Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 1818/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 3304/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Rücknahme eines die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Leistungen regelnden Bescheides sowie die Feststellung weiterer Unfallfolgen streitig.
Der im Jahr 1949 geborene Kläger verunfallte am 22.12.2010 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit, indem er, eine circa 5 Kilogramm schwere Kiste tragend, an einer am Boden angebrachten Stahlplatte hängen blieb und sodann, mit den Händen noch abgefedert, nach vorne stürzte. Nach seinen Angaben ereignete sich der Unfall gegen 7:30 Uhr, setzte er die Arbeit am Unfalltag bis circa 16:00 Uhr fort und erledigte er am Unfallfolgetag Aufräumarbeiten im Betrieb. Ab 24.12.2010 befand sich der Kläger in den Weihnachts- beziehungsweise Betriebsferien. Er stellte sich am 05.01.2011 bei Dr. A. vor. Dieser befundete einen Druck- und Bewegungsschmerz über der Vorderseite des rechten Schultergelenkes mit schmerzhafter endgradiger Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter bei intakter Durchblutung und Sensibilität. Das Röntgenergebnis im Bereich der rechten Schulter erbrachte keinen Anhalt für eine knöcherne Verletzung. Als Erstdiagnose stellte er eine Distorsion der rechten Schulter. Am 21.01.2011 beschrieb Dr. A. einen Zustand nach Schulterdistorsion rechts mit persistierender Einschränkung der Abduktionsbewegung bei weiterhin intakter Durchblutung und Sensibilität. Aufgrund der am 04.02.2011 durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung führten Prof. Dr. B., Dr. C. und Dr. D.-E. vom Institut für Radiologie und Nuklearmedizin F. aus, es zeige sich eine vermehrte Flüssigkeitsansammlung in der Bursa subacromialis/subdeltoidea (Schleimbeutel zwischen dem oberen Ende des Oberarmknochens und der Schulterhöhe beziehungsweise des Deltamuskels), aber kein Gelenkerguss humeroglenoidal (schultergelenkseitig). In ihrer Beurteilung beschrieben sie eine Teilruptur der Supraspinatussehne (Sehne des Obergrätenmuskels) kurz vor dem knöchernen Ansatz mit mindestens 50 Prozent erhaltener Sehne sowie eine Bursitis subacromialis/subdeltoidea ohne weiteren Binnenschaden. Daraufhin diagnostizierte Dr. A. am 09.02.2011 eine Schulter-Distorsion rechts mit Teilruptur der Supraspinatussehne. Prof. Dr. H. befundete am 14.02.2011 einen deutlichen Bewegungsschmerz im Sinne eines subacromialen Impingements (Funktionsbeeinträchtigung der Gelenkbeweglichkeit), eine im Seitenvergleich deutlich verminderte Abduktion der rechten Schulter sowie beim Arm-Vorhalte-Versuch rechtsseitig eine deutliche Kraftminderung. Am 08.03.2011 erfolgte im I.-Klinikum J.-K. ein arthroskopisches Debridement (Wundtoilette) am Bizepssehnen-Anker, eine partielle Synovectomie (Abtragung der erkrankten Gelenkinnenhaut) sowie ein subacromiales Debridement. Diagnostiziert wurde ein Impingement, eine SLAP-Läsion (Verletzung der Knorpellippe am oberen Rand der Schulterblattgelenkpfanne, wo die lange Bizepssehne entspringt) Typ I sowie eine intraartikuläre Synovitis (Schleimhautentzündung) der rechten Schulter. In dem von ihm unter dem 14.03.2011 ausgefüllten Fragebogen gab der Kläger an, nach dem Arbeitsunfall habe er zunächst weniger Schmerzen gehabt. Nach Stunden/Tagen seien die Schmerzen stärker geworden. Der Unfallchirurg und Orthopäde Dr. L. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 29.04.2011 aus, die klinische Untersuchung habe zunächst keine richtungsweisenden Befunde gezeigt, die Beweglichkeit sei lediglich endgradig eingeschränkt gewesen, äußere Verletzungszeichen hätten nicht bestanden. Kernspintomographisch seien akute Verletzungszeichen nicht zur Darstellung gekommen. Die Sehne des oberen Schulterblatt-Grätenmuskels wirke ausgedünnt, sei in der Kontinuität jedoch erhalten. Eine deutliche Ergussbildung, knöcherne Kontusionen oder Hämatome in der Muskulatur seien nicht erkennbar. Die im kernspintomographischen Befund angegebene Teilschädigung der Sehne des oberen Schulterblatt-Grätenmuskels sei wohl bei der Arthroskopie nicht bestätigt worden. Die diagnostizierte SLAP-Läsion Typ I gelte in der Regel als degenerative Veränderung. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger durch den Arbeitsunfall eine Zerrung der rechten Schulter erlitten habe.
