L 9 AS 577/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 4007/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 577/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes.

Der 1969 geborene, alleinstehende Kläger steht bei der Beklagten im laufenden Leistungsbezug. Ihm werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form des Regelbedarfes und des Bedarfes für Unterkunft und Heizung gewährt. In einem Aktenvermerk vom 03.11.2014 war vermerkt worden, dass eine neue Eingliederungsvereinbarung erarbeitet, ausführlich besprochen und vom Kläger aus bekannten Gründen nicht unterschrieben worden sei. Die Eingliederungsvereinbarung sei hierauf als Verwaltungsakt mitgegeben worden.

In diesem Verwaltungsakt vom 03.11.2014 wurde ausgeführt, dass eine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende über die zur beruflichen Eingliederung erforderlichen Leistungen nicht zustande gekommen sei. Um die beruflichen Integrationschancen kurzfristig zu verbessern, würden die nachfolgenden Inhalte als Verwaltungsakt erlassen. Die nachstehenden Festlegungen gelten für die Zeit "vom 03.11.2014 bis 02.05.2014", soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart werde. In diesem Verwaltungsakt wurde Folgendes geregelt:

"Ziel(e) • Integration ins Berufsleben (Vollzeitstelle); Stabilisierung und eventuell Ausbau einer Tätigkeit mit dem Ziel der Reduzierung/Beendigung der Hilfebedürftigkeit im Tagespendelbereich Karlsruhe - Erreichbarkeit mit dem ÖPNV vorausgesetzt.

Hinsichtlich der Stellensuche werden grundsätzlich keine regionalen Einschränkungen gemacht.

1. Unterstützung durch J. K. S. • wir unterstützen Sie bei ihrer Arbeitssuche auf eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitstelle im Tagespendelbereich, auch auf eine befristete Stelle, durch regelmäßige telefonische oder persönliche Beratungsgespräche. • Der nächste Vorsprachetermin wird Ihnen beim aktuellen persönlichen Gesprächstermin in schriftlicher Form persönlich ausgehändigt, oder wenn ein Vorsprachetermin nicht wahrgenommen werden kann, in schriftlicher Form zugeschickt.

• Soweit vorhanden erhalten Sie geeignete und zumutbare Vermittlungsvorschläge/Stelleninformationen durch das Jobcenter D. und anderer Jobcenter bzw. Arbeitsagenturen zugeschickt.

• Wir nehmen, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, Ihr Bewerberprofil auf in: - www.arbeitsagentur.de

• Wir unterstützen ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme der Kosten für schriftliche Bewerbungen auf vorherige Antragsstellung und schriftlichen Nachweis nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 45 ff. SGB III. Bewerbungskosten können bis zu einem Betrag von 260 Euro jährlich übernommen werden.

• Wir unterstützen ihre Bewerbungsaktivitäten nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 45 ff. SGB III durch Übernahme der Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen nach vorheriger Antragstellung und Nachweis.

• Wir bieten Ihnen folgende Leistung/en zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung an, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und zuvor eine gesonderte Antragstellung erfolgt:

Mobilitätsbeihilfen im Rahmen des Vermittlungsbudget (§ 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 53 ff. SGB III).

• Wir fördern eine Arbeitsaufnahme durch die Gewährung eines Eingliederungszuschusses (§ 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. §§ 217 ff. SGB III; § 421 f, o, p SGB III) an den Arbeitgeber, bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzung und vorheriger Antragstellung durch den Arbeitgeber.

2. Bemühungen von S.-J.-C. Z. • Sie werden sich innerhalb von 2 Arbeitstagen auf alle Vermittlungsvorschläge/Stelleninformationen, die sie vom Jobcenter Durlach und anderer Jobcenter bzw. Arbeitsagenturen erhalten, wie vorgegeben schriftlich, per Mail, über das Internet oder persönlich bewerben.

• Sie unternehmen während der Gültigkeitsdauer dieser Eingliederungsvereinbarung monatlich mindestens 5 eigene Bewerbungen, schriftlich, per Mail, über das Internet oder persönlich auf sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen im Tagespendelbereich, auch um befristete Stellen.

• Zusätzlich unternehmen Sie während der Gültigkeitsdauer dieser Eingliederungsvereinbarung monatlich mindestens 5 eigene Bewerbungen bei privaten Arbeitsvermittlern (Zeitarbeitsfirmen im Tagespendelbereich) schriftlich, per Mail, über das Internet oder persönlich auf sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen im Tagespendelbereich, auch um befristete Stellen. • Sie legen hierüber jeweils spätestens am 01. des Folgemonats die Nachweise dem Jobcenter D. vor (z. B. Nachweise für November am 01. Dezember, für Dezember am 01. Januar usw.) erstmals am 01.12.2014.

• Die Nachweise der Arbeitsbemühungen haben wie folgt auszusehen:

- Kopie der Bewerbungsschreiben bzw. die Computerausdrucke - Absendenachweise bei Bewerbungen per E-Mail - Nachweisliste bei persönlichen und telefonischen Bewerbungen mit Namen des Arbeitgebers (Firma), Tel.-Nummer des Arbeitgebers und für welche Tätigkeit sie sich beworben haben.

