Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 VK 368/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VK 2097/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24. April 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), ob die teilweise Aufhebung des Rechts auf Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2008 zutreffend erfolgt ist.
Die 1934 geborene Klägerin ist verwitwet und Mutter zweier Söhne (M. Sch., geboren 1954 und M. Sch., geboren 1959). Sie war ab 1. September 1975 als Sportlehrerin an der C.-Sch.-Gesamtschule in Kamen beschäftigt und wurde nach der Vergütungsgruppe VI b bezahlt. Zum Wintersemester 1977/78 nahm sie neben ihrer beruflichen Tätigkeit das Studium der Sprachheilpädagogik und Kunsterziehung an der Pädagogischen Hochschule Ruhr auf, die 1980 in die Technische Universität Dortmund eingegliedert wurde. Das Arbeitsverhältnis als Lehrerin wurde mit Wirkung zum 31. März 1982 beendet.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Deutsche Rentenversicherung Bund) erkannte mit Bescheid vom 16. April 1997 die Erziehungszeit für den älteren Sohn vom 10. Oktober 1954 bis 9. Oktober 1964 als Berücksichtigungszeit an, bei dem jüngeren war dies die Zeit vom 7. Juli 1959 bis 6. Juli 1969.
Der Beklagte hatte mit Bescheid vom 29. Oktober 1981 wegen einer "Neurose (abnorme Erlebnisreaktion)" ein Recht der Klägerin auf Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vom Hundert (v. H.) ab 1. März 1975 festgestellt. In Ausführung eines Vergleiches vom 20. Februar 1987 erließ der Beklagte den Ausführungsbescheid vom 2. April 1987, wonach die MdE 60 v. H. ab 1. Oktober 1979 betrug. Hierbei wurde eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) berücksichtigt. Darüber hinaus wurde der Klägerin ab 1. Oktober 1979 dem Grunde nach ein Berufsschadensausgleich gewährt.
Vor der Anpassung zum 1. Juli 2008 war zuletzt mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 ein monatlicher Berufsschadensausgleich in Höhe von 520 EUR gewährt worden. Ohne die Klägerin zuvor angehört zu haben, hob der Beklagte mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 das Recht der Klägerin auf Berufsschadensausgleich in Höhe von monatlich 520 EUR ab 1. Juli 2008 unter Bezugnahme auf § 48 SGB X "im Anschluss an den Bescheid vom 05.12.2007" auf, soweit der Monatsbetrag von 505 EUR überschritten wurde. Gleichzeitig wurde ein monatlicher Härteausgleich von 4 EUR bewilligt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Versorgungsbezüge seien wegen einer Gesetzesänderung anzupassen gewesen. Ebenso seien die geänderten Einkommensverhältnisse berücksichtigt worden. Bei der Feststellung des Berufsschadensausgleiches sei das ab 1. Juli 2008 maßgebende Vergleichseinkommen berücksichtigt worden. Es sei eine Umstellung der Eingruppierung des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT) sowie des Manteltarifvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter (MTArb) auf die Entgeltgruppen des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst (TVöD) erfolgt. Diese Änderung sei auch in der Bezeichnung der Vergleichseinkommen nachvollzogen worden. Die bisher genannte Vergütungsgruppe "Angestellte im Öffentlichen Dienst, Vergütungsgruppe VI b" sei durch die Entgeltgruppe des TVöD "Höchste Stufe Entgeltgruppe 6 TVöD" ersetzt worden. Das bei der Klägerin zu berücksichtigende Vergleichseinkommen sei deswegen abgesunken und eine Minderung der Versorgungsbezüge eingetreten. In Fällen der Minderung der Gesamtversorgungsbezüge durch das Absinken des Vergleichseinkommens sei mit allgemeiner Zustimmung des - damaligen - Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung ein Härteausgleich nach § 89 BVG zu gewähren, wenn die Absenkung der Gesamtversorgung nach dem BVG nicht in vollem Umfang durch eine gleichzeitige Erhöhung des verfügbaren sonstigen Einkommens aufgefangen werde. Im Juni 2008 habe der Klägerin aus den Versorgungsbezügen und der Altersrente ein Nettobetrag von 1.779,56 EUR zur Verfügung gestanden, im Folgemonat seien dies nur noch 1.775,46 EUR gewesen. Der Unterschiedsbetrag von 4,10 EUR sei auf den nächsten vollen Eurobetrag abzurunden, was als Härteausgleich gemäß § 89 BVG zu zahlen sei. Der neu errechnete Monatsbetrag werde ab Februar 2009 gezahlt und die Überzahlung von insgesamt 56 EUR von da an in Höhe von monatlich 10 EUR mit den laufenden Bezügen aufgerechnet.
Hiergegen hatte die Klägerin, vertreten durch ihre früheren Bevollmächtigten, am 24. Dezember 2008 Widerspruch erhoben.
