Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2473/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4400/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. September 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung absolviert und war zuletzt in einer Fabrik für Bürstenherstellung als Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 31. August 2009 ist er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Vom 13. Oktober 2011 bis 3. November 2011 nahm der Kläger an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der B.-Klinik B. K. teil. Im Entlassungsbericht vom 4. November 2011 werden folgende Diagnosen genannt: Spondylodese L2 bis S1, TLIF L5/S1 am 12. April 2011; Z.n. Bandscheiben-Operationen L1/2 2006 und L3/4 2009 sowie Adipositas Grad I. Der Kläger wurde für in der Lage gehalten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen über sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben, ohne monotonen Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufige Bückbelastungen und häufige Stoßbelastungen.
Am 27. Februar 2012 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 12. März 2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da der Kläger nicht erwerbsgemindert sei und stützte sich dabei auf den Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik B. K. vom 4. November 2011. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, relevante Funktionseinschränkungen ergäben sich vor allem aus den ständig vorhandenen Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und den Bewegungseinschränkungen infolge der Versteifung von Teilen der Wirbelsäule. So beschreibe auch der Reha-Entlassungsbericht deutliche Einschränkungen bei allen wirbelsäulenbelastenden Aktivitäten wie Heben und Tragen, Bücken, längerem Gehen und Sitzen. Im linken Bein bestehe eine Fußheberschwäche, die beim längeren Gehen zutage trete. Trotz der im Jahr 2011 durchgeführten Operation und vielfältiger Behandlungsmaßnahmen schon zuvor sei keine wesentliche Schmerzlinderung eingetreten. Schmerzbedingt müsse er ständig die Körperhaltung wechseln, die Gehstrecke sei begrenzt und die Konzentrationsfähigkeit und das Durchhaltevermögen stark beeinträchtigt. Durch die ständigen Schmerzen sei er nicht nur körperlich, sondern auch psychisch so stark belastet, dass seine Leistungsfähigkeit auch für leichteste Arbeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken sei. Die Beklagte holte Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. S. ein und veranlasste eine Begutachtung durch die Fachärztin für Chirurgie Engelbrecht. Diese nannte in ihrem Gutachten vom 13. Juli 2012 folgende Diagnosen: Chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom nach Spondylodese L 2 bis S 1 mit TLIF L5/S1 vom 12. April 2011 und Z.n. Bandscheibenoperation L 1/2 2006 und L3/4 2009. Sie hielt den Kläger für in der Lage, mit entsprechenden Einschränkungen des Bewegungs- und Haltungsapparats körperlich leichte Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einschränkten. Ihm seien daher noch leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne häufiges Bücken sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.
Dagegen hat der Kläger am 1. Oktober 2012 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Aufgrund der Schmerzen in der Wirbelsäule könne er nur kurzzeitig sitzen, das linke Bein sei von oben bis unten taub und auch beim Gehen habe er nach längstens 150 Metern starke Schmerzen. Eine neurologische Abklärung sei eingeleitet worden. Er hat die Berichte der orthopädischen Klinik M. vom 9. August 2012 und vom 20. September 2012 und den Bericht des Zentrums für Schmerzbehandlung K. (Dr. M.) vom 4. Mai 2013 über die stationäre schmerztherapeutische Behandlung vom 24. April 2013 bis 4. Mai 2013 vorgelegt. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers, den Internisten Dr. G., den Orthopäden Dr. S. und den Facharzt für Neurochirurgie Dr. B., schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. G. hat in seiner Auskunft vom 12. Dezember 2012 ausgeführt, der Kläger sei auf internistischem Fachgebiet gesund. Bei den gelegentlichen Kontakten seien vereinzelt mäßig erhöhte Blutdruckwerte aufgetreten. Eine medikamentöse antihypertensive Therapie sei bislang nicht erfolgt. Dr. S. hat in seinem Bericht vom 8. Januar 2013 mitgeteilt, die auf seinem Fachgebiet erhobenen Befunde stimmten im Wesentlichen mit denjenigen überein, die im Gutachten der Sachverständigen Engelbrecht niedergelegt seien. Der Kläger sei in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Maßgeblich sei das chirurgisch-orthopädische Fachgebiet betroffen. Die subjektive Krankheitsbewertung werde durch eine depressive Komponente überlagert, weshalb Dr. S. eine psychologische Zusatzbegutachtung empfahl. Mit Schreiben vom 14. Januar 2013 teilte Dr. S. mit, durch die nun vorliegenden