Mit Bescheid vom 09.05.2011 führte die Beklagte aus, ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe nicht. Es sei von einem im Wesentlichen verschleißbedingten Schaden im Schultergelenk auszugehen. Unfallbedingt sei es lediglich zu einer Zerrung der rechten Schulter, welche in der Regel nach 6 Wochen ausgeheilt sei, gekommen. Der Orthopäde Dr. M. führte in seinem Befundbericht vom 29.07.2011 aus, es zeige sich eine Differenz zwischen dem magnetresonanztomographischen Befund und dem im Arztbrief des I.-Klinikums J.-K. beschriebenen Befund. Die genannte SLAP-Läsion könne auf das Trauma-Ereignis zurückgeführt werden. Das Impingement sei als unfallunabhängig zu sehen. Den sodann erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 zurück. Nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen bestünden beim Kläger unfallunabhängig ein Engpass-Syndrom im Bereich der rechten Schulter sowie degenerative Veränderungen an der Gelenkpfannenmitte im Sinne einer SLAP-Läsion, welche ursächlich für die bestehenden Entzündungen und somit die Beschwerden des Klägers seien. Unfallbedingte Schädigungen hätten dagegen nicht festgestellt werden können. Insofern sei maximal von einer unfallbedingten Schulterzerrung auszugehen, welche nach derzeitigem medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand spätestens nach 6 Wochen folgenlos ausheile, so dass keinerlei Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mehr gewährt werden könnten.
Am 05.09.2013 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 09.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 17.09.2013 ab. Es seien weder Tatsachen vorgebracht noch Unterlagen vorgelegt worden, die für die Entscheidung erheblich seien beziehungsweise bei der Erteilung des zu überprüfenden Verwaltungsaktes nicht schon berücksichtigt worden seien. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2014 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 14.04.2014 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten des Unfallchirurgen und Orthopäden Dr. N. vom 23.11.2014 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, aufgrund der intraoperativen und primär kernspintomographischen Befunde seien traumatische Einwirkungen auf die lange Bizepssehne und auf das Labrum glenoidale (obere Pfannenlippe) der rechten Schulter ausgeschlossen. Die später im Rahmen der Arthroskopie festgestellten Veränderungen im Bereich des Bizepssehnen-Ankers und des Labrum glenoidale seien unstrittig degenerativer Genese und nicht Folge des Arbeitsunfalls. Traumatische Veränderungen seien weder kernspintomographisch noch intraoperativ nachweisbar. Die Läsion im Bereich der langen Bizepssehne am Bizepssehnen-Anker und im Bereich der knorpeligen Pfannenlippe könne nicht als traumatisch bedingt angesehen werden. Diese Veränderungen seien typische Merkmale eines vorbestehenden degenerativen Prozesses an den Strukturen des Kapselband-Apparates der rechten Schulter. Der Arbeitsunfall habe allenfalls zu einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung der vorbestehenden degenerativen Schadensanlage beziehungsweise der degenerativen Vorschäden an der langen Bizepssehne, am Labrum glenoidale und an der Rotatorenmanschette geführt. Die reinen Unfallfolgen seien somit der degenerativen Vorschädigung eindeutig nachgeordnet. Der Arbeitsunfall habe eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung für die Dauer von 6 Wochen bedingt.
Mit Urteil vom 23.06.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Weder die aufgrund der Kernspintomographie angenommene Teilruptur der Supraspinatussehne noch die intraoperativ festgestellte SLAP-Läsion seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall verursacht. Dementsprechend bestünden oder bestanden auch keine unfallbedingten Beeinträchtigungen des Klägers, auf denen ein Anspruch auf weitere Leistungen der Beklagten beruhen könnte. Nach dem für schlüssig erachteten Gutachten des Dr. N. habe der Kläger rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall lediglich eine nunmehr ausgeheilte Stauchung der rechten Schulter erlitten. Dagegen seien die weiteren Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der rechten Schulter nicht rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall verursacht, sondern verschleißbedingt. Ein Unfallhergang, der mit einer relevanten Belastung der Supraspinatussehne oder des Bizepssehnen-Ankers verbunden wäre, sei nicht nachgewiesen, so dass hieraus nicht auf einen traumatischen Schaden geschlossen werden könne. Erkrankungsverlauf und Verhalten des Klägers nach dem Arbeitsunfall (Zunahme der Schmerzsymptomatik über Wochen, kein zeitnaher Arztbesuch, Weiterarbeit am Unfall- und Folgetag), der Erstbefund beim Durchgangsarzt (keine Pseudoparalyse), die bildgebenden und intraoperativen Befunde (Fehlen von Zeichen eines frischen traumatischen Schadens, dagegen ausgeprägte degenerative Veränderungen) und schließlich das Lebensalter des Klägers im Unfallzeitpunkt sprächen mit erheblichem Gewicht gegen eine traumatische Verletzung. Auch handele es sich hier bei einer SLAP-Läsion Typ I mit Auffaserungen der langen Bizepssehne um einen typischerweise verschleißbedingten Schaden.
