L 7 R 686/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 119/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 686/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Juni 2011 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter ungekürzter Berücksichtigung der von ihm in R. zurückgelegten Beitragszeiten vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967, vom 13. September 1968 bis 27. Oktober 1977 sowie vom 20. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979.

Der 1945 in D. (U.) geborene Kläger siedelte später nach A. über. Am 14. Juli 1979 reiste er als Aussiedler in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er seither seinen ständigen Aufenthalt hat; seit 24. Oktober 1979 ist er Inhaber des Vertriebenenausweises A. Im Bundesgebiet bezog der Kläger zunächst Leistungen wegen Arbeitslosigkeit; danach war er von Ende Januar 1980 bis 31. Dezember 2009 (mit geringen Unterbrechungen) versicherungspflichtig beschäftigt. Der Kläger ist seit Mai 2009 als Schwerbehinderter anerkannt. Seit 1. Januar 2010 bezieht er von der Beklagten die hier der Höhe nach streitige Altersrente. Ab 28. Dezember 2009 wurde dem Kläger außerdem vom r. Rentenversicherungsträger eine Altersrente zuerkannt (Bescheid vom 12. Juli 2010).

Der berufliche Werdegang des Klägers stellt sich nach seinen Angaben sowie den vorhandenen Unterlagen wie folgt dar: Nach achtjährigem Schulbesuch durchlief er in A. vom Juli 1959 bis Juni 1962 in einer den Waggon-Werken "G. D." angegliederten Berufsschule erfolgreich eine Ausbildung zum Schweißer. Danach war er im erlernten Beruf vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967 in den mittlerweile in "U. d. V. A." umbenannten Waggon-Werken eingesetzt. Nach Ableistung des Militärdienstes vom 12. April 1967 bis 28. August 1968 war er wiederum in den Waggon-Werken in A. vom 13. September 1968 bis 27. Oktober 1977 als Schweißer sowie in der technischen Qualitätskontrolle tätig. Diesen Arbeitsplatz gab der Kläger seinen Angaben zufolge auf, weil er wegen des seinerzeit bereits gestellten Ausreiseantrags beruflich zurückgestuft worden war; darauf war er bis 19. Dezember 1977 ohne Beschäftigung. Danach arbeitete der Kläger vom 20. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979 in einer Abteilung des Betriebs S. in G. als Bauschlosser und -schweißer. Dieses Arbeitsverhältnis beendete der Kläger ohne förmliche Kündigung, um das Land illegal zu verlassen; wegen Landesflucht wurde er seinem Vorbringen zufolge in R. in Abwesenheit zu zwei Jahren Haft verurteilt. Sein Arbeitsbuch konnte der Kläger bei der Flucht nicht mitnehmen; es verblieb in R ...

Auf der Grundlage eidesstattlicher Versicherungen des Klägers vom 24. Januar und 17. Mai 1983 sowie der Zeugenerklärung eines früheren Arbeitskollegen vom 21. Februar 1983 anerkannte die damalige Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden mit Feststellungsbescheid vom 9. Juni 1983 (Widerspruchsbescheid vom 2. August 1984) die Zeiten vom 15. September 1959 bis 12. April 1967, vom 28. August 1968 bis 1. Oktober 1977 sowie vom 21. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979 als Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG), wobei sie eine Kürzung der Zeiten auf fünf Sechstel vornahm.

