Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1060/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 930/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Ulm vom 23.01.2013, im Verfahren S 8 R 2418/11 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 14.08.2013, werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser, Erwerbsminderung ab 2005 sowie die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor dem 01.07.2009 streitig.
Der 1954 geborene Kläger, bei dem ein Grad der Behinderung von 50 seit dem 16.01.2012 festgestellt ist, absolvierte nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung für den Verwaltungsdienst bei der damaligen Bundesanstalt für Arbeit. Anschließend war er dort als Sachbearbeiter tätig. Nach einer Fortbildung zum Dipl.-Verwaltungswirt war er ab März 1981 als "Erster Sachbearbeiter für Angelegenheiten nach dem Sozialgerichtsgesetz" (1. SB-SGG) tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte die fachliche Verantwortung für die Durchführung der Aufgaben nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Arbeitsamt bzw. der Agentur für Arbeit, die Organisation, Führung und Steuerung der Rechtsbehelfsstelle, die Koordination der Zusammenarbeit zwischen der Rechtsbehelfsstelle und anderen Bereichen der Behörde sowie Vertretung vor den Sozialgerichten. Der Kläger wurde insoweit zunächst nach der Vergütungsgruppe III des Vergütungstarifvertrags zum Manteltarifvertrag für Angestellte der Bundesagentur für Arbeit (MTA) und nach 5-jähriger Bewährung nach der Vergütungsgruppe II (entsprechend Besoldungsgruppe A 13 BBesG) entlohnt. Im Anschluss an eine länger dauernde Erkrankung (Arbeitsunfähigkeit ab dem 04.10.2004) und einer stufenweisen Wiedereingliederung sowie nach anschließender Verwendung an wechselnden Arbeitsstellen innerhalb der Bundesanstalt für Arbeit (nunmehr Bundesagentur für Arbeit) als 1. SB-SGG war der Kläger bei - aus Gründen des Bestandsschutzes - unveränderter Vergütung nach Vergütungsgruppe II des MTA ab dem 01.07.2007 - auf eigenem Wunsch - mit auf 50 % reduzierter Arbeitszeit wieder bei der Arbeitsagentur in R. als "Sachbearbeiter für Angelegenheiten des Sozialgerichtsgesetzes" tätig. Die Tätigkeit endete nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem 28.01.2009. In der Zeit von März bis Juni 2009 absolvierte er einen 18-tägigen Lehrgang zum Fachanwalt für Sozialrecht (120 Zeitstunden Unterricht zuzüglich 15 Zeitstunden für - bestandene - Klausuren).
Am 22.06.2005 hatte der Kläger erstmals die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente beantragt. Nachdem die Beklagte u.a. ein Gutachten durch den Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Naturheilverfahren H. veranlasste, der unter dem 28.07.2005 eine länger anhaltende Anpassungsstörung bei tiefgreifender ungeklärter Konfliktsituation am Arbeitsplatz, eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, histrionischen und zwanghaften Ängsten sowie erheblichen narzisstischen Defiziten und arterielle Hypertonie diagnostizierte und die Einschätzung vertrat, dass der Kläger außerhalb der konfliktbeladenen Situation am letzten Arbeitsplatz, nach einer psychotherapeutisch begleiteten Wiedereingliederung (quantitativ) uneingeschränkt leistungsfähig für seine letzte Tätigkeit und den allgemeinen Arbeitsmarkt sei, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 16.08.2005 ab. Nachdem ein Widerspruchverfahren nach einer Begutachtung des Klägers durch den Internisten Dr. R. keine Abhilfe brachte (Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006), verlief auch eine gerichtliche Überprüfung für den Kläger erfolglos (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.08.2007 [S 8 R 3958/06], Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 23.01.2009 [L 4 R 4350/07], Beschluss des Bundessozialgerichts [BSG] vom 27.08.2009 [B 13 R 85/09 B]).
Bereits am 26.02.2009 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 01.06.2005. Ferner beantragte er am gleichen Tag die Überprüfung des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 16.08.2005 im Wege des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.2009 mit der Begründung ab, die Überprüfung habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt worden noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Der Kläger habe keine neuen Sachverhalte vorgetragen.
Den hiergegen am 10.07.2009 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2010 zurück. Bei Erteilung des Bescheides vom 16.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 sei der Kläger in der Lage gewesen, seinem bisherigen Beruf mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Berufsunfähigkeit im Sinne des §§ 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) habe nicht vorgelegen. Das hiergegen vom Kläger mit der am 12.03.2010 erhobenen Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) angestrengte Klageverfahren (- S 4 R 856/10 -) wurde mit Beschluss vom 18.11.2010 zum Ruhen gebracht.
Im Hinblick auf den erneuten Rentenantrag veranlasste die Beklagte eine Begutachtung des Klägers durch den Neurologen und Psychiater Dr. C ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 26.10.2009 eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert, differenzialdiagnostisch eine bipolare affektive Störung, gegenwärtig remittiert sowie fortgesetzten Alkohol- und Nikotinabusus. Der Kläger habe im psychischen Querschnitt ein weitgehend unauffälliges Bild geboten, insb. habe sich keine depressive Verstimmung erheblichen Ausmaßes gefunden. Das Zustandsbild habe sich in den letzten Jahren trotz kontinuierlicher ambulanter und stationärer psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung nicht hinreichend stabilisiert. Insofern sei die Kompensationsfähigkeit des Klägers nachvollziehbar erheblich gemindert. Tätigkeiten unter Zeitdruck oder solche mit vermehrter Eigenverantwortlichkeit führten zu einem deutlich erhöhten Risiko einer psychischen Dekompensation. Dr. C. vertrat die Einschätzung, der Kläger könne seine letzte Tätigkeit als Dipl.-Verwaltungswirt, die er bis Januar 2009 ausgeübt habe, seitdem nur noch in einem Umfang von unter drei Stunden täglich ausüben. Klar strukturierte Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne vermehrte Verantwortlichkeit seien ihm jedoch noch im Umfang von sechs Stunden täglich und mehr möglich.
Gestützt auf die gutachterliche Einschätzung von Dr. C. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.03.2010 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung in vollem Umfang ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 12.03.2010 Widerspruch. Nach einer Überprüfung, nach der der Kläger in Ansehung des herabgesunkenen psychischen Leistungsvermögens gesundheitlich nicht mehr in der Lage sei, eine Tätigkeit mit Vorgesetztenfunktion zu verrichten (berufskundliche Stellungnahme vom 08.06.2010), bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22.06.2010 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 01.07.2009 bis zum Monat des Erreichens der Regelaltersrente. Die Beklagte entschied ferner, dass die Rente ab dem 01.07.2009 wegen der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen, die sich anhand des Bemessungsentgelts für die vom Kläger bezogenen Sozialleistung berechne, nicht gezahlt werde. Mit Bescheid vom 07.06.2011 berechnete die Beklagte die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung neu und bewilligte dem Kläger ab dem 01.07.2011 laufende Rentenzahlungen i.H.v. 702,84 EUR.
Der Kläger hielt seinen darüber hinausgehenden Widerspruch aufrecht und machte geltend, bereits seit Juni 2005 erwerbsgemindert zu sein.
Die Beklagte zog sodann ein Gutachten des ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 15.09.2010 bei, in dem dem Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen für sechs Stunden täglich und mehr für leichte, klar strukturierte Tätigkeiten ohne hohe Verantwortlichkeit, ohne hohe Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie ohne Zeitdruck und ohne Nachtschicht attestiert wurde. Ferner veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung des Klägers durch Dr. M., Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. In ihrem freien psychiatrischen Gutachten vom 14.02.2011 diagnostizierte Dr. M. eine Persönlichkeitsstörung vom vermeidend-selbstunsicheren Typ. In der Untersuchungssituation hätten sich, so Dr. M., keine verminderte Stressbelastbarkeit und keine Hinweise auf ein schwereres depressives Bild oder auf schwerere konzentrative Probleme gezeigt. Die Stressbelastbarkeit sei in Bezug auf persönlichkeitsimmanente Faktoren reduziert. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sachbearbeiter am Arbeitsamt bzw. Tätigkeiten, die mit hohem Druck, Stress und hoher Verantwortung für Personen und Sachwerte verbunden seien, seien nicht zumutbar. Dagegen seien sämtliche leichten bis mittelschweren (auch) körperliche Tätigkeiten in einem Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2011 zurück. Die durchgeführten Ermittlungen hätten, so die Beklagte begründend, keine Befunde ergeben, die zu einer weiteren Einschränkung der bisherigen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung geführt hätten. Eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands sei erst ab Juni 2009 eingetreten, erst ab diesem Zeitpunkt - keinesfalls aber zu einem früheren Zeitpunkt - sei die Ausübung des bisherigen Berufes als leitender Sachbearbeiter oder in der Verweisungstätigkeit als einfacher Sachbearbeiter nicht mehr möglich. Es bestehe nach einer Gesamtschau aller Befunde aber weiterhin ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten.
Hiergegen erhob der Kläger am 26.03.2011 Klage zum SG (S 8 R 1060/11), mit der er sein Begehren, die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, weiterverfolgte. Ihm seien, so der Kläger begründend, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich zuzumuten. Außerdem sei sein Leistungsvermögen nicht erst seit Juni 2009 gemindert.
Das ruhende Klageverfahren betr. die ablehnende Entscheidung im Überprüfungsverfahren rief der Kläger am 20.07.2011 wieder an. Es wurde unter dem Aktenzeichen S 8 R 2418/11 weitergeführt.
Die Beklagte trat den Klagen jeweils entgegen.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Arzt für Sportmedizin und Chirotherapie Dr. B. gab in seiner Auskunft vom 24.10.2011 an, aus internistischer/allgemeinmedizinischer Sicht seien leichte Tätigkeiten noch durchführbar, soweit sie nicht außergewöhnliche Stressoren darstellten. Der Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. V. teilte unter dem 10.11.2011 mit, bei dem Kläger bestehe eine Dysthymia bei abhängiger und zwanghafter Neurosenstruktur, eine rezidivierende depressive Episode sowie Angst und depressive Störung gemischt. Nach der langjährigen seelischen Beeinträchtigung sei das Risiko einer neuen seelischen Kompensation zwingend zu vermeiden. Eine Umstellung von der früheren herausgehobenen Vorgesetztentätigkeit auf eine untergeordnete, leichte und klar strukturierte Hilfstätigkeit bedeute eine völlige Neuorientierung mit enormer Abwertung, die bei Einschränkungen betr. des Umstellungs-, Anpassungs- und Durchhaltevermögens sowie wegen einer zwanghaften Neurosenstruktur mit hohen Überforderungen verbunden sei. Der Neurologe und Psychiater Dr. D. teilte in seiner Stellungnahme vom 02.01.2012 mit, der Kläger leide unter rezidivierenden depressiven Episoden mit eingetretener Chronifizierung der depressiven Stimmungslage. Eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes habe sich im Verlauf nicht ergeben, der Kläger habe weiterhin unter wechselnden Stimmungslagen gelitten und bereits bei geringen Anforderungen zu seelischen Dekompensationen geneigt. Trotz intensiver psychotherapeutischer Behandlung sei es nicht gelungen, eine Belastbarkeit für die Arbeitstätigkeit herzustellen. Der Kläger sei nicht dazu in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Das SG ernannte sodann Dr. K., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, zum gerichtlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstattung eines Gutachtens. In seinem neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten vom 06.05.2012 diagnostizierte Dr. K. beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend narzisstischen, passiv-aggressiven Zügen. Der Gutachter beschrieb eine gute affektive Schwingungsfähigkeit und eine mürrisch-dyshorische, nicht jedoch eine depressive Stimmung. Es hätten sich keine Hinweise auf Störungen der Auffassungsgabe, des Konzentrationsvermögens oder der Merkfähigkeit gezeigt. Nach seiner Einschätzung sei - bei Wiederaufnahme einer geregelten Psychotherapie - eine Stabilisierung des Leistungsvermögens im Sinne leichter beruflicher Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes erreichbar. Den Einschränkungen durch die Persönlichkeitsstruktur des Klägers sei dadurch Rechnung zu tragen, dass Arbeiten unter Stressbelastungen und Zeitdruck sowie Arbeiten mit regelmäßigem Kundenverkehr und erhöhten Anforderungen an die Teamfähigkeit des Klägers zu vermeiden seien. Unter Beachtung dieser qualitativer Einschränkungen sei eine Tätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Der Gutachter teilte ferner mit, dass die wiederholt geäußerte Diagnose einer schweren Depression im Rahmen seiner Begutachtung nicht nachzuvollziehen gewesen sei. Zwar handele es sich bei der vorliegenden Persönlichkeitsstörung des Klägers um eine gravierende psychische Erkrankung, allerdings sei diese therapeutisch stabilisierbar.
