L 4 KR 2429/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 3296/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2429/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 1.164,20 festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die höhere Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung aufgrund einer korrigierten Rechnung streitig.

Die bei der Beklagten versicherte B. J. (im Folgenden Versicherte) wurde beim Kläger, einer Hochschulklinik in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, vom 16. bis 19. Juni 2009 wegen eines rezidivierenden Cholesteatoms in der Mastoidhöhle nach Mastoidektomie (ICD-10 H95.0) stationär behandelt. Mit Rechnung vom 30. Juni 2009 forderte der Kläger von der Beklagten hierfür eine Zahlung in Höhe von insgesamt EUR 2.424,92 (insbesondere DRG09D06C - Eingriffe an Nasennebenhöhlen, Mastoid, komplexe Eingriffe am Mittelohr und andere Eingriffe an den Speicheldrüsen, Alter ) 15 Jahre, ohne komplexe Tympanoplastik, ohne komplexe Diagnose). Diese wurde von der Beklagten vollständig beglichen.

Mit Rechnung vom 6. Dezember 2010 korrigierte der Kläger die ursprüngliche Rechnung und machte nunmehr einen Betrag in Höhe von insgesamt EUR 3.629,12 (nunmehr DRG09D25D - mäßig komplexe Eingriffe an Kopf und Hals außer bei bösartiger Neubildung ohne äußerst schwere CC) geltend. Die Übernahme des korrigierten Rechnungsbetrages lehnte die Beklagte unter Verweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteile vom 8. September 2009 B 1 KR 11/09 R – juris, Rn. 17 und 21 sowie vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 12/08 R – juris, Rn. 21) ab, da die Nachforderung nicht zeitnah, insbesondere nicht innerhalb des laufenden Haushaltsjahres erfolgt sei. Abzustellen sei danach jeweils auf das laufende Kalenderjahr (zuletzt Schreiben der Beklagten vom 6. September 2011).

Am 2. Dezember 2013 erhob der Kläger unter anderem wegen der Behandlung der Versicherten Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) auf Zahlung des zunächst auf EUR 1.204,20 bezifferten Differenzbetrages zuzüglich Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 7. Januar 2011. Zur Begründung führte er unter Vertiefung seines bereits vorgerichtlichen Vorbringens aus, entgegen der Ansicht der Beklagten könnten Nachberechnungen noch außerhalb deren Haushaltsjahres erfolgen. Nach dem Urteil des 3. Senats des BSG vom 22. November 2012 (B 3 KR 1/12 R – juris, Rn. 18 ff.) sei für Korrekturmöglichkeiten nicht mehr auf das laufende Haushaltsjahr der Krankenkassen oder das laufende Rechnungsjahr abzustellen, vielmehr müsse ein vollständiges Geschäftsjahr zur Verfügung stehen. Die Nachberechnung sei damit prinzipiell bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist möglich, solange sie nicht gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoße. Im Hinblick auf die dort in Bezug genommenen Entscheidungen des 1. Senats des BSG habe diese Entscheidung des 3. Senats des BSG eine abschließende Klärung herbeigeführt. Vorliegend sei für die stationäre Behandlung der Versicherten die Ausgangsrechnung am 30. Juni 2009 erstellt und am 6. Dezember 2010 korrigiert worden. Da die Ausgangsrechnung in seinem Geschäftsjahr 2010 erfolgt sei, werde von der Rechtsprechung ein Korrekturzeitraum von 549 Tagen eingeräumt. Die Korrektur sei nach 524 Tagen und damit fristgerecht erfolgt. Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Nachberechnung lägen vor, insbesondere handle es sich nicht um systematische Nachberechnungen. Auf richterlichen Hinweis hinsichtlich einbezogener Zuzahlungen nahm der Kläger die Klage in Höhe von EUR 40,00 zurück (Schriftsatz vom 29. April 2015).