Befundberichte der Praxis EMSA und des Dr. B. habe sich eine Änderung in der Beurteilung des Belastungsvermögens des Klägers ergeben. Zunächst sollte - wie von Dr. B. empfohlen - die von ihm festgestellte Liquorzyste operativ saniert werden und nach entsprechender postoperativer Ausheilungszeit sei eine neue Untersuchung zur Beurteilung der Belastbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angezeigt. Dr. B. hat in seinem Bericht vom 21. März 2013 ausgeführt, der Kläger befinde sich seit dem 11. Dezember 2012 in seiner neurochirurgischen schmerztherapeutischen Behandlung. Er sei im April 2011 laut seinen Angaben in M. an einer Spinalkanalstenose L2-L5 operiert worden. Dabei sei eine ausgedehnte dorsale Spondylodese (Versteifung der Wirbelsäule) durchgeführt worden. Nachdem der Kläger kurzfristig postoperativ laut eigenen Angaben schmerzfrei gewesen sei, habe er erneut über weitere Schmerzen mit Ausstrahlung ins linke Bein geklagt. Er habe sich zur Einholung einer zweiten Meinung in seiner Sprechstunde am 11. Dezember 2012 mit der Frage vorgestellt, ob eine weitere therapeutische Maßnahme bestehe. Die im Gutachten der Fachärztin für Chirurgie Engelbrecht erhobenen Befunde stimmten mit seinen Befunden überein und er schließe sich auch deren Beurteilung des Leistungsvermögens an.
Das SG hat den Orthopäden Dr. K. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 4. Oktober 2013 als Diagnosen ein Cervicodorsalsyndrom bei Flachrücken sowie eine chronische rezidivierende pseudoradikuläre Lumboischialgie links nach verschiedenen Operationen mit chronifiziertem Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen genannt und ausgeführt, der Kläger könne leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeiten seien nicht mehr zumutbar. Tätigkeiten, welche mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel von 10 kg und mehr verbunden seien, seien nicht mehr leidensgerecht. Es solle auf einen Wechselrhythmus zwischen gehender, stehender und überwiegend sitzender Tätigkeit geachtet werden. Häufiges Treppensteigen sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht zumutbar, Arbeiten in Wechsel- und Nachtschicht sollten wegen der insgesamt herabgesetzten Belastbarkeit des Achsenorgans unterbleiben, ebenso der Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft. Das SG hat ferner auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG den Orthopäden Dr. S. als gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 18. März 2014 als Diagnosen chronische Rückenschmerzen bei Z.n. mehrfacher Operation der Lendenwirbelsäule und Z.n. dorsoventraler Korrektur-Spondylodese LWK 2 bis SWK 1 wegen ausgeprägter Kyphosierung der Lendenwirbelsäule genannt und ausgeführt, die auf dem orthopädischen Fachgebiet festgestellten Gesundheitsstörungen verhinderten eine schwere körperliche Tätigkeit. Insbesondere seien Tätigkeiten mit Tragen, Heben und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel von mehr als 10 kg nicht zumutbar. Eine berufliche Tätigkeit mit Wechselrhythmus zwischen stehender, gehender und überwiegend sitzender Tätigkeit sei täglich vier bis sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche möglich. Zwischendurch sollte der Kläger die Möglichkeit haben, sich kurzzeitig hinzulegen. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht zumutbar; zusätzlich sollte eine Wechsel- und Nachtschicht nicht zugemutet werden und der Einfluss von Nässe, Zugluft und Kälte verhindert werden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. September 2014 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und sich zur Begründung auf das Gutachten des Dr. K. gestützt. Demgegenüber vermöge das Gutachten des Dr. S. nicht zu überzeugen. Dieser habe sich mit den abweichenden Meinungen in den vorangegangenen Gutachten nicht auseinandergesetzt, sondern vielmehr den Gutachten der Ärztin E. und des Dr. K. in den Befunden, den Diagnosen und auch der weiteren Beurteilung zugestimmt. Das Gericht vermöge daher nicht nachzuvollziehen, warum er in der Leistungseinschätzung von diesen abweiche. In seinem Gutachten fänden sich keine abweichenden Befunde und Diagnosen, die die Abweichung erklären könnten. Der Einholung eines weiteren Gutachtens auf schmerztherapeutischem Fachgebiet bedürfe es trotz der Schmerzerkrankung des Klägers nicht. Die Beurteilung von Schmerzzuständen liege regelmäßig außerhalb richterlicher Sachkunde. Das Gericht bediene sich daher des medizinischen Sachverständigenbeweises. Die beiden gerichtlichen orthopädischen Gutachter seien befähigt, die Schmerzsituation des Klägers auf der Grundlage der gestellten Diagnosen aus fachärztlicher Sicht bei der Leistungseinschätzung angemessen zu berücksichtigen. Hinweise auf Gesundheitsbeeinträchtigungen auf nervenärztlichem Fachgebiet, die Anlass zu einer gutachtlichen Abklärung geben würden, habe das Gericht nicht.