Der Kläger ist der gutachterlichen Einschätzung entgegen getreten und formulierte hierzu Fragen an Dr. K., zu denen sich der Gutachter in einer ergänzenden Stellungnahme vom 15.09.2012 äußerte, ohne in Ansehung der klägerischen Einwendungen von seiner Leistungseinschätzung abzurücken.
Mit Urteilen vom 23.01.2013, bezüglich des Verfahrens S 8 R 2418/11 korrigiert durch Beschluss vom 14.08.2012, wies das SG die Klagen sodann ab. Zur Begründung im Verfahren S 8 R 1060/11 führte es aus, der Kläger habe weder Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung noch auf Gewährung einer zeitlich früher beginnenden Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Er sei weder voll noch zu einem früheren Zeitpunkt berufsunfähig. Der Kläger sei - bei zumutbarer Aufnahme einer regelmäßigen psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung - innerhalb von sechs Monaten wieder in der Lage, klar strukturierte Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne vermehrte Verantwortlichkeit vollschichtig zu verrichten. In Anbetracht der vorliegenden Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend narzisstischen und paranoiden Zügen und in Übereinstimmung mit dem Gutachter Dr. K. seien - mit Blick auf die bestehenden qualitativen Leistungsbeeinträchtigungen - lediglich Arbeiten unter Stressbelastung und Zeitdruck sowie Arbeiten mit regelmäßigem Kundenverkehr und erhöhten Anforderungen an die Teamfähigkeit des Klägers zu vermeiden. Diese qualitativen Leistungseinschränkungen schlössen damit weder leichtere Aufsichts- und Sortiertätigkeiten noch körperlich schwerere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Teamfähigkeit des Klägers aus. Die Aufnahme solcher Tätigkeiten stehe unter der Voraussetzung, dass der Kläger erneut eine geeignete psychotherapeutische Behandlung in Angriff nehme. Länger als sechs Monate andauernde medizinische Einschränkungen bestünden nach den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen von Dr. K. für die genannten Tätigkeiten nicht. Darüber hinaus bestehe auch kein Anspruch auf eine vor dem 01.07.2009 beginnende Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Unter Berücksichtigung der weitgehend in ihren Schlussfolgerungen übereinstimmenden Gutachten von Dr. K., Dr. M. und Dr. C., aber auch der im Verwaltungsverfahren des vorhergehenden Rentenverfahrens eingeholten Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten H. und des Internisten Dr. R. (Gutachten vom 17.01.2006) sei das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger bis zum anerkannten Leistungsfall Mitte 2009 noch in der Lage gewesen sei, seine bisherige Tätigkeit (ggf. an einem anderen Arbeitsplatz) als 1. SB-SGG vollschichtig zu verrichten. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass der Kläger in der ersten Jahreshälfte 2009 noch in der Lage gewesen sei, erfolgreich an einer Fortbildungsveranstaltung für Fachanwälte im Sozialrecht teilzunehmen. Ferner enthalte das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse vom 14.12.2009 zwischen dem 31.01.2006 und dem 15.12.2008 keine längeren einschlägigen Arbeitsunfähigkeitszeiten. Hinweise darauf, dass die fehlenden längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten auf die Tatsache zurückzuführen seien, dass der Kläger ab 01.07.2007 bei reduzierter Arbeitszeit tätig gewesen sei, bestünden nicht. Denn bei dem bestehenden Krankheitsbild wären ansonsten auch bei einer nur halbschichtigen Beschäftigung längere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu erwarten gewesen. Auf die vom Kläger thematisierte Zumutbarkeit der Verweisung auf einen Beruf aus einer niedrigeren Stufe im Sinne des Stufenschemas komme es vor diesem Hintergrund nicht an. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass der Kläger seine Tätigkeit als 1. SB-SGG (bzw. ein Äquivalent davon) vor dem 01.07.2009 nur noch weniger als sechs Stunden habe verrichten können, wäre in diesem Fall eine Verweisung des Klägers auf eine Tätigkeit als "normaler" bzw. sonstiger Sachbearbeiter einer Agentur für Arbeit sowohl gesundheitlich als auch sozial zumutbar gewesen.
Zu Begründung der Entscheidung im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X (S 8 R 2418/11) führte das SG aus, dass ein unanfechtbarer Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen sei, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden seien. Dies sei bei Erlass des Bescheides vom 16.08.2005 nicht der Fall gewesen, da der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert (bei Berufsunfähigkeit) gewesen sei.
Gegen die ihm jeweils am 21.02.2013 zugestellten Urteile hat der Kläger am 03. und am 04.03.2013 jeweils Berufung eingelegt (- L 5 R 930/13 - und - L 5 R 950/13 -), die mit Beschluss vom 25.03.2013 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden.
Der Kläger hält die angefochtenen Urteile für unzutreffend und unvollständig. Er macht geltend, es sei eine Zurückverweisung an das SG erforderlich. Dieses habe den eigentlichen Streitstoff weitgehend nicht aufgegriffen und daher auch nicht berücksichtigt, so dass es die Klagen ohne zureichende Prüfung und Begründung abgewiesen habe. Es sei nach wie vor nicht ersichtlich, was dem geltend gemachten Anspruch konkret entgegenstehe. Eine detaillierte Begründung erscheine weder möglich noch erforderlich, er habe seinen Rechtsstandpunkt bereits im Widerspruchs- und Klageverfahren erschöpfend dargelegt.
Der Kläger beantragt - sachgerecht gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23.01.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 22.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011 zu verurteilen, ihm Erwerbsminderungsrente in größtmöglichem Umfang ab Juni 2005 in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
sowie
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23.01.2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 14.08.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 08.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2010 zu verurteilen, den Bescheid vom 16.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 zurück zu nehmen und ihm Erwerbsminderungsrente im größtmöglichen Umfang ab Juni 2005 in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
ferner,
zur Aufklärung der Entwicklung des Gesundheitszustandes und der dadurch bedingten Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit des Klägers Dr. K. unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. C. vom 22./26.10.2009, der Stellungnahme von Dr. G. vom 22.12.2009, der Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 04.11.2009 und 13.12.2010 zu den am 02.01.2013 formulierten Fragen sowie zum Gutachten des Dr. W. vom 12.02.2016 und zur nervenärztlichen Stellungnahme der Beklagten vom 21.04.2016 zu hören, ob die beiden Stellungnahmen bei der gutachterlichen Äußerung berücksichtigt wurden, wie sich diese auf die Beurteilung ausgewirkt haben und ob weiterer Klärungsbedarf gesehen werde, ob sich aus dem Gutachten von Dr. W. Auswirkungen auf seine Beurteilung ergeben, inwieweit dem Gutachten von Dr. W. gefolgt werde und welchen Gutachtensaussagen, aus welchen Gründen, gefolgt werde.
Dr. K. dazu zu hören, welche Erkenntnisse und Überlegungen er mit der gutachterlichen Aussage hinsichtlich einer bereits damaligen gesundheitlichen Überforderung durch die berufliche Tätigkeit, der nachfolgenden (Über-) Belastung des Restleistungsvermögens und der Entwicklung der Leistungsfähigkeit, der (andernfalls vermeidbaren) dritten langfristigen Episode schwerer Depression an Ende 2008, der Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem die Erwerbsfähigkeit im Beruf und in vergleichbaren Tätigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken sei, verbinde.
Ferner Dr. K. dazu zu befragen,
ob es sich bei den von ihm benannten dauerhaften gesundheitlichen Schäden um Folgen einer schweren Depression handelt bzw. welcher Zusammenhang mit diesen Erkrankungen (ab 1999) bestehe und wie das Risiko einer erneuten schweren Depression durch psychische Überforderungen einzuschätzen sei, ob mit den beschriebenen Einschränkungen auch Zwänge, Handlungsstörungen oder "Unvermögen" durch ungenügende Stressresistenz, Frustrationstoleranz, fehlenden Antrieb, erschöpfte Willenskraft, unzureichende Anpassungs-/Umstellungsfähigkeit und Schwierigkeiten der Verarbeitung im Spannungsfeld früherer und zwischenzeitlicher Tätigkeitsebene mit Überforderung/Unterforderung bzw. Überqualifikation/Unterqualifikation verbunden sei und wie die krankheitsbedingten psychischen Einschränkungen der Willensbildung von zumutbarer Willensanstrengung abzugrenzen sei,
wie die unterschiedlichen Einschätzungen - insb. der beiden Gutachter - zu erklären sind, ob es evtl. Sondermeinungen gibt, eine abweichende Lehrmeinung oder einen Schulenstreit, an welchen wissenschaftlichen Erkenntnissen oder ärztlichem Erfahrungswissen sich die bisherige Beurteilung orientiere, wie danach zwischen "Erleben in der Begutachtungssituation" und der "dokumentierten Entwicklung" in der Vergangenheit (auch hinsichtlich des wiederholt unberücksichtigt gebliebenen Berichts der M.-B.-Klinik für die Zeit vom 09.11.2004 bis 18.01.2005) zu gewichten sei, wie das Ergebnis des Gerichtsgutachtens kontrolliert, gesichert bzw. von welchem Wahrscheinlichkeitsgrad auszugehen sei, wie sich - auch rückschauend - auswirke, dass anstatt der empfohlenen Verhaltenstherapie eine ausschließlich tiefenpsychologisch orientierte Therapie stattfand und der letzte diesbezügliche Antrag von Ende 2010 bis Ende 2012 zwei Jahre abgelehnt worden sei,
was dafür spreche, dass durch die Gesundheitsstörungen und das eingeschränkte Leistungsvermögen keine den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entsprechende Leistungsfähigkeit mehr gegeben sein könne,
ob es Anhaltspunkte für erhebliche Einschränkungen mit besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz bzw. für Überforderung oder zu vermeidende Unterforderung in der Arbeitssituation am allgemeinen Arbeitsmarkt gebe,
von welchen konkreten medizinischen Anknüpfungstatsachen (positives und negatives Leistungsbild, Besonderheiten der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, Frustrationstoleranz, fehlende Stressresistenz, ab wann ) ein evtl. ergänzendes berufs-/arbeitsmarktkundliches Gutachten auszugehen habe,
ob er nicht trotzdem von nicht genutzten Möglichkeiten zu positiven Entwicklungsprozessen durch unterlassene Maßnahmen der medizinischen/beruflichen Rehabilitation (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) ausgehe und wie sich evtl. Versäumnisse der Vergangenheit auf die bisherige und künftige Leistungsfähigkeit auswirkten.
Hilfsweise,
Dr. K. zur Erläuterung seines Sachverständigengutachtens zu laden und ihm die benannten Fragen zu stellen.