Eine Ansammlung "Stempel an Stempel" bei Firmen/Zeitarbeitsfirmen ist untersagt - da dies den Eindruck erwecken könnte, man sei nur auf Stempelsuche. Jede Firma/Zeitarbeitsfirma ist ein potenzieller Arbeitgeber, dementsprechend ist eine übliche Bewerbung abzugeben (Anschreiben, Lebenslauf, Anlagen wie z. B. Zeugnisse).

Wichtiger Hinweis: Falls sie die geforderten Eigenbemühungen nicht wie vereinbart nachweisen (Art, Umfang, Zeit), ist mit der umgehenden Einleitung eines Sanktionsverfahrens zu rechnen, d. h. Kürzung von Geldleistungen (Staffelung 30 % - 60 % - 100 %) ".

Es folgen sodann Ausführungen zur Gültigkeit, eine Rechtsfolgenbelehrung und "wichtige Hinweise" zu Sanktionszeiträumen, Leistungskürzungen, zum Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches und eine Rechtsbehelfsbelehrung.

Gegen diesen Verwaltungsakt legte der Kläger am 07.11.2014 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die Eingliederungsvereinbarung stelle der Form nach einen Vertrag gemäß des Vertragsrechts des BGB dar. In Abschnitt drei des BGB seien die Grundlagen der Rechtsgeschäfte geregelt, im Titel zwei des BGB die Willenserklärungen, dort selbst in den §§ 116 ff. BGB. Der Kläger verwies auf das Prinzip der Vertragsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland, welche gesetzlich garantiert sei. In diesem Rahmen sei es nicht notwendig, näher auf Zwangsvereinbarungen einzugehen. Wesentlich schwerwiegender und von grundsätzlicher Bedeutung seien die mehrfachen, direkten, unmittelbaren, offenen und unverhohlenen Gesetzesbrüche des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland. Er verwies in diesem Zusammenhang auf Artikel 1 des GG: Die Würde des Menschen ist unantastbar, auf Artikel 2 GG: Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, auf Artikel 11 GG: Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet und Artikel 12 GG: Freie Berufswahl und Verbot von Zwangsarbeit. Ferner verwies er auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG), wonach der gesetzliche Leistungsanspruch so ausgestaltet sein müsse, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers decke und dass dieses Leistungsrecht dem Grunde nach unverfügbar sei und eingelöst werden müsse. Ferner verwies er auf den strafrechtlichen Aspekt der Eingliederungsvereinbarung (mit oder ohne Verwaltungsakt), wenn er den vom Beklagten diktierten Eigenbemühungen nicht nachkomme. Er forderte unter anderem, bis zur Klärung durch das BVerfG von Sanktionen abzusehen, ihm ausschließlich nur solche Angebote zu unterbreiten, die frei von Annahmezwängen und frei von Sanktionen bei Ablehnung seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Bei einer Eingliederungsvereinbarung handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, in dessen Rahmen bestimmt werde, welche Leistungen der Hilfesuchende zur Eingliederung in Arbeit erhält und welche Bemühungen der Hilfesuchende in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müsse und in welcher Form er diese Bemühungen nachzuweisen habe. Der Bescheid vom 03.11.2014 diene als Ersatz für die nicht zustande gekommene Eingliederungsvereinbarung. Es sei statthaft, dem Kläger die Verpflichtung aufzuerlegen, sich monatlich mindestens fünfmal bzw. zehnmal aus eigener Initiative um einen Arbeitsplatz zu bewerben. Soweit im Rahmen des angefochtenen Bescheids die Verpflichtung begründet werde, sich auch bei monatlich mindestens fünf Zeitarbeitsfirmen zu melden, werde der dabei verwendete Begriff "Tagespendelbereich" wie folgt konkretisiert: Zur Vorsprache bzw. zur Bewerbung kommen alle Zeitarbeitsfirmen in Betracht, die eine Niederlassung unterhalten in Karlsruhe oder im zugehörigen Umkreis von 50 km. Ferner führte der Beklagte aus, dass die Leistungen des Jobcenters D. zur Eingliederung im Rahmen des angefochtenen Bescheides in zutreffender Weise benannt worden seien.

