente. Auch in Zukunft werde die Klägerin nicht ohne die regelmäßige Anwendung von Augentropfen auskommen. Die Applikation auch während der Arbeitszeit müsse gewährleistet sein. Von opthalmologischer Seite bestünden gegenüber einfachen Prüf- und Kontrolltätigkeiten oder leichten Sortierarbeiten keine Einschränkungen. Mit optimaler Korrektur verfüge die Klägerin am besseren linken Auge über eine gute Sehschärfe in die Ferne wie auch in die Nähe, was ihr auch das Lesen von kleinsten Texten und eine Detailarbeit ermögliche. Mit optimaler Nahkorrektur (Verwendung einer Lesebrille und einer Kontaktlinse am linken Auge) würden bei unterschiedlichem Brechwert zwischen beiden Augen Größenunterschiede der beiden Bilder, die beim Sehen auf die Netzhaut des rechten und linken Auges projiziert würden, weitgehend vermieden. Bei den oben angegebenen Tätigkeiten sei ein Tragen einer Kontaktlinse am linken Auge und die beidseitige regelmäßige Applikation von Tränenersatzmitteln zur Hornhautpflege zumutbar. Von opthalmologischer Seite bestehe generell eine Arbeitsfähigkeit von mindestens sechs Stunden. Die Wegefähigkeit sei aus ophthalomologischer Sicht nicht eingeschränkt.
Prof. Dr. L. hielt in einer ergänzenden Stellungnahme vom 30. März 2014 in Erwiderung zu Einwendungen der Klägerin an seinem Gutachten fest.
Sodann bestellte das SG auf Antrag der Klägerin Facharzt für Orthopädie Dr. Ku. gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum gerichtlichen Sachverständigen. Dr. Ku. erstattete auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 16. Juli 2014 unter dem 17. Juli 2014 ein orthopädisches Gutachten. Er stellte folgende Diagnosen: ein chronisches Halswirbelsäulen- und Brustwirbelsäulensyndrom mit leichtgradig eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule und mäßiggradigem paravertebralen Muskelreizzustand ohne Nachweis segmentaler neurologischer Ausfälle, ein leichtgradiges Lendenwirbelsäulensyndrom mit geringem paravertebralem Muskelreizzustand ohne Einschränkung der Beweglichkeit und Entfaltbarkeit und ohne Nachweis segmentaler neurologischer Ausfälle, eine geringgradige Bizepssehnentendinitis der linken Schulter ohne Beweglichkeitseinschränkung, einen geringgradigen Reizzustand des linken Handgelenkes und der Hand ohne Nachweis degenerativer Veränderungen bei freier Beweglichkeit, eine geringgradige degenerative Veränderung des linken Knies bei freier Beweglichkeit ohne Ergussbildung sowie einen plantaren Reizzustand bei kernspintomographisch nachgewiesener zystisch/ganglionartiger Veränderung. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeit mit einer kurzzeitig möglichen Maximallast von zehn Kilogramm in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, jedoch überwiegend sitzend, verrichten. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie längeres Gehen und Stehen. Unter Beachtung dieser Einschränkung bestehe Arbeitsfähigkeit für mindestens sechs Stunden täglich.
Das SG bestellte weiter auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 SGG Nervenärztin Dr. Ma. zur gerichtlichen Sachverständigen. Dr. Ma. erstattete unter dem 22. Januar 2015 auf Grund von Untersuchungen der Klägerin am 2. Oktober, 15. Oktober und 22. Dezember 2014 sowie vom 14. Januar 2015 ein nervenärztliches Gutachten. Sie diagnostizierte eine Persönlichkeitsstörung. Trotz dieser Störung könne die Klägerin leichte Tätigkeiten ohne Zeitdruck ausführen. Sie könne mindestens sechs Stunden täglich ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit arbeiten.
Das SG lehnte einen Antrag der Klägerin vom 18. Februar 2015 auf Ablehnung der Sachverständigen Dr. Ma. wegen Besorgnis der Befangenheit mit Beschluss vom 9. März 2015 ab.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 10. März 2015 ab. Die Klägerin sei weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert, denn ihr arbeitstägliches Leistungsvermögen betrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mindestens sechs Stunden. Dies ergebe sich aus den überzeugenden, in sich schlüssigen und wohlbegründeten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. L., Dr. Ku. und Dr. Ma. sowie aus den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. J. und Dr. Tr ... Danach leide die Klägerin unter einer monokularen Minderung der Sehschärfe des rechten Auges, einer beginnenden Linsentrübung im linken Auge, einer hoher Kurzsichtigkeit und unterschiedlichen Brechwerten beider Augen, einer partiellen Nachtblindheit, einem eingeschränkten Stereosehen, einem leichtgradigem Syndrom aller drei Wirbelsäulenabschnitte, einem Reizzustand des linken Handgelenks bzw. der linken Hand nach Karpaltunnel-Operation einer Gonarthrose links und einer Persönlichkeitsstörung. Die Erkrankungen führten zwar zu einer Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in qualitativer, jedoch nicht in quantitativer Hinsicht. Ob bei der Klägerin – wie noch im Gutachten von Dr. A. beschrieben – trotz der von Prof. Dr. L. bescheinigten Besserung der Sehkraft noch funktionelle Einäugigkeit vorliege, könne dahingestellt bleiben. Selbst falls man in ihrem Falle von einer besonderen spezifischen Leistungsbehinderung ausgehen wollte, so sei festzustellen, dass die Klägerin trotz des eingeschränkten Sehvermögens noch Arbeiten ausführen könne, die typischerweise bei ungelernten Tätigkeiten gefordert würden, wie zum Beispiel Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen.
