Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 205/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 5585/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. November 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neufeststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 30.
Der 1968 geborene Kläger ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Nach einer Lehre zum Kraftfahrzeugmechaniker in den 1980er Jahren übte er verschiedene Tätigkeiten in diesem Beruf aus. Von 2007 bis 2011 war er selbstständig tätig. Seit 2011 war er ausschließlich als Zeitungsausträger für die Südkurier GmbH Medienhaus beschäftigt.
Auf der Grundlage des Attestes des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Sch. vom 18. Mai 1988 und des Befundberichtes des Orthopäden Dr. H. vom 13. Januar 1988, wonach dieser beim Kläger Druckschmerzen im Bereich L5/S1 bei sagittaler Stoßbelastung mit Rotationsschmerz und im Verlauf des Ligamentum iliolumbale beidseits festgestellt habe, stellte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. September 1989 den GdB mit 20 ab 5. September 1989 fest. Dieser Verwaltungsentscheidung lag die versorgungsärztliche Einschätzung des Wirbelsäulenleidens mit einem GdB von 20 und der Neigung zu Mandel- und Magenschleimhautentzündungen mit einem GdB von 10 zugrunde.
Nach zwei erfolglosen Begehren des Klägers, den GdB vom Beklagten neu feststellen zu lassen (Bescheide vom 19. September 1996 und 8. Dezember 2000), verfolgte dieser sein Anliegen erneut mit Antrag vom 18. November 2011.
Der Beklagte hat einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie St. vom 2. Februar 2012 beigezogen, wonach ein Lendenwirbelsäulensyndrom, Myogelosen, Bewegungsstörungen, eine Spondylolisthesis im Bereich L5, eine Hyperlordose, ein Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 sowie eine Metarsalgie links und ein Pes planovalgus beidseits diagnostiziert wurden.
Daraufhin lehnte der Beklagte den Antrag mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21. März 2012 ab. Der Widerspruch wurde, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. J. von November 2012, mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2012 zurückgewiesen. Beim Kläger lägen Wirbelsäulenschäden mit mittelgradig funktionellen Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und damit nur in einem Wirbelsäulenabschnitt vor. Die Beschwerden träten im Abstand von Wochen bis Monaten auf und besserten sich in aller Regel bei manueller Therapie und Physiotherapie. Meist handele es sich um ein sensibles Ausfallsyndrom, bei dem die Motorik nicht beeinträchtigt sei.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 28. Dezember 2012 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 28. Januar 2013 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von dem Orthopäden St. und dem Facharzt für Innere Medizin Dr. R., dem Hausarzt des Klägers, eingeholt hat.
Der sachverständige Zeuge St. hat im März 2013 den Inhalt des bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Befundberichtes wiedergegeben.
Zudem hat er einen Befundbericht des Chefarztes des Zentrums für Wirbelsäulenchirurgie des SRH-Klinikums Karlsbad-Langensteinbach GmbH, dem Arzt für Orthopädie Dr. O., nach einer Untersuchung des Klägers am 14. März 2012 vorgelegt. Er habe eine lytische Olisthese im Bereich L5/S1 mit dem Verschiebungs-Grad II nach Meyerding, eine Chondrose im Bereich L4/5 und eine foraminale Enge im Bereich L5 beidseits diagnostiziert. Diese Gesundheitsstörungen seien auf einem vom Kläger mitgebrachten Magnetresonanztomogramm (MRT) der Lendenwirbelsäule zu sehen gewesen.
Ferner ist von ihm ein Befundbericht von Priv.-Doz. Dr. H., Facharzt für Neurochirurgie, nach einer Untersuchung des Klägers am 22. August 2011 übersandt worden. Er habe eine Spondylolisthesis im Bereich L5/S1 mit Grad I nach Meyerding mit intermittierend auftretendem radikulärem Schmerzsyndrom und einem sensiblen Ausfallsyndrom im Bereich L5 rechts diagnostiziert. Auf dem ihm vorgelegten MRT der Lendenwirbelsäule vom 9. Juli 2011 sei eine Spondylolisthesis im Segment L5/S1 mit Grad I nach Meyerding mit einer kleinen Osteochondrose und einer breitbasigen Bandscheibenprotrusion zu sehen gewesen. Die Neuroforamina in diesem Bereich seien mit rechtsseitiger Betonung beidseits eingeengt gewesen. Bei Versagen intensiver konservativer Therapiemaßnahmen käme prinzipiell eine Stabilisation mit dem Versuch einer Reposition in Frage.
Weiter hat er einen Bericht von Dr. H., Facharzt für Neurologie, beigelegt, wonach bei einer Konsultation am 1. August 2011 eine Spondylolisthesis im Bereich L5/S1 diagnostiziert worden ist. Bei der klinischen Untersuchung habe er keine radikulären Ausfälle feststellen können; es hätten sich weder motorische noch sensible Defizite gefunden. Bei rezidivierenden Schmerzen sollte nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen ein operatives Vorgehen zumindest mit entsprechenden Fachkolleginnen oder -kollegen diskutiert werden.
Der sachverständige Zeuge Dr. R. hat im Mai 2013 ausgeführt, er habe den Kläger ab November 2011 bis zuletzt Ende Januar 2013 unregelmäßig und in größeren Abständen behandelt. Ihm seien keine Funktionsbeeinträchtigungen bekannt. Die von ihm erhobenen Befunde stützten keinen GdB.
Er hat einen Befundbericht des in der Visceral-, Kinder- und Gefäßchirurgie des Klinikums Konstanz tätigen Assistenzarztes H. vom 18. Juni 2012 vorgelegt, der während eines stationären Aufenthaltes des Klägers vom 16. bis 19. Juni 2012 erstellt worden ist. Danach sind eine akute Appendizitis mit Perforation und eine gastroösophageale Refluxkrankheit diagnostiziert worden. Am 16. Juni 2012 sei eine laparoskopische Appendektomie vorgenommen worden. Der Kläger habe in einem guten postoperativen Allgemeinzustand mit reizlosen Wundverhältnissen entlassen werden können. Die vom behandelnden Hausarzt vorgenommene Medikation sei nicht geändert worden, insbesondere erfolge die Schmerzmedikation weiterhin bei Bedarf.
Das SG hat die Klage, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten, mit Gerichtsbescheid vom 26. November 2013 abgewiesen. Der angemessene GdB von 20 lasse sich allein auf die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule stützen. Ein höherer GdB wegen Magenbeschwerden oder des Zustandes nach Appendizitis lasse sich bereits deshalb nicht begründen, da es sich um Krankheitsbilder von vorübergehender Natur gehandelt habe.
