L 11 R 5545/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 1693/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5545/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.11.2013 abgeändert. Der Bescheid vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.2011 und des Änderungsbescheids vom 10.12.2015 wird aufgehoben, soweit die Beklagte Beiträge für die private Kfz-Nutzung auf der Grundlage von mehr als
942 EUR im Jahr 2005, 942 EUR im Jahr 2006, 984 EUR im Jahr 2007 für die Beigeladene zu 1)
918 EUR im Jahr 2006, 900 EUR im Jahr 2007 für die Beigeladene zu 2)
918 EUR im Jahr 2005, 918 EUR im Jahr 2006, 960 EUR im Jahr 2007 für die Beigeladene zu 3)
und Säumniszuschläge hieraus fordert, im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 1/4, die Beklagte 3/4 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren auf 11.422,45 EUR und für das Berufungsverfahren auf 14.506,52 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für die private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge im Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2007.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der GmbH einen ambulanten Pflegedienst. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) sind Gesellschafterinnen zu je 1/3 und Geschäftsführerinnen der Klägerin. Je zwei Geschäftsführerinnen sind gemeinschaftlich zur Vertretung und Geschäftsführung berechtigt, eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist nicht erfolgt. Beschlüsse der Gesellschaft werden, sofern Gesetz oder Satzung keine qualifizierte Mehrheit vorschreiben, mit 2/3 Mehrheit gefasst. Die Klägerin stellte im streitigen Zeitraum der Beigeladenen zu 1) einen Renault Mégane Scénic, der Beigeladenen zu 2) einen Renault Laguna Grandtour Expression, ersetzt durch einen Renault Mégane Grandtour Avantage und der Beigeladenen zu 3) einen Renault Laguna Grandtour Expression zur Verfügung. Die Fahrzeuge wurden auch privat und für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt. Regelungen über die private Nutzung der Fahrzeuge waren weder in den Anstellungsverträgen der Beigeladenen zu 1) bis 3) mit der Klägerin noch in den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen enthalten.

Das Finanzamt B. führte für die Jahre 2002 bis 2005 eine Lohnsteueraußenprüfung durch und beanstandete ua für die Jahre 2002 bis 2004, dass weder Regelungen über die Benutzung eines Firmenwagens getroffen worden seien, noch über die Gehaltsabrechnung ein Ansatz eines geldwerten Vorteils erfolgt sei. Die Privatnutzung sei daher innerhalb der Körperschaftsstelle als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt worden. Im Jahr 2005 sei die Belastung des geldwerten Vorteils über die entsprechenden Verrechnungskonten der Geschäftsführer erfolgt (Prüfungsbericht vom 13.04.2007). Wegen der Überlassung firmeneigener Kraftwagen für die Zeit nach 2004 erfolgte weder eine Lohnsteuernachforderung, noch eine Berücksichtigung als verdeckte Gewinnausschüttung. Von 2005 bis 2007 wurden die Fahrzeugkosten nach Durchschnittswerten auf Verrechnungskonten verbucht, die Gegenbuchung erfolgte auf Erlös aus Eigenverbrauch. Die Verrechnungskonten für die Beigeladenen zu 1) bis 3) befanden sich im Zeitraum 2005 bis 2007 durchgehend im Soll.

Die Beklagte führte unter Auswertung des Lohnsteuerprüfberichtes eine Betriebsprüfung durch und forderte für die Jahre 2003 bis 2007 mit Bescheid vom 09.06.2010 Gesamtsozialversicherungsbeiträge iHv insgesamt 27.857,62 EUR inklusive 4.680,50 EUR Säumniszuschläge nach. Es erfolgte eine Nachberechnung für private Kfz-Nutzung, Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge sowie steuerpflichtige Verpflegungsgelder.

Mit Widerspruch vom 15.06.2010 verwies die Klägerin darauf, dass betreffend die Kfz-Nutzung alle Zeiträume ab 31.12.2004 durch den Prüfer falsch abgerechnet worden seien. Ab 01.01.2005 hätten die Gesellschafter-Geschäftsführer die private Nutzung selbst bezahlt, eine unentgeltliche Überlassung habe nicht stattgefunden. Die Klägerin legte hierzu Kopien der Verrechnungskonten der Gesellschafter-Geschäftsführerinnen vor. Dies sei von der Lohnsteueraußenprüfung anerkannt worden, es sei 2005 keine Zurechnung als verdeckte Gewinnausschüttung erfolgt. Ab 2008 werde die Fahrzeugnutzung in den jeweiligen Gehaltsnachweisen abgerechnet.