Gegen das ihm am 16.07.2015 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 04.08.2015 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben, mit der er zuletzt nur noch die Feststellung einer SLAP-Läsion der rechten Schulter als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.10.2010 begehrt. Dr. N. habe sich mit dem Befundbericht des Dr. M. nicht wirklich auseinandergesetzt. Dieser habe die diagnostizierte SLAP-Läsion der rechten Schulter unzweifelhaft auf den Arbeitsunfall zurückgeführt. Er habe noch nie orthopädisch an seiner rechten Schulter ärztlich behandelt werden müssen. Auch spreche das Unfallereignis für einen Zusammenhang der SLAP-Läsion mit dem Arbeitsunfall. Denn er sei, eine 5 kg schwere Apfelsaftkiste tragend, nach vorne gestürzt, habe sich mit seinen beiden Unterarmen abfangen wollen und sei dann mehr oder weniger auf seine Schulter gestürzt. Dieser Unfallhergang sei geeignet gewesen, biomechanisch zu einer Rotationsbewegung oder Zugbelastung der rechten Schulter zu führen. Aus seinem Verhalten nach dem Arbeitsunfall und dem Beschwerdeverlauf könne nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass ein Unfallzusammenhang nicht bestehe. Am Unfallfolgetag habe er nur noch leichte Aufräumarbeiten zu bewerkstelligen gehabt. Sodann habe er sich im Urlaub befunden. Es treffe auch nicht zu, dass die Schmerzen im späteren Verlauf zugenommen hätten. Die gesundheitlichen Einschränkungen seien auch keineswegs auf schulterbelastende Überkopfarbeiten zurückzuführen. Denn er habe Einräumarbeiten überwiegend mit einem Stapler vorgenommen und nur Kleinigkeiten manuell, also mit der Hand und seinen Armen, ausgeführt. Auch sein Alter spreche nicht für die Auffassung des Sachverständigen. Kernspintomographisch seien Zeichen einer Teilruptur der Supraspinatussehne festgestellt worden. Im Rahmen der Arthroskopie sei eine SLAP-Läsion Typ I vorgefunden worden. Ferner sei es nicht richtig, dass es sich bei der SLAP-Läsion Typ I grundsätzlich um einen typischerweise verschleißbedingten Schaden handeln würde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Juni 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihren Bescheid vom 9. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2012 abzuändern und eine SLAP-Läsion der rechten Schulter als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 22. Dezember 2010 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf den Inhalt des angegriffenen Urteils.
Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert.
Der Berichterstatter hat darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte und im vorliegenden Rechtsstreit diese Verfahrensweise angestrebt werde. Hiermit haben sich die Beteiligten einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden, da das SG nicht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat die hiergegen eingelegte Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat die Beteiligten hierzu vorher gehört.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des SG vom 23.06.2015, mit dem die auf die teilweise Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 09.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 und die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer SLAP-Läsion der rechten Schulter als Unfallfolge sowie die dementsprechende Aufhebung des dies ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 17.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2014 gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG (zum Wahlrecht zwischen Verpflichtungs- und Feststellungsklage: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - juris Rn. 17 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - juris) abgewiesen worden ist.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihren Bescheid vom 09.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 teilweise zurückzunehmen und eine SLAP-Läsion der rechten Schulter als Unfallfolge festzustellen.
Ermächtigungsgrundlage für eine Rücknahme dieses Bescheides ist § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ferner ist für die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls im Regelfall erforderlich, dass das Unfallereignis oder der hierauf beruhende Gesundheitserstschaden die geltend gemachte Gesundheitsstörung wesentlich verursacht hat (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - juris Rz. 16 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - juris; BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 9/10 R - juris; BSG Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - juris), wobei für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge der Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße Möglichkeit genügt (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - juris Rz. 17 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris). Es gelten die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht - hier Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge - für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - juris Rz. 28 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - juris; BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - juris).
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend ausgeführt, weshalb die Beklagte im vorliegenden Verfahren zu Recht ihren Bescheid vom 09.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 nicht teilweise zurückgenommen und eine SLAP-Läsion der rechten Schulter nicht als Unfallfolge festgestellt hat. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Der Senat ist der Ansicht, dass sich die Beklagte bei Erlass ihres Bescheides vom 09.05.2011 rechtmäßig auf die überzeugende beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. L. vom 29.04.2011 gestützt und bei Erlass ihres Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 zu Recht trotz des Befundberichtes des Dr. M. vom 29.07.2011 weiterhin davon abgesehen hat, eine SLAP-Läsion als Unfallfolge festzustellen.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den beigezogenen ärztlichen Unterlagen der Dres. A., H. sowie des Krankenhauses J.-K. und dem Gutachten des Dr. N ...