Gegen das ihr am 2. April 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. April 2015 Berufung eingelegt. Im Vordergrund stünde die Augenerkrankung. Es sei nicht zutreffend, dass bei optimaler Brillenanpassung eine ausreichende Sehstärke gewährleistet werden könne und die Doppelbildsymptomatik auf Grund der Brechungsunterschiede durch zusätzliche Anwendung von Kontaktlinsen korrigiert werden könne. Sie sei nicht in der Lage, diese Kontaktlinsen dauerhaft zu tragen. Es komme zu schweren Abwehrreaktionen der Augen. Mehrere Tage im Monat könne die Kontaktlinse überhaupt nicht eingesetzt werden, an anderen Tagen nur stundenweise. Bei ihr sei damit keine regelmäßige Erwerbsfähigkeit gegeben. Ohne die Kontaktlinse sehe sie nur einäugig und habe damit kein räumliches Sehen. Die vom SG angenommenen Tätigkeiten seien ihr damit nicht möglich. Aufgrund der mehrmaligen Augenoperationen sei inzwischen eine Trigeminusneuralgien aufgetreten. Darüber hinaus seien die Feststellungen im orthopädischen Bereich nicht zutreffend. Bei einer MRT-Untersuchung im Juli 2013 sei ein heller Fleck im Rückenmark festgestellt worden. Ihr sei von den Ärzten erläutert worden, dass dort Wasser im Rückenmark sei, welches zu Funktionseinschränkungen, massiven Schmerzzuständen und Bewegungseinschränkungen führe. Nicht zutreffend bewertet worden sei das Gutachten der Dr. Ma ... Diese habe bestätigt, dass sie auf psychiatrischem Fachgebiet gerade nicht in der Lage sei, aus eigener Kraft ihre Erkrankung zu überwinden. Im Hinblick auf die erhebliche Beeinträchtigung auf Grund der Augenerkrankung sowie der Persönlichkeitsstörung seien auch das Wirbelsäulensyndrom, die Erkrankung der linken Hand bzw. des linken Handgelenkes und des linken Knies im Zusammenhang zu sehen. Eine gemeinsame Betrachtung führe ebenfalls dazu, dass die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter drei Stunden herabgesunken sei. Die Klägerin hat einen epikritischen Bericht des Prof. Dr. Aug. (Direktor der Augenklink des Städtischen Klinikums K.) vom 20. Juli 2011 über einen stationären Aufenthalt vom 19. bis 21. April 2011, einen Arztbrief des Prof. Dr. Aug. vom 25. Juni 2014 über eine ambulante Vorstellung am 12. Dezember 2013, einen Arztbrief des Prof. Dr. Aug. vom 11. September 2014 über eine ambulante Vorstellung vom 17. Juni 2014 und einen vorläufigen Entlassbrief des Prof. Dr. Aug. vom 1. November 2015 über einen stationären Aufenthalt vom 30. Oktober bis 1. November 2015 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. März 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2012 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2010 zu gewähren, hilfsweise zum Nachweis ihres Klage- und Berufungsvortrages ein Gutachten nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz bei der Augenärztin Dr. Ku. einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung, den Widerspruchsbescheid und ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Der Berichterstatter hat Prof. Dr. L. schriftlich um eine Stellungnahme zu der Frage ersucht, ob der Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Unverträglichkeit der Kontaktlinsen plausibel sei, ob es Alternativen gäbe, welche funktionellen Folgen es habe, wenn die Klägerin die Kontaktlinsen nicht verwenden könne, und wie sich die Doppelbildsymptomatik auf das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin in qualitativer und quantitativer Hinsicht auswirke, wenn man unterstelle, dass die Doppelbildsymptomatik nicht behebbar sei. Prof. Dr. L. hat hierzu in einer augenfachärztlichen Stellungnahme vom 28. September 2015 ausgeführt, die von der Klägerin vorgetragenen Beschwerden seien aus augenärztlicher Sicht grundsätzlich nachvollziehbar. Eine Alternative zu den von ihr bislang getragenen weichen Kontaktlinsen stellten formstabile Kontaktlinsen dar, die für das Auge individuell angepasst würden und im Gegensatz zu weichen Kontaktlinsen keine Flüssigkeit aus der Umgebung während des Tragens aufnähmen. Für Patienten mit ausgeprägt trockenem Auge seien individuell angepasste formstabile Kontaktlinsen geeigneter, wenn auch eine lange Eingewöhnzeit erforderlich sei, da insbesondere das Einsetzen erlernt werden müsse. Falls es für die Klägerin auch langfristig unmöglich sei, individuell angepasste formstabile Kontaktlinsen zu verwenden, so bestehe zum Ausgleich der unterschiedlichen Brechung beider Augen die Möglichkeit der operativen Implantation einer künstlichen Linse vor der eigenen Linse am linken Auge zum Ausgleich des Brechungsunterschiedes zwischen beiden Augen. Zu beachten sei allerdings das operative Risiko. Die dritte Möglichkeit bestünde in der vorgezogenen Extraktion der eigenen Linse und Implantation einer in der Brechung zum anderen Auge passenden kapselfixierten Hinterkammerlinse, wodurch allerdings die dynamische Anpassung der Brechkraft des Auges zur Naheinstellung völlig verloren gehe. Falls es der Klägerin nicht möglich sei, Kontaktlinsen jeglicher Art anzuwenden und ein operativer Eingriff von ihr abgelehnt werde, so bleibe die Möglichkeit zur Verhinderung einer Doppelbildsymptomatik, das schlechtere rechte Auge abzukleben oder das rechte Brillenglas mit einer Mattfolie auszustatten. Eine Brillenanpassung sei nicht ausreichend. Unter Doppelbildsymptomatik verstehe man die Wahrnehmung von nah beieinander liegenden Doppelkonturen bei Betrachten von Kontrastwechseln. Der scheinbare Abstand dieser Konturen bleibe auch bei Bildblickrichtungswechseln konstant. Tatsächliche Doppelbilder entstünden durch eine Schielstellung der Augen. In dieser Hinsicht bestehe bei der Klägerin ein binokulares Einfachsehen über eine Blickexkursion von wenigstens 30°, lediglich beim Abblick über 10° Blickexkursion entstünden auf Grund einer operationsbedingten eingeschränkten Modalität des Augapfels Doppelbilder. In Zusammenschau der bei der Klägerin vorliegenden Befunde folge hieraus sicherlich eine funktionelle Einschränkung. Eine berufliche Einschränkung gebe es für alle Tätigkeiten, die ein voll ausgebildetes räumliches Sehen erforderten, wie dies beispielsweise für die berufliche Personenbeförderung teilweise zutreffe. Ebenso gelte dies für alle Tätigkeiten aus dem Bereich der dreidimensionalen Bildbearbeitung. Tätigkeiten wie Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von Teilen könnten auch einäugig ausgeübt werden.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht, die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Klägerin hat daraufhin mitgeteilt, dass für den 15. Dezember 2015 ein Operationstermin für das rechte Auge anberaumt sei. Außerdem hat sie vorgetragen, dass ein Impingementsyndrom der linken Schulter bei ihr vorliege. Sie sei mit einer Entscheidung durch Beschluss nicht einverstanden und beantrage, ein Gutachten nach § 109 SGG bei Augenärztin Dr. Ku. einzuholen. Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt.
Der Berichterstatter hat anschließend darauf hingewiesen, dass weiter beabsichtigt sei, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen. Das Antragsrecht nach § 109 Abs. 1 SGG sei bereits in erster Instanz verbraucht. Die Beklagte hat sich daraufhin weiter mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt. Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Operation erforderlich geworden sei, da sie die massiven Schmerzzustände der Augen nicht mehr habe aushalten können. Die Plombe habe entfernt werden müssen. Da es zu Komplikationen gekommen sei, hätten zwei Operationen durchgeführt werden müssen. Nach den Operationen habe sie auf dem rechten Auge gar nichts mehr gesehen. Inzwischen liege die Fähigkeit bei 10 Prozent. Sie hat den vorläufigen Entlassbericht des Prof. Dr. Aug. vom 23. Dezember 2015 über den stationären Aufenthalt vom 14. bis 23. Dezember 2015 vorgelegt und mitgeteilt, dass sie an dem Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG festhalte.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung bedarf, weil die Klägerin Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig.
3. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2012 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. November 2010 (vgl. § 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]).
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden pro Tag verrichten kann.
(1) Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin betreffen insbesondere das augenärztliche Fachgebiet, ferner das orthopädische und das psychiatrische Fachgebiet.