Hiergegen hat der Kläger am 27.11.2014 Klage bei dem Sozialgericht K. (SG) erhoben.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages hat er an der von ihm vertretenen Rechtsauffassung festgehalten und ausgeführt, der Verwaltungsakt sei sittenwidrig, da er mehrere Grundrechte unverhältnismäßig beschneide und dem Gemeinwohl nachweislich nicht dienlich sei. Im Gegenteil sei es seines Erachtens sogar dem Gemeinwohl aus volkswirtschaftlicher Sicht (z. B. Armutsschere), aus Gründen der Rechtsicherheit (z. B. Untergraben der Arbeitnehmerschutzgesetze) und des Gesundheitswesens (z. B. Depressionen) in naher und in ferner Zukunft schädlich. Hierzu verweist er auf Studien des IAB (einer Forschungseinrichtung der BfA), wo stehe, dass bei Personen mit Marktprofilen und komplexen Profillagen knapp die Hälfte der Befragten (Vermittlungsfachkräfte) den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung generell nicht als sinnvoll ansehen würden. Er frage sich, inwiefern ein Zwangsvertrag dem Gemeinwohl dienen solle. Zudem schaffe dieser und andere Verwaltungsakte dieser Art keine neuen Arbeitsplätze und hätten somit keinen Sinn. Im Gegenteil verursachten sie einen volkswirtschaftlichen Schaden auf lange Zeit. Zudem habe das Jobcenter eine Ermessensüberschreitung verursacht, weil sich die Behörde nicht im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens gehalten, sondern durch ihre Ermessensentscheidung eine Rechtsfolge gewählt habe, die eine Rechtsverletzung (Grundrecht) des Adressaten zur Folge habe. Die Nutzung zivilrechtlicher Formen enthebe die staatliche Gewalt nicht von ihrer Bindung an die Grundrechte. Gemäß Artikel 1 Abs. 3 GG würden die Grundrechte die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden. Es sei auch nicht zu erkennen, dass eine Verhältnismäßigkeit des Eingriffes im engeren Sinne noch vorliege. Eine Ermessensüberschreitung meine, dass sich die Behörde nicht im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens gehalten habe, sondern durch ihre Ermessensentscheidung eine Rechtfolge wähle, die eine Rechtsverletzung des Adressaten zur Folge habe, in den meisten Fällen komme dabei nicht lediglich irgendeine Grundrechtsverletzung in Betracht. Es sei an der Arbeitsagentur zu beweisen, dass der Verwaltungsakt einen größeren finanziellen und tatsächlichen Nutzen für die Allgemeinheit bringe, als die Einhaltung der Grundrechte. Solange der Nutzen des Verwaltungsaktes nicht nachweislich größer sei als die allgemeinen Grundrechte, habe die Anordnung keinen Nutzen für die Allgemeinheit, ohne größeren Nutzen für die Allgemeinheit liege kein "Missbrauch" an der Gemeinschaft vor im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 23.02.1979 (Az: 5 B 114/78). Es blieben allein die Grundrechtsverletzungen bestehen. Ferner hat er schwerwiegende Eingriffe in seine Grundrechte geltend gemacht und auf "§ 32 SGB X" verwiesen, das Verbot nachteiliger Vereinbarungen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, dass § 32 SGB I ausschließlich privatrechtliche Verträge betreffe. Bei einer Eingliederungsvereinbarung handele es sich hingegen um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zum Abschluss eines solchen öffentlich-rechtlichen Vertrages sei vorhanden (§ 15 SGB II).

Mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat den Antrag des Klägers sinngemäß dahingehend ausgelegt, dass er die Feststellung begehrt, der Eingliederungsverwaltungsakt vom 03.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2014 sei rechtswidrig gewesen. Insoweit hat es ausgeführt, dass zugunsten des Klägers davon ausgegangen werde, er wolle die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage fortführen. Die Klage sei aber mangels Darlegung eines hinreichenden Feststellungsinteresses unzulässig. Im Rahmen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses komme allein die Wiederholungsgefahr als bestehendes Interesse in Betracht. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr setze die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen werde. Umstände, die eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne begründen könnten, habe der Kläger jedoch nicht vorgetragen. Diese (Wiederholungs-)Gefahr lasse sich insbesondere nicht allein aus dem Umstand ableiten, dass der Beklagte gegebenenfalls eine weitere Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt erlassen habe. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, so bedeute dies nicht, dass etwaige rechtswidrige Regelungen in der nachfolgenden Eingliederungsvereinbarung wieder vorgesehen seien. Insoweit fehle es - losgelöst vom Vortrag des Klägers - an einer hinreichenden Prognosegrundlage, die es für sich betrachtet rechtfertigen würde, eine Wiederholungsgefahr dahingehend anzunehmen, der Beklagte werde bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen zukünftig weitere gleichartige (rechtswidrige) Verwaltungsakte erlassen. Der Kläger habe die Rechtswidrigkeit, insbesondere die Verfassungswidrigkeit von per Verwaltungsakt erlassenen Eingliederungsvereinbarungen im Allgemeinen angeführt. Das Gericht habe keine Anhaltspunkte für die Annahme der Rechtswidrigkeit, insbesondere nicht für die Verfassungswidrigkeit der Eingliederungsvereinbarung vom 03.11.2014 und auch nicht der diesem zu Grunde liegenden gesetzlichen Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf den Gerichtsbescheid vom 23.12.2015 verwiesen.