Ferner,
Dr. W. zur Erläuterung seines Sachverständigengutachtens zu laden und ihn zur gesundheitlichen Entwicklung zwischen 2004/2005 und seinem Gutachten vom 12.02.2016 zu befragen, insb. zum Beklagteneinwand der im Längsschnitt des Krankheitsverlaufs erkennbar werdenden Fluktuation der krankheitsimmanenten Einschränkungen sowie zur Verschlechterungstendenz und zur Abnahme der gesundheitlichen Restkompetenzen sowie zu deren Meinung, dass im Sinne einer zunehmenden Verschlechterungstendenz aus fachärztlicher Sicht entgegen seinem Gutachten mit hoher Wahrscheinlichkeit und ausreichender Sicherheit erst ab 30.11.2015 von einer globalen psycho-physischen Minderbelastbarkeit auszugehen sei, welche mit einer globalen quantitativen Leistungsminderung auf unter drei Stunden täglich deckungsgleich sei.
Ferner,
Prof. Dr. G., Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, L. Weg, B., auf der Basis seiner Stellungnahmen vom 04.11.2009 und vom 13.12.2010 zum weiteren gerichtlichen Sachverständigen zu ernennen und von ihm ein ("Ober-") Aktenlagegutachten zur Entwicklung des Gesundheitszustandes und der Leistungseinschränkungen seit 2004/2005 einzuholen,
zur Beurteilung der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt eine berufs /arbeitsmarktkundliche Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit einzuholen.
Schließlich,
die Verfahren an das Sozialgericht Ulm zurückzuverweisen,
die Voraussetzungen für die Anwendung des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu schaffen, die Kosten der Gutachten des Dr. K. vom 06.05.2012 und des nach § 109 SGG erstatteten Gutachtens des Dr. W. der Beklagten, hilfsweise der Staatskasse aufzuerlegen.
Hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie hat die erstinstanzlichen Entscheidungen (zunächst) für zutreffend erachtet und hierzu auf eine Stellungnahme ihres Beratungsärztlichen Dienstes, für den Dr. Sch. unter dem 15.03.2013 ausgeführt hat, weitere medizinische Ermittlungen seien nicht erforderlich, verwiesen.
Mit Bescheid vom 05.12.2014 hat die Beklagte dem Kläger anstelle der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.10.2014 mit einem Zahlbetrag in Höhe von 1.466,53 EUR monatlich ab 01.10.2014 und in Höhe von 1.461,63 EUR monatlich ab 01.01.2015 bewilligt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Senat Dr. W., Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie für Allgemeinmedizin, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem fachärztlich psychosomatischen psychotherapeutischen Gutachten vom 12.02.2016 hat Dr. W. beim Kläger eine narzisstische Störung, eine Angststörung und eine Zwangsstörung i.S. einer Handlungsstörung diagnostiziert. Er hat von einer eingeschränkten Introspektionsfähigkeit, einem eingeschränkten Selbstbild, das fast ausschließlich um seine Fähigkeiten und Leistungen kreise, sowie einer zwanghaften, selbstquälerischen Rechthaberei berichtet. Der Kläger sei nicht in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit drei Stunden täglich nachzugehen. Die Leistungseinschränkung bestehe seit der Erkrankung im Jahr 2004/2005 und der folgenden missglückten Wiedereingliederung. Dies folge, so der Gutachter, aus dem Verlauf der Erkrankung, die eine typische Entwicklung im Sinne einer Eskalation zeige. Zwar wichen seine Befunde nicht von denen, die von den Vorgutachtern erhoben wurden, ab, er gewichte jedoch die Störungen, insb. die narzisstische Störung, anders als die zuvor befassten Gutachter.
Die Beklagte hat sich, nachdem ihr das Gutachten übersandt worden ist, durch Dr. Z., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ärztlich beraten lassen. Dr. Z. hat in seiner Stellungnahme vom 21.04.2016 ausgeführt, im Längsschnitt des Krankheitsverlaufs zeige sich eine Fluktuation der krankheitsimmanenten Einschränkungen mit einer Verschlechterungstendenz und einer Abnahme der gesundheitlichen Restkompetenzen. So habe Dr. K. zwar noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bekundet, jedoch die dringende Notwendigkeit einer Behandlungsintensivierung beschrieben. Auch habe er von sich verstärkenden Persönlichkeitszügen berichtet, die sich nunmehr, im Gutachten von Dr. W., manifestiert hätten. So würden jetzt tiefere Störungen deutlich. Diese dokumentierte Verschlechterung lasse nunmehr schlüssig eine globale psycho-physische Minderbelastbarkeit, auch in quantitativer Hinsicht, deutlich werden. Gestützt hierauf hat die Beklagte unter dem 28.04.2016 ein Vergleichsangebot unterbreitet, dem Kläger, anstelle seiner bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund eines am 30.11.2015 eingetretenen Leistungsfalls ab dem 01.12.2015 zu gewähren.
Der Kläger ist dem Vergleichsangebot der Beklagten nicht beigetreten. Die Einschätzung, der Leistungsfall sei erst am 30.11.2015 eingetreten, habe keine medizinische Basis.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführten Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2016 geworden sind, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen des Klägers sind statthaft (vgl. §§ 143, 144 SGG) und damit insg. zulässig. Sie führen für den Kläger jedoch nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, obschon der Kläger zum Termin am 31.08.2016 nicht erschienen ist. Der Kläger wurde in der Ladung vom 29.06.2016 ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Darüber, dass den Anträgen des Klägers, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben und in eine weitergehende Beweisaufnahme einzutreten, nicht nachgekommen wird, wurde der Kläger jeweils zeitnah unter dem 04.07.2016 und dem 15.08.2016 in Kenntnis gesetzt.
Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 10.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 22.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011, mit dem dem Kläger bei gleichzeitiger Ablehnung weitergehender Ansprüche eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 01.07.2009 bewilligt wurde, ist, wie der Bescheid vom 08.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2010, mit dem die Rücknahme des ablehnenden Bescheides vom 16.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 abgelehnt wurde, rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder die hilfsweise begehrte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 2005 und auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor dem 01.07.2009.
Der Senat ist hierbei, da der Kläger das Vergleichsangebot der Beklagten vom 28.04.2016 nicht angenommen hat, im Rahmen der klägerseits gestellten Anträge, vollumfänglich zur Entscheidung berufen, ohne an den Inhalt des Vergleichsangebots der Beklagten gebunden zu sein.
Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI); volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Bei der Beurteilung des geltend gemachten Rentenanspruchs ist ferner von Bedeutung, dass dem Kläger mit Bescheid vom 05.12.2014 ab dem 01.10.2014 anstelle der ihm ab dem 01.07.2009 gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden ist. § 34 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI, der als Sonderregelung zu § 89 SGB VI eine negative Anspruchsvoraussetzung darstellt, bestimmt hierzu, dass nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen ist. Da nicht ersichtlich ist, dass der Bescheid von 05.12.2014 nicht bindend geworden ist oder keine entsprechenden Rentenzahlungen an den Kläger geleistet worden sind, ist ein Wechsel der Rentenart ab dem 01.10.2014 grundsätzlich nicht möglich; der Kläger kann grundsätzlich ab dem 01.10.2014 keine Rente wegen voller Erwerbsminderung mehr beanspruchen. Da jedoch ein "Wechsel" i.S.d. § 34 Abs. 4 SGB VI nicht vorliegt, wenn dem Rentenbegehrenden rückwirkend ab einem Zeitpunkt vor Beginn der Altersrente eine Rente wegen Erwerbsminderung anerkannt wird (vgl. hierzu Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 34 SGB VI, Rn. 84; BSG, Urteil vom 26.07.2007 - B 13 R 44/06 R - in juris), liegt vorliegend jedenfalls für die davor liegende Zeit dann kein verbotener Wechsel vor, wenn ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem 01.10.2014 bestanden hat. Dies ist jedoch zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Der Kläger war weder zum 30.09.2014 (noch danach) oder zu einem früheren Zeitpunkt (voll) erwerbsgemindert. Der Senat folgt insofern der schlüssigen und nachvollziehbaren Einschätzung des im erstinstanzlichen Verfahren gutachterlich gehörten Dr. K ... Dieser hat bezogen auf die dortige Untersuchung des Klägers nachvollziehbar dargelegt, dass eine rentenberechtigende Leistungseinschränkung beim Kläger nicht besteht. Er hat bei einer erhaltenen quantitativen Leistungsfähigkeit in Ansehung der von ihm erhobenen Befunde lediglich davon berichtet, dass bestimmte qualitative Anforderungen an eine Tätigkeit des Klägers nicht mehr gestellt werden dürfen. So hat er, in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern Dr. C. und Dr. M., Einschränkungen der Kompensationsfähigkeiten des Klägers gesehen, jedoch klar strukturierte Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne vermehrte Verantwortlichkeit für zumutbar erachtet. Auch Dr. M. hat eine aufgrund persönlichkeitsbezogener Faktoren reduzierte Stressbelastbarkeit gesehen und deshalb (nur) die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers sowie Tätigkeiten mit hohem Druck, Stress und erhöhter oder hoher Verantwortung für Personen und Sachwerte für nicht zumutbar erachtet. Ausdrücklich hat sie jedoch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich und mehr für zumutbar erachtet. Die insoweit übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter zum Leistungsbild des Klägers lassen den Senat nicht daran zweifeln, dass dem Kläger bis zum 30.09.2014 die Durchführung einer leichten Tätigkeit noch in einem Umfang von sechs Stunden täglich und mehr zumutbar war, sofern bestimmte qualitative Leistungsausschlüssen (keine Arbeiten unter Stressbelastungen und Zeitdruck, keine Arbeiten in regelmäßigem Kundenverkehr und mit erhöhten Anforderungen an die Teamfähigkeit) vermieden werden. Diese Einschätzung entspricht auch der Beurteilung durch den behandelnden Arzt für Sportmedizin und Chirotherapie Dr. B., der ebenfalls leichte Tätigkeiten ohne außergewöhnliche Stressoren für möglich erachtet hat. Der Senat vermag sich demgegenüber der Einschätzung von Dr. W. in dessen Gutachten vom 12.02.2016, dass der Kläger (seit 2004/2005) nicht in der Lage sei, einer dreistündigen beruflichen Tätigkeit nachzugehen, nicht anzuschließen. Zwar hat Dr. W. beim Kläger eine narzisstische Störung, eine Angststörung und eine Zwangsstörung i.S. einer Handlungsstörung diagnostiziert und von einer eingeschränkten Introspektionsfähigkeit, einem eingeschränkten Selbstbild sowie einer zwanghaften, selbstquälerischen Rechthaberei berichtet, jedoch hat Dr. W. keine, die Leistungseinschätzung tragenden psychopathologischen Befunde mitgeteilt. Er hat vielmehr angeführt, dass seine Befunde nicht von denen der Vorgutachter abweichen. Diese tragen jedoch eine rentenbegründende quantitative Leistungsreduzierung gerade nicht. So hat Dr. K. von einer gut erhaltenen affektiven Schwingungsfähigkeit, einer nicht depressiven Stimmung berichtet und Hinweise auf Störungen der Auffassungsgabe, des Konzentrationsvermögens oder der Merkfähigkeit verneint. Da aus dem Gutachten von Dr. W. überdies nicht hervorgeht, dass der Kläger in seiner Fähigkeit, seinen Lebensalltag zu bewältigen maßgeblich eingeschränkt ist, vermag sich der Senat der Leistungseinschätzung von Dr. W., auch in Ansehung der angeführten krankheitsbedingten misstrauischen Abwehrhaltung gegenüber einer Erwerbstätigkeit, auch bezogen auf den von ihm angenommenen Leistungsfall im Jahr 2004/2005, nicht anzuschließen. Insofern ist für den Senat auch maßgeblich, dass Dr. W. in seinem Gutachten weder eine Anamneseerhebung dargestellt, noch sich mit den aktenkundigen ärztlichen und gutachterlichen Stellungnahmen auseinandergesetzt und er demzufolge seine Einschätzung lediglich mit seiner abweichenden Gewichtung begründet hat. Schließlich vermag die von der Beklagten vorgelegte ärztliche Stellungnahme von Dr. Z. eine abweichende Beurteilung des Senats nicht zu begründen. Dr. Z. führt zwar an, dass die eingeschränkte Introspektionsfähigkeit, das eingeschränkte Selbstbild und die zwanghafte Rechthaberei Ausdruck einer sich im Laufe der Zeit verstärkenden Krankheitsentwicklung seien, die zu einer zunehmenden Abnahme der dem Kläger verbleibenden Ressourcen seiner psychischen Belastbarkeit geführt haben, indes sieht der Senat hierin, in Ermangelung konkreter psychisch bedingter Einschränkungen, keinen Hinweis auf eine quantitative Leistungsreduzierung.