Die Beklagte setzte daraufhin mit Schreiben vom 18.11.2010 die Vollziehung des Beitragsbescheids iHv 11.433,95 EUR (Beiträge für private Kfz-Nutzung 2005 bis 2007 inklusive Säumniszuschläge) bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens aus.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aus der privaten Nutzung der Firmenfahrzeuge resultiere ein geldwerter Vorteil, bei dem es sich um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handele. Eine Aufnahme in Verrechnungskonten beseitige den geldwerten Vorteil nicht. Erst wenn tatsächliche Zahlungszuflüsse zu Gunsten der GmbH erfolgten, werde der geldwerte Vorteil nachträglich auf Null reduziert.

Hiergegen richtet sich die am 15.04.2011 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beigeladenen zu 1) bis 3) seien zu keinem Zeitpunkt in den Genuss eines geldwerten Vorteils gekommen, denn es bestehe eine Ausgleichspflicht. Nicht entscheidend sei, ob die mit 6% zu verzinsenden Verrechnungskonten tatsächlich ausgeglichen würden. Die Klägerin sei Inhaberin einer Forderung gegen die Beigeladenen zu 1) bis 3). Inzwischen hätten diese im Übrigen jeweils einmal 2.500 EUR und 3.400 EUR einbezahlt. Allerdings befänden sich auf den Verrechnungskonten eine Vielzahl von Forderungen der Klägerin gegenüber den Gesellschafter-Geschäftsführerinnen, weshalb der Steuerberater nicht sicher feststellen könne, ob die Forderungen hinsichtlich der Pkw-Nutzung mittlerweile ausgeglichen seien.

Mit Urteil vom 20.11.2013 hob das SG den angefochtenen Bescheid in Höhe der Nachforderungen betreffend die private Nutzung der firmeneigenen Pkw durch die drei Gesellschafter-Geschäftsführerinnen im Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2007, "mindestens einen Betrag iHv 14.506,52 EUR" auf. Zur Begründung führte das SG aus, die Beitragsbemessung richte sich für versicherungspflichtig Beschäftigte nach dem Arbeitsentgelt. Arbeitsentgelt gemäß § 14 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) seien alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf sie bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden. Zum Arbeitsentgelt gehörten auch Sachbezüge. Die Überlassung eines Firmenwagens zur privaten Nutzung stelle einen solchen Sachbezug dar. Seine beitragsrechtliche Behandlung richte sich nach den Bestimmungen der hier noch maßgebenden Sachbezugsverordnung (SvEV). Nach § 3 Abs 1 SvEV sei als Wert für die Sachbezüge, wenn diese unentgeltlich zur Verfügung gestellt würden, der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Die Beklagte sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin den Beigeladenen zu 1) bis 3) die Nutzung der firmeneigenen Pkw unentgeltlich zur Verfügung gestellt habe. Vorliegend fehle es an einer ausdrücklichen Vereinbarung bezüglich der Nutzung der firmeneigenen Pkw zu privaten Zwecken. Die Einrichtung der Verrechnungskonten, auf denen sich die Forderungen der GmbH gegen die Beigeladenen zu 1) bis 3) bezüglich der Pkw-Nutzung fänden, lasse die Unentgeltlichkeit iSv § 3 SvEV entfallen. Zwar habe die Klägerin bis zum jetzigen Zeitpunkt ein bilanziertes Minus, dem stehe jedoch eine durchsetzbare Forderung gegen die Beigeladenen zu 1) bis 3) gegenüber. Von Unentgeltlichkeit sei nur auszugehen, wenn keine Gegenleistung vereinbart sei. Um Unentgeltlichkeit entfallen zu lassen, sei der tatsächliche geldwerte Zufluss der Gegenleistung nicht erforderlich, es reiche das Bestehen einer durchsetzbaren Forderung. Aus steuerrechtlichen Erwägungen habe die Finanzverwaltung anerkannt, dass dem momentanen Minus der GmbH eine wirksame Forderung entgegen stehe. Eine andere Beurteilung aus Sicht der Sozialversicherungsträger sei nicht geboten.

