Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 3409/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5071/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. November 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Versorgung mit einem "Continuous Glucosemonitoring System" (CGMS) nebst Verbrauchsmaterialien (Sensoren).
Der am 1961 geborene, alleinlebende Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Bei ihm wurde bereits 1970 erstmals ein Diabetes mellitus Typ 1 diagnostiziert. 2000 wurde ein Roux-Y-Magenbypass vorgenommen. Wegen eines Pankreaskorpustumors erfolgte im Juni 2014 eine Pankreaslinksresektion (Teilentfernung der Bauchspeicheldrüse) mit Splenektomie (Entfernung der Milz). Wegen der Diabeteserkrankung ist der Kläger bereits mit einer Insulinpumpe (MiniMed G 504) versorgt, die über eine zuschaltbare Option zu kontinuierlichen Glukosemonitoring verfügt.
Im Juli 2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Prof. Dr. H., Facharzt für Endokrinologie, Stoffwechselzentrum R.-P., vom 11. Juni 2015 (Diagnose Diabetes mellitus Typ 1), eines "ärztlichen Gutachtens" der Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. H./Priv.Doz. Dr. M. vom 28. Mai 2015 und eines Kostenvoranschlags in Höhe von EUR 1.289,48 die Versorgung mit einem CMG Start-Set MiniMed 640 G. Im genannten "ärztlichen Gutachten" wurde die Diagnose eines Diabetes mellitus Typ 1 gestellt und nächtliche Hypoglykämien, schwere Hypoglykämien mit erforderlicher Fremdhilfe, Hypoglykämiewahrnehmungsstörungen und Blutzuckerschwankungen unklarer Genese beschrieben. Beim Kläger liege als Diabetes assoziierte Folgeerkrankung eine schmerzhafte sensomotorische Polyneuropathie (bekannt seit 19. Mai 2015) vor. Bei ihm träten nächtliche Hypoglykämien mit erheblichem Risikopotenzial für Akut- und Folgeschäden auf. Während der letzten zwölf Monate sei bei zwei schweren Hypoglykämien Fremdhilfe benötigt worden. Trotz intensiver konventioneller Insulintherapie mit mehreren Insulininjektionen täglich sei keine stabile, normoglykämische Blutzuckereinstellung zu erreichen. Wiederholt komme es zu starken Blutzuckerschwankungen mit Hypo- und Hyperglykämien. Die kontinuierliche Glukosemessung diene der Optimierung der Diabeteseinstellung sowie der Vermeidung von Hypoglykämien, die vom Kläger aufgrund einer gestörten Hypoglykämiewahrnehmung normalerweise zu spät oder gar nicht bemerkt würden. Durch Nutzung der Alarmfunktion des Glukosemonitoring-Systems würden Anzahl und Schwere der Hypoglykämien reduziert.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2015 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für ein CGMS ab, da es sich um eine außervertragliche Behandlungsmethode handle. Diese neue Methode sei noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannt worden, so dass die gesetzlichen Krankenkassen für diese keine Kosten übernehmen dürften.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, die gesetzliche Krankenversicherung sei verpflichtet, dem medizinischen Fortschritt Rechnung zu tragen, d.h. neue Behandlungsmethoden in das Verzeichnis der verordnungsfähigen Arznei-, Heil- und Hilfsmittel aufzunehmen. Bei dem CGMS handle es sich um ein Hilfsmittel. Der Hersteller habe längst einen Antrag auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis gestellt. Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses umfassten nach § 92 Abs. 7 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Hilfsmittel nicht. Die vorhandene Insulinpumpe werde allein Hyperglykämien verhindern, nicht aber Hypoglykämien. Das CGMS beende die Insulinzufuhr bei fallenden Blutzuckerwerten und drohender Hypoglykämiegefahr und setze die Insulinzufuhr erst fort, wenn die Blutzuckerwerte wieder stiegen; im Gegensatz zu ihm selbst übersehe das CGMS solche Hypoglykämiegefahren nicht. Es gehe vorliegend also um einen Spezialfall, wie er in § 92 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 SGB V geregelt sei. Aufgrund der Besonderheiten des Diabetes mellitus Typ 3 im Gegensatz zu den Typen 1 und 2 (fehlende oder fast fehlende Bauchspeicheldrüse) und des zusätzlichen Y-Roux-Bypasses bestehe bei ihm eine sehr große Neigung zu Hypoglykämien. Der Einsatz des CGMS sei gemessen an den derzeit immer wieder notwendig werdenden stationären Aufenthalten auch wirtschaftlicher, da diese durch das System deutlich reduziert werden könnten.
Auf Anfrage der Beklagten beschrieb Prof. Dr. H. als behandelnder Arzt einen instabilen Diabetes mellitus Typ 1 mit Hyper- und Hypoglykämien. Die bisherige Messtherapie mittels Teststreifen sei medizinisch nicht zweckmäßig und ausreichend, da diese Hypoglykämien nicht verhindere und bei der notwendigen Häufigkeit an Messungen die Kosten für Teststreifen über denen für den Sensor lägen. Täglich, teilweise mehrmals träten Hypoglykämien auf, die der Kläger selbst nicht zeitig genug wahrnehme. Es bestehe bereits eine Polyneuropathie als Folge der Diabeteserkrankung. Das Glukosemonitoring solle dauerhaft zur Vermeidung schwerer Hypoglykämien durchgeführt werden (Stellungnahme vom 31. August 2015).
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2015 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Dass die Krankenkassen mangels Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses für die CGMS keine entsprechenden Kosten übernehmen dürften, werde durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 514 R - juris) bestätigt.