Mithin war der Kläger zur Überzeugung des Senats bis zum 30.09.2014 (und auch darüber hinaus) in der Lage, bei Vermeidung bestimmter qualitativer Anforderungen (Tätigkeiten mit einer hohen Stress- und Druckbelastung und erhöhter Verantwortung für Personen und Sachwerte) einer leichten Tätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr nachzugehen. Er war daher weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert.
Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben waren, bestehen nicht. Die bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen sind bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe u.a. Urteil vom 05.10.2005 - B 5 RJ 6/05 R - in juris).
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung besteht mithin nicht.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit vor dem 01.07.2009. Der Bescheid vom 10.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 22.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011 ist auch insoweit rechtmäßig.
Der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Juni 2005 beurteilt sich nach § 240 SGB VI. Hiernach haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen, Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Die Rspr. des BSG hat insoweit das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Danach sind bei den Angestelltenberufen zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe I); Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Stufe II); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe III); Berufe, die zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe IV), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen (Stufe V); Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht (Stufe VI). Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29.06.2004 - B 4 RA 5/04 R - in juris). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist.
Der 4. Senat des LSG ist in seinem Urteil vom 23.01.2009 (- L 4 R 4350/07 -) anhand der Erwerbsbiographie des Klägers zu der Einschätzung gelangt, dass der bisheriger Beruf des Klägers der eines 1. SB-SGG ist und ihm in Anlegung der Maßgaben des Mehrstufenschemas die Tätigkeit eines Sachbearbeiters in der Widerspruchsstelle sozial zumutbar war. Der erkennende Senat schließt sich den Ausführungen des 4. Senats im benannten Urteil nach eigener Prüfung an. Eine Tätigkeit als Sachbearbeiter ist dem Kläger bis zum 30.06.2009 auch gesundheitlich in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr möglich gewesen. Dies folgt für den Senat bereits daraus, dass der Kläger diese Tätigkeit bis einschließlich Januar 2009 tatsächlich im Umfang von 50% der regulären Arbeitszeit ausgeübt hat. Ferner hat der Kläger in der Zeit von März bis Juni 2009 erfolgreich einen Fachanwaltslehrgang für Sozialrecht absolviert. Bereits hieraus wird ersichtlich, dass, anders als der Kläger vorbringt, seine psychische Leistungsfähigkeit nicht maßgeblich eingeschränkt war. Schließlich stützt sich der Senat auf das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Naturheilverfahren H., der schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt hat, dass der Kläger außerhalb der konfliktbeladenen Situation am innegehabten letzten Arbeitsplatz uneingeschränkt leistungsfähig für seine letzte Tätigkeit war.
Der Bescheid vom 10.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 22.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011 ist mithin rechtmäßig.
Der Berufung ist auch insoweit für den Kläger erfolglos, als er sich dagegen wendet, dass die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 08.07.2009 (Widerspruchsbescheid vom 22.02.2010) die Rücknahme des Bescheides vom 16.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 und die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bereits ab dem Jahr 2005 abgelehnt hat. Die Rücknahme des Bescheides vom 16.08.2005 beurteilt sich nach § 44 SGB X. Nach dessen Abs. 1 ist der Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Da der Kläger jedoch, wie oben ausgeführt, zu keinem Zeitpunkt erwerbsgemindert bzw. erst ab dem 01.07.2009 berufsunfähig war, hat die Beklagte im Bescheid vom 16.08.2005 das Recht weder unrichtig angewandt, noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Sie hat die Rücknahme zu Recht abgelehnt.
Der Senat sieht sich auch nicht dazu gedrängt, den Anregungen des Klägers folgend, Dr. K. und Dr. W. persönlich zu befragen, Dr. K. abermals ergänzend zu der Leistungseinschätzung von Dr. W. zu befragen, von Amts wegen ein weiteres Gutachten bei Prof. Dr. G. und ein arbeitsmarktkundliches Gutachten bei der Bundesagentur für Arbeit einzuholen. Nach § 103 Satz 1 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen, ohne an das Vorbringen und Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein (§ 103 Satz 2 SGG).
Beim Antrag auf Einholung eines Gutachtens (Nr. 3 des klägerischen Schriftsatzes vom 01.07.2016; Nr. 5 des klägerischen Schriftsatzes vom 11.08.2016) handelt es sich dem Grunde nach um einem Beweisantrag i.S.d. § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 402 ff Zivilprozessordnung. Die Beweisaufnahme im Wege des Strengbeweises ist an gesetzliche Voraussetzungen über die Beweisaufnahme gebunden, weswegen er die prozessordnungsgemäßen Mindestvoraussetzungen erfüllen muss. Zu diesen zählen u.a. die Benennung der Tatsachen, die bewiesen werden sollen (Beweisthema) und die Formulierung des Beweisergebnisses. Diesen Anforderungen genügt der schriftsätzliche Antrag des Klägers nicht. Vielmehr soll Prof. Dr. G. zur "Entwicklung des Gesundheitszustandes und der Leistungseinschränkungen" gehört werden. Der Kläger hat gerade nicht unter Beweis gestellt, dass er bereits vor dem 01.12.2015 bzw. dem 01.10.2014 erwerbsgemindert gewesen sei. Der Antrag zielt vielmehr im Kern darauf ab, dass erst die weitere Beweisaufnahme - die Erstellung eines "Obergutachtens" durch Prof. Dr. G. - selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen aufklären soll. Einem derartigen Antrag braucht nicht nachgegangen zu werden (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R - m.w.N. in juris). Im Übrigen bedingt weder der Umstand, dass die gerichtlichen Gutachter divergierende Leistungseinschätzungen abgegeben haben, noch der, dass der Senat sich der Einschätzung eines der Gutachter (teilweise) nicht anzuschließen vermag, das Erfordernis einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung.
Auch dem Antrag (richtigerweise der Anregung) des Klägers, Dr. K. zu dem Gutachten von Dr. C., den Stellungnahmen von Dr. G. und Prof. Dr. G., zum Gutachten von Dr. W. und zur nervenärztlichen Stellungnahme der Beklagten zu hören und ihm die im Antrag wiedergegebenen Fragen zu stellen bzw. Dr. K. persönlich zu hören (Frage Nr. 1 des Schriftsatzes vom 01.07.2016; Nr. 3 des klägerischen Schriftsatzes vom 11.08.2016), ist nicht nachzugehen. Soweit der Kläger Dr. K. zu den benannten (gutachterlichen) Stellungnahmen und deren Berücksichtigung in seinem Gutachten befragt wissen will, ergibt sich dies bereits aus dem Gutachten selbst, in dem Dr. K. die jeweiligen Stellungnahmen referiert hat. Im Übrigen zielen die auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 01.07.2016 (als Fragen Nr. 1 - 5) formulierten Fragen, die der Kläger bereits inhaltsgleich im erstinstanzlichen Verfahren unter dem 02.01.2013 vorgelegt hat, sämtlich auf vertiefende und ergänzende Erläuterungen des Gutachters zu den in seinem Gutachten getroffenen Aussagen. Mit den im Gutachten und der ergänzenden Stellungnahme vom 15.09.2012 enthaltenen Ausführungen hat Dr. K. jedoch bereits die vom SG gestellten Beweisfragen umfassend und ausführlich beantwortet, so dass die vom Kläger gestellten Fragen lediglich einer vertiefenden Erläuterung, jedoch nicht einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts dienen; eine darüber hinausgehende (erneute) Befragung des Gutachters ist mithin nicht geboten.
Darüber hinaus werden durch § 103 SGG vom jeweils erkennenden Gericht keine grenzenlosen Beweisermittlungen verlangt. So ist bloßen Vermutungen oder auch angeregten Beweisermittlungen ins Blaue hinein nicht nachzugehen (Leitherer, a.a.O., § 103, Rn. 16). Die vom Kläger angeführte Frage an Dr. K., bspw. ob sich durch die Einschätzung von Dr. W. eine Änderung seiner Einschätzung ergibt, veranlasst den Senat vor diesem Hintergrund nicht, Dr. K. ergänzend zu befragen. Der klägerische Vortrag lässt bereits vermissen, aus welchen Gründen sich vor den Ausführungen von Dr. W., die von ihm erhobenen Befunde wichen nicht von denen der Vorgutachter ab, die divergierende Leistungseinschätzung gründe vielmehr in einer anderen Gewichtung der bestehenden Gesundheitsstörungen, eine Änderung der Leistungseinschätzung ergeben könnte (vgl. Leitherer, a.a.O., § 103, Rn. 7a). Da Dr. W. insb. weder die Nachvollziehbarkeit der Einschätzung von Dr. K. in Frage stellt oder weitergehende Befunde mitgeteilt hat, er vielmehr die Subjektivität seiner Einschätzung hervorhebt, sieht sich der Senat weder veranlasst, noch gedrängt, Dr. W. zum Vergleichsvorschlag der Beklagten bzw. der diesem zu Grunde liegenden beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z. ergänzend (persönlich) zu befragen und sodann Dr. K. hierzu und zu (vom Kläger) noch zu formulierenden Nachfragen (persönlich) anzuhören (Frage Nr. 2 des Schriftsatzes vom 01.07.2016; Nr. 4 des klägerischen Schriftsatzes vom 11.08.2016). Schließlich ist der Senat auch nicht gedrängt, Dr. W. zur Erläuterung seines Gutachtens und der gesundheitlichen Entwicklung zwischen 2004/2005 und seinem Gutachten vom 12.02.2016, insb. zum Vorbringen der Beklagten hierzu, persönlich zu befragen. Dr. W. hat seine Einschätzung zum Krankheitsverlauf in seinem Gutachten bereits dargelegt und diesen ausdrücklich zur Grundlage seiner Einschätzung betr. den Eintritt des Leistungsfalls gemacht.
Auch der Antrag, "zur Beurteilung der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt eine berufs-/arbeitsmarktkundliche Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit einholen" (Frage Nr. 4 im Schriftsatz vom 01.07.2016; Nr. 6 des klägerischen Schriftsatzes vom 11.08.2016) lässt bereits nicht erkennen, was sich wie, streitentscheidend, auf den Arbeitsmarkt auswirken soll.
Mithin hat das SG die Klagen in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen.
Da das SG die Klagen weder abgewiesen hat, ohne in der Sache zu entscheiden (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG), noch das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet (§ 159 Abs.2 Nr. 2 SGG), ist das Verfahren nicht an das SG zurückzuverweisen. Die Berufungen sind zurückzuweisen.
Über die Anträge, die Kosten der Gutachten des Dr. K. und des Dr. W. der Beklagten, hilfsweise der Staatskasse aufzuerlegen, entscheidet der Senat mit gesondertem Beschluss (vgl. § 192 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dem Antrag des Klägers, (in der mündlichen Verhandlung) "die Voraussetzungen für die Anwendung des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu schaffen" ist hierbei nicht zu entsprechen, da in Ansehung der obigen Ausführung keinerlei Veranlassung dazu besteht, der Beklagten Missbräuchlichkeitskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser, Erwerbsminderung ab 2005 sowie die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor dem 01.07.2009 streitig.
