L 4 KR 3216/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 3020/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3216/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für therapeutische Apheresen (ambulante temporale Blutreinigungsverfahren).

Die 1950 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie beantragte am 9. November 2009 telefonisch bei der Beklagten eine ambulante Entgiftung. Die Behandlung solle im INUS Medical Center bei dem dort tätigen Internisten mit der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie Dr. St., zugleich Leiter der "internationale[n] Apherese-Station des INUS Medical Center", in F. i. W. durchgeführt werden. Sie habe einen langen Leidensweg hinter sich und nur noch eine Entgiftung könne ihr helfen. Erforderlich sei zunächst eine Eingangsuntersuchung mit Blutwäsche, anschließend folgten weitere Behandlungen, die ambulant durchgeführt würden. Die Mitarbeiterin der Beklagten lehnte telefonisch "grundsätzlich" die Kostenübernahme ab.

Dr. St. ist als hausärztlich tätiger Internist zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Berufungsausschuss für Ärzte der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern genehmigte ihm mit Beschluss vom 2. Dezember 2010 befristet bis 31. Dezember 2011, die (fachärztlichen) Leistungen nach den der Gebührennummer 13620 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen - EBM - (Zusatzpauschale ärztliche Betreuung bei LDL-Apherese gemäß Nr. 1 Anlage I "Anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" der Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses und gemäß der Vereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren und/oder zur ambulanten LDL-Elimination als extrakorporales Hämotherapieverfahren gemäß § 135 Abs. 2 SGB V, ausgenommen bei isolierter Lp(a)-Erhöhung) und nach Gebührennummer 13621 EBM (Zusatzpauschale ärztliche Betreuung bei einer Apherese bei rheumatoider Arthritis gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und gemäß der Vereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren als extrakorporales Hämotherapieverfahren gemäß § 135 Abs. 2 SGB V) zu erbringen und abzurechnen.

Ab 2. Dezember 2009 führte Dr. St. Apheresen durch. Die Klägerin schloss deswegen mit Dr. St. Behandlungsverträge vom 2. Dezember 2009, 7. Dezember 2009, 9. Dezember 2009, 31. Mai 2010, 17. Juni 2010, 5. Juli 2010, 19. Juli 2010, 28. Juli 2010 und 15. September 2010. Die Behandlungsverträge vom 17. Juni 2010, 5. Juli 2010, und 15. September 2010 enthielten unter anderem Folgendes: "[ ] In dem Aufklärungsgespräch wurde ich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich mich in einem Privatinstitut befinde und die Rechnungslegung gemäß der GOÄ als Privatrechnung an mich erfolgt. Eine Erstattung der Kosten durch etwaige Versicherung ist nicht zwangsläufig gegeben. [ ]"

Die übrigen Behandlungsverträge enthielt unter anderem Folgendes: "[ ] In dem Aufklärungsgespräch wurde ich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch bei korrekter Rechnungslegung gemäß der GOÄ Private Krankenversicherungen und Beihilfestellen [ ] nicht in jedem Fall alle Kosten übernehmen. [ ]"

Die Klägerin übersandte eine Expertise des Dr. St. vom 16. Dezember 2009 , in dem dieser über die Behandlung der Klägerin vom 2. bis 9. Dezember 2009 berichtete. Die Klägerin leide (u.a.) an einer progressiven konservativen nicht beherrschbaren rheumatoiden Arthritis und Fibromyalgie mit schweren chronischen Schmerzzuständen. Ferner bestehe bei der Klägerin "im Hintergrund" eine Post Lyme Desease und eine Belastung mit Dentalwerkstoffen, multiple Allergien auf Dentalwerkstoffe (nachgewiesen). Auch liege das klinische Bild eines Multiple Chemical Syndroms (MCS) als schwere organische Erkrankung vor. Aktuell bestehe ein diffuses Schmerzbild, das konservativ kaum mehr beherrschbar sei. Per Immunfiltration seien therapeutische Apheresen am 2. und 7. Dezember 2009 durchgeführt worden. Diese seien bis auf die dritte Apherese komplikationslos verlaufen. Letztere habe auf Grund des Gefäßversagens nicht mehr durchgeführt werden können. Als weitere Therapie sei die Weiterführung der therapeutischen Apherese mit angepasstem Gefäß-Management geplant. Die Intervalle lägen zwischen acht bis zwölf Wochen. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten führte Dr. St. aus, er habe die Klägerin im Rahmen eines Eilfalles am 2. und 7. Dezember 2009 behandelt. Die Apherese über die Kassenärztliche Vereinigung zu beantragen, sei nicht gegangen, da die Klägerin dann schon tot gewesen wäre. Anschließend beauftragte die Beklagte Sozialmedizinerin Dr. P. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Bayern, die unter dem 22. Dezember 2009 mitteilte, es lägen keine wissenschaftlich anerkannten Untersuchungsbefunde vor. Die Klägerin leide nicht an einer akut lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung. Eine Behandlung der Klägerin könne in einer Ambulanz oder Abteilung für Immunologie eines Universitätsklinikums wie Freiburg oder Heidelberg stattfinden. Die vertraglichen Untersuchungen und Behandlungsmethoden seien in diesem Einzelfall noch nicht ausgeschöpft. Nachdem die Klägerin nach telefonsicher Aufforderung durch die Beklagte einen Entlassungsbericht des Dr. Re.-A., Spezialklinik N., vom 7. Juli 2008 (stationäre Behandlung vom 19. Mai bis 12. Juni 2008 wegen Verschlechterung des Allgemeinzustandes vier Wochen nach einer Hüftoperation am 18. Januar 2008 und eines neuen Schubs von Borreliose) sowie einen vorläufigen Entlassungsbericht der Dr. Sch., Krankenhauses C., vom 15. Dezember 2009 (stationäre Behandlung vom 11. bis 15. Dezember 2009 wegen starker Schmerzen am gesamten Körper mit Übelkeit, Aufstoßen und rezidivierendem Erbrechen) vorlegte, beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Erstattung eines sozialmedizinischen Gutachtens. Dr. H. führte unter dem 8. Januar 2010 aus, die Klägerin leide an einer rheumatoiden Arthritis und einer Fibromyalgie. Ferner liege bei ihr ein MCS, ein Post Lyme Desease sowie ein chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS) (DD: Somatisierungsstörung, Zustand nach Hüft-TEP 18. Januar 2008) vor. Bei aktiver rheumatoider Arthritis kämen nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie) Immunapheresen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung bei Patienten in Betracht, die auf eine mindestens sechsmonatige Behandlung mit mindestens drei Basistherapeutika in adäquater Dosierung und darüber hinaus auf die Behandlung mit Biologika nicht angesprochen hätten und bei denen eine Kontraindikation gegen die Arzneimittel bestehe. Die Ausschöpfung der vertraglichen Therapie sei den vorliegenden Unterlagen jedoch nicht zu entnehmen. Ebenfalls sei nicht erkennbar, auf Grund welcher Kriterien und von welchem Rheumatologen die Diagnose rheumatoide Arthritis gestellt worden sei. Eine lebensbedrohliche Erkrankung liege nicht vor. Vertragliche (schulmedizinische) Behandlungsmöglichkeiten seien vorhanden. Bezüglich der rheumatoiden Arthritis sei auf die hierfür zugelassenen Arzneimittel und Physiotherapie zu verweisen. Dass diese erfolglos ausgeschöpft worden seien, sei den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Für die Fibromyalgie könne auf die leitliniengerechte Therapie mit kognitiv-verhaltenstherapeutischer und operanter Schmerztherapie, angepasstem aerobem Ausdauertraining, gegebenenfalls die Gabe von Psychopharmaka mit schmerzdistanzierender Wirkung, Diagnostik und Behandlung körperlicher und seelischer Störungen verwiesen werden. Bei fehlenden Erfolgsaussichten der beantragten Therapie, vertraglichen Behandlungsalternativen und fehlendem Vorliegen einer lebensbedrohlichen bzw. regelmäßig tödlich endenden Erkrankung, seien die Voraussetzung für eine Kostenübernahme der kostenintensiven Apherese-Therapie nicht gegeben.