Hiergegen erhob der Kläger am 9. November 2015 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) und führte zur Begründung aus, zwar gebe es das im Widerspruchsbescheid genannte Urteil des BSG. Dagegen habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits 2005 die Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses gerügt. Dennoch sei dieser im Anschluss bereits seit zehn Jahren untätig. Hiergegen wende er sich mit der mittlerweile an das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg verwiesenen Klage gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss. Die Therapie sei insgesamt notwendig, weil er – besonders nachts – in lebensgefährliche Hypoglykämien zu fallen drohe, die er nicht bemerke. Ohne Gegenmaßnahmen führten diese innerhalb von 20 bis 25 Minuten zu einem Koma und nach weiteren 25 bis 30 Minuten zum Tod. Nach einem Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2013 (S 23 KR 6965/11, nicht veröffentlicht) handle es sich bei dem CGMS nicht um eine neue Methode, weil nach wie vor Insulin per Insulinpumpe substituiert werde; das CGMS sei lediglich ein Messsystem, das die Insulinpumpe unterstütze bzw. erweitere. In bestimmten Fällen – wie auch bei ihm – wende das CGMS eine Lebensgefahr ab. Daher bestehe schon aus Verfassungsgründen (Art. 2 Grundgesetz [GG]) eine Finanzierungspflicht der Krankenversicherung. Bei ihm bestehe entgegen der Annahme der Beklagten kein Diabetes mellitus Typ 1, bei dem eine normoglykämische Einstellung oftmals ohne ein CGMS möglich sei. Bei diesem Typ bestehe lediglich ein Rückgang der B-Zellen (Insulinproduktion) der Bauchspeicheldrüse, während bei dem bei ihm bestehenden Diabetes mellitus Typ 3 (Typ 3c) die Bauchspeicheldrüse fehle und daher deren komplette Funktion (auch A-Zellen für die Glukoseproduktion) entfalle. Dadurch komme es zu sehr stark schwankenden Blutzuckerwerten mit hieraus resultierenden Hyper- und Hypoglykämien, die lebensbedrohlich seien. Eine Insulinpumpe allein biete daher keine Lösung. Erst das CGMS, das alle drei bzw. fünf Minuten den Blutzucker messe, bemerke steile Abfälle, warne und drossle die Insulinzufuhr entsprechend, so dass der Blutzucker oberhalb eines festgelegten Wertes gehalten werden könne. Das System funktioniere sehr sicher, was durch einen Versuch im Stoffwechselzentrum Rheinland-Pfalz vom 9. bis 14. November 2015 bewiesen worden sei.
Die Beklagte war dem unter Verweis auf die Gründe der angefochtenen Bescheide und des genannten Urteils des BSG entgegengetreten.
Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 17. November 2015) wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 27. November 2015 die Klage ab. Dem Urteil des BSG vom 8. Juli 2015 (a.a.O.) folgend, verneinte es einen Anspruch des Klägers auf Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Ein Ausnahmefall im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V liege nicht vor. Zwar handele sich bei der Diabeteserkrankung um eine schwerwiegende Erkrankung, die die Lebensqualität des Klägers nicht unerheblich beeinträchtige. Es gehe aber weder um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende noch um eine wertungsmäßig mit einer solchen Krankheit vergleichbare Erkrankung. Zudem existiere jedenfalls eine dem medizinischen Standard entsprechende Therapie.
Gegen diesen ihm am 1. Dezember 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 9. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Insbesondere hat er auf das genannte Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. November 2013 verwiesen, das überzeugend dargelegt habe, dass das CGMS keine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode darstelle. Das BSG sei in seinem Urteil (a.a.O.) wohl von den ersten CGMS-Modellen ausgegangen, die noch mit "Kinderkrankheiten" behaftet gewesen seien. Jedenfalls betreffe dieses Urteil einen Kläger mit einem Diabetes mellitus Typ 1, nicht Typ 3 wie bei ihm. Des Weiteren habe das BSG im genannten Urteil nicht entschieden, was passieren solle, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss über Jahre hinweg untätig bleibe. Ein Test des CMGS habe zu 100 % bewiesen, dass die Gefahr von Hypoglykämien beseitigt worden sei. Die Gefahr unbemerkter Hypoglykämien bestünde nicht nur beim Sport, sondern auch beim Arbeiten am Computer und beim Schlafen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. November 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2015 zu verurteilen, ihn mit einem Continuous Monitoring System nebst zehn Sensoren monatlich zu versorgen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf die Begründung des angefochtenen Gerichtsbescheids verwiesen.
Der Senat hat die im parallelen (erfolglosen) Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eingeholte schriftliche Aussage von Prof. Dr. H. als sachverständigen Zeugen vom 25. Januar 2016 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Darin hat dieser angegeben, es liege wohl eine Mischform eines pankreopriven Diabetes und eines Diabetes Typ 1 vor. Es werde eine intensivierte Insulintherapie mit Insulinpumpe durchgeführt. Eine ausführliche Blutzuckerdokumentation (seit Ende August 2015) liege nicht vor, so dass zu einer konkreten Gefährdung durch schwere Hypoglykämien keine Aussage gemacht werden könne. Das Monitoring diene in erster Linie einer genaueren Untersuchung des Blutzuckerverlaufs nach Glukosebelastung. Beim Kläger liege durch den Zustand nach Magenoperation mit veränderter Glukoseaufnahme und bei Zustand nach zumindest Pankreaktomie ein besonders komplizierter Fall vor. Er hat seiner Auskunft auch einen Arztbrief von Prof. Dr. H., Diabetes Zentrum M., vom 24. September 2015 über eine stationäre Behandlung vom 24. Juli bis 7. August 2015 beigelegt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Senats, die Akte des SG sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Die begehrte Sachleistung übersteigt den Beschwerdewert von EUR 750,00, da bereits der Preis für das CGMS Start-Set ohne weitere Verbrauchsmaterialien nach dem vorgelegten Kostenvoranschlag bei EUR 1.289,48 liegt.
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf die begehrte Versorgung.
3. Der bei der Beklagten versicherte Kläger hat aufgrund der bei ihm bestehenden Diabetes mellitus-Erkrankung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, die nach Satz 2 Nr. 3 auch die Versorgung mit Hilfsmitteln umfasst. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
a) Bei dem begehrten CGMS-Gerät nebst den zugehörigen Sensoren handelt es sich um eine sächliche medizinische Leistung und damit um ein Hilfsmittel. Es besteht kein Ausschluss als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens oder durch Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 4 SGB V. Es dient dem Versorgungsziel der Sicherung des Erfolges der Krankenbehandlung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB V; BSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R - juris Rn. 19). Denn es soll spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt werden, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Dies ergibt sich vorliegend aus dem dem Antrag beigefügten "ärztlichen Gutachten" des Prof. Dr. H. vom 28. Mai 2015 sowie aus dessen Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 25. Januar 2016. Danach soll die kontinuierliche Glukosemessung für eine Optimierung der Diabetes-Einstellung eingesetzt werden. Die Auswertung der ermittelten Glukosewerte ermögliche individuell angepasste therapeutische Entscheidungen. Dabei wird der individuell eingestellte Grenzwert, bei dessen Erreichen das Gerät einen Alarmton abgibt und bei der hier begehrten Koppelung mit der Insulinpumpe die Insulinzufuhr unterbricht, mit einem Arzt abgestimmt. Abweichendes hat auch der Kläger nicht geltend gemacht.
b) Ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln besteht im Hinblick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" gemäß § 12 Abs. 1 SGB V nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse nicht bewilligen. Sofern ein Hilfsmittel den Erfolg einer Krankenbehandlung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Alt 1 SGB V sichern soll und dabei in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne von § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V eingesetzt wird, ist Voraussetzung für einen Anspruch des Versicherten nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB V, dass die neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannt worden ist. Bei einem Hilfsmittel mit diesem Versorgungsziel ist seine Verwendung nicht von dem zugrunde liegenden Behandlungskonzept und den dafür geltenden Anforderungen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, § 12 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu trennen (BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - juris Rn. 18). Insoweit erfasst die Sperrwirkung des in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V begründeten Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt jegliche Maßnahme im Rahmen einer bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandten "Methode" (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 8. Juli 2015, a.a.O., juris Rn. 27 m.w.N.). Die für Versicherte und Leistungserbringer verbindliche Entscheidung über den Versorgungsumfang obliegt nach § 92 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 6 SGB V auch im Bereich der Hilfsmittel dem Gemeinsamen Bundesausschuss, soweit er sich am allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zum diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit orientiert (vgl. auch § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Eine solche Anerkennung der "kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus" durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ist bisher nicht erfolgt.