Der 1954 geborene Kläger, bei dem ein Grad der Behinderung von 50 seit dem 16.01.2012 festgestellt ist, absolvierte nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung für den Verwaltungsdienst bei der damaligen Bundesanstalt für Arbeit. Anschließend war er dort als Sachbearbeiter tätig. Nach einer Fortbildung zum Dipl.-Verwaltungswirt war er ab März 1981 als "Erster Sachbearbeiter für Angelegenheiten nach dem Sozialgerichtsgesetz" (1. SB-SGG) tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte die fachliche Verantwortung für die Durchführung der Aufgaben nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Arbeitsamt bzw. der Agentur für Arbeit, die Organisation, Führung und Steuerung der Rechtsbehelfsstelle, die Koordination der Zusammenarbeit zwischen der Rechtsbehelfsstelle und anderen Bereichen der Behörde sowie Vertretung vor den Sozialgerichten. Der Kläger wurde insoweit zunächst nach der Vergütungsgruppe III des Vergütungstarifvertrags zum Manteltarifvertrag für Angestellte der Bundesagentur für Arbeit (MTA) und nach 5-jähriger Bewährung nach der Vergütungsgruppe II (entsprechend Besoldungsgruppe A 13 BBesG) entlohnt. Im Anschluss an eine länger dauernde Erkrankung (Arbeitsunfähigkeit ab dem 04.10.2004) und einer stufenweisen Wiedereingliederung sowie nach anschließender Verwendung an wechselnden Arbeitsstellen innerhalb der Bundesanstalt für Arbeit (nunmehr Bundesagentur für Arbeit) als 1. SB-SGG war der Kläger bei - aus Gründen des Bestandsschutzes - unveränderter Vergütung nach Vergütungsgruppe II des MTA ab dem 01.07.2007 - auf eigenem Wunsch - mit auf 50 % reduzierter Arbeitszeit wieder bei der Arbeitsagentur in R. als "Sachbearbeiter für Angelegenheiten des Sozialgerichtsgesetzes" tätig. Die Tätigkeit endete nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem 28.01.2009. In der Zeit von März bis Juni 2009 absolvierte er einen 18-tägigen Lehrgang zum Fachanwalt für Sozialrecht (120 Zeitstunden Unterricht zuzüglich 15 Zeitstunden für - bestandene - Klausuren).
Am 22.06.2005 hatte der Kläger erstmals die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente beantragt. Nachdem die Beklagte u.a. ein Gutachten durch den Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Naturheilverfahren H. veranlasste, der unter dem 28.07.2005 eine länger anhaltende Anpassungsstörung bei tiefgreifender ungeklärter Konfliktsituation am Arbeitsplatz, eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, histrionischen und zwanghaften Ängsten sowie erheblichen narzisstischen Defiziten und arterielle Hypertonie diagnostizierte und die Einschätzung vertrat, dass der Kläger außerhalb der konfliktbeladenen Situation am letzten Arbeitsplatz, nach einer psychotherapeutisch begleiteten Wiedereingliederung (quantitativ) uneingeschränkt leistungsfähig für seine letzte Tätigkeit und den allgemeinen Arbeitsmarkt sei, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 16.08.2005 ab. Nachdem ein Widerspruchverfahren nach einer Begutachtung des Klägers durch den Internisten Dr. R. keine Abhilfe brachte (Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006), verlief auch eine gerichtliche Überprüfung für den Kläger erfolglos (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.08.2007 [S 8 R 3958/06], Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 23.01.2009 [L 4 R 4350/07], Beschluss des Bundessozialgerichts [BSG] vom 27.08.2009 [B 13 R 85/09 B]).
Bereits am 26.02.2009 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 01.06.2005. Ferner beantragte er am gleichen Tag die Überprüfung des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 16.08.2005 im Wege des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.2009 mit der Begründung ab, die Überprüfung habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt worden noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Der Kläger habe keine neuen Sachverhalte vorgetragen.
Den hiergegen am 10.07.2009 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2010 zurück. Bei Erteilung des Bescheides vom 16.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 sei der Kläger in der Lage gewesen, seinem bisherigen Beruf mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Berufsunfähigkeit im Sinne des §§ 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) habe nicht vorgelegen. Das hiergegen vom Kläger mit der am 12.03.2010 erhobenen Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) angestrengte Klageverfahren (- S 4 R 856/10 -) wurde mit Beschluss vom 18.11.2010 zum Ruhen gebracht.
Im Hinblick auf den erneuten Rentenantrag veranlasste die Beklagte eine Begutachtung des Klägers durch den Neurologen und Psychiater Dr. C ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 26.10.2009 eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert, differenzialdiagnostisch eine bipolare affektive Störung, gegenwärtig remittiert sowie fortgesetzten Alkohol- und Nikotinabusus. Der Kläger habe im psychischen Querschnitt ein weitgehend unauffälliges Bild geboten, insb. habe sich keine depressive Verstimmung erheblichen Ausmaßes gefunden. Das Zustandsbild habe sich in den letzten Jahren trotz kontinuierlicher ambulanter und stationärer psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung nicht hinreichend stabilisiert. Insofern sei die Kompensationsfähigkeit des Klägers nachvollziehbar erheblich gemindert. Tätigkeiten unter Zeitdruck oder solche mit vermehrter Eigenverantwortlichkeit führten zu einem deutlich erhöhten Risiko einer psychischen Dekompensation. Dr. C. vertrat die Einschätzung, der Kläger könne seine letzte Tätigkeit als Dipl.-Verwaltungswirt, die er bis Januar 2009 ausgeübt habe, seitdem nur noch in einem Umfang von unter drei Stunden täglich ausüben. Klar strukturierte Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne vermehrte Verantwortlichkeit seien ihm jedoch noch im Umfang von sechs Stunden täglich und mehr möglich.
Gestützt auf die gutachterliche Einschätzung von Dr. C. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.03.2010 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung in vollem Umfang ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 12.03.2010 Widerspruch. Nach einer Überprüfung, nach der der Kläger in Ansehung des herabgesunkenen psychischen Leistungsvermögens gesundheitlich nicht mehr in der Lage sei, eine Tätigkeit mit Vorgesetztenfunktion zu verrichten (berufskundliche Stellungnahme vom 08.06.2010), bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22.06.2010 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 01.07.2009 bis zum Monat des Erreichens der Regelaltersrente. Die Beklagte entschied ferner, dass die Rente ab dem 01.07.2009 wegen der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen, die sich anhand des Bemessungsentgelts für die vom Kläger bezogenen Sozialleistung berechne, nicht gezahlt werde. Mit Bescheid vom 07.06.2011 berechnete die Beklagte die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung neu und bewilligte dem Kläger ab dem 01.07.2011 laufende Rentenzahlungen i.H.v. 702,84 EUR.
Der Kläger hielt seinen darüber hinausgehenden Widerspruch aufrecht und machte geltend, bereits seit Juni 2005 erwerbsgemindert zu sein.
Die Beklagte zog sodann ein Gutachten des ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 15.09.2010 bei, in dem dem Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen für sechs Stunden täglich und mehr für leichte, klar strukturierte Tätigkeiten ohne hohe Verantwortlichkeit, ohne hohe Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie ohne Zeitdruck und ohne Nachtschicht attestiert wurde. Ferner veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung des Klägers durch Dr. M., Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. In ihrem freien psychiatrischen Gutachten vom 14.02.2011 diagnostizierte Dr. M. eine Persönlichkeitsstörung vom vermeidend-selbstunsicheren Typ. In der Untersuchungssituation hätten sich, so Dr. M., keine verminderte Stressbelastbarkeit und keine Hinweise auf ein schwereres depressives Bild oder auf schwerere konzentrative Probleme gezeigt. Die Stressbelastbarkeit sei in Bezug auf persönlichkeitsimmanente Faktoren reduziert. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sachbearbeiter am Arbeitsamt bzw. Tätigkeiten, die mit hohem Druck, Stress und hoher Verantwortung für Personen und Sachwerte verbunden seien, seien nicht zumutbar. Dagegen seien sämtliche leichten bis mittelschweren (auch) körperliche Tätigkeiten in einem Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2011 zurück. Die durchgeführten Ermittlungen hätten, so die Beklagte begründend, keine Befunde ergeben, die zu einer weiteren Einschränkung der bisherigen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung geführt hätten. Eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands sei erst ab Juni 2009 eingetreten, erst ab diesem Zeitpunkt - keinesfalls aber zu einem früheren Zeitpunkt - sei die Ausübung des bisherigen Berufes als leitender Sachbearbeiter oder in der Verweisungstätigkeit als einfacher Sachbearbeiter nicht mehr möglich. Es bestehe nach einer Gesamtschau aller Befunde aber weiterhin ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten.
Hiergegen erhob der Kläger am 26.03.2011 Klage zum SG (S 8 R 1060/11), mit der er sein Begehren, die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, weiterverfolgte. Ihm seien, so der Kläger begründend, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich zuzumuten. Außerdem sei sein Leistungsvermögen nicht erst seit Juni 2009 gemindert.
Das ruhende Klageverfahren betr. die ablehnende Entscheidung im Überprüfungsverfahren rief der Kläger am 20.07.2011 wieder an. Es wurde unter dem Aktenzeichen S 8 R 2418/11 weitergeführt.
Die Beklagte trat den Klagen jeweils entgegen.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Arzt für Sportmedizin und Chirotherapie Dr. B. gab in seiner Auskunft vom 24.10.2011 an, aus internistischer/allgemeinmedizinischer Sicht seien leichte Tätigkeiten noch durchführbar, soweit sie nicht außergewöhnliche Stressoren darstellten. Der Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. V. teilte unter dem 10.11.2011 mit, bei dem Kläger bestehe eine Dysthymia bei abhängiger und zwanghafter Neurosenstruktur, eine rezidivierende depressive Episode sowie Angst und depressive Störung gemischt. Nach der langjährigen seelischen Beeinträchtigung sei das Risiko einer neuen seelischen Kompensation zwingend zu vermeiden. Eine Umstellung von der früheren herausgehobenen Vorgesetztentätigkeit auf eine untergeordnete, leichte und klar strukturierte Hilfstätigkeit bedeute eine völlige Neuorientierung mit enormer Abwertung, die bei Einschränkungen betr. des Umstellungs-, Anpassungs- und Durchhaltevermögens sowie wegen einer zwanghaften Neurosenstruktur mit hohen Überforderungen verbunden sei. Der Neurologe und Psychiater Dr. D. teilte in seiner Stellungnahme vom 02.01.2012 mit, der Kläger leide unter rezidivierenden depressiven Episoden mit eingetretener Chronifizierung der depressiven Stimmungslage. Eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes habe sich im Verlauf nicht ergeben, der Kläger habe weiterhin unter wechselnden Stimmungslagen gelitten und bereits bei geringen Anforderungen zu seelischen Dekompensationen geneigt. Trotz intensiver psychotherapeutischer Behandlung sei es nicht gelungen, eine Belastbarkeit für die Arbeitstätigkeit herzustellen. Der Kläger sei nicht dazu in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Das SG ernannte sodann Dr. K., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, zum gerichtlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstattung eines Gutachtens. In seinem neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten vom 06.05.2012 diagnostizierte Dr. K. beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend narzisstischen, passiv-aggressiven Zügen. Der Gutachter beschrieb eine gute affektive Schwingungsfähigkeit und eine mürrisch-dyshorische, nicht jedoch eine depressive Stimmung. Es hätten sich keine Hinweise auf Störungen der Auffassungsgabe, des Konzentrationsvermögens oder der Merkfähigkeit gezeigt. Nach seiner Einschätzung sei - bei Wiederaufnahme einer geregelten Psychotherapie - eine Stabilisierung des Leistungsvermögens im Sinne leichter beruflicher Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes erreichbar. Den Einschränkungen durch die Persönlichkeitsstruktur des Klägers sei dadurch Rechnung zu tragen, dass Arbeiten unter Stressbelastungen und Zeitdruck sowie Arbeiten mit regelmäßigem Kundenverkehr und erhöhten Anforderungen an die Teamfähigkeit des Klägers zu vermeiden seien. Unter Beachtung dieser qualitativer Einschränkungen sei eine Tätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Der Gutachter teilte ferner mit, dass die wiederholt geäußerte Diagnose einer schweren Depression im Rahmen seiner Begutachtung nicht nachzuvollziehen gewesen sei. Zwar handele es sich bei der vorliegenden Persönlichkeitsstörung des Klägers um eine gravierende psychische Erkrankung, allerdings sei diese therapeutisch stabilisierbar.