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens wurde die Angelegenheit im März 2008 an die Beklagte als Verbindungsstelle zu R. abgegeben. Der Kläger legte der Beklagten nunmehr die A. (= Arbeitgeberbescheinigung) Nr. 2223 der A. V. A. S.A. vom 21. Juli 2008 vor, in welcher - unter Beifügung eines tabellarischen Anhangs über die Anwesenheitszeiten - bescheinigt war, dass er vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967 sowie vom 13. September 1968 bis 27. Oktober 1977 als Schweißer in dem Betrieb beschäftigt gewesen sei und vom 12. April 1967 bis 29. August 1968 seinen Wehrdienst geleistet habe; für die Zeiträume, in denen er im Betrieb gearbeitet habe, seien der Sozialversicherungsbeitrag und der Beitrag zur Zusatzrente entsprechend den während der damaligen Zeit geltenden Gesetzlichkeiten einbehalten und abgeführt worden. Bescheinigt wurde außerdem eine wöchentliche Arbeitszeit in den Waggon-Werken von 48 Stunden (Sechstagewoche zu acht Stunden/Tag) sowie, dass der Kläger der Arbeit elf Tage unentschuldigt ferngeblieben und neun Tage von der Arbeit freigestellt gewesen sei, elf Tage unbezahlten Urlaub genommen und sich sieben Tage im Krankenstand befunden habe; außerdem habe er den gesetzlichen Erholungsurlaub genommen. Die Angaben seien den im Archiv des Betriebs befindlichen Lohn- und Gehaltslisten entnommen und jahres- und monatsweise analysiert und geprüft worden. Der Kläger reichte ferner die A. Nr. 2753 der S.C. C. vom 3. Oktober 2008 ein, wonach er in diesem Unternehmen vom 20. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979 als Bauschlosser und -schweißer beschäftigt gewesen sei; angefügt war eine tabellarische Auflistung der Anwesenheitszeiten. In der genannten Zeit habe sich die wöchentliche Arbeitszeit auf 56 Stunden (Sechstagewoche zu zehn Stunden/Tag) belaufen. Für die im Unternehmen gearbeitete Zeit seien die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge vom Lohn für zwölf Monate pro Jahr einbehalten und entrichtet worden; außerdem sei für die vorgenannte Zeit vom Lohn ein Beitrag von 2 % für die Zusatzrente sowie "3 % beginnend mit dem 01.07.1986, 5 % beginnend mit dem 01.01.1999" einbehalten worden. Die gearbeitete Zeit werde in die "II. Arbeitsgruppe gemäß Regierungserlass 1223/90 zu einem Prozentsatz von 100 eingestuft". Die vorgenannten Daten seien den Lohn- und Gehaltslisten entnommen worden, die sich zur unbefristeten Verwahrung im Archiv des Unternehmens befänden. Die Wehrdienstzeit vom 12. April 1967 bis 29. August 1968 wurde außerdem durch eine Bescheinigung des rumänischen Ministeriums der Verteidigung vom 3. Juli 2008 bestätigt. Das Arbeitsbuch, dessen Anforderung in R. er im Juli 2008 mitgeteilt hatte, legte der Kläger dagegen nicht vor.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2009 stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten für die Zeiten vom 16. Juli 1979 bis 31. Dezember 2002 (also ohne die Zeiten in R.) verbindlich fest; der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die vorhandenen Informationen nicht ausreichten, die Versicherungsangelegenheit vollständig zu erledigen, und mangels der erforderlichen Auskünfte und Unterlagen davon ausgegangen werde, dass der Kläger die Angelegenheit derzeit nicht weiter verfolge. Während des Widerspruchsverfahrens gegen diesen Bescheid erließ die Beklagte den Bescheid vom 30. März 2009, mit dem sie nunmehr auch die in R. zurückgelegten Beitragszeiten vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967, vom 12. April 1967 bis 29. August 1968, vom 13. September 1968 bis 27. Oktober 1977 sowie vom 20. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979 vormerkte. Die Zeiten vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967 sowie vom 13. September 1968 bis 22. Juni 1979 stufte sie in die Qualifikationsgruppe 5 und in den niedrigsten Wirtschaftsbereich der Anlage 14 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ein, wobei eine Anrechnung der um ein Fünftel erhöhten Tabellenwerte nur zu fünf Sechsteln erfolgte. Mit seinem fortgeführten Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der Ausbildung zum Schweißer (1. Juli 1959 bis 30. Juni 1962), beanstandete die Kürzung der Werte auf fünf Sechstel und verlangte ferner die Einstufung der Zeiten vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967 und vom 13. September 1968 bis 22. Juni 1979 in die Qualifikationsgruppe 4 sowie ihre Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 6. Diesem Begehren kam die Beklagte - nach zwischenzeitlich eingegangener Bestätigung des rumänischen Versicherungsträgers vom 11. Juni 2009 - durch Bescheid vom 22. Juli 2009 lediglich insoweit nach, als sie nunmehr die Zeiten vom 24. Juli 1962 bis 6. April 1967, vom 13. September 1968 bis 26. Oktober 1977 sowie vom 20. Dezember 1977 bis 21. Juni 1979 der Qualifikationsgruppe 4, Wirtschaftsbereich 6 zuordnete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2010 wurde der im Übrigen aufrechterhaltene Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Eine Vormerkung der Zeit des Berufsschulbesuchs als Anrechnungszeit könne schon deswegen nicht erfolgen, weil der Kläger das 17. Lebensjahr erst am 8. Juli 1962 vollendet habe. Die vom Kläger vorgelegten Arbeitsbescheinigungen könnten als Nachweis für eine ungekürzte Anrechnung nicht anerkannt werden; sie seien vielmehr nur als Mittel zur Glaubhaftmachung zu werten. Die A. Nr. 2223 vom 21. Juli 2008 bestätige in mehreren Monaten teilweise mehr (z.B. November 1964, Februar 1974) und teilweise weniger Arbeitstage (z.B. Juli 1962, Januar 1963, Februar 1964, April 1967, Mai 1971, Januar 1972) als unter Berücksichtigung einer Sechstagewoche sowie der arbeitsfreien Sonntage und der in R. üblichen Feiertage möglich gewesen sei. Für die Zeit vom 24. bis 31. Juli 1962 würden lediglich vier Arbeitstage und für das gesamte Jahr 1962 keinerlei Ausfall- oder Fehlzeiten bestätigt; unter Berücksichtigung der Sechstagewoche sowie der arbeitsfreien Sonntage und der gesetzlichen Feiertage wären in der vorgenannten Zeit jedoch sieben Arbeitstage möglich gewesen. Des Weiteren würden für den Februar 1964 24 Arbeitstage, für den August 1964 acht Arbeitstage und für den November 1964 26 Arbeitstage bestätigt und für das gesamte Jahr 1964 zudem 17 Urlaubstage und keinerlei Fehl- oder Ausfallzeiten bescheinigt; unter Berücksichtigung einer Sechstagewoche und der in R. üblichen Feiertage wären jedoch im Februar, August und November 1964 jeweils 25 Arbeitstage möglich gewesen. Die 17 bescheinigten Urlaubstage deckten somit komplett die noch möglichen Arbeitstage im August 1964 ab, während im Februar 1964 über einen möglichen Arbeitstag keinerlei Aussagen getroffen worden seien und im November 1964 ein Arbeitstag mehr bestätigt werde als unter Berücksichtigung einer Sechstagewoche möglich gewesen wäre. Die A. Nr. 2753 vom 3. Oktober 2008 bestätige ebenfalls in mehreren Monaten weniger Arbeitstage (z.B. Dezember 1977, Januar 1979, Juni 1979) als unter Berücksichtigung einer Sechstagewoche möglich gewesen wären. Für den Zeitraum vom 22. bis 31. Dezember 1977 würden acht Arbeitstage und keinerlei Ausfall- oder Fehlzeiten bestätigt; unter Berücksichtigung einer Sechstagewoche und der arbeitsfreien Sonntage wären in diesem Zeitraum jedoch noch zehn Arbeitstage möglich gewesen, sodass über zwei mögliche Arbeitstage im Dezember 1977 keinerlei Aussage getroffen worden sei. Für den Juni 1979 würden 16 Arbeitstage und zwei Urlaubstage bescheinigt, während unter Berücksichtigung der bescheinigten Sechstagewoche sowie der arbeitsfreien Sonntage im Zeitraum vom 1. bis 22. Juni 1979 19 Arbeitstage möglich gewesen wären, sodass auch für diesen Monat über einen weiteren möglichen Arbeitstag keinerlei Aussage getroffen worden sei.