Gegen die dem Bevollmächtigten des Klägers am 28. November 2013 zugegangene Entscheidung hat der Kläger am Montag, 30. Dezember 2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Dr. R. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt worden. Nach dessen ambulanter klinischer und radiologischer Untersuchung am 17. September 2014 hat er ausgeführt, das An- und Ausziehen im Untersuchungszimmer habe der Kläger selbstständig vorgenommen. Das Gangbild habe sich mit normaler Schrittlänge, wenn auch etwas verlangsamt, gezeigt. Der Kläger stehe an Werktagen um 1 Uhr auf und beginne ab etwa 2 Uhr damit, Zeitungen auszutragen. Dabei müsse er Pakete von zusammengebundenen Zeitungen in sein Kraftfahrzeug verlagern, wobei er die schweren Pakete aufteile, da er sie sonst nicht heben könne. Er müsse Strecken von maximal 30 m vom Auto bis zum jeweiligen Briefkasten zurücklegen. Die Tätigkeit dauere bis etwa 6:45 Uhr, dann kehre er nach Hause zurück und lege sich bis etwa 12 Uhr wieder schlafen. Danach versorge er mit seiner erwerbsunfähigen Ehefrau das jüngere Kind, welches zur Mittagszeit aus dem Kindergarten heimkomme. Bei der Inklination habe die Kinnspitze das Brustbein bis auf einen Abstand von 3 cm erreicht, bei der Reklination seien 18 cm gemessen worden. Der Finger-Boden-Abstand bei durchgedrückten Kniegelenken und vornüber geneigtem Rumpf habe 37 cm betragen. Der Langsitz sei nicht vollständig durchführbar gewesen, es fehlten 29 cm zum Erreichen der Fußspitzen. Für die Rumpfbeweglichkeit im Sitzen seien folgende Werte ermittelt worden: Seitneigen rechts/links 25-0-20° und Drehen rechts/links 30-0-30°. Das Ott´sche Maß an der Brustwirbelsäule habe 30/31,5 cm ergeben, das Schober´sche Maß an der Lendenwirbelsäule 10/11 cm.
An Befunden und Diagnosen lägen ein chronisch-degeneratives Wirbelsäulensyndrom mittelgradiger Ausprägung im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Wirbelgleiten und leichter Ausprägung im Bereich der Brustwirbelsäule bei Skoliose, der Verdacht auf ein beidseitiges Karpaltunnelsyndrom, eine Coxarthralgie beidseits ohne Funktionseinschränkung sowie eine Knicksenkfußdeformität ohne statische Beeinträchtigung vor. Die Gesundheitsstörung im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule sei glaubhaft und nachvollziehbar schmerzhaft und beeinträchtigend. Von einer derart instabilen unteren Wirbelsäule könnten Schmerzsyndrome ausgehen und das Gehen könne beeinträchtigt sein. Es liege ein Wirbelgleiten vor, welches ungünstigen Druck auf die sehr weit unten liegenden, nervalen Strukturen ausüben und neurologische Defizite mit Gefühlsstörungen oder Muskelschwächen hervorrufen könne. Der Kläger leide nach der Anamnese und der Aktenlage schon sehr lange an von der Wirbelsäule ausgehenden Schmerzen, weswegen schon verschiedene Untersuchungen und Therapien durchgeführt oder zumindest diskutiert worden seien. Einzig das chronisch-degenerative Wirbelsäulensyndrom mittelgradiger Ausprägung im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Wirbelgleiten und leichter Ausprägung im Bereich der Brustwirbelsäule bei Skoliose stützten allerdings einen GdB zwischen 20 und 30. Alle anderen Gesundheitsstörungen bedingten keinen messbaren GdB. Unzweifelhaft liege beim Kläger ein deutliches Wirbelgleiten des untersten Segmentes vor. Priv.-Doz. Dr. H. habe das Wirbelgleiten als Grad I nach Meyerding, Dr. O. demgegenüber als Grad II bewertet. Die Einschätzung nach Meyerding sei so vorzunehmen, dass bei einer Verschiebung bis 25 % der Wirbelkörperbreite ein Grad I vorliege, bis 50 % ein Grad II, bis 75 % ein Grad III und bei einer kompletten Verschiebung um eine ganze Wirbelkörperbreite ein Grad IV. Nach seiner Messung am Computer habe es sich um eine Verschiebung um 16 mm gehandelt, bei einer Gesamtbreite des Wirbelkörpers von 30 mm. Demzufolge sei der Grad II knapp erreicht gewesen. Das nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen aufgestellte Kriterium für eine Instabilität im Bereich der Wirbelsäule, wonach eine knöcherne foraminale Enge festgestellt sein müsse, sei nach dem MRT von Juli 2011 erfüllt. Hieraus erkläre sich auch das Wirbelsäulensyndrom im Bereich L5, welches bereits im Befundbericht von Priv.-Doz. Dr. H. ausdrücklich erwähnt worden sei. Der Neurologe Dr. H. habe Anfang August 2011 zwar keine motorischen oder sensiblen Defizite feststellen können, jedoch ein operatives Vorgehen zur Diskussion angeraten. Demzufolge sei ein Schmerzsyndrom anzunehmen, da zwei Ärzte zu einem operativen Vorgehen im Sinne einer Versteifungsoperation der Wirbelkörper, also einer Spondylodese, geraten hätten. Dies wäre sicherlich nicht bei einem neurochirurgisch harmlosen Befund ohne entsprechenden Leidensdruck des Klägers erfolgt. Ihm gegenüber habe dieser auch angegeben, deswegen in fachorthopädischer Behandlung gewesen zu sein. Zuletzt habe er vor sechs Wochen einen entsprechenden Facharzt aufgesucht. Daher sei von einem erneut progredienten Wirbelsäulensyndrom auszugehen. Nicht außer Acht gelassen werden könne zudem, dass eine skoliotische Verformung der Brustwirbelsäule vorliege. Es handele sich um eine s-förmige Skoliose, welche mit Cobb-Winkeln von 12° beziehungsweise 10° in einem Segment, also auf einer relativ kurzen Strecke, im mittleren Bereich liege und zwei gegensätzliche Verformungen innerhalb eines Wirbelsäulenabschnittes darstelle. Bei seiner Untersuchung habe der Kläger einen mittelgradigen Klopfschmerz angegeben. Die Beweglichkeitsmessungen des Finger-Boden-Abstandes sowie der Zeichen nach Schober und Ott hätten insgesamt erhöhte Werte ergeben. Daher halte er den GdB mit 20 in der Gesamtschau der Befunde als zu gering bewertet, angemessen sei ein solcher von 30. Für den höheren GdB spreche die von zwei Fachärzten für Neurochirurgie beziehungsweise Neurologie gestellte Indikation zu einer Operation sowie die neurologisch nachgewiesene Symptomatik im Bereich L5 mit Schmerzsyndromen, dagegen jedoch die bis Frühjahr 2014 nur spärlich in Anspruch genommene orthopädische Therapie. Seit Sommer 2014 sei dies wiederum anders gewesen. Eventuell könne eine erneute kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule vorgenommen und die dabei erhobenen Befunde mit denjenigen des MRT von Juli 2011 verglichen werden. Ergäben sich nunmehr progrediente, also zunehmende Schädigungs- und Kompressionszeichen, sei ganz sicher ein GdB von 30 gerechtfertigt.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, der Sachverständige Dr. R. stütze den von ihm begehrten GdB von 30. Im Jahre 2015 habe sich die Situation zudem dramatisch verschärft. Er knicke nun immer wieder um, da er in den unteren Extremitäten zeitweise überhaupt keine Empfindungen mehr habe.