Bei einer SLAP-Läsion handelt es sich um eine Verletzung der Knorpellippe am oberen Rand der Schulterblattgelenkpfanne, wo die lange Bizepssehne entspringt. Dr. N. hat überzeugend dargelegt, dass aus orthopädisch-unfallchirurgischer Erfahrung die Beurteilung der Läsion in der sogenannten Rotatoren-Intervallzone mit Beteiligung des Pulley-Bandapparates der langen Bizepssehne nach ähnlichen Kriterien wie bei einer Rotatorenmanschettenruptur erfolgt. Der Sachverständige hat schlüssig dargelegt, dass bezüglich der Läsion der langen Bizepssehne die degenerativen Veränderungen an der Rotatorenmanschette in gleicher Weise auch die lange Bizepssehne betreffen, so dass der degenerative Verschleißprozess einheitlich sowohl die Rotatorenmanschette als auch die lange Bizepssehne betrifft. Danach ist gerade der proximale Anteil der langen Bizepssehne im Schultergelenk einem degenerativen Verschleißleiden aufgrund von Altersveränderungen und Versorgungsstörungen ausgesetzt, so dass es insbesondere im proximalen Anteil der langen Bizepssehne häufiger zu Spontanrupturen beziehungsweise Subluxationen oder Luxationen bei sogenannten Gelegenheitsursachen des alltäglichen Lebens kommt. Meist kommt es nach den zutreffenden Ausführungen des Dr. N. auch ohne äußere Gewalteinwirkungen zu Einrissen der die lange Bizepssehne fixierenden ligamentären Führungsstrukturen, woraus es zu einer Instabilität der langen Bizepssehne im Sinne einer Luxation oder Subluxation kommt. Diese Beurteilung entspricht der unfallmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seiten 403 bis 406; Schiltenwolf/Holo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsapparate, 6. Auflage, Seiten 711f.; Ludolph, Der Unfallmann, 13. Auflage, Seiten 374 bis 378). In Anwendung der dargelegten Grundsätze ist der Sachverständige zu dem gut nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass die beim Kläger festgestellte SLAP-Läsion nicht unfallbedingt, sondern degenerativ bedingt ist. Für maßgeblich werden auch die Ausführungen des Sachverständigen zu den bildgebenden und intraoperativen Befunden erachtet. So sind im Rahmen der am 08.03.2011 erfolgten Arthroskopie diffuse erstgradige Knorpelveränderungen im Bereich der Schulterpfanne und degenerative Auffaserungen im Sinne einer SLAP-I-Degeneration im Bereich des oberen Anteils der Pfannenlippe und des Bizepssehnenankers festgestellt worden. Bei einer SLAP-Läsion "Typ I" handelt es sich gerade um eine Degeneration des oberen Labrums und des Bizepsankers (Bizepssehnenansatzes) ohne Ablösung, aber mit Auffaserung, während mit "Typ II" ein Abriss des Labrum-Bizepsanker-Komplexes vom oberen Glenoid nach oben beschrieben wird. Ferner hat Dr. N. zutreffend dargelegt, dass eine höhergradige SLAP-Läsion in Höhe des Rotatorenintervalls mit höhergradiger Beteiligung der Pfannenlippe und der langen Bizepssehne aufgrund der intraoperativen und der klinisch radiologischen Befunde nicht nachweisbar sind. So hat die kernspintomografische Untersuchung vom 04.02.2011 keine auffällige, pathologische Signalgebung im Bereich des Labrums und der langen Bizepssehne gezeigt. All dies spricht unter zusätzlicher Berücksichtigung des Alters des Klägers und der von ihm regelmäßig durchgeführten schulterbelastenden Überkopfarbeiten gegen einen hinreichenden Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und der SLAP-Läsion der rechten Schulter. Zwar hat der Kläger inzwischen angegeben, überwiegend Tätigkeiten mit dem Stapler durchgeführt zu haben. Gegenüber Dr. N. hat er aber noch angegeben, überwiegend Überkopfarbeiten durchgeführt zu haben. Damit hat sich die bereits von Dr. L. beratungsärztlich vorgenommene Bewertung bestätigt, so dass der Senat die von Dr. M. abgegebene Beurteilung, die SLAP-Läsion könne auf das Trauma-Ereignis zurückgeführt werden, für nicht ausreichend erachtet, um diese als Unfallfolge annehmen zu können, zumal Dr. M. die gesamte zur Beurteilung der Kausalität erforderliche Aktenkenntnis nicht gehabt haben dürfte und im Übrigen die bloße Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs gerade nicht ausreicht.
Nach alledem lässt sich beim Kläger die Feststellung einer SLAP-Läsion der rechten Schulter als Unfallfolge nicht rechtfertigen.