Deswegen hat der Kläger am 12. Januar 2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.

Schon kurz vor Klageerhebung hat die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 8. Januar 2010 ab dem 1. Januar 2010 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (monatlich 1.363,40 Euro "brutto", monatlicher Zahlbetrag 1.229,10 Euro) bewilligt; hierbei sind die Beitragszeiten in R. vom 24. Juli 1962 bis 6. April 1967, vom 13. September 1968 bis 26. Oktober 1977 sowie vom 20. Dezember 1977 bis 21. Juni 1979 wiederum lediglich als glaubhaft gemacht mit einer Kürzung der ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel berücksichtigt worden. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch nahm der Kläger am 15. Februar 2010 wieder zurück. Mit Bescheid vom 30. August 2010 ist ergänzend eine zwischenstaatliche Berechnung erfolgt, die jedoch eine Änderung der Rentenhöhe nicht ergeben hat. Der Bescheid hat den Hinweis enthalten, dass die Rente unter Außerachtlassung der im Verfahren gegen den Bescheid vom 8. Januar 2010 geltend gemachten Ansprüche berechnet worden sei; sie werde neu festgestellt, wenn und soweit dieses Verfahren zu Gunsten des Klägers beendet werde, wobei der Zahlungsausschluss nach § 44 Abs. 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) keine Anwendung finde.

Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgebracht, er habe durch die vorgelegten Arbeitsbescheinigungen, die aus den noch vorhandenen Lohn- und Gehaltslisten der früheren Arbeitgeber erstellt worden seien, nachgewiesen, dass ihm in den Zeiträumen vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967, vom 13. September 1968 bis 27. Oktober 1977 sowie vom 20. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979 durchgehend ein Gehalt gezahlt worden sei; aus diesen Bescheinigungen lasse sich konkret ersehen, welche Fehlzeiten vorgelegen hätten. Die Beklagte berücksichtige nicht, dass die Lohnlisten auf Stundenbasis geführt worden seien; geleistete Überstunden hätten damit automatisch zu mehr Arbeitstagen geführt, ein Überstunden-Abbau zu weniger Arbeitstagen. Der Bescheid vom 30. März 2009 sei durch den Bescheid vom 8. Januar 2010 über die Bewilligung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Januar 2010 ersetzt worden, sodass er nunmehr die ungekürzte Berücksichtigung der vorgenannten Zeiten bei der Rentenberechnung begehre. In dem auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2011 ergangenen Urteil hat das SG ausweislich der Niederschrift vom selben Tag folgende Urteilsformel verkündet: "Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 30.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2009 in der Fassung der Bescheide vom 08.10.2010 und 30.08.2010 verurteilt, die vom 24.07.1962 bis 07.04.1967 und 13.09.1968 bis 27.10.1977 sowie 20.12.1977 bis 22.06.1979 zurückgelegten Beitragszeiten ungekürzt zu berücksichtigen." Im Tenor des vollständig abgefassten Urteils vom 15. Juni 2011 ist eine Korrektur mit Blick auf den Bescheid vom 8. Oktober 2010 erfolgt, wobei hierzu in den Entscheidungsgründen ausgeführt ist, dass die verkündete Urteilformel dahingehend zu berichtigen gewesen sei, dass der Rentenbescheid "nicht am 08.10.2010, sondern am 08.01.2010" ergangen sei. Der "Berichtigungsbeschluss vom 22.07.2010" ergehe hier, da das Urteil bei Bemerken der Unrichtigkeit noch nicht abgefasst gewesen sei, gleichzeitig mit der Entscheidung zur Hauptsache und äußerlich als Teil des Urteils. Zur Begründung der Entscheidung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger sei ein Nachweis seiner Beitragszeiten gelungen. Die von ihm vorgelegten A. enthielten Angaben über die - nach Monaten gerechnet - gearbeiteten Tage, den Jahresurlaub, Krankheitszeiten, unbezahlten Urlaub, freie Tage und unentschuldigtes Fernbleiben im streitigen Zeitraum. Die von der Beklagten (jedenfalls überwiegend) zu Recht aufgeführten Ungenauigkeiten beeinträchtigten den Nachweiswert nicht.

Gegen dieses der Beklagten am 27. Juli 2011 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 11. August 2011 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 7 R 3411/11). Durch Beschluss vom 13. Februar 2013 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden, weil sich der Kläger bemühen wollte, in R. weitere Unterlagen zu beschaffen. Der Kläger hat am 13. Februar 2015 das Verfahren wiederangerufen. Die Beschaffung des Arbeitsbuchs oder von Lohnlisten war ihm trotz mehrfacher Bemühungen nicht möglich.

