L 12 AL 610/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AL 2641/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 610/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.02.2016 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtlichen Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Meldeaufforderung.

Der 1979 geborene Kläger meldete sich am 10.06.2015 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Mit Bescheid vom 31.07.2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 10.06.2015 Alg in Höhe von kalendertäglich 7,04 EUR für die Dauer von 360 Kalendertagen.

Nachdem der Kläger bereits zuvor gegen zwei Einladungen der Beklagten (Meldeaufforderungen vom 17.09.2015 und vom 24.09.2015; Meldetermine am 24.09.2015 bzw. am 05.10.2015) Widerspruch erhoben hatte, lud die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 05.10.2015 erneut zu einem Termin zur Besprechung der aktuellen beruflichen Situation am 09.10.2015 um 09:00 Uhr in die Agentur für Arbeit T. ein. Dem Schreiben war u. a. eine Rechtsfolgenbelehrung und eine Rechtsbehelfsbelehrung über die Möglichkeit, gegen die Meldeaufforderung Widerspruch zu erheben, beigefügt. Das Schreiben war nicht unterschrieben und am Ende der ersten Seite mit folgendem Hinweis versehen: "Dieses Schreiben wurde mit Hilfe einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage gefertigt und ist deshalb nicht unterschrieben. Für seine Rechtswirksamkeit ist die Unterschrift nicht erforderlich." Darüber hinaus enthielt das Schreiben den handschriftlichen Hinweis, dass Taxikosten nicht übernommen würden und der Kläger öffentliche Verkehrsmittel benutzen solle. Am 06.10.2015 legte der Kläger (auch) gegen die Meldeaufforderung vom 05.10.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er – ebenso wie zur Begründung der vorausgegangenen Widersprüche – vor, das Einladungsschreiben der Beklagten sei entgegen den gesetzlichen Vorgaben weder unterschrieben noch mit einem Siegel versehen; die Meldeaufforderung sei deshalb nicht rechtswirksam. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Einladung sei mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt worden und deshalb gemäß § 33 Abs. 3 und 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ohne Unterschrift wirksam.

Der Kläger hat am 19.10.2015 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, allein die Verwendung einer Datenverarbeitungsanlage lasse das Unterschriftserfordernis seines Erachtens auch nach § 33 Abs. 5 SGB X nicht entfallen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. In der Meldeaufforderung werde die versendende Behörde benannt und die Rufnummer sowie die E-Mail-Adresse der zuständigen Dienststelle angegeben. Darüber hinaus sei auch der Name der für den Kläger zuständigen Vermittlungsfachkraft ersichtlich. Die automatisiert erstellte und in einem Drucksammler zentral ausgedruckte Einladung entspreche somit den Anforderungen des § 33 Abs. 5 SGB X. Mit Gerichtsbescheid vom 08.02.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat die Kammer ausgeführt, die Meldeaufforderung vom 05.10.2015 sei auch ohne Unterschrift wirksam. Die Einladung lasse die ausstellende Sachbearbeiterin zweifelsfrei erkennen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage erweise sich deshalb als unbegründet.

Gegen diesen ihm gemäß Postzustellungsurkunde am 10.02.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen am 17.02.2016 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist nicht unterschrieben und enthält folgenden Hinweis: "Dieses Schreiben wurde mit einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage erstellt und ist auch ohne Unterschrift gültig. Gemäß Entscheidung des Sozialgerichts Reutlingen (vom 08.02.2016, Az. S 10 AL 2641/15) reicht die Namenswiedergabe aus, weshalb ich bis zur Aufhebung dieser absurden Entscheidung nun ebenfalls auf eine Unterschrift verzichten werde. Ich verweise an dieser Stelle auf das Grundgesetz, wonach alle vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind."

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.02.2016 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 05.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.10.2015 rechtswidrig gewesen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen;

hilfsweise,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Berufung entspreche nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form und sei deshalb als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen sei die Berufung unbegründet. Die angegriffene Meldeaufforderung entspreche den Formerfordernissen des § 33 Abs. 3 und 5 SGB X.