Gegen das ihm am 26. September 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Oktober 2014 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Sachverhaltsaufklärung bei der Beklagten und beim SG sei unvollständig und das ergangene Urteil daher fehlerhaft. Im Rahmen von zwei ärztlichen Gutachten – von Dr. S. und Dr. S. - sei die Einschätzung vertreten worden, dass er weniger als sechs Stunden leistungsfähig sei, so dass das Gericht weitere Aufklärung hätte betreiben müssen. Er habe mehrfach vorgetragen, dass er auch auf Grund chronischer Schmerzen in seiner Erwerbs- und Leistungsfähigkeit gemindert sei. Ein Gutachten zu der Frage, inwieweit sich dieses Leiden auf seine Leistungsfähigkeit auswirke, habe das Gericht jedoch nicht eingeholt. Er sei seit vielen Jahren auf den Einsatz von stark dosierten Schmerztabletten, insbesondere Tramal, angewiesen. Dr. S. habe sich sogar veranlasst gesehen, ihn auf das starke Suchtpotential dieses Schmerzmittels hinzuweisen. Dem Gutachten des Dr. K. könne nicht entnommen werden, dass er zur Frage seiner Schmerzen und insbesondere deren Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit Stellung genommen hätte. Zur Klärung seiner Schmerzzustände und deren Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit wäre ein Gutachten auf diesem Fachgebiet einzuholen gewesen. In der Zeit vom 24. April 2013 bis 4. Mai 2013 habe er sich im Zentrum für Schmerzbehandlung K. befunden. Der ihn behandelnde Arzt Dr. D. habe u.a. eine chronische Schmerzstörung Stadium III nach Gerbershagen und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Seine Minderung der Erwerbsfähigkeit beruhe darüber hinaus auch auf Erkrankungen, welche dem nervenärztlichen Fachgebiet zuzuordnen seien. Es müsse daher auch ein nervenärztliches Gutachten eingeholt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. September 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids 12. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab dem 27. Februar 2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 18. Mai 2015, 20. August 2015, 10. September 2015 und 27. November 2015 und hält die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen einer Erwerbsminderung weiterhin nicht für gegeben.
Der Senat hat den Arzt für Neurologie und Psychiatrie PD Dr. W. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem schmerzmedizinischen/neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 22. Juli 2015 mitgeteilt, der Kläger sei von vordiagnostizierten Rücken-Beinschmerzen links bei lumbaler Bandscheibenkrankheit mit drei Operationen an der Lendenwirbelsäule betroffen, von einem sogenannten Postnukleotomiesyndrom mit radikulären Syndromen L2, L3, L4 und L5 links mit einer erkennbaren Verschmächtigung der Oberschenkel- und Unterschenkelmuskulatur links und Sensibilitätsminderung. In psychischer Hinsicht habe sich ein sog. algogenes Psychosyndrom, d.h. eine dysphorisch-depressive Verstimmung und Schlafstörungen durch ein anhaltendes Schmerzleiden entwickelt, allerdings ohne Zeichen einer schwergradigen Depression oder von Suizidalität. Wegen der Schädigungsfolgen der lumbalen Bandscheibenkrankheit und insgesamt drei Operationen sei der Kläger nicht in der Lage, regelmäßig mittelschwere oder schwere körperliche Arbeiten zu verrichten, sondern nur noch körperlich leichte Tätigkeiten. Zudem seien Arbeiten mit häufigem Bücken, in gleichförmiger Körperposition, mit häufigem Treppensteigen, auf Leitern oder Gerüsten durch seine Schmerzkrankheit bei morphologischen Lendenwirbelsäulenveränderungen auszuschließen. Auch Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord- oder Fließbandarbeit seien unzumutbar. Die geklagten, mehrfach vorbeschriebenen chronischen Schmerzen entsprächen den organischen Veränderungen an Lendenwirbelsäule und den neurophysiologisch objektivierten Nervenwurzelschädigungen, welche vor Jahren eingetreten seien. Zeichen einer akuten Schädigung lumbaler Nervenwurzeln ergäben sich hingegen nicht. Der Kläger sei deshalb nur unter mehrfach qualitativen Einschränkungen in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben, bei möglichem Wechsel der Körperposition. Außergewöhnliche Belastung, speziell Zeitdruckarbeiten, seien wegen der chronischen Schmerzen nicht zumutbar, ebenfalls keine Tätigkeiten im durchgehenden Sitzen, Stehen oder Gehen. Der Kläger hat Zweifel daran geäußert, dass PD Dr. W. seine Leistungsfähigkeit aufgrund der einmaligen Untersuchung beurteilen könne und auf seine mangelnde sprachliche Fähigkeit hingewiesen, sich insbesondere bezüglich seiner psychischen Erkrankung auszudrücken und zu artikulieren. Er hat eine Stellungnahme des PD Dr. W. dazu angeregt, wie sich das diagnostizierte algogene Psychosyndrom auf seine berufliche Leistungsfähigkeit auswirke und wandte bezüglich der von ihm eingenommenen starken Schmerzmittel ein, nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrteignung vom 1. Mai 2014 werde festgestellt, dass bei nachgewiesenen Intoxikationen und anderen Wirkungen von Arzneimitteln, die die Leistungsfähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs beeinträchtigten, bis zu deren völligem Abklingen die Voraussetzung zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen nicht gegeben sei. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22. Oktober 2015 hat sich PD Dr. W. zu den vom Kläger vorgebrachten Einwänden geäußert und ist bei seiner Leistungsbeurteilung geblieben.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im schriftlichen Verfahren entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu mit Schriftsatz vom 27. November 2015 bzw. 12. Januar 2016 ihr Einverständnis erklärt haben.
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und - gestützt auf das schlüssige Gutachten des Dr. K. - zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil er in der Lage ist, ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens 6 Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Auch aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren folgt nichts Anderes. Der Senat stützt sich bei dieser Einschätzung auf das schmerzmedizinische/neurologisch-psychiatrische Gutachten des PD Dr. W. vom 22. Juli 2015 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 22. Oktober 2015. PD Dr. W. hat sich ausführlich mit dem aktenkundigen Sachverhalt sowie den vom Kläger geschilderten Beschwerden beschäftigt und umfangreiche Untersuchungsbefunde erhoben. Er hat verschiedene qualitative Einschränkungen genannt, die der Kläger bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit beachten müsse, jedoch - in Übereinstimmung mit Dr. K. - eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bei qualitativen Einschränkungen im Falle der Inanspruchnahme einer zumutbaren und heute standardmäßigen Behandlung für möglich gehalten. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. PD Dr. W. hat nachvollziehbar dargelegt, dass sich in psychischer Hinsicht ein sog. algogenes Psychosyndrom, d.h. eine dysphorisch-depressive Verstimmung und Schlafstörungen durch ein anhaltendes Schmerzerleiden entwickelt hat, jedoch keine Zeichen einer schwergradigen Depression oder von Suizidalität vorliegen. Im psychischen Befund fanden sich keine Hinweise auf eine hirnorganische Schädigung oder eine primäre Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet; es zeigten sich auch keine Denkstörungen. PD Dr. W. hat in seinem Gutachten auch erkennbar die Auswirkungen des diagnostizierten algogenen Psychosyndroms berücksichtigt und daraus entsprechende qualitative Einschränkungen im Hinblick auf eine berufliche Tätigkeit abgeleitet. Demnach war hierzu eine weitere Stellungnahme des Sachverständigen – wie vom Kläger angeregt – nicht erforderlich. PD Dr. W. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme auch nochmals darauf hinwiesen, dass die Einnahme der empfohlenen Schmerzmedikamente nach der Einstellungsphase keine negativen Auswirkungen auf das Autofahren hätte. Der Senat hat daher keine Zweifel daran, dass der Kläger – nach entsprechender Einstellung auf die Schmerzmedikamente – die Wege zur Arbeit und zurück mit dem Auto zurücklegen kann. Aufgrund des von PD Dr. W. noch diagnostizieren Postnukleotomiesyndroms mit radikulären Syndromen L2, L3, L4 und L5 links mit einer erkennbaren Verschmächtigung der Oberschenkel- und Unterschenkelmuskulatur links und Sensibilitätsminderung sind dem Kläger nach Einschätzung von PD Dr. W. nachvollziehbar nur noch körperlich leichte Tätigkeiten mit den angeführten qualitativen Einschränkungen möglich. Hierzu nimmt der Senat ergänzend Bezug auf die Feststellungen des schlüssigen Fachgutachtens des Dr. K. Der Kläger ist demnach bei Beachtung der angegebenen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein und hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung absolviert und war zuletzt in einer Fabrik für Bürstenherstellung als Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 31. August 2009 ist er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Vom 13. Oktober 2011 bis 3. November 2011 nahm der Kläger an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der B.-Klinik B. K. teil. Im Entlassungsbericht vom 4. November 2011 werden folgende Diagnosen genannt: Spondylodese L2 bis S1, TLIF L5/S1 am 12. April 2011; Z.n. Bandscheiben-Operationen L1/2 2006 und L3/4 2009 sowie Adipositas Grad I. Der Kläger wurde für in der Lage gehalten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen über sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben, ohne monotonen Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufige Bückbelastungen und häufige Stoßbelastungen.