Gegen den am 15.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.02.2016 Berufung eingelegt und ausgeführt, dass sein Klagebegehren nicht der Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung sei. Sein Klagegrund sei sinngemäß die Frage, ob eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt wegen Ermessensüberschreitung rechtmäßig sei, ob ein Arbeitsvertrag, der durch einen in einem Gesetz manifestierten Verwaltungsakt diktiert werde, rechtmäßig sei, ob § 15 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 SGB II überhaupt verfassungsrechtlich möglich sei, da ein Verwaltungsakt ja von einem Richter oder ähnlichem entschieden werden müsse wegen der Gewaltenteilung, sprich ein automatisierendes Gesetz könne einen Richter nicht ersetzen. Er habe verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber einem Gesetz, das die Automatisierung der Entrechtung von Privatpersonen, insbesondere auf der Ebene der einfachen Verwaltung (Jobcenter) ohne Prüfung reglementiere bzw. vorschreibe und dies ohne rechtliches Gehör vor einem Richter bzw. Beschäftigten mit Befähigung zum Richteramt. Bei der Eingliederungsvereinbarung handele es sich eindeutig um einen, zudem einseitigen, Arbeitsvertrag, der, wenn er durch Zwang abgeschlossen werde, als Zwangsarbeit anzusehen sei. Er halte die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 SGB II für verfassungswidrig. Seiner Meinung nach sei § 15 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 SGB II eine politisch tolerierte Rechtsbeugung des Grundgesetz mangels "juristischem Aktivismus", das der Befriedigung der Arbeitgeber bzw. des Kapitalmarktes diene, sprich zur Untergrabung diverser Errungenschaften des BRD-Gemeinwohles, wie z. B. Kündigungsgesetz, Tarifautonomie. Ferner halte er dieses Konstrukt "Hartz IV" für verfassungswidrig, was er durch die Entscheidung des Sozialgerichts Gotha (Vorlagebeschluss) bestätigt sehe. Aus diesen Gründen habe er ein berechtigtes Interesse, die von ihm eingereichte Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zu führen. Er beantrage, das Urteil aufzuheben und an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen, die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zuzulassen und dem Sozialgericht K. aufzutragen, die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht nach § 100 Abs. 1 GG einzuleiten, ob § 15 Abs. 3 Satz 4 SGB II mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 3. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12 November 2014 rechtswidrig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nachfolgende durch Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarungen von 28.07.2015 (für den Zeitraum 28.07.2015 bis 27.01.2016), 04.02.2016 (für den Zeitraum 04.02.2016 bis 03.08.2016) und 16.09.2016 (für den Zeitraum 16.09.2016 bis 02.02.2017) verzichteten unter 2. (Bemühungen von Herrn S.-J.-C. Z.) auf Bewerbungen aufgrund von Vermittlungsvorschlägen, auf eigene Bewerbungen um sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen im Tagespendelbereich und auf Bewerbungen bei privaten Arbeitsvermittlern sowie auf den Nachweis von Eigenbemühungen überhaupt. Insoweit heißt es dort (Verwaltungsakt vom 16.09.2016, im Wesentlichen gleichlautend bereits in den Bescheiden zuvor):

"Sie verpflichten sich ab Anspruchsbeginn, frühestens ab Zugang des Bewilligungsbescheides zu den folgenden Eigenbemühungen: Sie teilen uns bei Änderung ihrer wirtschaftlichen Lage mit (so können wir "Überzahlung" und somit wirtschaftliche Probleme für sie vermeiden). Sie teilen uns Änderung ihrer gesundheitlichen Situation mit (so können wir unpassende Stellenangebote für sie vermeiden). Sie teilen uns Änderung ihrer privaten Situation mit, wie Umzug, Heirat, Scheidung, Beginn einer Lebenspartnerschaft, usw., da dies Auswirkungen haben kann auf den Leistungsbezug."

Diese Bescheide waren mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Widerspruch hat der Kläger gegen diese Verwaltungsakte nach Auskunft der Beklagten nicht eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, Berufungsausschließungsgründe liegen nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht vor. Die Berufung ist aber unbegründet.

Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2016 auch in Abwesenheit des Klägers über den Rechtsstreit entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde vom 22.09.2016 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann.

Zunächst liegen die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an das SG nicht vor. Gemäß § 159 Abs. 1 SGG in der ab 1. Januar 2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 3057) kann das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das SG die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (Nr. 1) oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (Nr. 2). Wesentlich ist der Mangel, wenn die Entscheidung (hier: der Gerichtsbescheid) auf ihm beruhen kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage, § 159 SGG Rdnr. 3a). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das SG hat eine Sachentscheidung getroffen, und der Kläger rügt auch keinen Mangel, aufgrund dessen eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig wäre, sondern begehrt nach Zurückverweisung die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht durch das SG. Dies sieht § 159 SGG als Grund für eine Zurückverweisung aber nicht vor.

Die Berufung ist unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit im Rahmen der von ihm begehrten Fortsetzungsfeststellungsklage. Insoweit handelt es sich zwar um die richtige Klageart, ein Anspruch auf die begehrte Feststellung besteht aber nicht.

Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig, wenn die ursprüngliche Anfechtungsklage zulässig gewesen ist, ein den Verwaltungsakt erledigendes Ereignis eingetreten ist, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und ein Feststellungsinteresse vorliegt (vgl. z.B. BSGE 111, 280 = SozR 4-2500 § 171a Nr. 1, RdNr. 13 m.w.N.; Hauck in Hennig, SGG, § 131 Rdnr. 55).

Der Kläger wandte sich gegen den streitgegenständlichen Verwaltungsakt vom 03.11.2014 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides) zunächst mit der form- und fristgerecht erhobenen sowie auch im Übrigen zulässigen Anfechtungsklage. Dieser Verwaltungsakt hat sich gem. § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durch Zeitablauf erledigt.