Der Kläger hat sich mit Wirkung zum 31.05.2016 wegen Arbeitsaufnahme aus dem Leistungsbezug abgemeldet.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Akten des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung gegen Gerichtsbescheid des SG vom 08.02.2016 ist nicht statthaft. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor.

Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG) ist die Meldeaufforderung vom 05.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.10.2015. Die mit Rechtsfolgen- und Rechtsbehelfsbelehrung versehene Meldeaufforderung ist als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X zu werten. Gemäß § 39 Nr. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird, keine aufschiebende Wirkung. Eine derartige Regelung setzt voraus, dass die Meldeaufforderung als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 19.12.2011 – B 14 AS 146/11 B –, juris). Dieser hat sich hier infolge Zeitablaufs erledigt.

Die Meldeaufforderung ist als auf eine Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt zu qualifizieren. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 29.01.2015 (L 7 AS 1306/14, juris m.w.N.) hierzu Folgendes ausgeführt:

"Der Wortlaut der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG enthält zwei Alternativen. Die Vorschrift betrifft einerseits Klagen, die unmittelbar eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung betreffen (z.B. die Anfechtung von Ablehnungsbescheiden über Ansprüche auf Arbeitslosengeld II oder Klagen auf höhere Leistungen) und andererseits Klagen, die einen auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung gerichteten Verwaltungsakt betreffen. Mit der zweiten Alternative sind Bescheide gemeint, deren Regelungswirkung die Geld-, Sach- oder Dienstleistung nicht unmittelbar betrifft, sondern die eine Vorfrage regeln, die ausschließlich für die Bewilligung einer Geld-, Sach- oder Dienstleistung relevant ist (für die Untätigkeitsklage BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 9 SB 45/11 B; für die Feststellung der Notwendigkeit einer Hinzuziehung eines Bevollmächtigten gemäß § 63 Abs. 2 SGB X LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.10.2013 - L 19 AS 1101/13 NZB). Diese sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegung wird vom Sinn und Zweck der durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.11.1993 (BGBl. I, 50) eingeführten Regelung gestützt. Danach sollen die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem wirtschaftlichem Wert entlastet werden (BT-Drucks. 12/1217 S. 52, 715; BT-Drucks. 16/7716, S. 21). Die gewählte Klageart ist mithin für die Anwendung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedeutungslos. Entscheidend ist, dass die Berufung einen Rechtsstreit von geringem wirtschaftlichem Wert betrifft (BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 9 SB 45 11 B). Dies ist vorliegend der Fall. Der Verwaltungsakt vom ... ist auf eine Geldleistung gerichtet, weil die einzige Rechtsfolge bei Nichtbefolgung der Aufforderung eine Sanktion sein kann. Eine weitergehende Regelung, d.h. eine nicht nur auf eine Geldleistung gerichtete Rechtsfolge, enthält der angefochtene bzw. mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffene Bescheid nicht. Insbesondere wird durch den Bescheid keine selbständige, von der Geldleistung unabhängige Erscheinenspflicht begründet. Denn bei dem vom Kläger verlangten Erscheinen handelt es sich nicht um eine Rechtspflicht, sondern lediglich um eine (Mitwir-kungs-) Obliegenheit. Zwar spricht der Wortlaut des § 309 SGB III von einer Pflicht zur Meldung. Die Verletzung dieser Pflicht zieht jedoch für sich genommen keine unmittelbaren Sanktionen nach sich. Eine Durchsetzung der Pflicht mit Zwangsmitteln ist nicht möglich. Eine Verletzung der Meldepflicht führt lediglich unter den Voraussetzungen des § 32 SGB II zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes II oder Sozialgeldes. Anders als bei Rechtspflichten besteht kein unmittelbarer, primärer Erfüllungszwang und die Verletzung der Obliegenheit zieht auch keine sekundäre Schadensersatzpflicht nach sich. Es treten vielmehr nur Rechtsnachteile für den Leistungsberechtigten ein, wenn er die Obliegenheit verletzt ...