Auf augenärztlichem Gebiet bestehen bei der Klägerin am rechten Auge periphere Netzhautnarben und eine periphere einbuckelnde Netzhautplombe in Folge operativer Versorgung einer Netzhautablösung (Schisisamotio) mittels einbuckelndem Operationsverfahren (limbusparallele Plombe und thermische Netzhautverödung), ein sekundäres Offenwinkelglaukom bei Zustand nach mehrmaliger Netzhautoperation mit Silikonöleingabe, eine intraokulare Kunstlinse in der Hinterkammer (Hinterkammerlinsenpseudophakie), eine eröffnete Kapselhinterfläche nach Linsenpolitur mittels Laser bei Nachstar (YAG-Kapsulotomie) hohe Kurzsichtigkeit mit Degenerationsarealen der Netzhaut (Fundus myopicus), eine monokulare Minderung der Sehschärfe auf Grund einer Schädigung der Stelle des schärfsten Sehens nach Netzhautablösung (persistierende Visusminderung bei Makulaschädigung), eine latente Schielstellung (Heterophorie), eine Verdickung der Grenzmembranen zwischen Netzhaut und Glaskörperraum (epiretinale Gliose), Beschwerden bei trockenem Auge (Sicca-Symptomatik), eine Stabsichtigkeit (Astigmatismus), eine partielle Nachtblindheit, ein eingeschränktes Stereosehen und ein unterschiedlicher Brechwert beider Augen (Anisometropie). Am linken Auge bestehen bei der Klägerin Beschwerden bei trockenem Auge (Sicca-Symptomatik), eine beginnende Linsentrübung (Cataracta corticalis incipiens), eine hohe Kurzsichtigkeit mit Degenerationsarealen der Netzhaut (Fundus myopicus), eine Stabsichtigkeit (Astigmatismus), eine Alterssichtigkeit (Presbyopie), eine partielle Nachtblindheit (Nyktopie), ein eingeschränktes Stereosehen sowie ein unterschiedlicher Brechwert beider Augen (Anisometropie). All dies entnimmt der Senat dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L ... Im Dezember 2015 wurde die im rechten Auge eingebrachte Netzhautplombe entfernt (vorläufiger Entlassungsbericht des Prof. Dr. Aug. vom 23. Dezember 2015).
Auf orthopädischem Fachgebiet besteht bei der Klägerin ein chronisches Halswirbelsäulen- und Brustwirbelsäulensyndrom mit leichtgradig eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule und mäßiggradigem paravertebralen Muskelreizzustand ohne Nachweis segmentaler neurologischer Ausfälle, ein leichtgradiges Lendenwirbelsäulensyndrom mit geringem paravertebralem Muskelreizzustand ohne Einschränkung der Beweglichkeit und Entfaltbarkeit und ohne Nachweis segmentaler neurologischer Ausfälle, eine geringgradige Bizepssehnentendinitis der linken Schulter ohne Beweglichkeitseinschränkung, ein geringgradiger Reizzustand des linken Handgelenkes und der Hand ohne Nachweis degenerativer Veränderungen bei freier Beweglichkeit, eine geringgradige degenerative Veränderung des linken Knies bei freier Beweglichkeit ohne Ergussbildung sowie ein plantarer Reizzustand bei kernspintomographisch nachgewiesener zystisch/ganglonaritger Veränderung. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. Ku ...
Schließlich besteht auf psychiatrischem Fachgebiet eine Persönlichkeitsstörung. Dies ergibt sich auf dem Gutachten der Sachverständigen Dr. Ma ...
(2) Die festgestellten körperlichen Gesundheitsstörungen schränken das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin nur in qualitativer, nicht aber in zeitlicher Hinsicht ein.
Die Befunde auf augenärztlichem Gebiet schließen Tätigkeiten aus, die ein räumliches Sehen erfordern. Eine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit resultiert aus den festgestellten Erkrankungen nicht. Dies entspricht auch der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. L ... Aus dem von der Klägerin vorgelegten vorläufigen Entlassbericht des Prof. Dr. Aug. vom 23. Dezember 2015 über den stationären Aufenthalt vom 14. bis 23. Dezember 2015 im Städtischen Klinik Karlsruhe folgt nichts anderes. Es wird dort ein Visus bei Entlassung von 0,05 auf dem rechten Auge und von 0,5 auf dem linken Auge mitteilt; zeitliche Leistungseinschränkungen resultieren hieraus nicht.
Zeitliche Einschränkungen ergeben sich auch nicht aus den Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet. Hier besteht nach der schlüssigen Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Ku. Erwerbsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit einer kurzzeitig möglichen Maximallast von zehn Kilogramm in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, jedoch überwiegend Sitzen. Zu vermeiden sind lediglich Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie längeres Gehen und Stehen.
Schließlich lassen sich zeitliche Leistungseinschränkungen auch nicht mit Erkrankungen der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet begründen. Die insofern bestehende Persönlichkeitsstörung schließt lediglich Tätigkeiten unter Zeitdruck aus. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Ma ...
(3) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z. B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(4) Allerdings geht der Senat zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass bei ihr eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Der Senat unterstellt zu Gunsten der Klägerin, dass bei ihr eine funktionelle Einäugigkeit vorliegt, weil sie zur Vermeidung einer Doppelbildsymptomatik notfalls – falls eine Korrektur mit Kontraklinsen dauerhaft nicht möglich ist – darauf verwiesen ist, das rechte Auge während der Berufstätigkeit abzudecken, etwa durch Abkleben des rechten Brillenglases mit einer Mattfolie (so der Vorschlag des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L.). Bereits das Bestehen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung macht die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob bei der Klägerin auch eine Summierung von Leistungseinschränkungen besteht.
Solche Verweisungstätigkeiten bestehen indes in Form von Tätigkeiten wie Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, oder Zusammensetzungen von Teilen. Dies Tätigkeiten können auch einäugig verrichtet werden und sind der Klägerin nach der ergänzenden Äußerung des Prof. Dr. L. möglich (vgl. auch Urteil des Senats vom 22. Januar 2016 – L 4 R 2963/14 – nicht veröffentlicht).
(5) Die Wegefähigkeit der Klägerin war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Die Klägerin ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen. Im Gegenteil haben die Sachverständigen Prof. Dr. L., Dr. Ku. und Dr. Ma. das Bestehen der Wegefähigkeit der Klägerin übereinstimmend bejaht.
c) Weitere Ermittlungen waren nicht veranlasst. Insbesondere musste der Senat nicht dem Begehren der Klägerin, ein Sachverständigengutachten nach § 109 Abs. 1 SGG bei Dr. Ku. einzuholen, folgen. Dabei kann dahinstehen, ob es sich um einen ordnungsgemäßen Antrag handelt (vgl. insofern BSG, Beschluss vom 1. Juli 2015 – B 5 R 136/15 B – nicht veröffentlicht). Denn jedenfalls ist das Antragsrecht verbraucht. Das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal im gesamten Rechtsstreit zur Verfügung. Das Gericht ist nicht verpflichtet, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis bestimmter Tatsachen beliebig oft nachzukommen (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2012 – L 11 R 5317/10 – m.w.N, juris, Rn. 55; Urteil des Senats vom 31. August 2012 – L 4 R 5292/11 – nicht veröffentlicht). Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren bereits zweimal von dem Antragsrecht nach § 109 SGG Gebrauch gemacht. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigen (vgl. dazu Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109 Rn. 10b), liegen nicht vor.