Die Beklagte trat der Klage unter Vertiefung ihres vorgerichtlichen Vorbringens entgegen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG seien Nachforderungen jedenfalls außerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Eingang der ersten Schlussrechnung gesetzlich ausgeschlossen. So habe das BSG in Entscheidungen vom 8. September 2009 (B 1 KR 11/09 R – juris, Rn. 21) und 17. Dezember 2009 (B 3 KR 12/08 R – juris, Rn. 10) jeweils auf eine Korrektur außerhalb des Haushaltsjahres der Krankenkassen und in der Entscheidung vom 13. November 2012 (B 1 KR 6/12 R – juris, Rn. 14 und 21) neben dem Haushaltsjahr auch auf das Rechnungsjahr und das Geschäftsjahr des Krankenhauses abgestellt. Das Haushaltsjahr sei nach § 67 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) das Kalenderjahr; gleiches gelte nach § 4 Satz 1 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) für das Rechnungsjahr. Der Begriff des Geschäftsjahres werde im Handelsgesetzbuch (HGB) verwendet und sei zwar nicht zwingend, aber in der Regel mit dem Kalenderjahr identisch. Jedenfalls dürfe es nicht länger als zwölf Monate sein (§ 240 Abs. 2 Satz 2 HGB). Mit der Umschreibung "vollständiges Geschäftsjahr" habe der 1. Senat des BSG einen vom Kalenderjahr losgelösten, aber zwölf Monate nicht überschreitenden Korrekturzeitraum umschrieben. Daher seien Korrekturen – unabhängig vom Kalenderjahr – noch zwölf Monate nach Eingang der ersten Schlussrechnung möglich. Die Ausführungen des 3. Senats des BSG in der Entscheidung vom 22. November 2012 (a.a.O.) über eine Korrekturmöglichkeit innerhalb von maximal 729 Tagen stellte ein reines obiter dictum dar, da im dort zugrunde liegenden Fall eine Rechnungskorrektur innerhalb von sechseinhalb Monaten erfolgt gewesen sei.

Mit Urteil vom 13. Mai 2015 verurteilte das SG die Beklagte, an den Kläger EUR 1.164,20 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 7. Januar 2011 zu zahlen. Zur Begründung führte es insbesondere aus, die Abrechnungskorrektur des Klägers mit Rechnung vom 6. Dezember 2010 sei noch innerhalb der nach dem Urteil des 3. Senats des BSG vom 22. November 2012 (a.a.O.) aufgrund der ersten Schlussrechnung vom 30. Juni 2009 bis 31. Dezember 2010 laufenden Korrekturfrist erfolgt. Die gegen diese Entscheidung vorgebrachten Einwände der Beklagten könnten angesichts des klaren Wortlautes der dortigen Entscheidungsgründe nicht durchgreifen. Zwar verwende das BSG die Begriffe Haushalts-, Rechnungs-, Geschäfts- und Kalenderjahr, ohne diese näher voneinander abzugrenzen, insbesondere gehe es nicht auf die Vorschrift des § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB ein. Trotz dieser Unschärfe zeigten die Ausführungen des 3. Senats des BSG jedoch, dass eine Verwirkung der Korrekturmöglichkeit erst nach Ende des auf die unrichtige erste Abrechnung folgenden Kalenderjahres eintrete. Ausdrücklich werde betont, dass für die Korrektur mindestens ein "vollständiges Geschäftsjahr" zur Verfügung stehen müsse. Unabhängig davon, ob es sich bei diesen Ausführungen um ein obiter dictum handle, gehe es – das SG – davon aus, dass das BSG damit eine eindeutige zeitliche Grenze für die Zulässigkeit einer Nachberechnung gesetzt habe.