Während des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 2. Dezember 2011 ergangen, mit dem unter Abänderung des Bescheids vom 8. Januar 2010 (und "eventueller Folgebescheide") eine Anrechnung der dem Kläger vom rumänischen Träger gezahlten Rente ab dem 1. November 2010 sowie die Erstattung eines Betrags von 688,59 Euro angeordnet wurde; den genannten Betrag hat der Kläger im Januar 2012 zurückgezahlt.

Zur Begründung der Berufung hat die Beklagte vorgebracht, beide A. enthielten neben den im Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2009 dargestellten noch weitere Unschlüssigkeiten. Laut dem Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München e.V. vom 15. Dezember 1999 habe grundsätzlich unter der Voraussetzung einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit von elf Monaten ein Anspruch auf einen jährlichen Urlaub von mindestens zwölf Arbeitstagen bestanden, wobei sich der Anspruch, je nach ununterbrochener Beschäftigungsdauer und Lohngruppe, um bis zu fünf Urlaubstage erhöht habe. Die A. Nr. 2223 vom 21. Juli 2008 bestätige jedoch für das Jahr 1963 24 Urlaubstage, obwohl ein solcher Anspruch erst nach einer Beschäftigungszeit von mehr als 20 Jahren bestanden habe. Für die Jahre 1967 und 1968 sei überhaupt kein Urlaub ausgewiesen, für das Jahr 1969 dagegen insgesamt 25 Tage. Auch die A. Nr. 2753 vom 3. Oktober 2008 bestätige in mehreren Monaten weniger Arbeitstage als kalendarisch unter Berücksichtigung einer Sechstagewoche und der Sonn- und Feiertage möglich gewesen seien. Auch hinsichtlich der Urlaubstage bestünden erhebliche Zweifel; so seien für das Jahr 1978 lediglich 15 Urlaubstage und für das Jahr 1979 sieben Tage bescheinigt, was mit dem damaligen Anspruch auf Urlaub nicht vereinbar sei. Zu beachten sei außerdem, dass auf den Lohnlisten nicht immer Eintragungen zu Krankheitszeiten oder sonstigen Abwesenheitszeiten vorgenommen worden seien; Krankheitszeiten von weniger als drei Monaten hätten nach rumänischem Recht trotz Nichtabführung von Beiträgen als Versicherungszeiten gegolten. Deshalb sei auch die Bestätigung des rumänischen Rentenversicherungsträgers (Versicherungsverlauf) regelmäßig für den Nachweis der Anerkennung von Versicherungszeiten nicht dienlich. Dass der Arbeitgeber nicht bereit sei, Kopien von Originallohnlisten zur Verfügung zu stellen, könne nicht zu ihren Lasten gehen.

Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 7. Januar 2016 einen Teilvergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte verpflichtet hat, die Rente des Klägers ab dem 1. Januar 2010 - ungeachtet des vorliegenden Rechtstreits - unter Berücksichtigung der Zeiten von 24. Juli 1962 bis 7. April 1967, 13. September 1968 bis 27. Oktober 1977 und 20. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979 als Beitragszeiten nach § 15 FRG neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Juni 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die von der Beklagten aufgezeigten Abweichungen zu dem von ihr vorgegebenen Erwartungshorizont seien im vorliegenden Sachzusammenhang erfahrungsgemäß und typisch, weil es Sache des Arbeitgebers gewesen sei, ganz konkret im Einzelfall zu bestimmen, wie er von der vertraglich vereinbarten Bereitschaft des Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung voll zur Verfügung zu stellen, Gebrauch mache. Die Beklagte arbeite mit unzulässigen Pauschalierungen. Zu der Zeit, als er seine Lehre beendet gehabt habe und in die Waggon-Werke übernommen worden sei, hätten alle Angestellten 21 Urlaubstage bekommen, auch wenn dies vielleicht in kleineren Betrieben nicht üblich gewesen sei. Auch der r. Rentenversicherungsträger sei von der Echtheit der von den früheren Staatsbetrieben erteilten Arbeitsbescheinigungen ausgegangen. Mit Blick auf ein bei seinen Prozessbevollmächtigten am 3. Juni 2015 nebst Anlagen eingegangenes anonymes Schreiben gehe er davon aus, dass das Verfahren von der Beklagten allein deshalb zu seinem Nachteil geführt worden sei, weil gerade diese von ihm mandatiert worden seien.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Einheitsakte, 2 Widerspruchsakten, 1 Aktenteil mit Entwürfen und Vorlagen), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm schon im Klageverfahren begehrte höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Januar 2010.