Der Senat musste auch nicht dem Vortrag der Klägerin weiter nachgehen, bei ihr bestehe inzwischen auch ein Impingementsyndrom. Denn auch ein solches Impingementsyndrom reduziert weder ihre Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht noch hindert es die Ausübung der oben genannten Verweisungstätigkeiten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. November 2010.
Die Klägerin ist am 1972 geboren und bei der Beklagten rentenversichert. Sie beantragte erstmals am 21. Dezember 2006 Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies mit "Tumor im Kopf, Darmprobleme[n] nach Entfernung eines Tumores, chronische[n] Unterleibsschmerzen, Glaskörperverletzung im Auge, psychische[n] Belastungen, Sehnenschwäche im Handgelenk". Die Beklagte holte ein ärztliches Gutachten bei Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. ein. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 2. März 2007 aufgrund einer Untersuchung vom 1. März 2007 Spannungskopfschmerzen bei Osteom, eine leichtgradige Somatisierungsstörung sowie eine Visusbeeinträchtigung nach Ablatio retinae-Operation rechts am 13. Februar 2007. Die Klägerin sei wegen ihrer Augenoperation derzeit nicht arbeitsfähig. Hinsichtlich der zukünftigen Leistungsperspektive bestünde auf neurologischem und psychiatrischem Gebiet keine Erwerbsunfähigkeit. Wegen einer leichtgradigen Somatisierungsstörung und der Spannungskopfschmerzen lägen die Leistungseinschränkungen auf dem Gebiet psychischer Stress, schwere körperliche Arbeiten und Nachtschichtarbeiten. Die Beklagte holte weiter ein Gutachten bei Arzt für Innere Medizin Dr. Ge. ein. Dr. Ge. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 1./7 Februar 2007 eine Angst- und Somatisierungsstörung, rezidivierende Unterleibsbeschwerden nach Operation eines Lymphknotenpakets im Zökumbereich im Juni 2002, differenzialdiagnostisch eine wohl funktionelle Hyperbilirubinämie, bekannte rezidivierende Bronchitiden, eine bekannte allergische Rhinokonjunktivitis bei bekannter Pollenallergie, einen Verdacht auf ein Osteotom links occipital sowie eine Glaskörperveränderung des rechten Auges bei Zustand nach Contusio bulbi rechts. Die Klägerin könne Tätigkeiten in Tagesschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung daraufhin mit Bescheid vom 20. März 2007 ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne die Klägerin noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig ausüben.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17. April 2007 Widerspruch. Die Beklagte holte sodann ein Gutachten bei Augenarzt Dr. A. ein. Dr. A. erhob auf Grund einer ambulanten Begutachtung vom 7. August 2007 folgende Befunde: ein Astigmatismus myopicus compositus, eine Amblyopie rechts, eine subcapsuläre Linsentrübung rechts, eine Corpusentmischung, ein Zustand nach Amotio-Operation mit Plombe, Kryokoagulation, Laserkoagulationen, Vitrektomie und Siliconöltamponade rechts, eine Maculopathie rechts, myopische Fundusdegenerationen, ein Sekundärglaucom rechts, einen Gesichtsfelddefekt rechts, eine Heterophorie, eine Nyktopie, eine Hemeralopie sowie fehlendes Stereosehen. Erwerbsunfähigkeit bzw. teilweise oder volle Erwerbsminderung liege nicht vor. Alle Tätigkeiten, die keine wesentlichen Anforderungen an das Sehvermögen stellten, könnten ebenso wie bei anderen sehschwachen Menschen vollschichtig und ganztags durchgeführt werden. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies daraufhin den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2007 zurück.
Am 18. November 2010 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Sie verwies auf Augenprobleme, zwei Bandscheibenvorfälle, ein allergisches Asthma, eine Operation des linken Handgelenkes im Jahr 2009, eine chronische Bronchitis, einen Knochentumor im Hinterkopf, zum Teil Angststörungen sowie diverse Operationen am Auge in den Jahren 2007 bis 2009.
Mit Bescheid vom 11. August 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Reha-Zentrum Bernkastell. Die Klägerin hielt sich dort vom 5. Oktober bis 26. Oktober 2011 zur medizinischen Rehabilitation auf. Dr. Q. berichtete im Entlassungsbericht vom 27. Oktober 2011 über einen medialen Bandscheibenprolaps Th6/7, eine Protrusio C5/C6, eine Osteochondrose der Halswirbelsäule, eine Knorpelläsion zweiten Grades im Bereich des medialen Femurkondylus des linken Kniegelenkes sowie Glaukome beidseits. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, ständig im Gehen, überwiegend im Sitzen, in Tages-, Früh-/Spät- oder Nachtschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Es bestehe Wegefähigkeit mit Wegstrecken von deutlich über 500 Meter Einfachstrecke, auch viermal täglich. Nicht verrichtet werden könnten Tätigkeiten in vorwiegend einseitiger Körperhaltung verbunden mit häufigem Heben, Tragen, überwiegend Überkopfarbeiten sowie Bewegen schwerer Lasten ohne technische Hilfsmittel im ersten halben Jahr nach Entlassung. Diese Beschreibung des Leistungsvermögens schließe jedoch den opthalneurologischen Bereich aus. Hierzu müsse eine gesonderte fachärztliche Beurteilung erfolgen.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 ab. Die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Die Beklagte legte ihrer Entscheidung die folgenden Krankheiten und Behinderungen zugrunde: eine funktionelle Einäugigkeit rechts nach Netzhautablösung mit ausreichendem Visus für das linke Auge, Glaukome beidseits, Bandscheibenvorfälle im Hals- und Brustbereich ohne neurologische Defizite, eine Knorpelläsion im linken Kniegelenk ohne wesentliche Funktionsdefizite, eine rezidivierende depressive Störung mit somatischen und psychischen Faktoren.
Hiergegen erhob die Klägerin am 21. Dezember 2011 Widerspruch. Sie leide neben den von der Beklagten berücksichtigten Erkrankungen an starken Schmerzen und Beeinträchtigungen in der Funktion der linken Hand. Die orthopädische Problematik sei ebenfalls nicht hinreichend berücksichtigt. Sie führe dazu, dass sie nicht länger als ein- bis zwei Stunden in einer gleichartigen Haltung verharren könne. Derartige Arbeitsplätze gebe es nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2012 zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 14. September 2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie sei nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei ihr bestünde eine chronische Bronchitis, eine Allergie, ein Osteom im linken Schädel, eine Angststörung, eine Sehminderung, eine eingepflanzte Kunstlinse rechts, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein Bandscheibenschaden, muskuläre Verspannungen, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und des linken Kniegelenks, Krampfadern, Sehnenreiszungen des rechten Fußes, ein chronisches Schmerzsyndrom, Beschwerden im linken Handgelenk, Beschwerden im Sprunggelenk des rechten Fußes sowie ein erhöhter Augendruck. Jedenfalls liege eine Summierung von Leistungseinschränkungen vor, die in der Zusammenschau dazu führten, dass sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu betriebsüblichen Bedingungen nicht mehr arbeiten könne. Weiter liege bei ihr auch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung wegen der bestehenden funktionellen Einäugigkeit nach Netzhautablösung vor.
