L 4 R 1633/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3757/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1633/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung und die Erstattung von Zuschüssen zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (im Folgenden einheitlich: Beklagte), bewilligte der Klägerin, die seinerzeit in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert war, mit Bescheid vom 19. Juni 1997 ab 2. Februar 1997 eine große Witwenrente und einen monatlichen Zuschuss zu den Aufwendungen für ihre freiwillige Krankenversicherung i.H.v. DM 41,37. Auf Seite 4 des Bescheides wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Anspruch auf Beitragszuschuss für die freiwillige oder private Krankenversicherung mit der Aufgabe oder dem Ruhen dieser Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfalle. Daher bestehe die gesetzliche Verpflichtung, jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses und jede Änderung der Beitragshöhe unverzüglich mitzuteilen.

Mit Bescheid vom 6. September 1999 berechnete die Beklagte die Witwenrente der Klägerin neu und hob den nicht näher bezeichneten Bescheid über die Bewilligung der Zuschüsse zur Kranken-/Pflegeversicherung mit Wirkung ab 1. Oktober 1999 auf, weil nach Mitteilung der Krankenkasse seit dem 16. August 1999 keine freiwillig Krankenversicherung mehr bestehe. Gleichzeitig hörte sie zur beabsichtigten Aufhebung für den Zeitraum vom 16. August bis 30. September 1999 an. Mit Bescheid vom 26. Oktober 1999 hob die Beklagte den Bescheid vom 19. Juni 1997 über die Bewilligung eines monatlichen Zuschusses zu den Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. DM 72,95 für die Zeit ab 16. August 1999 mit der Begründung auf, dass die freiwillige Krankenversicherung der Klägerin beendet worden sei.

Mit Rentenanpassungsbescheid vom 12. April 2005 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin erneut und bewilligte ihr einen Beitragszuschuss zur Krankenversicherung ab 16. August 1999 sowie einen Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung vom 16. August 1999 bis 31. März 2004. Gleichzeitig erfolgte eine Nachzahlung der Beträge und eine laufende Zahlung des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung ab 1. Juni 2005 i.H.v. EUR 24,67.

In der Folgezeit setzte die Beklagte den monatlichen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung wiederholt neu fest. Mit Bescheid vom 4. Juni 2009 bewilligte sie einen Zuschuss ab 1. Januar 2009 i.H.v. EUR 25,42 und ab 1. Juli 2009 i.H.v. EUR 24,97, mit Bescheid vom 16. November 2010 ab 1. Juli 2009 i.H.v. EUR 24,97 und ab 1. Januar 2011 i.H.v. EUR 26,04, mit Bescheid vom 22. Mai 2012 ab 1. Juli 2011 i.H.v. EUR 26,30 und ab 1. Juli 2012 i.H.v. EUR 26,87 sowie mit Bescheid vom 24. Juli 2013 ab 1. Juli 2013 i.H.v. EUR 26,94.

Die Krankenkasse der Klägerin, die DAK, stellte mit Bescheid vom 21. Oktober 2013 fest, dass die Klägerin seit 1. Januar 2009 als nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig anzusehen sei. Vielmehr sei sie ab 1. Januar 2009 versicherungspflichtig in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe zwar eine selbständige Tätigkeit ausgeübt. Die Einkünfte aus dieser Beschäftigung seien aber verglichen mit ihren sonstigen Einnahmen aus der seit Juli 2001 gezahlten Rente der Beklagten und der weiteren monatlichen Versorgungsbezüge nur von untergeordneter Bedeutung. Damit habe sie keine hauptberufliche selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt, weshalb sie versicherungspflichtig in der KVdR sei. Mit Bescheid vom 20. November 2013 informierte die DAK der Klägerin zudem über die Höhe der Beiträge aus ihrem Arbeitseinkommen ab 1. Januar 2009 und führte unter anderem aus, die Klägerin sei rückwirkend ab 1. Januar 2009 in der KVdR versichert. Aus ihrer Rente würden zukünftig vom Rentenversicherungsträger Beiträge einbehalten und direkt an sie (die DAK) abgeführt. Zugleich wies sie (die DAK) die Klägerin darauf hin, dass von der Beklagten ein Beitragszuschuss ausgezahlt worden sei, der der Klägerin aufgrund der rückwirkenden Änderung ab 1. Januar 2009 so nicht zustehe. Sie habe zu beachten, dass sie das Guthaben, welches ihr durch die erstatteten Beiträge zukomme, für die Forderung der Beklagten aufheben solle. Die Klägerin selbst wies in einem Telefonat am 25. November 2013 die Beklagte auf die geänderte Krankenversicherung ab 1. Januar 2009 hin. Auf den Hinweis, dass eine Überzahlung beim Beitragszuschuss entstanden sei, erklärte sie sich bereit, diesen zu erstatten (Telefonvermerk vom 25. November 2013). Die DAK erstattete der Klägerin nach ihrer Behauptung zu Unrecht gezahlte Beiträge in Höhe von (i.H.v.) EUR 7.027,54.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 4. Dezember 2013 setzte die Beklagte die große Witwen-rente der Klägerin ab 1. Januar 2009 rückwirkend neu fest. Gleichzeitig forderte sie von der Klägerin die Erstattung überzahlter Zuschüsse für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2014 i.H.v. EUR 2.215,21 (Zuschüsse zur Krankenversicherung i.H.v. EUR 1.584,84 und Zuschüsse zur Pflegeversicherung i.H.v. EUR 433,08). Zudem hob sie in Anlage 10 zu diesem Bescheid nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) den "Bescheid über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung" mit Wirkung für die Zukunft ab 1. Januar 2014 auf. Hin-sichtlich der Prüfung für die Korrektur für die Zeit der Zahlung des Beitragszuschusses vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2013 erhalte die Klägerin gesonderte Nachricht.