Am 27. Februar 2012 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 12. März 2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da der Kläger nicht erwerbsgemindert sei und stützte sich dabei auf den Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik B. K. vom 4. November 2011. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, relevante Funktionseinschränkungen ergäben sich vor allem aus den ständig vorhandenen Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und den Bewegungseinschränkungen infolge der Versteifung von Teilen der Wirbelsäule. So beschreibe auch der Reha-Entlassungsbericht deutliche Einschränkungen bei allen wirbelsäulenbelastenden Aktivitäten wie Heben und Tragen, Bücken, längerem Gehen und Sitzen. Im linken Bein bestehe eine Fußheberschwäche, die beim längeren Gehen zutage trete. Trotz der im Jahr 2011 durchgeführten Operation und vielfältiger Behandlungsmaßnahmen schon zuvor sei keine wesentliche Schmerzlinderung eingetreten. Schmerzbedingt müsse er ständig die Körperhaltung wechseln, die Gehstrecke sei begrenzt und die Konzentrationsfähigkeit und das Durchhaltevermögen stark beeinträchtigt. Durch die ständigen Schmerzen sei er nicht nur körperlich, sondern auch psychisch so stark belastet, dass seine Leistungsfähigkeit auch für leichteste Arbeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken sei. Die Beklagte holte Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. S. ein und veranlasste eine Begutachtung durch die Fachärztin für Chirurgie Engelbrecht. Diese nannte in ihrem Gutachten vom 13. Juli 2012 folgende Diagnosen: Chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom nach Spondylodese L 2 bis S 1 mit TLIF L5/S1 vom 12. April 2011 und Z.n. Bandscheibenoperation L 1/2 2006 und L3/4 2009. Sie hielt den Kläger für in der Lage, mit entsprechenden Einschränkungen des Bewegungs- und Haltungsapparats körperlich leichte Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einschränkten. Ihm seien daher noch leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne häufiges Bücken sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.
Dagegen hat der Kläger am 1. Oktober 2012 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Aufgrund der Schmerzen in der Wirbelsäule könne er nur kurzzeitig sitzen, das linke Bein sei von oben bis unten taub und auch beim Gehen habe er nach längstens 150 Metern starke Schmerzen. Eine neurologische Abklärung sei eingeleitet worden. Er hat die Berichte der orthopädischen Klinik M. vom 9. August 2012 und vom 20. September 2012 und den Bericht des Zentrums für Schmerzbehandlung K. (Dr. M.) vom 4. Mai 2013 über die stationäre schmerztherapeutische Behandlung vom 24. April 2013 bis 4. Mai 2013 vorgelegt. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers, den Internisten Dr. G., den Orthopäden Dr. S. und den Facharzt für Neurochirurgie Dr. B., schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. G. hat in seiner Auskunft vom 12. Dezember 2012 ausgeführt, der Kläger sei auf internistischem Fachgebiet gesund. Bei den gelegentlichen Kontakten seien vereinzelt mäßig erhöhte Blutdruckwerte aufgetreten. Eine medikamentöse antihypertensive Therapie sei bislang nicht erfolgt. Dr. S. hat in seinem Bericht vom 8. Januar 2013 mitgeteilt, die auf seinem Fachgebiet erhobenen Befunde stimmten im Wesentlichen mit denjenigen überein, die im Gutachten der Sachverständigen Engelbrecht niedergelegt seien. Der Kläger sei in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Maßgeblich sei das chirurgisch-orthopädische Fachgebiet betroffen. Die subjektive Krankheitsbewertung werde durch eine depressive Komponente überlagert, weshalb Dr. S. eine psychologische Zusatzbegutachtung empfahl. Mit Schreiben vom 14. Januar 2013 teilte Dr. S. mit, durch die nun vorliegenden Befundberichte der Praxis EMSA und des Dr. B. habe sich eine Änderung in der Beurteilung des Belastungsvermögens des Klägers ergeben. Zunächst sollte - wie von Dr. B. empfohlen - die von ihm festgestellte Liquorzyste operativ saniert werden und nach entsprechender postoperativer Ausheilungszeit sei eine neue Untersuchung zur Beurteilung der Belastbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angezeigt. Dr. B. hat in seinem Bericht vom 21. März 2013 ausgeführt, der Kläger befinde sich seit dem 11. Dezember 2012 in seiner