(1) Bei der "kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus" handelt es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, zu der das CGMS in einem untrennbaren Zusammenhang steht. "Behandlungsmethode" ist dabei eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet, und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Behandlungsmethode grundsätzlich dann, wenn sie bislang nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2010 - B 1 KR 10/09 R - juris Rn. 21). Dem in § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und § 135 Abs. 1 SGB V verwendeten Begriff der "Behandlungsmethode" kommt jedoch eine umfassendere Bedeutung zu als dem Begriff der "ärztlichen Leistung" im EBM-Ä nach § 87 SGB V, da einzelne vertragsärztliche Leistungen oftmals nur Bestandteil eines methodischen Konzepts sind. Setzt sich eine Behandlungsmethode aus einer Kombination verschiedener - für sich allein jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammen, kann es sich um eine neue Behandlungsmethode handeln, wenn das zugrunde liegende theoretisch-wissenschaftliche Konzept gerade in der neuartigen Kombination verschiedener Einzelleistungen liegt. Es kommt dann darauf an, ob die im EBM-Ä bereits enthaltenen ärztlichen Einzelleistungen oder bereits zugelassene Behandlungsmethoden eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren (BSG, Urteil vom 17. Februar 2010, a.a.O.). Eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren bereits im EBM-Ä enthaltene ärztliche Leistungen oder zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnungsfähige Methoden insbesondere dann, wenn sich der diagnostische bzw. therapeutische Nutzen aus einer bisher nicht erprobten Wirkungsweise der Methode ergeben soll oder wenn mit der Methode gesundheitliche Risiken verbunden sein könnten, denen bisher nicht nachgegangen wurde. Eine neue Wirkungsweise und bisher nicht erforschte Risiken können sich auch aus der Komplexität der Methode oder ihres technischen Ablaufs ergeben (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 8. Juli 2015, a.a.O., juris Rn. 32 ff).
(2) In Anwendung dieser Maßstäbe hat das BSG im Urteil vom 8. Juli 2015 (a.a.O., juris Rn. 35 ff.) entschieden, dass es sich bei der "kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus" um eine neue Behandlungsmethode handelt. Hierzu hat es ausgeführt, im EBM-Ä seien zwar Positionen zur Messung des Parameters Glukose im Rahmen der allgemeinen Laborleistungen vorgesehen, nicht aber Positionen für die subkutane Messung des Glukosewertes oder für anderweitige Positionen betreffend die hier zugrunde liegende Behandlungsmethode. Bei der kontinuierlichen Glukosemessung im Unterhautfettgewebe zur Steuerung einer insulinpflichtigen Diabetestherapie handle es sich daher um eine neuartige Kombination verschiedener Einzelleistungen. Denn im Vergleich zu den herkömmlichen Diabetestherapien bringe dieses Verfahren wesentliche Änderungen mit sich. Weder bei der konventionellen noch bei der intensivierten Therapieform erfolgen kontinuierliche Glukosemessungen. Darüber hinaus würden mit den herkömmlichen Messungen die Glukosewerte im Blut bestimmt, bei der gewünschten Versorgung hingegen mittels eines Sensors im Unterhautfettgewebe. Auch bei Einsatz der CGMS-Geräte könne nach den Herstellerangaben auf die Messung von Blutzuckerwerten nicht verzichtet werden. Die automatische Steuerung der Insulinausschüttung über die Insulinpumpe in Abhängigkeit der auf diese Weise gemessenen Werte könne ersichtlich mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein, denen bisher nicht nachgegangen worden sei. Denn bei der herkömmlichen, anerkannten Insulinpumpentherapie werde die Insulinzufuhr ausschließlich vom Arzt oder Anwender auf der Basis von Blutzuckermessungen reguliert. Die Wirkungsweise einer automatischen Steuerung der von der Pumpe abgegebenen Insulinmenge auf der Grundlage kontinuierlicher Glukosemessungen im Interstitium sei bisher nicht abschließend vom Gemeinsamen Bundesausschuss geprüft worden. Bei einer solchen Prüfung wird es insbesondere um die Verlässlichkeit der Glukosemessungen im Unterhautfettgewebe und die damit in Verbindung gebrachte, im Vergleich zu den Blutzuckerwerten um 5 bis 30 Minuten verzögerte Anzeige des Zuckergehaltes, aber auch um die Zuverlässigkeit der Kalibrierung der Geräte mithilfe der Blutzuckerwerte gehen müssen. Zu prüfen sei des Weiteren im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot der diagnostische Nutzen. So lasse sich der S3-Leitlinie "Therapie des Typ-1-Diabetes" der Deutschen Diabetes Gesellschaft (Stand: 30. September 2011, gültig bis 29. September 2016) entnehmen, dass bisher nicht ausreichend belegt sei, dass "die Anwendung der kontinuierlichen Glukosemessung zu einer Senkung des HbA1c-Wertes führt". Hinweise auf einen entsprechenden Nutzen bei Erwachsenen mit guter Adhärenz müssten danach in weiteren Studien bestätigt werden. Zudem liege für die Senkung der Hypoglykämierate widersprüchliche Evidenz vor. Zwar werde hierzu ausgeführt, dass anhand einer Gesamtschau der vorliegenden Studien festgestellt werden könne, dass sich für die CGMS Hinweise für eine mögliche Senkung des HbA1c-Wertes bei Erwachsenen zeigten; für die Verbesserung von Hypoglykämien liege hingegen keine eindeutige Evidenz vor; auch eine Evidenz zur Verbesserung von Hypoglykämiewahrnehmungsstörungen könne nicht identifiziert werden.