Nach mit Schreiben vom 14. Februar 2014 erfolgter Anhörung widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 20. März 2014 den Bescheid vom 19. Juni 1997 über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung für die Zeit ab 1. Januar 2009. Zudem forderte sie von der Klägerin die Erstattung gezahlter Zuschüsse zur Krankenversicherung ab 1. Januar 2009 i.H.v. EUR 1.584,84. Zur Begründung führte sie aus, der Widerruf beruhe auf § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X. Danach könne ein rechtmäßig begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkenne oder hierfür Voraussetzung sei, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet werde. Bei dem von ihr (der Beklagten) gewährten Beitragszuschuss zur Krankenversicherung habe es sich um eine zweckbestimmte Leistung gehandelt. Die Klägerin habe ihn zwingend für ihre Aufwendungen zur freiwilligen Krankenversicherung verwenden müssen. Dies ergebe sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 1997. Darin habe sie (die Beklagte) darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Beitragszuschuss mit der Aufgabe oder dem Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung oder dem Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfällt. Mit der Entscheidung der DAK sei die Pflicht der Klägerin, Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung zu zahlen, rückwirkend zum 1. Januar 2009 entfallen. Damit sei eine zweckentsprechende Verwendung des Beitragszuschusses für diese Zeiten nicht mehr möglich. Der Widerruf sei auch nicht nach § 47 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB X ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift dürfe ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig sei. Das Vertrauen sei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht habe. Die Klägerin könne sich nicht auf den Verbrauch des Beitragszuschusses berufen. Zwar habe sie die bewilligten Leistungen zur Beitragszahlung verwendet. Nun aber habe sie von der DAK die gezahlten Beiträge erstattet bekommen. Damit stünden ihr die zunächst verbrauchten Zuschüsse wieder zur Verfügung. Damit überwiege das öffentliche Interesse an einem Widerruf. Auch nach Ausübung des ihr zustehenden Ermessens gelange sie nicht zu einem anderen Ergebnis. Zu berücksichtigen sei insoweit, dass sie (die Beklagte) für die Überzahlung des Beitragszuschusses keine Verantwortung trage. Zudem sei sie nach § 76 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) gehalten, alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, der Versichertengemeinschaft zustehende Gelder einzufordern. Im Übrigen sei der Klägerin kein finanzieller Schaden entstanden, da die DAK ihr die für die freiwillige Krankenversicherung gezahlten Beiträge rückerstattet habe.