Gegen das ihr am 28.11.2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.12.2013 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Überlassung eines Pkw zur Privatnutzung stelle ein laufendes Arbeitsentgelt als Sachbezug dar. Nach § 17 Abs 1 Satz 2 SGB IV sei zwar eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Steuer- und Beitragsrecht herzustellen, diese bestehe jedoch nicht vollständig, wie sich am Entstehungsprinzip des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB IV und dem für das Steuerrecht geltenden Zuflussprinzip zeige. Bereits mit der Überlassung des Pkw entstehe der Beitragsanspruch kraft Gesetzes. Wenn das Entgelt tatsächlich im Monat der Überlassung in Abzug gebracht worden wäre, hätte sich der Wert des Sachbezugs entsprechend reduziert. Lediglich die tatsächliche Tilgung der Forderung würde aus Sicht der Beklagten dazu führen, dass im Zeitpunkt der Rückzahlung die Anrechnung (genauer: Rückrechnung des Korrekturbeitragsnachweises für den Zeitraum, für den die Zahlung geleistet werde) erfolgen dürfe. Damit würde der geleistete Eigenanteil nachträglich beitragsfrei gestellt. Die Argumentation des SG, dass die Unentgeltlichkeit "entfalle", widerspreche der gesetzlichen Systematik. Es komme nicht darauf an, ob die Verrechnungskonten durch das Finanzamt B. gebilligt worden seien. Die Verrechnungskonten hätten sich durchgehend im Soll befunden, so dass die Beklagte trotz einiger Einzahlungen keine Tilgung erkennen könne. Es gebe keine Gründe, für Arbeitnehmer, die am Gesellschaftsvermögen beteiligt seien, Ausnahmen zu machen. Dies würde zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Umgehung der Beitragspflicht von Arbeitsentgelt führen. Nach Mitteilung der Beklagten vom 12.02.2015 beträgt der auf die private Pkw-Nutzung der Beigeladenen zu 1) bis 3) entfallende Anteil an der Beitragsnachforderung für die Jahre 2005 bis 2007 9.344,45 EUR zuzüglich 2.078 EUR Säumniszuschläge.

Der Senat hat am 24.02.2015 mündlich verhandelt. Da die Differenzen zwischen den von der Beklagten angesetzten Werten für die Fahrzeuge nach der 1%-Regelung und den in den Verrechnungskonten eingestellten Beträgen nicht geklärt werden konnten, ist die mündliche Verhandlung vertagt worden.

Im Hinblick auf die von der Klägerin sodann (hilfsweise) mitgeteilten Bruttolistenpreise hat die Beklagte mit Bescheid vom 10.12.2015 die Nachforderung für die Jahre 2003 bis 2007 insgesamt auf 26.839,59 EUR festgesetzt. Darin enthalten sind Säumniszuschläge von 4.491 EUR. Für die Beigeladene zu 1) hat sie dabei als geldwerten monatlichen Vorteil 224,50 EUR statt 226,78 EUR, für die Beigeladene zu 2) 222,50 EUR (bis 7/07) und 210,50 EUR (ab 8/07) statt 245,72 EUR und für die Beigeladene zu 3) 223,10 EUR statt 245,72 EUR angesetzt. Für den streitigen Zeitraum 2005 bis 2007 beläuft sich die Beitragsforderung hinsichtlich der Privatnutzung für Kfz nunmehr auf insgesamt 7.934,54 EUR.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.11.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Verrechnungskonten, auf welchen sich ua die Forderungen der GmbH gegenüber den Geschäftsführerinnen bezüglich der Pkw-Nutzung befänden, ließen die Unentgeltlichkeit iSv § 3 SvEV entfallen. Für die Annahme der Entgeltlichkeit reiche aus, dass die GmbH Inhaberin einer durchsetzbaren Forderung geworden sei, auf eine tatsächliche Vermögensverschiebung komme es nicht an. Die Verbuchung über ein Verrechnungskonto betreffend die Überlassung von firmeneigenen Pkw sei eine gesetzlich statthafte Vorgehensweise. Grundsätzlich seien zwei Modalitäten statthaft, die Verbuchung in Verrechnungskonten und die Berücksichtigung über Sachbezug/Arbeitslohn. Entscheidend sei, dass hier die private Kfz-Nutzung unverzichtbar und insolvenzsicher verbucht worden sei, so dass eine gleichzeitige Klassifizierung als Arbeitslohn sozialversicherungs- und steuerrechtlich nicht zulässig sei. Beginnend mit dem Jahr 2008 sei die Handhabung im Rahmen des Arbeitslohns erfolgt, um für die Zukunft weitere Unklarheiten zu vermeiden. Aus Sicht der Klägerin habe es zum Zeitpunkt der Lohnsteueraußenprüfung keine Veranlassung gegeben, an der damaligen Handhabung (Belastung durch Verrechnungskonten) etwas zu ändern. Es seien die Leasingkosten der Fahrzeuge zugrunde gelegt und eine Durchschnittsbewertung vorgenommen worden. Nur hilfsweise würden die damaligen Bruttolistenpreise gemäß Bescheinigung des Renault-Händlers mitgeteilt.

Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren inhaltlich nicht weiter geäußert und keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat nur teilweise Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nur teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.03.2011, abgeändert durch Bescheid vom 10.12.2015 ist rechtswidrig, soweit für die private Kfz-Nutzung durch die Beigeladenen zu 1) bis 3) im Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2007 Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge auf der Grundlage eines höheren Betrags nachgefordert werden als der Differenz zwischen dem Wert des Sachbezugs und den in den Verrechnungskonten eingestellten Beträgen. Hinsichtlich dieses Differenzbetrags durfte die Beklagte dagegen Sozialversicherungsbeiträge erheben, allerdings keine Säumniszuschläge fordern.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist gemäß §§ 153 Abs 1, 96 Abs 1 SGG der Bescheid vom 10.12.2015, allerdings nur bezüglich der hier streitbefangenen Jahre 2005 bis 2007 und nur hinsichtlich der geänderten Berechnung der Beiträge für die private Kfz-Nutzung der Beigeladenen zu 1) bis 3), nicht hinsichtlich der ansonsten genannten Personen und der sonstigen Punkte wie Verpflegungszulagen oder Sonn-/Feiertags- und Nachtzuschläge.

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p SGB IV. Nach Abs 1 dieser Vorschrift prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Abs 5 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht. Zwar entscheidet grundsätzlich gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies gilt aber ausnahmsweise nicht für Entscheidungen im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung.

In der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung für den vom Arbeitgeber zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag gemäß §§ 28d, 28e SGB IV das Arbeitsentgelt zugrunde (§ 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 57 Abs 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), § 162 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)). Die Beigeladenen zu 1) bis 3) sind als Gesellschafter-Geschäftsführerinnen jeweils ohne Mehrheit der Gesellschaftsanteile und ohne Sperrminorität abhängig beschäftigt iSv § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV (vgl Bundessozialgericht (BSG) 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Dies ist vorliegend nicht zweifelhaft und wird auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellt. Streitig ist allein die Frage der Beitragsbemessung hinsichtlich der privaten Nutzung betrieblicher Fahrzeuge durch die Beigeladenen zu 1) bis 3) im Zeitraum 2005 bis 2007. Der Klarstellung halber ist darauf hinzuweisen, dass für die Beigeladene zu 2) in den angefochtenen Bescheiden für das Jahr 2005 keine Beiträge wegen der privaten Kfz-Nutzung gefordert wurden.

Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Ein im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zur Privatnutzung überlassenes Kfz stellt eine Einnahme dar, die nicht in Geld besteht und damit einen Sachbezug. Die auf § 17 Abs 1 Satz 1 SGB IV beruhende Sachbezugsverordnung (idF vom 05.11.2001, BGBl I 2945, gültig vom 01.01.2002 bis 31.12.2006) regelte für die hier streitigen Jahre 2005 und 2006 in § 6 Abs 1 Folgendes: Werden Sachbezüge, die nicht von den §§ 1 bis 4 erfasst werden, unentgeltlich zur Verfügung gestellt, ist als Wert für diese Sachbezüge der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Sind auf Grund des § 8 Abs 2 Satz 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Durchschnittswerte festgesetzt worden, sind diese Werte maßgebend. Findet § 8 Abs 2 Satz 2, 3, 4 oder 5 oder Abs 3 Satz 1 EStG Anwendung, sind die dort genannten Werte maßgebend. § 8 Abs 2 Satz 9 EStG gilt entsprechend. In gleicher Weise bestimmte die ebenfalls auf § 17 Satz 1 SGB IV beruhende SvEV (in der hier anzuwendenden Fassung vom 21.12.2006, BGBl I 3385; Geltung 01.01.2007 bis 31.12.2013) für das Jahr 2007 in ihrem 3 Abs 1 Folgendes: Werden Sachbezüge, die nicht von § 2 erfasst werden, unentgeltlich zur Verfügung gestellt, ist als Wert für diese Sachbezüge der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Sind auf Grund des § 8 Abs 2 Satz 8 EStG Durchschnittswerte festgesetzt worden, sind diese Werte maßgebend. Findet § 8 Abs 2 Satz 2, 3, 4 oder 5 oder Abs 3 Satz 1 EStG Anwendung, sind die dort genannten Werte maßgebend. § 8 Abs 2 Satz 9 EStG gilt entsprechend.

Die Kfz-Nutzung ist in den Jahren 2005 bis 2007 nur unentgeltlich zur Verfügung gestellter Sachbezug iSv § 6 Abs 1 Sachbezugsverordnung bzw § 3 Abs 1 SvEV, soweit keine dem Wert der Nutzung entsprechende Belastung der Verrechnungskonten der Beigeladenen zu 1) bis 3) bei der Klägerin erfolgt ist. Die private Nutzung eines betrieblichen Kfz durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft kann sowohl eine verdeckte Gewinnausschüttung iSv § 8 Abs 3 Satz 2 Körperschaftssteuergesetz (KStG) als auch – bei Überlassung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses – einen Sachbezug darstellen (Bundesfinanzhof (BFH) 23.01.2008, I R 8/06, BFHE 220, 276; BFH 11.02.2010, VI R 43/09, BFHE 228, 354). Sachlohn und damit Arbeitslohn iSv § 14 Abs 1 SGB IV liegt immer dann vor, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer das betriebliche Fahrzeug aufgrund einer im Anstellungsvertrag ausdrücklich zugelassenen Nutzungsgestattung privat verwenden kann (BFH 23.04.2009, VI R 81/06, BFHE 225, 33). Eine derartige ausdrückliche Regelung haben die Beigeladenen zu 1) bis 3) mit der Klägerin nicht getroffen. Hier ist allerdings davon auszugehen, dass eine mündliche bzw konkludente Nutzungsvereinbarung geschlossen worden ist. Eine andere Beurteilung lässt sich mit der über einen längeren Zeitraum einvernehmlich praktizierten Handhabung der privaten Nutzung durch alle drei Gesellschafter-Geschäftsführerinnen nicht in Einklang bringen. Für den – hier nicht streitigen Zeitraum 2003 bis 2004 – war eine Gegenleistung der Beigeladenen zu 1) bis 3) für die Kfz-Nutzung offensichtlich nicht vereinbart. Die Klägerin hat die insoweit erfolgte Beitragsnachforderung auch nicht angefochten.