Gegen dieses ihr am 19. Mai 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 8. Juni 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Vertiefend zu ihrem bisherigen Vorbringen hat sie ausgeführt, soweit der 1. Senat des BSG im Urteil vom 13. November 2012 (a.a.O.) auf ein "ganzes Rechnungsjahr" und ein "vollständiges Geschäftsjahr" für die Korrektur abstelle, handle es sich um eine weitgehende Interpretation zugunsten der Krankenhäuser. Auch dieser Entscheidung habe jedoch keine Korrektur in einem Zeitraum von 365 bis 729 Tagen – sondern eine noch spätere – zugrunde gelegen, so dass anzunehmen sei, dass sich der 1. Senat mit den genannten Formulierungen lediglich noch nicht habe festlegen wollen. Der 3. Senat des BSG verkenne in seinem Urteil vom 22. November 2012 (a.a.O.) den Begriff des Geschäftsjahres und übersehe die Regelung des § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB, was schon vor dem Hintergrund der Einheit der Rechtsordnung nicht vertretbar sei. Des Weiteren stütze er sich dabei lediglich auf den Terminbericht der von ihm in Bezug genommenen Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 13. November 2012, während die eigentlichen Urteilsgründe offen ließen, ob ein Ausschluss der Korrektur nicht auch schon zeitlich früher eingreifen könne. Auch im Zusammenhang mit der Verwirkung eines Vergütungsanspruches nach "Verrechnung" durch die Krankenkasse habe der 1. Senat des BSG zuletzt wiederholt (z.B. im Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 47/12 R – juris, Rn.9) als Beispielsfall einer Verwirkung eine Nachforderung nach vorbehaltloser Schlussrechnung außerhalb des laufenden Haushaltsjahres der Krankenkasse genannt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. Mai 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen hat er ausgeführt, auch aufgrund der Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 13. November 2012 sei er – der Kläger – nicht mit der streitgegenständlichen Nachberechnung ausgeschlossen. Denn er habe die Nachberechnung innerhalb eines Rechnungs- bzw. Geschäftsjahres vorgenommen. Die Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 22. November 2012 habe die vom 1. Senat des BSG aufgezeigten Korrekturmöglichkeiten nicht erweitert, sondern lediglich ergänzt. Die beiden Entscheidungen widersprächen sich nicht. Ergänzend hat er auf die Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 5. Juli 2016 (B 1 KR 40/15 R) hingewiesen, die seine Auffassung bestätige.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, da der maßgebliche Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 durch die angefochtene Verurteilung zur Zahlung von EUR 1.164,20 überschritten ist. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, der die Zulässigkeit der Berufung bei Erstattungsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden von deren Zulassung abhängig macht, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 10.000,00 nicht übersteigt, gilt nicht bei der Geltendmachung von Vergütungsansprüchen eines Krankenhausträgers gegen einen Sozialleistungsträger (BSG, Urteil vom 25. Mai 2006 – B 3 KR 15/05 R – juris, Rn. 12 ff. m.w.N. auch zur Gegenansicht; Sommer, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 144 Rn. 16).

2. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von EUR 1.164,20 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Januar 2011 aufgrund der Behandlung der Versicherten. Die in der ursprünglichen Klageforderung berücksichtigte Zuzahlung der Versicherten in Höhe von EUR 40,00 hat er zuletzt bereits im sozialgerichtlichen Verfahren nicht mehr geltend gemacht, sondern seine Klage in dieser Höhe zurückgenommen (Schriftsatz vom 29. April 2015).

a) Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 13. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 9). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt auch für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insofern reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz aus (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 253 Rn. 132).

b) Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nebst Zinsen zu.

aa) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Beklagte ist – wie sie auch nicht bestreitet – verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten beim Kläger für den Zeitraum vom 16. bis 19. Juni 2009 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erforderlich ist (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 14/12 R – juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 8).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Bei der Versicherten lagen bei der Aufnahme am 16. Juni 2009 in das nach § 108 Nr. 1 SGB V als Hochschulklinikum zugelassene Krankenhaus die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung vor. In der Zeit vom 16. bis 19. Juni 2009 war sie auch krankenhausbehandlungsbedürftig. Zweifel hieran ergeben sich nach dem Akteninhalt insbesondere im Hinblick auf die gestellte Diagnose eines rezidivierenden Cholesteatoms in der Mastoidhöhle nach Mastoidektomie (ICD-10 H95.0) nicht und wurden auch von der Beklagten nicht geäußert.

bb) Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs des Klägers sind § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG; hier in der ab dem 25. März 2009 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 7 des Gesetzes zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 [KHRG] vom 17. März 2009, BGBl. I S 534), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2009 (Fallpauschalenvereinbarung 2009 [FPV 2009]) und der am 1. Januar 2006 in Kraft getretene Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragspartner (§ 11 KHEntgG i.V.m. § 18 Abs. 2 Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Krankenhausfinanzierungsgesetz [KHG]: Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs. 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Comorbitäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden nach § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.

Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die Diagnose nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten – dem ICD-10 – in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene "Kodierrichtlinien" beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Code einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Code nach dem ICD-10 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 7/12 R – juris, Rn. 12). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 12 m.w.N.).