Der Kläger ist der gutachterlichen Einschätzung entgegen getreten und formulierte hierzu Fragen an Dr. K., zu denen sich der Gutachter in einer ergänzenden Stellungnahme vom 15.09.2012 äußerte, ohne in Ansehung der klägerischen Einwendungen von seiner Leistungseinschätzung abzurücken.
Mit Urteilen vom 23.01.2013, bezüglich des Verfahrens S 8 R 2418/11 korrigiert durch Beschluss vom 14.08.2012, wies das SG die Klagen sodann ab. Zur Begründung im Verfahren S 8 R 1060/11 führte es aus, der Kläger habe weder Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung noch auf Gewährung einer zeitlich früher beginnenden Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Er sei weder voll noch zu einem früheren Zeitpunkt berufsunfähig. Der Kläger sei - bei zumutbarer Aufnahme einer regelmäßigen psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung - innerhalb von sechs Monaten wieder in der Lage, klar strukturierte Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne vermehrte Verantwortlichkeit vollschichtig zu verrichten. In Anbetracht der vorliegenden Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend narzisstischen und paranoiden Zügen und in Übereinstimmung mit dem Gutachter Dr. K. seien - mit Blick auf die bestehenden qualitativen Leistungsbeeinträchtigungen - lediglich Arbeiten unter Stressbelastung und Zeitdruck sowie Arbeiten mit regelmäßigem Kundenverkehr und erhöhten Anforderungen an die Teamfähigkeit des Klägers zu vermeiden. Diese qualitativen Leistungseinschränkungen schlössen damit weder leichtere Aufsichts- und Sortiertätigkeiten noch körperlich schwerere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Teamfähigkeit des Klägers aus. Die Aufnahme solcher Tätigkeiten stehe unter der Voraussetzung, dass der Kläger erneut eine geeignete psychotherapeutische Behandlung in Angriff nehme. Länger als sechs Monate andauernde medizinische Einschränkungen bestünden nach den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen von Dr. K. für die genannten Tätigkeiten nicht. Darüber hinaus bestehe auch kein Anspruch auf eine vor dem 01.07.2009 beginnende Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Unter Berücksichtigung der weitgehend in ihren Schlussfolgerungen übereinstimmenden Gutachten von Dr. K., Dr. M. und Dr. C., aber auch der im Verwaltungsverfahren des vorhergehenden Rentenverfahrens eingeholten Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten H. und des Internisten Dr. R. (Gutachten vom 17.01.2006) sei das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger bis zum anerkannten Leistungsfall Mitte 2009 noch in der Lage gewesen sei, seine bisherige Tätigkeit (ggf. an einem anderen Arbeitsplatz) als 1. SB-SGG vollschichtig zu verrichten. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass der Kläger in der ersten Jahreshälfte 2009 noch in der Lage gewesen sei, erfolgreich an einer Fortbildungsveranstaltung für Fachanwälte im Sozialrecht teilzunehmen. Ferner enthalte das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse vom 14.12.2009 zwischen dem 31.01.2006 und dem 15.12.2008 keine längeren einschlägigen Arbeitsunfähigkeitszeiten. Hinweise darauf, dass die fehlenden längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten auf die Tatsache zurückzuführen seien, dass der Kläger ab 01.07.2007 bei reduzierter Arbeitszeit tätig gewesen sei, bestünden nicht. Denn bei dem bestehenden Krankheitsbild wären ansonsten auch bei einer nur halbschichtigen Beschäftigung längere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu erwarten gewesen. Auf die vom Kläger thematisierte Zumutbarkeit der Verweisung auf einen Beruf aus einer niedrigeren Stufe im Sinne des Stufenschemas komme es vor diesem Hintergrund nicht an. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass der Kläger seine Tätigkeit als 1. SB-SGG (bzw. ein Äquivalent davon) vor dem 01.07.2009 nur noch weniger als sechs Stunden habe verrichten können, wäre in diesem Fall eine Verweisung des Klägers auf eine Tätigkeit als "normaler" bzw. sonstiger Sachbearbeiter einer Agentur für Arbeit sowohl gesundheitlich als auch sozial zumutbar gewesen.
Zu Begründung der Entscheidung im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X (S 8 R 2418/11) führte das SG aus, dass ein unanfechtbarer Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen sei, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden seien. Dies sei bei Erlass des Bescheides vom 16.08.2005 nicht der Fall gewesen, da der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert (bei Berufsunfähigkeit) gewesen sei.
Gegen die ihm jeweils am 21.02.2013 zugestellten Urteile hat der Kläger am 03. und am 04.03.2013 jeweils Berufung eingelegt (- L 5 R 930/13 - und - L 5 R 950/13 -), die mit Beschluss vom 25.03.2013 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden.
Der Kläger hält die angefochtenen Urteile für unzutreffend und unvollständig. Er macht geltend, es sei eine Zurückverweisung an das SG erforderlich. Dieses habe den eigentlichen Streitstoff weitgehend nicht aufgegriffen und daher auch nicht berücksichtigt, so dass es die Klagen ohne zureichende Prüfung und Begründung abgewiesen habe. Es sei nach wie vor nicht ersichtlich, was dem geltend gemachten Anspruch konkret entgegenstehe. Eine detaillierte Begründung erscheine weder möglich noch erforderlich, er habe seinen Rechtsstandpunkt bereits im Widerspruchs- und Klageverfahren erschöpfend dargelegt.
Der Kläger beantragt - sachgerecht gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23.01.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 22.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011 zu verurteilen, ihm Erwerbsminderungsrente in größtmöglichem Umfang ab Juni 2005 in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
sowie
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23.01.2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 14.08.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 08.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2010 zu verurteilen, den Bescheid vom 16.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 zurück zu nehmen und ihm Erwerbsminderungsrente im größtmöglichen Umfang ab Juni 2005 in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
ferner,
zur Aufklärung der Entwicklung des Gesundheitszustandes und der dadurch bedingten Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit des Klägers Dr. K. unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. C. vom 22./26.10.2009, der Stellungnahme von Dr. G. vom 22.12.2009, der Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 04.11.2009 und 13.12.2010 zu den am 02.01.2013 formulierten Fragen sowie zum Gutachten des Dr. W. vom 12.02.2016 und zur nervenärztlichen Stellungnahme der Beklagten vom 21.04.2016 zu hören, ob die beiden Stellungnahmen bei der gutachterlichen Äußerung berücksichtigt wurden, wie sich diese auf die Beurteilung ausgewirkt haben und ob weiterer Klärungsbedarf gesehen werde, ob sich aus dem Gutachten von Dr. W. Auswirkungen auf seine Beurteilung ergeben, inwieweit dem Gutachten von Dr. W. gefolgt werde und welchen Gutachtensaussagen, aus welchen Gründen, gefolgt werde.
Dr. K. dazu zu hören, welche Erkenntnisse und Überlegungen er mit der gutachterlichen Aussage hinsichtlich einer bereits damaligen gesundheitlichen Überforderung durch die berufliche Tätigkeit, der nachfolgenden (Über-) Belastung des Restleistungsvermögens und der Entwicklung der Leistungsfähigkeit, der (andernfalls vermeidbaren) dritten langfristigen Episode schwerer Depression an Ende 2008, der Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem die Erwerbsfähigkeit im Beruf und in vergleichbaren Tätigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken sei, verbinde.
Ferner Dr. K. dazu zu befragen,
ob es sich bei den von ihm benannten dauerhaften gesundheitlichen Schäden um Folgen einer schweren Depression handelt bzw. welcher Zusammenhang mit diesen Erkrankungen (ab 1999) bestehe und wie das Risiko einer erneuten schweren Depression durch psychische Überforderungen einzuschätzen sei, ob mit den beschriebenen Einschränkungen auch Zwänge, Handlungsstörungen oder "Unvermögen" durch ungenügende Stressresistenz, Frustrationstoleranz, fehlenden Antrieb, erschöpfte Willenskraft, unzureichende Anpassungs-/Umstellungsfähigkeit und Schwierigkeiten der Verarbeitung im Spannungsfeld früherer und zwischenzeitlicher Tätigkeitsebene mit Überforderung/Unterforderung bzw. Überqualifikation/Unterqualifikation verbunden sei und wie die krankheitsbedingten psychischen Einschränkungen der Willensbildung von zumutbarer Willensanstrengung abzugrenzen sei,
wie die unterschiedlichen Einschätzungen - insb. der beiden Gutachter - zu erklären sind, ob es evtl. Sondermeinungen gibt, eine abweichende Lehrmeinung oder einen Schulenstreit, an welchen wissenschaftlichen Erkenntnissen oder ärztlichem Erfahrungswissen sich die bisherige Beurteilung orientiere, wie danach zwischen "Erleben in der Begutachtungssituation" und der "dokumentierten Entwicklung" in der Vergangenheit (auch hinsichtlich des wiederholt unberücksichtigt gebliebenen Berichts der M.-B.-Klinik für die Zeit vom 09.11.2004 bis 18.01.2005) zu gewichten sei, wie das Ergebnis des Gerichtsgutachtens kontrolliert, gesichert bzw. von welchem Wahrscheinlichkeitsgrad auszugehen sei, wie sich - auch rückschauend - auswirke, dass anstatt der empfohlenen Verhaltenstherapie eine ausschließlich tiefenpsychologisch orientierte Therapie stattfand und der letzte diesbezügliche Antrag von Ende 2010 bis Ende 2012 zwei Jahre abgelehnt worden sei,
was dafür spreche, dass durch die Gesundheitsstörungen und das eingeschränkte Leistungsvermögen keine den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entsprechende Leistungsfähigkeit mehr gegeben sein könne,
ob es Anhaltspunkte für erhebliche Einschränkungen mit besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz bzw. für Überforderung oder zu vermeidende Unterforderung in der Arbeitssituation am allgemeinen Arbeitsmarkt gebe,
von welchen konkreten medizinischen Anknüpfungstatsachen (positives und negatives Leistungsbild, Besonderheiten der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, Frustrationstoleranz, fehlende Stressresistenz, ab wann ) ein evtl. ergänzendes berufs-/arbeitsmarktkundliches Gutachten auszugehen habe,
ob er nicht trotzdem von nicht genutzten Möglichkeiten zu positiven Entwicklungsprozessen durch unterlassene Maßnahmen der medizinischen/beruflichen Rehabilitation (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) ausgehe und wie sich evtl. Versäumnisse der Vergangenheit auf die bisherige und künftige Leistungsfähigkeit auswirkten.
Hilfsweise,
Dr. K. zur Erläuterung seines Sachverständigengutachtens zu laden und ihm die benannten Fragen zu stellen.