Daher war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Rücknahme eines die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Leistungen regelnden Bescheides sowie die Feststellung weiterer Unfallfolgen streitig.
Der im Jahr 1949 geborene Kläger verunfallte am 22.12.2010 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit, indem er, eine circa 5 Kilogramm schwere Kiste tragend, an einer am Boden angebrachten Stahlplatte hängen blieb und sodann, mit den Händen noch abgefedert, nach vorne stürzte. Nach seinen Angaben ereignete sich der Unfall gegen 7:30 Uhr, setzte er die Arbeit am Unfalltag bis circa 16:00 Uhr fort und erledigte er am Unfallfolgetag Aufräumarbeiten im Betrieb. Ab 24.12.2010 befand sich der Kläger in den Weihnachts- beziehungsweise Betriebsferien. Er stellte sich am 05.01.2011 bei Dr. A. vor. Dieser befundete einen Druck- und Bewegungsschmerz über der Vorderseite des rechten Schultergelenkes mit schmerzhafter endgradiger Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter bei intakter Durchblutung und Sensibilität. Das Röntgenergebnis im Bereich der rechten Schulter erbrachte keinen Anhalt für eine knöcherne Verletzung. Als Erstdiagnose stellte er eine Distorsion der rechten Schulter. Am 21.01.2011 beschrieb Dr. A. einen Zustand nach Schulterdistorsion rechts mit persistierender Einschränkung der Abduktionsbewegung bei weiterhin intakter Durchblutung und Sensibilität. Aufgrund der am 04.02.2011 durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung führten Prof. Dr. B., Dr. C. und Dr. D.-E. vom Institut für Radiologie und Nuklearmedizin F. aus, es zeige sich eine vermehrte Flüssigkeitsansammlung in der Bursa subacromialis/subdeltoidea (Schleimbeutel zwischen dem oberen Ende des Oberarmknochens und der Schulterhöhe beziehungsweise des Deltamuskels), aber kein Gelenkerguss humeroglenoidal (schultergelenkseitig). In ihrer Beurteilung beschrieben sie eine Teilruptur der Supraspinatussehne (Sehne des Obergrätenmuskels) kurz vor dem knöchernen Ansatz mit mindestens 50 Prozent erhaltener Sehne sowie eine Bursitis subacromialis/subdeltoidea ohne weiteren Binnenschaden. Daraufhin diagnostizierte Dr. A. am 09.02.2011 eine Schulter-Distorsion rechts mit Teilruptur der Supraspinatussehne. Prof. Dr. H. befundete am 14.02.2011 einen deutlichen Bewegungsschmerz im Sinne eines subacromialen Impingements (Funktionsbeeinträchtigung der Gelenkbeweglichkeit), eine im Seitenvergleich deutlich verminderte Abduktion der rechten Schulter sowie beim Arm-Vorhalte-Versuch rechtsseitig eine deutliche Kraftminderung. Am 08.03.2011 erfolgte im I.-Klinikum J.-K. ein arthroskopisches Debridement (Wundtoilette) am Bizepssehnen-Anker, eine partielle Synovectomie (Abtragung der erkrankten Gelenkinnenhaut) sowie ein subacromiales Debridement. Diagnostiziert wurde ein Impingement, eine SLAP-Läsion (Verletzung der Knorpellippe am oberen Rand der Schulterblattgelenkpfanne, wo die lange Bizepssehne entspringt) Typ I sowie eine intraartikuläre Synovitis (Schleimhautentzündung) der rechten Schulter. In dem von ihm unter dem 14.03.2011 ausgefüllten Fragebogen gab der Kläger an, nach dem Arbeitsunfall habe er zunächst weniger Schmerzen gehabt. Nach Stunden/Tagen seien die Schmerzen stärker geworden. Der Unfallchirurg und Orthopäde Dr. L. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 29.04.2011 aus, die klinische Untersuchung habe zunächst keine richtungsweisenden Befunde gezeigt, die Beweglichkeit sei lediglich endgradig eingeschränkt gewesen, äußere Verletzungszeichen hätten nicht bestanden. Kernspintomographisch seien akute Verletzungszeichen nicht zur Darstellung gekommen. Die Sehne des oberen Schulterblatt-Grätenmuskels wirke ausgedünnt, sei in der Kontinuität jedoch erhalten. Eine deutliche Ergussbildung, knöcherne Kontusionen oder Hämatome in der Muskulatur seien nicht erkennbar. Die im kernspintomographischen Befund angegebene Teilschädigung der Sehne des oberen Schulterblatt-Grätenmuskels sei wohl bei der Arthroskopie nicht bestätigt worden. Die diagnostizierte SLAP-Läsion Typ I gelte in der Regel als degenerative Veränderung. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger durch den Arbeitsunfall eine Zerrung der rechten Schulter erlitten habe.