Mit Bescheid vom 29. Januar 2010 lehnte die Beklagte - gestützt auf dieses Gutachten - die Kostenübernahme für die Apherese-Behandlung ab.

Mit Schreiben vom 30. Januar 2010 führte die Klägerin aus, den bereits vorab (per E-Mail vom 26. Januar 2010) eingelegten Widerspruch aufrecht zu erhalten. Zur Begründung verwies sie auf eine (vorgelegte) Mitteilung der Firma Roche Pharma AG vom 9. November 2009 zur medikamentösen Behandlung von rheumatoider Arthritis und deren Nebenwirkungen mit MabThera (Rituximab). Ferner legte sie eine ärztliche Bescheinigung des Dr. St. vom 26. Januar 2010 vor. Dieser wiederholte seine bereits früher genannten Diagnosen. Der klinische Untersuchungsbefund zeige bei der Klägerin einen Zustand bei weit fortgeschrittenem Rheuma mit Zerstörung des Bindegewebes. Nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Wissenschaft sei die Standardtherapie bei weit fortgeschrittenen Stadien nicht mehr einsetzbar, weil wirkungslos. Ein solcher Zustand liege bei der Klägerin vor. Als Alternative stünden sogenannte Biologikals zur Diskussion und die therapeutische Apherese nach Maßgabe des GBA (beschlossen seit 2003) für die schwersten therapierefraktären Fälle, wie bei der Klägerin. Für den Einsatz von Biologikals läge bereits eine "Rote Hand" Meldung wegen über zufällig häufig auftretender Todesfälle unter Therapie vor. Die therapeutische Wirksamkeit und Notwendigkeit von Biologikals müsse daher erheblich bezweifelt werden. Auf Veranlassung der Beklagten legte der MDK ein erneutes sozialmedizinisches Gutachten vor. Dr. Ro. führte unter dem 5. März 2010 aus, die Klägerin leide an einer Fibromyalgie, bekannten Neuroborreliosen sowie einer erosiven Gastritis (12/2009). Im vorläufigen Entlassungsbericht der Dr. Sch. vom 15. Dezember 2009 stelle sich ein Ganzkörperschmerz mit überwiegend epigastrischen Beschwerden bei reduziertem Allgemeinzustand dar. Weder im klinischen Untersuchungsbefund noch in der Anamnese oder der Epikrise befänden sich Hinweise für eine Gelenkproblematik. Laborchemisch oder radiologisch seien bezüglich Erkrankungen aus dem rheumatischen Formkreis keine Untersuchungen erfolgt. Am 4. März 2010 habe ein zwischen ihm und Dr. St. geführtes Telefonat ergeben, dass die Klägerin an einer Post Lyme Desease leide. Zusammenfassend seien auch in den neu eingereichten Unterlagen keine Befunde oder bisher erfolgte Basistherapien für eine rheumatoide Arthritis zu objektivieren, die die Indikation für die beantragte therapeutische Apherese rechtfertigten. Klinisch scheine es sich um ein schweres therapieresistentes Schmerzsyndrom zu handeln. Empfehlenswert sei eine rheumatologische Facharztvorstellung zur Diagnoseüberprüfung. Es liege keine gesicherte Diagnose und keine Ausschöpfung gängiger Therapiekonzepte vor.