Der Erledigung durch Zeitablauf steht zunächst nicht entgegen, dass dieser Verwaltungsakt die Laufzeit der Geltungsdauer der in ihm enthaltenen Regelungen mit "03.11.2014 bis 02.05.2014" angegeben hat. Unabhängig davon, ob diese Regelung noch hinreichend bestimmt war oder nicht (siehe hierzu noch unten), ist jedenfalls durch den weiteren, hier nicht streitgegenständlichen, eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 28.07.2015 mit einer Geltungsdauer vom 29.07.2015 bis 27.01.2016 der Anwendungsbereich dieses Verwaltungsaktes durch den im nachfolgenden Verwaltungsakt geregelten Beginn auf diesen Zeitraum begrenzt worden. § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II bestimmt, dass die Eingliederungsvereinbarung für die Dauer von sechs Monaten geschlossen werden soll. Dem Bescheid lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass der Beklagte hier eine längere Laufzeit beabsichtigt haben könnte. Auch wenn die Angabe der Geltungsdauer mit "03.11.2014 bis 02.05.2014" auf den ersten Blick missverständlich ist, ergibt sich im Gesamtkontext der Regelungen die Zukunftsgerichtetheit des Verwaltungsaktes und die Offensichtlichkeit des Vorliegens eines einfachen Schreibfehlers, der im weiteren Verfahren unkorrigiert blieb. So wurde der Kläger in dem Verwaltungsakt aufgefordert, am 1. des Folgemonats die Nachweise vorzulegen und zwar beginnend mit dem 01.12.2014. Ferner endete die Laufzeit der zuvor durch Verwaltungsakt ersetzten Eingliederungsvereinbarung am 31.10.2014, wodurch sich unschwer ergibt, dass der nun am 03.11.2014 erlassene Verwaltungsakt keine rückwirkend zu erfüllenden Leistungspflichten auferlegen wollte. Es entsprach auch der dem Kläger bekannten Übung des Beklagten, Eingliederungsvereinbarungen für eine Laufzeit von sechs Monaten abzuschließen, wie dies bereits zuvor in der Eingliederungsvereinbarung vom 25.02.2010 sowie durch die einen Verwaltungsakt ersetzend Eingliederungsvereinbarungen vom 27.04.2012 und 21.05.2013 gehandhabt worden war (anders lediglich die durch Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarung vom 22.10.2013, die ursprünglich mit einer Geltungsdauer von einem Jahr versehen worden war).

Der Verwaltungsakt entfaltet auch nicht deshalb noch Rechtswirkungen, weil der Beklagte noch Rechtsfolgen wegen eines Verstoßes gegen Regelungen in dem Verwaltungsakt vom 03.11.2014 ableiten will. Eine Sanktion aufgrund des Verwaltungsaktes vom 03.11.2014 ist zurückgenommen worden, weitere Sanktionen sind schon wegen des Zeitablaufs ganz offensichtlich auch nicht mehr beabsichtigt. Soweit der Leistungsanspruch des Klägers im Zeitraum 01.11.2014 bis 31.01.2015 monatlich um 30 Prozent (117,30 EUR) gemindert wurde (Bescheid vom 15.10.2014, Widerspruchbescheid vom 29.10.2014), beruhte diese Sanktion nach den Feststellungen des SG im Urteil vom 05.04.2016 (S 14 AS 3728/14) auf einer Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II, nachdem sich der Kläger auf ein zumutbares Angebot nicht beworben hatte. Einem Widerspruch des Klägers gegen eine weitere Sanktion im Zeitraum vom 01.02.2015 bis 30.04.2015 (Bescheid vom 20.01.2015) aufgrund fehlender Eigenbemühungen im Dezember 2014 hat der Beklagte in vollem Umfang abgeholfen. Der Kläger kann daher nicht (mehr) geltend machen, durch eine im Bescheid vom 03.11.2014 getroffene Regelung beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Damit hat er sich insgesamt erledigt (§ 39 Abs. 2 Alt. 4 SGB X) und entfaltet keine Rechtswirkung mehr.

Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität, also dann, wenn die Entscheidung in einem anderen streitigen Rechtsverhältnis bedeutsam sein kann, sowie bei einer Wiederholungsgefahr oder bei einer Schadensersatzforderung bestehen. Das allgemeine Interesse an der Klärung einer interessanten Rechtsfrage oder der Wunsch nach Bestätigung der eigenen Rechtsauffassung begründen hingegen kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Unter Berücksichtigung dessen vermag der Senat auch im Rahmen der zu prüfenden und hier allein in Betracht kommenden Wiederholungsgefahr ein solches berechtigtes Interesse nicht festzustellen. Wiederholungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (Keller in Meyer-Ladewig, a.a.O., § 131 Rdnr. 10).

Die Prüfung des bzw. der nachfolgenden, die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakte belegt, dass eine solche Wiederholungsgefahr für die unmittelbar anschließende Zeit und derzeit nicht besteht, weil eben keine im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen Umstände (mehr) vorgelegen haben. Dabei ist zunächst beachtlich, dass das berechtigte Interesse zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vorliegen muss, also in der Regel am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, a.a.O., § 131 Rdnr. 10, Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 27.03.1998 – 4 C 14.96 –, BVerwGE 106, 295 [299]).