Ferner,
Dr. W. zur Erläuterung seines Sachverständigengutachtens zu laden und ihn zur gesundheitlichen Entwicklung zwischen 2004/2005 und seinem Gutachten vom 12.02.2016 zu befragen, insb. zum Beklagteneinwand der im Längsschnitt des Krankheitsverlaufs erkennbar werdenden Fluktuation der krankheitsimmanenten Einschränkungen sowie zur Verschlechterungstendenz und zur Abnahme der gesundheitlichen Restkompetenzen sowie zu deren Meinung, dass im Sinne einer zunehmenden Verschlechterungstendenz aus fachärztlicher Sicht entgegen seinem Gutachten mit hoher Wahrscheinlichkeit und ausreichender Sicherheit erst ab 30.11.2015 von einer globalen psycho-physischen Minderbelastbarkeit auszugehen sei, welche mit einer globalen quantitativen Leistungsminderung auf unter drei Stunden täglich deckungsgleich sei.
Ferner,
Prof. Dr. G., Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, L. Weg, B., auf der Basis seiner Stellungnahmen vom 04.11.2009 und vom 13.12.2010 zum weiteren gerichtlichen Sachverständigen zu ernennen und von ihm ein ("Ober-") Aktenlagegutachten zur Entwicklung des Gesundheitszustandes und der Leistungseinschränkungen seit 2004/2005 einzuholen,
zur Beurteilung der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt eine berufs /arbeitsmarktkundliche Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit einzuholen.
Schließlich,
die Verfahren an das Sozialgericht Ulm zurückzuverweisen,
die Voraussetzungen für die Anwendung des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu schaffen, die Kosten der Gutachten des Dr. K. vom 06.05.2012 und des nach § 109 SGG erstatteten Gutachtens des Dr. W. der Beklagten, hilfsweise der Staatskasse aufzuerlegen.
Hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie hat die erstinstanzlichen Entscheidungen (zunächst) für zutreffend erachtet und hierzu auf eine Stellungnahme ihres Beratungsärztlichen Dienstes, für den Dr. Sch. unter dem 15.03.2013 ausgeführt hat, weitere medizinische Ermittlungen seien nicht erforderlich, verwiesen.
Mit Bescheid vom 05.12.2014 hat die Beklagte dem Kläger anstelle der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.10.2014 mit einem Zahlbetrag in Höhe von 1.466,53 EUR monatlich ab 01.10.2014 und in Höhe von 1.461,63 EUR monatlich ab 01.01.2015 bewilligt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Senat Dr. W., Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie für Allgemeinmedizin, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem fachärztlich psychosomatischen psychotherapeutischen Gutachten vom 12.02.2016 hat Dr. W. beim Kläger eine narzisstische Störung, eine Angststörung und eine Zwangsstörung i.S. einer Handlungsstörung diagnostiziert. Er hat von einer eingeschränkten Introspektionsfähigkeit, einem eingeschränkten Selbstbild, das fast ausschließlich um seine Fähigkeiten und Leistungen kreise, sowie einer zwanghaften, selbstquälerischen Rechthaberei berichtet. Der Kläger sei nicht in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit drei Stunden täglich nachzugehen. Die Leistungseinschränkung bestehe seit der Erkrankung im Jahr 2004/2005 und der folgenden missglückten Wiedereingliederung. Dies folge, so der Gutachter, aus dem Verlauf der Erkrankung, die eine typische Entwicklung im Sinne einer Eskalation zeige. Zwar wichen seine Befunde nicht von denen, die von den Vorgutachtern erhoben wurden, ab, er gewichte jedoch die Störungen, insb. die narzisstische Störung, anders als die zuvor befassten Gutachter.
Die Beklagte hat sich, nachdem ihr das Gutachten übersandt worden ist, durch Dr. Z., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ärztlich beraten lassen. Dr. Z. hat in seiner Stellungnahme vom 21.04.2016 ausgeführt, im Längsschnitt des Krankheitsverlaufs zeige sich eine Fluktuation der krankheitsimmanenten Einschränkungen mit einer Verschlechterungstendenz und einer Abnahme der gesundheitlichen Restkompetenzen. So habe Dr. K. zwar noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bekundet, jedoch die dringende Notwendigkeit einer Behandlungsintensivierung beschrieben. Auch habe er von sich verstärkenden Persönlichkeitszügen berichtet, die sich nunmehr, im Gutachten von Dr. W., manifestiert hätten. So würden jetzt tiefere Störungen deutlich. Diese dokumentierte Verschlechterung lasse nunmehr schlüssig eine globale psycho-physische Minderbelastbarkeit, auch in quantitativer Hinsicht, deutlich werden. Gestützt hierauf hat die Beklagte unter dem 28.04.2016 ein Vergleichsangebot unterbreitet, dem Kläger, anstelle seiner bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund eines am 30.11.2015 eingetretenen Leistungsfalls ab dem 01.12.2015 zu gewähren.
Der Kläger ist dem Vergleichsangebot der Beklagten nicht beigetreten. Die Einschätzung, der Leistungsfall sei erst am 30.11.2015 eingetreten, habe keine medizinische Basis.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführten Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2016 geworden sind, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen des Klägers sind statthaft (vgl. §§ 143, 144 SGG) und damit insg. zulässig. Sie führen für den Kläger jedoch nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, obschon der Kläger zum Termin am 31.08.2016 nicht erschienen ist. Der Kläger wurde in der Ladung vom 29.06.2016 ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Darüber, dass den Anträgen des Klägers, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben und in eine weitergehende Beweisaufnahme einzutreten, nicht nachgekommen wird, wurde der Kläger jeweils zeitnah unter dem 04.07.2016 und dem 15.08.2016 in Kenntnis gesetzt.
Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 10.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 22.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011, mit dem dem Kläger bei gleichzeitiger Ablehnung weitergehender Ansprüche eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 01.07.2009 bewilligt wurde, ist, wie der Bescheid vom 08.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2010, mit dem die Rücknahme des ablehnenden Bescheides vom 16.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 abgelehnt wurde, rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder die hilfsweise begehrte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 2005 und auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor dem 01.07.2009.
Der Senat ist hierbei, da der Kläger das Vergleichsangebot der Beklagten vom 28.04.2016 nicht angenommen hat, im Rahmen der klägerseits gestellten Anträge, vollumfänglich zur Entscheidung berufen, ohne an den Inhalt des Vergleichsangebots der Beklagten gebunden zu sein.
Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI); volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Bei der Beurteilung des geltend gemachten Rentenanspruchs ist ferner von Bedeutung, dass dem Kläger mit Bescheid vom 05.12.2014 ab dem 01.10.2014 anstelle der ihm ab dem 01.07.2009 gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden ist. § 34 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI, der als Sonderregelung zu § 89 SGB VI eine negative Anspruchsvoraussetzung darstellt, bestimmt hierzu, dass nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen ist. Da nicht ersichtlich ist, dass der Bescheid von 05.12.2014 nicht bindend geworden ist oder keine entsprechenden Rentenzahlungen an den Kläger geleistet worden sind, ist ein Wechsel der Rentenart ab dem 01.10.2014 grundsätzlich nicht möglich; der Kläger kann grundsätzlich ab dem 01.10.2014 keine Rente wegen voller Erwerbsminderung mehr beanspruchen. Da jedoch ein "Wechsel" i.S.d. § 34 Abs. 4 SGB VI nicht vorliegt, wenn dem Rentenbegehrenden rückwirkend ab einem Zeitpunkt vor Beginn der Altersrente eine Rente wegen Erwerbsminderung anerkannt wird (vgl. hierzu Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 34 SGB VI, Rn. 84; BSG, Urteil vom 26.07.2007 - B 13 R 44/06 R - in juris), liegt vorliegend jedenfalls für die davor liegende Zeit dann kein verbotener Wechsel vor, wenn ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem 01.10.2014 bestanden hat. Dies ist jedoch zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Der Kläger war weder zum 30.09.2014 (noch danach) oder zu einem früheren Zeitpunkt (voll) erwerbsgemindert. Der Senat folgt insofern der schlüssigen und nachvollziehbaren Einschätzung des im erstinstanzlichen Verfahren gutachterlich gehörten Dr. K ... Dieser hat bezogen auf die dortige Untersuchung des Klägers nachvollziehbar dargelegt, dass eine rentenberechtigende Leistungseinschränkung beim Kläger nicht besteht. Er hat bei einer erhaltenen quantitativen Leistungsfähigkeit in Ansehung der von ihm erhobenen Befunde lediglich davon berichtet, dass bestimmte qualitative Anforderungen an eine Tätigkeit des Klägers nicht mehr gestellt werden dürfen. So hat er, in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern Dr. C. und Dr. M., Einschränkungen der Kompensationsfähigkeiten des Klägers gesehen, jedoch klar strukturierte Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne vermehrte Verantwortlichkeit für zumutbar erachtet. Auch Dr. M. hat eine aufgrund persönlichkeitsbezogener Faktoren reduzierte Stressbelastbarkeit gesehen und deshalb (nur) die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers sowie Tätigkeiten mit hohem Druck, Stress und erhöhter oder hoher Verantwortung für Personen und Sachwerte für nicht zumutbar erachtet. Ausdrücklich hat sie jedoch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich und mehr für zumutbar erachtet. Die insoweit übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter zum Leistungsbild des Klägers lassen den Senat nicht daran zweifeln, dass dem Kläger bis zum 30.09.2014 die Durchführung einer leichten Tätigkeit noch in einem Umfang von sechs Stunden täglich und mehr zumutbar war, sofern bestimmte qualitative Leistungsausschlüssen (keine Arbeiten unter Stressbelastungen und Zeitdruck, keine Arbeiten in regelmäßigem Kundenverkehr und mit erhöhten Anforderungen an die Teamfähigkeit) vermieden werden. Diese Einschätzung entspricht auch der Beurteilung durch den behandelnden Arzt für Sportmedizin und Chirotherapie Dr. B., der ebenfalls leichte Tätigkeiten ohne außergewöhnliche Stressoren für möglich erachtet hat. Der Senat vermag sich demgegenüber der Einschätzung von Dr. W. in dessen Gutachten vom 12.02.2016, dass der Kläger (seit 2004/2005) nicht in der Lage sei, einer dreistündigen beruflichen Tätigkeit nachzugehen, nicht anzuschließen. Zwar hat Dr. W. beim Kläger eine narzisstische Störung, eine Angststörung und eine Zwangsstörung i.S. einer Handlungsstörung diagnostiziert und von einer eingeschränkten Introspektionsfähigkeit, einem eingeschränkten Selbstbild sowie einer zwanghaften, selbstquälerischen Rechthaberei berichtet, jedoch hat Dr. W. keine, die Leistungseinschätzung tragenden psychopathologischen Befunde mitgeteilt. Er hat vielmehr angeführt, dass seine Befunde nicht von denen der Vorgutachter abweichen. Diese tragen jedoch eine rentenbegründende quantitative Leistungsreduzierung gerade nicht. So hat Dr. K. von einer gut erhaltenen affektiven Schwingungsfähigkeit, einer nicht depressiven Stimmung berichtet und Hinweise auf Störungen der Auffassungsgabe, des Konzentrationsvermögens oder der Merkfähigkeit verneint. Da aus dem Gutachten von Dr. W. überdies nicht hervorgeht, dass der Kläger in seiner Fähigkeit, seinen Lebensalltag zu bewältigen maßgeblich eingeschränkt ist, vermag sich der Senat der Leistungseinschätzung von Dr. W., auch in Ansehung der angeführten krankheitsbedingten misstrauischen Abwehrhaltung gegenüber einer Erwerbstätigkeit, auch bezogen auf den von ihm angenommenen Leistungsfall im Jahr 2004/2005, nicht anzuschließen. Insofern ist für den Senat auch maßgeblich, dass Dr. W. in seinem Gutachten weder eine Anamneseerhebung dargestellt, noch sich mit den aktenkundigen ärztlichen und gutachterlichen Stellungnahmen auseinandergesetzt und er demzufolge seine Einschätzung lediglich mit seiner abweichenden Gewichtung begründet hat. Schließlich vermag die von der Beklagten vorgelegte ärztliche Stellungnahme von Dr. Z. eine abweichende Beurteilung des Senats nicht zu begründen. Dr. Z. führt zwar an, dass die eingeschränkte Introspektionsfähigkeit, das eingeschränkte Selbstbild und die zwanghafte Rechthaberei Ausdruck einer sich im Laufe der Zeit verstärkenden Krankheitsentwicklung seien, die zu einer zunehmenden Abnahme der dem Kläger verbleibenden Ressourcen seiner psychischen Belastbarkeit geführt haben, indes sieht der Senat hierin, in Ermangelung konkreter psychisch bedingter Einschränkungen, keinen Hinweis auf eine quantitative Leistungsreduzierung.