Unter Beachtung dieser gesetzlichen Grundlagen und Grundsätze hat der Kläger mit seiner korrigierten Endabrechnung vom 6. Dezember 2010 – unter Abzug der Zuzahlung der Versicherten – zu Recht Zahlung in Höhe von EUR 3.629,12 begehrt. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit dieser Nachberechnung, insbesondere der nunmehr berücksichtigten DRG, ergeben sich nicht und werden auch von der Beklagten nicht vorgebracht. Unter Berücksichtigung der auf die erste Schlussrechnung bereits gezahlten EUR 2.424,92 ergibt sich somit eine Restforderung in Höhe von EUR 1.164,20, wie vom Kläger zuletzt noch geltend gemacht.

cc) Der Kläger war nicht wegen seiner vorherigen Schlussrechnung vom 30. Juni 2009 an der Nachforderung gehindert.

(1) Der Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung in Baden-Württemberg enthält weder eine Regelung, die die Nachberechnung ausschließt, noch eine solche, die eine zeitliche Grenze dafür setzt. § 18 des Vertrags trifft lediglich eine Bestimmung über die Möglichkeit von Zwischenrechnungen. So wie die Krankenkasse auch nach Bezahlung der Krankenhausrechnung nachträgliche Korrekturen vornehmen darf, ist ebenso das Krankenhaus noch nach Rechnungsstellung grundsätzlich zur Nachforderung einer offenen Vergütung berechtigt (BSG, Urteil vom 22. November 2012 – B 3 KR 1/12 R – juris, Rn. 11)

(2) Eine Schlussrechnung, wie sie der Kläger hier am 30. Juni 2009 erteilt hat, schließt somit nicht umfassend und ausnahmslos Nachforderungen aus. Vielmehr richtet sich die Zulässigkeit von Nachforderungen mangels ausdrücklicher Regelung gemäß dem über § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB V (i.d.F. des Art. 1 Nr. 1e Buchst. a des Gesetzes zum Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15. Dezember 2008, BGBl. I S. 2426) auf die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenhaus und Krankenkasse einwirkenden Rechtsgedanken des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nach Treu und Glauben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beteiligten aufgrund eines dauerhaften Vertragsrahmens ständig professionell zusammenarbeiten. Diese Vertragsbeziehungen sind von einem systembedingten Beschleunigungsgebot geprägt und verpflichten zu gegenseitiger Rücksichtnahme. Den Beteiligten sind die gegenseitigen Interessenstrukturen geläufig (BSG, Urteile vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 – juris, Rn. 16, vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 12/08 R – juris, Rn. 10, vom 13. November 2012 – B 1 KR 6/12 R – juris, Rn. 13 und vom 22. November 2012 – B 3 KR 1/12 R – juris, Rn. 12). Die sich hieraus ergebenden Grenzen einer nachträglichen Rechnungskorrektur wurden in der Rechtsprechung des BSG durch die genannten Entscheidungen unter unterschiedlichen Aspekten konkretisiert.

(a) Auch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist können sich danach aus dem Grundsatz von Treu und Glauben Einschränkungen der Korrekturmöglichkeit in zeitlicher Hinsicht ergeben. Korrekturen innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach der Schlussrechnung sind dabei grundsätzlich ohne weitere Einschränkungen möglich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 12/08 R – juris, Rn. 11 unter Verweis auf § 275 Abs. 1c SGB V). Diese Frist ist vorliegend nicht gewahrt.

