Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 2275/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4094/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 04.09.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt weiteres Krankengeld für die Zeit ab dem 19.03.2012.
Die 1982 geborene Klägerin war als Sozialarbeiterin in einem Seniorenzentrum in V. tätig. Seit dem 29.06.2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt aufgrund einer Angststörung und eines reaktiven depressiven Syndroms. Seit dem 09.08.2011 erhielt sie von der Beklagten Krankengeld in Höhe von 27,40 EUR kalendertäglich. Zum 30.09.2011 endete das befristete Arbeitsverhältnis der Klägerin.
Im November 2011 zog die Klägerin von V. nach W ... Am 04.11.2011 stellte sie sich erstmals bei dem Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin Dr. W. in R. vor. Dieser bestätigte der Klägerin weiterhin Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer ausgeprägten Angststörung und stellte am 16.02.2012 einen Auszahlschein aus, demzufolge weiterhin Arbeitsunfähigkeit bestehe. Als Termin des nächsten Praxisbesuchs wurde der 18.03.2012 angegeben.
Am 18.04.2012 ging bei der Beklagten ein weiterer Auszahlschein von Dr. W. ein, in dem als Datum der Wiedervorstellung der 24.04.2012 vermerkt war. Dieser Auszahlschein enthielt als Datum der letzten Vorstellung sowie als vorgebliches Ausstellungsdatum den 18.03.2012, wobei die handschriftlich vorgenommenen Eintragungen dieser Daten deutliche Überschreibungen aufwiesen und bei der Bezeichnung des Monats jeweils eine "4" erkennen ließen. Daraufhin erkundigte sich eine Mitarbeiterin der Beklagten bei der Praxis Dr. W. nach diesen Auffälligkeiten. Ausweislich eines Aktenvermerks vom 19.04.2012 wurde ihr von der Sprechstundenhilfe von Dr. W. telefonisch mitgeteilt, die Klägerin sei am 16.02.2012 und dann definitiv erst am 03.04.2012 in der Praxis zur Untersuchung gewesen. Am 18.03.2012 sei sie nicht in der Praxis gewesen. Das Datum auf dem aktuellen Auszahlschein sei überschrieben worden, weil die Klägerin darauf hingewiesen habe, dass der Auszahlschein sonst nicht richtig ausgefüllt sei.
Mit Bescheid vom 24.04.2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass Krankengeld nur bis zum 18.03.2012 gezahlt werden könne. Danach habe die Versicherung der Klägerin geendet, da die weitere Arbeitsunfähigkeit erst am 03.04.3012 und damit nicht rechtzeitig festgestellt worden sei.
Bereits am 20.03.2012 hatte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) befragt. Dr. B. berichtete in einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 02.05.2012 über eine sozialmedizinische Fallberatung vom 22.03.2012. Eine telefonische Nachfrage bei Dr. W. habe ergeben, dass sich die psychiatrische Symptomatik nicht verändert habe. Überweisungen zum Facharzt und Psychotherapeuten seien bereits Anfang Januar 2012 ausgestellt worden. Die Klägerin habe jedoch mitgeteilt, dass sie keinen Behandlungsplatz bekomme. Bei aktuell unzureichender Therapie - auch bedingt durch unzureichende Compliance, da die Klägerin eine medikamentöse Therapie ablehne - sei die weitere Dauer der Arbeitsunfähigkeit nicht absehbar.
Gegen die Einstellung des Krankengeldes erhob die Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 08.05.2012 am 09.05.2012 Widerspruch. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei zwar zutreffend, dass die Klägerin am 18.03.2012 ihre Arbeitsunfähigkeit hätte erneut dokumentieren lassen müssen. Dies sei der Klägerin allerdings nicht vorwerfbar, da sie den Termin schlicht und einfach vergessen habe. Dieses Vergessen sei ihr nicht vorwerfbar, da sie aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, an den Termin zu denken und ihn wahrzunehmen. Der Hausarzt der Klägerin habe ausdrücklich bestätigt, dass der versäumte Termin ein Symptom des Krankheitsbildes der Klägerin sei. Er habe die durchgehende Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Deshalb könne es auf die fehlende Dokumentation nicht ankommen.
Die Klägerin legte ein Attest von Dr. W. vom 30.05.2012 vor, der ausführte, die Klägerin sei seit dem Erstkontakt am 04.11.2011 durchgängig bis zum heutigen Tag arbeitsunfähig. Bei der Erkrankung der Klägerin könne eine Vielzahl von Symptomen auftreten wie Gedankenkreisen und Tunnelblick. Außerdem seien Reizbarkeit, Schuldgefühle, Selbstentwertung und Konzentrationsstörungen häufige Symptome. Die Tragweite von Versäumnissen sei Patienten in dieser Krankheitsphase völlig gleichgültig. Dieses Verhalten müsse als Krankheitssymptom gewertet werden. Dies sei auch bei der Klägerin so zu sehen, wobei es nicht darauf ankomme, ob die Klägerin trotz Wissens um den Termin diesen aus einer psychomotorischen Lähmung heraus nicht wahrgenommen oder im Rahmen des Tunnelblicks und Gedankenkreisens vergessen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Klägerin sei Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.03.2012 bescheinigt worden. Sie habe erst am 03.04.012 wieder ihren Hausarzt aufgesucht. Die mitgliedschafterhaltende Wirkung des Krankengeldes habe am 18.03.2012 geendet, weshalb ihr ab dem 19.03.2012 kein Krankengeld mehr gezahlt werden könne.
Am 07.09.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Zur Begründung ließ sie erneut ausführen, sie habe aufgrund ihrer Erkrankung den Termin am 18.03.2012 bei Dr. W. vergessen. Sie habe sich am 16.03.2012 von ihrem Mann nach V. bringen lassen. Am 31.03.2012 sei dort ihre Nichte geboren worden. Am 01.04.2012 sei sie von ihrem Ehemann wieder abgeholt worden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Ausführungen hinsichtlich einer krankheitsbedingten Vergesslichkeit überzeugten nicht. Es bestehe weder eine fachärztliche Mitbehandlung noch würden Medikamente eingenommen, die eine Vergesslichkeit als Nebenwirkung vermuten ließen. Die Arbeitsunfähigkeit sei nahtlos nachzuweisen.