Hiergegen legte die Klägerin unter dem 11. April 2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Beklagte stütze ihren Rückforderungsanspruch zu Unrecht auf § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X. Ein Widerruf komme nicht in Betracht, allenfalls eine Aufhebung nach § 48 SGB X. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses lägen jedoch nicht vor. Sie habe immer korrekte Angaben gemacht. Es liege ausschließlich ein Fehler der Krankenkasse vor. Aus diesem Grund habe sie jahrelang zuvor Krankversicherungsbeiträge zahlen müssen. Dies habe zu erheblichen finanziellen Engpässen geführt. Die Beitragsrückzahlung der DAK habe sie dazu verwendet, private Schulden und die Erstattungsforderung der Beklagten aus dem Bescheid vom 4. Dezember 2013 i.H.v. EUR 2.215,21 auszugleichen. Sie habe darauf vertraut, dass in dieser Überzahlung sämtliche, diesen Vorgang betreffenden Beträge enthalten seien und deshalb über den Differenzbetrag, den ihr die DAK erstattet habe, die genannten Dispositionen getroffen. Dieses Vertrauen sei schutz-würdig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2014 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Ergänzend zur Wiederholung der Begründung des Bescheides vom 20. März 2014 führte dieser aus, das Bundessozialgericht (BSG) habe mit Urteil vom 27. Juni 2012 (B 12 R 6/10 R, juris) für Fälle der rückwirkenden Begrün-dung einer Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung entschieden, dass der vom Rentenversicherungsträger gezahlte Beitragszuschuss für Bezugszeiten, die vor der Feststellung der Versicherungspflicht durch die Krankenkasse lägen, nicht nach Maßgabe der §§ 48, 50 SGB X vom Rentenbezieher zurückgefordert werden könnten. In derartigen Fällen sei die Korrektur des den Zuschuss bewilligenden Bescheides daher - soweit es um die Vergangenheit gehe - auf die Vorschrift des § 47 SGB X zu stützen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 10. November 2014 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung führte sie ergänzend aus, die Beklagte habe die Bewilligung des Beitragszuschusses für die Zeit vor Zugang des Bescheids der DAK zu Unrecht widerrufen. Der DAK und deren Rechtsvorgängerin sei immer bekannt gewesen, dass sie lediglich geringe Einnahmen aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Architektin gehabt habe. Die Einkommensteuerbescheide jeden Jahres seien übersandt worden. Im Oktober 2013 habe die DAK erst festgestellt, dass die Einstufung der Krankenversicherungsbeiträge falsch sei und ihr im November 2013 EUR 7.027,54 erstattet. Bis dahin sei sie gutgläubig gewesen. Auf eine Hinweis des SG beschränkte die Klägerin ihr Begehren darauf, den Bescheid vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2014 insoweit aufzuheben, als die Beklagte die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 23. Oktober 2013 widerrufen oder aufgehoben und für diesen Zeitraum Erstattungen für die gezahlten Zuschüsse gefordert habe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie sei weiterhin der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X erfüllt seien. Sie habe den Beitragszuschuss zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkannt. Die Klägerin habe ihn zwingend für ihre Aufwendungen zur freiwilligen Krankenversicherung verwenden müssen. Dieser Zweck ergebe sich aus den Umständen, insbesondere den wiederholten Hinweisen im Antragsformular, im Merkblatt zur KVdR und im Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 1997. Daraus sei für die Klägerin erkenn-bar gewesen, dass sie den Beitragszuschuss nur so lange beanspruchen könne, solange sie frei-willig krankenversichert sei. Nunmehr könne der Beitragszuschuss nicht mehr für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet werden, denn die Klägerin stehe durch die rückwirkende Feststellung von Versicherungspflicht in der KVdR und die Beitragserstattung so, als habe sie nie Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung entrichtet. Auf Vertrauensschutz könne sie sich nicht berufen. Bereits die DAK habe sie darüber informiert, dass sie (die Beklagte) beabsichtige, den Zuschuss zu den Aufwendungen für die freiwillige Krankenversicherung zurückzufordern. Auch habe die Klägerin nicht darauf vertrauen können, mit der Erstattungsforderung aus dem Bescheid vom 4. Dezember 2013 sei der gesamte Vorgang abgeschlossen; denn darin habe sie (die Beklagte) darauf hingewiesen, die Klägerin erhalte hinsichtlich des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2013 noch gesondert Nachricht. Redlicherweise könne die Klägerin im Ergebnis nur erwarten, bei Rückabwicklung der freiwilligen Krankenversicherung ihre Nettobeträge zurückbezahlt zu bekommen, d.h. die freiwillig gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung abzüglich der von der Beklagten hierzu bewilligten Zuschüsse.