neurochirurgischen schmerztherapeutischen Behandlung. Er sei im April 2011 laut seinen Angaben in M. an einer Spinalkanalstenose L2-L5 operiert worden. Dabei sei eine ausgedehnte dorsale Spondylodese (Versteifung der Wirbelsäule) durchgeführt worden. Nachdem der Kläger kurzfristig postoperativ laut eigenen Angaben schmerzfrei gewesen sei, habe er erneut über weitere Schmerzen mit Ausstrahlung ins linke Bein geklagt. Er habe sich zur Einholung einer zweiten Meinung in seiner Sprechstunde am 11. Dezember 2012 mit der Frage vorgestellt, ob eine weitere therapeutische Maßnahme bestehe. Die im Gutachten der Fachärztin für Chirurgie Engelbrecht erhobenen Befunde stimmten mit seinen Befunden überein und er schließe sich auch deren Beurteilung des Leistungsvermögens an.
Das SG hat den Orthopäden Dr. K. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 4. Oktober 2013 als Diagnosen ein Cervicodorsalsyndrom bei Flachrücken sowie eine chronische rezidivierende pseudoradikuläre Lumboischialgie links nach verschiedenen Operationen mit chronifiziertem Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen genannt und ausgeführt, der Kläger könne leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeiten seien nicht mehr zumutbar. Tätigkeiten, welche mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel von 10 kg und mehr verbunden seien, seien nicht mehr leidensgerecht. Es solle auf einen Wechselrhythmus zwischen gehender, stehender und überwiegend sitzender Tätigkeit geachtet werden. Häufiges Treppensteigen sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht zumutbar, Arbeiten in Wechsel- und Nachtschicht sollten wegen der insgesamt herabgesetzten Belastbarkeit des Achsenorgans unterbleiben, ebenso der Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft. Das SG hat ferner auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG den Orthopäden Dr. S. als gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 18. März 2014 als Diagnosen chronische Rückenschmerzen bei Z.n. mehrfacher Operation der Lendenwirbelsäule und Z.n. dorsoventraler Korrektur-Spondylodese LWK 2 bis SWK 1 wegen ausgeprägter Kyphosierung der Lendenwirbelsäule genannt und ausgeführt, die auf dem orthopädischen Fachgebiet festgestellten Gesundheitsstörungen verhinderten eine schwere körperliche Tätigkeit. Insbesondere seien Tätigkeiten mit Tragen, Heben und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel von mehr als 10 kg nicht zumutbar. Eine berufliche Tätigkeit mit Wechselrhythmus zwischen stehender, gehender und überwiegend sitzender Tätigkeit sei täglich vier bis sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche möglich. Zwischendurch sollte der Kläger die Möglichkeit haben, sich kurzzeitig hinzulegen. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht zumutbar; zusätzlich sollte eine Wechsel- und Nachtschicht nicht zugemutet werden und der Einfluss von Nässe, Zugluft und Kälte verhindert werden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. September 2014 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und sich zur Begründung auf das Gutachten des Dr. K. gestützt. Demgegenüber vermöge das Gutachten des Dr. S. nicht zu überzeugen. Dieser habe sich mit den abweichenden Meinungen in den vorangegangenen Gutachten nicht auseinandergesetzt, sondern vielmehr den Gutachten der Ärztin E. und des Dr. K. in den Befunden, den Diagnosen und auch der weiteren Beurteilung zugestimmt. Das Gericht vermöge daher nicht nachzuvollziehen, warum er in der Leistungseinschätzung von diesen abweiche. In seinem Gutachten fänden sich keine abweichenden Befunde und Diagnosen, die die Abweichung erklären könnten. Der Einholung eines weiteren Gutachtens auf schmerztherapeutischem Fachgebiet bedürfe es trotz der Schmerzerkrankung des Klägers nicht. Die Beurteilung von Schmerzzuständen liege regelmäßig außerhalb richterlicher Sachkunde. Das Gericht bediene sich daher des medizinischen Sachverständigenbeweises. Die beiden gerichtlichen orthopädischen Gutachter seien befähigt, die Schmerzsituation des Klägers auf der Grundlage der gestellten Diagnosen aus fachärztlicher Sicht bei der Leistungseinschätzung angemessen zu berücksichtigen. Hinweise auf Gesundheitsbeeinträchtigungen auf nervenärztlichem Fachgebiet, die Anlass zu einer gutachtlichen Abklärung geben würden, habe das Gericht nicht.