(aa) Nach Ablauf dieser Frist sind Korrekturen nur noch unter weiteren Einschränkungen (dazu unter (b)) möglich. Auch dann kann sich jedoch aus der Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme die Verpflichtung des Krankenhauses zu einer noch "zeitnahen" Korrektur vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist ergeben. Aufgrund der rechtlichen Herleitung dieser Begrenzung ist diese zeitliche Nähe danach zu bestimmen, inwieweit eine Rücksichtnahme eines Beteiligten auf welche berechtigten Interessen des anderen erwartet werden kann. Der 1. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 8. September 2009 (a.a.O., Rn. 17 ff.) zunächst das Interesse der Krankenkassen herausgestellt. Diese müssten die Höhe ihrer Beiträge aufgrund des laufenden Ausgabenvolumens – grundsätzlich bezogen auf das Kalenderjahr – kalkulieren. Weil sie auf tragfähige Berechnungsgrundlagen angewiesen seien, müssten sie sich grundsätzlich auf die "Schlussrechnung" eines Krankenhauses verlassen können. Trotz der mittlerweile zunächst verordnungsrechtlichen und nunmehr gesetzlichen Festschreibung des Beitragssatzes (§ 241 SGB V in den ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassungen) besteht dieses Interesse, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit der Erhebung von Zusatzbeiträgen (§ 242 SGB V), fort. Die Krankenkassen haben danach ein Interesse an einer Korrektur von Schlussrechnungen noch in ihrem laufenden Haushaltsjahr – und damit dem Kalenderjahr (§ 67 SGB IV). Eine Beachtung dieses Interesses könne von den Krankenhäusern erwartet werden (BSG, a.a.O., sowie BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 6/12 R – juris, Rn. 14 ff., auch zum Folgenden). Diesen sei das Interesse der Krankenkassen bekannt. Das Krankenhaus sei regelmäßig in der Lage, in rechtlicher Hinsicht professionell korrekt abzurechnen und sich gegebenenfalls stellende Abrechnungsprobleme zu erkennen. Die geltenden Abrechnungsbestimmungen auch bei Fallpauschalen seien gezielt einfach strukturiert, um ihre sachgerechte Anwendung durch das Krankenhaus zu ermöglichen. Dementsprechend erfolge ihre Anwendung allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln, ergänzend auch nach dem systematischen Zusammenhang; Bewertungen und Bewertungsrelationen blieben dagegen außer Betracht. Bei Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendung von Abrechnungsbestimmungen sei es auf der Ebene der generellen vertraglichen Regelung Aufgabe der Vertragspartner, diese durch Weiterentwicklung z.B. der Fallpauschalen- oder Sonderentgelt-Kataloge und der Abrechnungsbestimmungen zu beheben. Bei auslegungsbedingten Abrechnungsunsicherheiten in der "Schlussrechnung" könnten die Krankenhäuser explizit Vorbehalte erklären, die den Krankenkassen den eventuell erforderlichen Rückstellungsbedarf transparent machen. Solange das Krankenhaus den zu fordernden Rechnungsbetrag pauschal nicht überblicke, könne es Abschlagszahlungen auf vorläufige Teilrechnungen fordern. In tatsächlicher Hinsicht müsse dem Krankenhaus klar sein, welche Leistungen es erbracht habe. Diese Erwägungen beziehen sich allerdings allein auf das Interesse der Krankenkassen an einer möglichst zeitnahen Korrektur einer Schlussrechnung. Das Interesse der Krankenhäuser wurde hingegen nicht näher beleuchtet, weil das BSG ersichtlich davon ausging, dass der im dortigen Fall zugrunde liegende Zeitraum von mehr als zwei Jahren zwischen Schlussrechnung und Korrektur jedenfalls nicht mehr durch ein berechtigtes Interesse des Krankenhauses gedeckt sei.

(bb) Eine generelle Beschränkung der nachträglichen Korrekturmöglichkeit auf das laufende Haushaltsjahr der Krankenkasse und damit das Kalenderjahr ist nach Auffassung des Senats nach Treu und Glauben nicht geboten. Zunächst würde dies dazu führen, dass Schlussrechnungen, die gegen Ende des laufenden Haushaltsjahres gestellt werden, kaum oder gar nicht mehr korrigiert werden könnten, nicht einmal in der o.g. Sechswochenfrist. Die auf das Haushaltsjahr bezogene Kalkulation der Krankenkassen lässt auch sonstige Ausnahmen zu. So ist eine erstmalige Abrechnung außerhalb des Behandlungsjahres nicht ausgeschlossen. Auch Kostenerstattungsansprüche z.B. nach § 13 Abs. 3 SGB V können außerhalb des Haushaltsjahres zu erfüllen sein. Schließlich wird die Kalkulationssicherheit der Krankenkassen bereits durch den Ausschluss einer systematischen nachträglichen Rechnungsoptimierung (dazu unter (b)) geschützt (ebenso Hessisches LSG, Urteil vom 17. September 2015 - L 8 KR 115/15 – juris, Rn. 25; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 10. November 2011 - L 5 KR 89/10 – juris, Rn. 10). Im Übrigen ist auch bei der Anforderung von Abschlagszahlungen auf vorläufige Teilrechnungen der Gesamtaufwand für die Krankenkassen noch nicht verlässlich kalkulierbar. Das Interesse der Krankenhäuser, die angemessene Vergütung für die von ihnen erbrachten Behandlungsleistungen auch bei zunächst fehlerhafter Schlussrechnung zu erhalten, wird daher nicht durch ein überwiegendes Interesse der Krankenkassen aufgrund der jahresmäßigen Kalkulation verdrängt.