Mit Urteil vom 23. März 2015 hob das SG den Bescheid vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2014 insoweit auf, als die Beklagte darin die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 23. Oktober 2013 widerrufen oder aufgehoben und für diesen Zeitraum Erstattung des gezahlten Zuschusses gefordert hat. Die Beklagte habe den Bescheid vom 19. Juni 1997 über die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine frei-willige Krankenversicherung für die Zeit vor dem 24. Oktober 2013 weder widerrufen noch aufheben dürfen. Als Rechtsgrundlage für den Widerruf komme allenfalls § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X in Betracht. Es bestünden jedoch erhebliche Zweifel daran, dass der Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 1997 über die Bewilligung eines Beitragszuschusses eine Zweckbestimmung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X enthalte. Dies könne jedoch dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn die Klägerin den Zuschuss zwingend für ihre Krankenversicherung hätte einsetzen müssen (wie die Beklagte meine), sei ihr jedenfalls nicht vorzuhalten, sie habe die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet. Vielmehr habe die Klägerin ab 1. Januar 2009 laufend ihre Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung gezahlt; die Beitragszahlung habe sie zu keinem Zeitpunkt eingestellt. Dies räume auch die Beklagte ein. Habe indes der Begünstigte die Leistung tatsächlich zweckentsprechend verwendet, so könne sich daran rückwirkend nichts mehr ändern. Angesichts dessen eröffne die rückwirkende Umstellung des Krankenversicherungsverhältnisses durch die DAK der Beklagten hier nicht die Möglichkeit, die Bewilligung des Beitragszuschusses zu widerrufen. Soweit der angefochtene Bescheid eine Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 23. Oktober 2013 beinhalte, sei auch diese Regelung rechtswidrig. Zwar könne ein Widerruf nach § 47 SGB X in eine Aufhebung nach § 48 SGB X umgedeutet werden; allerdings seien die Voraussetzungen des § 48 Abs.1 Satz 2 SGB X für eine Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vor dem 24. Oktober 2013 nicht erfüllt. Zwar hätten sich die Verhältnisse nach Erlass des Bescheids vom 19. Juni 1997 wesentlich geändert; denn durch den Wegfall der freiwilligen Krankenversicherung zum 1. Januar 2009 habe der Klägerin seither kein Beitragszuschuss nach § 106 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) mehr zugestanden. Hierbei handele es sich allerdings um keine Änderung zu Gunsten der Klägerin, wie sie § 48 SGB X fordere. Auch Mitteilungspflichten habe die Klägerin nicht verletzt. Ebenso wenig habe sie Einkommen oder Vermögen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs auf den Beitragszuschuss geführt haben würde. Den Wegfall des Anspruchs habe die Klägerin erst durch den Bescheid der DAK vom 21. Oktober 2013 erkennen müssen, mit dem diese festgestellt habe, die Klägerin sei seit 1. Januar 2009 nicht mehr freiwillig krankenversichert gewesen. Ausgehend von der gesetzlichen Fiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X sei dieser Bescheid der Klägerin am 24. Oktober 2013 zugegangen. Erst seit diesem Zeitpunkt sei sie bös-gläubig. Für die Zeit davor, also bis 23. Oktober 2013, scheide hingegen eine Aufhebung nach § 48 SGB X aus. Dies entspreche offenkundig auch der Auffassung der Beklagten. Da sich so-wohl Widerruf als auch Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 23. Oktober 2013 als rechtswidrig erwiesen, könne die Beklagte die für diesen Zeitraum gezahlten Leistungen nicht nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern.

