L 12 RA 284/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 RA 02542/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 RA 284/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für ein Verfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu erstatten hat.

Die 1930 geborene Klägerin steht im langjährigen Rentenbezug der Beklagten. Am 19.6.1998 beantragte sie die Neufeststellung der Rente und bat um Überprüfung der Rentenhöhe unter Anerkennung weiterer rentenrechtlicher Zeiten. Hierbei ließ sie sich durch den Rentenberater F. vertreten.

Mit Bescheid vom 21.8.1998 entsprach die Beklagte teilweise dem Überprüfungsantrag. Den hiergegen erhobenen Widerspruch erklärte sie mit Schreiben vom 2.12.1998 für erledigt.

Am 4.2.1999 beantragte die Klägerin die Erstattung der entstandenen außergerichtlichen Kosten in Höhe von 3199,28 DM (Honorar des Bevollmächtigten, Rentenberater F.).

Mit Bescheid vom 19.2.1999 lehnte die Beklagte die Erstattung der Kosten ab. Gemäß § 63 SGB X seien grundsätzlich nur die während eines Widerspruchsverfahrens entstandenen Aufwendungen erstattungsfähig. Die erneute Erstfeststellung der Rente stelle nicht den Abschluss eines Widerspruchsverfahrens dar, sondern sei Folge des Überprüfungsantrages vom 22.6.1998. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7.6.1999 zurück.

Am 5.7.1999 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben: Die entstandenen Kosten für die Inanspruchnahme des Rentenberaters seien nur deshalb entstanden, weil die Beklagte ihre Rente fehlerhaft berechnet und sie zuvor unzureichend beraten habe. Diese Kosten seien von der Beklagten zu ersetzen.

Mit Urteil vom 26.11.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es u. a. ausgeführt, eine Erstattung von Kosten für die Inanspruchnahme rechtskundigen Beistandes im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens sehe das Sozialgesetzbuch nicht vor. § 63 SGB X regele nur für das Widerspruchsverfahren eine Kostenerstattung. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X sei nicht möglich.

Gegen das zum Zwecke der Zustellung per Übergabe-Einschreiben am 13.12.2002 zur Post gegebene Urteil richtet sich die an 07.01. 2003 eingelegte Berufung der Klägerin: Es sei gesagt worden, dass die Beklagte den Berechnungsfehler zugegeben habe und sie bei Widerspruch die Kosten für die Fehlerbeseitigung zurückbekomme. Die in erster Instanz erhobenen Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung macht sie nunmehr nicht mehr geltend.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juni 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die außergerichtlichen Kosten, die ihr im Rahmen des Neufeststellungsverfahrens nach § 44 SGB X entstanden sind, in Höhe von 3191,28 DM (1631,68 EUR) zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Der Senat kann die zulässige Berufung durch Beschluss zurückweisen. Er hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich; die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Neufeststellungsverfahren (§ 44 SGB X).

Der Gesetzgeber hat eine allgemeine Regelung, die die Erstattung der Kosten für das Verwaltungsverfahren regelt, nicht getroffen.

Die Vorschrift des § 63 Abs. 1 SGB X, wonach der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, bei erfolgreichem Widerspruch dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat, ist im Falle der Klägerin nicht anwendbar. Zum Verwaltungsverfahren im Sinne des ersten Kapitels des SGB X gehört zwar auch das Vorverfahren, hinsichtlich der Kostenerstattung besteht aber ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Verwaltungsverfahren im engeren Sinne - einschließlich des Erlasses des Verwaltungsaktes - und dem sich daran anschließenden Widerspruchsverfahren. Das Verfahren nach § 44 SGB X gehört zum Verwaltungsverfahren im engeren Sinne. Zwar ist es möglich, durch das Verfahren zur Rücknahme eines rechtswidrigen, hinsichtlich des Überprüfungsgegenstandes nicht begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 44 SGB X), das Gleiche zu erreichen wie durch einen Widerspruch gegen einen unrichtigen Bescheid. Dies reicht aber für eine Gleichbehandlung bei der Erstattung von Kosten nicht aus; denn der Widerspruch richtet sich gegen einen noch nicht bindenden Verwaltungsakt, während der Antrag auf Überprüfung eines Bescheides in denjenigen Fällen möglich ist, in denen der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar (§ 77 SGG) geworden ist.

Die Vorschrift des § 63 SGB X kann auch nicht entsprechend angewandt werden. Das Fehlen der Kostenvorschrift beruht nicht auf einer Lücke im Gesetz, die durch Richterrecht auszufüllen wäre. Vielmehr handelt es sich hier um ein "beredtes Schweigen" des Gesetzes (vgl. BSG SozR 1300 § 63 Nr. 1 m. w. N.). Der Gesetzgeber hat mehrere das Verwaltungsverfahren im Bereich des Sozialrechts betreffenden Kostenregelungen getroffen, sodass eine bewusste Gesetzeslücke nicht angenommen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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