Die Beklagte trag der Klage entgegen.
Das SG holte schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte der Klägerin ein. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. teilte unter dem 10. Januar 2013 als Diagnosen einen einmaligen großen generalisierten Krampfanfall ungeklärter Ursache und eine Somatisierungsstörung mit. Neurologe Dr. Sc. berichtete unter dem 17. Januar 2013 über eine letztmalige Untersuchung der Klägerin im Mai 2011, bei der die Klägerin politope Schmerzen und Missempfindungen des Körpers sowie einen Schmerz im Unterarm links geschildert habe, die sich neurologisch nicht zuordnen ließen. Direktor der Universitäts-Augenklinik H. Prof. Dr. Au. berichtete unter dem 16. Januar 2013 über Behandlungen in den Jahren 2009 und 2010. Chirurg Dr. J. berichtete unter dem 31. Januar 2013 über die Diagnosen einer Halswirbelsäulendistorsion, einer Arthritis im linken oberen Sprunggelenk sowie eines Karpaltunnelsyndroms links in den Jahren 2010 bis 2012. Orthopäde Dr. Tr. berichtete unter dem 20. Februar 2013 folgende Diagnosen: Osteotom Schädel, Zervikalsyndrom mit Wirbelblockierung, Thorakalsyndrom mit Blockierung, Zustand nach Beschleunigungsverletzung, somatoforme Schmerzempfindungsstörungen, Bandscheibenvorfall Brustwirbelkanal 6/7, Syrinx Halswirbelsäule, Bandscheibenprotusionen Halswirbelkanal 5/6, Sakroiliakalgelenksblockierung, Lumboischialgie, Lendenwirbelsäulensyndrom, Radikulopathie Halswirbelsäulensyndrom, Zustand nach Carpaltunnelsyndromoperation, Senk-Spreiz-Fuß, Handgelenksarthralgie links, Tendosynovitis Flexoren rechter Fuß, Verdacht auf Meniskusläsion links, Gonarthrose Grad II links, sensibles Sulcus-Ulnaris-Syndrom links, Schulter-Arm-Syndrom links, Blockierung Ellenbogen links. Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. B. berichtete unter dem 25. Februar 2013 über eine allergische Rhinitis, einen Verdacht auf eine allergische Bronchitis sowie einen Ohrtubenkatarrh.
Sodann bestellte das SG den Direktor der Augenklinik der S. V.-Kliniken K., Prof. Dr. L., von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen. Prof. Dr. L. erstattete auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 29. Juli und 20. August 2013 unter dem 7. November 2013 ein augenfachärztliches Gutachten. Er stellte folgende Befunde und Diagnosen fest: am rechten Auge periphere Netzhautnarben und periphere einbuckelnde Netzhautplombe in Folge operativer Versorgung einer Netzhautablösung (Schisisamotio) mittels einbuckelndem Operationsverfahren (limbusparallele Plombe und thermische Netzhautverödung), ein sekundäres Offenwinkelglaukom bei Zustand nach mehrmaliger Netzhautoperation mit Silikonöleingabe, eine intraokulare Kunstlinse in der Hinterkammer (Hinterkammerlinsenpseudophakie), eine eröffnete Kapselhinterfläche nach Linsenpolitur mittels Laser bei Nachstar (YAG-Kapsulotomie) hohe Kurzsichtigkeit mit Degenerationsarealen der Netzhaut (Fundus myopicus), eine monokulare Minderung der Sehschärfe auf Grund einer Schädigung der Stelle des schärfsten Sehens nach Netzhautablösung (persistierende Visusminderung bei Makula-schädigung), eine latente Schielstellung (Heterophorie), eine Verdickung der Grenzmembranen zwischen Netzhaut und Glaskörperraum (epiretinale Gliose), Beschwerden bei trockenem Auge (Sicca-Symptomatik), eine Stabsichtigkeit (Astigmatismus), eine partielle Nachtblindheit, ein eingeschränktes Stereosehen und einen unterschiedlichen Brechwert beider Augen (Anisometropie); am linken Auge Beschwerden bei trockenem Auge (Sicca-Symptomatik), eine beginnende Linsentrübung (Cataracta corticalis incipiens), eine hohe Kurzsichtigkeit mit Degenerationsarealen der Netzhaut (Fundus myopicus), eine Stabsichtigkeit (Astigmatismus), eine Alterssichtigkeit (Presbyopie), eine partielle Nachtblindheit (Nyktopie), ein eingeschränktes Stereosehen sowie einen unterschiedlichen Brechwert beider Augen (Anisometropie). Gegenüber einer mittelschweren Tätigkeit über sechs Stunden täglich bestünde von augenärztlicher Seite keine Einschränkung. Zwar bestehe am rechten Auge nach einer mehrfach operativ versorgten Netzhautablösung eine Reduktion der Sehschärfe für die Ferne auf 0,4 sowie eine Reduktion der Sehschärfe für die Nähe auf Nieden 4, jedoch könne am linken Auge bei optimaler Brillenanpassung eine Sehschärfe für die Ferne von 0,8 bis 1,0 und für die Nähe von Nieden 1 festgehalten werden. Die binokulare Sehschärfe für die Ferne betrage 0,8. Probleme mache der Klägerin lediglich das unterschiedliche Brechungsvermögen der optischen Medien beider Augen. Die Klägerin beschreibe Doppelbildsymptomatiken. Die Brechungsunterschiede zwischen beiden Augen führten zu unterschiedlichen Größen der Bildprojektion auf der Netzhaut, so dass bei der Bildverarbeitung durch das Gehirn kein Fusionsbild erzeugt werden könne. Unter Anwendung von Kontaktlinsen verschwinde dieser Effekt jedoch. Vermutlich auf Grund der erfolgten einbuckelnden Operation am rechten Auge mit Plombenaufnähung träten bei Abblick über 10° bei der Klägerin beidäugige Doppelbilder auf. Bei üblichem Blick geradeaus bestünden jedoch keine Einschränkungen. Die Klägerin berichte über zunehmende Blendempfindlichkeit. Beidseits liege eine Nachtblindheit und ein pathologisches Dämmerungssehen vor. Auf einer der Klägerin angepasste Umgebungsbeleuchtung sei daher zu achten. Nur schwer einschätzen lasse sich die Schmerzensymptomatik als einschränkende Komponente. Auch in Zukunft werde die Klägerin nicht ohne die regelmäßige Anwendung von Augentropfen auskommen. Die Applikation auch während der Arbeitszeit müsse gewährleistet sein. Von opthalmologischer Seite bestünden gegenüber einfachen Prüf- und Kontrolltätigkeiten oder leichten Sortierarbeiten keine Einschränkungen. Mit optimaler Korrektur verfüge die Klägerin am besseren linken Auge über eine gute Sehschärfe in die Ferne wie auch in die Nähe, was ihr auch das Lesen von kleinsten Texten und eine Detailarbeit ermögliche. Mit optimaler Nahkorrektur (Verwendung einer Lesebrille und einer Kontaktlinse am linken Auge) würden bei unterschiedlichem Brechwert zwischen beiden Augen Größenunterschiede der beiden Bilder, die beim Sehen auf die Netzhaut des rechten und linken Auges projiziert würden, weitgehend vermieden. Bei den oben angegebenen Tätigkeiten sei ein Tragen einer Kontaktlinse am linken Auge und die beidseitige regelmäßige Applikation von Tränenersatzmitteln zur Hornhautpflege zumutbar. Von opthalmologischer Seite bestehe generell eine Arbeitsfähigkeit von mindestens sechs Stunden. Die Wegefähigkeit sei aus ophthalomologischer Sicht nicht eingeschränkt.