Gegen das ihr am 27. März 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. April 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, es bestünde kein Zweifel daran, dass die Klägerin den Zuschuss anfänglich zweckgerecht für die Zahlung ihrer freiwilligen Beiträge verwendet habe. Mit der Erstattung der von ihr gezahlten Beiträge durch die DAK sei sie aber im Nachhinein wieder so gestellt worden, als hätte sie im fraglichen Zeitraum nie freiwillige Beiträge entrichtet. Rückblickend sei der Zweck der Zuschussbewilligung (Begleichung der freiwilligen Beiträge) somit nicht mehr erreicht worden, so dass hier die letzte der drei in § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X genannten Alternativen vorliege und ein Widerruf des den Zuschuss bewilligenden Bescheides zulässig sei. Der Zuschuss zur Krankenversicherung sei - zweckgerichtet - zur Aufbringung der freiwilligen Beiträge zu verwenden. Die Zuschusszahlung verliere ihren Zweck, wenn gar keine freiwilligen Beiträge (mehr) gezahlt würden. Der Widerruf sei auch für die Vergangenheit zulässig, weil die Klägerin nicht auf den Bestand des den Zuschuss bewilligenden Bescheides habe vertrauen können und ihr Vertrauen auch unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse nicht als schutzwürdig anzusehen gewesen sei. Ein Verbrauch des Erstattungsbetrages könne nicht in gutem Glauben erfolgt sein, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Erstattung aufgrund der mehrfachen, überaus deutlichen Hinweise der DAK schon Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Zuschusszahlung und ihren (der Beklagten) insoweit bestehenden Rückforderungsabsichten gehabt habe. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung habe sie schließlich vor allem der Tatsache entscheidende Bedeutung beigemessen, dass die Gesamtsumme ihrer Forderungen von EUR 3.800,05 (Beitragsnacherhebung i.H.v. EUR 2.215,21 und Rückforderung überzahlter Zuschüsse i.H.v. EUR 1.584,84) nur etwas mehr als die Hälfte des von der DAK erstatteten Betrages von EUR 7.027,54 ausmache, somit vollständig aus diesem habe beglichen werden können und der Klägerin im Ergebnis weder in rechtlicher noch ein finanzieller Nachteil entstanden sei. Letztlich könne die Klägerin nur so gestellt werden, wie sie gestanden hätte, wenn die Krankenkasse die Versicherungspflicht zeitnah zu deren Beginn (also bereits zu Beginn des Jahres 2009) festgestellt hätte. Im Übrigen habe sie den widerrufenen Bescheid zwar falsch bezeichnet, da der für die Zahlung des Beitragszuschusses maßgebliche Bescheid nicht der Bescheid vom 19. Juni 1997, sondern vielmehr der Bescheid vom 12. April 2005 sei. Sie habe aber ihren unmissverständlichen Willen bekundet, dass dem Bewilligungsbescheid über den Beitragszuschuss keine Rechtswirkung mehr zukomme. Allerdings sei diese Falschbezeichnung irrelevant, da es sich bei der Datumsangabe um eine offensichtliche Unrichtigkeit gehandelt habe und diese unbeachtlich sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das erstinstanzliche Urteil sei nicht zu beanstanden. Die von der Beklagten vorgenommene Auslegung sei zu weitgehend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte beider Rechtszüge und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Beklagten, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft. Der Beschwerdewert von EUR 750,00 (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGG) ist überschritten, denn die Klage betrifft den Widerruf der Bewilligung und die Erstattung von Zuschüssen zur Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 23. Oktober 2013 i.H.v. mindestens EUR 1.584,84 monatlich.

2. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat zu Recht der Klage im von der Klägerin zuletzt beantragten Umfang stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2014, der die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung widerrufen hat und von der Klägerin die Erstattung der geleisteten Zuschüsse verlangt, ist - soweit er den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 23. Oktober 2013 betrifft (auf diesen Zeitraum hatte die Klägerin ihr Klagebegehren begrenzt) - rechtswidrig. Die Voraussetzungen für einen rückwirkende Widerruf der Leistungsbewilligung und für die Erstattung der gezahlten Beitragszuschüsse liegen nicht vor. Der Bescheid vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2014 ist schon nicht hinreichend bestimmt (siehe unter a). Entgegen der Annahme der Beklagten sind die Voraussetzungen des § 47 SGB X nicht erfüllt. Auch die Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der mit Bescheid vom 19. Juni 1997 bewilligten Zuschüsse zur Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 23. Oktober 2013 nach § 48 SGB X und für eine daran nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X anknüpfende Erstattungspflicht sind nicht gegeben (siehe unter b).

a) Soweit der Bescheid vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2014 den Bescheid vom 19. Juni 1997 für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 23. Oktober 2013 widerruft, verstößt er gegen das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit i.S. von § 33 Abs. 1 SGB X und ist schon deswegen rechtswidrig.

Ein Verwaltungsakt muss nach § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt nur dann, wenn die von ihm getroffene Regelung, die verfügte Rechtsfolge, vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist (BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 R 16/12 R - juris, Rn. 15 m.w.N.). Unbestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Verständnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten. Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsaktes, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 30/09 R -, m.w.N. in juris). Den Anforderung an die Bestimmtheit genügt der Bescheid vom 20. März 2014 nicht. Die Beklagte hat zwar noch hinreichend verdeutlicht, sie wolle die bewilligten Zuschüsse zur Krankenversicherung widerrufen. Hierbei handelt es sich um eine Regelung. Denn für den Adressaten ist erkennbar, dass eine Aufhebungsentscheidung ergehen sollte; ihr Inhalt ist jedoch entgegen § 33 Abs. 1 SGB X nicht hinreichend bestimmt. Denn aus dem Verfügungssatz ergibt sich für die Klägerin als Adressatin nicht klar und unzweideutig, was die Beklagte geregelt hat. Er bestimmt nicht konkret den Verwaltungsakt, der widerrufen werden sollte. Der benannte Verwaltungsakt vom 19. Juni 1997 war bereits mit Bescheid vom 26. Oktober 1999 aufgehoben worden. Den Bescheid vom 12. April 2005, mit dem die Beklagte die Zuschüsse erneut bewilligt hatte, widerrief sie demgegenüber nicht. Dass die Beklagte damit tatsächlich die mit Bescheid vom 12. April 2005 rückwirkend bewilligten Zuschüsse erneut widerrufen wollte, war für die Klägerin nicht deutlich erkennbar. Der Widerruf ging damit ins Leere (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 29. November 2012 - B 14 AS 196/11 R - juris, Rn. 19; BSG, Urteil vom 30. März 2004 - B 4 RA 46/02 R - juris, Rn. 29). Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von den Urteilen, die die Beklagte zuletzt noch genannt hatte - auch von dem des Senats vom 26. September 2009 (L 4 R 2769/08, nicht veröffentlicht). In jenem Verfahren war die zunächst erfolgte Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht aufgehoben worden, sondern nach dem ersten Bewilligungsbescheid erfolgten Neuberechnungen der bewilligten Rente wegen Erwerbsminderung. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid war damit - anders als im vorliegenden Fall - noch wirksam.