Zunächst belegen die nachfolgenden Eingliederungsvereinbarungen gerade veränderte tatsächliche Umstände. Denn die ebenfalls durch Verwaltungsakt ersetzten Eingliederungsvereinbarungen (Bescheid vom 28.07.2015, 04.02.2016 und 16.09.2016), die jeweils Geltung für sechs Monate hatten bzw. haben, verzichten allesamt auf Bemühungen des Klägers auf Vermittlungsvorschläge und Stelleninformationen, auf eigene Bemühungen bei privaten Arbeitsvermittlern und auf den Nachweis von Eigenbemühungen. Sie verlangen (lediglich), dass der Kläger eine Änderung der gesundheitlichen Situation und eine Änderung der privaten Situation (Umzug, Heirat, Scheidung, Beginn einer Lebenspartnerschaft, usw.) mitteilt. Außerdem hat er sich beim Jobcenter unverzüglich zu melden, sobald er arbeitsunfähig erkrankt. Damit werden vom Kläger bereits seit Juli 2015 keine aktiven Eingliederungsbemühungen mehr verlangt, sodass die von ihm geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des § 15 SGB II bezogen auf die Verpflichtungen, sich um Arbeit zu bemühen, Arbeitsverträge ggfs. abzuschließen etc. durch den erledigten Verwaltungsakt nicht mehr relevant sind. Der Kläger wirft insoweit nur noch grundsätzliche Fragestellungen auf (sind Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt wegen Ermessensüberschreitung rechtmäßig?, Ist ein Arbeitsvertrag, der durch einen in einem Gesetz manifestierten Verwaltungsakt diktiert wurde rechtmäßig?, Ist SGB II § 15 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 verfassungsrechtlich möglich, da eine Verwaltungsakt von einem Richter oder ähnlichem entschieden werden müsse? und ist das Gesetz SGB II § 15 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt mit dem Grundgesetz vereinbar?), von denen er seit Ablauf der Geltungsdauer des angefochtenen Bescheides und auch derzeit nicht (mehr) betroffen ist bzw. für die er eine eigene und fortbestehende Rechtsverletzung nicht begründet hat. Dem Kläger geht es damit vielmehr um die Klärung abstrakter Rechtsfragen, was die Bestandskraft der nachfolgenden durch Verwaltungsakt ersetzten Eingliederungsvereinbarungen belegt. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse liegt damit nicht vor.

Ausgehend vom Zeitpunkt der Entscheidung des Senats verhält sich der Kläger zudem widersprüchlich, wenn er zwar gegen den am 03.11.2014 erlassenen, eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt Rechtsmittel einlegt, nachfolgende Eingliederungsvereinbarungen, die wiederum durch Verwaltungsakte ersetzt wurden, aber bestandskräftig werden lässt. Damit sind die nachfolgenden Eingliederungsvereinbarungen zwischen den Beteiligten bindend geworden und es ist nicht ersichtlich, weswegen allein der Bescheid vom 03.11.2014 angegriffen wurde, zumal alle weiteren Verwaltungsakte, die eine Eingliederungsvereinbarung ersetzten, aus Sicht des Klägers derselbe Makel der Verfassungswidrigkeit anhaften müsste, wie er nochmals mit seiner Berufung geltend gemacht hat. Auch wenn es grundsätzlich ausreicht, wenn der Kläger entsprechende Tatsachen vorträgt, die sein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründen sollen und diesbezüglich auch keine große Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind (vgl. hierzu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28.08.2007 – B 7/7a AL 16/06 R –, SozR 4-1500 § 131 Nr. 3, SozR 4-4300 § 305 Nr. 1), bestehen unter Berücksichtigung des tatsächlichen Geschehensablaufes erhebliche Zweifel an einem vom Kläger verfolgten Feststellungsinteresse aus einer Wiederholungsgefahr heraus.

Nur ergänzend und mit Blick auf die Ausführungen des Klägers sowie zur Vermeidung weiterer Rechtsstreite weist der Senat auf Folgendes hin: Selbst wenn hier von einer Wiederholungsgefahr als anerkennenswertem Interesse an der Fortführung des Rechtsstreits trotz Erledigung des Verwaltungsaktes in der Hauptsache auszugehen wäre, wäre diese unbegründet, da der Verwaltungsakt weder rechts- noch verfassungswidrig war.

Der Verwaltungsakt vom 03.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2014 ist nicht rechtswidrig gewesen. Der Senat ist zunächst davon überzeugt, dass die im Verwaltungsakt vom 03.11.2014 getroffene Regelung hinsichtlich der Dauer der Geltung des die Vereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes noch hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X ist. Nach der Rechtsprechung erfordert dies, dass der Wille der Behörde für den Beteiligten unzweideutig erkennbar sein muss und nicht unterschiedlichen subjektiven Bewertungen zugänglich sein darf. Aus einem Verfügungssatz muss vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde regeln will und wem gegenüber sie es regeln will. Ein Verwaltungsakt ist aber nur dann unbestimmt, wenn sein Regelungsgehalt sich auch durch Auslegung nicht hinreichend deutlich ermitteln lässt. Zum Zwecke der Auslegung kann auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf den Sachverhalt, wie er sich aus den Verwaltungsakten ergibt, oder auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. zu all diesem Mutschler, Kasseler Kommentar, Stand Juni 2016, SGB X, § 33 Rdnr. 4 und 5 mit zahlreichen Nachweisen). Der Senat hat bereits oben dargelegt, dass unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Verwaltungsakt, des bisherigen Verwaltungshandelns nach Aktenlage und der Offenkundigkeit des Schreibfehlers kein Zweifel daran bleibt, dass der Verwaltungsakt eine Geltungsdauer vom 03.11.2014 bis 02.05.2015 haben sollte. Dies wurde auch ganz offensichtlich vom Kläger so verstanden, der diesen Fehler trotz intensiver Auseinandersetzung mit den Regelungen im Verwaltungsakt nicht beanstandet hat. Dass der Beklagte diesen Fehler nicht korrigiert hat (§ 38 SGB X), steht dem durch Auslegung ermittelten Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes nicht entgegen. Im Kontext des folgenden, die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakts vom 28.07.2015 bleibt kein Zweifel an der Regelung der Geltungsdauer im angefochtenen Verwaltungsakt. Einwendungen hiergegen und gegen den Inhalt der Regelungen hat der Kläger auch explizit nicht vorgebracht.