Ein bereits früher beim Sozialgericht Konstanz (SG) anhängiges Verfahren (S 1 VK 847/11) war im März 2011 wieder angerufen und unter S 1 VK 847/11 fortgeführt worden. Darin hatte sich die Klägerin unter anderem gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2008 gewandt, weswegen insoweit die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Februar 2012 mangels durchgeführtem Vorverfahren als unzulässig abgewiesen wurde. In dem deswegen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) geführten Berufungsverfahren L 6 VK 894/12 wurde in der nichtöffentlichen Sitzung am 20. Dezember 2012 - unter übereinstimmender Erklärung, dass das Verfahren erledigt ist - ein das Verfahren beendender Vergleich geschlossen, wonach der Beklagte zusicherte, für den Fall, dass die Vergütungsgruppe VI b des BAT nicht den Entgeltgruppen 5, 6, 7 oder 8, sondern 9, 10, 11 oder 12 oder gar einer höheren entspreche, den Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2008 entsprechend anzupassen. Im Nachgang zu diesem Gerichtstermin übersandte der Beklagte die Verfügung des Landesversorgungsamtes vom 16. Juni 2008, den Erlass des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 6. Juni 2008 sowie die Bekanntmachung der Vergleichseinkommen für die Feststellung des Berufsschadensausgleiches für die Zeit ab 1. Juli 2008 und führte aus, daraus ergäben sich die Grundlagen für die Anpassung im Bescheid vom 17. Dezember 2008. Hierzu werde insbesondere auf die Tabelle 8a verwiesen, in welcher die bisherige Vergütungsgruppe VI b des BAT der neuen Entgeltgruppe 6 gleichgesetzt worden sei. Der Bescheid vom 17. Dezember 2008 sei daher zutreffend gewesen, eine Anpassung nicht vorzunehmen.
Am 17. Oktober 2013 begehrte die Klägerin unter anderem den Bescheid vom 17. Dezember 2008 und den "Widerspruch v. 24.12.2008" zu überprüfen. Mit Bescheid vom 22. November 2013 lehnte der Beklagte die Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X ab. Der Bescheid vom 17. Dezember 2008 sei, nachdem das Berufungsverfahren L 6 VK 894/12 beim LSG übereinstimmend für erledigt erklärt worden sei, rechtsverbindlich geworden. Eines weiteren Bescheides habe es ausweislich der Sitzungsniederschrift mangels eines anderen zugrunde zu legenden Vergleichseinkommens nicht bedurft. Ein Anspruch auf Rücknahme des bindend gewordenen Bescheides vom 17. Dezember 2008 bestehe mangels Vorliegen der Voraussetzungen nicht. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 zurückgewiesen. Mit dem Bescheid vom 22. November 2013 sei der Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X abgelehnt worden. Hiergegen richte sich der Widerspruch. Der früher erteilte Bescheid vom 17. Dezember 2008, mit dem über die Einstufung beim Berufsschadensausgleich entschieden worden sei, sei rechtsverbindlich geworden. Eine Rücknahme dieses Bescheides komme nach § 44 SGB X nicht in Betracht, da weder der Antrag noch der Widerspruch der Klägerin neuen Gesichtspunkte enthielten, welche im Berufungsverfahren L 6 VK 894/12 beim LSG nicht angesprochen worden seien. Die Beteiligten hätten am 20. Dezember 2012 den Rechtsstreit gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2008 ohne Einschränkung für erledigt erklärt. Die Klägerin hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 eine Woche später beim SG Klage erhoben (Az. S 1 VK 368/14).
Nachdem zuvor mit Bescheid vom 29. Oktober 2010 ein Recht der Klägerin auf monatlichen Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2010 in Höhe von 503 EUR netto festgestellt worden war, bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 11. Dezember 2014 einen monatlichen Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2011 in Höhe von 509 EUR netto, ab 1. Juli 2012 in Höhe von 520 EUR netto und ab 1. Juli 2013 in Höhe von 522 EUR netto. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wandte sich die Klägerin wiederum gegen die vom Beklagten vorgenommene Eingruppierung in die Entgeltgruppe des TVöD. Hierdurch werde nicht hinreichend abgebildet, dass sie als Lehrerin tätig gewesen sei. Sie habe den Beruf von September 1975 bis Dezember 1980 in Nordrhein-Westfalen tatsächlich ausgeübt und hierbei drei Fächer der Sekundarstufe II unterrichtet. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2014 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. März 2014 Klage beim SG erhoben (Az. S 1 VK 2143/14). Mit Beschluss vom 2. März 2015 hat das SG die Rechtsstreitigkeiten S 1 VK 368/14 und S 1 VK 2143/14 unter S 1 VK 368/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das SG hat die Klagen, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten, mit Gerichtsbescheid vom 24. April 2015 abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten, den Verwaltungsakt vom 17. Dezember 2008 zurückzunehmen. Weder sei das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen hat. Im Falle der Klägerin sei als Vergleichseinkommen die Vergütungsgruppe VI b des BAT maßgebend. Soweit die Klägerin einen Ortszuschlag berücksichtigt wissen wolle und die Erhöhung ihres Dienstalters verfolge, sehe das BVG keine gesonderte Anspruchsgrundlage vor. Soweit sie die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten begehre, beträfe dies nicht den Berufsschadensausgleich, sondern Leistungen nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch sei kein Versorgungsausgleich bei den vom Beklagten zu gewährenden Versorgungsleistungen vorgesehen, ein solcher sei allenfalls Gegenstand eines Scheidungsverfahrens vor dem Familiengericht. In der nichtöffentlichen Sitzung beim LSG am 20. Dezember 2012 habe der Beklagte überdies keine Abänderung des Bescheides vom 17. Dezember 2008 versprochen. Es sei lediglich eine Änderung für den Fall zugesagt worden, dass die Überprüfung die Einstufung in eine höhere Entgeltgruppe ergebe. Es sei auch nicht vereinbart worden, durch rechtsmittelfähigen Bescheid zu entscheiden. Der Beklagte habe im Anschluss an den Termin das Ergebnis seiner Überprüfung mitgeteilt. Der weitere angefochtene Bescheid vom 11. Dezember 2014 sei ebenfalls rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Hierin sei die Angleichung der Versorgungsbezüge anhand der 17., 18. und 19. Anpassungsverordnung für die Jahre 2011 bis 2013 vorgenommen worden. Es habe sich um Erhöhungen der Leistungen gehandelt. Folglich sei lediglich die Anpassung der Versorgungsbezüge durchgeführt worden. Es sei keine Entscheidung zu den Grundlagen des Berufsschadensausgleiches getroffen worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 18. Mai 2015 beim LSG Berufung eingelegt, mit der sie unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2008 und des Bescheides vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung des Berufsschadensausgleiches auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 14 mit allen Bezügen ohne Aufrechnung eines Erstattungsanspruches verfolgt hat. Ohne die Kriegsbeschädigung hätte sie ihren einzigen Beruf als Lehrerin mit Zusatzstudium bis zu ihrem Pensionsalter im Jahre 1999 ausüben können. Die vom Beklagten vorgenommene Aufrechnung sei zudem rechtswidrig.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24. April 2015 und den Bescheid vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 17. Dezember 2008 teilweise zurückzunehmen und ihr Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2008 unter Zugrundelegung des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 14 mit allen Bezügen ohne Aufrechnung eines Erstattungsanspruches zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, mit der zutreffenden Begründung des SG könne das Klagebegehren nicht zum Erfolg führen.