Mit Blick auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 7. Juli 2016 geschlossenen Teilvergleich ist im vorliegenden Verfahren gemäß § 123 SGG allein noch darüber zu entscheiden, ob die Beitragszeiten des Klägers, die er vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967, vom 13. September 1968 bis 27. Oktober 1977 sowie vom 20. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979 in R. zurückgelegt hat, als nachgewiesen oder aber lediglich als glaubhaft gemacht zu berücksichtigen sind. Nicht angegriffen hat der Kläger die Entscheidung der Beklagten über eine Anrechnung der ihm vom rumänischen Rentenversicherungsträger gezahlten Rente (vgl. hierzu § 31 Abs. 1 FRG) sowie der verfügten Erstattung eines Betrags von 688,59 Euro; diese Forderung hat der Kläger im Januar 2012 getilgt. Gegenstand des Verfahrens ist allein noch der Bescheid vom 8. Januar 2010 (in der Korrektur durch Teilvergleich vom 7. Juli 2016), mit dem dem Kläger ab dem 1. Januar 2010 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden ist. Dieser Bescheid hat den Vormerkungsbescheid vom 30. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2009 ersetzt, in welchem die in R. zurückgelegten Beitragszeiten wertmäßig auf fünf Sechstel gekürzt worden sind. Auf diese Ersetzung findet § 96 Abs. 1 SGG unmittelbar Anwendung mit der Folge, dass der Bescheid über die Rentenhöhe als unmittelbar kraft Gesetzes angegriffen gilt, soweit die Höhe der Rente ihrerseits auf den bereits ursprünglich streitigen Feststellungen beruht (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. Dezember 2011 - B 5 R 36/11 R - (juris Rdnr. 12)). Der Bescheid vom 8. Januar 2010 ist zwar in der verkündeten Urteilsformel des SG - offenbar unrichtig im Sinne des § 138 Satz 1 SGG - mit dem Datum von "08.10.2010" bezeichnet; auch war die Korrektur auf den "08.01.2010" im schriftlich abgefassten Urteil des SG der Form nach unzutreffend, weil über eine Urteilsberichtigung durch Beschluss des Vorsitzenden zu entscheiden ist (§ 138 Satz 2 SGG; hierzu BSG, Beschluss vom 6. März 2012 - B 1 KR 43/11 B - (juris)). Das schadet vorliegend jedoch nicht, weil die Berichtigung eines vorinstanzlichen Urteils, soweit neue tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind, sogar noch im Rahmen der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Spruchkörper vorgenommen werden kann (vgl. BSGE 46, 34, 40 = SozR 1500 § 138 Nr. 3; BSG SozR 1500 § 164 Nr. 33; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Auflage, § 138 Rdnr. 4a). Nicht streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 30. August 2010 über eine ergänzende Berechnung nach zwischenstaatlichen Vorschriften; denn dieser Bescheid hat den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass die Rente unter Außerachtlassung der im Verfahren gegen den Bescheid vom 8. Januar 2010 geltend gemachten Ansprüche berechnet worden sei und die Rente - ohne Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X - neu festgestellt werde, wenn und soweit dieses Verfahren zu Gunsten des Klägers beendet werde; einen eigenständigen Regelungscharakter (§ 31 Satz 1 SGB X) hinsichtlich der hier der Höhe nach streitigen Zeiten kommt dem Bescheid mithin nicht zu. Das erstinstanzliche Urteil, das - unzutreffend - in den Urteilsausspruch neben dem soeben genannten Bescheid auch den durch den Bescheid vom 8. Januar 2010 ersetzten Bescheid vom 30. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2009 aufgenommen hat, kann indessen schon aus den nachfolgend dargestellten Gründen nicht aufrechterhalten bleiben.

Maßgebend für die Höhe der Rentenansprüche des Klägers sind die §§ 63 ff. SGB VI. Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 SGB VI). Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet; die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres ergibt einen vollen Entgeltpunkt (§ 63 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VI). Der Kläger ist als Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt; auf ihn finden daher für die Berücksichtigung von in R. zurückgelegten Beitragszeiten die Vorschriften des FRG Anwendung (§ 1 Buchst. a FRG). Die Beklagte hat die hinsichtlich des Umfangs ihrer rentenrechtlichen Berücksichtigung nach streitigen Zeiten vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967, vom 13. September 1968 bis 27. Oktober 1977 sowie vom 20. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979 schon im Bescheid vom 30. März 2009 - in Abänderung des Bescheids der LVA Baden vom 9. Juni 1983 - als Beitragszeiten nach § 15 FRG anerkannt.

Materiell-rechtliche Grundlage für die Bewertung der Beitragszeiten in R. ist Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 3 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (in der Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 (BGBl. I, S. 1606)). Danach ist das FRG uneingeschränkt anzuwenden, wenn ein Anspruch auf Zahlung einer Rente - wie hier - erstmals für einen Zeitraum nach dem 31. Dezember 1995 besteht. Für Zeiten der in § 15 FRG genannten Art werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG (in der hier anzuwendenden, ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des 4.-Euro-Einführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1982)) Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Satz 2 und 9 SGB VI ermittelt. Hierzu werden nach § 22 Abs. 1 Satz 2 FRG für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlage 14 des SGB VI genannten oder nach § 256b Abs. 1 Satz 2 SGB VI festgestellten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht. Für Beitragszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden nach § 22 Abs. 3 FRG die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt. Diese Bestimmung hat die Regelung des § 19 Abs. 2 FRG (in der vor dem 1. Januar 1992 geltenden Fassung) abgelöst, wonach für das einzelne Jahr nicht nachgewiesener Zeiten fünf Sechstel als Beitrags- oder Beschäftigungszeiten angerechnet worden waren; diese zeitliche Kürzung ist für Rentenfeststellungen ab 1. Januar 1992 durch eine wertmäßige Kürzung ersetzt worden. Für die Feststellung zurückgelegter Beitragszeiten genügt es gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 FRG, dass sie glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 Abs. 1 Satz 2 FRG).