Prof. Dr. L. hielt in einer ergänzenden Stellungnahme vom 30. März 2014 in Erwiderung zu Einwendungen der Klägerin an seinem Gutachten fest.
Sodann bestellte das SG auf Antrag der Klägerin Facharzt für Orthopädie Dr. Ku. gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum gerichtlichen Sachverständigen. Dr. Ku. erstattete auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 16. Juli 2014 unter dem 17. Juli 2014 ein orthopädisches Gutachten. Er stellte folgende Diagnosen: ein chronisches Halswirbelsäulen- und Brustwirbelsäulensyndrom mit leichtgradig eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule und mäßiggradigem paravertebralen Muskelreizzustand ohne Nachweis segmentaler neurologischer Ausfälle, ein leichtgradiges Lendenwirbelsäulensyndrom mit geringem paravertebralem Muskelreizzustand ohne Einschränkung der Beweglichkeit und Entfaltbarkeit und ohne Nachweis segmentaler neurologischer Ausfälle, eine geringgradige Bizepssehnentendinitis der linken Schulter ohne Beweglichkeitseinschränkung, einen geringgradigen Reizzustand des linken Handgelenkes und der Hand ohne Nachweis degenerativer Veränderungen bei freier Beweglichkeit, eine geringgradige degenerative Veränderung des linken Knies bei freier Beweglichkeit ohne Ergussbildung sowie einen plantaren Reizzustand bei kernspintomographisch nachgewiesener zystisch/ganglionartiger Veränderung. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeit mit einer kurzzeitig möglichen Maximallast von zehn Kilogramm in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, jedoch überwiegend sitzend, verrichten. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie längeres Gehen und Stehen. Unter Beachtung dieser Einschränkung bestehe Arbeitsfähigkeit für mindestens sechs Stunden täglich.
Das SG bestellte weiter auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 SGG Nervenärztin Dr. Ma. zur gerichtlichen Sachverständigen. Dr. Ma. erstattete unter dem 22. Januar 2015 auf Grund von Untersuchungen der Klägerin am 2. Oktober, 15. Oktober und 22. Dezember 2014 sowie vom 14. Januar 2015 ein nervenärztliches Gutachten. Sie diagnostizierte eine Persönlichkeitsstörung. Trotz dieser Störung könne die Klägerin leichte Tätigkeiten ohne Zeitdruck ausführen. Sie könne mindestens sechs Stunden täglich ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit arbeiten.
Das SG lehnte einen Antrag der Klägerin vom 18. Februar 2015 auf Ablehnung der Sachverständigen Dr. Ma. wegen Besorgnis der Befangenheit mit Beschluss vom 9. März 2015 ab.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 10. März 2015 ab. Die Klägerin sei weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert, denn ihr arbeitstägliches Leistungsvermögen betrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mindestens sechs Stunden. Dies ergebe sich aus den überzeugenden, in sich schlüssigen und wohlbegründeten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. L., Dr. Ku. und Dr. Ma. sowie aus den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. J. und Dr. Tr ... Danach leide die Klägerin unter einer monokularen Minderung der Sehschärfe des rechten Auges, einer beginnenden Linsentrübung im linken Auge, einer hoher Kurzsichtigkeit und unterschiedlichen Brechwerten beider Augen, einer partiellen Nachtblindheit, einem eingeschränkten Stereosehen, einem leichtgradigem Syndrom aller drei Wirbelsäulenabschnitte, einem Reizzustand des linken Handgelenks bzw. der linken Hand nach Karpaltunnel-Operation einer Gonarthrose links und einer Persönlichkeitsstörung. Die Erkrankungen führten zwar zu einer Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in qualitativer, jedoch nicht in quantitativer Hinsicht. Ob bei der Klägerin – wie noch im Gutachten von Dr. A. beschrieben – trotz der von Prof. Dr. L. bescheinigten Besserung der Sehkraft noch funktionelle Einäugigkeit vorliege, könne dahingestellt bleiben. Selbst falls man in ihrem Falle von einer besonderen spezifischen Leistungsbehinderung ausgehen wollte, so sei festzustellen, dass die Klägerin trotz des eingeschränkten Sehvermögens noch Arbeiten ausführen könne, die typischerweise bei ungelernten Tätigkeiten gefordert würden, wie zum Beispiel Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen.