Die Klägerin legte anschließend ein weiteres Schreiben des Dr. St. vom 8. März 2010 vor, in dem dieser darlegte, im Gutachten vom 8. Januar 2010 werde auf neue vertragsärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden abgehoben. Die Apherese bei Rheuma und verwandten Autoimmunerkrankungen sei seit 2003 jedoch Gegenstand kassenärztlicher Leistungen. Bei der Klägerin seien Stoffe eingesetzt worden, die in der Entzündungshemmung hochwirksam seien und pharmakologisch bestens bekannt, nachdem die konventionelle Therapie versagt habe. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin am 19. März 2010 telefonisch mit, sie wisse, dass keine Basistherapien gemacht worden seien. In erneuten Stellungnahmen vom 19. April und 4. Mai 2010 führte Dr. Ro. aus, den Stellungnahmen des Dr. St. sei nicht zu entnehmen, welche medikamentösen Therapien bisher stattgefunden und wegen Nebenwirkungen hätten abgebrochen werden müssen.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 31. Mai 2010 nochmals mitgeteilt hatte, dem Antrag der Klägerin nicht entsprechen zu können, teilte Dr. St. auf Anfrage der Beklagten mit, die Klägerin habe ihn aufgesucht, nachdem die konventionelle Medizin versagt habe. Sie leide unter seronegativem Rheuma. Auf Grund der durchgeführten Analyse (TNF-alpha-Hemmtest) komme als sinnvolle Therapie lediglich die Apherese in Frage. Unter dem 26. Juli 2010 und 12. August 2010 vertrat Dr. Ro. gegenüber der Beklagten telefonisch und schriftlich erneut die Auffassung, eine fachärztliche Diagnostik sei unumgänglich, die Therapie mit zumindest einem Basismedikament möglich. Der Nachweis der Unverträglichkeit der Basistherapie von Dr. St. sei keineswegs ausreichend. Auch der (von der Klägerin vorgelegte) Arztbrief des Dr. Kurosch vom Sana Gelenk- und Rheumazentrum Baden-Württemberg vom 30. Juni 2010 bestätige radiologisch lediglich den Befund eines ausgeprägten Hallux Valgus sowie einer Hammerzehendeformität. Der Nachweis einer rheumatischen Vorfußdeformität rechts sei damit nicht erbracht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Eine Indikation für die gewünschte Leistung liege nicht vor. Die therapeutische Apherese sei beim Vorliegen einer aktiven rheumatoiden Arthritis eine vom GBA empfohlene Methode, die an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sei. In diesem Fall stehe sie Versicherten als Vertragsleistung bei bestimmten Vertragsärzten zur Verfügung. In allen anderen Fällen handele es sich um eine unkonventionelle Methode, für die der GBA noch keine Empfehlung ausgesprochen habe. Kosten dürften dann nicht übernommen werden. Der MDK habe ausgeführt, dass die Indikation für eine vertragliche Immunapherese nicht vorliege. Die Ausschöpfung der zwingend voranzustellenden vertraglichen medikamentösen Therapie sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. Auch sei nicht ersichtlich auf Grund welcher Kriterien und von wem die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis gestellt worden sei. In den klinischen Entlassungsberichten finde diese Diagnose keine Erwähnung. Auch die Klägerin selbst und ihr Arzt hätten ausgeführt, dass die medikamentöse Standardtherapie nicht durchgeführt worden sei. Selbst bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen müsse feststehen, dass anerkannte Behandlungsmethoden generell überhaupt nicht zur Verfügung stünden oder im konkreten Fall ausschieden. Dies dürfe nicht lediglich behauptet werden, sondern müsse nachvollziehbar begründet sein. Im Übrigen sei die Beklagte erst nach Durchführung der ersten zwei Behandlungen informiert worden. Schon diese Tatsache stehe einer Kostenerstattung für diese Behandlungen entgegen.

Die Klägerin erhob am 13. September 2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Zur Begründung verwies sie auf die Diagnosen in den Berichten des Dr. St ... Sie leide unter seronegativer rheumatischer Arthritis. Die Aussagen zu Apherese-Behandlung bei Rheuma bezögen sich nach dem GBA nur auf sero-positives Rheuma, nicht aber auf die Sonderform des sero-negativen Rheumas. Bei der therapeutischen Apherese zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis handle es sich grundsätzlich um eine vom GBA empfohlene Methode. Seit vier Jahren laufe sie an Krücken. Apherese-Behandlungen seien am 2. und 7. Dezember 2009, 31. Mai, 17. Juni, 5., 19. und 28. Juli 2010 erfolgt. Hierfür seien (nach den vorgelegten Rechnungen des Dr. St.) Kosten in Höhe von insgesamt EUR 14.459,05 angefallen, die sie bereits beglichen habe. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags legte sie dar, die Krankheitsbilder seien Spätfolgen einer Borrelioseerkrankung. Es lasse sich wissenschaftlich nachweisen, dass Rheuma-Antikörper durch die Apherese-Behandlung reduziert bzw. komplett entfernt werden könnten. Andere Medikamente seien wegen des hohen Risikos von Nebenwirkungen und der ausgetesteten Wirkungslosigkeit für den behandelnden Arzt nicht in Betracht gekommen. Ferner legte sie einen Aufsatz des Dr. St. und des ebenfalls im INUS Medical Center tätigen Arztes für Allgemeinmedizin Dr. D. zum Einsatz der Doppelmembranfiltrationsapherese bei Erkrankungen der Spätborreliose vor. Unter Vorlage eines Arztbriefs der Chefärztin der Spezialklinik N. Dermatologin Dr. A. vom 28. August 2010 (Bericht über stationäre Behandlung vom 29. Juli bis 29. August 2010) und auf Nachfrage durch das SG führte sie aus, Röntgenbilder seien von Dr. St. bei seiner Untersuchung nicht angefertigt worden. Dies sei nicht notwendig gewesen, um die durch das Rheuma verursachten Schäden in Form von Deformierungen der Gelenke an Händen und Füßen erkennen zu können. Dr. St. nehme in seinen ärztlichen Bescheinigungen Bezug auf die von anderen Ärzten erfolglos durchgeführten Behandlungsversuche. Sie sei zunächst wegen Borreliose behandelt worden. Sie habe jahrelang Antibiotika in Form von Medikamenten und Infusionen erhalten, ohne dass sich ihre Beschwerden dadurch verbessert hätten. Sie sei als austherapiert zu betrachten. Die richtige Diagnosestellung sei erst im Dezember 2009 durch Dr. St. erfolgt. Dieser habe erkannt, dass sie an einer sero-negativen rheumatischen Arthritis als Folgeerkrankung der Borreliose leide. Dr. St. habe in seiner ärztlichen Bescheinigung vom 26. Januar 2010 bestätigt, dass Standardtherapien mit Basismedikamenten beim weit fortgeschrittenen Krankheitsstadium wirkungslos bleiben müssten. Im Übrigen sei festzustellen, dass ihre Schmerzsituation durch die Apherese-Behandlung spürbar verbessert worden sei. Bisher seien acht Apherese-Behandlungen erfolgt. Sie benötige noch mindestens vier weitere Apherese-Behandlungen, damit der Behandlungszyklus abgeschlossen sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei Dr. St. die Erbringung und Abrechnung der Leistungen nach Nr. 13621 EBM genehmigt worden. Damit besitze Dr. St. die kassenärztliche Zulassung zur Behandlung einer rheumatoiden Arthritis mit Apherese. Die Berechtigung zur Durchführung der Apherese-Behandlungen bestehe seit mindestens Oktober 2008. Dies ergebe sich aus dem (vorgelegten) Urteil des Sozialgerichts München vom 26. Februar 2010 (S 43 KA 353/09).

Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Widerspruchsbescheides entgegen. Weiter führt sie aus, bei der INUS Medical Klinik handele es sich nicht um ein zugelassenes Krankenhaus und Dr. St. habe keine Kassenzulassung. In der Folge komme eine Kostenerstattung nicht in Frage. Bei Nachweis der Voraussetzungen sei lediglich die Durchführung zukünftiger Apheresen in einer zugelassenen Einrichtung denkbar; dies sei der Klägerin bereits im Laufe des Verfahrens angeboten und von ihr ausgeschlagen worden. Sie - die Beklagte - legte eine Bescheinigung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) vom 28. Juli 2011 vor. Danach sei Dr. St. die Genehmigung zur ambulanten Durchführung und Abrechnung der Apherese als extrakorporales Hämotherapieverfahren im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung im Zusammenhang mit der gemäß § 73 Abs. 1a Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) befristeten Genehmigung zur Erbringung fachärztlicher Leistungen mit Wirkung ab 28. Juli 2011 und befristet bis 31. Dezember 2011 erteilt worden.

Mit Urteil vom 12. Juni 2012 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Apherese-Behandlung. Das Klagebegehren sei dahingehend auszulegen, dass die Kostenübernahme für die Apherese-Behandlungen im Jahr 2009 und 2010 begehrt werde. Es sei den ablehnenden Bescheiden der Beklagten zu entnehmen, dass diese Behandlungen allgemein, nicht nur bezüglich der ersten Behandlungsmaßnahmen im Jahr 2009 abgelehnt worden seien. Ein Leistungsanspruch auf Gewährung der Apherese-Behandlungen, der zu Unrecht durch die Beklagte abgelehnt worden sei, liege nicht vor. Für die bis zum Ergehen des Bescheides vom 29. Januar 2010 durchgeführten Apheresen ergebe sich kein Anspruch, da die Klägerin die Behandlungen durchgeführt habe, ohne die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. Bei der Durchführung der Apherese handele es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung, die von der Beklagten nicht rechtzeitig habe erbracht werden können. Eine Kostenerstattung für die durchgeführten Apherese-Behandlungen komme nicht in Betracht, da der Klägerin kein Primäranspruch auf die umstrittene Behandlung zustehe. Zunächst erscheine fraglich, ob die Diagnose der rheumatoiden Arthritis im Fall der Klägerin zu stellen sei. Insoweit stünden sich die Aussagen des Dr. St. und die des MDK, auf die es (das SG) sich stütze, entgegen. Selbst bei Zugrundelegung der Diagnose der rheumatoiden Arthritis seien die Voraussetzungen der Leistungserbringung nicht erfüllt. Es fehle an der Durchführung von Basistherapien, die Grundlage für die Gewährung der Apherese-Behandlungen sei. Im Ergebnis könne offen bleiben, ab wann Dr. St. die vertragliche Durchführung und Abrechnung der Apherese als extrakorporales Hämotherapieverfahren haben erbringen können bzw. inwieweit bei der Klägerin jedenfalls zunächst Privatbehandlungen erfolgt seien. Auch seien die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung im Rahmen einer gebotenen grundrechtsorientierten Auslegung nicht gegeben. Es liege eine lebensbedrohliche oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung bei der Klägerin nicht vor.

Gegen das der Klägerin am 9. Juli 2012 zugestellte Urteil hat diese am 26. Juli 2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Unter weiterer Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags führt sie aus, das SG sei seiner Pflicht zur umfassenden Sachverhaltsausklärung nicht nachgekommen. Es stütze seiner Auffassung allein auf die Gutachten des MDK, bei denen es sich um "Parteigutachten" handele. Das SG hätte ein Sachverständigengutachten einholen müssen aufgrund der sich widersprechenden ärztlichen Aussagen des MDK auf der einen und des Dr. St. auf der anderen Seite, zur Frage, ob sie wegen der bei ihr vorliegenden Erkrankungen auf eine Standardtherapie verwiesen werden könne, sowie für die Feststellung, eine lebensbedrohlich oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung liege nicht vor. Im Übrigen ergebe sich bereits aus der ärztlichen Bescheinigung des Dr. St. vom 8. Juli 2010 eindeutig ihre Austherapiertheit. Entgegen der Ansicht des SG seien sämtliche Voraussetzungen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, juris) gegeben. Auch bezüglich der bis zum 29. Januar 2010 erfolgten Apherese-Behandlungen sei kein Kausalitätsproblem erkennbar. Der Beschaffungsweg sei eingehalten. Anfänglich sei ihr Antrag auf zukünftige Versorgung mit einer außervertraglichen Behandlungsmethode gerichtet gewesen. Weiter habe ihr erneut eingeräumt werden müssen, ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Dr. Fr. einzuholen. Ferner habe sie zwischenzeitlich zwei weitere Apheresen erhalten, die mit (vorgelegten) Rechnungen vom 30. Mai 2011 und 4. Juli 2011 über insgesamt EUR 3.584,76 abgerechnet worden seien. Insoweit werde die Klage erweitert. Zudem hat die Klägerin die entsprechenden Behandlungsverträge zwischen ihr und Dr. St. vorgelegt.

Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der therapeutischen Apheresenbehandlungen am 2. und 7. Dezember 2009, 31. Mai, 17. Juni, 5., 19. und 28. Juli 2010 sowie 30. Mai und 4. Juli 2011 in Höhe von insgesamt EUR 18.043,81 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des SG enthalte eine zutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhalts.

Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 20. November 2013 erörtert.

Der Senat ist dem Antrag der Klägerin, nach § 109 SGG Beweis zu erheben durch Einholung eines Gutachtens bei Dr. D. mit Gutachtensauftrag vom 22. August 2014 nachgekommen. Nachdem Dr. D. den Auftrag aus persönlichen Gründen (Krankheit) nicht hat ausführen können, hat der Senat den Gutachtensauftrag mit Schreiben vom 3. November 2015 aufgehoben. Die von der Klägerin beantragte Beauftragung des Dr. Fr., der sich bereit erklärt hat, im Sommer 2016 eine Begutachtung durchzuführen, ist nicht erfolgt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung. Denn die Klägerin begehrt Leistungen in Höhe von mehr als EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), nämlich Kostenerstattung für Apherese-Behandlungen mit einem Wert von EUR 18.043,81.