Die Bestimmung des § 22 Abs. 3 FRG macht deutlich, dass Beitragszeiten im Sinne des FRG nur dann ohne Kürzung angerechnet werden können, wenn sie nachgewiesen sind. Der Nachweis im Sinne eines Vollbeweises ist regelmäßig erst dann geführt, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben. Es darf also kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (ständige Rechtsprechung; vgl. BSGE 6, 142, 144; 20, 255, 256; BSG SozR 5050 § 15 Nr. 23; ferner Senatsurteil vom 21. Juni 2012 - L 7 R 274/07 (veröffentl. in https://sozialgerichtsbarkeit.de.); Bayer. LSG, Urteil vom 21. Dezember 2010 - L 6 R 342/09 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juni 2015 - L 9 R 4225/11 - (beide juris)). Zwar lässt es die aus Gründen der Abmilderung von Beweisnotständen geschaffene Bestimmung des § 4 Abs. 1 FRG für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen genügen, dass sie glaubhaft gemacht sind. Bei bloßer Glaubhaftmachung ist eine Vollanrechnung der Beitragszeiten im Herkunftsgebiet indessen nicht möglich. Die in § 22 Abs. 3 FRG vorgesehene Kürzung der ermittelten Entgeltpunkte auf fünf Sechstel für lediglich glaubhaft gemachte Beitrags- oder Beschäftigungszeiten beruht auf der Erfahrungstatsache, dass auch die durchschnittliche Beitragsdichte im Bundesgebiet (nur) diesem Umfang entspricht (vgl. BSGE 38, 80, 83; BSGE 41, 163, 164 = BSG SozR 5050 § 15 Nr. 4; BSG SozR 5050 Nr. 16). Um eine Besserstellung des fremdrentenberechtigten Personenkreises gegenüber den in Deutschland rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern zu vermeiden, muss daher eine höhere Beitragsdichte bezüglich etwaiger Fremdrentenzeiten jeweils im Einzelfall nachgewiesen werden.

Nachgewiesen sind Beitragszeiten in diesem Sinne nicht schon dann, wenn lediglich Anfang und Ende des jeweiligen Zeitraums einer beitragspflichtigen Beschäftigung genau bekannt sind; denn aus dem Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit ergibt sich nicht zwingend, dass während dieser Zeit auch ununterbrochen Beiträge entrichtet worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 12. November 1970 - 5 RKn 10/68 - (juris Rdnr. 21)). Vielmehr muss darüber hinausgehend zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass Unterbrechungen in der Beitragsentrichtung (z.B. durch krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, unbezahlten Urlaub, unentschuldigte Fehlzeiten, Arbeitslosigkeit usw.) nicht eingetreten sind, mithin im Einzelfall eine den Anteil von fünf Sechsteln übersteigende höhere Beitragsdichte erreicht worden ist. Den dem Rentenversicherungsträger vorgelegten Arbeitsbescheinigungen und sonstigen Unterlagen müssen sonach die jeweiligen Unterbrechungszeiträume genau zu entnehmen sein (vgl. BSGE 38, 80; BSG, Urteil vom 24. Juli 1980 - 5 RJ 38/79 - (juris Rdnr. 27); Senatsurteil vom 21. Juni 2012 a.a.O.).

Ausgehend von diesen Maßstäben vermochte sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass für den Kläger hinsichtlich der vorliegend streitbefangenen Zeiten in R. ununterbrochen Beiträge entrichtet worden sind; die Beklagten hat die von ihr anerkannten Beitragszeiten mithin zu Recht nur als glaubhaft gemacht gewertet. Nach den aktenkundigen Unterlagen steht lediglich fest, dass der Kläger in R. zu bestimmten Zeiten in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hat und dass er grundsätzlich der Beitragspflicht zur dortigen Rentenversicherung unterfallen ist. Von einer lückenlosen tatsächlichen Beitragsentrichtung während der streitigen Zeiten kann hingegen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgegangen werden.

Zwar enthalten die vom Kläger vorgelegten Arbeitsbescheinigungen differenzierte Angaben zu den geleisteten Arbeits- und Fehltagen. So ist der A. Nr. 2223 vom 21. Juli 2008 eine Tabelle für jedes Kalenderjahr in der Zeit 1962 bis 1977 beigefügt, in der eine Anzahl der Arbeitstage je Kalendermonat sowie der Arbeitstage und der Arbeitsstunden je Kalenderjahr angegeben sind, darüber hinaus die Summe der nicht gearbeiteten Tage je Kalenderjahr aufgeteilt nach Jahresurlaub, Krankheitszeiten, unbezahltem Urlaub, Freistellung und unentschuldigten Fehlzeiten. In der A. Nr. 2753 vom 3. Oktober 2008 sind für die Kalenderjahre 1977 bis 1979 insgesamt sechs Spalten aufgelistet, die sich aufteilen in die Kalendermonate (Spalte 1) sowie auf die Anzahl der (auf den Monat entfallenden) Arbeitstage, Urlaubstage, Krankheitstage, Tage mit unbezahltem Urlaub sowie unentschuldigten Fehltage (Spalten 2 bis 6). In beiden Arbeitsbescheinigungen ist jeweils vermerkt, dass diese Daten aus den Lohn- und Gehaltslisten entnommen worden seien, die sich im Archiv des Betriebs/Unternehmens befänden, und ferner, dass für die im Betrieb/Unternehmen gearbeitete Zeit die Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden seien. Allerdings enthalten diese Bescheinigungen Ungenauigkeiten, Unstimmigkeiten und sogar Widersprüche, wie sie bereits von der Beklagten im Widerspruchsbescheid 15. Dezember 2009 sowie in den Schriftsätzen vom 12. Oktober 2011 und 24. September 2015 aufgezeigt worden sind.