Die Beteiligen haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die SG-Akten S 1 VK 847/11 und S 1 VK 3735/11, die LSG-Akte L 6 VK 894/12 sowie auszugsweise die Verwaltungsakte des Beklagten (Band 20) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 24. April 2015, soweit damit die als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 11. April 2013 - B 2 U 34/11 R -, SozR 4-2700 § 200 Nr. 4, Rz. 30 m. w. N. zur Zulässigkeit einer Kombination von solchen Klagen) erhobene Klage, mit welcher die Klägerin sinngemäß unter Aufhebung des Bescheides vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 die Verpflichtung des Beklagten zur teilweisen Rücknahme des Bescheides vom 17. Dezember 2008 und Gewährung eines höheren Berufsschadensausgleiches verfolgt hat, abgewiesen worden ist. Die Klage, mit der sie sich gegen den Bescheid vom 11. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2014 wandte, ist im Berufungsverfahren indes nicht mehr weiterverfolgt worden. Mit ihrer am 18. Mai 2015 beim LSG eingelegten Berufung hat sie unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2008 und des Bescheides vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung des Berufsschadensausgleiches auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 14 mit allen Bezügen ohne Aufrechnung eines Erstattungsanspruches verfolgt und ist auch in ihrer Begründung nicht mehr auf die Verwaltungsentscheidung vom 11. Februar 2014 eingegangen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung).
Die noch aufrechterhaltene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage, mit welcher die Klägerin die teilweise Rücknahme der - ihrer Ansicht nach - mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 getroffenen Feststellung, dass ein höherer monatlicher Berufsschadensausgleich als 505 EUR ab 1. Juli 2008 nicht besteht, und die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung eines höheren Leistungsbetrages ab diesem Datum begehrt, ist unzulässig. Nach § 54 Abs. 1 SGG kann mit der Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung begehrt werden (Satz 1). Sie ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn die Klagenden behaupten, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (Satz 2). Insoweit reicht es zwar schon aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und die Klagenden die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es aber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 (130)), weil hinsichtlich des Klagebegehrens eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 - B 8 SO 33/07 R -, SozR 4-1500 § 77 Nr. 1, Rz. 13). Solange der zuständige Verwaltungsträger nicht über einen Anspruch auf (höhere) Leistungen entschieden hat, können Leistungsempfangende, außer bei hier nicht gegebener rechtswidriger Untätigkeit der Behörde (vgl. § 88 SGG), kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben. Das ist hier der Fall. Durch den Verwaltungsakt vom 17. Dezember 2008 ist allein das mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 festgestellte Recht der Klägerin auf den Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2008 aufgehoben worden, soweit diese Versorgungsleistung einen Monatsbetrag von 505 EUR übersteigt. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung enthält demgegenüber keine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X, mit dem der Beklagte die Gewährung eines höheren Anspruches auf den Berufsschadensausgleich ablehnte.
Die hinsichtlich des Bescheides vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 auf Gewährung einer abgelehnten höheren Leistung gerichtete kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage beinhaltet bei verständiger Auslegung des Klagebegehrens (§ 123 SGG) allerdings auch das klägerische Ziel, die mit dem Bescheid vom 17. Dezember 2008 getroffene konkrete Regelung zu beseitigen, also die teilweise Aufhebung des mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 festgestellten Rechts. Denn die Klägerin wendet sich dagegen, dass sie ab 1. Juli 2008 nur noch einen Anspruch auf den Berufsschadensausgleich in Höhe von monatlich 505 EUR haben soll, statt mindestens in Höhe von zuvor 520 EUR. Damit das Begehren der Klägerin möglichst weitgehend zum Tragen kommt, musste der Klageantrag daher, unter Berücksichtigung des "Meistbegünstigungsprinzips" (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R -, BSGE 97, 217 (219 m. w. N.)), so ausgelegt werden, dass er auch eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) mit der Zielrichtung beinhaltet, unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung den Bescheid vom 17. Dezember 2008 zurückzunehmen. Da die Klägerin ihr Ziel von höheren Leistungen als monatlich 505 EUR - bis zur Grenze von 520 EUR - ab Juli 2008 ohne Weiteres mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgen kann, lässt der Senat dahinstehen, ob überhaupt, wie das Bundessozialgericht meint, das verfassungsrechtliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz - GG), trotz Fehlens der Sachentscheidungsvoraussetzungen, ausnahmsweise die Zulässigkeit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage generieren kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 4/11 R -, BSGE 112, 54 (57 f.)). Durch den ihre Klage auch insoweit abweisenden Gerichtsbescheid des SG vom 24. April 2015 ist die Klägerin beschwert, da die Entscheidung hinter ihrem Begehren zurückgeblieben ist (vgl. hierzu Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, vor § 143 Rz. 6).