Allein diese Auslegung führt im Übrigen zu dem stimmigen Ergebnis, den Rechtsschutz gegen eine Meldeaufforderung nicht intensiver auszugestalten, als den Rechtsschutz gegen eine Sanktion bei Verletzung der Meldeaufforderung. Hätte der Kläger den Termin nicht wahrgenommen und der Beklagte eine Sanktion festgestellt, hätte eine Klage gegen den Sanktionsbescheid als Klage, die eine Geldleistung i.S. der ersten Alternative des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG betrifft, unzweifelhaft der Berufungsbeschränkung unterlegen."

Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat aufgrund eigener Überzeugungsbildung an. Für den zu entscheidenden Fall, der lediglich insoweit abweicht, als der Verstoß gegen die Meldeaufforderung hier mit der Verhängung einer Sperrzeit sanktioniert werden könnte, gilt nichts Anderes. Einzige Rechtsfolge bei Nichtbefolgung der Meldeaufforderung vom 05.10.2015 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.10.2015) kann somit das mit der Verhängung einer Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III verbundene Ruhen des Anspruchs auf Alg für die Dauer einer Woche (vgl. § 159 Abs. 6 SGB III) sein. Für den Kläger entspricht dies angesichts des Leistungssatzes in Höhe von kalendertäglich 7,04 EUR einem wirtschaftlichen Wert von insgesamt 49,28 EUR. Aus dem klageabweisenden Gerichtsbescheid vom 08.02.2016 ergibt sich für den Kläger damit nur eine Beschwer in dieser Höhe; ein Wert des Beschwerdegegenstands von über 750,00 EUR wird nicht erreicht. Da das SG die Berufung nicht zugelassen hat, wäre die Berufung nur nach deren Zulassung durch Beschluss des LSG statthaft (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Eine hierauf gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde ist vom Kläger nicht erhoben worden.

Die Berufung ist darüber hinaus nicht formwirksam erhoben wurden und deshalb auch aus diesem Grund nicht zulässig. Nach § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Im Gegensatz zur Klageerhebung, bei der die Schriftform ein Unterschriftserfordernis nicht zwingend vorsieht (§ 92 Abs. 1 S. 3 SGG), wird bei der Berufung dem Erfordernis schriftlicher Form in der Regel typischerweise durch die eigenhändige Unterschrift Rechnung getragen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 151 Rn. 3a). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs "schriftlich" in § 151 SGG ist, dass mit dem Schriftformerfordernis gewährleistet werden soll, dass die abzugebende Erklärung dem Schriftstück hinreichend zuverlässig entnommen und außerdem festgestellt werden kann, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass das Schriftstück mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Daher kann das Schriftformerfordernis in vielen Fällen auch dann erfüllt sein, wenn es an einer Unterschrift fehlt, wenn sich jedoch aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, ergibt (LSG Saarland, Urteil vom 25.03.2015 – L 2 U 30/14 –, juris m.w.N.).

Der Berufungsschriftsatz des Klägers vom 12.02.2016 ist – ebenso wie alle nachfolgenden Schriftsätze – nicht mit einer Unterschrift versehen; hierauf hat der Kläger ausdrücklich hingewiesen. Eine Vorabeinlegung per Fax, bei der die Faxnummer des Klägers als Absendestelle zu erkennen gewesen und er damit als Absender zu identifizieren gewesen wäre, hat nicht stattgefunden. § 65a SGG ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, denn einerseits wurde die Berufungsschrift dem Gericht nicht elektronisch übermittelt, sondern in Papierform, zum anderen ist eine Zulassung im Sinne des § 65a Abs. 1 SGG für Baden-Württemberg nicht erteilt worden. Allerdings ist in der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 15.10.1996 – 14 BEg 9/96 –, juris) anerkannt, dass auch eine von einem Computer ausgesandte Berufungsschrift dem Schriftformerfordernis genügen kann, wenn es den Urheber und dessen Willen, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, klar erkennen lässt. Die früher häufig genutzten technischen Möglichkeiten mit Telegramm und Fernschreiben (Telex) enthielten keine Unterschriften, waren aber dennoch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für Rechtsmitteleinlegungen zugelassen (BSG a.a.O. m.w.N.). Wesentlich ist, ob sich die Ernsthaftigkeit der Berufungseinlegung aus dem betreffenden Schriftsatz alleine oder in Verbindung mit den begleitenden Umständen hinreichend sicher ergibt, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste (LSG Saarland a.a.O. m.w.N.).