Mit Bescheid vom 09.05.2011 führte die Beklagte aus, ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe nicht. Es sei von einem im Wesentlichen verschleißbedingten Schaden im Schultergelenk auszugehen. Unfallbedingt sei es lediglich zu einer Zerrung der rechten Schulter, welche in der Regel nach 6 Wochen ausgeheilt sei, gekommen. Der Orthopäde Dr. M. führte in seinem Befundbericht vom 29.07.2011 aus, es zeige sich eine Differenz zwischen dem magnetresonanztomographischen Befund und dem im Arztbrief des I.-Klinikums J.-K. beschriebenen Befund. Die genannte SLAP-Läsion könne auf das Trauma-Ereignis zurückgeführt werden. Das Impingement sei als unfallunabhängig zu sehen. Den sodann erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 zurück. Nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen bestünden beim Kläger unfallunabhängig ein Engpass-Syndrom im Bereich der rechten Schulter sowie degenerative Veränderungen an der Gelenkpfannenmitte im Sinne einer SLAP-Läsion, welche ursächlich für die bestehenden Entzündungen und somit die Beschwerden des Klägers seien. Unfallbedingte Schädigungen hätten dagegen nicht festgestellt werden können. Insofern sei maximal von einer unfallbedingten Schulterzerrung auszugehen, welche nach derzeitigem medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand spätestens nach 6 Wochen folgenlos ausheile, so dass keinerlei Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mehr gewährt werden könnten.
Am 05.09.2013 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 09.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 17.09.2013 ab. Es seien weder Tatsachen vorgebracht noch Unterlagen vorgelegt worden, die für die Entscheidung erheblich seien beziehungsweise bei der Erteilung des zu überprüfenden Verwaltungsaktes nicht schon berücksichtigt worden seien. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2014 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 14.04.2014 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten des Unfallchirurgen und Orthopäden Dr. N. vom 23.11.2014 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, aufgrund der intraoperativen und primär kernspintomographischen Befunde seien traumatische Einwirkungen auf die lange Bizepssehne und auf das Labrum glenoidale (obere Pfannenlippe) der rechten Schulter ausgeschlossen. Die später im Rahmen der Arthroskopie festgestellten Veränderungen im Bereich des Bizepssehnen-Ankers und des Labrum glenoidale seien unstrittig degenerativer Genese und nicht Folge des Arbeitsunfalls. Traumatische Veränderungen seien weder kernspintomographisch noch intraoperativ nachweisbar. Die Läsion im Bereich der langen Bizepssehne am Bizepssehnen-Anker und im Bereich der knorpeligen Pfannenlippe könne nicht als traumatisch bedingt angesehen werden. Diese Veränderungen seien typische Merkmale eines vorbestehenden degenerativen Prozesses an den Strukturen des Kapselband-Apparates der rechten Schulter. Der Arbeitsunfall habe allenfalls zu einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung der vorbestehenden degenerativen Schadensanlage beziehungsweise der degenerativen Vorschäden an der langen Bizepssehne, am Labrum glenoidale und an der Rotatorenmanschette geführt. Die reinen Unfallfolgen seien somit der degenerativen Vorschädigung eindeutig nachgeordnet. Der Arbeitsunfall habe eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung für die Dauer von 6 Wochen bedingt.
Mit Urteil vom 23.06.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Weder die aufgrund der Kernspintomographie angenommene Teilruptur der Supraspinatussehne noch die intraoperativ festgestellte SLAP-Läsion seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall verursacht. Dementsprechend bestünden oder bestanden auch keine unfallbedingten Beeinträchtigungen des Klägers, auf denen ein Anspruch auf weitere Leistungen der Beklagten beruhen könnte. Nach dem für schlüssig erachteten Gutachten des Dr. N. habe der Kläger rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall lediglich eine nunmehr ausgeheilte Stauchung der rechten Schulter erlitten. Dagegen seien die weiteren Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der rechten Schulter nicht rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall verursacht, sondern verschleißbedingt. Ein Unfallhergang, der mit einer relevanten Belastung der Supraspinatussehne oder des Bizepssehnen-Ankers verbunden wäre, sei nicht nachgewiesen, so dass hieraus nicht auf einen traumatischen Schaden geschlossen werden könne. Erkrankungsverlauf und Verhalten des Klägers nach dem Arbeitsunfall (Zunahme der Schmerzsymptomatik über Wochen, kein zeitnaher Arztbesuch, Weiterarbeit am Unfall- und Folgetag), der Erstbefund beim Durchgangsarzt (keine Pseudoparalyse), die bildgebenden und intraoperativen Befunde (Fehlen von Zeichen eines frischen traumatischen Schadens, dagegen ausgeprägte degenerative Veränderungen) und schließlich das Lebensalter des Klägers im Unfallzeitpunkt sprächen mit erheblichem Gewicht gegen eine traumatische Verletzung. Auch handele es sich hier bei einer SLAP-Läsion Typ I mit Auffaserungen der langen Bizepssehne um einen typischerweise verschleißbedingten Schaden.