Die in diesem Umfang zulässige Klage ist indes nicht begründet, da der sachliche Anwendungsbereich der Anspruchsgrundlage des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht eröffnet ist. Nach dieser Norm ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der sachliche Anwendungsbereich der Norm ist nicht eröffnet, da die Klägerin, vertreten durch ihre damaligen Bevollmächtigten, gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2008 eine Woche später Widerspruch erhoben hat, über den bislang nicht entschieden worden ist. Folglich ist noch keine Unanfechtbarkeit eingetreten, die allerdings erst die Möglichkeit der Überprüfung eines Verwaltungsaktes im Wege des Zugunstenverfahrens eröffnet. Der Wortlaut ("auch nachdem er unanfechtbar geworden ist") könnte zwar darauf schließen lassen, dass § 44 SGB X auch vor der Unanfechtbarkeit des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes Anwendung findet. Hierdurch bringt der Gesetzgeber demgegenüber lediglich zum Ausdruck, dass im Fall der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes einem von den Adressaten dieser Verwaltungsentscheidung in Gang gesetzten Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X dessen Unanfechtbarkeit nicht entgegensteht (vgl. Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 44 Rz. 3; vgl. auch BSG, Urteile vom 27. Juli 2004 - B 7 AL 76/03 R -, SozR 4-4300 § 330 Nr. 2, Rz. 17 und 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, SozR 4-7945 § 3 Nr. 1, Rz. 10 sowie Steinwedel, in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: September 2015, § 44 SGB X Rz. 6, wonach das Verfahren nach § 44 SGB X in dieser Konstellation im Regelfall nicht benötigt wird). Da die Unanfechtbarkeit Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, hat deren Prüfung im Rahmen der Begründetheit des Klageanspruches zu erfolgen, weshalb es bei ihrem Fehlen nicht bereits am Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Überprüfungsverfahrens fehlt (a. A. Merten, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, Stand: Mai 2015, § 44 Rz. 51).
Über den Widerspruch vom 24. Dezember 2008 ist bislang noch nicht bestandskräftig entschieden worden (vgl. § 78 SGG), so dass hierdurch noch keine Unanfechtbarkeit eingetreten ist; insbesondere war der Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 nicht auf den noch ausstehenden Abschluss des Verfahrens über diesen Rechtsbehelf gerichtet (vgl. hierzu BSG, Urteil 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, SozR 4-7945 § 3 Nr. 1, Rz. 10). Für die Auslegung von behördlichen Erklärungen ist die Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 2012 - B 13 R 85/11 R -, SozR 4-2600 § 96a Nr. 14, Rz. 25; Engelmann, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 31 Rz. 25). Maßgeblich ist in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze der objektive Sinngehalt einer Erklärung, also wie die Empfangenden die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen mussten. Danach konnte die Klägerin die behördliche Erklärung im Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 nicht dahingehend verstehen, dass nunmehr über den Widerspruch vom 24. Dezember 2008 entschieden wurde. Darin wurde ausdrücklich ausgeführt, dass mit dem Bescheid vom 22. November 2013, der von der Widerspruchsbehörde zu überprüfen sei, der Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X abgelehnt worden sei, wogegen sich der Widerspruch richte. In Bezug auf den Bescheid vom 17. Dezember 2008 ging die Widerspruchsbehörde von dessen (formeller) Bestandskraft beziehungsweise mit ihren Worten von dessen Rechtsverbindlichkeit aus, so dass die Klägerin verständiger Weise nicht davon ausgehen konnte, dass diese sich mit dem Widerspruch vom 24. Dezember 2008 befasste. Eine Umdeutung dieser sich nach Auslegung eindeutig ergebenden behördlichen Erklärung ist ausgeschlossen. Gleiches gilt hinsichtlich des Bescheides vom 22. November 2013, den ohnehin die Ausgangs- und nicht die Widerspruchsbehörde erlassen hat.
Unanfechtbarkeit ist auch nicht durch spätere Rücknahme des am 24. Dezember 2008 erhobenen Widerspruches eingetreten. Die Klägerin hat vielmehr am 17. Oktober 2013 neben der Überprüfung des Bescheides vom 17. Dezember 2008 auch diejenige dieses Rechtsbehelfes verfolgt, diesen damit also aufrechterhalten wollen. Eine spätere Erklärung, die als verfahrensbeendend hätte ausgelegt werden können, hat die Klägerin nicht abgegeben.
Da die übereinstimmenden Erklärungen der Klägerin und des Beklagten in der nichtöffentlichen Sitzung des LSG am 20. Dezember 2012 im Verfahren L 6 VK 894/12, wonach das Verfahren erledigt sei, als Prozesshandlungen den materiellen Anspruch unberührt lassen und hierin im Falle der Klägerin auch kein Verzicht gelegen hat (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 102 Rz. 11 a. E.) sowie der Gesetzgeber lediglich an die - einseitige - Rücknahme der Berufung die Rechtsfolge des Verlustes eines Rechtsbehelfes im weiteren Sinn knüpft (§ 156 Abs. 3 Satz 1 SGG), hat weiter kein erfolglos eingelegter Rechtsbehelf im Sinne des § 77 SGG vorgelegen, der zu einer Bindung und damit Unanfechtbarkeit hätte führen können.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), ob die teilweise Aufhebung des Rechts auf Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2008 zutreffend erfolgt ist.