2. Streitgegenstand ist nicht nur die Kostenerstattung für die Apherese-Behandlungen vom 2. und 7. Dezember 2009, über die die Beklagte im Bescheid vom 29. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2010 entschieden hat, sondern gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG auch für die nachfolgenden Behandlungen am 31. Mai, 17. Juni, 5., 19. und 28. Juli 2010 sowie - die erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachten - am 30. Mai und 4. Juli 2011. Es handelt sich insoweit nicht um eine Klageänderung. Als eine Änderung der Klage ist es gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird. Um eine derartige Erweiterung des Klageantrags handelt es sich beim Begehren, auch über die Erstattung weiterer therapeutischer Apheresen-Behandlungen zu entscheiden. Mit dem ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2010 hat die Beklagte - nach dem nicht auf einzelne Behandlung beschränkten, sondern allgemein gehaltenen Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme zur therapeutischen Apherese - verfügt, dass "Kosten für die Apherese-Behandlung" nicht getragen werden. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 17. August 2010 wurde der Verfügungssatz insoweit nicht abgeändert. Wird zur Auslegung darüber hinaus die Begründung des Widerspruchsbescheides herangezogen, ergibt sich daraus ebenfalls keine Beschränkung der Ablehnung auf eine bestimmte Einzelmaßnahme. Denn eine Klarstellung, welche Behandlungen genau abgelehnt worden sind, ist auch den Gründen des Widerspruchsbescheides nicht zu entnehmen. Bei verständiger Würdigung kann die Erklärung der Beklagten "Kosten dafür dürfen deshalb grundsätzlich nicht übernommen werden" nur dahingehend verstanden werden, dass entsprechend dem weitgefassten Antrag die Kostenübernahme für die therapeutische Apherese im Allgemeinen, nicht nur für die erste konkrete Behandlung, abgelehnt wurde. Im Übrigen handelt es sich um einen Gesamtbehandlungszyklus, der in einzelne Therapiesitzungen unterteilt ist.

3. Die Berufung der Klägern ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2010 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die durchgeführten ambulanten Apherese-Behandlungen in Höhe von EUR 18.043,81. Die Beklagte hat seinerzeit rechtmäßig die Gewährung der Apherese-Behandlung als Sachleistung abgelehnt; der Klägerin steht nach Durchführung der Apherese-Behandlungen am 2. und 7. Dezember 2009, 31. Mai, 17. Juni, 5., 19. und 28. Juli 2010 sowie 30. Mai und 4. Juli 2011 kein Anspruch auf Erstattung der von ihr geltend gemachten Kosten zu.

Als Rechtsgrundlage für die begehrte Kostenerstattung kommt einzig § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten die für eine von ihm selbst beschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Var.) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, die Leistung notwendig und die Ablehnung für die Entstehung der Kosten ursächlich war (2. Var.). Da der Anspruch auf Kostenerstattung nicht weiter reicht als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch, setzt der Kostenerstattungsanspruch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 16/07 R - juris, Rn.13 und 7. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R - juris, Rn.11).

a) Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Var. SGB V sind bereits deshalb nicht erfüllt, da die Leistung nicht unaufschiebbar war. Eine Leistung ist unaufschiebbar, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischen oder anderen Gründen keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 8. September 2015 - B 1 KR 14/14 R - juris Rn. 15 ff.). Die Klägerin wandte sich bereits am 9. November 2009 telefonisch an die Beklagte, um eine Kostenzusage für eine therapeutische Apherese zu erhalten. Die erste Behandlung durch Dr. St. fand erst am 2. Dezember 2009 statt. Auch nannte Dr. St. in seiner "Expertise" vom 16. Dezember 2009, in welcher er über die ersten, seit 2. Dezember 2009 erfolgten Apherese Behandlungen berichtete, keine Gründe, die eine sofortige Behandlung am 2. Dezember 2009 erforderlich machten.

Daraus ergibt sich auch, dass kein Notfall im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V vorlag. Abgesehen davon hätte Dr. St., wenn ein Notfall vorgelegen hätte, unmittelbar mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen müssen und der Klägerin selbst keine Rechnungen über durchgeführte Notfallbehandlungen stellen dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 9/05 R - juris, Rn. 18 m.w.N.; BSG, Beschluss vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 114/06 B - Juris Rn. 5).

b) Auch ergibt sich ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin nicht aus § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Var. SGB V, denn hier fehlt es hinsichtlich der Behandlungen im Dezember 2009 an der erforderlichen Kausalität (dazu unter aa) als auch hinsichtlich aller Behandlungen am Bestehen eines Primäranspruchs (dazu unter bb). Ein Anspruch folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - juris, Rn. 52 ff) zur grundrechtsorientierten Auslegung der Vorschriften des SGB V (dazu unter cc). Schließlich liegen auch keine Rechnungen vor, aus denen ein erstattungsfähiger Kostenanspruch resultiert (dazu unter dd).

aa) Für die bis zum Zugang des Bescheides vom 29. Januar 2010 durchgeführten Therapieeinheiten (2. und 7. Dezember 2010) liegt die vom Gesetz geforderte Kausalität zwischen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und den aufgewandten Kosten nicht vor. Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach ständiger Rechtsprechung des BSG aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. § 13 Abs. 3 SGB V soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 8. September 2015 - B 1 KR 14/14 R - juris, Rn. 9, jeweils m.w.N.). Dieses Verfahren ist auch erforderlich, wenn von vornherein feststeht, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung verweigert werden wird und sich der Versicherte dadurch gezwungen gesehen hat, die Leistung selbst zu beschaffen (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - juris Rn. 19). Bei den zwei im Dezember 2009 durchgeführten Apherese-Behandlungen hat die Klägerin zwar vor Beginn der Behandlung telefonisch einen allgemeinen Antrag auf Kostenübernahme bei der Beklagten gestellt, aber deren Entscheidung nicht abgewartet. Nicht maßgeblich ist dabei, dass die Beklagte bereits im Telefonat am 9. November 2009 eine Kostenübernahme grundsätzlich abgelehnt hat. Denn der Beklagten lagen keine medizinischen Dokumente vor, die es ihr ermöglicht hätten, den Sachverhalt ordnungsgemäß zu überprüfen. Dies war ihr erst nach Einreichung der medizinischen Unterlagen durch die Klägerin möglich, woraufhin nach Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen eine Ablehnung der Kostenübernahme mit Bescheid vom 29. Januar 2010 erfolgte. Damit fehlt es zumindest für die im Dezember 2009 durchgeführten Apheresen an der erforderlichen Kausalität.

bb) Der Kostenerstattungsanspruch scheitert im Übrigen für sämtliche bislang durchgeführten therapeutischen Apheresen daran, dass der Klägerin kein Primäranspruch auf diese Behandlung zusteht, weil die begehrte Therapie bei dem bei der Klägerin vorliegenden Krankheitsbild nicht zu den im Rahmen des gesetzlichen Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbaren Leistungen gehört.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 3. Juli 2012 - B 1 KR 6/11 R - juris Rn. 16 und 7. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R - juris, Rn. 13). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung. Für den ambulanten Bereich ist insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch nur dann zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - juris, Rn. 15, 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - juris, Rn. 12, 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - juris Rn. 14, 3. Juli 2012 - B 1 KR 6/11 R - juris, Rn. 16, 7. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R - juris, Rn. 13 und 2. September 2014 - B 1 KR 11/13 R - juris, Rn. 13). Die entsprechende Richtlinie ist seit 1. April 2006 die Methoden-Richtlinie, zuvor die Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien). An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - juris, Rn.15). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (BSG, Urteile vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - juris, Rn. 12, 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - juris, Rn. 14, 3. Juli 2012 - B 1 KR 6/11 R - juris, Rn. 16, 7. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R - juris, Rn. 13 und 2. September 2014 - B 1 KR 11/13 R - juris, Rn. 13).