Gegen das ihm am 16.07.2015 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 04.08.2015 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben, mit der er zuletzt nur noch die Feststellung einer SLAP-Läsion der rechten Schulter als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.10.2010 begehrt. Dr. N. habe sich mit dem Befundbericht des Dr. M. nicht wirklich auseinandergesetzt. Dieser habe die diagnostizierte SLAP-Läsion der rechten Schulter unzweifelhaft auf den Arbeitsunfall zurückgeführt. Er habe noch nie orthopädisch an seiner rechten Schulter ärztlich behandelt werden müssen. Auch spreche das Unfallereignis für einen Zusammenhang der SLAP-Läsion mit dem Arbeitsunfall. Denn er sei, eine 5 kg schwere Apfelsaftkiste tragend, nach vorne gestürzt, habe sich mit seinen beiden Unterarmen abfangen wollen und sei dann mehr oder weniger auf seine Schulter gestürzt. Dieser Unfallhergang sei geeignet gewesen, biomechanisch zu einer Rotationsbewegung oder Zugbelastung der rechten Schulter zu führen. Aus seinem Verhalten nach dem Arbeitsunfall und dem Beschwerdeverlauf könne nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass ein Unfallzusammenhang nicht bestehe. Am Unfallfolgetag habe er nur noch leichte Aufräumarbeiten zu bewerkstelligen gehabt. Sodann habe er sich im Urlaub befunden. Es treffe auch nicht zu, dass die Schmerzen im späteren Verlauf zugenommen hätten. Die gesundheitlichen Einschränkungen seien auch keineswegs auf schulterbelastende Überkopfarbeiten zurückzuführen. Denn er habe Einräumarbeiten überwiegend mit einem Stapler vorgenommen und nur Kleinigkeiten manuell, also mit der Hand und seinen Armen, ausgeführt. Auch sein Alter spreche nicht für die Auffassung des Sachverständigen. Kernspintomographisch seien Zeichen einer Teilruptur der Supraspinatussehne festgestellt worden. Im Rahmen der Arthroskopie sei eine SLAP-Läsion Typ I vorgefunden worden. Ferner sei es nicht richtig, dass es sich bei der SLAP-Läsion Typ I grundsätzlich um einen typischerweise verschleißbedingten Schaden handeln würde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Juni 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihren Bescheid vom 9. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2012 abzuändern und eine SLAP-Läsion der rechten Schulter als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 22. Dezember 2010 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf den Inhalt des angegriffenen Urteils.
Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert.
Der Berichterstatter hat darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte und im vorliegenden Rechtsstreit diese Verfahrensweise angestrebt werde. Hiermit haben sich die Beteiligten einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden, da das SG nicht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat die hiergegen eingelegte Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat die Beteiligten hierzu vorher gehört.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des SG vom 23.06.2015, mit dem die auf die teilweise Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 09.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 und die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer SLAP-Läsion der rechten Schulter als Unfallfolge sowie die dementsprechende Aufhebung des dies ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 17.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2014 gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG (zum Wahlrecht zwischen Verpflichtungs- und Feststellungsklage: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - juris Rn. 17 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - juris) abgewiesen worden ist.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihren Bescheid vom 09.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 teilweise zurückzunehmen und eine SLAP-Läsion der rechten Schulter als Unfallfolge festzustellen.
Ermächtigungsgrundlage für eine Rücknahme dieses Bescheides ist § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ferner ist für die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls im Regelfall erforderlich, dass das Unfallereignis oder der hierauf beruhende Gesundheitserstschaden die geltend gemachte Gesundheitsstörung wesentlich verursacht hat (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - juris Rz. 16 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - juris; BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 9/10 R - juris; BSG Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - juris), wobei für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge der Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße Möglichkeit genügt (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - juris Rz. 17 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris). Es gelten die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht - hier Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge - für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - juris Rz. 28 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - juris; BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - juris).
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend ausgeführt, weshalb die Beklagte im vorliegenden Verfahren zu Recht ihren Bescheid vom 09.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 nicht teilweise zurückgenommen und eine SLAP-Läsion der rechten Schulter nicht als Unfallfolge festgestellt hat. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Der Senat ist der Ansicht, dass sich die Beklagte bei Erlass ihres Bescheides vom 09.05.2011 rechtmäßig auf die überzeugende beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. L. vom 29.04.2011 gestützt und bei Erlass ihres Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 zu Recht trotz des Befundberichtes des Dr. M. vom 29.07.2011 weiterhin davon abgesehen hat, eine SLAP-Läsion als Unfallfolge festzustellen.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den beigezogenen ärztlichen Unterlagen der Dres. A., H. sowie des Krankenhauses J.-K. und dem Gutachten des Dr. N ...