Gegen das ihm am 26. September 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Oktober 2014 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Sachverhaltsaufklärung bei der Beklagten und beim SG sei unvollständig und das ergangene Urteil daher fehlerhaft. Im Rahmen von zwei ärztlichen Gutachten – von Dr. S. und Dr. S. - sei die Einschätzung vertreten worden, dass er weniger als sechs Stunden leistungsfähig sei, so dass das Gericht weitere Aufklärung hätte betreiben müssen. Er habe mehrfach vorgetragen, dass er auch auf Grund chronischer Schmerzen in seiner Erwerbs- und Leistungsfähigkeit gemindert sei. Ein Gutachten zu der Frage, inwieweit sich dieses Leiden auf seine Leistungsfähigkeit auswirke, habe das Gericht jedoch nicht eingeholt. Er sei seit vielen Jahren auf den Einsatz von stark dosierten Schmerztabletten, insbesondere Tramal, angewiesen. Dr. S. habe sich sogar veranlasst gesehen, ihn auf das starke Suchtpotential dieses Schmerzmittels hinzuweisen. Dem Gutachten des Dr. K. könne nicht entnommen werden, dass er zur Frage seiner Schmerzen und insbesondere deren Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit Stellung genommen hätte. Zur Klärung seiner Schmerzzustände und deren Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit wäre ein Gutachten auf diesem Fachgebiet einzuholen gewesen. In der Zeit vom 24. April 2013 bis 4. Mai 2013 habe er sich im Zentrum für Schmerzbehandlung K. befunden. Der ihn behandelnde Arzt Dr. D. habe u.a. eine chronische Schmerzstörung Stadium III nach Gerbershagen und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Seine Minderung der Erwerbsfähigkeit beruhe darüber hinaus auch auf Erkrankungen, welche dem nervenärztlichen Fachgebiet zuzuordnen seien. Es müsse daher auch ein nervenärztliches Gutachten eingeholt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. September 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids 12. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab dem 27. Februar 2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 18. Mai 2015, 20. August 2015, 10. September 2015 und 27. November 2015 und hält die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen einer Erwerbsminderung weiterhin nicht für gegeben.
Der Senat hat den Arzt für Neurologie und Psychiatrie PD Dr. W. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem schmerzmedizinischen/neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 22. Juli 2015 mitgeteilt, der Kläger sei von vordiagnostizierten Rücken-Beinschmerzen links bei lumbaler Bandscheibenkrankheit mit drei Operationen an der Lendenwirbelsäule betroffen, von einem sogenannten Postnukleotomiesyndrom mit radikulären Syndromen L2, L3, L4 und L5 links mit einer erkennbaren Verschmächtigung der Oberschenkel- und Unterschenkelmuskulatur links und Sensibilitätsminderung. In psychischer Hinsicht habe sich ein sog. algogenes Psychosyndrom, d.h. eine dysphorisch-depressive Verstimmung und Schlafstörungen durch ein anhaltendes Schmerzleiden entwickelt, allerdings ohne Zeichen einer schwergradigen Depression oder von Suizidalität. Wegen der Schädigungsfolgen der lumbalen Bandscheibenkrankheit und insgesamt drei Operationen sei der Kläger nicht in der Lage, regelmäßig mittelschwere oder schwere körperliche Arbeiten zu verrichten, sondern nur noch körperlich leichte Tätigkeiten. Zudem seien Arbeiten mit häufigem Bücken, in gleichförmiger Körperposition, mit häufigem Treppensteigen, auf Leitern oder Gerüsten durch seine Schmerzkrankheit bei morphologischen Lendenwirbelsäulenveränderungen auszuschließen. Auch Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord- oder Fließbandarbeit seien unzumutbar. Die geklagten, mehrfach vorbeschriebenen chronischen Schmerzen entsprächen den organischen Veränderungen an Lendenwirbelsäule und den neurophysiologisch objektivierten Nervenwurzelschädigungen, welche vor Jahren eingetreten seien. Zeichen einer akuten Schädigung lumbaler Nervenwurzeln ergäben sich hingegen nicht. Der Kläger sei deshalb nur unter mehrfach qualitativen Einschränkungen in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben, bei möglichem Wechsel der Körperposition. Außergewöhnliche Belastung, speziell Zeitdruckarbeiten, seien wegen der chronischen Schmerzen nicht zumutbar, ebenfalls keine Tätigkeiten im durchgehenden Sitzen, Stehen oder Gehen. Der Kläger hat Zweifel daran geäußert, dass PD Dr. W. seine Leistungsfähigkeit aufgrund der