Das SG befragte Dr. W. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Er führte aus, die Klägerin leide an einer Angsterkrankung mit depressiven Anteilen, aufgrund derer die Tragweite von Versäumnissen der Klägerin völlig gleichgültig geworden sei. Dieses Verhalten sei als Krankheitssymptom zu werten. Am 18.03.2012 habe sich die Klägerin in D. bei ihrer Familie aufgehalten. Der Aufenthalt in der Heimat sei als Teil des therapeutischen Gesamtkonzepts zu sehen, da es bei der Klägerin zu einer Symptomreduzierung der Erkrankung komme, wenn sie sich in Norddeutschland in ihrem Heimatort aufhalte. Die Klägerin könne sich nur schwer von dort lösen und wieder zu ihrem Ehemann zurückkehren. Sie sei ansonsten pünktlich gewesen und habe keinen Termin versäumt. Der versäumte Termin am 18.03.2012 sei daher eindeutig aufgrund der Erkrankung der Klägerin erklärt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht machte die Klägerin geltend, sie habe damals unter erheblichem Gedankenkreisen gelitten und Schlafstörungen gehabt. Es sei die schlimmste Zeit ihres Lebens gewesen. Sie habe nur zu Hause gesessen und telefoniert. Sie sei vorher und hinterher immer lückenlos zum Arzt gegangen und habe nur diesen einen Termin absolut versäumt. Im Zuge der Geburt ihrer Nichte habe sie nur noch daran gedacht, weg zu ihrer Familie zu kommen. Sie legte Auszahlscheine von Dr. W. vor, in denen Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 24.04.2012 bis zum 24.05.2012, vom 24.05.2012 bis zum 11.06.2012, vom 11.06.2012 bis zum 11.07.2012, vom 11.07.2012 bis zum 25.07.2012, vom 25.07.2012 bis zum 30.08.2012 , vom 30.08.2012 bis zum 27.09.2012, vom 27.09.2012 bis zum 13.10.2012, vom 11.10.2012 bis zum 12.11.2012, vom 13.11.2012 bis zum 13.12.2012, vom 13.12.2012 bis zum 13.01.2013 und vom 14.01.2013 bis zum 11.02.2013 bescheinigt sind, sowie einen Bescheid der Beklagten über die Zahlung von Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 27.02.2013 bis zum 05.06.2013.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 04.09.2014 ab. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig mache. Arbeitsunfähigkeit liege grundsätzlich dann vor, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten könne. Der Anspruch auf Krankengeld entstehe gem. § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Dies gelte nach der Rechtsprechung des BSG nicht nur für die erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, sondern auch für jeden Folgezeitraum, da Krankengeld nur abschnittsweise gewährt werde und die Voraussetzungen für jeden Abschnitt erneut zu prüfen seien (BSG, Urteil v. 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - in juris). Bei der Regelung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V handele es sich um eine Ausschlussregelung, die die Krankenkasse davon entbinden solle, die Voraussetzungen einer verspätet geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit oder einer nachträglichen Bescheinigung im Nachhinein aufklären zu müssen. Die Krankenkasse solle die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) prüfen zu lassen. Dies diene einerseits der Vermeidung von Leistungsmissbrauch und versetze andererseits die Krankenkasse in die Lage, gegebenenfalls Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten einleiten zu können. Die Erlangung der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gehöre zu den Obliegenheiten des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitig getroffenen ärztlichen Feststellung seien deshalb grundsätzlich von dem Versicherten selbst zu tragen (vgl. Meyerhoff, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 46 Rn. 25; BSG, Urteil v. 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R; Urteil v. 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R -, beide in juris). Die Klägerin habe es vorliegend versäumt, ihre weitere Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig erneut feststellen zu lassen. Dr. W. habe die Klägerin zum 18.03.2012 wiedereinbestellt und damit Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.03.2012 angenommen. Den Termin am 18.03.2012 habe die Klägerin jedoch nicht wahrgenommen, sondern sich erst am 03.04.2012 wieder bei Dr. W. vorgestellt. Demnach habe ein Anspruch auf Krankengeld für die Klägerin lediglich bis zum 18.03.2012 bestanden. Auch ab dem Tag nach dem 03.04.2012 habe für die Klägerin kein Anspruch auf Krankengeld bestanden. Eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld bestehe gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur so lange fort, wie alle Voraussetzungen für das Krankengeld vorlägen oder Krankengeld tatsächlich bezahlt werde. Sobald jedoch der Anspruch auf Krankengeld wegfalle, ende die ursprüngliche Mitgliedschaft. Die Rechtsprechung habe Ausnahmen der rechtzeitigen Feststellung des Weiterbestehens der Arbeitsunfähigkeit und der Anzeige für den Fall anerkannt, dass der Versicherte alles in seiner Macht Stehende getan habe, um die Voraussetzungen für den Anspruch auf Krankengeld zu erfüllen, dies jedoch durch Gründe verhindert worden sei, die der Krankenkasse und nicht dem Versicherten zuzurechnen seien (vgl. BSG, Urteil v. 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R -, in juris). Eine weitere Ausnahme sei möglich, wenn der Versicherte wegen Geisteskrankheit geschäftsunfähig und ein gesetzlicher Vertreter nicht vorhanden und der Versicherte auf Grund dieses Umstandes nicht in der Lage gewesen sei, die für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit obligatorischen Handlungen vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil v. 22.06.1966 - 3 RK 14/64 - in juris), oder wenn der Versicherte sich in einer vergleichbaren Situation befinde, die aber so außergewöhnlich und dringlich sein müsse, dass sie ihn gewissermaßen handlungsunfähig mache (Meyerhoff, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 46 SGB V, Rn. 27). Ein solcher Fall liege bei der Klägerin nicht vor. Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit seien bei der Klägerin trotz der Erkrankung nicht ersichtlich. Auch eine sonstige Handlungsunfähigkeit könne nicht festgestellt werden. Zwar mache der behandelnde Arzt geltend, dass das Terminversäumnis der Klägerin auf deren Krankheit zurückzuführen sei. Auch wenn es der Klägerin in der damaligen Situation schwer gefallen sein solle, Termine einzuhalten und die Konsequenzen eines Terminversäumnisses abzusehen, könne dies im vorliegenden Fall nicht zu einem Anspruch auf Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus führen. Zum einen sei die Klägerin ansonsten immer pünktlich zu den angesetzten Terminen bei Dr. W. erschienen, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass erhebliche Probleme hinsichtlich der Organisation der Termine bestanden hätten. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Auszahlscheine an einem bestimmten Platz gelegen hätten, so dass auch deshalb davon ausgegangen werden könne, dass die Klägerin diese Termine grundsätzlich im Auge gehabt habe. Zum anderen hätte die Klägerin am 18.03.2012 in ihrer früheren Heimat einen anderen Arzt aufsuchen können, um die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu ermöglichen. Damit könne auch nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Klägerin tatsächlich durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei, da zwischen den beiden Konsultationen bei Dr. W. am 16.02.2012 und am 03.04.2012 etwa anderthalb Monate gelegen hätten. Die Versicherung der Klägerin als Arbeitnehmerin gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V habe mit dem 18.03.2012 geendet, da danach eine rechtzeitige erneute Feststellung der Arbeitsunfähigkeit unterblieben sei und eine Ausnahme von der Obliegenheit der rechtzeitigen Feststellung nicht vorgelegen habe. Ein Anspruch auf Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus bestehe daher nicht. Damit könne auch nicht festgestellt werden, dass die Versicherung der Klägerin mit Anspruch auf Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus bestanden habe.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 16.09.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.09.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung werde ausgeführt, aufgrund der psychischen Erkrankung der Klägerin liege eine Ausnahme vom Erfordernis des lückenlosen Nachweises der Arbeitsunfähigkeit vor. Auf die Ausnahme wegen Geschäftsunfähigkeit komme es entgegen des Auffassung des SG nicht an. Bereits aus dem Attest des Dr. W. vom 30.05.2012 ergebe sich, dass eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Darüber hinaus sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung an das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten des MDK vom 08.05.2012 gebunden, das zu dem Ergebnis komme, dass die Klägerin auf nicht absehbare Zeit erkrankt gewesen sei. Ein konkreter Hinweis auf die Folgen einer verspäteten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht erfolgt. Anderenfalls wäre der vorliegende Fall kaum denkbar.
Die Klägerin beantragt - sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 04.09.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 24.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld vom 19.03.2012 bis 11.02.2013 in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt zur Begründung auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug, das sie für zutreffend hält.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 09.12.2015 darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass diese Vorgehensweise beabsichtigt sei. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 13.01.2016 hat die Berichterstatterin mitgeteilt, dass an der mitgeteilten Vorgehensweise festgehalten und eine Entscheidung nicht vor dem 29.01.2016 ergehen werde.
Die Klägerin hat zuletzt noch vortragen lassen, dass ihr Ehemann am 03.04.2012 in der Praxis von Dr. W. wegen eines Termins für die Klägerin gewesen sei. Aus diesem Anlass habe er erfahren, dass ein Termin am 18.03.2012 hätte stattfinden sollen. Er habe dann sofort seine Frau geholt, die noch am selben Tag behandelt worden sei. Den Termin am 18.03.2012 habe sie aber krankheitsbedingt nicht wahrnehmen können, was Dr. W. bestätigt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung der Klägerin durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden hierzu angehört.
Die Berufung der Klägerin ist gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig und im Hinblick auf einen in Streit stehenden Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 19.03.2012 bis 11.02.2013 mit einem kalendertäglichen Betrag von 27,40 EUR (330 Tage mal 27,40 EUR = 9.042,00 EUR), mit dem der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) überschritten ist, auch ohne Zulassung durch das SG statthaft. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Streitgegenständlich ist ausschließlich der geltend gemachte Anspruch auf Weitergewährung von Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus, nicht jedoch ein gesonderter Anspruch auf Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsverhältnisses der Klägerin. Diese Feststellung ist im Rahmen der Prüfung des Anspruchs auf Krankengeld zu treffen, da der Anspruch auf Krankengeld einen entsprechenden Versicherungsstatus voraussetzt. Für eine gesonderte Feststellung neben dem Leistungsbegehren ist damit kein Raum, so dass der Antrag der Klägerin für das Berufungsverfahren entsprechend sachdienlich zu fassen war. Begrenzt ist der Anspruch auf die Zeit vom 19.03.2012 bis 11.02.2013, nachdem bis zu diesem Tag Auszahlscheine vorgelegt wurden.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weiteres Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus. Sie hat das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig nachgewiesen. Das SG hat zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften der Anspruch auf Krankengeld besteht und dass die Voraussetzungen hierfür im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind, insbesondere es an einem durchgehenden Nachweis von Arbeitsunfähigkeit fehlt, und dass ein Ausnahmetatbestand von der Notwendigkeit eines nahtlosen Nachweises der Arbeitsunfähigkeit hier nicht vorliegt. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des SG und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren ist ergänzend noch auszuführen, dass auch für den Senat nicht erkennbar ist, dass die Klägerin den Termin zur Wiedervorstellung am 18.03.2012 bei Dr. W. krankheitsbedingt nicht hat wahrnehmen können. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei fehlender ärztlicher Feststellung nur ausnahmsweise ein Krankengeldanspruch dann bestehen kann, wenn ein Handeln im Rechtssinne nicht möglich war, etwa bei geschäftsunfähigen Versicherten ohne gesetzlichen Vertreter oder bei Verlust der Handlungsfähigkeit (vgl. Brandts, in Kasseler Kommentar, § 46 SGB V Rn. 17 m.w.N.). Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass sie in diesem Sinne verhindert gewesen wäre, für eine nahtlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit Sorge zu tragen. Sie hat von Anfang an geltend gemacht, den Termin zur Wiedervorstellung am 18.03.2012 bei Dr. W. vergessen zu haben. Das Attest von Dr. W. vom 30.05.2012 sowie dessen Stellungnahme gegenüber dem SG vom 12.12.2012 reichen zum Nachweis dessen, dass dieses Versäumnis durch eine bei der Klägerin bestehende psychische Erkrankung bedingt war, nicht aus. Zwar kann es bei psychischen Erkrankungen vorübergehend zu einem Zustand der Handlungsunfähigkeit oder einem vergleichbaren Zustand kommen, in welchem dem Versicherten krankheitsbedingt – z.B. durch mangelnde Einsicht – eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung nicht möglich ist. Maßgeblich ist insoweit, ob der Versicherte zu einer entsprechenden Willensanspannung überhaupt noch in der Lage war, um die für eine Feststellung erforderlichen Handlungen vorzunehmen (Sonnhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 46 SGB V Rdnr. 42). Dies vermag der Senat auch auf der Grundlage der Äußerungen von Dr. W. nicht festzustellen. Dr. W. hatte bei der Klägerin eine Panikerkrankung mit depressiven Anteilen festgestellt, die nach seiner Auffassung dazu geführt habe, dass der Klägerin die Tragweite von Versäumnissen gleichgültig geworden sei. Bereits die von Dr. W. gestellte Diagnose spricht schon nicht dafür, dass bei der Klägerin eine Erkrankung vorlag, aufgrund derer sie - wie etwa im Falle einer schweren Depression - zu einer Willensanspannung nicht mehr in der Lage gewesen wäre. Dagegen spricht weiter, dass sich die Klägerin in der betreffenden Zeit bei ihrer Familie in V. aufgehalten hat, was insbesondere gegen einen depressionsbedingten sozialen Rückzug spricht. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Klägerin angegeben, sie habe sich in dieser Zeit sehr viele Gedanken gemacht, an Schlafstörungen gelitten, viel mit Freunden und der Familie telefoniert und auch viel geweint. Dass sich die Klägerin in einem Zustand krankheitsbedingter Apathie befunden hat, in dem ihr die Wahrnehmung ihrer eigenen Angelegenheiten, insbesondere das erneute Aufsuchen von Dr. W. am 18.03.2012 unmöglich gewesen wäre, lässt sich aufgrund dieser Angaben nicht erkennen. Die Klägerin hat ungeachtet der bei ihr bestehenden Erkrankung sämtliche vorangehenden Termine bei Dr. W. wahrnehmen können. Dass sich ihre Erkrankung im März 2012 in einer Weise verschlimmert hätte, dass sie ausgerechnet in dieser Zeit den maßgeblichen Termin nicht hat wahrnehmen können, ergibt sich aus den Angaben von Dr. W. nicht. Im Übrigen fehlt es insoweit auch an einer fachärztlichen Beurteilung, da sich die Klägerin nur bei dem Allgemeinarzt Dr. W. und nicht in fachärztlicher Behandlung befand. Schließlich spricht auch die Reaktion der Klägerin, als ihr das Versäumnis des Termins bekannt geworden ist, dagegen, dass sie sich in der maßgeblichen Zeit in einem krankheitsbedingten Zustand der Handlungsunfähigkeit befunden hat. Denn sie hat ausweislich der Angaben der Sprechstundenhilfe gegenüber der Beklagten darauf bestanden, dass die Daten in dem Auszahlschein geändert worden sind und anstelle des tatsächlichen Vorstellungs- und Ausstellungsdatums, des 03.04.2012, der 18.03.2012 angegeben worden ist. Dies - was im Übrigen ein versuchter Betrug sein dürfte - hat die Klägerin auch nicht bestritten. Auch der zuletzt erfolgte Vortrag, am 03.04.2012 sei zunächst ihr Ehemann in die Praxis von Dr. W. gegangen und habe sie sofort in die Praxis geholt, nachdem er von dem versäumten Termin erfahren habe, stellt die entsprechenden Feststellungen der Beklagten nicht in Frage. Die Klägerin hat mit ihrem Verhalten zu erkennen gegeben, dass ihr sehr wohl die Notwendigkeit einer nahtlosen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung bewusst war, und deswegen die unzutreffende Datenangabe der Praxis Dr. W. gegenüber der Beklagten veranlasst. Dies spricht für eine erhebliche Willensanspannung, zu der die Klägerin jedenfalls Anfang April 2012 in der Lage gewesen ist. Nachdem den Angaben von Dr. W. nicht zu entnehmen ist, dass die Erkrankung der Klägerin in schwankenden Ausprägungen bestanden hat, ist somit davon auszugehen, dass auch Mitte März 2012 bei der Klägerin kein Zustand der Handlungsunfähigkeit oder ein vergleichbarer krankheitsbedingter Zustand bestanden hat.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass Dr. B. vom MDK in seiner sozialmedizinischen Fallberatung vom 02.05.2012 eine weiterbestehende Arbeitsunfähigkeit von nicht absehbarer Dauer angenommen hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin tatsächlich nach dem 18.03.2012 durchgehend arbeitsunfähig war. Denn für den Anspruch auf Krankengeld fehlt es bereits an der notwendigen nahtlosen ärztlichen Feststellung. Dafür Sorge zu tragen, war der Klägerin - wie dargelegt - nicht unzumutbar.
Ein Hinweis der Beklagten auf die Notwendigkeit der durchgehenden Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit war nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 10.05.2012 - B 1 KR 19/11 R -, in juris). Zudem war der Klägerin dieses Erfordernis durchaus bekannt, wie sich aus ihrem Verhalten bei der Wiedervorstellung in der Praxis Dr. W. am 03.04.2012 zweifelsfrei ergibt.
Zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen war der Senat nicht veranlasst.
Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt weiteres Krankengeld für die Zeit ab dem 19.03.2012.
Die 1982 geborene Klägerin war als Sozialarbeiterin in einem Seniorenzentrum in V. tätig. Seit dem 29.06.2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt aufgrund einer Angststörung und eines reaktiven depressiven Syndroms. Seit dem 09.08.2011 erhielt sie von der Beklagten Krankengeld in Höhe von 27,40 EUR kalendertäglich. Zum 30.09.2011 endete das befristete Arbeitsverhältnis der Klägerin.
Im November 2011 zog die Klägerin von V. nach W ... Am 04.11.2011 stellte sie sich erstmals bei dem Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin Dr. W. in R. vor. Dieser bestätigte der Klägerin weiterhin Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer ausgeprägten Angststörung und stellte am 16.02.2012 einen Auszahlschein aus, demzufolge weiterhin Arbeitsunfähigkeit bestehe. Als Termin des nächsten Praxisbesuchs wurde der 18.03.2012 angegeben.
Am 18.04.2012 ging bei der Beklagten ein weiterer Auszahlschein von Dr. W. ein, in dem als Datum der Wiedervorstellung der 24.04.2012 vermerkt war. Dieser Auszahlschein enthielt als Datum der letzten Vorstellung sowie als vorgebliches Ausstellungsdatum den 18.03.2012, wobei die handschriftlich vorgenommenen Eintragungen dieser Daten deutliche Überschreibungen aufwiesen und bei der Bezeichnung des Monats jeweils eine "4" erkennen ließen. Daraufhin erkundigte sich eine Mitarbeiterin der Beklagten bei der Praxis Dr. W. nach diesen Auffälligkeiten. Ausweislich eines Aktenvermerks vom 19.04.2012 wurde ihr von der Sprechstundenhilfe von Dr. W. telefonisch mitgeteilt, die Klägerin sei am 16.02.2012 und dann definitiv erst am 03.04.2012 in der Praxis zur Untersuchung gewesen. Am 18.03.2012 sei sie nicht in der Praxis gewesen. Das Datum auf dem aktuellen Auszahlschein sei überschrieben worden, weil die Klägerin darauf hingewiesen habe, dass der Auszahlschein sonst nicht richtig ausgefüllt sei.
Mit Bescheid vom 24.04.2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass Krankengeld nur bis zum 18.03.2012 gezahlt werden könne. Danach habe die Versicherung der Klägerin geendet, da die weitere Arbeitsunfähigkeit erst am 03.04.3012 und damit nicht rechtzeitig festgestellt worden sei.
Bereits am 20.03.2012 hatte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) befragt. Dr. B. berichtete in einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 02.05.2012 über eine sozialmedizinische Fallberatung vom 22.03.2012. Eine telefonische Nachfrage bei Dr. W. habe ergeben, dass sich die psychiatrische Symptomatik nicht verändert habe. Überweisungen zum Facharzt und Psychotherapeuten seien bereits Anfang Januar 2012 ausgestellt worden. Die Klägerin habe jedoch mitgeteilt, dass sie keinen Behandlungsplatz bekomme. Bei aktuell unzureichender Therapie - auch bedingt durch unzureichende Compliance, da die Klägerin eine medikamentöse Therapie ablehne - sei die weitere Dauer der Arbeitsunfähigkeit nicht absehbar.
Gegen die Einstellung des Krankengeldes erhob die Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 08.05.2012 am 09.05.2012 Widerspruch. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei zwar zutreffend, dass die Klägerin am 18.03.2012 ihre Arbeitsunfähigkeit hätte erneut dokumentieren lassen müssen. Dies sei der Klägerin allerdings nicht vorwerfbar, da sie den Termin schlicht und einfach vergessen habe. Dieses Vergessen sei ihr nicht vorwerfbar, da sie aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, an den Termin zu denken und ihn wahrzunehmen. Der Hausarzt der Klägerin habe ausdrücklich bestätigt, dass der versäumte Termin ein Symptom des Krankheitsbildes der Klägerin sei. Er habe die durchgehende Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Deshalb könne es auf die fehlende Dokumentation nicht ankommen.
Die Klägerin legte ein Attest von Dr. W. vom 30.05.2012 vor, der ausführte, die Klägerin sei seit dem Erstkontakt am 04.11.2011 durchgängig bis zum heutigen Tag arbeitsunfähig. Bei der Erkrankung der Klägerin könne eine Vielzahl von Symptomen auftreten wie Gedankenkreisen und Tunnelblick. Außerdem seien Reizbarkeit, Schuldgefühle, Selbstentwertung und Konzentrationsstörungen häufige Symptome. Die Tragweite von Versäumnissen sei Patienten in dieser Krankheitsphase völlig gleichgültig. Dieses Verhalten müsse als Krankheitssymptom gewertet werden. Dies sei auch bei der Klägerin so zu sehen, wobei es nicht darauf ankomme, ob die Klägerin trotz Wissens um den Termin diesen aus einer psychomotorischen Lähmung heraus nicht wahrgenommen oder im Rahmen des Tunnelblicks und Gedankenkreisens vergessen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Klägerin sei Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.03.2012 bescheinigt worden. Sie habe erst am 03.04.012 wieder ihren Hausarzt aufgesucht. Die mitgliedschafterhaltende Wirkung des Krankengeldes habe am 18.03.2012 geendet, weshalb ihr ab dem 19.03.2012 kein Krankengeld mehr gezahlt werden könne.
Am 07.09.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Zur Begründung ließ sie erneut ausführen, sie habe aufgrund ihrer Erkrankung den Termin am 18.03.2012 bei Dr. W. vergessen. Sie habe sich am 16.03.2012 von ihrem Mann nach V. bringen lassen. Am 31.03.2012 sei dort ihre Nichte geboren worden. Am 01.04.2012 sei sie von ihrem Ehemann wieder abgeholt worden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Ausführungen hinsichtlich einer krankheitsbedingten Vergesslichkeit überzeugten nicht. Es bestehe weder eine fachärztliche Mitbehandlung noch würden Medikamente eingenommen, die eine Vergesslichkeit als Nebenwirkung vermuten ließen. Die Arbeitsunfähigkeit sei nahtlos nachzuweisen.