(3) Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Soweit der Kläger gegen dieses Urteil einwendet, das BSG sei offenbar von den ersten CGMS-Modellen ausgegangen, denen noch "Kinderkrankheiten" anhafteten, ändert dies nach den dargestellten Maßstäben nichts an der Bewertung als neue Behandlungsmethode. Er kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Geräte funktionierten sicher, was auch die probeweise Versorgung für einige Tage bei ihm ergeben habe. Dabei verkennt er, dass nach der gesetzlichen Regelung des § 135 Abs. 1 SGB V die Risikobewertung im Rahmen einer neuen Behandlungsmethode gerade dem Gemeinsamen Bundesausschuss zugewiesen ist. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, sondern ausschließlich Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses, mittels entsprechender (positiver oder negativer) Empfehlungen über einen hinreichend belegten medizinischen Nutzen einer neuen Methode zu entscheiden. Gleiches gilt für des Einwand des Klägers, dieses Urteil des BSG beziehe sich lediglich auf einen Versicherten mit Diabetes mellitus Typ 1. Zwar bezieht sich das BSG hierin zum Teil auf die S3-Leintlinie zu diesem Diabetes-Typ, es hat damit aber nur deutlich gemacht, dass der Nutzen der neuen Behandlungsmethode noch nicht geklärt sei. Für den vom Kläger angeführten Diabetes mellitus Typ 3c gilt nichts anderes. Wiederum ist es gerade die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses zu ermitteln, bei welchem Patientenkreis ein CGMS von welchem medizinischen Nutzen sein kann. Auf die abweichende rechtliche Beurteilung des Sozialgerichts Stuttgart in dem von ihm angeführten Urteil kann sich der Kläger mithin nicht mit Erfolg berufen.
4. Die Behandlungsmethode der "kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung" darf auch nicht ausnahmsweise ohne positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung eingesetzt werden. Eine solche Ausnahme ist anerkannt, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss seinem in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzten Auftrag nicht gerecht geworden ist, selbst für eine Aktualisierung der Richtlinien Sorge zu tragen (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - juris Rn. 17 ff). Eine solche rechtswidrige Verzögerung besteht nicht (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2015, a.a.O., juris Rn. 44, auch zum Folgenden). Mit Beschluss vom 24. November 2011 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss den Antrag des GKV-Spitzenverbandes vom 14. Juli 2011 auf Bewertung der CGMS mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus gemäß § 135 Abs. 1 SGB V angenommen und das Beratungsverfahren eingeleitet. Gleichzeitig wurde der Unterausschuss Methodenbewertung mit der Durchführung der Bewertung beauftragt. Mit Schreiben vom 23. November 2012 hat der Gemeinsame Bundesausschuss das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit der Bewertung der CGM mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus beauftragt. Der Vorbericht wurde am 21. Juli 2014 veröffentlicht, der Abschlussbericht wurde am 26. März 2015 an den Gemeinsamen Bundesausschuss versandt und am 21. Mai 2015 veröffentlicht. Der Vortrag des Klägers, das BVerfG habe bereits 2005 die Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses gerügt, ist nicht nachzuvollziehen. Soweit er sich dabei auf den Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - juris) beziehen sollte, betraf dies weder die hier vorliegende Behandlungsmethode noch die beim Kläger vorliegende Erkrankung.
5. a) Ein Leistungsanspruch des Klägers lässt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V, eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2012 durch Art. 1 Nr. 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) begründen, mit dem der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung (Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - a.a.O.) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Urteile des BSG (z.B. Urteile vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R -; Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - alle in juris) umgesetzt hat. Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
b) Eine für die Bejahung des Leistungsanspruchs unter diesem Gesichtspunkt erforderliche notstandsähnliche Situation liegt nur dann vor, wenn ohne die streitige Behandlung sich ein tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird oder ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion akut droht (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R - juris Rn. 29; BVerfG, Nichtannahmebeschluss der 3. Kammer des 1. Senat vom 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13 - juris Rn. 14). Das BSG hat insoweit weiter ausgeführt, dass mit den genannten Krankheits-Kriterien des BVerfG eine strengere Voraussetzung umschrieben wird, als sie mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des "Off-Label-Use" formuliert ist. Denn hieran knüpfen weitergehende Folgen. Ohne einschränkende Auslegung ließen sich fast beliebig vom Gesetzgeber bewusst gezogene Grenzen überschreiten. Entscheidend ist, dass das vom BVerfG herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die dazu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als maßgebenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - juris Rn. 34; Senatsurteil vom 27. Februar 2015 - L 4 KR 3786/13 - juris Rn. 43).
c) Eine solche notstandsähnliche Situation ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der beim Kläger vorliegende Diabetes mellitus stellt akut keine lebensbedrohliche Erkrankung in diesem Sinne dar (BSG, Urteil vom 8. Juli 2015, a.a.O. Rn. 22, 43; BVerfG Beschluss vom 26. März 2014, a.a.O.: verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, ausdrücklich zu schwer vorhersehbaren Hypoglykämien mit einhergehender Ohnmacht). Aus der im Beschwerdeverfahren eingeholten Auskunft von Prof. Dr. H. als sachverständiger Zeuge ergibt sich für den Kläger nichts Abweichendes. Er beschreibt eine Mischform eines pankreopriven (Typ 3c) und Typ 1 Diabetes mellitus. "Prinzipiell" könnten trotz der durchgeführten intensivierten Insulintherapie schwere Hypoglykämien mit "im ungünstigsten Fall" Todesfolge auftreten. Zu einer konkreten Gefährdung könne er mangels ausführlicher Blutzuckerdokumentation keine Aussage treffen. Dem beigelegten Arztbrief des Prof. Dr. H. vom 24. September 2015 über den stationären Aufenthalt vom 24. Juli bis 7. August 2015 ist aber als Aufnahmebefund zu entnehmen, dass die ca. jeden zweiten Tag auftretenden Hypoglykämien vom Kläger relativ sicher bemerkt werden könnten. Während des stationären Aufenthalts wurde die Therapie neu angepasst. Damit konnte eine gute und stabile Blutzuckereinstellung ohne wesentliche hyper- oder hypoglykämen Entgleisungen erreicht werden. Des Weiteren konnte durch Pankreasenzymsubstitution eine deutliche Stabilisierung der Verdauung erzielt werden, die nach dortiger ärztlicher Bewertung ebenfalls zur Stabilisierung des Blutzuckers beitrage. Empfohlen wurde eine Blutzuckerselbstkontrolle vor jeder Hauptmahlzeit und vor dem Schlafengehen. Angesichts dieses Behandlungsergebnisses sind die Voraussetzungen eines Ausnahmefalles nach § 2 Abs. 1a SGB V nicht erfüllt.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
7. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Versorgung mit einem "Continuous Glucosemonitoring System" (CGMS) nebst Verbrauchsmaterialien (Sensoren).