Die 1934 geborene Klägerin ist verwitwet und Mutter zweier Söhne (M. Sch., geboren 1954 und M. Sch., geboren 1959). Sie war ab 1. September 1975 als Sportlehrerin an der C.-Sch.-Gesamtschule in Kamen beschäftigt und wurde nach der Vergütungsgruppe VI b bezahlt. Zum Wintersemester 1977/78 nahm sie neben ihrer beruflichen Tätigkeit das Studium der Sprachheilpädagogik und Kunsterziehung an der Pädagogischen Hochschule Ruhr auf, die 1980 in die Technische Universität Dortmund eingegliedert wurde. Das Arbeitsverhältnis als Lehrerin wurde mit Wirkung zum 31. März 1982 beendet.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Deutsche Rentenversicherung Bund) erkannte mit Bescheid vom 16. April 1997 die Erziehungszeit für den älteren Sohn vom 10. Oktober 1954 bis 9. Oktober 1964 als Berücksichtigungszeit an, bei dem jüngeren war dies die Zeit vom 7. Juli 1959 bis 6. Juli 1969.
Der Beklagte hatte mit Bescheid vom 29. Oktober 1981 wegen einer "Neurose (abnorme Erlebnisreaktion)" ein Recht der Klägerin auf Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vom Hundert (v. H.) ab 1. März 1975 festgestellt. In Ausführung eines Vergleiches vom 20. Februar 1987 erließ der Beklagte den Ausführungsbescheid vom 2. April 1987, wonach die MdE 60 v. H. ab 1. Oktober 1979 betrug. Hierbei wurde eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) berücksichtigt. Darüber hinaus wurde der Klägerin ab 1. Oktober 1979 dem Grunde nach ein Berufsschadensausgleich gewährt.
Vor der Anpassung zum 1. Juli 2008 war zuletzt mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 ein monatlicher Berufsschadensausgleich in Höhe von 520 EUR gewährt worden. Ohne die Klägerin zuvor angehört zu haben, hob der Beklagte mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 das Recht der Klägerin auf Berufsschadensausgleich in Höhe von monatlich 520 EUR ab 1. Juli 2008 unter Bezugnahme auf § 48 SGB X "im Anschluss an den Bescheid vom 05.12.2007" auf, soweit der Monatsbetrag von 505 EUR überschritten wurde. Gleichzeitig wurde ein monatlicher Härteausgleich von 4 EUR bewilligt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Versorgungsbezüge seien wegen einer Gesetzesänderung anzupassen gewesen. Ebenso seien die geänderten Einkommensverhältnisse berücksichtigt worden. Bei der Feststellung des Berufsschadensausgleiches sei das ab 1. Juli 2008 maßgebende Vergleichseinkommen berücksichtigt worden. Es sei eine Umstellung der Eingruppierung des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT) sowie des Manteltarifvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter (MTArb) auf die Entgeltgruppen des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst (TVöD) erfolgt. Diese Änderung sei auch in der Bezeichnung der Vergleichseinkommen nachvollzogen worden. Die bisher genannte Vergütungsgruppe "Angestellte im Öffentlichen Dienst, Vergütungsgruppe VI b" sei durch die Entgeltgruppe des TVöD "Höchste Stufe Entgeltgruppe 6 TVöD" ersetzt worden. Das bei der Klägerin zu berücksichtigende Vergleichseinkommen sei deswegen abgesunken und eine Minderung der Versorgungsbezüge eingetreten. In Fällen der Minderung der Gesamtversorgungsbezüge durch das Absinken des Vergleichseinkommens sei mit allgemeiner Zustimmung des - damaligen - Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung ein Härteausgleich nach § 89 BVG zu gewähren, wenn die Absenkung der Gesamtversorgung nach dem BVG nicht in vollem Umfang durch eine gleichzeitige Erhöhung des verfügbaren sonstigen Einkommens aufgefangen werde. Im Juni 2008 habe der Klägerin aus den Versorgungsbezügen und der Altersrente ein Nettobetrag von 1.779,56 EUR zur Verfügung gestanden, im Folgemonat seien dies nur noch 1.775,46 EUR gewesen. Der Unterschiedsbetrag von 4,10 EUR sei auf den nächsten vollen Eurobetrag abzurunden, was als Härteausgleich gemäß § 89 BVG zu zahlen sei. Der neu errechnete Monatsbetrag werde ab Februar 2009 gezahlt und die Überzahlung von insgesamt 56 EUR von da an in Höhe von monatlich 10 EUR mit den laufenden Bezügen aufgerechnet.
Hiergegen hatte die Klägerin, vertreten durch ihre früheren Bevollmächtigten, am 24. Dezember 2008 Widerspruch erhoben.