Das SG befragte Dr. W. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Er führte aus, die Klägerin leide an einer Angsterkrankung mit depressiven Anteilen, aufgrund derer die Tragweite von Versäumnissen der Klägerin völlig gleichgültig geworden sei. Dieses Verhalten sei als Krankheitssymptom zu werten. Am 18.03.2012 habe sich die Klägerin in D. bei ihrer Familie aufgehalten. Der Aufenthalt in der Heimat sei als Teil des therapeutischen Gesamtkonzepts zu sehen, da es bei der Klägerin zu einer Symptomreduzierung der Erkrankung komme, wenn sie sich in Norddeutschland in ihrem Heimatort aufhalte. Die Klägerin könne sich nur schwer von dort lösen und wieder zu ihrem Ehemann zurückkehren. Sie sei ansonsten pünktlich gewesen und habe keinen Termin versäumt. Der versäumte Termin am 18.03.2012 sei daher eindeutig aufgrund der Erkrankung der Klägerin erklärt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht machte die Klägerin geltend, sie habe damals unter erheblichem Gedankenkreisen gelitten und Schlafstörungen gehabt. Es sei die schlimmste Zeit ihres Lebens gewesen. Sie habe nur zu Hause gesessen und telefoniert. Sie sei vorher und hinterher immer lückenlos zum Arzt gegangen und habe nur diesen einen Termin absolut versäumt. Im Zuge der Geburt ihrer Nichte habe sie nur noch daran gedacht, weg zu ihrer Familie zu kommen. Sie legte Auszahlscheine von Dr. W. vor, in denen Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 24.04.2012 bis zum 24.05.2012, vom 24.05.2012 bis zum 11.06.2012, vom 11.06.2012 bis zum 11.07.2012, vom 11.07.2012 bis zum 25.07.2012, vom 25.07.2012 bis zum 30.08.2012 , vom 30.08.2012 bis zum 27.09.2012, vom 27.09.2012 bis zum 13.10.2012, vom 11.10.2012 bis zum 12.11.2012, vom 13.11.2012 bis zum 13.12.2012, vom 13.12.2012 bis zum 13.01.2013 und vom 14.01.2013 bis zum 11.02.2013 bescheinigt sind, sowie einen Bescheid der Beklagten über die Zahlung von Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 27.02.2013 bis zum 05.06.2013.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 04.09.2014 ab. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig mache. Arbeitsunfähigkeit liege grundsätzlich dann vor, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten könne. Der Anspruch auf Krankengeld entstehe gem. § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Dies gelte nach der Rechtsprechung des BSG nicht nur für die erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, sondern auch für jeden Folgezeitraum, da Krankengeld nur abschnittsweise gewährt werde und die Voraussetzungen für jeden Abschnitt erneut zu prüfen seien (BSG, Urteil v. 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - in juris). Bei der Regelung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V handele es sich um eine Ausschlussregelung, die die Krankenkasse davon entbinden solle, die Voraussetzungen einer verspätet geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit oder einer nachträglichen Bescheinigung im Nachhinein aufklären zu müssen. Die Krankenkasse solle die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) prüfen zu lassen. Dies diene einerseits der Vermeidung von Leistungsmissbrauch und versetze andererseits die Krankenkasse in die Lage, gegebenenfalls Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten einleiten zu können. Die Erlangung der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gehöre zu den Obliegenheiten des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitig getroffenen ärztlichen Feststellung seien deshalb grundsätzlich von dem Versicherten selbst zu tragen (vgl. Meyerhoff, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 46 Rn. 25; BSG, Urteil v. 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R; Urteil v. 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R -, beide in juris). Die Klägerin habe es vorliegend versäumt, ihre weitere Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig erneut feststellen zu lassen. Dr. W. habe die Klägerin zum 18.03.2012 wiedereinbestellt und damit Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.03.2012 angenommen. Den Termin am 18.03.2012 habe die Klägerin jedoch nicht wahrgenommen, sondern sich erst am 03.04.2012 wieder bei Dr. W. vorgestellt. Demnach habe ein Anspruch auf Krankengeld für die Klägerin lediglich bis zum 18.03.2012 bestanden. Auch ab dem Tag nach dem 03.04.2012 habe für die Klägerin kein Anspruch auf Krankengeld bestanden. Eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld bestehe gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur so lange fort, wie alle Voraussetzungen für das Krankengeld vorlägen oder Krankengeld tatsächlich bezahlt werde. Sobald jedoch der Anspruch auf Krankengeld wegfalle, ende die ursprüngliche Mitgliedschaft. Die Rechtsprechung habe Ausnahmen der rechtzeitigen Feststellung des Weiterbestehens der Arbeitsunfähigkeit und der Anzeige für den Fall anerkannt, dass der Versicherte alles in seiner Macht Stehende getan habe, um die Voraussetzungen für den Anspruch auf Krankengeld zu erfüllen, dies jedoch durch Gründe verhindert worden sei, die der Krankenkasse und nicht dem Versicherten zuzurechnen seien (vgl. BSG, Urteil v. 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R -, in juris). Eine weitere Ausnahme sei möglich, wenn der Versicherte wegen Geisteskrankheit geschäftsunfähig und ein gesetzlicher Vertreter nicht vorhanden und der Versicherte auf Grund dieses Umstandes nicht in der Lage gewesen sei, die für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit obligatorischen Handlungen vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil v. 22.06.1966 - 3 RK 14/64 - in juris), oder wenn der Versicherte sich in einer vergleichbaren Situation befinde, die aber so außergewöhnlich und dringlich sein müsse, dass sie ihn gewissermaßen handlungsunfähig mache (Meyerhoff, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 46 SGB V, Rn. 27). Ein solcher Fall liege bei der Klägerin nicht vor. Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit seien bei der Klägerin trotz der Erkrankung nicht ersichtlich. Auch eine sonstige Handlungsunfähigkeit könne nicht festgestellt werden. Zwar mache der behandelnde Arzt geltend, dass das Terminversäumnis der Klägerin auf deren Krankheit zurückzuführen sei. Auch wenn es der Klägerin in der damaligen Situation schwer gefallen sein solle, Termine einzuhalten und die Konsequenzen eines Terminversäumnisses abzusehen, könne dies im vorliegenden Fall nicht zu einem Anspruch auf Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus führen. Zum einen sei die Klägerin ansonsten immer pünktlich zu den angesetzten Terminen bei Dr. W. erschienen, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass erhebliche Probleme hinsichtlich der Organisation der Termine bestanden hätten. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Auszahlscheine an einem bestimmten Platz gelegen hätten, so dass auch deshalb davon ausgegangen werden könne, dass die Klägerin diese Termine grundsätzlich im Auge gehabt habe. Zum anderen hätte die Klägerin am 18.03.2012 in ihrer früheren Heimat einen anderen Arzt aufsuchen können, um die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu ermöglichen. Damit könne auch nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Klägerin tatsächlich durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei, da zwischen den beiden Konsultationen bei Dr. W. am 16.02.2012 und am 03.04.2012 etwa anderthalb Monate gelegen hätten. Die Versicherung der Klägerin als Arbeitnehmerin gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V habe mit dem 18.03.2012 geendet, da danach eine rechtzeitige erneute Feststellung der Arbeitsunfähigkeit unterblieben sei und eine Ausnahme von der Obliegenheit der rechtzeitigen Feststellung nicht vorgelegen habe. Ein Anspruch auf Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus bestehe daher nicht. Damit könne auch nicht festgestellt werden, dass die Versicherung der Klägerin mit Anspruch auf Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus bestanden habe.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 16.09.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.09.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung werde ausgeführt, aufgrund der psychischen Erkrankung der Klägerin liege eine Ausnahme vom Erfordernis des lückenlosen Nachweises der Arbeitsunfähigkeit vor. Auf die Ausnahme wegen Geschäftsunfähigkeit komme es entgegen des Auffassung des SG nicht an. Bereits aus dem Attest des Dr. W. vom 30.05.2012 ergebe sich, dass eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Darüber hinaus sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung an das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten des MDK vom 08.05.2012 gebunden, das zu dem Ergebnis komme, dass die Klägerin auf nicht absehbare Zeit erkrankt gewesen sei. Ein konkreter Hinweis auf die Folgen einer verspäteten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht erfolgt. Anderenfalls wäre der vorliegende Fall kaum denkbar.
Die Klägerin beantragt - sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 04.09.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 24.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld vom 19.03.2012 bis 11.02.2013 in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt zur Begründung auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug, das sie für zutreffend hält.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 09.12.2015 darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass diese Vorgehensweise beabsichtigt sei. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 13.01.2016 hat die Berichterstatterin mitgeteilt, dass an der mitgeteilten Vorgehensweise festgehalten und eine Entscheidung nicht vor dem 29.01.2016 ergehen werde.
Die Klägerin hat zuletzt noch vortragen lassen, dass ihr Ehemann am 03.04.2012 in der Praxis von Dr. W. wegen eines Termins für die Klägerin gewesen sei. Aus diesem Anlass habe er erfahren, dass ein Termin am 18.03.2012 hätte stattfinden sollen. Er habe dann sofort seine Frau geholt, die noch am selben Tag behandelt worden sei. Den Termin am 18.03.2012 habe sie aber krankheitsbedingt nicht wahrnehmen können, was Dr. W. bestätigt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung der Klägerin durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden hierzu angehört.
Die Berufung der Klägerin ist gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig und im Hinblick auf einen in Streit stehenden Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 19.03.2012 bis 11.02.2013 mit einem kalendertäglichen Betrag von 27,40 EUR (330 Tage mal 27,40 EUR = 9.042,00 EUR), mit dem der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) überschritten ist, auch ohne Zulassung durch das SG statthaft. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Streitgegenständlich ist ausschließlich der geltend gemachte Anspruch auf Weitergewährung von Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus, nicht jedoch ein gesonderter Anspruch auf Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsverhältnisses der Klägerin. Diese Feststellung ist im Rahmen der Prüfung des Anspruchs auf Krankengeld zu treffen, da der Anspruch auf Krankengeld einen entsprechenden Versicherungsstatus voraussetzt. Für eine gesonderte Feststellung neben dem Leistungsbegehren ist damit kein Raum, so dass der Antrag der Klägerin für das Berufungsverfahren entsprechend sachdienlich zu fassen war. Begrenzt ist der Anspruch auf die Zeit vom 19.03.2012 bis 11.02.2013, nachdem bis zu diesem Tag Auszahlscheine vorgelegt wurden.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weiteres Krankengeld über den 18.03.2012 hinaus. Sie hat das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig nachgewiesen. Das SG hat zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften der Anspruch auf Krankengeld besteht und dass die Voraussetzungen hierfür im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind, insbesondere es an einem durchgehenden Nachweis von Arbeitsunfähigkeit fehlt, und dass ein Ausnahmetatbestand von der Notwendigkeit eines nahtlosen Nachweises der Arbeitsunfähigkeit hier nicht vorliegt. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des SG und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren ist ergänzend noch auszuführen, dass auch für den Senat nicht erkennbar ist, dass die Klägerin den Termin zur Wiedervorstellung am 18.03.2012 bei Dr. W. krankheitsbedingt nicht hat wahrnehmen können. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei fehlender ärztlicher Feststellung nur ausnahmsweise ein Krankengeldanspruch dann bestehen kann, wenn ein Handeln im Rechtssinne nicht möglich war, etwa bei geschäftsunfähigen Versicherten ohne gesetzlichen Vertreter oder bei Verlust der Handlungsfähigkeit (vgl. Brandts, in Kasseler Kommentar, § 46 SGB V Rn. 17 m.w.N.). Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass sie in diesem Sinne verhindert gewesen wäre, für eine nahtlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit Sorge zu tragen. Sie hat von Anfang an geltend gemacht, den Termin zur Wiedervorstellung am 18.03.2012 bei Dr. W. vergessen zu haben. Das Attest von Dr. W. vom 30.05.2012 sowie dessen Stellungnahme gegenüber dem SG vom 12.12.2012 reichen zum Nachweis dessen, dass dieses Versäumnis durch eine bei der Klägerin bestehende psychische Erkrankung bedingt war, nicht aus. Zwar kann es bei psychischen Erkrankungen vorübergehend zu einem Zustand der Handlungsunfähigkeit oder einem vergleichbaren Zustand kommen, in welchem dem Versicherten krankheitsbedingt – z.B. durch mangelnde Einsicht – eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung nicht möglich ist. Maßgeblich ist insoweit, ob der Versicherte zu einer entsprechenden Willensanspannung überhaupt noch in der Lage war, um die für eine Feststellung erforderlichen Handlungen vorzunehmen (Sonnhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 46 SGB V Rdnr. 42). Dies vermag der Senat auch auf der Grundlage der Äußerungen von Dr. W. nicht festzustellen. Dr. W. hatte bei der Klägerin eine Panikerkrankung mit depressiven Anteilen festgestellt, die nach seiner Auffassung dazu geführt habe, dass der Klägerin die Tragweite von Versäumnissen gleichgültig geworden sei. Bereits die von Dr. W. gestellte Diagnose spricht schon nicht dafür, dass bei der Klägerin eine Erkrankung vorlag, aufgrund derer sie - wie etwa im Falle einer schweren Depression - zu einer Willensanspannung nicht mehr in der Lage gewesen wäre. Dagegen spricht weiter, dass sich die Klägerin in der betreffenden Zeit bei ihrer Familie in V. aufgehalten hat, was insbesondere gegen einen depressionsbedingten sozialen Rückzug spricht. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Klägerin angegeben, sie habe sich in dieser Zeit sehr viele Gedanken gemacht, an Schlafstörungen gelitten, viel mit Freunden und der Familie telefoniert und auch viel geweint. Dass sich die Klägerin in einem Zustand krankheitsbedingter Apathie befunden hat, in dem ihr die Wahrnehmung ihrer eigenen Angelegenheiten, insbesondere das erneute Aufsuchen von Dr. W. am 18.03.2012 unmöglich gewesen wäre, lässt sich aufgrund dieser Angaben nicht erkennen. Die Klägerin hat ungeachtet der bei ihr bestehenden Erkrankung sämtliche vorangehenden Termine bei Dr. W. wahrnehmen können. Dass sich ihre Erkrankung im März 2012 in einer Weise verschlimmert hätte, dass sie ausgerechnet in dieser Zeit den maßgeblichen Termin nicht hat wahrnehmen können, ergibt sich aus den Angaben von Dr. W. nicht. Im Übrigen fehlt es insoweit auch an einer fachärztlichen Beurteilung, da sich die Klägerin nur bei dem Allgemeinarzt Dr. W. und nicht in fachärztlicher Behandlung befand. Schließlich spricht auch die Reaktion der Klägerin, als ihr das Versäumnis des Termins bekannt geworden ist, dagegen, dass sie sich in der maßgeblichen Zeit in einem krankheitsbedingten Zustand der Handlungsunfähigkeit befunden hat. Denn sie hat ausweislich der Angaben der Sprechstundenhilfe gegenüber der Beklagten darauf bestanden, dass die Daten in dem Auszahlschein geändert worden sind und anstelle des tatsächlichen Vorstellungs- und Ausstellungsdatums, des 03.04.2012, der 18.03.2012 angegeben worden ist. Dies - was im Übrigen ein versuchter Betrug sein dürfte - hat die Klägerin auch nicht bestritten. Auch der zuletzt erfolgte Vortrag, am 03.04.2012 sei zunächst ihr Ehemann in die Praxis von Dr. W. gegangen und habe sie sofort in die Praxis geholt, nachdem er von dem versäumten Termin erfahren habe, stellt die entsprechenden Feststellungen der Beklagten nicht in Frage. Die Klägerin hat mit ihrem Verhalten zu erkennen gegeben, dass ihr sehr wohl die Notwendigkeit einer nahtlosen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung bewusst war, und deswegen die unzutreffende Datenangabe der Praxis Dr. W. gegenüber der Beklagten veranlasst. Dies spricht für eine erhebliche Willensanspannung, zu der die Klägerin jedenfalls Anfang April 2012 in der Lage gewesen ist. Nachdem den Angaben von Dr. W. nicht zu entnehmen ist, dass die Erkrankung der Klägerin in schwankenden Ausprägungen bestanden hat, ist somit davon auszugehen, dass auch Mitte März 2012 bei der Klägerin kein Zustand der Handlungsunfähigkeit oder ein vergleichbarer krankheitsbedingter Zustand bestanden hat.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass Dr. B. vom MDK in seiner sozialmedizinischen Fallberatung vom 02.05.2012 eine weiterbestehende Arbeitsunfähigkeit von nicht absehbarer Dauer angenommen hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin tatsächlich nach dem 18.03.2012 durchgehend arbeitsunfähig war. Denn für den Anspruch auf Krankengeld fehlt es bereits an der notwendigen nahtlosen ärztlichen Feststellung. Dafür Sorge zu tragen, war der Klägerin - wie dargelegt - nicht unzumutbar.
Ein Hinweis der Beklagten auf die Notwendigkeit der durchgehenden Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit war nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 10.05.2012 - B 1 KR 19/11 R -, in juris). Zudem war der Klägerin dieses Erfordernis durchaus bekannt, wie sich aus ihrem Verhalten bei der Wiedervorstellung in der Praxis Dr. W. am 03.04.2012 zweifelsfrei ergibt.
Zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen war der Senat nicht veranlasst.
Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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