Bei einer SLAP-Läsion handelt es sich um eine Verletzung der Knorpellippe am oberen Rand der Schulterblattgelenkpfanne, wo die lange Bizepssehne entspringt. Dr. N. hat überzeugend dargelegt, dass aus orthopädisch-unfallchirurgischer Erfahrung die Beurteilung der Läsion in der sogenannten Rotatoren-Intervallzone mit Beteiligung des Pulley-Bandapparates der langen Bizepssehne nach ähnlichen Kriterien wie bei einer Rotatorenmanschettenruptur erfolgt. Der Sachverständige hat schlüssig dargelegt, dass bezüglich der Läsion der langen Bizepssehne die degenerativen Veränderungen an der Rotatorenmanschette in gleicher Weise auch die lange Bizepssehne betreffen, so dass der degenerative Verschleißprozess einheitlich sowohl die Rotatorenmanschette als auch die lange Bizepssehne betrifft. Danach ist gerade der proximale Anteil der langen Bizepssehne im Schultergelenk einem degenerativen Verschleißleiden aufgrund von Altersveränderungen und Versorgungsstörungen ausgesetzt, so dass es insbesondere im proximalen Anteil der langen Bizepssehne häufiger zu Spontanrupturen beziehungsweise Subluxationen oder Luxationen bei sogenannten Gelegenheitsursachen des alltäglichen Lebens kommt. Meist kommt es nach den zutreffenden Ausführungen des Dr. N. auch ohne äußere Gewalteinwirkungen zu Einrissen der die lange Bizepssehne fixierenden ligamentären Führungsstrukturen, woraus es zu einer Instabilität der langen Bizepssehne im Sinne einer Luxation oder Subluxation kommt. Diese Beurteilung entspricht der unfallmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seiten 403 bis 406; Schiltenwolf/Holo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsapparate, 6. Auflage, Seiten 711f.; Ludolph, Der Unfallmann, 13. Auflage, Seiten 374 bis 378). In Anwendung der dargelegten Grundsätze ist der Sachverständige zu dem gut nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass die beim Kläger festgestellte SLAP-Läsion nicht unfallbedingt, sondern degenerativ bedingt ist. Für maßgeblich werden auch die Ausführungen des Sachverständigen zu den bildgebenden und intraoperativen Befunden erachtet. So sind im Rahmen der am 08.03.2011 erfolgten Arthroskopie diffuse erstgradige Knorpelveränderungen im Bereich der Schulterpfanne und degenerative Auffaserungen im Sinne einer SLAP-I-Degeneration im Bereich des oberen Anteils der Pfannenlippe und des Bizepssehnenankers festgestellt worden. Bei einer SLAP-Läsion "Typ I" handelt es sich gerade um eine Degeneration des oberen Labrums und des Bizepsankers (Bizepssehnenansatzes) ohne Ablösung, aber mit Auffaserung, während mit "Typ II" ein Abriss des Labrum-Bizepsanker-Komplexes vom oberen Glenoid nach oben beschrieben wird. Ferner hat Dr. N. zutreffend dargelegt, dass eine höhergradige SLAP-Läsion in Höhe des Rotatorenintervalls mit höhergradiger Beteiligung der Pfannenlippe und der langen Bizepssehne aufgrund der intraoperativen und der klinisch radiologischen Befunde nicht nachweisbar sind. So hat die kernspintomografische Untersuchung vom 04.02.2011 keine auffällige, pathologische Signalgebung im Bereich des Labrums und der langen Bizepssehne gezeigt. All dies spricht unter zusätzlicher Berücksichtigung des Alters des Klägers und der von ihm regelmäßig durchgeführten schulterbelastenden Überkopfarbeiten gegen einen hinreichenden Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und der SLAP-Läsion der rechten Schulter. Zwar hat der Kläger inzwischen angegeben, überwiegend Tätigkeiten mit dem Stapler durchgeführt zu haben. Gegenüber Dr. N. hat er aber noch angegeben, überwiegend Überkopfarbeiten durchgeführt zu haben. Damit hat sich die bereits von Dr. L. beratungsärztlich vorgenommene Bewertung bestätigt, so dass der Senat die von Dr. M. abgegebene Beurteilung, die SLAP-Läsion könne auf das Trauma-Ereignis zurückgeführt werden, für nicht ausreichend erachtet, um diese als Unfallfolge annehmen zu können, zumal Dr. M. die gesamte zur Beurteilung der Kausalität erforderliche Aktenkenntnis nicht gehabt haben dürfte und im Übrigen die bloße Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs gerade nicht ausreicht.
Nach alledem lässt sich beim Kläger die Feststellung einer SLAP-Läsion der rechten Schulter als Unfallfolge nicht rechtfertigen.
Daher war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Rechtskraft
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