So wurden in der A. Nr. 2223 vom 21. Juli 2008 in mehreren Jahren teilweise mehr und teilweise weniger Arbeitstage pro Monat bestätigt, als unter Berücksichtigung einer Sechstagewoche sowie der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage möglich gewesen wären. Beispielsweise sind für das gesamte Jahr 1962 keinerlei Urlaubstage sowie Ausfall- oder Fehlzeiten vermerkt; dagegen sind etwa für die Zeit vom 24. bis 31. Juli 1962 lediglich vier Arbeitstage bescheinigt, während in dieser Zeit jedoch sieben Arbeitstage (der 29. Juli 1962 war ein Sonntag) möglich gewesen wären. Für das gesamte Jahr 1964 sind 17 Urlaubstage und keinerlei Fehl- oder Ausfallzeiten bescheinigt, während für den Februar 1964 24 Arbeitstage, für den August 1964 acht Arbeitstage und für den November 1964 26 Arbeitstage bestätigt, jedoch unter Berücksichtigung einer Sechstagewoche sowie der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage im Februar, August und November 1964 jeweils 25 Arbeitstage möglich gewesen wären. Selbst wenn die 17 bescheinigten Urlaubstage die noch möglichen Arbeitstage im August 1964 abgedeckt hätten, fehlen jedoch Aussagen zu einem weiteren möglichen Arbeitstag im Monat Februar 1964 sowie zu dem für den Monat November 1964 bestätigten zusätzlichen Arbeitstag, bei dem die Sechstagewoche außer Acht gelassen wurde. Darüber hinaus sind etwa für das Jahr 1969 - bei insgesamt 25 bescheinigten Urlaubstagen - für den Monat Mai lediglich 15 (bei insgesamt 24 möglichen Tagen) und für den Monat Juni lediglich zehn (bei insgesamt 25 möglichen Tagen) als Arbeitstage vermerkt, sodass, selbst wenn die Urlaubstage in diese beiden Monate gefallen wären, eine Aussage jedenfalls zu einem Arbeitstag fehlt.

Weitere Unschlüssigkeiten ergeben sich in der A. Nr. 2223 vom 21. Juli 2008, in welcher bescheinigt ist, dass der Kläger den gesetzlichen Erholungsurlaub genommen habe, mit Blick auf die dort für die einzelnen Jahre angegebenen Urlaubstage. Ausweislich des auch den Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten und zitierten Rechtsgutachtens des Instituts für O. M. e.V. vom 15. Dezember 1999 - i.F. Rechtsgutachten - (veröffentl. in rv 2000, 122 ff.) bestand nach der damaligen Rechtslage in R. (Arbeitsgesetzbuch von 1950 = Gesetz Nr. 3/1950) bis Dezember 1967 unter der Voraussetzung einer ununterbrochenen Beschäftigung von elf Monaten ein allgemeiner Anspruch auf einen jährlichen Urlaub von mindestens zwölf Arbeitstagen, wobei sich der Anspruch, je nach ununterbrochener Beschäftigungsdauer und Lohngruppe, um bis zu fünf weitere Urlaubstage erhöhte (insgesamt also 17 Tage) und sich für Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr auf 18 Arbeitstage belief (vgl. Bl. 30 des Rechtsgutachtens). Demgegenüber wurden dem Kläger für das Jahr 1963 (das 18. Lebensjahr vollendend am 9. Juli 1963) 24 Urlaubstage bescheinigt, obwohl ein solcher Anspruch erst nach der Rechtslage ab Januar 1968 (Arbeitsgesetzbuch von 1950 i.V.m. dem Gesetz über den Erholungsurlaub der Arbeitnehmer Nr. 26/1967; Art. 125 des Arbeitsgesetzbuchs von 1972) und auch dann nur bei einer Beschäftigungszeit von mehr als 20 Jahren bestanden hatte (vgl. Bl. 31 f. des Rechtsgutachtens). Für die Jahre 1962, 1967 und 1968 (bei einem Wehrdienst nur vom 12. April 1967 bis 29. August 1968) ist in der vorgenannten Arbeitsbescheinigung überhaupt kein Urlaub ausgewiesen, im Jahr 1969 sind dagegen insgesamt 25 Tage verzeichnet. Soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 7. Juli 2016 auf die Ausführungen auf Bl. 34 ff. des Rechtsgutachtens zu den für bestimmte Tätigkeitsbereiche geltenden Sonderregelungen verwiesen hat, freilich ohne diese mit Bezug auf den Kläger zu konkretisieren, lassen sich damit die vorstehend aufgezeigten Unstimmigkeiten nicht auflösen. Im Widerspruch dazu hat der Kläger im Übrigen selbst behauptet (vgl. sein im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 3. Februar 2016 auszugsweise wiedergegebenes Schreiben), alle "Angestellten" in den Waggon-Werken in A. hätten 21 Urlaubstage gehabt. Das lässt sich jedoch weder mit den vorgenannten, in der A. Nr. 2223 bescheinigten Urlaubstagen für die Jahre 1962, 1963, 1967 und 1968 in Einklang bringen noch mit den dort aufgelisteten Urlaubstagen für die Jahre 1964 (17 Tage), 1965 (18 Tage), 1966 (19 Tage), für die Jahre 1970, 1971 und 1972 (jeweils 20 Tage) sowie für die Jahre 1976 und 1977 (jeweils 22 Tage). Überstunden, wie sie die Prozessbevollmächtigten des Klägers (vgl. Schriftsatz vom 18. Mai 2010 an das SG) in den Raum gestellt haben, waren im Übrigen nach damaliger Rechtslage (vgl. Rechtgutachten S. 26 f., 53 f.) grundsätzlich unerwünscht und nur ausnahmsweise bei Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse zulässig, wobei ein Freizeitausgleich erst seit der ab März 1973 geltenden Fassung des Art. 120 des Arbeitsgesetzbuchs 1972 rechtlich möglich war, während die alte Fassung des Arbeitsgesetzbuchs von 1950 (in der Fassung des Dekrets Nr. 329/1954) einen Freizeitausgleich ausdrücklich untersagt und nur eine zusätzliche Vergütung für geleistete Überstunden vorgesehen hatte.