Im Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2014 ist die fehlende Bestimmtheit des Bescheids vom 20. März 2014 nicht korrigiert worden.

b) Unabhängig davon liegen auch die Voraussetzungen des § 47 SGB X nicht vor. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks zuerkennt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn 1. die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird, 2. mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Der Verwaltungsakt darf mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist (Satz 2). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Satz 3). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben (Satz 4).

Da die Klägerin – wovon auch die Beklagte ausgeht – die ihr von der Beklagten bewilligten Zuschüsse zur Krankenversicherung zur Zahlung der freiwilligen Beiträge verwandte, kommt vorliegend allein die Regelung des § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 3. Var. SGB X ("nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird") in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen nicht vor.

Voraussetzung eines Widerrufs nach dieser Vorschrift ist zunächst, dass die Geldleistung nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden darf und diese Zweckbindung in dem Verwaltungsakt festgelegt worden ist. Es reicht nicht, dass der Verwaltungsakt die allgemeine Zweckbestimmung des Gesetzes wiederholt, präzisiert oder durch eine bloße Nebenbestimmung ergänzt (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 8. Auflage 2014, § 47 RdNr. 14). Der den Widerruf rechtfertigende Zweck muss in dem Verwaltungsakt eindeutig bestimmt worden sein, nicht der abstrakt-generelle Zweck des Gesetzes, sondern die verhaltenssteuernde Zweckbestimmung im Verwaltungsakt eröffnet die Widerrufsmöglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 - B 11 AL 63/00 R - juris RdNr. 18f.).

Es ist bereits zweifelhaft, ob der Bescheid vom 12. April 2005 eine ausdrückliche Zweckbestimmung im Sinne dieser Vorschrift enthält. Die Bewilligung der Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung erfolgte durch die Beklagte mit Bescheid vom 12. April 2005 für die Zeit ab 16. August 1999 gemäß § 106 SGB VI in der zu diesem Zeitpunkt anwendbaren Fassung (§ 106 SGB VI i.d.F. des Art. 3 Nr. 2 Buchst. a Drittes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 10. Mai 1995 [BGBl. I, S. 678] m.W.v. 1. Januar 1997). Nach § 106 SGB VI waren vom Rentenversicherungsträger einem in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versicherten Rentenbezieher Zuschüsse zu den Aufwendungen zu seiner Krankenversicherung zu gewähren. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin bei Erlass des Bescheides vom 12. April 2005, weil sie zu diesem Zeitpunkt eine Witwenrente bezog sowie in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert war. Im maßgeblichen Bescheid vom 12. April 2005 wurden jedoch bloße Feststellungen getroffen, dass ein Anspruch auf Beitragszuschuss besteht und dass die Klägerin die Pflicht habe, Änderungen, die die Versicherungsverhältnisse betreffen, umgehend mitzuteilen. Eine ausdrückliche Bestimmung, wie die bewilligten Zuschüsse zu verwenden sind, enthält der Bescheid jedoch nicht.