Mithin war der Kläger zur Überzeugung des Senats bis zum 30.09.2014 (und auch darüber hinaus) in der Lage, bei Vermeidung bestimmter qualitativer Anforderungen (Tätigkeiten mit einer hohen Stress- und Druckbelastung und erhöhter Verantwortung für Personen und Sachwerte) einer leichten Tätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr nachzugehen. Er war daher weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert.
Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben waren, bestehen nicht. Die bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen sind bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe u.a. Urteil vom 05.10.2005 - B 5 RJ 6/05 R - in juris).
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung besteht mithin nicht.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit vor dem 01.07.2009. Der Bescheid vom 10.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 22.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011 ist auch insoweit rechtmäßig.
Der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Juni 2005 beurteilt sich nach § 240 SGB VI. Hiernach haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen, Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Die Rspr. des BSG hat insoweit das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Danach sind bei den Angestelltenberufen zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe I); Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Stufe II); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe III); Berufe, die zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe IV), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen (Stufe V); Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht (Stufe VI). Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29.06.2004 - B 4 RA 5/04 R - in juris). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist.
Der 4. Senat des LSG ist in seinem Urteil vom 23.01.2009 (- L 4 R 4350/07 -) anhand der Erwerbsbiographie des Klägers zu der Einschätzung gelangt, dass der bisheriger Beruf des Klägers der eines 1. SB-SGG ist und ihm in Anlegung der Maßgaben des Mehrstufenschemas die Tätigkeit eines Sachbearbeiters in der Widerspruchsstelle sozial zumutbar war. Der erkennende Senat schließt sich den Ausführungen des 4. Senats im benannten Urteil nach eigener Prüfung an. Eine Tätigkeit als Sachbearbeiter ist dem Kläger bis zum 30.06.2009 auch gesundheitlich in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr möglich gewesen. Dies folgt für den Senat bereits daraus, dass der Kläger diese Tätigkeit bis einschließlich Januar 2009 tatsächlich im Umfang von 50% der regulären Arbeitszeit ausgeübt hat. Ferner hat der Kläger in der Zeit von März bis Juni 2009 erfolgreich einen Fachanwaltslehrgang für Sozialrecht absolviert. Bereits hieraus wird ersichtlich, dass, anders als der Kläger vorbringt, seine psychische Leistungsfähigkeit nicht maßgeblich eingeschränkt war. Schließlich stützt sich der Senat auf das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Naturheilverfahren H., der schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt hat, dass der Kläger außerhalb der konfliktbeladenen Situation am innegehabten letzten Arbeitsplatz uneingeschränkt leistungsfähig für seine letzte Tätigkeit war.
Der Bescheid vom 10.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 22.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011 ist mithin rechtmäßig.
Der Berufung ist auch insoweit für den Kläger erfolglos, als er sich dagegen wendet, dass die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 08.07.2009 (Widerspruchsbescheid vom 22.02.2010) die Rücknahme des Bescheides vom 16.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 und die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bereits ab dem Jahr 2005 abgelehnt hat. Die Rücknahme des Bescheides vom 16.08.2005 beurteilt sich nach § 44 SGB X. Nach dessen Abs. 1 ist der Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Da der Kläger jedoch, wie oben ausgeführt, zu keinem Zeitpunkt erwerbsgemindert bzw. erst ab dem 01.07.2009 berufsunfähig war, hat die Beklagte im Bescheid vom 16.08.2005 das Recht weder unrichtig angewandt, noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Sie hat die Rücknahme zu Recht abgelehnt.
Der Senat sieht sich auch nicht dazu gedrängt, den Anregungen des Klägers folgend, Dr. K. und Dr. W. persönlich zu befragen, Dr. K. abermals ergänzend zu der Leistungseinschätzung von Dr. W. zu befragen, von Amts wegen ein weiteres Gutachten bei Prof. Dr. G. und ein arbeitsmarktkundliches Gutachten bei der Bundesagentur für Arbeit einzuholen. Nach § 103 Satz 1 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen, ohne an das Vorbringen und Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein (§ 103 Satz 2 SGG).
Beim Antrag auf Einholung eines Gutachtens (Nr. 3 des klägerischen Schriftsatzes vom 01.07.2016; Nr. 5 des klägerischen Schriftsatzes vom 11.08.2016) handelt es sich dem Grunde nach um einem Beweisantrag i.S.d. § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 402 ff Zivilprozessordnung. Die Beweisaufnahme im Wege des Strengbeweises ist an gesetzliche Voraussetzungen über die Beweisaufnahme gebunden, weswegen er die prozessordnungsgemäßen Mindestvoraussetzungen erfüllen muss. Zu diesen zählen u.a. die Benennung der Tatsachen, die bewiesen werden sollen (Beweisthema) und die Formulierung des Beweisergebnisses. Diesen Anforderungen genügt der schriftsätzliche Antrag des Klägers nicht. Vielmehr soll Prof. Dr. G. zur "Entwicklung des Gesundheitszustandes und der Leistungseinschränkungen" gehört werden. Der Kläger hat gerade nicht unter Beweis gestellt, dass er bereits vor dem 01.12.2015 bzw. dem 01.10.2014 erwerbsgemindert gewesen sei. Der Antrag zielt vielmehr im Kern darauf ab, dass erst die weitere Beweisaufnahme - die Erstellung eines "Obergutachtens" durch Prof. Dr. G. - selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen aufklären soll. Einem derartigen Antrag braucht nicht nachgegangen zu werden (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R - m.w.N. in juris). Im Übrigen bedingt weder der Umstand, dass die gerichtlichen Gutachter divergierende Leistungseinschätzungen abgegeben haben, noch der, dass der Senat sich der Einschätzung eines der Gutachter (teilweise) nicht anzuschließen vermag, das Erfordernis einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung.
Auch dem Antrag (richtigerweise der Anregung) des Klägers, Dr. K. zu dem Gutachten von Dr. C., den Stellungnahmen von Dr. G. und Prof. Dr. G., zum Gutachten von Dr. W. und zur nervenärztlichen Stellungnahme der Beklagten zu hören und ihm die im Antrag wiedergegebenen Fragen zu stellen bzw. Dr. K. persönlich zu hören (Frage Nr. 1 des Schriftsatzes vom 01.07.2016; Nr. 3 des klägerischen Schriftsatzes vom 11.08.2016), ist nicht nachzugehen. Soweit der Kläger Dr. K. zu den benannten (gutachterlichen) Stellungnahmen und deren Berücksichtigung in seinem Gutachten befragt wissen will, ergibt sich dies bereits aus dem Gutachten selbst, in dem Dr. K. die jeweiligen Stellungnahmen referiert hat. Im Übrigen zielen die auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 01.07.2016 (als Fragen Nr. 1 - 5) formulierten Fragen, die der Kläger bereits inhaltsgleich im erstinstanzlichen Verfahren unter dem 02.01.2013 vorgelegt hat, sämtlich auf vertiefende und ergänzende Erläuterungen des Gutachters zu den in seinem Gutachten getroffenen Aussagen. Mit den im Gutachten und der ergänzenden Stellungnahme vom 15.09.2012 enthaltenen Ausführungen hat Dr. K. jedoch bereits die vom SG gestellten Beweisfragen umfassend und ausführlich beantwortet, so dass die vom Kläger gestellten Fragen lediglich einer vertiefenden Erläuterung, jedoch nicht einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts dienen; eine darüber hinausgehende (erneute) Befragung des Gutachters ist mithin nicht geboten.
Darüber hinaus werden durch § 103 SGG vom jeweils erkennenden Gericht keine grenzenlosen Beweisermittlungen verlangt. So ist bloßen Vermutungen oder auch angeregten Beweisermittlungen ins Blaue hinein nicht nachzugehen (Leitherer, a.a.O., § 103, Rn. 16). Die vom Kläger angeführte Frage an Dr. K., bspw. ob sich durch die Einschätzung von Dr. W. eine Änderung seiner Einschätzung ergibt, veranlasst den Senat vor diesem Hintergrund nicht, Dr. K. ergänzend zu befragen. Der klägerische Vortrag lässt bereits vermissen, aus welchen Gründen sich vor den Ausführungen von Dr. W., die von ihm erhobenen Befunde wichen nicht von denen der Vorgutachter ab, die divergierende Leistungseinschätzung gründe vielmehr in einer anderen Gewichtung der bestehenden Gesundheitsstörungen, eine Änderung der Leistungseinschätzung ergeben könnte (vgl. Leitherer, a.a.O., § 103, Rn. 7a). Da Dr. W. insb. weder die Nachvollziehbarkeit der Einschätzung von Dr. K. in Frage stellt oder weitergehende Befunde mitgeteilt hat, er vielmehr die Subjektivität seiner Einschätzung hervorhebt, sieht sich der Senat weder veranlasst, noch gedrängt, Dr. W. zum Vergleichsvorschlag der Beklagten bzw. der diesem zu Grunde liegenden beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z. ergänzend (persönlich) zu befragen und sodann Dr. K. hierzu und zu (vom Kläger) noch zu formulierenden Nachfragen (persönlich) anzuhören (Frage Nr. 2 des Schriftsatzes vom 01.07.2016; Nr. 4 des klägerischen Schriftsatzes vom 11.08.2016). Schließlich ist der Senat auch nicht gedrängt, Dr. W. zur Erläuterung seines Gutachtens und der gesundheitlichen Entwicklung zwischen 2004/2005 und seinem Gutachten vom 12.02.2016, insb. zum Vorbringen der Beklagten hierzu, persönlich zu befragen. Dr. W. hat seine Einschätzung zum Krankheitsverlauf in seinem Gutachten bereits dargelegt und diesen ausdrücklich zur Grundlage seiner Einschätzung betr. den Eintritt des Leistungsfalls gemacht.
Auch der Antrag, "zur Beurteilung der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt eine berufs-/arbeitsmarktkundliche Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit einholen" (Frage Nr. 4 im Schriftsatz vom 01.07.2016; Nr. 6 des klägerischen Schriftsatzes vom 11.08.2016) lässt bereits nicht erkennen, was sich wie, streitentscheidend, auf den Arbeitsmarkt auswirken soll.
Mithin hat das SG die Klagen in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen.
Da das SG die Klagen weder abgewiesen hat, ohne in der Sache zu entscheiden (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG), noch das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet (§ 159 Abs.2 Nr. 2 SGG), ist das Verfahren nicht an das SG zurückzuverweisen. Die Berufungen sind zurückzuweisen.
Über die Anträge, die Kosten der Gutachten des Dr. K. und des Dr. W. der Beklagten, hilfsweise der Staatskasse aufzuerlegen, entscheidet der Senat mit gesondertem Beschluss (vgl. § 192 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dem Antrag des Klägers, (in der mündlichen Verhandlung) "die Voraussetzungen für die Anwendung des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu schaffen" ist hierbei nicht zu entsprechen, da in Ansehung der obigen Ausführung keinerlei Veranlassung dazu besteht, der Beklagten Missbräuchlichkeitskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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