Im hier streitigen Zeitraum 2005 bis 2007 erfolgte dagegen eine Belastung der Verrechnungskonten der Beigeladenen zu 1) bis 3) im jeweiligen Jahr der Nutzung mit jeweils den folgenden Beträgen: 2005 – 1.752 EUR; 2006 – 1.752 EUR; 2007 – 1.710 EUR. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den vorgelegten Kopien der Verrechnungskonten und dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin. Damit haben die Klägerin und die Beigeladenen zu 1) bis 3) für die Nutzung jedenfalls konkludent eine finanzielle Gegenleistung vereinbart, denn durch die Verbuchung auf dem Verrechnungskonto erhielt die Klägerin eine fällige und durchsetzbare Forderung gegen die Beigeladenen zu 1) bis 3). Im hier streitigen Zeitraum liegt daher ein entgeltlicher Überlassungsvertrag vor. Die Belastung des Verrechnungskontos eines Gesellschafter-Geschäftsführers wird in diesem Zusammenhang auch von der Finanzverwaltung akzeptiert, um die Durchführung eines entgeltlichen Überlassungsvertrags zu dokumentieren (vgl Bundesministerium der Finanzen vom 03.04.2012, BStBl I 2012, 478 zur privaten Kfz-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft). Es liegt damit schon von Anfang an kein unentgeltlicher Sachbezug vor. Ein systemwidriges nachträgliches Entfallen der Entgeltlichkeit – wie die Beklagte das SG-Urteil zu verstehen meint – liegt nicht vor. Damit darf auch keine Verbeitragung der Nutzungsvorteile erfolgen, soweit entgeltliche Überlassung vorliegt, denn insoweit liegt kein Arbeitslohn vor. Auf die Frage, ob die Verrechnungskonten ausgeglichen sind und wann tatsächlich Zahlungen erfolgt sind, kommt es dabei nicht an.

Allerdings entsprechen die in den Verrechnungskonten eingestellten Beträge nicht dem Wert des Sachbezugs, sondern liegen darunter. Der Senat legt für die Bewertung die von der Klägerin im Berufungsverfahren mitgeteilten Bruttolistenpreise für die Fahrzeuge zugrunde, die auch die Beklagte akzeptiert hat. Danach ergeben sich unter Anwendung der 1%-Regelung (§§ 8 Abs 2 Sätze 2 bis 4, 6 Abs 1 Nr 4 Satz 2 EStG; vgl hierzu ausführlich BFH 13.12.2012, VI R 51/11, BFHE 240, 69) für die Beigeladene zu 1) ein monatlicher geldwerter Vorteil von 224,50 EUR, für die Beigeladene zu 2) von 222,50 EUR bis 7/07 und 210,50 EUR ab 8/07 und für die Beigeladene zu 3) von 222,50 EUR. Angesichts der in die Verrechnungskonten eingestellten Beträge ergeben sich folgende Differenzen: 2005 2006 2007 Beigeladene zu 1) 942 EUR 942 EUR 984 EUR Beigeladene zu 2) 918 EUR 900 EUR Beigeladene zu 3) 925,20 EUR 918 EUR 960 EUR Nur in Höhe dieser Differenzbeträge liegt ein unentgeltlicher Sachbezug vor, der zu verbeitragen ist.

Säumniszuschläge sind nach § 24 Abs 2 SGB IV vorliegend auf die Beiträge für private Kfz-Nutzung nicht zu erheben. Nach dieser Vorschrift ist ein Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Vorliegend haben die Klägerin und die Beigeladenen zu 1) bis 3) mit der Belastung der Verrechnungskonten eine grundsätzlich zulässige Gestaltung gewählt, um eine entgeltliche Nutzungsüberlassung zu begründen. Soweit die Beträge in den Verrechnungskonten zu niedrig angesetzt worden sind, folgt dies aus dem Ansatz der tatsächlichen Werte nach den Leasingverträgen unter Berechnung eines Durchschnittswerts für alle drei Fahrzeuge. Steuerrechtlich ist diese Vorgehensweise im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung für zulässig erachtet worden, so dass sich für 2005 (anders als in den Vorjahren) keinerlei Lohnsteuernachzahlung wegen der privaten Kfz-Nutzung ergab. Angesichts dieser Beurteilung durch das Finanzamt B. kann der Klägerin nicht vorgeworfen werden, dass sie einen höheren Sachwert des geldwerten Vorteils hätte erkennen müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 52 Gerichtskostengesetz. Für das Klageverfahren war der Streitwert nach § 63 Abs 3 Satz 1 Nr 2 GKG abzuändern, da tatsächlich angefochten der Bescheid nur hinsichtlich der Beiträge und Säumniszuschläge iHv insgesamt 11.422,45 EUR wegen der privaten Kfz-Nutzung war. Da das SG den Bescheid jedoch iHv (mindestens) 14.506,52 EUR aufgehoben hat, war der Streitwert des Berufungsverfahrens in dieser Höhe festzusetzen, denn dies entspricht der Beschwer der Beklagten (vgl § 47 Abs 2 Satz 2 GKG).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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