(cc) Außerhalb des Haushaltsjahres der Krankenkassen finden sich keine sachgerechten Anknüpfungspunkte, die Korrekturmöglichkeit auf einen Zeitraum von zwölf Monaten nach Erteilung der ersten Schlussrechnung zu begrenzen, wie dies die Beklagte vorliegend annimmt. Vielmehr ist es naheliegend, dass die Krankenkassen eine korrekte Abrechnung erwarten können, wenn das Krankenhaus ein volles Geschäftsjahr Zeit zur Überprüfung der Schlussrechnung durch ihre Binnenkontrolle hatte (so ausdrücklich nun BSG, Urteil vom 22. November 2012 – B 3 KR 1/12 – juris, Rn. 17; ebenso Hessisches LSG, a.a.O.). Denn auch diese Binnenkontrolle ist ihrerseits den Krankenkassen bekannt, so dass nach Treu und Glauben von diesen mangels entgegenstehender überwiegender eigener Interessen eine Rücksichtnahme ihrerseits hierauf erwartet werden kann. Auch der 1. Senat des BSG hat im Urteil vom 13. November 2012 (B 1 KR 6/12 R – juris, Rn. 21) darauf abgestellt, dass im dortigen Fall das Krankenhaus jedenfalls ein volles Geschäftsjahr verstreichen ließ, ohne eine Nachforderung geltend zu machen. Dass sich hieraus ein Zeitraum über 365 Tage hinaus bis zu 729 Tagen ergeben kann (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 22. November 2012 – B 3 KR 1/12 R – juris, Rn. 17), stellt keinen Verstoß gegen die Einheit der Rechtsordnung dar, wie die Beklagte meint. Diese Rechtsprechung setzt sich nicht in Widerspruch zur Regelung des § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB, wonach die Dauer eines Geschäftsjahres zwölf Monate nicht überschreiten darf. Sie besagt lediglich, dass dem Krankenhaus ein "vollständiges Geschäftsjahr" zur Binnenprüfung zur Verfügung stehen soll, nicht aber, dass dieses Geschäftsjahr mehr als zwölf Monate hat. So liegt bei Beginn des Geschäftsjahres am 1. Januar eines Jahres für die Prüfung einer im Januar gestellten Schlussrechnung ein vollständiges Geschäftsjahr nicht mehr im laufenden Kalenderjahr vor, sondern erst mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres. Gleichwohl bleibt das Geschäftsjahr ein Zeitraum von zwölf Monaten, lediglich die Möglichkeit zur Rechnungskorrektur beträgt – in diesem Fall – ein Zeitraum von 23 vollen Kalendermonaten, in dem aber eben nur ein vollständiges Geschäftsjahr liegt. Entgegen der Auffassung der Beklagten dürfte es sich bei diesen Ausführungen des 3. Senats des BSG nicht um ein sog. obiter dictum handeln, also die Entscheidung nicht tragende rechtliche Ausführungen. Denn dieser hat in der Entscheidung einen allgemeinen Rechtssatz aufgestellt, wonach für die Korrektur mindestens ein "vollständiges Geschäftsjahr" zur Verfügung stehen müsse, die Konsequenzen hieraus aufgezeigt und den dort zugrunde liegenden Fall darunter subsumiert. Damit hat er dem Rechtssatz im dortigen Fall rechtliche Bedeutung zugemessen, auch wenn der tatsächliche Korrekturzeitraum dort geringer war. So dürften auch die einleitenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen zu verstehen sein. Hier wurde ausgeführt, dass es auf die zusätzliche Frage, welche Bedeutung das Rechnungsjahr in Fällen der Rechnungskorrektur besitze und ob die neue Schlussrechnung zeitnah erteilt worden sei, im dort vorliegenden Fall "nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des 1. und 3. Senats des BSG" nicht ankomme. Dies gilt demnach nur, weil nach der vom 3. Senat im weiteren Verlauf dargestellten Rechtsprechung, dass ein "vollständiges Geschäftsjahr" zur Prüfung zur Verfügung stehen müsse, gerade eine zeitnahe Korrektur vorlag. Der Senat kann dies letztlich offen lassen, da er diese Rechtsprechung aus den oben genannten Gründen für zutreffend erachtet. Bestätigt wird diese Auffassung auch durch die Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 5. Juli 2016 (B 1 KR 40/15 R – derzeit nur im Terminbericht Nr. 30/16 vorliegend). Darin wurde eine im Mai 2011 erfolgte Korrektur einer am 11. März 2010 erteilten Schlussrechnung nicht als verwirkt angesehen, mithin die Korrektur einer Rechnung aus der ersten Jahreshälfte, die nach Schluss des laufenden Haushaltsjahres der Krankenkasse und mehr als zwölf Monate nach der ersten Schlussrechnung erfolgt war. Ausdrücklich wird nach dem Wortlaut des Terminberichts darauf hingewiesen, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des 1. Senats des BSG Krankenhäuser grundsätzlich nach Erteilung einer – vorbehaltslosen – Schlussrechnung bis zum Ablauf des "ganzen nachfolgenden Haushalts- und damit Kalenderjahres" Zeit für Korrekturen hätten.