Ein bereits früher beim Sozialgericht Konstanz (SG) anhängiges Verfahren (S 1 VK 847/11) war im März 2011 wieder angerufen und unter S 1 VK 847/11 fortgeführt worden. Darin hatte sich die Klägerin unter anderem gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2008 gewandt, weswegen insoweit die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Februar 2012 mangels durchgeführtem Vorverfahren als unzulässig abgewiesen wurde. In dem deswegen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) geführten Berufungsverfahren L 6 VK 894/12 wurde in der nichtöffentlichen Sitzung am 20. Dezember 2012 - unter übereinstimmender Erklärung, dass das Verfahren erledigt ist - ein das Verfahren beendender Vergleich geschlossen, wonach der Beklagte zusicherte, für den Fall, dass die Vergütungsgruppe VI b des BAT nicht den Entgeltgruppen 5, 6, 7 oder 8, sondern 9, 10, 11 oder 12 oder gar einer höheren entspreche, den Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2008 entsprechend anzupassen. Im Nachgang zu diesem Gerichtstermin übersandte der Beklagte die Verfügung des Landesversorgungsamtes vom 16. Juni 2008, den Erlass des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 6. Juni 2008 sowie die Bekanntmachung der Vergleichseinkommen für die Feststellung des Berufsschadensausgleiches für die Zeit ab 1. Juli 2008 und führte aus, daraus ergäben sich die Grundlagen für die Anpassung im Bescheid vom 17. Dezember 2008. Hierzu werde insbesondere auf die Tabelle 8a verwiesen, in welcher die bisherige Vergütungsgruppe VI b des BAT der neuen Entgeltgruppe 6 gleichgesetzt worden sei. Der Bescheid vom 17. Dezember 2008 sei daher zutreffend gewesen, eine Anpassung nicht vorzunehmen.
Am 17. Oktober 2013 begehrte die Klägerin unter anderem den Bescheid vom 17. Dezember 2008 und den "Widerspruch v. 24.12.2008" zu überprüfen. Mit Bescheid vom 22. November 2013 lehnte der Beklagte die Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X ab. Der Bescheid vom 17. Dezember 2008 sei, nachdem das Berufungsverfahren L 6 VK 894/12 beim LSG übereinstimmend für erledigt erklärt worden sei, rechtsverbindlich geworden. Eines weiteren Bescheides habe es ausweislich der Sitzungsniederschrift mangels eines anderen zugrunde zu legenden Vergleichseinkommens nicht bedurft. Ein Anspruch auf Rücknahme des bindend gewordenen Bescheides vom 17. Dezember 2008 bestehe mangels Vorliegen der Voraussetzungen nicht. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 zurückgewiesen. Mit dem Bescheid vom 22. November 2013 sei der Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X abgelehnt worden. Hiergegen richte sich der Widerspruch. Der früher erteilte Bescheid vom 17. Dezember 2008, mit dem über die Einstufung beim Berufsschadensausgleich entschieden worden sei, sei rechtsverbindlich geworden. Eine Rücknahme dieses Bescheides komme nach § 44 SGB X nicht in Betracht, da weder der Antrag noch der Widerspruch der Klägerin neuen Gesichtspunkte enthielten, welche im Berufungsverfahren L 6 VK 894/12 beim LSG nicht angesprochen worden seien. Die Beteiligten hätten am 20. Dezember 2012 den Rechtsstreit gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2008 ohne Einschränkung für erledigt erklärt. Die Klägerin hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 eine Woche später beim SG Klage erhoben (Az. S 1 VK 368/14).
Nachdem zuvor mit Bescheid vom 29. Oktober 2010 ein Recht der Klägerin auf monatlichen Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2010 in Höhe von 503 EUR netto festgestellt worden war, bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 11. Dezember 2014 einen monatlichen Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2011 in Höhe von 509 EUR netto, ab 1. Juli 2012 in Höhe von 520 EUR netto und ab 1. Juli 2013 in Höhe von 522 EUR netto. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wandte sich die Klägerin wiederum gegen die vom Beklagten vorgenommene Eingruppierung in die Entgeltgruppe des TVöD. Hierdurch werde nicht hinreichend abgebildet, dass sie als Lehrerin tätig gewesen sei. Sie habe den Beruf von September 1975 bis Dezember 1980 in Nordrhein-Westfalen tatsächlich ausgeübt und hierbei drei Fächer der Sekundarstufe II unterrichtet. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2014 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. März 2014 Klage beim SG erhoben (Az. S 1 VK 2143/14). Mit Beschluss vom 2. März 2015 hat das SG die Rechtsstreitigkeiten S 1 VK 368/14 und S 1 VK 2143/14 unter S 1 VK 368/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das SG hat die Klagen, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten, mit Gerichtsbescheid vom 24. April 2015 abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten, den Verwaltungsakt vom 17. Dezember 2008 zurückzunehmen. Weder sei das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen hat. Im Falle der Klägerin sei als Vergleichseinkommen die Vergütungsgruppe VI b des BAT maßgebend. Soweit die Klägerin einen Ortszuschlag berücksichtigt wissen wolle und die Erhöhung ihres Dienstalters verfolge, sehe das BVG keine gesonderte Anspruchsgrundlage vor. Soweit sie die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten begehre, beträfe dies nicht den Berufsschadensausgleich, sondern Leistungen nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch sei kein Versorgungsausgleich bei den vom Beklagten zu gewährenden Versorgungsleistungen vorgesehen, ein solcher sei allenfalls Gegenstand eines Scheidungsverfahrens vor dem Familiengericht. In der nichtöffentlichen Sitzung beim LSG am 20. Dezember 2012 habe der Beklagte überdies keine Abänderung des Bescheides vom 17. Dezember 2008 versprochen. Es sei lediglich eine Änderung für den Fall zugesagt worden, dass die Überprüfung die Einstufung in eine höhere Entgeltgruppe ergebe. Es sei auch nicht vereinbart worden, durch rechtsmittelfähigen Bescheid zu entscheiden. Der Beklagte habe im Anschluss an den Termin das Ergebnis seiner Überprüfung mitgeteilt. Der weitere angefochtene Bescheid vom 11. Dezember 2014 sei ebenfalls rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Hierin sei die Angleichung der Versorgungsbezüge anhand der 17., 18. und 19. Anpassungsverordnung für die Jahre 2011 bis 2013 vorgenommen worden. Es habe sich um Erhöhungen der Leistungen gehandelt. Folglich sei lediglich die Anpassung der Versorgungsbezüge durchgeführt worden. Es sei keine Entscheidung zu den Grundlagen des Berufsschadensausgleiches getroffen worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 18. Mai 2015 beim LSG Berufung eingelegt, mit der sie unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2008 und des Bescheides vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung des Berufsschadensausgleiches auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 14 mit allen Bezügen ohne Aufrechnung eines Erstattungsanspruches verfolgt hat. Ohne die Kriegsbeschädigung hätte sie ihren einzigen Beruf als Lehrerin mit Zusatzstudium bis zu ihrem Pensionsalter im Jahre 1999 ausüben können. Die vom Beklagten vorgenommene Aufrechnung sei zudem rechtswidrig.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24. April 2015 und den Bescheid vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 17. Dezember 2008 teilweise zurückzunehmen und ihr Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2008 unter Zugrundelegung des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 14 mit allen Bezügen ohne Aufrechnung eines Erstattungsanspruches zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, mit der zutreffenden Begründung des SG könne das Klagebegehren nicht zum Erfolg führen.