Solche hinreichend sicheren Umstände liegen hier nicht vor. Der Kläger hat mit dem Zusatz, er werde bis zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung des SG auf eine Unterschrift verzichten, zwar seine Beweggründe klarzumachen versucht; diese sind jedoch für den Senat weder nachvollziehbar, noch bieten sie eine Gewähr dafür; dass Fertigung und Absendung der Berufungsschrift mit Wissen und Wollen des im Schriftstück angegebenen Absenders erfolgt sind. Eine solche Gewähr zu bieten, ist gerade die Funktion der vom Kläger grundsätzlich verweigerten Unterschrift. Es fehlt somit an einem ausreichend eindeutigen Hinweis darauf, dass der Berufungsschriftsatz bewusst und gewollt in den Rechtsverkehr gelangt ist. Die Berufung ist daher nicht formgerecht eingelegt worden.

Letztlich fehlt es auch am Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses als allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist zu verneinen, wenn jemand die Gerichte zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen will (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, Vor § 51, Rn. 16). Eine Ausprägung des für jeden Rechtsbehelf vor den Gerichten notwendigen Rechtsschutzbedürfnisses stellt es dar, dass der Rechtsschutzsuchende das Gericht nicht für unnütze oder unlautere Zwecke in Anspruch nehmen kann. Insbesondere muss der Rechtsschutzsuchende ernsthaft und nach freiem Entschluss ein Urteil wollen. Andernfalls liegt ein Missbrauch des Prozessrechts zu verfahrensfremden Zwecken vor (BSG, Beschluss vom 12.02.2015 – B 10 ÜG 8/14 B –, juris ; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.07.2016 – L 3 AS 1456/16 –, juris m.w.N.). Zwar ist das Rechtschutzbedürfnis keine besondere Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, sondern ergibt sich im Allgemeinen ohne weiteres aus der formellen Beschwer des Rechtsmittelklägers, der mit seinem Begehren in der vorangegangen Instanz unterlegen ist (vgl. BSG, Urteil vom 12.07.2012 – B 12 AS 35/12 R –, juris). Mit dem Erfordernis der Beschwer ist in aller Regel gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht einlegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers hieran besteht. Ein derartiges Bedürfnis des Klägers liegt hier jedoch nicht (mehr) vor.

Der Kläger steht seit 31.05.2016, nachdem sein Leistungsanspruch bis auf wenige Tage erschöpft war, nicht mehr im Leistungsbezug bei der Beklagten. Die ohnehin infolge Zeitablaufs erledigte Meldeaufforderung vom 05.10.2015 kann somit keinerlei Rechtswirkungen mehr entfalten. Auch eine Wiederholungsgefahr kommt ersichtlich nicht mehr in Betracht. Eine Sperrzeit ist wegen des Meldeversäumnisses nicht verhängt worden und, worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, auch nicht beabsichtigt. Eine mit der rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung von Alg verbundene nachträgliche Feststellung einer Sperrzeit wäre zudem auch nicht mehr möglich, nachdem die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht mehr gewahrt werden kann. Das Prozessverhalten des Klägers legt zudem den Schluss nahe, dass es ihm im Kern nur darum geht, allgemein seinen Unmut über das Verhalten der Beklagten zum Ausdruck zu bringen. Ein derartiges Verhalten stellt jedoch einen Missbrauch des Prozessrechts dar, sodass ein Rechtsschutzbedürfnis und damit die Zulässigkeit der Berufung auch aus diesem Grund zu verneinen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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