Gegen das ihr am 2. April 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. April 2015 Berufung eingelegt. Im Vordergrund stünde die Augenerkrankung. Es sei nicht zutreffend, dass bei optimaler Brillenanpassung eine ausreichende Sehstärke gewährleistet werden könne und die Doppelbildsymptomatik auf Grund der Brechungsunterschiede durch zusätzliche Anwendung von Kontaktlinsen korrigiert werden könne. Sie sei nicht in der Lage, diese Kontaktlinsen dauerhaft zu tragen. Es komme zu schweren Abwehrreaktionen der Augen. Mehrere Tage im Monat könne die Kontaktlinse überhaupt nicht eingesetzt werden, an anderen Tagen nur stundenweise. Bei ihr sei damit keine regelmäßige Erwerbsfähigkeit gegeben. Ohne die Kontaktlinse sehe sie nur einäugig und habe damit kein räumliches Sehen. Die vom SG angenommenen Tätigkeiten seien ihr damit nicht möglich. Aufgrund der mehrmaligen Augenoperationen sei inzwischen eine Trigeminusneuralgien aufgetreten. Darüber hinaus seien die Feststellungen im orthopädischen Bereich nicht zutreffend. Bei einer MRT-Untersuchung im Juli 2013 sei ein heller Fleck im Rückenmark festgestellt worden. Ihr sei von den Ärzten erläutert worden, dass dort Wasser im Rückenmark sei, welches zu Funktionseinschränkungen, massiven Schmerzzuständen und Bewegungseinschränkungen führe. Nicht zutreffend bewertet worden sei das Gutachten der Dr. Ma ... Diese habe bestätigt, dass sie auf psychiatrischem Fachgebiet gerade nicht in der Lage sei, aus eigener Kraft ihre Erkrankung zu überwinden. Im Hinblick auf die erhebliche Beeinträchtigung auf Grund der Augenerkrankung sowie der Persönlichkeitsstörung seien auch das Wirbelsäulensyndrom, die Erkrankung der linken Hand bzw. des linken Handgelenkes und des linken Knies im Zusammenhang zu sehen. Eine gemeinsame Betrachtung führe ebenfalls dazu, dass die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter drei Stunden herabgesunken sei. Die Klägerin hat einen epikritischen Bericht des Prof. Dr. Aug. (Direktor der Augenklink des Städtischen Klinikums K.) vom 20. Juli 2011 über einen stationären Aufenthalt vom 19. bis 21. April 2011, einen Arztbrief des Prof. Dr. Aug. vom 25. Juni 2014 über eine ambulante Vorstellung am 12. Dezember 2013, einen Arztbrief des Prof. Dr. Aug. vom 11. September 2014 über eine ambulante Vorstellung vom 17. Juni 2014 und einen vorläufigen Entlassbrief des Prof. Dr. Aug. vom 1. November 2015 über einen stationären Aufenthalt vom 30. Oktober bis 1. November 2015 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. März 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2012 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2010 zu gewähren, hilfsweise zum Nachweis ihres Klage- und Berufungsvortrages ein Gutachten nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz bei der Augenärztin Dr. Ku. einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung, den Widerspruchsbescheid und ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Der Berichterstatter hat Prof. Dr. L. schriftlich um eine Stellungnahme zu der Frage ersucht, ob der Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Unverträglichkeit der Kontaktlinsen plausibel sei, ob es Alternativen gäbe, welche funktionellen Folgen es habe, wenn die Klägerin die Kontaktlinsen nicht verwenden könne, und wie sich die Doppelbildsymptomatik auf das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin in qualitativer und quantitativer Hinsicht auswirke, wenn man unterstelle, dass die Doppelbildsymptomatik nicht behebbar sei. Prof. Dr. L. hat hierzu in einer augenfachärztlichen Stellungnahme vom 28. September 2015 ausgeführt, die von der Klägerin vorgetragenen Beschwerden seien aus augenärztlicher Sicht grundsätzlich nachvollziehbar. Eine Alternative zu den von ihr bislang getragenen weichen Kontaktlinsen stellten formstabile Kontaktlinsen dar, die für das Auge individuell angepasst würden und im Gegensatz zu weichen Kontaktlinsen keine Flüssigkeit aus der Umgebung während des Tragens aufnähmen. Für Patienten mit ausgeprägt trockenem Auge seien individuell angepasste formstabile Kontaktlinsen geeigneter, wenn auch eine lange Eingewöhnzeit erforderlich sei, da insbesondere das Einsetzen erlernt werden müsse. Falls es für die Klägerin auch langfristig unmöglich sei, individuell angepasste formstabile Kontaktlinsen zu verwenden, so bestehe zum Ausgleich der unterschiedlichen Brechung beider Augen die Möglichkeit der operativen Implantation einer künstlichen Linse vor der eigenen Linse am linken Auge zum Ausgleich des Brechungsunterschiedes zwischen beiden Augen. Zu beachten sei allerdings das operative Risiko. Die dritte Möglichkeit bestünde in der vorgezogenen Extraktion der eigenen Linse und Implantation einer in der Brechung zum anderen Auge passenden kapselfixierten Hinterkammerlinse, wodurch allerdings die dynamische Anpassung der Brechkraft des Auges zur Naheinstellung völlig verloren gehe. Falls es der Klägerin nicht möglich sei, Kontaktlinsen jeglicher Art anzuwenden und ein operativer Eingriff von ihr abgelehnt werde, so bleibe die Möglichkeit zur Verhinderung einer Doppelbildsymptomatik, das schlechtere rechte Auge abzukleben oder das rechte Brillenglas mit einer Mattfolie auszustatten. Eine Brillenanpassung sei nicht ausreichend. Unter Doppelbildsymptomatik verstehe man die Wahrnehmung von nah beieinander liegenden Doppelkonturen bei Betrachten von Kontrastwechseln. Der scheinbare Abstand dieser Konturen bleibe auch bei Bildblickrichtungswechseln konstant. Tatsächliche Doppelbilder entstünden durch eine Schielstellung der Augen. In dieser Hinsicht bestehe bei der Klägerin ein binokulares Einfachsehen über eine Blickexkursion von wenigstens 30°, lediglich beim Abblick über 10° Blickexkursion entstünden auf Grund einer operationsbedingten eingeschränkten Modalität des Augapfels Doppelbilder. In Zusammenschau der bei der Klägerin vorliegenden Befunde folge hieraus sicherlich eine funktionelle Einschränkung. Eine berufliche Einschränkung gebe es für alle Tätigkeiten, die ein voll ausgebildetes räumliches Sehen erforderten, wie dies beispielsweise für die berufliche Personenbeförderung teilweise zutreffe. Ebenso gelte dies für alle Tätigkeiten aus dem Bereich der dreidimensionalen Bildbearbeitung. Tätigkeiten wie Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von Teilen könnten auch einäugig ausgeübt werden.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht, die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Klägerin hat daraufhin mitgeteilt, dass für den 15. Dezember 2015 ein Operationstermin für das rechte Auge anberaumt sei. Außerdem hat sie vorgetragen, dass ein Impingementsyndrom der linken Schulter bei ihr vorliege. Sie sei mit einer Entscheidung durch Beschluss nicht einverstanden und beantrage, ein Gutachten nach § 109 SGG bei Augenärztin Dr. Ku. einzuholen. Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt.
Der Berichterstatter hat anschließend darauf hingewiesen, dass weiter beabsichtigt sei, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen. Das Antragsrecht nach § 109 Abs. 1 SGG sei bereits in erster Instanz verbraucht. Die Beklagte hat sich daraufhin weiter mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt. Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Operation erforderlich geworden sei, da sie die massiven Schmerzzustände der Augen nicht mehr habe aushalten können. Die Plombe habe entfernt werden müssen. Da es zu Komplikationen gekommen sei, hätten zwei Operationen durchgeführt werden müssen. Nach den Operationen habe sie auf dem rechten Auge gar nichts mehr gesehen. Inzwischen liege die Fähigkeit bei 10 Prozent. Sie hat den vorläufigen Entlassbericht des Prof. Dr. Aug. vom 23. Dezember 2015 über den stationären Aufenthalt vom 14. bis 23. Dezember 2015 vorgelegt und mitgeteilt, dass sie an dem Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG festhalte.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung bedarf, weil die Klägerin Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig.
3. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2012 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. November 2010 (vgl. § 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]).
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden pro Tag verrichten kann.
(1) Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin betreffen insbesondere das augenärztliche Fachgebiet, ferner das orthopädische und das psychiatrische Fachgebiet.