Die Beteiligen haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die SG-Akten S 1 VK 847/11 und S 1 VK 3735/11, die LSG-Akte L 6 VK 894/12 sowie auszugsweise die Verwaltungsakte des Beklagten (Band 20) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 24. April 2015, soweit damit die als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 11. April 2013 - B 2 U 34/11 R -, SozR 4-2700 § 200 Nr. 4, Rz. 30 m. w. N. zur Zulässigkeit einer Kombination von solchen Klagen) erhobene Klage, mit welcher die Klägerin sinngemäß unter Aufhebung des Bescheides vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 die Verpflichtung des Beklagten zur teilweisen Rücknahme des Bescheides vom 17. Dezember 2008 und Gewährung eines höheren Berufsschadensausgleiches verfolgt hat, abgewiesen worden ist. Die Klage, mit der sie sich gegen den Bescheid vom 11. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2014 wandte, ist im Berufungsverfahren indes nicht mehr weiterverfolgt worden. Mit ihrer am 18. Mai 2015 beim LSG eingelegten Berufung hat sie unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2008 und des Bescheides vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung des Berufsschadensausgleiches auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 14 mit allen Bezügen ohne Aufrechnung eines Erstattungsanspruches verfolgt und ist auch in ihrer Begründung nicht mehr auf die Verwaltungsentscheidung vom 11. Februar 2014 eingegangen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung).
Die noch aufrechterhaltene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage, mit welcher die Klägerin die teilweise Rücknahme der - ihrer Ansicht nach - mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 getroffenen Feststellung, dass ein höherer monatlicher Berufsschadensausgleich als 505 EUR ab 1. Juli 2008 nicht besteht, und die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung eines höheren Leistungsbetrages ab diesem Datum begehrt, ist unzulässig. Nach § 54 Abs. 1 SGG kann mit der Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung begehrt werden (Satz 1). Sie ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn die Klagenden behaupten, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (Satz 2). Insoweit reicht es zwar schon aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und die Klagenden die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es aber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 (130)), weil hinsichtlich des Klagebegehrens eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 - B 8 SO 33/07 R -, SozR 4-1500 § 77 Nr. 1, Rz. 13). Solange der zuständige Verwaltungsträger nicht über einen Anspruch auf (höhere) Leistungen entschieden hat, können Leistungsempfangende, außer bei hier nicht gegebener rechtswidriger Untätigkeit der Behörde (vgl. § 88 SGG), kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben. Das ist hier der Fall. Durch den Verwaltungsakt vom 17. Dezember 2008 ist allein das mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 festgestellte Recht der Klägerin auf den Berufsschadensausgleich ab 1. Juli 2008 aufgehoben worden, soweit diese Versorgungsleistung einen Monatsbetrag von 505 EUR übersteigt. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung enthält demgegenüber keine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X, mit dem der Beklagte die Gewährung eines höheren Anspruches auf den Berufsschadensausgleich ablehnte.
Die hinsichtlich des Bescheides vom 22. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 auf Gewährung einer abgelehnten höheren Leistung gerichtete kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage beinhaltet bei verständiger Auslegung des Klagebegehrens (§ 123 SGG) allerdings auch das klägerische Ziel, die mit dem Bescheid vom 17. Dezember 2008 getroffene konkrete Regelung zu beseitigen, also die teilweise Aufhebung des mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 festgestellten Rechts. Denn die Klägerin wendet sich dagegen, dass sie ab 1. Juli 2008 nur noch einen Anspruch auf den Berufsschadensausgleich in Höhe von monatlich 505 EUR haben soll, statt mindestens in Höhe von zuvor 520 EUR. Damit das Begehren der Klägerin möglichst weitgehend zum Tragen kommt, musste der Klageantrag daher, unter Berücksichtigung des "Meistbegünstigungsprinzips" (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R -, BSGE 97, 217 (219 m. w. N.)), so ausgelegt werden, dass er auch eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) mit der Zielrichtung beinhaltet, unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung den Bescheid vom 17. Dezember 2008 zurückzunehmen. Da die Klägerin ihr Ziel von höheren Leistungen als monatlich 505 EUR - bis zur Grenze von 520 EUR - ab Juli 2008 ohne Weiteres mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgen kann, lässt der Senat dahinstehen, ob überhaupt, wie das Bundessozialgericht meint, das verfassungsrechtliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz - GG), trotz Fehlens der Sachentscheidungsvoraussetzungen, ausnahmsweise die Zulässigkeit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage generieren kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 4/11 R -, BSGE 112, 54 (57 f.)). Durch den ihre Klage auch insoweit abweisenden Gerichtsbescheid des SG vom 24. April 2015 ist die Klägerin beschwert, da die Entscheidung hinter ihrem Begehren zurückgeblieben ist (vgl. hierzu Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, vor § 143 Rz. 6).
