L 9 AS 4466/15 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 1635/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 4466/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe (PKH), wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann gegeben, wenn - bei summarischer Prüfung - eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens in der Hauptsache - auch im Sinne eines Teilerfolges - besteht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 73a Rdnr. 7 ff., m.w.N.).

Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussicht sind die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Beschwerde (Peters/Sautter/Wolf, SGG, 4. Aufl., § 176 Rdnr. 4). Auf einen früheren Zeitpunkt ist nur dann abzustellen, wenn sich die Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von PKH verzögert hat und eine Änderung zum Nachteil des Beschwerdeführers eingetreten ist (vgl. Leitherer, a.a.O.,§ 73a Rdnr. 7d). Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen ist, sind nicht erkennbar. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage zum Nachteil der Beschwerdeführer ist nicht eingetreten.

Hiervon ausgehend ist die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg (SG) im Ergebnis nicht zu bestanden. Denn es besteht zwar eine hinreichende Erfolgsaussicht für das vorliegende Klageverfahren (S 12 AS 1635/15), die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH sind dennoch nicht gegeben, da es sich bei summarischer Prüfung um eine mutwillige Rechtsverfolgung handelt.

Nach § 114 Abs. 2 ZPO in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (PKH/BerHRÄndG) vom 31.08.2013 (BGBl. I S. 3533) ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine PKH beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (§ 114 Abs. 2 ZPO). Eine Mutwilligkeit in diesem Sinn liegt vor, wenn die zur Rechtsverfolgung ergriffene Maßnahme bei den konkreten Gegebenheiten nicht notwendig ist und deshalb von einem verständigen Beteiligten nicht ergriffen worden wäre. Als nicht erforderlich ist eine Maßnahme anzusehen, wenn ein einfacherer und billigerer Weg zum gleichen Erfolg geführt hätte. Das bedeutet freilich nicht, dass sich der Unbemittelte mit "schlechterem" Rechtsschutz zufrieden geben muss. Er muss lediglich von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen den kostengünstigeren wählen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.09.2014 - L 13 AS 3078/14 -; Sächsisches Oberverwaltungsgericht (OVG), Beschlüsse vom 08.07.2015 - 3 D 23/15 - und vom 16.03.2015 - 3 D 6/15 -; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2015 - 12 C 15.74 -; OVG Saarland, Beschluss vom 20.11.2013 - 2 D 439/13 - (jeweils juris)).

Hiervon ausgehend hätte ein verständiger und vernünftiger Beteiligter, der die Kosten der Rechtsverfolgung selbst zu tragen hat, (allein) gegen die hier streitbefangenen Bescheide vom 22.12.2014 und 23.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.03.2015, betreffend die Überprüfung der Leistungen für die aus vier Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft im Zeitraum Juli bis August 2011, keine weiteren drei eigenständigen Klagen (S 12 AS 1634/15, S 12 AS 6435/15 und S 12 AS 1637/15) anwaltlich erheben lassen. Denn die Rechtsfragen, die sich im vorliegenden Überprüfungsverfahren gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) stellen (Höhe der Heizkosten, Bemessung des Einkommens unter Berücksichtigung der Fahrkosten), sind identisch mit den im Klageverfahren S 20 AS 5732/12 (und weiteren beim SG anhängigen Verfahren) zu klärenden Rechtsfragen, welches den Leistungszeitraum September 2011 bis Juni 2012 betrifft und für welches den (vier) Klägern PKH unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten mit Blick auf ein einzuholendes Sachverständigengutachten bewilligt worden war. Ein sein Kostenrisiko vernünftig abwägender Bürger, der die Prozesskosten aus eigenen Mitteln finanzieren muss, würde nicht ohne nachvollziehbaren Grund parallel weitere Klageverfahren unter Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts betreiben, in denen die gleichen Rechtsfragen zu klären sind, sondern sich darum bemühen, die Überprüfungsverfahren für andere Leistungszeiträume mit Blick auf den Ausgang des anhängigen gerichtlichen Verfahrens entweder noch vorgerichtlich ruhend zu stellen oder jedenfalls ein Ruhen des Verfahrens - nach persönlicher oder durch den gesetzlichen Vertreter erfolgender Klageerhebung - im gerichtlichen Verfahren zu erreichen. Allein der Umstand, dass hier unterschiedliche verfahrensmäßige Konstellationen betroffen sind (Leistungsbescheide im Verfahren S 20 AS 5732/12, Überprüfungsbescheide im vorliegenden Verfahren) führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH durch das SG ist somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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