Der am 1961 geborene, alleinlebende Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Bei ihm wurde bereits 1970 erstmals ein Diabetes mellitus Typ 1 diagnostiziert. 2000 wurde ein Roux-Y-Magenbypass vorgenommen. Wegen eines Pankreaskorpustumors erfolgte im Juni 2014 eine Pankreaslinksresektion (Teilentfernung der Bauchspeicheldrüse) mit Splenektomie (Entfernung der Milz). Wegen der Diabeteserkrankung ist der Kläger bereits mit einer Insulinpumpe (MiniMed G 504) versorgt, die über eine zuschaltbare Option zu kontinuierlichen Glukosemonitoring verfügt.
Im Juli 2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Prof. Dr. H., Facharzt für Endokrinologie, Stoffwechselzentrum R.-P., vom 11. Juni 2015 (Diagnose Diabetes mellitus Typ 1), eines "ärztlichen Gutachtens" der Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. H./Priv.Doz. Dr. M. vom 28. Mai 2015 und eines Kostenvoranschlags in Höhe von EUR 1.289,48 die Versorgung mit einem CMG Start-Set MiniMed 640 G. Im genannten "ärztlichen Gutachten" wurde die Diagnose eines Diabetes mellitus Typ 1 gestellt und nächtliche Hypoglykämien, schwere Hypoglykämien mit erforderlicher Fremdhilfe, Hypoglykämiewahrnehmungsstörungen und Blutzuckerschwankungen unklarer Genese beschrieben. Beim Kläger liege als Diabetes assoziierte Folgeerkrankung eine schmerzhafte sensomotorische Polyneuropathie (bekannt seit 19. Mai 2015) vor. Bei ihm träten nächtliche Hypoglykämien mit erheblichem Risikopotenzial für Akut- und Folgeschäden auf. Während der letzten zwölf Monate sei bei zwei schweren Hypoglykämien Fremdhilfe benötigt worden. Trotz intensiver konventioneller Insulintherapie mit mehreren Insulininjektionen täglich sei keine stabile, normoglykämische Blutzuckereinstellung zu erreichen. Wiederholt komme es zu starken Blutzuckerschwankungen mit Hypo- und Hyperglykämien. Die kontinuierliche Glukosemessung diene der Optimierung der Diabeteseinstellung sowie der Vermeidung von Hypoglykämien, die vom Kläger aufgrund einer gestörten Hypoglykämiewahrnehmung normalerweise zu spät oder gar nicht bemerkt würden. Durch Nutzung der Alarmfunktion des Glukosemonitoring-Systems würden Anzahl und Schwere der Hypoglykämien reduziert.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2015 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für ein CGMS ab, da es sich um eine außervertragliche Behandlungsmethode handle. Diese neue Methode sei noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannt worden, so dass die gesetzlichen Krankenkassen für diese keine Kosten übernehmen dürften.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, die gesetzliche Krankenversicherung sei verpflichtet, dem medizinischen Fortschritt Rechnung zu tragen, d.h. neue Behandlungsmethoden in das Verzeichnis der verordnungsfähigen Arznei-, Heil- und Hilfsmittel aufzunehmen. Bei dem CGMS handle es sich um ein Hilfsmittel. Der Hersteller habe längst einen Antrag auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis gestellt. Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses umfassten nach § 92 Abs. 7 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Hilfsmittel nicht. Die vorhandene Insulinpumpe werde allein Hyperglykämien verhindern, nicht aber Hypoglykämien. Das CGMS beende die Insulinzufuhr bei fallenden Blutzuckerwerten und drohender Hypoglykämiegefahr und setze die Insulinzufuhr erst fort, wenn die Blutzuckerwerte wieder stiegen; im Gegensatz zu ihm selbst übersehe das CGMS solche Hypoglykämiegefahren nicht. Es gehe vorliegend also um einen Spezialfall, wie er in § 92 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 SGB V geregelt sei. Aufgrund der Besonderheiten des Diabetes mellitus Typ 3 im Gegensatz zu den Typen 1 und 2 (fehlende oder fast fehlende Bauchspeicheldrüse) und des zusätzlichen Y-Roux-Bypasses bestehe bei ihm eine sehr große Neigung zu Hypoglykämien. Der Einsatz des CGMS sei gemessen an den derzeit immer wieder notwendig werdenden stationären Aufenthalten auch wirtschaftlicher, da diese durch das System deutlich reduziert werden könnten.
Auf Anfrage der Beklagten beschrieb Prof. Dr. H. als behandelnder Arzt einen instabilen Diabetes mellitus Typ 1 mit Hyper- und Hypoglykämien. Die bisherige Messtherapie mittels Teststreifen sei medizinisch nicht zweckmäßig und ausreichend, da diese Hypoglykämien nicht verhindere und bei der notwendigen Häufigkeit an Messungen die Kosten für Teststreifen über denen für den Sensor lägen. Täglich, teilweise mehrmals träten Hypoglykämien auf, die der Kläger selbst nicht zeitig genug wahrnehme. Es bestehe bereits eine Polyneuropathie als Folge der Diabeteserkrankung. Das Glukosemonitoring solle dauerhaft zur Vermeidung schwerer Hypoglykämien durchgeführt werden (Stellungnahme vom 31. August 2015).
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2015 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Dass die Krankenkassen mangels Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses für die CGMS keine entsprechenden Kosten übernehmen dürften, werde durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 514 R - juris) bestätigt.