Widersprüche und Unstimmigkeiten ergeben sich auch aus der A. Nr. 2753 vom 3. Oktober 2008. So sind dort für den Zeitraum vom 22. bis 31. Dezember 1977 acht Arbeitstage (bei keinen Ausfall- oder Fehlzeiten) bestätigt, während unter Berücksichtigung der bescheinigten Sechstagewoche sowie der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage in diesem Zeitraum zehn Arbeitstage möglich gewesen wären, sodass über zwei mögliche Arbeitstage im Dezember 1977 keine Aussage getroffen ist. Ferner sind für den Monat Januar 1979 21 gearbeitete Tage verzeichnet, obwohl unter Berücksichtigung der bescheinigten Sechstagewoche sowie der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage insgesamt 25 Arbeitstage möglich gewesen wären; Urlaubstage sind in der A. für diesen Monat nicht vermerkt. Darüber hinaus sind dort für den Zeitraum vom 1. bis 22. Juni 1979 16 Arbeitstage und zwei Urlaubstage bescheinigt, während unter Berücksichtigung der bescheinigten Sechstagewoche sowie der arbeitsfreien Sonntage 19 Arbeitstage möglich gewesen wären; mithin fehlt eine Aussage für den in diesem Monat noch möglichen weiteren Arbeitstag. Bescheinigt wurde in der A. Nr. 2753 ferner eine wöchentliche Arbeitszeit von 56 Stunden bei einem Zehnstundentag (was rechnerisch allerdings 60 Stunde/Woche ergäbe). Demgegenüber betrug die gesetzlich festgelegte wöchentliche Arbeitszeit (vgl. Rechtsgutachten S. 20 f.) nach der Rechtslage bis Ende Dezember 1977 (Art. 112 Abs. 1 des Arbeitsgesetzbuchs von 1972) 48 Stunden; sie sollte ab dem Jahr 1978 auf Grund des von der R. K. P. beschlossenen Programms stufenweise sogar noch weiter herabgesetzt werden. Unschlüssig sind ferner die Angaben in der Arbeitsbescheinigung zu dem Einbehalt eines Beitrags vom Lohn von 3 %, beginnend mit dem 1. Juli 1986, und von 5 % beginnend mit dem 1. Januar 1999, sowie auf einen Regierungserlass 1223/90, nachdem der Kläger bereits seit Ende Juni 1979 überhaupt nicht mehr in R. aufenthältlich war.

Weitere Unterlagen zu den hier streitigen Beitragszeiten liegen nicht vor. Sein Arbeitsbuch musste der Kläger bei seiner Flucht in R. zurücklassen; seine vielfältigen Bemühungen um den Erhalt von Lohnlisten ist gleichfalls erfolglos geblieben. Ferner führen die frühzeitig nach der Aussiedelung in das Bundesgebiet gemachten eidesstattlichen Versicherungen des Klägers vom 24. Januar und 17. Mai 1983 sowie die schriftliche Zeugenerklärung des früheren Arbeitskollegen S. C. vom 21. Februar 1983 zu keiner weiteren Erhellung des streitigen Sachverhalts. Die von beiden gemachten Angaben beschränken sich lediglich auf den Beginn und das Ende den Beschäftigungen des Klägers in den Waggon-Werken A. (vom 1. August 1962 bis 12. April 1967 und vom 28. August 1968 bis 1. Oktober 1977) sowie beim Betrieb S. (vom 21. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979). Sie stimmen zum Teil noch nicht einmal mit den Beginn- und Endedaten in den A. Nr. 2223 vom 21. Juli 2008 und Nr. 2753 vom 3. Oktober 2008 überein.

In Anbetracht der Vielzahl der oben aufgezeigten Ungenauigkeiten, Unstimmigkeiten und Widersprüche vermochte sich der Senat von einer ununterbrochenen Beitragsentrichtung in den streitbefangenen Zeiträumen nicht zu überzeugen. Letzte Zweifel, ob die Angaben in den vom Kläger vorgelegten Arbeitsbescheinigungen tatsächlich auf den Lohn-/Gehaltslisten der betreffenden Betriebe und deren vollständiger Auswertung basierten, konnten nicht beseitigt werden. Der volle Beweis für das Vorliegen lückenloser Beitragszahlungen in den Zeiten vom 24. Juli 1962 bis 7. April 1967, vom 13. September 1968 bis 27. Oktober 1977 sowie vom 20. Dezember 1977 bis 22. Juni 1979 ist hier mithin nicht gelungen. Die A. Nr. 2223 vom 21. Juli 2008 und Nr. 2753 vom 3. Oktober 2008 können deshalb lediglich als Mittel zur Glaubhaftmachung, nicht aber als Nachweis im Sinne eines Vollbeweises herangezogen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG; dabei hat der Senat wegen des nur geringen Obsiegens des Klägers auf Grund des Teilvergleichs vom 7. Juli 2016 von einer Kostenquotelung abgesehen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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