einmaligen Untersuchung beurteilen könne und auf seine mangelnde sprachliche Fähigkeit hingewiesen, sich insbesondere bezüglich seiner psychischen Erkrankung auszudrücken und zu artikulieren. Er hat eine Stellungnahme des PD Dr. W. dazu angeregt, wie sich das diagnostizierte algogene Psychosyndrom auf seine berufliche Leistungsfähigkeit auswirke und wandte bezüglich der von ihm eingenommenen starken Schmerzmittel ein, nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrteignung vom 1. Mai 2014 werde festgestellt, dass bei nachgewiesenen Intoxikationen und anderen Wirkungen von Arzneimitteln, die die Leistungsfähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs beeinträchtigten, bis zu deren völligem Abklingen die Voraussetzung zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen nicht gegeben sei. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22. Oktober 2015 hat sich PD Dr. W. zu den vom Kläger vorgebrachten Einwänden geäußert und ist bei seiner Leistungsbeurteilung geblieben.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im schriftlichen Verfahren entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu mit Schriftsatz vom 27. November 2015 bzw. 12. Januar 2016 ihr Einverständnis erklärt haben.
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und - gestützt auf das schlüssige Gutachten des Dr. K. - zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil er in der Lage ist, ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens 6 Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Auch aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren folgt nichts Anderes. Der Senat stützt sich bei dieser Einschätzung auf das schmerzmedizinische/neurologisch-psychiatrische Gutachten des PD Dr. W. vom 22. Juli 2015 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 22. Oktober 2015. PD Dr. W. hat sich ausführlich mit dem aktenkundigen Sachverhalt sowie den vom Kläger geschilderten Beschwerden beschäftigt und umfangreiche Untersuchungsbefunde erhoben. Er hat verschiedene qualitative Einschränkungen genannt, die der Kläger bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit beachten müsse, jedoch - in Übereinstimmung mit Dr. K. - eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bei qualitativen Einschränkungen im Falle der Inanspruchnahme einer zumutbaren und heute standardmäßigen Behandlung für möglich gehalten. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. PD Dr. W. hat nachvollziehbar dargelegt, dass sich in psychischer Hinsicht ein sog. algogenes Psychosyndrom, d.h. eine dysphorisch-depressive Verstimmung und Schlafstörungen durch ein anhaltendes Schmerzerleiden entwickelt hat, jedoch keine Zeichen einer schwergradigen Depression oder von Suizidalität vorliegen. Im psychischen Befund fanden sich keine Hinweise auf eine hirnorganische Schädigung oder eine primäre Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet; es zeigten sich auch keine Denkstörungen. PD Dr. W. hat in seinem Gutachten auch erkennbar die Auswirkungen des diagnostizierten algogenen Psychosyndroms berücksichtigt und daraus entsprechende qualitative Einschränkungen im Hinblick auf eine berufliche Tätigkeit abgeleitet. Demnach war hierzu eine weitere Stellungnahme des Sachverständigen – wie vom Kläger angeregt – nicht erforderlich. PD Dr. W. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme auch nochmals darauf hinwiesen, dass die Einnahme der empfohlenen Schmerzmedikamente nach der Einstellungsphase keine negativen Auswirkungen auf das Autofahren hätte. Der Senat hat daher keine Zweifel daran, dass der Kläger – nach entsprechender Einstellung auf die Schmerzmedikamente – die Wege zur Arbeit und zurück mit dem Auto zurücklegen kann. Aufgrund des von PD Dr. W. noch diagnostizieren Postnukleotomiesyndroms mit radikulären Syndromen L2, L3, L4 und L5 links mit einer erkennbaren Verschmächtigung der Oberschenkel- und Unterschenkelmuskulatur links und Sensibilitätsminderung sind dem Kläger nach Einschätzung von PD Dr. W. nachvollziehbar nur noch körperlich leichte Tätigkeiten mit den angeführten qualitativen Einschränkungen möglich. Hierzu nimmt der Senat ergänzend Bezug auf die Feststellungen des schlüssigen Fachgutachtens des Dr. K. Der Kläger ist demnach bei Beachtung der angegebenen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein und hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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