Hiergegen erhob der Kläger am 9. November 2015 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) und führte zur Begründung aus, zwar gebe es das im Widerspruchsbescheid genannte Urteil des BSG. Dagegen habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits 2005 die Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses gerügt. Dennoch sei dieser im Anschluss bereits seit zehn Jahren untätig. Hiergegen wende er sich mit der mittlerweile an das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg verwiesenen Klage gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss. Die Therapie sei insgesamt notwendig, weil er – besonders nachts – in lebensgefährliche Hypoglykämien zu fallen drohe, die er nicht bemerke. Ohne Gegenmaßnahmen führten diese innerhalb von 20 bis 25 Minuten zu einem Koma und nach weiteren 25 bis 30 Minuten zum Tod. Nach einem Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2013 (S 23 KR 6965/11, nicht veröffentlicht) handle es sich bei dem CGMS nicht um eine neue Methode, weil nach wie vor Insulin per Insulinpumpe substituiert werde; das CGMS sei lediglich ein Messsystem, das die Insulinpumpe unterstütze bzw. erweitere. In bestimmten Fällen – wie auch bei ihm – wende das CGMS eine Lebensgefahr ab. Daher bestehe schon aus Verfassungsgründen (Art. 2 Grundgesetz [GG]) eine Finanzierungspflicht der Krankenversicherung. Bei ihm bestehe entgegen der Annahme der Beklagten kein Diabetes mellitus Typ 1, bei dem eine normoglykämische Einstellung oftmals ohne ein CGMS möglich sei. Bei diesem Typ bestehe lediglich ein Rückgang der B-Zellen (Insulinproduktion) der Bauchspeicheldrüse, während bei dem bei ihm bestehenden Diabetes mellitus Typ 3 (Typ 3c) die Bauchspeicheldrüse fehle und daher deren komplette Funktion (auch A-Zellen für die Glukoseproduktion) entfalle. Dadurch komme es zu sehr stark schwankenden Blutzuckerwerten mit hieraus resultierenden Hyper- und Hypoglykämien, die lebensbedrohlich seien. Eine Insulinpumpe allein biete daher keine Lösung. Erst das CGMS, das alle drei bzw. fünf Minuten den Blutzucker messe, bemerke steile Abfälle, warne und drossle die Insulinzufuhr entsprechend, so dass der Blutzucker oberhalb eines festgelegten Wertes gehalten werden könne. Das System funktioniere sehr sicher, was durch einen Versuch im Stoffwechselzentrum Rheinland-Pfalz vom 9. bis 14. November 2015 bewiesen worden sei.
Die Beklagte war dem unter Verweis auf die Gründe der angefochtenen Bescheide und des genannten Urteils des BSG entgegengetreten.
Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 17. November 2015) wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 27. November 2015 die Klage ab. Dem Urteil des BSG vom 8. Juli 2015 (a.a.O.) folgend, verneinte es einen Anspruch des Klägers auf Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Ein Ausnahmefall im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V liege nicht vor. Zwar handele sich bei der Diabeteserkrankung um eine schwerwiegende Erkrankung, die die Lebensqualität des Klägers nicht unerheblich beeinträchtige. Es gehe aber weder um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende noch um eine wertungsmäßig mit einer solchen Krankheit vergleichbare Erkrankung. Zudem existiere jedenfalls eine dem medizinischen Standard entsprechende Therapie.
Gegen diesen ihm am 1. Dezember 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 9. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Insbesondere hat er auf das genannte Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. November 2013 verwiesen, das überzeugend dargelegt habe, dass das CGMS keine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode darstelle. Das BSG sei in seinem Urteil (a.a.O.) wohl von den ersten CGMS-Modellen ausgegangen, die noch mit "Kinderkrankheiten" behaftet gewesen seien. Jedenfalls betreffe dieses Urteil einen Kläger mit einem Diabetes mellitus Typ 1, nicht Typ 3 wie bei ihm. Des Weiteren habe das BSG im genannten Urteil nicht entschieden, was passieren solle, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss über Jahre hinweg untätig bleibe. Ein Test des CMGS habe zu 100 % bewiesen, dass die Gefahr von Hypoglykämien beseitigt worden sei. Die Gefahr unbemerkter Hypoglykämien bestünde nicht nur beim Sport, sondern auch beim Arbeiten am Computer und beim Schlafen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. November 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2015 zu verurteilen, ihn mit einem Continuous Monitoring System nebst zehn Sensoren monatlich zu versorgen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf die Begründung des angefochtenen Gerichtsbescheids verwiesen.
Der Senat hat die im parallelen (erfolglosen) Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eingeholte schriftliche Aussage von Prof. Dr. H. als sachverständigen Zeugen vom 25. Januar 2016 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Darin hat dieser angegeben, es liege wohl eine Mischform eines pankreopriven Diabetes und eines Diabetes Typ 1 vor. Es werde eine intensivierte Insulintherapie mit Insulinpumpe durchgeführt. Eine ausführliche Blutzuckerdokumentation (seit Ende August 2015) liege nicht vor, so dass zu einer konkreten Gefährdung durch schwere Hypoglykämien keine Aussage gemacht werden könne. Das Monitoring diene in erster Linie einer genaueren Untersuchung des Blutzuckerverlaufs nach Glukosebelastung. Beim Kläger liege durch den Zustand nach Magenoperation mit veränderter Glukoseaufnahme und bei Zustand nach zumindest Pankreaktomie ein besonders komplizierter Fall vor. Er hat seiner Auskunft auch einen Arztbrief von Prof. Dr. H., Diabetes Zentrum M., vom 24. September 2015 über eine stationäre Behandlung vom 24. Juli bis 7. August 2015 beigelegt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Senats, die Akte des SG sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Die begehrte Sachleistung übersteigt den Beschwerdewert von EUR 750,00, da bereits der Preis für das CGMS Start-Set ohne weitere Verbrauchsmaterialien nach dem vorgelegten Kostenvoranschlag bei EUR 1.289,48 liegt.
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf die begehrte Versorgung.
3. Der bei der Beklagten versicherte Kläger hat aufgrund der bei ihm bestehenden Diabetes mellitus-Erkrankung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, die nach Satz 2 Nr. 3 auch die Versorgung mit Hilfsmitteln umfasst. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
a) Bei dem begehrten CGMS-Gerät nebst den zugehörigen Sensoren handelt es sich um eine sächliche medizinische Leistung und damit um ein Hilfsmittel. Es besteht kein Ausschluss als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens oder durch Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 4 SGB V. Es dient dem Versorgungsziel der Sicherung des Erfolges der Krankenbehandlung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB V; BSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R - juris Rn. 19). Denn es soll spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt werden, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Dies ergibt sich vorliegend aus dem dem Antrag beigefügten "ärztlichen Gutachten" des Prof. Dr. H. vom 28. Mai 2015 sowie aus dessen Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 25. Januar 2016. Danach soll die kontinuierliche Glukosemessung für eine Optimierung der Diabetes-Einstellung eingesetzt werden. Die Auswertung der ermittelten Glukosewerte ermögliche individuell angepasste therapeutische Entscheidungen. Dabei wird der individuell eingestellte Grenzwert, bei dessen Erreichen das Gerät einen Alarmton abgibt und bei der hier begehrten Koppelung mit der Insulinpumpe die Insulinzufuhr unterbricht, mit einem Arzt abgestimmt. Abweichendes hat auch der Kläger nicht geltend gemacht.
b) Ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln besteht im Hinblick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" gemäß § 12 Abs. 1 SGB V nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse nicht bewilligen. Sofern ein Hilfsmittel den Erfolg einer Krankenbehandlung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Alt 1 SGB V sichern soll und dabei in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne von § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V eingesetzt wird, ist Voraussetzung für einen Anspruch des Versicherten nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB V, dass die neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannt worden ist. Bei einem Hilfsmittel mit diesem Versorgungsziel ist seine Verwendung nicht von dem zugrunde liegenden Behandlungskonzept und den dafür geltenden Anforderungen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, § 12 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu trennen (BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - juris Rn. 18). Insoweit erfasst die Sperrwirkung des in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V begründeten Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt jegliche Maßnahme im Rahmen einer bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandten "Methode" (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 8. Juli 2015, a.a.O., juris Rn. 27 m.w.N.). Die für Versicherte und Leistungserbringer verbindliche Entscheidung über den Versorgungsumfang obliegt nach § 92 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 6 SGB V auch im Bereich der Hilfsmittel dem Gemeinsamen Bundesausschuss, soweit er sich am allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zum diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit orientiert (vgl. auch § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Eine solche Anerkennung der "kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus" durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ist bisher nicht erfolgt.