Unabhängig davon ist der Klägerin, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, selbst wenn die Klägerin den Zuschuss zwingend für ihre Krankenversicherung hätte einsetzen müssen (wie die Beklagte meint), nicht vorzuhalten, sie habe die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet. Vielmehr hat die Klägerin ab dem 1. Januar 2009 - wie auch zuvor - laufend ihre Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung gezahlt und die Beitragszahlung zu keinem Zeitpunkt eingestellt. Hiervon geht auch die Beklagte selbst aus. An der ursprünglichen zweckentsprechenden Verwendung kann sich damit rückwirkend nichts mehr ändern. Die rückwirkende Umstellung des Krankenversicherungsverhältnisses durch die DAK eröffnet nicht die Möglichkeit des Widerrufs des Beitragszuschusses. Das BSG führt hierzu in seinem Urteil vom 27. Juni 2012 (B 12 R 6/10 R - juris Rn. 24) aus: "Soweit die fehlende Verpflichtung eines Versicherten, Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückzuzahlen, obwohl ihm seitens der Krankenkasse die Erstattung von gezahlten Beiträgen in erheblicher Höhe zu Teil wurde, als sozialpolitisch unbefriedigend empfunden werden sollte, ist nicht richterliche Rechtsfortbildung angezeigt, vielmehr obläge es dem Gesetzgeber, durch entsprechende bereichsspezifische gesetzliche Regelungen insoweit Abhilfe zu schaffen. Dieses ist in Bezug auf Beitragszuschüsse zB im Recht der landwirtschaftlichen Alterssicherung durch § 34 Abs. 4 S 1 ALG [Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte] geschehen; dieser bestimmt ausdrücklich: &8219;Ändern sich die für Grund oder Höhe eines Zuschusses maßgebenden Verhältnisse, ist der Verwaltungsakt vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben.&8219; Eine vergleichbare Regelung für die allgemeine Rentenversicherung fehlt demgegenüber."

b) Auch sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 SGB X, wenn der Bescheid vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2014 umgedeutet wird (43 SGB X), nicht erfüllt.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll nach Satz 2 dieser Vorschrift mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr. 1) oder der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) oder nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde (Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X regelt, dass in den Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile des SGB anzurechnen ist, als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der Beginn des Anrechnungszeitraumes gilt.

Vorliegend trat zwar in den rechtlichen Verhältnissen, die der Bewilligung der Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 12. April 2005 - einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - zugrunde lagen, mit Wirkung zum 1. Januar 2009 eine Änderung i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein, weil seit diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf diese Zuschüsse nicht mehr bestand (hierzu im Folgenden aa). Die Voraussetzungen für eine mit Wirkung von diesem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an erfolgende Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB X, insbesondere diejenigen der Nr. 3 dieser Vorschrift, liegen jedoch nicht vor (hierzu unter bb). Auch lässt sich die Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X herleiten (hierzu unter cc).

aa) Die Bewilligung der Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung erfolgte durch die Beklagte mit Bescheid vom 12. April 2005 für die Zeit ab 16. August 1999. Eine wesentliche Änderung in den der Bewilligung zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnissen trat sodann - wie sich später im Jahr 2013 ergab - zum 1. Januar 2009 ein. Zu diesem Zeitpunkt entfiel der Anspruch auf die Beitragszuschüsse, weil die freiwillige Krankenversicherung der Klägerin zum selben Zeitpunkt kraft Gesetzes aufgrund des Eintritts einer Pflichtversicherung als Rentnerin ab 1. Januar 2009 endete. Die DAK stellte dementsprechend mit Bescheid vom 21. Oktober 2013 fest, dass die Klägerin ab 1. Januar 2009 in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr - wie bisher angenommen - freiwillig versichert war, sondern als Rentnerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

bb) Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB X, die zu einer Aufhebung der Leistungsbewilligung schon mit Wirkung zum 1. Januar 2009 hätten berechtigen können, lagen nicht vor.

Weder erfolgte die Änderung zugunsten der Klägerin (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X), noch war die Klägerin einer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Ebenso fehlte bis Oktober 2013 - auch nicht infolge grober Fahrlässigkeit - die Kenntnis der Klägerin davon, dass die freiwillige Krankenversicherung zum 1. Januar 2009 endete und der Anspruch auf die Beitragszuschüsse von diesem Zeitpunkt an nicht mehr bestand (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X); die Klägerin erlangte nämlich erst durch den Bescheid der DAK vom 21. Oktober 2013 Kenntnis von ihrer Versicherungspflicht, nachdem diese wie auch sie zunächst vom (Fort-)Bestand der freiwilligen Krankenversicherung ausgegangen war.

Die Klägerin erzielte nach Erlass des Bewilligungsbescheides auch nicht Einkommen oder Vermögen i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Zwar führten die Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung und die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge durch die DAK dazu, dass nachträglich zuschussfähige Aufwendungen der Klägerin zu ihrer Krankenversicherung entfielen. Dieses nachträgliche Entfallen einer Verbindlichkeit verbunden mit der Rückzahlung von aus eigenen Mitteln getätigten Aufwendungen ist jedoch keine "Erzielung von Einkommen oder Vermögen" i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (vgl. hierzu wie auch zum Folgenden: BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 12 R 6/10 R - juris, Rn. 20ff.)