(dd) Die vorliegend vom Kläger mit Rechnung vom 6. Dezember 2010, die der Beklagten noch im Jahr 2010 zugegangen ist, vorgenommene Korrektur der Schlussrechnung vom 30. Juni 2009 erfolgte somit vor Abschluss eines ganzen Geschäftsjahres und des nachfolgenden Haushalts- und damit Kalenderjahres, so dass eine Verwirkung nicht eingetreten ist.

(b) Andere sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebende Einschränkungen der nachträglichen Rechnungskorrektur stehen der geltend gemachten Forderung nicht entgegen. Die noch vom 3. Senat des BSG in seiner Rechtsprechung gezogenen Grenzen insbesondere zum Ausschluss von Bagatellfällen (Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 12/08 R – juris, Rn. 15 ff. und Urteil vom 22. November 2012 – B 3 KR 1/12 R – juris, Rn. 15) hat der 1. Senat des BSG aufgegeben (Urteil vom 19. April 2016 – B 1 KR 33/15 R – juris, Rn. 19 und 22). Unabhängig waren vorliegend die Einschränkungen der nachträglichen Rechnungskorrektur zur Überzeugung des Senats nicht erfüllt. Auch die Beklagte hat dies weder geltend gemacht noch hierzu vorgetragen. Der eingeklagte Differenzbetrag in Höhe von EUR 1.164,20 liegt über der "Bagatellgrenze" von EUR 300,00 und macht mit 48 % mehr als 5 % des Ausgangsrechnungswertes aus (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 12/08 R – juris, Rn. 11). Ebenso wenig liegt eine Treu und Glauben widersprechende flächendeckende Neuberechnung der Vergütung für bereits abgerechnete Krankenhausbehandlungen vor. Von einer solchen kann jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn weniger als 1 % der Schlussrechnungen eines Kalenderjahrs korrigiert werden und die Nachforderungen weniger als 0,5 % der gesamten Ausgangsrechnungswerte ausmachen (BSG, Urteil vom 22. November 2012 – B 3 KR 1/12 R – juris, Rn. 21).

dd) Da der Kläger die Hauptforderung zu Recht beansprucht hat, steht ihm auch der geltende gemachte Zinsanspruch zu. Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für Baden-Württemberg kann das Krankenhaus ab dem Fälligkeitstag Verzugszinsen berechnen, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Die Krankenkasse hat die Rechnung innerhalb von 30 Tagen nach Übermittlung des Rechnungssatzes zu bezahlen. Fällt der Fristablauf auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, gilt der nächstfolgende Arbeitstag als Fälligkeitstag (§ 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Vertrags). Die korrigierte Endabrechnung wurde der Beklagten im Wege des Datenträgeraustausches übermittelt und ist dort mangels entgegenstehender Anhaltspunkte am selben Tag eingegangen. Die Zahlung hatte somit innerhalb eines am 7. Dezember 2010 beginnenden Zeitraums von 30 Tagen zu erfolgen, war also spätestens am 5. Januar 2011 zu leisten (Mittwoch). Auch unter Berücksichtigung des gesetzlichen Feiertages in Baden-Württemberg am 6. Januar jeden Jahres stand dem Kläger somit jedenfalls ab dem 7. Januar 2011, wie geltend gemacht, der Zinsanspruch zu. Der Verzugszins beträgt dabei für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB (§ 19 Abs. 3 Satz 2 des Vertrages).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei war der Verzinsungsantrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt.
Rechtskraft
Aus
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