Die ambulante Durchführung der Apheresen als extrakorporales Hämotherapieverfahren ist Bestandteil der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung. Denn sie ist eine durch den GBA anerkannte Behandlungsmethode (Anlage I Nr. 1 Methoden-Richtlinie). Seit 1. April 2009 sind auch im EBM jeweils unter Bezugnahme auf Anlage I Nr. 1 Methoden-Richtlinie die Gebührennummern 13620 (Zusatzpauschale ärztliche Betreuung bei LDL-Apherese) und 13621 (Zusatzpauschale ärztliche Betreuung bei einer Apherese bei rheumatoider Arthritis) als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen genannt. Die Indikationen für die Apherese-Behandlung bestimmt Anlage I Nr. 1 § 3 Methoden-Richtlinie. Aufgrund der von der Klägerin behaupteten Diagnose der rheumatoiden Arthritis kommt vorliegend die in Anlage I Nr. 1 § 3 Nr. 3.2 Methoden-Richtlinie (in der zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlungen im Dezember 2009 geltenden Fassung; nunmehr ohne inhaltliche Änderung Anlage I Nr. 1 § 3 Abs. 3 Methoden-Richtlinie) in Betracht. Danach können Immunapheresen bei aktiver rheumatoider Arthritis nur durchgeführt werden bei Patienten, die auf eine mindestens sechsmonatige Behandlung mit mindestens drei Basistherapeutika (eines davon Methotrexat) in adäquater Dosierung und darüber hinaus auf die Behandlung mit Biologika (TNF-alpha-Inhibitoren und/oder Interleukin-1-Inhibitoren) nicht angesprochen haben oder bei denen eine Kontraindikation gegen diese Arzneimittel besteht. Die Voraussetzungen sind nicht gegeben.

Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass bei der Klägerin eine rheumatoide Arthritis vorlag. Zwar führt der die Klägerin behandelnde Dr. St. in diversen Arztbriefen aus, die Klägerin leide auch an einer progressiven, konservativ nicht beherrschbaren rheumatoiden Arthritis (in der Klagebegründung von der Klägerin als sero-negative Arthritis bezeichnet). Allerdings wird diese Diagnose durch die schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Dr. H. und Dr. Ro. vom MDK, die die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerten kann, nicht als gesichert betrachtet, da Unterlagen über rheumatologische Untersuchungen nicht vorliegen und trotz mehrfacher Anforderung von der Klägerin nicht vorgelegt wurden. Röntgenbilder von Händen und Füßen zur Abklärung von Deformitäten wurden nicht übersandt; eine Verformung des Bewegungsapparates ist ebenfalls nicht belegt. Zwar ergibt sich aus dem Arztbrief des Dr. Kurosch klinisch und radiologisch der Befund eines ausgeprägten Hallux Valgus sowie Zehendeformitäten rechts; die Diagnose einer rheumatischen Vorfußdeformität belegt dieser Befund jedoch in Ermangelung eigener rheumatologischer Untersuchungen nach überzeugender Ausführung der Dr. Ro. (vom 12. August 2010) nicht. Wie diese nachvollziehbar darlegt, können Zehendeformitäten dieser Art zwar im Rahmen einer chronischen Polyarthritis auftreten, zählen jedoch nicht zu den Klassifikationskriterien einer rheumatoiden Arthritis. Auch in keinem der drei vorliegenden Bericht über stationäre Behandlungen ist die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis angegeben. Hinsichtlich der zwei von der Klägerin bereits im Widerspruchsverfahren vorgelegten Entlassungsberichte des Dr. Re.-A. vom 7. Juli 2008 und der Dr. Sch. vom 15. Dezember 2009 wies hierauf bereits Dr. Ro. in ihren gutachterlichen Stellungnahmen hin.

Des Weiteren lässt sich auch nicht feststellen, dass die genannten Indikationen vorlagen. Die Klägerin hat weder behauptet noch nachgewiesen, eine mindestens sechsmonatige Behandlung mit mindestens drei Basistherapeutika (eines davon Methotrexat) in adäquater Dosierung durchgeführt zu haben und darüber hinaus auf die Behandlung mit Biologika (TNF-alpha-Inhibitoren und/oder Interleukin-1-Inhibitoren) nicht angesprochen haben, noch dargelegt, dass eine Kontraindikation gegen diese Arzneimittel besteht. Zwar hat Dr. St. auf ihre Allergieneigung hingewiesen und über eine Unverträglichkeit einer Chemotherapie berichtet; allerdings mangelt es an der in Anlage I Nr.1 § 4 Satz 2 Methoden-Richtlinie (in der im Dezember 2009 geltenden Fassung; nunmehr ohne inhaltliche Änderung Anlage I Nr.1 § 4 Abs. 2 Methoden-Richtlinie) geforderten vorangehenden ergänzenden ärztlichen Beurteilung des Patienten durch einen Internisten oder Orthopäden, der den Schwerpunkt "Rheumatologie" führt, die im Übrigen nicht durch den Arzt erfolgen darf, an den bei bestätigter Indikation zur Durchführung der Apherese überwiesen wird (Anlage I Nr.1 § 4 Satz 3 Methoden-Richtlinie in der im Dezember 2009 geltenden Fassung; nunmehr ohne inhaltliche Änderung Anlage I Nr.1 § 4 Abs. 3 Methoden-Richtlinie). Dr. St. führt die geforderte Facharztbezeichnung Rheumatologe nicht. Ferner scheidet er aus, da er die Klägerin im INUS Medical Center behandelt und die Apherese-Behandlungen durchgeführt hat.