Die in diesem Umfang zulässige Klage ist indes nicht begründet, da der sachliche Anwendungsbereich der Anspruchsgrundlage des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht eröffnet ist. Nach dieser Norm ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der sachliche Anwendungsbereich der Norm ist nicht eröffnet, da die Klägerin, vertreten durch ihre damaligen Bevollmächtigten, gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2008 eine Woche später Widerspruch erhoben hat, über den bislang nicht entschieden worden ist. Folglich ist noch keine Unanfechtbarkeit eingetreten, die allerdings erst die Möglichkeit der Überprüfung eines Verwaltungsaktes im Wege des Zugunstenverfahrens eröffnet. Der Wortlaut ("auch nachdem er unanfechtbar geworden ist") könnte zwar darauf schließen lassen, dass § 44 SGB X auch vor der Unanfechtbarkeit des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes Anwendung findet. Hierdurch bringt der Gesetzgeber demgegenüber lediglich zum Ausdruck, dass im Fall der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes einem von den Adressaten dieser Verwaltungsentscheidung in Gang gesetzten Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X dessen Unanfechtbarkeit nicht entgegensteht (vgl. Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 44 Rz. 3; vgl. auch BSG, Urteile vom 27. Juli 2004 - B 7 AL 76/03 R -, SozR 4-4300 § 330 Nr. 2, Rz. 17 und 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, SozR 4-7945 § 3 Nr. 1, Rz. 10 sowie Steinwedel, in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: September 2015, § 44 SGB X Rz. 6, wonach das Verfahren nach § 44 SGB X in dieser Konstellation im Regelfall nicht benötigt wird). Da die Unanfechtbarkeit Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, hat deren Prüfung im Rahmen der Begründetheit des Klageanspruches zu erfolgen, weshalb es bei ihrem Fehlen nicht bereits am Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Überprüfungsverfahrens fehlt (a. A. Merten, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, Stand: Mai 2015, § 44 Rz. 51).
Über den Widerspruch vom 24. Dezember 2008 ist bislang noch nicht bestandskräftig entschieden worden (vgl. § 78 SGG), so dass hierdurch noch keine Unanfechtbarkeit eingetreten ist; insbesondere war der Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 nicht auf den noch ausstehenden Abschluss des Verfahrens über diesen Rechtsbehelf gerichtet (vgl. hierzu BSG, Urteil 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, SozR 4-7945 § 3 Nr. 1, Rz. 10). Für die Auslegung von behördlichen Erklärungen ist die Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 2012 - B 13 R 85/11 R -, SozR 4-2600 § 96a Nr. 14, Rz. 25; Engelmann, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 31 Rz. 25). Maßgeblich ist in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze der objektive Sinngehalt einer Erklärung, also wie die Empfangenden die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen mussten. Danach konnte die Klägerin die behördliche Erklärung im Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 nicht dahingehend verstehen, dass nunmehr über den Widerspruch vom 24. Dezember 2008 entschieden wurde. Darin wurde ausdrücklich ausgeführt, dass mit dem Bescheid vom 22. November 2013, der von der Widerspruchsbehörde zu überprüfen sei, der Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X abgelehnt worden sei, wogegen sich der Widerspruch richte. In Bezug auf den Bescheid vom 17. Dezember 2008 ging die Widerspruchsbehörde von dessen (formeller) Bestandskraft beziehungsweise mit ihren Worten von dessen Rechtsverbindlichkeit aus, so dass die Klägerin verständiger Weise nicht davon ausgehen konnte, dass diese sich mit dem Widerspruch vom 24. Dezember 2008 befasste. Eine Umdeutung dieser sich nach Auslegung eindeutig ergebenden behördlichen Erklärung ist ausgeschlossen. Gleiches gilt hinsichtlich des Bescheides vom 22. November 2013, den ohnehin die Ausgangs- und nicht die Widerspruchsbehörde erlassen hat.
Unanfechtbarkeit ist auch nicht durch spätere Rücknahme des am 24. Dezember 2008 erhobenen Widerspruches eingetreten. Die Klägerin hat vielmehr am 17. Oktober 2013 neben der Überprüfung des Bescheides vom 17. Dezember 2008 auch diejenige dieses Rechtsbehelfes verfolgt, diesen damit also aufrechterhalten wollen. Eine spätere Erklärung, die als verfahrensbeendend hätte ausgelegt werden können, hat die Klägerin nicht abgegeben.
Da die übereinstimmenden Erklärungen der Klägerin und des Beklagten in der nichtöffentlichen Sitzung des LSG am 20. Dezember 2012 im Verfahren L 6 VK 894/12, wonach das Verfahren erledigt sei, als Prozesshandlungen den materiellen Anspruch unberührt lassen und hierin im Falle der Klägerin auch kein Verzicht gelegen hat (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 102 Rz. 11 a. E.) sowie der Gesetzgeber lediglich an die - einseitige - Rücknahme der Berufung die Rechtsfolge des Verlustes eines Rechtsbehelfes im weiteren Sinn knüpft (§ 156 Abs. 3 Satz 1 SGG), hat weiter kein erfolglos eingelegter Rechtsbehelf im Sinne des § 77 SGG vorgelegen, der zu einer Bindung und damit Unanfechtbarkeit hätte führen können.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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