Der Inhalt des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakts vom 03.11.2013 begegnet keinen Bedenken.

Die in Ziffer 2 des Eingliederungsverwaltungsakts festgelegten Pflichten des Klägers - Verpflichtung, innerhalb von sechs Monaten 10 Bewerbungen je Monat um sozialversicherungspflichtige und/oder geringfügige Beschäftigungen vorzunehmen, wobei befristete Stellenangebote und Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen mit einzubeziehen sind, und im Folgemonat nachzuweisen - sind weder nach ihrer Art noch nach der aufgegebenen Frequenz der Bewerbungen zu beanstanden (zur Frequenz vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005 – B 7a AL 18/05 R –, BSGE 95, 176, wonach die Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, sich zweimal die Woche schriftlich zu bewerben, unter keinem denkbaren Aspekt unzumutbar ist). Es handelt sich um eine Konkretisierung der in § 2 Abs. 1 SGB II geregelten Selbsthilfeobliegenheit eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Dieser ist verpflichtet, eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit fortzuführen bzw. jede zumutbare Tätigkeit i.S.v. § 10 SGB II anzunehmen. Die Bewerbung um ein Beschäftigungsverhältnis stellt dabei den ersten Schritt zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit dar. Grundsätzlich ist zur Abwendung der Hilfebedürftigkeit die Aufnahme jeder Arbeit zumutbar, die eine erwerbsfähige, leistungsberechtigte Person in Hinblick auf ihre Fähigkeiten und Leistungsvoraussetzungen erfüllen kann und darf (BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R –, juris). Zumutbar ist auch eine Tätigkeit, die unterhalb der erworbenen Qualifikationen und Erfahrungen liegt (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 SGB II), die Aufnahme einer geringfügigen oder befristeten Beschäftigung sowie bei einer Zeitarbeitsfirma (§ 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB II; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08.11.2001 – B 11 AL 31/01 R –, SozR 3-4300 § 144 Nr. 7). Soweit der Kläger gegen die von ihm abverlangten Bewerbungsbemühungen einwendet, dass es Studien gebe, die die Sinnhaftigkeit des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung in Zweifel zögen, verkennt der Kläger das Konzept des Forderns. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II), bevor sie die Hilfe der Allgemeinheit in Anspruch nimmt (BT-Drucks. 15/1516, S. 50). Hieraus folgt die Verpflichtung des Einzelnen, bei der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich jede Arbeit anzunehmen und auszuüben, die die leistungsberechtigte Person annehmen und ausüben kann und darf, um den Zustand der Arbeitslosigkeit und Hilfebedürftigkeit zu beenden bzw. zu verringern (BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R –, juris). Insoweit wird von jedem Hilfebedürftigen erwartet, sich angemessen um die Beendigung der Hilfebedürftigkeit zu bemühen. Eine Studie, die den Erfolg dieser Bemühungen kritisch beleuchtet, vermag nichts an der grundsätzlichen Verpflichtung im Einzelfall zu ändern. Damit ist im vorliegenden Fall auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt ersetzt hat, da der Kläger auch und wie zuvor gegen diese Eingliederungsvereinbarung die bekannten verfassungsrechtlichen Einwendungen erhoben hat. Um die inhaltliche Ausgestaltung und Einflussnahme auf die Regelungen ging es ihm dabei nicht, wie er zuletzt auch mit seiner Berufung zum Ausdruck gebracht hat. Eine konsensuale Lösung war damit nicht zu erreichen, wie der Vermerk des Sachbearbeiters belegt. Unter Berücksichtigung der mit § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II zum Ausdruck gekommenen gesetzlichen Konstruktion, die den Vorrang und den Versuch einer konsensualen Einigung vor Erlass eines Verwaltungsakt vorschreibt, ist auch kein Verstoß gegen die grundsätzlich garantierte Vertragsfreiheit verbunden (Art. 2 GG), da der Leistungsempfänger gerade nicht gezwungen ist, eine einvernehmliche Regelung mit dem Grundsicherungsträger zu treffen. Die Einlassungen des Klägers zur Vertragsfreiheit gehen leer, da er weder vorliegend noch nachfolgend eine solche Eingliederungsvereinbarung auf vertraglicher Basis geschlossen hat (vgl. zum Rechtscharakter der Eingliederungsvereinbarung als öffentlich-rechtlicher Vertrag in der Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrages nach § 53 Abs. 1 Satz 2, § 55 SGB X: BSG, Urteil vom 23.06.2016 – B 14 AS 30/15 R –, juris). Dementsprechend steht dem Kläger nach dem Erlass eines solchen Verwaltungsaktes der im Gesetz vorgesehene – auch gerichtliche –Rechtsschutz offen. Vor dem Hintergrund, dass das Grundgesetz nicht die Gewährung voraussetzungsloser Sozialleistungen gebietet (vgl. z.B. Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09), hat der Senat auch keinen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen in § 15 SGB II. Denn auch das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet keinen von Mitwirkungsobliegenheiten und Eigenaktivität unabhängigen Anspruch auf Sicherung eines Leistungsniveaus, das durchweg einen gewissen finanziellen Spielraum auch zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben gewährleistet. Der bei Art und Umfang der Möglichkeit zu dieser Teilhabe erweiterte Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers lässt dem Grunde nach Raum für abgesenkte Leistungen bei Pflichtverletzungen und steht einem Sanktionssystem nicht schlechthin entgegen. Von Verfassung wegen ist eine Minderung bis hin zum Wegfall der ALG II-Geldleistungen nicht dem Grunde nach ausgeschlossen (Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl., § 31 Rn. 13 f., § 31a Rn. 3f).

Die Verpflichtung zur Vorlage entsprechender Nachweise resultiert aus der allgemeinen Mitwirkungspflicht des Betroffenen, alle für eine Entscheidung des Leistungsträgers erforderlichen Tatsachen vorzutragen (§ 60 SGB I; LSG Sachsen, Beschluss vom 12.11.2015 – L 7 AS 889/15 B ER –; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.05.2013 – L 7 AS 112/13 B ER –).

Die vom Beklagten übernommene Verpflichtung zur Unterstützung der Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen sowie ggf. nachgewiesene Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen und die Förderung durch die Gewährung eines Eingliederungszuschusses an den Arbeitgeber steht in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Pflichten des Klägers. Da die Form der Bewerbungen nicht vorgeschrieben ist und es dem Kläger freisteht, Bewerbungen auch persönlich, per E-Mail oder Internet zu unternehmen, ist es unschädlich, dass Bewerbungskosten (nur) in Höhe von maximal 260,00 Euro übernommen werden.

Der Rechtmäßigkeit des Bescheides steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte ermessensfehlerhaft gehandelt hätte. Durch die Wendung "soll" in § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II verdeutlicht der Gesetzgeber, dass für den Fall, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt, der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes den Regelfall darstellt. Des bestehenden Ermessens ist sich der Beklagte auch bewusst gewesen, indem er jedenfalls in dem Widerspruchsbescheid durch die Auseinandersetzung mit den Argumenten des Klägers, eine Eingliederungsvereinbarung nicht abschließen zu wollen, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Willkürverbot das Vorliegen dieses Regelfalles aus seiner Sicht im vorliegenden Fall verdeutlicht. Gründe, von dem Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes ausnahmsweise abzusehen, sind nicht ersichtlich (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 20.06.2013 – L 6 AS 89/12 –, juris)

Der Senat vermag auch mit Blick auf den angefochtenen Eingliederungsverwaltungsakt keine Grundrechtsverletzung des Klägers zu erkennen (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.02.2014 – L 19 AS 749/13 – m.w.N.). So ist schon nicht erkennbar, dass der Eingliederungsverwaltungsakt die freie Berufswahl bzw. -ausübung (Art. 12 GG) des Klägers einschränkt. Dies gilt sowohl für die in Ziffer 2 der Eingliederungsvereinbarung enthaltene Pflicht (die der Sache nach eine Obliegenheit darstellt), monatlich mindestens zehn Bewerbungen u.a. bei Zeitarbeitsfirmen oder auf befristete oder geringfügige Stellen nachzuweisen, als auch für die weitere Verpflichtung, sich zeitnah auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben und die damit verbundene Sanktionsandrohung im Falle eines Verstoßes (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 15.11.2013 – L 4 AS 73/12 – m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 14.05.2012 – L 7 AS 557/12 B ER –). Selbst wenn ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 GG vorliegen würde (verneinend LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.05.2012 – L 7 AS 557/12 B ER –), wäre dieser gerechtfertigt. § 2 SGB II, wonach erwerbsfähige Hilfebedürftige alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen müssen, ist mit dem Gesetzesvorbehalt in Art. 12 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Als Kehrseite der aus dem Sozialstaatsprinzip folgenden staatlichen Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums ist der Gesetzgeber berechtigt, den Leistungsberechtigten auf zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten zu verweisen. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des BVerwG an, das bereits zu den entsprechenden Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes festgestellt hat, dass die Regelungen über gemeinnützige Arbeit in § 19 Abs. 2 BSHG und über den Verlust des Anspruchs auf Sozialhilfe bei Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, mit höherrangigem Recht vereinbar sind; insbesondere nicht in Widerspruch zu Art. 12 Abs. 2 und 3 GG stehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.02.1979 – 5 B 114/78 –).

Aus diesen Gründen vermag der Senat auch keine weiteren Grundrechtsverstöße, etwa aus Art. 11 GG zu erkennen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch in der Berufungsinstanz nicht obsiegt hat.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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