Allerdings verwundert es, dass Dr. St. ausgehend von der von ihm gestellten Diagnose einer rheumatoiden Arthritis mit angeblich fehlgeschlagenen Behandlungen die Apherese-Behandlungen nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Leistungen veranlasste. Denn er geht davon aus, dass die Indikation nach Anl. 1 Nr. 1 § 3 Nr. 3.2 Methoden-Richtlinie für die von ihm durchgeführten Apherese-Behandlungen vorlag. Anders sind seine Hinweise in der ärztlichen Bescheinigung vom 26. Januar 2010 und im Schreiben vom 8. März 2010, die Apherese sei seit 2003 eine vom GBA zugelassene vertragsärztliche Leistung, nicht zu verstehen. Zwar konnte er als zur hausärztlichen Versorgung zugelassener Internist die fachärztliche Leistung der Apherese jedenfalls bis 2. Dezember 2010 mangels Genehmigung noch nicht selbst erbringen und abrechnen, weil die ihm durch Beschluss des Berufungsausschusses für Ärzte Bayern vom 2. Dezember 2010 erteilte Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Gebührennummern 13620 und 13621 EBM als statusrechtliche Entscheidung nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft getroffen werden konnte (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 28. August 2013 - B 6 KA 36/12 R - juris, Rn. 20 m.w.N.). Nicht nachvollziehbar ist aber, weshalb er nicht eine Überweisung zur Durchführung der therapeutischen Apherese an einen über die entsprechende Qualifikation verfügenden Facharzt veranlasste und/oder das nach § 7 Methode-Richtlinie hierfür erforderliche Genehmigungsverfahren einleitete. Ab 2. Dezember 2010 hätte er aufgrund der ihm mit dem genannten Beschluss erteilten Genehmigung Apherese-Behandlungen - nach Genehmigung durch die Krankenkasse der Versicherten - als vertragsärztliche Leistung erbringen können, mithin bei der Klägerin die im Jahre 2011 durchgeführten Apherese-Behandlungen.

Bei der Klägerin bestanden in den Jahren 2009 bis 2011, in denen die streitigen Apherese-Behandlungen erfolgten, Krankheiten im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Sie litt u. a. an abdominellen Schmerzen bei Gastritis, einem hochgradigen Lungenemphysem mit Cor pulmonale, einem CFS, einem MCS, einer Fibromyalgie, einer Borreliose sowie einer Post Lyme Desease. Dies entnimmt der Senat dem vorläufigen Entlassungsbericht der Dr. Sch. vom 15. Dezember 2009 sowie dem Entlassungsbericht der Dr. A. vom 28. August 2010. Das Beschwerdebild stellte eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand war mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellten, ein regelwidriger Zustand, der - was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird - einer körperlichen Behandlung bedurfte. Hinsichtlich dieser Krankheiten ist eine Apherese-Behandlung allerdings nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung. Sie ist insoweit als "neue" Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V anzusehen und deshalb dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V unterworfen. Eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode in diesem Sinne ist die auf einem theoretisch-wissenschaftlichen Konzept beruhende systematische Vorgehensweise der Untersuchung und Behandlung einer Krankheit. Neu in diesem Sinne ist eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode dann, wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht als abrechnungsfähige Leistung im EBM aufgeführt wird und somit nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist (BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R - juris, Rn. 15 m.w.N.). Für weitere als in den in Anlage I Nr. 1 § 3 Methode-Richtlinie Erkrankungen und Indikationen gibt es weder eine positive Empfehlung des GBA noch abrechnungsfähige Leistungen im EBM.

Ausnahmefälle, in denen es keiner Empfehlung des GBA bedarf, liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Weder ergeben sich angesichts der erheblichen Verbreitung des Krankheitsbildes Anhaltspunkte für einen Seltenheitsfall noch für ein Systemversagen. Ein Seltenheitsfall ist gegeben, wenn wissenschaftlich fundierte Aussagen zur Vorgehensweise bei einzigartigen Erkrankungen fehlen, die weltweit nur extrem selten auftreten und die deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden können (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R - juris, Rn. 29 m.w.N.). Hierfür gibt es sowohl hinsichtlich der behaupteten Krankheit der rheumatoiden Arthritis als auch der vom Senat festgestellten Krankheiten keine Anhaltspunkte.

Wegen Systemversagens kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - juris, Rn. 28; BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - juris, Rn. 18; Urteil vom 7. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R - juris, Rn. 17). Ein solcher Fall des Systemversagens liegt bezüglich der von der Klägerin behaupteten Erkrankung der rheumatoiden Arthritis schon deshalb nicht vor, weil ein solcher Antrag bereits positiv entschieden wurde. Bezüglich der anderen, bei der Klägerin vom Senat festgestellten Erkrankungen, ist ein entsprechender Antrag beim GBA offensichtlich nicht gestellt worden ist. Denn der GBA hat sich zwar mit bestimmten Indikationen der therapeutischen Apherese befasst; zum Anwendungsbereich bei Post Lyme Desease, CFS, MCS oder Fibromyalgie-Syndrom liegen jedoch keine Anträge vor.

cc) Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - juris, Rn. 52 ff) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (z.B. Urteile vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/04 R - juris, Rn. 28 ff, 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R - juris, Rn. 18 ff, und 20. April 2010 - B 1/3 KR 22/08 R - juris, Rn. 31 ff) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden, die Untersuchungsmethoden einschließen würden, in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen (vgl. nunmehr § 2 Abs. 1a SGB V, eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2012 durch Art. 1 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-VStG] vom 22. Dezember 2011 [BGBl. I, S. 2983]) Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist. Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen u.a. nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird; Ähnliches kann für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten. Einen solchen Schweregrad erreicht keine der bei der Klägerin festgestellten Erkrankungen. Abgesehen davon stehen insbesondere zur Behandlung der (behaupteten) rheumatoiden Arthritis allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen erfolgsversprechend zur Verfügung. Zwar wird insoweit von Dr. St. eine weit fortgeschrittene Erkrankung mit Zerstörung des Bindegewebes vorgetragen; durch Untersuchungsbefunde hat er dies jedoch nicht belegt.

dd) Auch scheitert ein (ohnehin nicht gegebener) Kostenerstattungsanspruch daran, dass ein Vergütungsanspruch des Dr. St. nicht entstanden ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der erkennende Senats in ebenfalls ständiger Rechtsprechung folgt, setzt der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V voraus, dass dem behandelnden Arzt gegen den Versicherten, der sich die Leistung selbst verschafft hat, ein rechtswirksamer Vergütungsanspruch aus der Behandlung erwachsen ist. Verletzt der behandelnde Arzt seine Aufklärungspflichten, kann dies zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs des Arztes und damit dazu führen, dass in der Person des Versicherten ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V von vornherein nicht entsteht (vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteile vom 27. März 2007 - B 1 KR 25/06 R - juris Rn. 18 und 3. Juli 2012 - B 1 KR 6/11 R - juris Rn. 24).

Privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften dieses Gesetzbuchs abweichen, sind nach § 32 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nichtig. Vorschriften dieses Gesetzbuches sind zunächst die Regelungen der Sozialgesetzbücher einschließlich der in § 68 SGB I genannten besonderen Teile. Überdies gelten auch die auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, Satzungen, insbesondere Anordnungen der Bundesagentur für Arbeit aber auch Richtlinien und öffentlich-rechtliche Verträge mit Rechtsnormcharakter als Vorschriften dieses Gesetzbuches (Weselski in: Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 32 SGB I Rn. 30).

Nach (dem in den Jahren 2009 bis 2011 noch geltenden) § 21 Abs. 8 Nr. 3 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV), der auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs. 1 SGB V beruhte und für die zugelassenen Vertragsärzte nach § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V verbindlich war, durfte der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde. Diese Regelung diente dem Schutz der Versicherten, als damit verhindert werden soll, dass ein Vertragsarzt aus welchen Gründen auch immer Leistungen außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erbringt und ohne weiteres liquidieren kann. Ein Vergütungsanspruch des Vertragsarztes gegen Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen ist die Ausnahme. Grundsätzlich wird die Leistung des Vertragsarztes von der Kassenärztlichen Vereinigung vergütet, die ihrerseits die Mittel dafür in Form einer Gesamtvergütung von den Krankenkassen erhält (vgl. u.a. § 2 Abs. 2, § 75 Abs. 1 und 2, § 85 Abs. 1 und 4 SGB V; BSG, Urteil vom 15. April 1997 - 1 RK 4/96 - juris Rn. 20). Die Versicherten können daher in der Erwartung, die Leistungen kostenfrei zu erhalten, sich in die Behandlung eines Vertragsarztes begeben. Die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung stellt deswegen eine Ausnahme dar. Zweck dieser Regelung war mithin auch, dem Versicherten klar vor Augen zu halten, dass er selbst für die entsprechende Leistung eine Vergütung zu entrichten hat und die gesetzliche Krankenkasse, deren Mitglied er ist, keine Vergütung leistet oder eine gezahlte Vergütung erstattet.

Die zwischen der Klägerin und Dr. St. unter dem 2., 7. und 9. Dezember 2009, 31. Mai, 19. und 28. Juli 2010 geschlossenen Behandlungsverträge enthalten lediglich den Hinweis, dass "auch bei korrekter Rechnungslegung gemäß der GOÄ Private Krankenversicherungen und Beihilfestellen nicht in jedem Fall alle Kosten übernehmen". Ein Hinweis auf eine mangelnde Kostenübernahme durch gesetzliche Krankenversicherungen fehlt. Weiterhin ist nicht erkennbar, dass Dr. St. trotz der von ihm gestellten Diagnose der rheumatoiden Arthritis und der behaupteten fehlgeschlagenen vorangegangenen Behandlungen die Klägerin darauf hinwies, mit dieser Indikation könne eine Apherese-Behandlung als vertragsärztliche Leistung erbracht werden mit der Folge, dass der Klägerin keine Kosten für diese Behandlungen entstanden wären, weil sie keiner Honorarforderung ausgesetzt gewesen wäre.

4. Der Senat war an einer Entscheidung auch nicht durch den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG bei Dr. Fr. gehindert. Diesen Antrag hat die Klägerin nicht aufrechterhalten, weil sie ihn nach Zustimmung zur Entscheidung des Senats nach § 124 Abs. 2 SGG nicht mehr wiederholte. Im Übrigen wäre dieser Antrag nach § 109 Abs. 2 SGG abzulehnen. Das Gericht kann nach § 109 Abs. 2 SGG einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreit verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Davon ist hier auszugehen.

Das Einholen eines Gutachtens bei Dr. Fr. aufgrund des Antrags im Schriftsatzes vom 6. November 2015 verzögert die Erledigung des Rechtsstreits, denn der Senat könnte zum jetzigen Zeitpunkt nicht über die Berufung entscheiden. Dies beruht auf grober Nachlässigkeit der Klägerin. Eine solche grobe Nachlässigkeit ist anzunehmen, wenn die für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und nicht getan wird, was jedem einleuchten muss (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Kellerer/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109 Rdnr. 11). Bei einem Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG muss gewährleistet sein, dass der benannte Sachverständige innerhalb angemessener Zeit das Gutachten erstellen wird. Nur dann kann das Gericht seiner Verpflichtung nachkommen, innerhalb angemessener Frist eine Sachentscheidung zu treffen (Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention; § 198 Gerichtsverfassungsgesetz; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109 Rn. 5b, 19). Insoweit haben die Gerichte auch bei einem Gutachten nach § 109 SGG die Pflicht, solche Gutachten zügig und effizient einzuholen (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 25. März 2010 - 901/05 -, juris). Die Klägerin hat diese für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt im Zusammenhang mit dem Antrag nach § 109 SGG außer Acht gelassen. Der Klägerin war seit der Verfügung der Berichterstatterin vom 16. Oktober 2015 bekannt, dass für das beantragte Gutachten nach § 109 SGG die Bestätigung des benannten Sachverständigen erforderlich ist, er werde das Gutachten binnen angemessener Frist erstellen. Eine solche Bestätigung des nach § 109 SGG benannten Sachverständigen ist im Hinblick auf die zuvor genannte Pflicht der Gerichte erforderlich. Sie war im Falle der Klägerin zudem erforderlich, weil der Senat die am 22. August 2014 erfolgte Bestellung des zuvor von der Klägerin benannten Dr. D. als Sachverständiger am 3. November 2015 aufheben musste, weil dieser wegen Krankheit das Gutachten in absehbarer Zeit nicht erstatten konnte. Nur mit der geforderten Bestätigung war sicherzustellen, dass nicht erneut ein Gutachtensauftrag unerledigt bleibt und damit weitere Verzögerungen des Rechtsstreits dadurch eintreten werden, weil der Klägerin erneut die Gelegenheit eingeräumt werden musste, einen Arzt als Sachverständigen zu benennen (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2014 - L 4 R 4797/13 - juris, Rn. 34). Demgemäß war für die Klägerin erkennbar, dass sie vor Beauftragung des Dr. Fr. als Sachverständigen mit diesem abklären musste, dass er das Gutachten innerhalb von drei bis sechs Monaten erstellen wird. Dies tat sie nicht. Vielmehr teilte sie mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2015 mit, die Begutachtung könne im "Sommer 2016" erfolgen, das Gutachten "soll dann weitere drei Monate später erstellt sein".

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

6. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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