Gegen die Gleichsetzung des "Entfallens von Aufwendungen" mit dem Tatbestandsmerkmal "Erzielung von Einkommen oder Vermögen" spricht schon der Wortlaut der Regelung. Ebenfalls spricht gegen eine solche Auslegung der Zweck der Bestimmung, die verhindern soll, dass einkommens- oder vermögensabhängige Sozialleistungen kumulierend neben Einkommen oder Vermögen treten, dessen Ausfall die Sozialleistungen gerade ersetzen sollen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 12 R 6/10 R - juris, Rn. 21 m.w.N.). Entfallen dagegen - wie hier - aus eigenen Mitteln der Betroffenen getätigte Aufwendungen im Nachhinein, indem ihm diese wieder zufließen, stellt dies nicht ohne Weiteres eine für den Leistungsanspruch schädliche Vermehrung von Einkommen oder Vermögen dar. Das ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn andere wesentliche Umstände wie eine Änderung der versicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen (hier: Eintritt von Versicherungspflicht der Klägerin in der Krankenversicherung ab 1. Januar 2009) "zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs" (hier: auf die von der Beklagten seinerzeit gewährten Beitragszuschüsse) führen. Für die Zuschussberechtigung nach § 106 SGB VI waren die ursprünglich bestehende Einkommens- und Vermögenssituation und die sich im Nachhinein ergebende Vermögensmehrung durch Beitragsrückgewähr irrelevant. Insoweit unterscheidet sich die Sachlage wesentlich von der typischen Konstellation, die § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X regelt.

§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X kommt vorliegend auch nicht unter dem Blickwinkel zur Anwendung, dass die Regelung einen Doppelbezug von Sozialleistungen vermeiden soll (z.B. BSG, Urteil vom 6. November 1985 – 10 RKg 3/84 – juris, Rn. 15). Zwar dienten die in der Vergangenheit von der Beklagten gewährten Zuschüsse zur Krankenversicherung einerseits und die infolge der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung bestehende Pflicht der Beklagten nach § 249a SGB V, einen Beitragsanteil zu tragen, jeweils der Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes der Klägerin und bewirkten eine doppelte Absicherung zu ihren Gunsten. Die Beitragstragung durch die Beklagte nach § 249a SGB V führte jedoch nicht zu "Einkommen" in Form einer dem Kläger zuzuordnenden "Sozialleistung" i.S.d. § 48 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Insoweit handelt es sich vielmehr um eine eigene originäre Beitragstragungspflicht des Rentenversicherungsträgers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 – B 12 R 6/10 R – juris RdNr. 22 m.w.N.).

cc) Auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art sind nicht gegeben, da es insoweit bereits an einer planwidrigen regelungsbedürftigen Lücke fehlt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 12 R 6/10 R - juris Rn. 23f. m.w.N.). Hierzu führt das BSG folgendes aus: "Zwar ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X in Betracht kommt, wenn erzieltes Einkommen oder Vermögen nicht zum &8219;Wegfall&8219;, sondern nur zum &8219;Ruhen&8219; des Anspruchs führt [ ...] oder wenn nachträglich eine höhere einkommensähnliche Sozialleistung gewährt wird, die den Bezug der empfangenen Leistung ausschließt [ ...]. Eine diesen Anwendungsfällen vergleichbare Fallgestaltung liegt jedoch hier nicht vor. § 48 SGB X lässt die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Leistungen, die auf einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung beruht, nicht uneingeschränkt, sondern im Interesse des Schutzes der Leistungsberechtigten nur in den in Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 4 geregelten Fällen zu. Daraus folgt zwar kein generelles Analogieverbot, allerdings verbietet sich eine entsprechende Anwendung der Vorschrift, die sich von den einzelnen Grundtatbeständen und Tatbestandsmerkmalen gänzlich löst, um eine vermeintliche Gesetzeslücke zu füllen, die in der als unbefriedigend angesehenen fehlenden Möglichkeit der rückwirkenden Aufhebung bestehen soll. Die Analogie ist vorliegend ausgeschlossen, weil hier weder die Erzielung von Einkommen oder Vermögen noch die Zahlung einer anderen Sozialleistung zum Wegfall oder zur Minderung der Beitragszuschüsse führt."

c) Da sowohl ein Widerruf als auch eine Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 23. Oktober 2013 nicht in Betracht kommen, kann die Beklagte die für diesen Zeitraum gezahlten Leistungen nicht gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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