Auf augenärztlichem Gebiet bestehen bei der Klägerin am rechten Auge periphere Netzhautnarben und eine periphere einbuckelnde Netzhautplombe in Folge operativer Versorgung einer Netzhautablösung (Schisisamotio) mittels einbuckelndem Operationsverfahren (limbusparallele Plombe und thermische Netzhautverödung), ein sekundäres Offenwinkelglaukom bei Zustand nach mehrmaliger Netzhautoperation mit Silikonöleingabe, eine intraokulare Kunstlinse in der Hinterkammer (Hinterkammerlinsenpseudophakie), eine eröffnete Kapselhinterfläche nach Linsenpolitur mittels Laser bei Nachstar (YAG-Kapsulotomie) hohe Kurzsichtigkeit mit Degenerationsarealen der Netzhaut (Fundus myopicus), eine monokulare Minderung der Sehschärfe auf Grund einer Schädigung der Stelle des schärfsten Sehens nach Netzhautablösung (persistierende Visusminderung bei Makulaschädigung), eine latente Schielstellung (Heterophorie), eine Verdickung der Grenzmembranen zwischen Netzhaut und Glaskörperraum (epiretinale Gliose), Beschwerden bei trockenem Auge (Sicca-Symptomatik), eine Stabsichtigkeit (Astigmatismus), eine partielle Nachtblindheit, ein eingeschränktes Stereosehen und ein unterschiedlicher Brechwert beider Augen (Anisometropie). Am linken Auge bestehen bei der Klägerin Beschwerden bei trockenem Auge (Sicca-Symptomatik), eine beginnende Linsentrübung (Cataracta corticalis incipiens), eine hohe Kurzsichtigkeit mit Degenerationsarealen der Netzhaut (Fundus myopicus), eine Stabsichtigkeit (Astigmatismus), eine Alterssichtigkeit (Presbyopie), eine partielle Nachtblindheit (Nyktopie), ein eingeschränktes Stereosehen sowie ein unterschiedlicher Brechwert beider Augen (Anisometropie). All dies entnimmt der Senat dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L ... Im Dezember 2015 wurde die im rechten Auge eingebrachte Netzhautplombe entfernt (vorläufiger Entlassungsbericht des Prof. Dr. Aug. vom 23. Dezember 2015).
Auf orthopädischem Fachgebiet besteht bei der Klägerin ein chronisches Halswirbelsäulen- und Brustwirbelsäulensyndrom mit leichtgradig eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule und mäßiggradigem paravertebralen Muskelreizzustand ohne Nachweis segmentaler neurologischer Ausfälle, ein leichtgradiges Lendenwirbelsäulensyndrom mit geringem paravertebralem Muskelreizzustand ohne Einschränkung der Beweglichkeit und Entfaltbarkeit und ohne Nachweis segmentaler neurologischer Ausfälle, eine geringgradige Bizepssehnentendinitis der linken Schulter ohne Beweglichkeitseinschränkung, ein geringgradiger Reizzustand des linken Handgelenkes und der Hand ohne Nachweis degenerativer Veränderungen bei freier Beweglichkeit, eine geringgradige degenerative Veränderung des linken Knies bei freier Beweglichkeit ohne Ergussbildung sowie ein plantarer Reizzustand bei kernspintomographisch nachgewiesener zystisch/ganglonaritger Veränderung. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. Ku ...
Schließlich besteht auf psychiatrischem Fachgebiet eine Persönlichkeitsstörung. Dies ergibt sich auf dem Gutachten der Sachverständigen Dr. Ma ...
(2) Die festgestellten körperlichen Gesundheitsstörungen schränken das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin nur in qualitativer, nicht aber in zeitlicher Hinsicht ein.
Die Befunde auf augenärztlichem Gebiet schließen Tätigkeiten aus, die ein räumliches Sehen erfordern. Eine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit resultiert aus den festgestellten Erkrankungen nicht. Dies entspricht auch der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. L ... Aus dem von der Klägerin vorgelegten vorläufigen Entlassbericht des Prof. Dr. Aug. vom 23. Dezember 2015 über den stationären Aufenthalt vom 14. bis 23. Dezember 2015 im Städtischen Klinik Karlsruhe folgt nichts anderes. Es wird dort ein Visus bei Entlassung von 0,05 auf dem rechten Auge und von 0,5 auf dem linken Auge mitteilt; zeitliche Leistungseinschränkungen resultieren hieraus nicht.
Zeitliche Einschränkungen ergeben sich auch nicht aus den Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet. Hier besteht nach der schlüssigen Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Ku. Erwerbsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit einer kurzzeitig möglichen Maximallast von zehn Kilogramm in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, jedoch überwiegend Sitzen. Zu vermeiden sind lediglich Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie längeres Gehen und Stehen.
Schließlich lassen sich zeitliche Leistungseinschränkungen auch nicht mit Erkrankungen der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet begründen. Die insofern bestehende Persönlichkeitsstörung schließt lediglich Tätigkeiten unter Zeitdruck aus. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Ma ...
(3) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z. B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(4) Allerdings geht der Senat zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass bei ihr eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Der Senat unterstellt zu Gunsten der Klägerin, dass bei ihr eine funktionelle Einäugigkeit vorliegt, weil sie zur Vermeidung einer Doppelbildsymptomatik notfalls – falls eine Korrektur mit Kontraklinsen dauerhaft nicht möglich ist – darauf verwiesen ist, das rechte Auge während der Berufstätigkeit abzudecken, etwa durch Abkleben des rechten Brillenglases mit einer Mattfolie (so der Vorschlag des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L.). Bereits das Bestehen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung macht die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob bei der Klägerin auch eine Summierung von Leistungseinschränkungen besteht.
Solche Verweisungstätigkeiten bestehen indes in Form von Tätigkeiten wie Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, oder Zusammensetzungen von Teilen. Dies Tätigkeiten können auch einäugig verrichtet werden und sind der Klägerin nach der ergänzenden Äußerung des Prof. Dr. L. möglich (vgl. auch Urteil des Senats vom 22. Januar 2016 – L 4 R 2963/14 – nicht veröffentlicht).
(5) Die Wegefähigkeit der Klägerin war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Die Klägerin ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen. Im Gegenteil haben die Sachverständigen Prof. Dr. L., Dr. Ku. und Dr. Ma. das Bestehen der Wegefähigkeit der Klägerin übereinstimmend bejaht.
c) Weitere Ermittlungen waren nicht veranlasst. Insbesondere musste der Senat nicht dem Begehren der Klägerin, ein Sachverständigengutachten nach § 109 Abs. 1 SGG bei Dr. Ku. einzuholen, folgen. Dabei kann dahinstehen, ob es sich um einen ordnungsgemäßen Antrag handelt (vgl. insofern BSG, Beschluss vom 1. Juli 2015 – B 5 R 136/15 B – nicht veröffentlicht). Denn jedenfalls ist das Antragsrecht verbraucht. Das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal im gesamten Rechtsstreit zur Verfügung. Das Gericht ist nicht verpflichtet, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis bestimmter Tatsachen beliebig oft nachzukommen (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2012 – L 11 R 5317/10 – m.w.N, juris, Rn. 55; Urteil des Senats vom 31. August 2012 – L 4 R 5292/11 – nicht veröffentlicht). Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren bereits zweimal von dem Antragsrecht nach § 109 SGG Gebrauch gemacht. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigen (vgl. dazu Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109 Rn. 10b), liegen nicht vor.
Der Senat musste auch nicht dem Vortrag der Klägerin weiter nachgehen, bei ihr bestehe inzwischen auch ein Impingementsyndrom. Denn auch ein solches Impingementsyndrom reduziert weder ihre Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht noch hindert es die Ausübung der oben genannten Verweisungstätigkeiten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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