(1) Bei der "kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus" handelt es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, zu der das CGMS in einem untrennbaren Zusammenhang steht. "Behandlungsmethode" ist dabei eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet, und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Behandlungsmethode grundsätzlich dann, wenn sie bislang nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (BSG, Urteil vom 17. Februar 2010 - B 1 KR 10/09 R - juris Rn. 21). Dem in § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und § 135 Abs. 1 SGB V verwendeten Begriff der "Behandlungsmethode" kommt jedoch eine umfassendere Bedeutung zu als dem Begriff der "ärztlichen Leistung" im EBM-Ä nach § 87 SGB V, da einzelne vertragsärztliche Leistungen oftmals nur Bestandteil eines methodischen Konzepts sind. Setzt sich eine Behandlungsmethode aus einer Kombination verschiedener - für sich allein jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammen, kann es sich um eine neue Behandlungsmethode handeln, wenn das zugrunde liegende theoretisch-wissenschaftliche Konzept gerade in der neuartigen Kombination verschiedener Einzelleistungen liegt. Es kommt dann darauf an, ob die im EBM-Ä bereits enthaltenen ärztlichen Einzelleistungen oder bereits zugelassene Behandlungsmethoden eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren (BSG, Urteil vom 17. Februar 2010, a.a.O.). Eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren bereits im EBM-Ä enthaltene ärztliche Leistungen oder zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnungsfähige Methoden insbesondere dann, wenn sich der diagnostische bzw. therapeutische Nutzen aus einer bisher nicht erprobten Wirkungsweise der Methode ergeben soll oder wenn mit der Methode gesundheitliche Risiken verbunden sein könnten, denen bisher nicht nachgegangen wurde. Eine neue Wirkungsweise und bisher nicht erforschte Risiken können sich auch aus der Komplexität der Methode oder ihres technischen Ablaufs ergeben (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 8. Juli 2015, a.a.O., juris Rn. 32 ff).
(2) In Anwendung dieser Maßstäbe hat das BSG im Urteil vom 8. Juli 2015 (a.a.O., juris Rn. 35 ff.) entschieden, dass es sich bei der "kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus" um eine neue Behandlungsmethode handelt. Hierzu hat es ausgeführt, im EBM-Ä seien zwar Positionen zur Messung des Parameters Glukose im Rahmen der allgemeinen Laborleistungen vorgesehen, nicht aber Positionen für die subkutane Messung des Glukosewertes oder für anderweitige Positionen betreffend die hier zugrunde liegende Behandlungsmethode. Bei der kontinuierlichen Glukosemessung im Unterhautfettgewebe zur Steuerung einer insulinpflichtigen Diabetestherapie handle es sich daher um eine neuartige Kombination verschiedener Einzelleistungen. Denn im Vergleich zu den herkömmlichen Diabetestherapien bringe dieses Verfahren wesentliche Änderungen mit sich. Weder bei der konventionellen noch bei der intensivierten Therapieform erfolgen kontinuierliche Glukosemessungen. Darüber hinaus würden mit den herkömmlichen Messungen die Glukosewerte im Blut bestimmt, bei der gewünschten Versorgung hingegen mittels eines Sensors im Unterhautfettgewebe. Auch bei Einsatz der CGMS-Geräte könne nach den Herstellerangaben auf die Messung von Blutzuckerwerten nicht verzichtet werden. Die automatische Steuerung der Insulinausschüttung über die Insulinpumpe in Abhängigkeit der auf diese Weise gemessenen Werte könne ersichtlich mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein, denen bisher nicht nachgegangen worden sei. Denn bei der herkömmlichen, anerkannten Insulinpumpentherapie werde die Insulinzufuhr ausschließlich vom Arzt oder Anwender auf der Basis von Blutzuckermessungen reguliert. Die Wirkungsweise einer automatischen Steuerung der von der Pumpe abgegebenen Insulinmenge auf der Grundlage kontinuierlicher Glukosemessungen im Interstitium sei bisher nicht abschließend vom Gemeinsamen Bundesausschuss geprüft worden. Bei einer solchen Prüfung wird es insbesondere um die Verlässlichkeit der Glukosemessungen im Unterhautfettgewebe und die damit in Verbindung gebrachte, im Vergleich zu den Blutzuckerwerten um 5 bis 30 Minuten verzögerte Anzeige des Zuckergehaltes, aber auch um die Zuverlässigkeit der Kalibrierung der Geräte mithilfe der Blutzuckerwerte gehen müssen. Zu prüfen sei des Weiteren im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot der diagnostische Nutzen. So lasse sich der S3-Leitlinie "Therapie des Typ-1-Diabetes" der Deutschen Diabetes Gesellschaft (Stand: 30. September 2011, gültig bis 29. September 2016) entnehmen, dass bisher nicht ausreichend belegt sei, dass "die Anwendung der kontinuierlichen Glukosemessung zu einer Senkung des HbA1c-Wertes führt". Hinweise auf einen entsprechenden Nutzen bei Erwachsenen mit guter Adhärenz müssten danach in weiteren Studien bestätigt werden. Zudem liege für die Senkung der Hypoglykämierate widersprüchliche Evidenz vor. Zwar werde hierzu ausgeführt, dass anhand einer Gesamtschau der vorliegenden Studien festgestellt werden könne, dass sich für die CGMS Hinweise für eine mögliche Senkung des HbA1c-Wertes bei Erwachsenen zeigten; für die Verbesserung von Hypoglykämien liege hingegen keine eindeutige Evidenz vor; auch eine Evidenz zur Verbesserung von Hypoglykämiewahrnehmungsstörungen könne nicht identifiziert werden.