Er beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. November 2013 und den Bescheid vom 21. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2012 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, bei ihm unter Abänderung des Bescheides vom 19. September 1989 einen Grad der Behinderung von mindestens 30 ab 18. November 2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, nach den vorliegenden Befunden lasse sich ein höherer GdB als 20 nicht stützen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist form- und am Montag, 30. Dezember 2013 noch fristgerecht (§ 151 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 3 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage zu Recht abgewiesen, soweit mit ihr die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des GdB mit mindestens 30 ab 18. November 2011 verfolgt worden ist. Der Kläger hat ab diesem Datum keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 20, wie ihn der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. September 1989 bereits festgestellt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch auf Neufeststellung des GdB mit mindestens 30 ab 18. November 2011 aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung desjenigen Gesundheitszustandes, der dem bestandskräftigen Bescheid vom 19. September 1989 zugrunde lag. Diesem Anspruch steht der Bescheid vom 21. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2012 entgegen, weil ihn das SG nicht zumindest teilweise aufgehoben hat. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34; vgl. auch BSG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 RVs 5/95 -, BSGE 79, 223 (225) zum selben Beurteilungszeitpunkt bei der isolierten Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung).
Grundlage für den Klageanspruch ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem Bescheid vom 19. September 1989 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). Demgegenüber wurden in Bezug auf die Höhe des GdB mit den Bescheiden vom 19. September 1996 und 8. Dezember 2000 keine Regelungen getroffen, die über den Zeitpunkt der Bekanntgabe hinaus Wirkung entfalten sollten (vgl. Schütze, a. a. O. § 48 Rz. 3 und § 45 Rz. 63), weshalb diese lediglich punktuelle Entscheidungen gewesen sind. In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 19. September 1989 vorlagen, ist indes keine wesentliche Änderung eingetreten. Die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers bedingen ab 18. November 2011 keinen Gesamt-GdB von wenigstens 30.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers ab 18. November 2011 bis aktuell keinen höheren als den bereits mit Bescheid vom 19. September 1989 festgestellten GdB von 20 begründen.
Die beim Kläger wegen der Gesundheitsstörungen insbesondere an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen sind auch nach dem 17. November 2011 mit einem Gesamt-GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen (VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender sein als eine Versteifung. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen.
Das Funktionssystem "Rumpf" hat einen Teil-GdB von 20 zur Folge. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein.
Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Der Kläger leidet an einem chronisch-rezidivierenden Wirbelsäulensyndrom mittelgradiger Ausprägung im Bereich der Lendenwirbelsäule, bei einem Wirbelgleiten, welches aufgrund des am 9. Juli 2011 von dem Arzt für Diagnostische Radiologie Dr. K. erstellten MRT der Lendenwirbelsäule im Grad II nach Meyerding nachgewiesen ist. Hinzu kommt ein chronisch-rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom leichter Ausprägung im Bereich der Brustwirbelsäule, bei skoliotischer Verformung dieses Wirbelsäulenabschnittes. Hierbei handelt es sich um eine s-förmige Skoliose, welche mit Cobb-Winkeln von 12° beziehungsweise 10° innerhalb einer relativ kurzen Strecke im mittleren Bereich liegt und zwei gegensätzliche Verformungen innerhalb eines Wirbelsäulenabschnittes beinhaltet. Hierfür stützt sich der Senat auf die schlüssige Bewertung durch den Sachverständigen Dr. R., der nachvollziehbar an den in den Akten enthaltenen medizinischen Befundunterlagen anknüpft. Eine Spondylolisthesis im Segment L5/S1, weshalb das betroffene Wirbelgelenk instabil ist und sich leicht verschiebt, haben bereits der sachverständige Zeuge St., Dr. O., Priv.-Doz. Dr. H. und Dr. H. diagnostiziert. Aufgrund der gezielten gutachterlichen Bewertung durch Dr. R., der anhand des MRT der Lendenwirbelsäule von Juli 2011 selbst am Computer eine Messung vorgenommen hat, geht der Senat, trotz der anderen Einschätzungen von Dr. K., der das MRT erststellt hat, und Priv.-Doz. Dr. H., die von einem Grad I ausgegangen sind, ab dem Zeitpunkt der Erstellung dieses bildgebenden Materials und damit auch ab dem Tag des vom Kläger zuletzt gestellten Neufeststellungsantrages von einem Verschiebungsgrad II nach Meyerding aus. Nach der Auswertung des Sachverständigen hat es sich um eine Verschiebung um 16 mm gehandelt, bei einer Gesamtbreite des Wirbelkörpers von 30 mm also um mehr als die Hälfte, wodurch das Kriterium für diese Ausprägung erfüllt ist. Dr. O. hat diesem bildgebenden Material ebenfalls dieses Ausmaß entnommen.
Hieraus resultieren mittelgradige funktionelle Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und geringe im Bereich der Brustwirbelsäule, die sich nach dem von Dr. R. erhobenen klinischen Untersuchungsbefund haben objektivieren lassen. Der Kinn-Jugulum-Abstand betrug bei maximaler Inklination und Reklination 3/18 cm (Referenzwerte: 0/18 cm). Die Rumpfbeweglichkeit im Sitzen wurde nach der Neutral-0-Methode wie folgt festgestellt: Seitneigen rechts/links 25-0-20° (Referenzwerte: 30 bis 40-0-30 bis 40°; vgl. hierzu und zu den folgenden Referenzwerten Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff.) und Drehen rechts/links 30-0-30° (30-0-30°). Der vom Kläger aktiv eingenommene Finger-Boden-Abstand, der mit 37 cm gemessen wurde, relativiert sich durch den gemessenen Abstand zwischen den Fingern und den Zehen, der auf der Untersuchungsliege mit 29 cm ermittelt wurde. Die zwar eingeschränkte, aber noch erhaltene Beweglichkeit der Wirbelsäule zeigte sich auch anhand des Ott´schen Zeichens mit 30/31,5 cm (Zunahme um 2 bis 4 cm) und des Schober´schen Zeichens mit 10/11 cm (Zunahme um 5 cm). Hierzu passt der sonstige klinische Befund, wonach das Entkleiden und Anziehen im Untersuchungszimmer immerhin noch selbstständig erfolgte. Das verlangsamte Gangbild zeigte sich mit normaler Schrittlänge. Zudem ist es dem Kläger möglich, werktäglich fast fünf Stunden am Stück seiner beruflichen Tätigkeit als Zeitungsausträger nachzugehen, wobei er hierbei einen Personenkraftwagen einsetzt und lediglich Gehstrecken von maximal 30 m am Stück zurückzulegen hat.
Diese nachgewiesenen gering- und mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten rechtfertigen für das Funktionssystem "Rumpf" nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 keinen höheren Teil-GdB als 20. Der Neurologe Dr. H. hat Anfang August 2011 beim Kläger weder motorische noch sensible Defizite festgestellt, eine radikuläre Symptomatik fehlt folglich. Außergewöhnliche Schmerzen, die zusätzlich Berücksichtigung finden könnten (VG, Teil A, Nr. 2 j; vgl. Urteil des Senats vom 26. Februar 2015 - L 6 SB 2969/14 -, juris, Rz. 56), liegen mangels Einnahme von Schmerzmitteln, die den Opiaten oder ihren Derivaten zuzuordnen sind, oder einer stattgehabten intensiven, insbesondere stationären Schmerztherapie nicht vor. Zuletzt belegt ist, dass der Kläger lediglich bei Bedarf, also nicht regelmäßig, Schmerzmittel einnimmt. Dies ergibt sich nach dem Befundbericht des Assistenzarztes H. vom 18. Juni 2012, wonach die vom behandelnden Hausarzt vorgenommene Medikation nicht geändert worden, insbesondere die Schmerzmedikation weiterhin nur bei Bedarf erfolgt ist. Die beim Kläger auftretenden Schmerzen sind daher üblicherweise mit den bei ihm vorhandenen Gesundheitsstörungen verbunden und bereits in den GdB-Tabellenwerten mit enthalten. Der Annahme eines Schmerzsyndroms von Dr. R. aufgrund des Anratens von zwei Fachärzten auf neurochirurgischem und neurologischem Fachgebiet zu einem operativen Vorgehen steht entgegen, dass selbst eine stattgehabte Operation an der Wirbelsäule für sich allein nicht GdB-relevant ist (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.1). Da hierauf dessen Einschätzung des Teil-GdB für dieses Funktionssystem mit 30 fußt, ist sie nicht hinreichend untermauert. Da mittels bildgebender Verfahren festgestellte Veränderungen allein nicht die Annahme eines GdB rechtfertigen (VG, Teil B, Nr. 18.1), hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, die Anregung von Dr. R. aufzugreifen und eine erneute kernspintomographische Untersuchung des Klägers zu veranlassen, um die dabei erhobenen Befunde mit denjenigen des MRT von Juli 2011 zu vergleichen. Die Funktion der Hüftgelenke, die zu diesem Funktionssystem zählen, ist trotz der vorhandenen Coxarthralgie beidseits ferner frei gewesen, so dass der GdB auch nicht deswegen höher zu bewerten ist.
Nach den Ausführungen von Dr. R. ist lediglich der Verdacht auf ein beidseitiges Karpaltunnelsyndrom geäußert worden, weshalb für das Funktionssystem "Arme" bereits keine Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, aus der Funktionsstörungen resultieren könnten (vgl. Urteil des Senats vom 17. Dezember 2015 - L 6 VS 2234/15 -, S. 13 f. des Umdrucks, nicht veröffentlicht). Das Funktionssystem "Beine" hat ebenfalls keinen GdB messbaren Grades zur Folge, nachdem mit der Knicksenkfußdeformität keine statische Beeinträchtigung einhergegangen ist, wie Dr. R. nach seiner gutachterlichen Untersuchung objektiviert hat. Wegen der bloßen Behauptung des Klägers, die Situation habe sich 2015 dramatisch verschärft, er knicke nun immer wieder um, da er in den unteren Extremitäten zeitweise überhaupt keine Empfindungen mehr habe, hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, weitere Ermittlungen anzustellen. Es erklärt sich bereits nicht der Zusammenhang zwischen den behaupteten Empfindungsstörungen und der dargelegten Funktionsstörung. Darüber hinaus hat der Kläger nicht mitgeteilt, in welcher konkreten Häufigkeit das Wegknicken auftritt sowie ob, und gegebenenfalls wo, er sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben hat. Somit fehlt es an einem konkreten Hinweis auf eine zu objektivierende behinderungsbedingte Funktionseinschränkung, die allein für einen GdB von Bedeutung ist. Die noch von dem sachverständigen Zeugen St. diagnostizierte Metarsalgie hat zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. R. mangels Erwähnung im Gutachten zumindest keine Funktionsstörungen mehr hervorgerufen.
Auch sonst sind keine mit einem höheren GdB als 10 zu bewertende Gesundheitsstörungen nachgewiesen, die überhaupt geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen, zumal der sachverständige Zeuge Dr. R., Facharzt für Innere Medizin und Hausarzt des Klägers, angegeben hat, die von ihm zuletzt Ende Januar 2013 erhobenen Befunde stützten keinen GdB. In Bezug auf die in der Visceral-, Kinder- und Gefäßchirurgie des Klinikums Konstanz diagnostizierte gastroösophageale Refluxkrankheit sind weder von dem Assistenzarzt H. noch von Dr. R. anhaltende Refluxbeschwerden im Sinne der VG, Teil B, Nr. 10.1 beschrieben worden. Die akute Appendizitis wurde umgehend mittels laparoskopischer Appendektomie behandelt und der Kläger bereits am dritten Tag nach dem Eingriff in einem guten postoperativen Allgemeinzustand und mit reizlosen Wundverhältnissen entlassen, weshalb die körperliche Funktion in diesem Bereich nicht länger als sechs Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand abgewichen ist und damit bereits keine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorgelegen hat.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB beträgt dieser auch nach dem 17. November 2011 weiterhin 20.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neufeststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 30.
Der 1968 geborene Kläger ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Nach einer Lehre zum Kraftfahrzeugmechaniker in den 1980er Jahren übte er verschiedene Tätigkeiten in diesem Beruf aus. Von 2007 bis 2011 war er selbstständig tätig. Seit 2011 war er ausschließlich als Zeitungsausträger für die Südkurier GmbH Medienhaus beschäftigt.
Auf der Grundlage des Attestes des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Sch. vom 18. Mai 1988 und des Befundberichtes des Orthopäden Dr. H. vom 13. Januar 1988, wonach dieser beim Kläger Druckschmerzen im Bereich L5/S1 bei sagittaler Stoßbelastung mit Rotationsschmerz und im Verlauf des Ligamentum iliolumbale beidseits festgestellt habe, stellte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. September 1989 den GdB mit 20 ab 5. September 1989 fest. Dieser Verwaltungsentscheidung lag die versorgungsärztliche Einschätzung des Wirbelsäulenleidens mit einem GdB von 20 und der Neigung zu Mandel- und Magenschleimhautentzündungen mit einem GdB von 10 zugrunde.
Nach zwei erfolglosen Begehren des Klägers, den GdB vom Beklagten neu feststellen zu lassen (Bescheide vom 19. September 1996 und 8. Dezember 2000), verfolgte dieser sein Anliegen erneut mit Antrag vom 18. November 2011.
Der Beklagte hat einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie St. vom 2. Februar 2012 beigezogen, wonach ein Lendenwirbelsäulensyndrom, Myogelosen, Bewegungsstörungen, eine Spondylolisthesis im Bereich L5, eine Hyperlordose, ein Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 sowie eine Metarsalgie links und ein Pes planovalgus beidseits diagnostiziert wurden.
Daraufhin lehnte der Beklagte den Antrag mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21. März 2012 ab. Der Widerspruch wurde, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. J. von November 2012, mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2012 zurückgewiesen. Beim Kläger lägen Wirbelsäulenschäden mit mittelgradig funktionellen Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und damit nur in einem Wirbelsäulenabschnitt vor. Die Beschwerden träten im Abstand von Wochen bis Monaten auf und besserten sich in aller Regel bei manueller Therapie und Physiotherapie. Meist handele es sich um ein sensibles Ausfallsyndrom, bei dem die Motorik nicht beeinträchtigt sei.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 28. Dezember 2012 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 28. Januar 2013 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von dem Orthopäden St. und dem Facharzt für Innere Medizin Dr. R., dem Hausarzt des Klägers, eingeholt hat.
Der sachverständige Zeuge St. hat im März 2013 den Inhalt des bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Befundberichtes wiedergegeben.
Zudem hat er einen Befundbericht des Chefarztes des Zentrums für Wirbelsäulenchirurgie des SRH-Klinikums Karlsbad-Langensteinbach GmbH, dem Arzt für Orthopädie Dr. O., nach einer Untersuchung des Klägers am 14. März 2012 vorgelegt. Er habe eine lytische Olisthese im Bereich L5/S1 mit dem Verschiebungs-Grad II nach Meyerding, eine Chondrose im Bereich L4/5 und eine foraminale Enge im Bereich L5 beidseits diagnostiziert. Diese Gesundheitsstörungen seien auf einem vom Kläger mitgebrachten Magnetresonanztomogramm (MRT) der Lendenwirbelsäule zu sehen gewesen.
Ferner ist von ihm ein Befundbericht von Priv.-Doz. Dr. H., Facharzt für Neurochirurgie, nach einer Untersuchung des Klägers am 22. August 2011 übersandt worden. Er habe eine Spondylolisthesis im Bereich L5/S1 mit Grad I nach Meyerding mit intermittierend auftretendem radikulärem Schmerzsyndrom und einem sensiblen Ausfallsyndrom im Bereich L5 rechts diagnostiziert. Auf dem ihm vorgelegten MRT der Lendenwirbelsäule vom 9. Juli 2011 sei eine Spondylolisthesis im Segment L5/S1 mit Grad I nach Meyerding mit einer kleinen Osteochondrose und einer breitbasigen Bandscheibenprotrusion zu sehen gewesen. Die Neuroforamina in diesem Bereich seien mit rechtsseitiger Betonung beidseits eingeengt gewesen. Bei Versagen intensiver konservativer Therapiemaßnahmen käme prinzipiell eine Stabilisation mit dem Versuch einer Reposition in Frage.
Weiter hat er einen Bericht von Dr. H., Facharzt für Neurologie, beigelegt, wonach bei einer Konsultation am 1. August 2011 eine Spondylolisthesis im Bereich L5/S1 diagnostiziert worden ist. Bei der klinischen Untersuchung habe er keine radikulären Ausfälle feststellen können; es hätten sich weder motorische noch sensible Defizite gefunden. Bei rezidivierenden Schmerzen sollte nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen ein operatives Vorgehen zumindest mit entsprechenden Fachkolleginnen oder -kollegen diskutiert werden.
Der sachverständige Zeuge Dr. R. hat im Mai 2013 ausgeführt, er habe den Kläger ab November 2011 bis zuletzt Ende Januar 2013 unregelmäßig und in größeren Abständen behandelt. Ihm seien keine Funktionsbeeinträchtigungen bekannt. Die von ihm erhobenen Befunde stützten keinen GdB.
Er hat einen Befundbericht des in der Visceral-, Kinder- und Gefäßchirurgie des Klinikums Konstanz tätigen Assistenzarztes H. vom 18. Juni 2012 vorgelegt, der während eines stationären Aufenthaltes des Klägers vom 16. bis 19. Juni 2012 erstellt worden ist. Danach sind eine akute Appendizitis mit Perforation und eine gastroösophageale Refluxkrankheit diagnostiziert worden. Am 16. Juni 2012 sei eine laparoskopische Appendektomie vorgenommen worden. Der Kläger habe in einem guten postoperativen Allgemeinzustand mit reizlosen Wundverhältnissen entlassen werden können. Die vom behandelnden Hausarzt vorgenommene Medikation sei nicht geändert worden, insbesondere erfolge die Schmerzmedikation weiterhin bei Bedarf.
Das SG hat die Klage, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten, mit Gerichtsbescheid vom 26. November 2013 abgewiesen. Der angemessene GdB von 20 lasse sich allein auf die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule stützen. Ein höherer GdB wegen Magenbeschwerden oder des Zustandes nach Appendizitis lasse sich bereits deshalb nicht begründen, da es sich um Krankheitsbilder von vorübergehender Natur gehandelt habe.
Gegen die dem Bevollmächtigten des Klägers am 28. November 2013 zugegangene Entscheidung hat der Kläger am Montag, 30. Dezember 2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Dr. R. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt worden. Nach dessen ambulanter klinischer und radiologischer Untersuchung am 17. September 2014 hat er ausgeführt, das An- und Ausziehen im Untersuchungszimmer habe der Kläger selbstständig vorgenommen. Das Gangbild habe sich mit normaler Schrittlänge, wenn auch etwas verlangsamt, gezeigt. Der Kläger stehe an Werktagen um 1 Uhr auf und beginne ab etwa 2 Uhr damit, Zeitungen auszutragen. Dabei müsse er Pakete von zusammengebundenen Zeitungen in sein Kraftfahrzeug verlagern, wobei er die schweren Pakete aufteile, da er sie sonst nicht heben könne. Er müsse Strecken von maximal 30 m vom Auto bis zum jeweiligen Briefkasten zurücklegen. Die Tätigkeit dauere bis etwa 6:45 Uhr, dann kehre er nach Hause zurück und lege sich bis etwa 12 Uhr wieder schlafen. Danach versorge er mit seiner erwerbsunfähigen Ehefrau das jüngere Kind, welches zur Mittagszeit aus dem Kindergarten heimkomme. Bei der Inklination habe die Kinnspitze das Brustbein bis auf einen Abstand von 3 cm erreicht, bei der Reklination seien 18 cm gemessen worden. Der Finger-Boden-Abstand bei durchgedrückten Kniegelenken und vornüber geneigtem Rumpf habe 37 cm betragen. Der Langsitz sei nicht vollständig durchführbar gewesen, es fehlten 29 cm zum Erreichen der Fußspitzen. Für die Rumpfbeweglichkeit im Sitzen seien folgende Werte ermittelt worden: Seitneigen rechts/links 25-0-20° und Drehen rechts/links 30-0-30°. Das Ott´sche Maß an der Brustwirbelsäule habe 30/31,5 cm ergeben, das Schober´sche Maß an der Lendenwirbelsäule 10/11 cm.
An Befunden und Diagnosen lägen ein chronisch-degeneratives Wirbelsäulensyndrom mittelgradiger Ausprägung im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Wirbelgleiten und leichter Ausprägung im Bereich der Brustwirbelsäule bei Skoliose, der Verdacht auf ein beidseitiges Karpaltunnelsyndrom, eine Coxarthralgie beidseits ohne Funktionseinschränkung sowie eine Knicksenkfußdeformität ohne statische Beeinträchtigung vor. Die Gesundheitsstörung im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule sei glaubhaft und nachvollziehbar schmerzhaft und beeinträchtigend. Von einer derart instabilen unteren Wirbelsäule könnten Schmerzsyndrome ausgehen und das Gehen könne beeinträchtigt sein. Es liege ein Wirbelgleiten vor, welches ungünstigen Druck auf die sehr weit unten liegenden, nervalen Strukturen ausüben und neurologische Defizite mit Gefühlsstörungen oder Muskelschwächen hervorrufen könne. Der Kläger leide nach der Anamnese und der Aktenlage schon sehr lange an von der Wirbelsäule ausgehenden Schmerzen, weswegen schon verschiedene Untersuchungen und Therapien durchgeführt oder zumindest diskutiert worden seien. Einzig das chronisch-degenerative Wirbelsäulensyndrom mittelgradiger Ausprägung im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Wirbelgleiten und leichter Ausprägung im Bereich der Brustwirbelsäule bei Skoliose stützten allerdings einen GdB zwischen 20 und 30. Alle anderen Gesundheitsstörungen bedingten keinen messbaren GdB. Unzweifelhaft liege beim Kläger ein deutliches Wirbelgleiten des untersten Segmentes vor. Priv.-Doz. Dr. H. habe das Wirbelgleiten als Grad I nach Meyerding, Dr. O. demgegenüber als Grad II bewertet. Die Einschätzung nach Meyerding sei so vorzunehmen, dass bei einer Verschiebung bis 25 % der Wirbelkörperbreite ein Grad I vorliege, bis 50 % ein Grad II, bis 75 % ein Grad III und bei einer kompletten Verschiebung um eine ganze Wirbelkörperbreite ein Grad IV. Nach seiner Messung am Computer habe es sich um eine Verschiebung um 16 mm gehandelt, bei einer Gesamtbreite des Wirbelkörpers von 30 mm. Demzufolge sei der Grad II knapp erreicht gewesen. Das nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen aufgestellte Kriterium für eine Instabilität im Bereich der Wirbelsäule, wonach eine knöcherne foraminale Enge festgestellt sein müsse, sei nach dem MRT von Juli 2011 erfüllt. Hieraus erkläre sich auch das Wirbelsäulensyndrom im Bereich L5, welches bereits im Befundbericht von Priv.-Doz. Dr. H. ausdrücklich erwähnt worden sei. Der Neurologe Dr. H. habe Anfang August 2011 zwar keine motorischen oder sensiblen Defizite feststellen können, jedoch ein operatives Vorgehen zur Diskussion angeraten. Demzufolge sei ein Schmerzsyndrom anzunehmen, da zwei Ärzte zu einem operativen Vorgehen im Sinne einer Versteifungsoperation der Wirbelkörper, also einer Spondylodese, geraten hätten. Dies wäre sicherlich nicht bei einem neurochirurgisch harmlosen Befund ohne entsprechenden Leidensdruck des Klägers erfolgt. Ihm gegenüber habe dieser auch angegeben, deswegen in fachorthopädischer Behandlung gewesen zu sein. Zuletzt habe er vor sechs Wochen einen entsprechenden Facharzt aufgesucht. Daher sei von einem erneut progredienten Wirbelsäulensyndrom auszugehen. Nicht außer Acht gelassen werden könne zudem, dass eine skoliotische Verformung der Brustwirbelsäule vorliege. Es handele sich um eine s-förmige Skoliose, welche mit Cobb-Winkeln von 12° beziehungsweise 10° in einem Segment, also auf einer relativ kurzen Strecke, im mittleren Bereich liege und zwei gegensätzliche Verformungen innerhalb eines Wirbelsäulenabschnittes darstelle. Bei seiner Untersuchung habe der Kläger einen mittelgradigen Klopfschmerz angegeben. Die Beweglichkeitsmessungen des Finger-Boden-Abstandes sowie der Zeichen nach Schober und Ott hätten insgesamt erhöhte Werte ergeben. Daher halte er den GdB mit 20 in der Gesamtschau der Befunde als zu gering bewertet, angemessen sei ein solcher von 30. Für den höheren GdB spreche die von zwei Fachärzten für Neurochirurgie beziehungsweise Neurologie gestellte Indikation zu einer Operation sowie die neurologisch nachgewiesene Symptomatik im Bereich L5 mit Schmerzsyndromen, dagegen jedoch die bis Frühjahr 2014 nur spärlich in Anspruch genommene orthopädische Therapie. Seit Sommer 2014 sei dies wiederum anders gewesen. Eventuell könne eine erneute kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule vorgenommen und die dabei erhobenen Befunde mit denjenigen des MRT von Juli 2011 verglichen werden. Ergäben sich nunmehr progrediente, also zunehmende Schädigungs- und Kompressionszeichen, sei ganz sicher ein GdB von 30 gerechtfertigt.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, der Sachverständige Dr. R. stütze den von ihm begehrten GdB von 30. Im Jahre 2015 habe sich die Situation zudem dramatisch verschärft. Er knicke nun immer wieder um, da er in den unteren Extremitäten zeitweise überhaupt keine Empfindungen mehr habe.
Er beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. November 2013 und den Bescheid vom 21. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2012 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, bei ihm unter Abänderung des Bescheides vom 19. September 1989 einen Grad der Behinderung von mindestens 30 ab 18. November 2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, nach den vorliegenden Befunden lasse sich ein höherer GdB als 20 nicht stützen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist form- und am Montag, 30. Dezember 2013 noch fristgerecht (§ 151 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 3 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage zu Recht abgewiesen, soweit mit ihr die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des GdB mit mindestens 30 ab 18. November 2011 verfolgt worden ist. Der Kläger hat ab diesem Datum keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 20, wie ihn der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. September 1989 bereits festgestellt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch auf Neufeststellung des GdB mit mindestens 30 ab 18. November 2011 aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung desjenigen Gesundheitszustandes, der dem bestandskräftigen Bescheid vom 19. September 1989 zugrunde lag. Diesem Anspruch steht der Bescheid vom 21. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2012 entgegen, weil ihn das SG nicht zumindest teilweise aufgehoben hat. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34; vgl. auch BSG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 RVs 5/95 -, BSGE 79, 223 (225) zum selben Beurteilungszeitpunkt bei der isolierten Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung).
Grundlage für den Klageanspruch ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem Bescheid vom 19. September 1989 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). Demgegenüber wurden in Bezug auf die Höhe des GdB mit den Bescheiden vom 19. September 1996 und 8. Dezember 2000 keine Regelungen getroffen, die über den Zeitpunkt der Bekanntgabe hinaus Wirkung entfalten sollten (vgl. Schütze, a. a. O. § 48 Rz. 3 und § 45 Rz. 63), weshalb diese lediglich punktuelle Entscheidungen gewesen sind. In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 19. September 1989 vorlagen, ist indes keine wesentliche Änderung eingetreten. Die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers bedingen ab 18. November 2011 keinen Gesamt-GdB von wenigstens 30.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers ab 18. November 2011 bis aktuell keinen höheren als den bereits mit Bescheid vom 19. September 1989 festgestellten GdB von 20 begründen.
Die beim Kläger wegen der Gesundheitsstörungen insbesondere an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen sind auch nach dem 17. November 2011 mit einem Gesamt-GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen (VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender sein als eine Versteifung. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen.
Das Funktionssystem "Rumpf" hat einen Teil-GdB von 20 zur Folge. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein.
Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Der Kläger leidet an einem chronisch-rezidivierenden Wirbelsäulensyndrom mittelgradiger Ausprägung im Bereich der Lendenwirbelsäule, bei einem Wirbelgleiten, welches aufgrund des am 9. Juli 2011 von dem Arzt für Diagnostische Radiologie Dr. K. erstellten MRT der Lendenwirbelsäule im Grad II nach Meyerding nachgewiesen ist. Hinzu kommt ein chronisch-rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom leichter Ausprägung im Bereich der Brustwirbelsäule, bei skoliotischer Verformung dieses Wirbelsäulenabschnittes. Hierbei handelt es sich um eine s-förmige Skoliose, welche mit Cobb-Winkeln von 12° beziehungsweise 10° innerhalb einer relativ kurzen Strecke im mittleren Bereich liegt und zwei gegensätzliche Verformungen innerhalb eines Wirbelsäulenabschnittes beinhaltet. Hierfür stützt sich der Senat auf die schlüssige Bewertung durch den Sachverständigen Dr. R., der nachvollziehbar an den in den Akten enthaltenen medizinischen Befundunterlagen anknüpft. Eine Spondylolisthesis im Segment L5/S1, weshalb das betroffene Wirbelgelenk instabil ist und sich leicht verschiebt, haben bereits der sachverständige Zeuge St., Dr. O., Priv.-Doz. Dr. H. und Dr. H. diagnostiziert. Aufgrund der gezielten gutachterlichen Bewertung durch Dr. R., der anhand des MRT der Lendenwirbelsäule von Juli 2011 selbst am Computer eine Messung vorgenommen hat, geht der Senat, trotz der anderen Einschätzungen von Dr. K., der das MRT erststellt hat, und Priv.-Doz. Dr. H., die von einem Grad I ausgegangen sind, ab dem Zeitpunkt der Erstellung dieses bildgebenden Materials und damit auch ab dem Tag des vom Kläger zuletzt gestellten Neufeststellungsantrages von einem Verschiebungsgrad II nach Meyerding aus. Nach der Auswertung des Sachverständigen hat es sich um eine Verschiebung um 16 mm gehandelt, bei einer Gesamtbreite des Wirbelkörpers von 30 mm also um mehr als die Hälfte, wodurch das Kriterium für diese Ausprägung erfüllt ist. Dr. O. hat diesem bildgebenden Material ebenfalls dieses Ausmaß entnommen.
Hieraus resultieren mittelgradige funktionelle Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und geringe im Bereich der Brustwirbelsäule, die sich nach dem von Dr. R. erhobenen klinischen Untersuchungsbefund haben objektivieren lassen. Der Kinn-Jugulum-Abstand betrug bei maximaler Inklination und Reklination 3/18 cm (Referenzwerte: 0/18 cm). Die Rumpfbeweglichkeit im Sitzen wurde nach der Neutral-0-Methode wie folgt festgestellt: Seitneigen rechts/links 25-0-20° (Referenzwerte: 30 bis 40-0-30 bis 40°; vgl. hierzu und zu den folgenden Referenzwerten Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff.) und Drehen rechts/links 30-0-30° (30-0-30°). Der vom Kläger aktiv eingenommene Finger-Boden-Abstand, der mit 37 cm gemessen wurde, relativiert sich durch den gemessenen Abstand zwischen den Fingern und den Zehen, der auf der Untersuchungsliege mit 29 cm ermittelt wurde. Die zwar eingeschränkte, aber noch erhaltene Beweglichkeit der Wirbelsäule zeigte sich auch anhand des Ott´schen Zeichens mit 30/31,5 cm (Zunahme um 2 bis 4 cm) und des Schober´schen Zeichens mit 10/11 cm (Zunahme um 5 cm). Hierzu passt der sonstige klinische Befund, wonach das Entkleiden und Anziehen im Untersuchungszimmer immerhin noch selbstständig erfolgte. Das verlangsamte Gangbild zeigte sich mit normaler Schrittlänge. Zudem ist es dem Kläger möglich, werktäglich fast fünf Stunden am Stück seiner beruflichen Tätigkeit als Zeitungsausträger nachzugehen, wobei er hierbei einen Personenkraftwagen einsetzt und lediglich Gehstrecken von maximal 30 m am Stück zurückzulegen hat.
Diese nachgewiesenen gering- und mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten rechtfertigen für das Funktionssystem "Rumpf" nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 keinen höheren Teil-GdB als 20. Der Neurologe Dr. H. hat Anfang August 2011 beim Kläger weder motorische noch sensible Defizite festgestellt, eine radikuläre Symptomatik fehlt folglich. Außergewöhnliche Schmerzen, die zusätzlich Berücksichtigung finden könnten (VG, Teil A, Nr. 2 j; vgl. Urteil des Senats vom 26. Februar 2015 - L 6 SB 2969/14 -, juris, Rz. 56), liegen mangels Einnahme von Schmerzmitteln, die den Opiaten oder ihren Derivaten zuzuordnen sind, oder einer stattgehabten intensiven, insbesondere stationären Schmerztherapie nicht vor. Zuletzt belegt ist, dass der Kläger lediglich bei Bedarf, also nicht regelmäßig, Schmerzmittel einnimmt. Dies ergibt sich nach dem Befundbericht des Assistenzarztes H. vom 18. Juni 2012, wonach die vom behandelnden Hausarzt vorgenommene Medikation nicht geändert worden, insbesondere die Schmerzmedikation weiterhin nur bei Bedarf erfolgt ist. Die beim Kläger auftretenden Schmerzen sind daher üblicherweise mit den bei ihm vorhandenen Gesundheitsstörungen verbunden und bereits in den GdB-Tabellenwerten mit enthalten. Der Annahme eines Schmerzsyndroms von Dr. R. aufgrund des Anratens von zwei Fachärzten auf neurochirurgischem und neurologischem Fachgebiet zu einem operativen Vorgehen steht entgegen, dass selbst eine stattgehabte Operation an der Wirbelsäule für sich allein nicht GdB-relevant ist (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.1). Da hierauf dessen Einschätzung des Teil-GdB für dieses Funktionssystem mit 30 fußt, ist sie nicht hinreichend untermauert. Da mittels bildgebender Verfahren festgestellte Veränderungen allein nicht die Annahme eines GdB rechtfertigen (VG, Teil B, Nr. 18.1), hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, die Anregung von Dr. R. aufzugreifen und eine erneute kernspintomographische Untersuchung des Klägers zu veranlassen, um die dabei erhobenen Befunde mit denjenigen des MRT von Juli 2011 zu vergleichen. Die Funktion der Hüftgelenke, die zu diesem Funktionssystem zählen, ist trotz der vorhandenen Coxarthralgie beidseits ferner frei gewesen, so dass der GdB auch nicht deswegen höher zu bewerten ist.
Nach den Ausführungen von Dr. R. ist lediglich der Verdacht auf ein beidseitiges Karpaltunnelsyndrom geäußert worden, weshalb für das Funktionssystem "Arme" bereits keine Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, aus der Funktionsstörungen resultieren könnten (vgl. Urteil des Senats vom 17. Dezember 2015 - L 6 VS 2234/15 -, S. 13 f. des Umdrucks, nicht veröffentlicht). Das Funktionssystem "Beine" hat ebenfalls keinen GdB messbaren Grades zur Folge, nachdem mit der Knicksenkfußdeformität keine statische Beeinträchtigung einhergegangen ist, wie Dr. R. nach seiner gutachterlichen Untersuchung objektiviert hat. Wegen der bloßen Behauptung des Klägers, die Situation habe sich 2015 dramatisch verschärft, er knicke nun immer wieder um, da er in den unteren Extremitäten zeitweise überhaupt keine Empfindungen mehr habe, hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, weitere Ermittlungen anzustellen. Es erklärt sich bereits nicht der Zusammenhang zwischen den behaupteten Empfindungsstörungen und der dargelegten Funktionsstörung. Darüber hinaus hat der Kläger nicht mitgeteilt, in welcher konkreten Häufigkeit das Wegknicken auftritt sowie ob, und gegebenenfalls wo, er sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben hat. Somit fehlt es an einem konkreten Hinweis auf eine zu objektivierende behinderungsbedingte Funktionseinschränkung, die allein für einen GdB von Bedeutung ist. Die noch von dem sachverständigen Zeugen St. diagnostizierte Metarsalgie hat zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. R. mangels Erwähnung im Gutachten zumindest keine Funktionsstörungen mehr hervorgerufen.
Auch sonst sind keine mit einem höheren GdB als 10 zu bewertende Gesundheitsstörungen nachgewiesen, die überhaupt geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen, zumal der sachverständige Zeuge Dr. R., Facharzt für Innere Medizin und Hausarzt des Klägers, angegeben hat, die von ihm zuletzt Ende Januar 2013 erhobenen Befunde stützten keinen GdB. In Bezug auf die in der Visceral-, Kinder- und Gefäßchirurgie des Klinikums Konstanz diagnostizierte gastroösophageale Refluxkrankheit sind weder von dem Assistenzarzt H. noch von Dr. R. anhaltende Refluxbeschwerden im Sinne der VG, Teil B, Nr. 10.1 beschrieben worden. Die akute Appendizitis wurde umgehend mittels laparoskopischer Appendektomie behandelt und der Kläger bereits am dritten Tag nach dem Eingriff in einem guten postoperativen Allgemeinzustand und mit reizlosen Wundverhältnissen entlassen, weshalb die körperliche Funktion in diesem Bereich nicht länger als sechs Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand abgewichen ist und damit bereits keine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorgelegen hat.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB beträgt dieser auch nach dem 17. November 2011 weiterhin 20.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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