(3) Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Soweit der Kläger gegen dieses Urteil einwendet, das BSG sei offenbar von den ersten CGMS-Modellen ausgegangen, denen noch "Kinderkrankheiten" anhafteten, ändert dies nach den dargestellten Maßstäben nichts an der Bewertung als neue Behandlungsmethode. Er kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Geräte funktionierten sicher, was auch die probeweise Versorgung für einige Tage bei ihm ergeben habe. Dabei verkennt er, dass nach der gesetzlichen Regelung des § 135 Abs. 1 SGB V die Risikobewertung im Rahmen einer neuen Behandlungsmethode gerade dem Gemeinsamen Bundesausschuss zugewiesen ist. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, sondern ausschließlich Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses, mittels entsprechender (positiver oder negativer) Empfehlungen über einen hinreichend belegten medizinischen Nutzen einer neuen Methode zu entscheiden. Gleiches gilt für des Einwand des Klägers, dieses Urteil des BSG beziehe sich lediglich auf einen Versicherten mit Diabetes mellitus Typ 1. Zwar bezieht sich das BSG hierin zum Teil auf die S3-Leintlinie zu diesem Diabetes-Typ, es hat damit aber nur deutlich gemacht, dass der Nutzen der neuen Behandlungsmethode noch nicht geklärt sei. Für den vom Kläger angeführten Diabetes mellitus Typ 3c gilt nichts anderes. Wiederum ist es gerade die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses zu ermitteln, bei welchem Patientenkreis ein CGMS von welchem medizinischen Nutzen sein kann. Auf die abweichende rechtliche Beurteilung des Sozialgerichts Stuttgart in dem von ihm angeführten Urteil kann sich der Kläger mithin nicht mit Erfolg berufen.
4. Die Behandlungsmethode der "kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung" darf auch nicht ausnahmsweise ohne positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung eingesetzt werden. Eine solche Ausnahme ist anerkannt, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss seinem in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzten Auftrag nicht gerecht geworden ist, selbst für eine Aktualisierung der Richtlinien Sorge zu tragen (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - juris Rn. 17 ff). Eine solche rechtswidrige Verzögerung besteht nicht (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2015, a.a.O., juris Rn. 44, auch zum Folgenden). Mit Beschluss vom 24. November 2011 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss den Antrag des GKV-Spitzenverbandes vom 14. Juli 2011 auf Bewertung der CGMS mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus gemäß § 135 Abs. 1 SGB V angenommen und das Beratungsverfahren eingeleitet. Gleichzeitig wurde der Unterausschuss Methodenbewertung mit der Durchführung der Bewertung beauftragt. Mit Schreiben vom 23. November 2012 hat der Gemeinsame Bundesausschuss das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit der Bewertung der CGM mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus beauftragt. Der Vorbericht wurde am 21. Juli 2014 veröffentlicht, der Abschlussbericht wurde am 26. März 2015 an den Gemeinsamen Bundesausschuss versandt und am 21. Mai 2015 veröffentlicht. Der Vortrag des Klägers, das BVerfG habe bereits 2005 die Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses gerügt, ist nicht nachzuvollziehen. Soweit er sich dabei auf den Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - juris) beziehen sollte, betraf dies weder die hier vorliegende Behandlungsmethode noch die beim Kläger vorliegende Erkrankung.
5. a) Ein Leistungsanspruch des Klägers lässt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V, eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2012 durch Art. 1 Nr. 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) begründen, mit dem der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung (Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - a.a.O.) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Urteile des BSG (z.B. Urteile vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R -; Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - alle in juris) umgesetzt hat. Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
b) Eine für die Bejahung des Leistungsanspruchs unter diesem Gesichtspunkt erforderliche notstandsähnliche Situation liegt nur dann vor, wenn ohne die streitige Behandlung sich ein tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird oder ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion akut droht (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R - juris Rn. 29; BVerfG, Nichtannahmebeschluss der 3. Kammer des 1. Senat vom 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13 - juris Rn. 14). Das BSG hat insoweit weiter ausgeführt, dass mit den genannten Krankheits-Kriterien des BVerfG eine strengere Voraussetzung umschrieben wird, als sie mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des "Off-Label-Use" formuliert ist. Denn hieran knüpfen weitergehende Folgen. Ohne einschränkende Auslegung ließen sich fast beliebig vom Gesetzgeber bewusst gezogene Grenzen überschreiten. Entscheidend ist, dass das vom BVerfG herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die dazu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als maßgebenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - juris Rn. 34; Senatsurteil vom 27. Februar 2015 - L 4 KR 3786/13 - juris Rn. 43).
c) Eine solche notstandsähnliche Situation ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der beim Kläger vorliegende Diabetes mellitus stellt akut keine lebensbedrohliche Erkrankung in diesem Sinne dar (BSG, Urteil vom 8. Juli 2015, a.a.O. Rn. 22, 43; BVerfG Beschluss vom 26. März 2014, a.a.O.: verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, ausdrücklich zu schwer vorhersehbaren Hypoglykämien mit einhergehender Ohnmacht). Aus der im Beschwerdeverfahren eingeholten Auskunft von Prof. Dr. H. als sachverständiger Zeuge ergibt sich für den Kläger nichts Abweichendes. Er beschreibt eine Mischform eines pankreopriven (Typ 3c) und Typ 1 Diabetes mellitus. "Prinzipiell" könnten trotz der durchgeführten intensivierten Insulintherapie schwere Hypoglykämien mit "im ungünstigsten Fall" Todesfolge auftreten. Zu einer konkreten Gefährdung könne er mangels ausführlicher Blutzuckerdokumentation keine Aussage treffen. Dem beigelegten Arztbrief des Prof. Dr. H. vom 24. September 2015 über den stationären Aufenthalt vom 24. Juli bis 7. August 2015 ist aber als Aufnahmebefund zu entnehmen, dass die ca. jeden zweiten Tag auftretenden Hypoglykämien vom Kläger relativ sicher bemerkt werden könnten. Während des stationären Aufenthalts wurde die Therapie neu angepasst. Damit konnte eine gute und stabile Blutzuckereinstellung ohne wesentliche hyper- oder hypoglykämen Entgleisungen erreicht werden. Des Weiteren konnte durch Pankreasenzymsubstitution eine deutliche Stabilisierung der Verdauung erzielt werden, die nach dortiger ärztlicher Bewertung ebenfalls zur Stabilisierung des Blutzuckers beitrage. Empfohlen wurde eine Blutzuckerselbstkontrolle vor jeder Hauptmahlzeit und vor dem Schlafengehen. Angesichts dieses Behandlungsergebnisses sind die Voraussetzungen eines Ausnahmefalles nach § 2 Abs. 1a SGB V nicht erfüllt.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
7. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved