Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 2244/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3619/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1958 in der T. geborene Kläger zog 1976 nach Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und war seit 1977 in Deutschland beschäftigt. Von August 1978 bis März 1979 war er als Tunnelbohrer für die D. B. tätig und seitdem als Arbeiter, zuletzt bis Juni 1998 in einer Holz- und Spanplattenfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist er arbeitslos. In der Zeit von 1. November 2002 bis 25. August 2003 und vom 18. Dezember 2003 bis Oktober 2007 sind im Versicherungsverlauf Pflichtbeitragszeiten enthalten (u.a. aufgrund Bezugs von Arbeitslosenhilfe).
Am 18. November 2005 beantragte der Kläger erstmals bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV BW) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab dabei an, er halte sich seit 1990 wegen Rückenbeschwerden und Hörproblemen für erwerbsgemindert.
Die DRV BW veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Chirurgen/Unfall- und Gefäßchirurgen Dr. R ... Dieser untersuchte den Kläger am 20. Dezember 2005 und nannte in seinem Gutachten vom 22. Dezember 2005 folgende Diagnosen: LWS-Syndrom bei Nervenwurzelreizung, reaktive Depression auf Verlust des Arbeitsplatzes und anhaltende Arbeitslosigkeit, Zervicocephalgie und Zervikobrachialgie nach HWS-Distorsion, Arthrose beider Kniegelenke und Plattfüße bds. Für die letzte berufliche Tätigkeit als Maschinenführer/Arbeiter bestehe ein unter dreistündiges Leistungsvermögen, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien sechs Stunden und mehr täglich unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen möglich. Dr. R. war der Auffassung, dass zugunsten des Klägers Leistungen zur medizinischen Rehabilitation indiziert seien.
Aus einer von der DRV BW eingeholten Arbeitgeberauskunft vom 14. Dezember 2005 ergibt sich, dass der Kläger bei seinem letzten Arbeitgeber, der Firma P. H. G. GmbH, als Maschinenführer in der Beschichtungsanlage für Spanplatten mit einer Anlernzeit von sechs Monaten angestellt war.
Mit Schreiben vom 04. Januar 2006 bot die DRV BW dem Kläger die Durchführung einer dreiwöchigen stationären Rehabilitationsmaßnahme in der F.-Klinik B. B. an. Dort befand er sich vom 20. Februar 2006 bis 13. März 2006. In dem Entlassbericht vom 13. März 2006 wurden folgende Diagnosen gestellt: Cervicocranial-brachialsyndrom links bei Bandscheibenprotrusion C5/6 und C6/7, Lumbalsyndrom bei Bandscheibenprotrusion L4/5 und L5/S1, Zustand nach Nasenseptum-OP, Uvulo-Palato-Pharyngo-Plastik und Tonsillektomie, Hyperlipidämie sowie Gonalgien beidseits. Der Kläger wurde hinsichtlich der bisherigen Tätigkeit mit einer Leistungsfähigkeit von drei bis unter sechs Stunden und hinsichtlich leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten, überwiegend im Stehen, überwiegend im Gehen und zeitweise im Sitzen mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr entlassen.
Mit Bescheid vom 27. April 2006 lehnte die DRV BW den Rentenantrag bestandskräftig ab.
Vom 16. Oktober 2007 bis 13. November 2007 nahm der Kläger an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der M.-B.-Klinik in K. teil. Im Entlassbericht vom 30. November 2007 werden folgende Diagnosen genannt: mittelgradige depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende Zervikobrachialgie links und Arnold-Chiari-Syndrom, Z.n. Operation 08/2007. Der Kläger wurde arbeitsunfähig entlassen. Es wurde davon ausgegangen, dass der Kläger bei Umsetzung der medikamentösen Behandlung sowie einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung - in ca. drei Monaten - wieder in der Lage sein werde, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit über sechs Stunden auszuführen. Einschränkungen bestünden hinsichtlich Konzentrations- und Reaktionsvermögen, Umstellungs- und Anpassungsvermögen, Verantwortung für Personen und Maschinen sowie der Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge. Das Heben und Tragen von schweren Lasten sollte vermieden werden.
Am 19. Dezember 2007 beantragte der Kläger erneut bei der DRV BW die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab Januar 2008. Diese leitete den Antrag zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter, welche eine weitere sozialmedizinische Begutachtung durch Dr. R. in die Wege leitete. Dieser untersuchte den Kläger am 10. April 2008 und teilte in seinem Gutachten vom 17. April 2008 folgende Diagnosen mit: Cervicocephalgie und Cervikobrachialgie nach HWS-Distorsion und Z.n. Operation eines Arnold-Chiari-Syndroms, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, mittelgradige depressive Episode, Lebervergrößerung bei Z.n. Virus-Hepatitis B-Infektion, Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen im Bereich der LWS, erhebliche Schlafstörungen mit Unruhezuständen und Gereiztheit, Arthrose beider Kniegelenke, Verdacht auf seronegative chronische Polyarthritis bei Schwellung beider Handgelenke und starker Schwellung der Sprunggelenke mit Schonhinken sowie Hörsturz rechts. Dr. R. hielt den Kläger entsprechend dem positiven und negativen Leistungsbild für in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführer/Arbeiter unter drei Stunden täglich und sonstige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag dennoch ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Auch bestehe kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheids vom 16. September 2008 zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 6. Oktober 2008 Klage beim Sozialgericht Ulm - SG - (S 11 R 3482/08). Das SG holte das nervenärztliche Gutachten des Dr. L. vom 24. August 2009 ein. Dieser nannte als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, derzeit (seit etwa November 2007) mittelgradige bis schwere depressive Episode, ausgeprägte somatoforme Schmerzstörung, Z.n. OP eines Arnold-Chiari-Syndroms, rezidivierende Schwindelanfälle mit Synkopen, Bandscheibenprotrusion C5/C6 und C6/C7 mit Cervikocephalgien und Cervikobrachialgien, keine messbare radikuläre Symptomatik und Lumbalsyndrom bei Bandscheibenprotrusion L4/L5 einschließlich Rezessusstenose, keine messbare radikuläre Symptomatik. Wegen der psychiatrischen Störung sei die Leistungsfähigkeit des Klägers massiv eingeschränkt. Die körperlichen Erkrankungen spielten eine untergeordnete Rolle. Auch hinsichtlich leichter Tätigkeiten bestehe ein unter dreistündiges Leistungsvermögen. Die Beklagte gab daraufhin ein Vergleichsangebot ab und erklärte sich bereit - ausgehend von einem Leistungsfall am 13. November 2007 - dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juni 2008 bis 30. November 2011 zu gewähren. Dieses Angebot wurde seitens des Klägers zur Erledigung des Rechtsstreits (S 11 R 3482/08) angenommen.
Am 1. Juli 2011 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch die Ärztin für Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie Dr. B ... Diese nannte in ihrem Gutachten vom 28. Oktober 2011 folgende Diagnosen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Dysthymie, Cervikocephalgien, Cervikobrachialgien ohne neurologisches Defizit und Lumbalsyndrom ohne neurologisches Defizit. Dr. B. empfahl eine stationäre medizinische Rehabilitation (psychosomatisch) und war der Ansicht, dass der Kläger unter Annahme eines positiven Rehabilitationsverlaufs eine leichte körperliche Tätigkeit ohne besondere Verantwortung, ohne Nachtschichten und ohne Zeitdruck sechs Stunden täglich durchaus verrichten könne. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführer in einer Holz- und Spanplattenfabrik sei nicht mehr leidensgerecht.
Dazu holte die Beklagte die Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes (Dr. B.) vom 8. November 2011 ein, welcher die Durchführung einer psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme befürwortete.
Mit Bescheid vom 28. November 2011 gewährte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter bis 29. Februar 2012 und bewilligte mit Bescheid vom 7. Dezember 2011 eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Mit Schreiben vom 09. Dezember 2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 28. November 2011. Er habe einen Anspruch auf Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente auf Dauer.
Vom 27. Dezember 2011 bis 23. Januar 2012 nahm der Kläger an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der R.-H.-Klinik B. D. teil.
Im Entlassungsbericht vom 6. März 2012 wurden folgende Diagnosen genannt: depressives Syndrom bei bekannter rezidivierender depressiver Störung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, chronisches HWS-Syndrom, chronisches LWS-Syndrom und Z.n. OP eines Arnold-Chiari-Syndroms. Der Kläger wurde arbeitsunfähig für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Holzarbeiter entlassen. Es bestehe ein positives Leistungsbild bei zumutbarer Willensanstrengung für leichte körperliche Arbeiten vollschichtig, zeitweise im Gehen und Stehen, überwiegend im Sitzen. Aufgrund der psychiatrischen Vorerkrankungen sollte auf Nachtschicht verzichtet werden, Aufgrund der neurologischen und orthopädischen Vorerkrankungen sollte auf das Heben und Tragen von schweren und mittelschweren Lasten, Rumpfzwangshaltungen, Überkopfarbeiten, kniende Arbeiten und Tätigkeiten, die eine einseitige Belastung der Wirbelsäule beinhalten, verzichtet werden. Hierzu holte die Beklagte die Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes (Dr. B., Arzt für Chirurgie und Dr. K., leitende Medizinaldirektorin) vom 11. April 2012 ein, welche auch die vom Kläger vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. S. vom 7. Februar 2012 und die ärztliche Bescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dr. T./Dr. H. B. vom 13. Februar 2012 berücksichtigte.
Nach Durchführung der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der R.-H.-Klinik brachte der Kläger Beschwerden gegen den stationären Aufenthalt vor und legte eine ärztliche Bescheinigung des ihn behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. S. vom 07. Februar 2012 sowie eine ärztliche Bescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dr. T./Dr. H.B. vom 13. Februar 2012 vor. Zu den Beschwerden bezüglich der Rehabilitationseinrichtung äußerte sich die Beklagte mit Schreiben vom 20. März 2012 und fügte eine Stellungahme der R.-H.-Klinik vom 7. März 2012 bei.
Mit Bescheid vom 27. April 2012 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente über den 29. Februar 2012 hinaus ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger könne vollschichtig Tätigkeiten als Vervielfältiger und Bürohilfskraft verrichten. Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 10. Mai 2012 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. November 2011 - gestützt auf den Reha-Entlassungsbericht der R.-H.-Klinik vom 7. März 2012 und die dazu ergangene sozialmedizinische Stellungnahme vom 11. April 2012 - zurück. Mit weiterem Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 27. Juni 2012 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 27. April 2012 zurück. Hierbei berücksichtigte die Beklagte das Facharztgutachten von Frau Dr. B. sowie den Reha-Entlassbericht der R.-H.-Klinik. Der Kläger könne noch vollschichtig leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben. Hinsichtlich seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit sei er zwar nicht mehr leistungsfähig; allerdings gehöre er der 2. Berufsgruppe an, so dass er auf die Tätigkeiten Vervielfältiger, Bürohilfskraft und ähnliche Tätigkeiten verwiesen werden könne. Folglich komme auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Betracht.
Gegen den Bescheid vom 28. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 hat der Kläger am 13. Juli 2012 Klage beim SG erhoben und seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Sein Gesundheitszustand habe sich nicht geändert, seitdem ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Juni 2008 bis 28. Februar 2012 bewilligt worden sei. Die Einschätzung im Entlassungsbericht der R.-H.-Klinik vom 7. März 2012, wonach ein positives Leistungsbild für leichte körperliche Tätigkeiten in vollschichtigem Umfang bestehe, sei vor dem Hintergrund seiner schweren Leiden nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat sich ausführlich und kritisch mit den Feststellungen des Reha-Entlassungsberichts auseinandergesetzt. Die Beklagte hat zunächst die Auffassung vertreten, dass sie über das klägerische Begehren, die Rente über den 29. Februar 2012 hinaus zu bewilligen, mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 entschieden habe. Der Klägervertreter hat daraufhin mitgeteilt, dass er einen Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012, der den Bescheid vom 27. April 2012 betreffe, nicht erhalten habe, und hat auch die Aufhebung des Bescheides vom 27. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 und die Gewährung von Erwerbsminderungsrente in vollem Umfang beantragt. Die Beklagte hat eingeräumt, dass nicht auszuschließen sei, dass der den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. April 2012 zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012 dem Klägervertreter nicht zugestellt worden sei.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers, den Allgemeinarzt Dr. T., den Neurologen und Psychiater Dr. S. und den Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie B. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Der Chirurg, Unfallchirurg B. hat als Diagnosen eine therapieresistente Zervikozephalgie und Zervikobrachialgie bei Z.n. operierter Chiari-Malformation im Jahre 2007, eine Lumboischialgie mit wechselnder Ausstrahlung in die linke wie rechte Extremität bei kernspintomographisch nachgewiesener Spondylarthrose im mittleren Bereich der Lendenwirbelsäule und im Segment L4/5 mit Bandscheibenprotrusion, ein depressives Syndrom bei bekannter rezidivierender depressiver Verstimmung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung angegeben. Die Beschwerdesymptomatik führe zu einer deutlichen Reduzierung des Patienten im täglichen Leben, insbesondere wegen der Extremitätenbeschwerden bestehe eine Reduzierung des Aktionsradius und vor allem auch der psychischen Belastung. Die therapeutischen Optionen seien über Jahre allesamt ausgeschöpft worden, aber auf Dauer ohne den gewünschten Erfolg geblieben. Die Situation des Klägers habe sich seit Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme nicht verändert. Der Schwerpunkt der Leiden liege auf nervenärztlichem und neurochirurgischem Fachgebiet.
Dr. S. hat mitgeteilt, auf neurologischem Fachgebiet liege eine Arnold-Chiari-Missbildung Grad I mit Operation 2007 vor. Entscheidender seien jedoch die Gesundheitsstörungen auf psychiatrisch/psychosomatischem Fachgebiet, nämlich eine ausgeprägte, chronische somatoforme Schmerzstörung sowie eine chronische therapieresistente Depression. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt drei Stunden oder mehr zu verrichten.
Dr. T. hat folgende Diagnosen mitgeteilt: Depression, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, rezidivierender Schwindel, Schlafstörungen, Unruhezustände, Konzentrationsstörungen, therapieresistente Cervicobrachialgie bei C8-Symptomatik, Arnold-Chiari-Malformation I. Grades (Operation 8/07), chronisch rezidivierendes therapieresistentes HWS-LWS-Syndrom, Spondylarthrose im mittleren Bereich der LWS sowie im Segment L4/L5 mit Bandscheibenprotrusionen, Diabetes mellitus Typ II und Retropatellararthrose beider Kniegelenke, Innenmeniskusdegeneration. Aufgrund der Beschwerdesymptomatik bestehe eine deutliche Reduzierung im beruflichen und auch im privaten Alltag.
Das SG hat ferner den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. mit der Erstellung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 18. Oktober 2013 beauftragt. Dieser hat als Diagnosen eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Arnold-Chiari-Missbildung und eine kombinierte Persönlichkeitsvariante mit vorwiegend emotional instabilen Zügen mitgeteilt. Gravierende organische neurologische Untersuchungsbefunde hat Dr. K. nicht objektivieren können. Die Kopfbeweglichkeit sei während der Exploration unauffällig und frei in allen Ebenen gewesen. Auch Ankleiden und Bücken seien normal ausgeführt worden. Psychisch auffällig sei vor allem eine misstrauisch-reizbare Art bei lediglich leicht- bis mittelgradiger depressiver Gestimmtheit gewesen. Dabei hätten aber Antriebslage und affektive Schwingungsfähigkeit ausreichend erhalten gewirkt. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Arbeiten in Zwangshaltungen seien mindestens sechs Stunden täglich zumutbar, insbesondere das Bedienen einfacher Maschinen, Sortierarbeiten oder Verpacken. Im Vergleich zum Gutachten des Dr. L. erschienen die organischen und psychischen Befunde eher gebessert, wobei dieses Gutachten sehr auf subjektiven Störungen der Befindlichkeit und Selbstbeurteilungsskalen basiere.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat ferner der Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. das psychiatrische Fachgutachten vom 21. Oktober 2014 erstellt. Dr. K. hat als Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet eine phasenhaft verlaufende Depression, aktuell schwere Episode, eine intermittierende Dysthymia, ein chronisches Schmerzsyndrom mit psychischen und somatischen Faktoren, eine andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom und eine somatoforme Störung genannt. Aufgrund seiner schweren Erkrankungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, seine bisherige Tätigkeit als Maschinenführer auszuüben. Auch die genannten Verweisungsberufe könnten unter Berücksichtigung der psychischen Erkrankung nicht ausgeübt werden. Der Kläger könne mit bestimmten - im Gutachten näher bezeichneten - qualitativen Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter drei Stunden täglich ausführen. Die Beklagte hat daraufhin eine Stellungnahme ihres zentralen Beratungsdienstes - Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie F. T. - vom 11. Mai 2015 vorgelegt.
Mit Urteil vom 10. Juli 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sich das SG im Wesentlichen auf die Feststellungen des Gutachtens des Dr. K. vom 18. Oktober 2013 gestützt und sich kritisch mit dem Gutachten des Dr. K. vom 21. Oktober 2014 auseinandergesetzt. Dr. K. habe im Rahmen der Untersuchung festgestellt, dass der Kläger mürrisch gereizt gewirkt habe und eine depressive Verlangsamung der Gedankengänge nicht zu beobachten gewesen sei. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei etwas herabgemindert gewesen, im Vordergrund hätten jedoch Gereiztheit und Kränkbarkeit gestanden. Dabei sei der Kläger dennoch in der Lage gewesen zu lächeln. Störungen von Auffassungsgabe und Konzentration seien nicht zu erkennen gewesen. Hingegen seien Beschwerdeverdeutlichungstendenzen nicht auszuschließen, während eine schmerzbedingte Verzerrung der Mimik nicht zu erkennen gewesen sei. Der von Dr. K. mitgeteilte organische Befund sei weitgehend unauffällig gewesen. Es liege daher noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen vor. Dies ergebe sich auch aus dem seitens des Klägers gegenüber Dr. K. gescheiterten Tagesablauf und dessen Freizeitverhalten (fester Bekanntenkreis in der Nachbarschaft, positive Kontakte zu Mitbürgern, die ihn auch zum Freitagsgebet in die Moschee abholen würden, weitgehend intakte Familienverhältnisse, eigenständiges Aufsuchen von Ärzten mit dem Bus). Der Kläger reise auch wieder - entgegen seinen Angaben bei Dr. L. - jeden Sommer in die T ... Hingegen überzeuge das Gutachten des Dr. K. nicht. Das von diesem beschriebene klägerische Verhalten (einmalig aggressiver verbaler Ausbruch, extreme Angespanntheit und Gereiztheit) passten nicht zu der diagnostizierten schweren depressiven Episoden. Auch gegenüber Dr. K. habe der Kläger regelmäßige Spaziergänge gescH.rt, die bei der gestellten Diagnose erklärungsbedürftig seien. Dr. K. habe ausgeführt, dass das klägerische Denken inhaltlich völlig auf die vermeintlich somatische Schmerzsymptomatik eingeengt sei. Er mache aber keine Angaben dazu, ob die geklagten Schmerzen aus seiner Sicht auch objektiv bestünden und falls ja, in welcher Stärke. Die schlagwortartige Aneinanderreihung von Befunden ohne weitere Begründung sei wenig überzeugend. Dies gelte umso mehr, als sich ein Teil dieser "Befunde" nicht in den Diagnosen oder an anderer Stelle des Gutachtens wiederfinde. Es stelle sich die Frage, ob hier ein allgemeiner Baustein des Gutachters nicht vollständig auf den vorliegenden Fall individualisiert worden sei. Insgesamt sei das Gutachten des Dr. K. nicht nachvollziehbar.
Gegen das ihm am 30. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. August 2015 eingelegte Berufung des Klägers. Er hat seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. Juli 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2011 in der Fassung des Bescheids vom 27. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen über den 29. Februar 2012 hinaus auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf die Vorbringen in erster Instanz und auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten vom 11. Februar 2016 als Diagnosen eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, ein Zervikalsyndrom und Zervikobrachialgie mit Sensibilitätsstörungen bei Bandscheibenschäden, eine Lumboischialgie bds. mit Sensibilitätsstörungen durch Bandscheibenschäden, rezidivierenden unsystematischen Schwindel bei Arnold-Chiari-Malformation und eine Dysthymie mitgeteilt. Während der Untersuchung seien unter Berücksichtigung der objektivierbaren Parameter keine Gründe erkennbar gewesen, warum der Kläger nicht in der Lage sein sollte, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die die genannten Leistungseinschränkungen berücksichtigen, noch sechs Stunden und mehr werktäglich zu verrichten. Aufgrund der Schmerzsymptomatik seien dem Kläger gerade auch im Hinblick auf die objektivierbaren, in der Kernspintomographie erkennbaren Veränderungen dauerhaft mittelschwere und schwere Tätigkeiten nicht zumutbar. Vermieden werden sollten Tätigkeiten in dauerhaft einseitiger, vor allem gebückter Haltung, zu achten sei auf einen regelmäßigen Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, zu vermeiden seien außerdem Tätigkeiten in Kälte, Nässe und Zugluft. Im Hinblick auf die geklagte Schwindelproblematik sollten zudem Tätigkeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten vermieden werden. In psychischer Hinsicht sei die Belastbarkeit des Klägers eingeschränkt, so dass zumindest Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck wie Akkord- oder Fließbandarbeiten sowie Tätigkeiten im Nachtschichtbetrieb vermieden werden sollten, Tätigkeiten mit vermehrtem Publikumsverkehr seien allein schon aufgrund der sprachlichen Schwierigkeiten problematisch.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat in seinem Urteil vom 10. Juli 2015 zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 29. Februar 2012 hinaus. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der eine bis zum 29.02.2012 befristete Erwerbsminderungsrente gewährende Bescheid vom 28. November 2011 in der Fassung des Ablehnungsbescheides vom 27. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012.
Der Bescheid vom 27. April 2012 ist gem. § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Mit Bescheid vom 28. November 2011 wurde dem Kläger nicht nur ausdrücklich eine Erwerbsminderungsrente bis zum 29. Februar 2012 weitergewährt. Gleichzeitig wird in diesem Bescheid auch - zumindest konkludent - verfügt, dass eine Rente über diesen Zeitpunkt hinaus nicht gezahlt wird. Im Bescheid vom 27. April 2012 wird eine Weitergewährung der Rente für die Zeit ab 1. März 2012 ausdrücklich abgelehnt. Insofern ersetzt der Bescheid vom 27. April 2012 die bereits in dem Bescheid vom 28. November 2011 konkludent getroffene Verfügung und ist somit Gegenstand des hinsichtlich des Bescheides vom 28. November 2011 geführten Widerspruchsverfahrens geworden. Folglich ist es unerheblich, ob und wann der Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012, der den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. April 2012 zurückweist, dem Klägervertreter bekannt gegeben wurde oder nicht.
Gem. § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach Maßgabe dieser Vorschriften ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Das SG hat – im Wesentlichen gestützt auf die Feststellungen des Gutachtens des Dr. K. vom 18. Oktober 2013 und unter ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Dr. K. vom 21. Oktober 2014 - zutreffend dargelegt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI hat, weil er in der Lage ist, ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Auch aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren und insbesondere dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. W. vom 11. Februar 2016 ergibt sich nichts anderes. Dr. W. hat sich ausführlich mit den aktenkundigen Vorbefunden und den vom Kläger angegebenen Beschwerden beschäftigt und umfangreiche Untersuchungsbefunde erhoben. Er hat außerdem die Angaben des Klägers zu seinem Tagesablauf in die Beurteilung mit einbezogen. Im psychischen Befund hat Dr. W. angegeben, der Kläger sei im Kontakt freundlich zugewandt gewesen und habe mit erkennbaren Verdeutlichungstendenzen über seine Beschwerden berichtet. Der formale Gedankengang sei ungestört, nicht verlangsamt, nicht beschleunigt, nicht umständlich oder weitschweifig, die Auffassungsgabe sei regelrecht, Aufmerksamkeit und Konzentration seien unauffällig. Die Stimmungslage hat Dr. W. im Gespräch als eher dysthym-moros, nicht im engeren Sinne depressiv herabgesetzt beschrieben, die affektive Schwingungsfähigkeit als leichtgradig eingeschränkt. Der Kläger sei aber durchaus in der Lage gewesen, bei harmlosen Themen und witzigen Bemerkungen des Untersuchers zu lächeln bzw. zu lachen. Antrieb und Psychomotorik hat Dr. W. im Gespräch als ungestört, Mimik und Gestik als normal moduliert bezeichnet. Dr. W. hat keine Vitalstörungen, keine tageszeitlichen Schwankungen festgestellt und angegeben, der Kläger habe über gelegentliche Lebensüberdrussgedanken, aber keine Suizidalität berichtet. Es liege kein Nachweis produktiv-psychotischer Erlebnisweisen vor. Die primären intellektuellen Funktionen lägen im Durchschnittsbereich. Primärpersönliche Auffälligkeiten ließen sich nicht eruieren. Der Befund des Elektroencephalogramms hat einen Normalbefund ergeben, ebenso ergaben sich unauffällige somatosensibel evozierte Potentiale des Nervus tibialis; auch die motorische Neurographie ergab einen Normalbefund. Im Rahmen der Angaben zu seinem Tagesablauf hat der Kläger angegeben, er stehe um ca. 5 Uhr bis 6 Uhr auf und liege dann wach bzw. bewege sich im Schlafraum. Zwischen 9 Uhr und 10 Uhr nehme er die Medikamente ein und frühstücke. Im Haushalt mache er nichts. Es tue ihm gut, wenn er Besuch bekomme von Freunden und Nachbarn. Nachmittags mache er Spaziergänge, habe wöchentlich einen Hausarztbesuch und gehe alle zwei Wochen zum Psychiater. Zwischen 17 Uhr und 18 Uhr esse er zu Abend, ab 21 Uhr versuche er zu schlafen. Insgesamt ergeben sich – wie Dr. W. überzeugend dargelegt hat - weder aus dem psychiatrischen Befund noch aus dem Tagesablauf des Klägers Anhaltspunkte für eine tiefergreifende depressive Verstimmung mit so schwerwiegender Ausprägung der Beschwerden, dass daraus eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens - über den 29. Februar 2012 hinaus - auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt resultiert. Hinzu kommt, dass Dr. W. beim Kläger erhebliche Verdeutlichungstendenzen festgestellt hat. Diese werden durch das von Dr. W. festgestellte normale Muskelrelief, das nicht zu der vom Kläger vorgetragenen nahezu durchgehenden Tatenlosigkeit passt, und seiner Fähigkeit, ohne erkennbare Beschwerden zwei schwere Tüten mit Aktenordnern und Röntgentüten zum Gutachter mitzubringen und sich auch mit diesen zu drehen und zur Seite zu neigen, untermauert.
Der Senat kommt damit zu der Einschätzung, dass der Kläger aufgrund der bei ihm vorliegenden objektivierbaren körperlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage ist, mittelschwere und schwere Tätigkeiten in dauerhaft einseitiger, vor allem gebückter Haltung sowie in Kälte, Nässe und Zugluft auszuüben. Ihm ist jedoch noch zumutbar arbeitstäglich sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten im regelmäßigen Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen auszuüben. Die bestehenden psychischen Einschränkungen führen zu einer qualitativen Leistungseinschränkung dahingehend, dass der Kläger keinen Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck wie Akkord- oder Fließbandarbeiten mehr nachgehen kann.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit kommt es nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema darauf an, welchen qualitativen Wert der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beruf des Klägers hat. Das BSG hat die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt, die ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet wurden. Diese Gruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (BSGE 59, 201). Dabei wird die Gruppe der angelernten Arbeiter nochmals in die Untergruppen der "oberen Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten) und "unteren Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von mindestens 3 bis zu 12 Monaten) unterteilt. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Des Weiteren ist erforderlich, dass der Versicherte die für die Verweisungstätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erwerben kann (BSG U. v. 22. September 1977, 5 RJ 96/76, juris Rn 15; BSG U. v. 9. September 1986, 5b RJ 50/84, juris Rn 11).
Der Kläger ist ausweislich der Auskunft seines letzten Arbeitgebers - der Firma P. H. - vom 14. Dezember 2005, in die Gruppe der angelernten Arbeiter des unteren Bereichs und somit der 2. Gruppe einzustufen. Er kann folglich auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen. Die konkrete Benennung einer zumutbaren Tätigkeit ist grundsätzlich nicht erforderlich. Auch dies war vom SG korrekt ausgeführt worden.
Da das SG demnach die Klage zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1958 in der T. geborene Kläger zog 1976 nach Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und war seit 1977 in Deutschland beschäftigt. Von August 1978 bis März 1979 war er als Tunnelbohrer für die D. B. tätig und seitdem als Arbeiter, zuletzt bis Juni 1998 in einer Holz- und Spanplattenfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist er arbeitslos. In der Zeit von 1. November 2002 bis 25. August 2003 und vom 18. Dezember 2003 bis Oktober 2007 sind im Versicherungsverlauf Pflichtbeitragszeiten enthalten (u.a. aufgrund Bezugs von Arbeitslosenhilfe).
Am 18. November 2005 beantragte der Kläger erstmals bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV BW) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab dabei an, er halte sich seit 1990 wegen Rückenbeschwerden und Hörproblemen für erwerbsgemindert.
Die DRV BW veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Chirurgen/Unfall- und Gefäßchirurgen Dr. R ... Dieser untersuchte den Kläger am 20. Dezember 2005 und nannte in seinem Gutachten vom 22. Dezember 2005 folgende Diagnosen: LWS-Syndrom bei Nervenwurzelreizung, reaktive Depression auf Verlust des Arbeitsplatzes und anhaltende Arbeitslosigkeit, Zervicocephalgie und Zervikobrachialgie nach HWS-Distorsion, Arthrose beider Kniegelenke und Plattfüße bds. Für die letzte berufliche Tätigkeit als Maschinenführer/Arbeiter bestehe ein unter dreistündiges Leistungsvermögen, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien sechs Stunden und mehr täglich unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen möglich. Dr. R. war der Auffassung, dass zugunsten des Klägers Leistungen zur medizinischen Rehabilitation indiziert seien.
Aus einer von der DRV BW eingeholten Arbeitgeberauskunft vom 14. Dezember 2005 ergibt sich, dass der Kläger bei seinem letzten Arbeitgeber, der Firma P. H. G. GmbH, als Maschinenführer in der Beschichtungsanlage für Spanplatten mit einer Anlernzeit von sechs Monaten angestellt war.
Mit Schreiben vom 04. Januar 2006 bot die DRV BW dem Kläger die Durchführung einer dreiwöchigen stationären Rehabilitationsmaßnahme in der F.-Klinik B. B. an. Dort befand er sich vom 20. Februar 2006 bis 13. März 2006. In dem Entlassbericht vom 13. März 2006 wurden folgende Diagnosen gestellt: Cervicocranial-brachialsyndrom links bei Bandscheibenprotrusion C5/6 und C6/7, Lumbalsyndrom bei Bandscheibenprotrusion L4/5 und L5/S1, Zustand nach Nasenseptum-OP, Uvulo-Palato-Pharyngo-Plastik und Tonsillektomie, Hyperlipidämie sowie Gonalgien beidseits. Der Kläger wurde hinsichtlich der bisherigen Tätigkeit mit einer Leistungsfähigkeit von drei bis unter sechs Stunden und hinsichtlich leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten, überwiegend im Stehen, überwiegend im Gehen und zeitweise im Sitzen mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr entlassen.
Mit Bescheid vom 27. April 2006 lehnte die DRV BW den Rentenantrag bestandskräftig ab.
Vom 16. Oktober 2007 bis 13. November 2007 nahm der Kläger an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der M.-B.-Klinik in K. teil. Im Entlassbericht vom 30. November 2007 werden folgende Diagnosen genannt: mittelgradige depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende Zervikobrachialgie links und Arnold-Chiari-Syndrom, Z.n. Operation 08/2007. Der Kläger wurde arbeitsunfähig entlassen. Es wurde davon ausgegangen, dass der Kläger bei Umsetzung der medikamentösen Behandlung sowie einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung - in ca. drei Monaten - wieder in der Lage sein werde, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit über sechs Stunden auszuführen. Einschränkungen bestünden hinsichtlich Konzentrations- und Reaktionsvermögen, Umstellungs- und Anpassungsvermögen, Verantwortung für Personen und Maschinen sowie der Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge. Das Heben und Tragen von schweren Lasten sollte vermieden werden.
Am 19. Dezember 2007 beantragte der Kläger erneut bei der DRV BW die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab Januar 2008. Diese leitete den Antrag zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter, welche eine weitere sozialmedizinische Begutachtung durch Dr. R. in die Wege leitete. Dieser untersuchte den Kläger am 10. April 2008 und teilte in seinem Gutachten vom 17. April 2008 folgende Diagnosen mit: Cervicocephalgie und Cervikobrachialgie nach HWS-Distorsion und Z.n. Operation eines Arnold-Chiari-Syndroms, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, mittelgradige depressive Episode, Lebervergrößerung bei Z.n. Virus-Hepatitis B-Infektion, Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen im Bereich der LWS, erhebliche Schlafstörungen mit Unruhezuständen und Gereiztheit, Arthrose beider Kniegelenke, Verdacht auf seronegative chronische Polyarthritis bei Schwellung beider Handgelenke und starker Schwellung der Sprunggelenke mit Schonhinken sowie Hörsturz rechts. Dr. R. hielt den Kläger entsprechend dem positiven und negativen Leistungsbild für in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführer/Arbeiter unter drei Stunden täglich und sonstige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag dennoch ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Auch bestehe kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheids vom 16. September 2008 zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 6. Oktober 2008 Klage beim Sozialgericht Ulm - SG - (S 11 R 3482/08). Das SG holte das nervenärztliche Gutachten des Dr. L. vom 24. August 2009 ein. Dieser nannte als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, derzeit (seit etwa November 2007) mittelgradige bis schwere depressive Episode, ausgeprägte somatoforme Schmerzstörung, Z.n. OP eines Arnold-Chiari-Syndroms, rezidivierende Schwindelanfälle mit Synkopen, Bandscheibenprotrusion C5/C6 und C6/C7 mit Cervikocephalgien und Cervikobrachialgien, keine messbare radikuläre Symptomatik und Lumbalsyndrom bei Bandscheibenprotrusion L4/L5 einschließlich Rezessusstenose, keine messbare radikuläre Symptomatik. Wegen der psychiatrischen Störung sei die Leistungsfähigkeit des Klägers massiv eingeschränkt. Die körperlichen Erkrankungen spielten eine untergeordnete Rolle. Auch hinsichtlich leichter Tätigkeiten bestehe ein unter dreistündiges Leistungsvermögen. Die Beklagte gab daraufhin ein Vergleichsangebot ab und erklärte sich bereit - ausgehend von einem Leistungsfall am 13. November 2007 - dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juni 2008 bis 30. November 2011 zu gewähren. Dieses Angebot wurde seitens des Klägers zur Erledigung des Rechtsstreits (S 11 R 3482/08) angenommen.
Am 1. Juli 2011 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch die Ärztin für Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie Dr. B ... Diese nannte in ihrem Gutachten vom 28. Oktober 2011 folgende Diagnosen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Dysthymie, Cervikocephalgien, Cervikobrachialgien ohne neurologisches Defizit und Lumbalsyndrom ohne neurologisches Defizit. Dr. B. empfahl eine stationäre medizinische Rehabilitation (psychosomatisch) und war der Ansicht, dass der Kläger unter Annahme eines positiven Rehabilitationsverlaufs eine leichte körperliche Tätigkeit ohne besondere Verantwortung, ohne Nachtschichten und ohne Zeitdruck sechs Stunden täglich durchaus verrichten könne. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführer in einer Holz- und Spanplattenfabrik sei nicht mehr leidensgerecht.
Dazu holte die Beklagte die Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes (Dr. B.) vom 8. November 2011 ein, welcher die Durchführung einer psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme befürwortete.
Mit Bescheid vom 28. November 2011 gewährte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter bis 29. Februar 2012 und bewilligte mit Bescheid vom 7. Dezember 2011 eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Mit Schreiben vom 09. Dezember 2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 28. November 2011. Er habe einen Anspruch auf Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente auf Dauer.
Vom 27. Dezember 2011 bis 23. Januar 2012 nahm der Kläger an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der R.-H.-Klinik B. D. teil.
Im Entlassungsbericht vom 6. März 2012 wurden folgende Diagnosen genannt: depressives Syndrom bei bekannter rezidivierender depressiver Störung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, chronisches HWS-Syndrom, chronisches LWS-Syndrom und Z.n. OP eines Arnold-Chiari-Syndroms. Der Kläger wurde arbeitsunfähig für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Holzarbeiter entlassen. Es bestehe ein positives Leistungsbild bei zumutbarer Willensanstrengung für leichte körperliche Arbeiten vollschichtig, zeitweise im Gehen und Stehen, überwiegend im Sitzen. Aufgrund der psychiatrischen Vorerkrankungen sollte auf Nachtschicht verzichtet werden, Aufgrund der neurologischen und orthopädischen Vorerkrankungen sollte auf das Heben und Tragen von schweren und mittelschweren Lasten, Rumpfzwangshaltungen, Überkopfarbeiten, kniende Arbeiten und Tätigkeiten, die eine einseitige Belastung der Wirbelsäule beinhalten, verzichtet werden. Hierzu holte die Beklagte die Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes (Dr. B., Arzt für Chirurgie und Dr. K., leitende Medizinaldirektorin) vom 11. April 2012 ein, welche auch die vom Kläger vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. S. vom 7. Februar 2012 und die ärztliche Bescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dr. T./Dr. H. B. vom 13. Februar 2012 berücksichtigte.
Nach Durchführung der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der R.-H.-Klinik brachte der Kläger Beschwerden gegen den stationären Aufenthalt vor und legte eine ärztliche Bescheinigung des ihn behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. S. vom 07. Februar 2012 sowie eine ärztliche Bescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dr. T./Dr. H.B. vom 13. Februar 2012 vor. Zu den Beschwerden bezüglich der Rehabilitationseinrichtung äußerte sich die Beklagte mit Schreiben vom 20. März 2012 und fügte eine Stellungahme der R.-H.-Klinik vom 7. März 2012 bei.
Mit Bescheid vom 27. April 2012 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente über den 29. Februar 2012 hinaus ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger könne vollschichtig Tätigkeiten als Vervielfältiger und Bürohilfskraft verrichten. Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 10. Mai 2012 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. November 2011 - gestützt auf den Reha-Entlassungsbericht der R.-H.-Klinik vom 7. März 2012 und die dazu ergangene sozialmedizinische Stellungnahme vom 11. April 2012 - zurück. Mit weiterem Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 27. Juni 2012 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 27. April 2012 zurück. Hierbei berücksichtigte die Beklagte das Facharztgutachten von Frau Dr. B. sowie den Reha-Entlassbericht der R.-H.-Klinik. Der Kläger könne noch vollschichtig leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben. Hinsichtlich seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit sei er zwar nicht mehr leistungsfähig; allerdings gehöre er der 2. Berufsgruppe an, so dass er auf die Tätigkeiten Vervielfältiger, Bürohilfskraft und ähnliche Tätigkeiten verwiesen werden könne. Folglich komme auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Betracht.
Gegen den Bescheid vom 28. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 hat der Kläger am 13. Juli 2012 Klage beim SG erhoben und seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Sein Gesundheitszustand habe sich nicht geändert, seitdem ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Juni 2008 bis 28. Februar 2012 bewilligt worden sei. Die Einschätzung im Entlassungsbericht der R.-H.-Klinik vom 7. März 2012, wonach ein positives Leistungsbild für leichte körperliche Tätigkeiten in vollschichtigem Umfang bestehe, sei vor dem Hintergrund seiner schweren Leiden nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat sich ausführlich und kritisch mit den Feststellungen des Reha-Entlassungsberichts auseinandergesetzt. Die Beklagte hat zunächst die Auffassung vertreten, dass sie über das klägerische Begehren, die Rente über den 29. Februar 2012 hinaus zu bewilligen, mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 entschieden habe. Der Klägervertreter hat daraufhin mitgeteilt, dass er einen Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012, der den Bescheid vom 27. April 2012 betreffe, nicht erhalten habe, und hat auch die Aufhebung des Bescheides vom 27. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 und die Gewährung von Erwerbsminderungsrente in vollem Umfang beantragt. Die Beklagte hat eingeräumt, dass nicht auszuschließen sei, dass der den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. April 2012 zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012 dem Klägervertreter nicht zugestellt worden sei.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers, den Allgemeinarzt Dr. T., den Neurologen und Psychiater Dr. S. und den Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie B. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Der Chirurg, Unfallchirurg B. hat als Diagnosen eine therapieresistente Zervikozephalgie und Zervikobrachialgie bei Z.n. operierter Chiari-Malformation im Jahre 2007, eine Lumboischialgie mit wechselnder Ausstrahlung in die linke wie rechte Extremität bei kernspintomographisch nachgewiesener Spondylarthrose im mittleren Bereich der Lendenwirbelsäule und im Segment L4/5 mit Bandscheibenprotrusion, ein depressives Syndrom bei bekannter rezidivierender depressiver Verstimmung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung angegeben. Die Beschwerdesymptomatik führe zu einer deutlichen Reduzierung des Patienten im täglichen Leben, insbesondere wegen der Extremitätenbeschwerden bestehe eine Reduzierung des Aktionsradius und vor allem auch der psychischen Belastung. Die therapeutischen Optionen seien über Jahre allesamt ausgeschöpft worden, aber auf Dauer ohne den gewünschten Erfolg geblieben. Die Situation des Klägers habe sich seit Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme nicht verändert. Der Schwerpunkt der Leiden liege auf nervenärztlichem und neurochirurgischem Fachgebiet.
Dr. S. hat mitgeteilt, auf neurologischem Fachgebiet liege eine Arnold-Chiari-Missbildung Grad I mit Operation 2007 vor. Entscheidender seien jedoch die Gesundheitsstörungen auf psychiatrisch/psychosomatischem Fachgebiet, nämlich eine ausgeprägte, chronische somatoforme Schmerzstörung sowie eine chronische therapieresistente Depression. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt drei Stunden oder mehr zu verrichten.
Dr. T. hat folgende Diagnosen mitgeteilt: Depression, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, rezidivierender Schwindel, Schlafstörungen, Unruhezustände, Konzentrationsstörungen, therapieresistente Cervicobrachialgie bei C8-Symptomatik, Arnold-Chiari-Malformation I. Grades (Operation 8/07), chronisch rezidivierendes therapieresistentes HWS-LWS-Syndrom, Spondylarthrose im mittleren Bereich der LWS sowie im Segment L4/L5 mit Bandscheibenprotrusionen, Diabetes mellitus Typ II und Retropatellararthrose beider Kniegelenke, Innenmeniskusdegeneration. Aufgrund der Beschwerdesymptomatik bestehe eine deutliche Reduzierung im beruflichen und auch im privaten Alltag.
Das SG hat ferner den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. mit der Erstellung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 18. Oktober 2013 beauftragt. Dieser hat als Diagnosen eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Arnold-Chiari-Missbildung und eine kombinierte Persönlichkeitsvariante mit vorwiegend emotional instabilen Zügen mitgeteilt. Gravierende organische neurologische Untersuchungsbefunde hat Dr. K. nicht objektivieren können. Die Kopfbeweglichkeit sei während der Exploration unauffällig und frei in allen Ebenen gewesen. Auch Ankleiden und Bücken seien normal ausgeführt worden. Psychisch auffällig sei vor allem eine misstrauisch-reizbare Art bei lediglich leicht- bis mittelgradiger depressiver Gestimmtheit gewesen. Dabei hätten aber Antriebslage und affektive Schwingungsfähigkeit ausreichend erhalten gewirkt. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Arbeiten in Zwangshaltungen seien mindestens sechs Stunden täglich zumutbar, insbesondere das Bedienen einfacher Maschinen, Sortierarbeiten oder Verpacken. Im Vergleich zum Gutachten des Dr. L. erschienen die organischen und psychischen Befunde eher gebessert, wobei dieses Gutachten sehr auf subjektiven Störungen der Befindlichkeit und Selbstbeurteilungsskalen basiere.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat ferner der Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. das psychiatrische Fachgutachten vom 21. Oktober 2014 erstellt. Dr. K. hat als Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet eine phasenhaft verlaufende Depression, aktuell schwere Episode, eine intermittierende Dysthymia, ein chronisches Schmerzsyndrom mit psychischen und somatischen Faktoren, eine andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom und eine somatoforme Störung genannt. Aufgrund seiner schweren Erkrankungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, seine bisherige Tätigkeit als Maschinenführer auszuüben. Auch die genannten Verweisungsberufe könnten unter Berücksichtigung der psychischen Erkrankung nicht ausgeübt werden. Der Kläger könne mit bestimmten - im Gutachten näher bezeichneten - qualitativen Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter drei Stunden täglich ausführen. Die Beklagte hat daraufhin eine Stellungnahme ihres zentralen Beratungsdienstes - Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie F. T. - vom 11. Mai 2015 vorgelegt.
Mit Urteil vom 10. Juli 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sich das SG im Wesentlichen auf die Feststellungen des Gutachtens des Dr. K. vom 18. Oktober 2013 gestützt und sich kritisch mit dem Gutachten des Dr. K. vom 21. Oktober 2014 auseinandergesetzt. Dr. K. habe im Rahmen der Untersuchung festgestellt, dass der Kläger mürrisch gereizt gewirkt habe und eine depressive Verlangsamung der Gedankengänge nicht zu beobachten gewesen sei. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei etwas herabgemindert gewesen, im Vordergrund hätten jedoch Gereiztheit und Kränkbarkeit gestanden. Dabei sei der Kläger dennoch in der Lage gewesen zu lächeln. Störungen von Auffassungsgabe und Konzentration seien nicht zu erkennen gewesen. Hingegen seien Beschwerdeverdeutlichungstendenzen nicht auszuschließen, während eine schmerzbedingte Verzerrung der Mimik nicht zu erkennen gewesen sei. Der von Dr. K. mitgeteilte organische Befund sei weitgehend unauffällig gewesen. Es liege daher noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen vor. Dies ergebe sich auch aus dem seitens des Klägers gegenüber Dr. K. gescheiterten Tagesablauf und dessen Freizeitverhalten (fester Bekanntenkreis in der Nachbarschaft, positive Kontakte zu Mitbürgern, die ihn auch zum Freitagsgebet in die Moschee abholen würden, weitgehend intakte Familienverhältnisse, eigenständiges Aufsuchen von Ärzten mit dem Bus). Der Kläger reise auch wieder - entgegen seinen Angaben bei Dr. L. - jeden Sommer in die T ... Hingegen überzeuge das Gutachten des Dr. K. nicht. Das von diesem beschriebene klägerische Verhalten (einmalig aggressiver verbaler Ausbruch, extreme Angespanntheit und Gereiztheit) passten nicht zu der diagnostizierten schweren depressiven Episoden. Auch gegenüber Dr. K. habe der Kläger regelmäßige Spaziergänge gescH.rt, die bei der gestellten Diagnose erklärungsbedürftig seien. Dr. K. habe ausgeführt, dass das klägerische Denken inhaltlich völlig auf die vermeintlich somatische Schmerzsymptomatik eingeengt sei. Er mache aber keine Angaben dazu, ob die geklagten Schmerzen aus seiner Sicht auch objektiv bestünden und falls ja, in welcher Stärke. Die schlagwortartige Aneinanderreihung von Befunden ohne weitere Begründung sei wenig überzeugend. Dies gelte umso mehr, als sich ein Teil dieser "Befunde" nicht in den Diagnosen oder an anderer Stelle des Gutachtens wiederfinde. Es stelle sich die Frage, ob hier ein allgemeiner Baustein des Gutachters nicht vollständig auf den vorliegenden Fall individualisiert worden sei. Insgesamt sei das Gutachten des Dr. K. nicht nachvollziehbar.
Gegen das ihm am 30. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. August 2015 eingelegte Berufung des Klägers. Er hat seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. Juli 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2011 in der Fassung des Bescheids vom 27. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen über den 29. Februar 2012 hinaus auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf die Vorbringen in erster Instanz und auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten vom 11. Februar 2016 als Diagnosen eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, ein Zervikalsyndrom und Zervikobrachialgie mit Sensibilitätsstörungen bei Bandscheibenschäden, eine Lumboischialgie bds. mit Sensibilitätsstörungen durch Bandscheibenschäden, rezidivierenden unsystematischen Schwindel bei Arnold-Chiari-Malformation und eine Dysthymie mitgeteilt. Während der Untersuchung seien unter Berücksichtigung der objektivierbaren Parameter keine Gründe erkennbar gewesen, warum der Kläger nicht in der Lage sein sollte, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die die genannten Leistungseinschränkungen berücksichtigen, noch sechs Stunden und mehr werktäglich zu verrichten. Aufgrund der Schmerzsymptomatik seien dem Kläger gerade auch im Hinblick auf die objektivierbaren, in der Kernspintomographie erkennbaren Veränderungen dauerhaft mittelschwere und schwere Tätigkeiten nicht zumutbar. Vermieden werden sollten Tätigkeiten in dauerhaft einseitiger, vor allem gebückter Haltung, zu achten sei auf einen regelmäßigen Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, zu vermeiden seien außerdem Tätigkeiten in Kälte, Nässe und Zugluft. Im Hinblick auf die geklagte Schwindelproblematik sollten zudem Tätigkeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten vermieden werden. In psychischer Hinsicht sei die Belastbarkeit des Klägers eingeschränkt, so dass zumindest Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck wie Akkord- oder Fließbandarbeiten sowie Tätigkeiten im Nachtschichtbetrieb vermieden werden sollten, Tätigkeiten mit vermehrtem Publikumsverkehr seien allein schon aufgrund der sprachlichen Schwierigkeiten problematisch.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat in seinem Urteil vom 10. Juli 2015 zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 29. Februar 2012 hinaus. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der eine bis zum 29.02.2012 befristete Erwerbsminderungsrente gewährende Bescheid vom 28. November 2011 in der Fassung des Ablehnungsbescheides vom 27. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012.
Der Bescheid vom 27. April 2012 ist gem. § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Mit Bescheid vom 28. November 2011 wurde dem Kläger nicht nur ausdrücklich eine Erwerbsminderungsrente bis zum 29. Februar 2012 weitergewährt. Gleichzeitig wird in diesem Bescheid auch - zumindest konkludent - verfügt, dass eine Rente über diesen Zeitpunkt hinaus nicht gezahlt wird. Im Bescheid vom 27. April 2012 wird eine Weitergewährung der Rente für die Zeit ab 1. März 2012 ausdrücklich abgelehnt. Insofern ersetzt der Bescheid vom 27. April 2012 die bereits in dem Bescheid vom 28. November 2011 konkludent getroffene Verfügung und ist somit Gegenstand des hinsichtlich des Bescheides vom 28. November 2011 geführten Widerspruchsverfahrens geworden. Folglich ist es unerheblich, ob und wann der Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012, der den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. April 2012 zurückweist, dem Klägervertreter bekannt gegeben wurde oder nicht.
Gem. § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach Maßgabe dieser Vorschriften ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Das SG hat – im Wesentlichen gestützt auf die Feststellungen des Gutachtens des Dr. K. vom 18. Oktober 2013 und unter ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Dr. K. vom 21. Oktober 2014 - zutreffend dargelegt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI hat, weil er in der Lage ist, ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Auch aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren und insbesondere dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. W. vom 11. Februar 2016 ergibt sich nichts anderes. Dr. W. hat sich ausführlich mit den aktenkundigen Vorbefunden und den vom Kläger angegebenen Beschwerden beschäftigt und umfangreiche Untersuchungsbefunde erhoben. Er hat außerdem die Angaben des Klägers zu seinem Tagesablauf in die Beurteilung mit einbezogen. Im psychischen Befund hat Dr. W. angegeben, der Kläger sei im Kontakt freundlich zugewandt gewesen und habe mit erkennbaren Verdeutlichungstendenzen über seine Beschwerden berichtet. Der formale Gedankengang sei ungestört, nicht verlangsamt, nicht beschleunigt, nicht umständlich oder weitschweifig, die Auffassungsgabe sei regelrecht, Aufmerksamkeit und Konzentration seien unauffällig. Die Stimmungslage hat Dr. W. im Gespräch als eher dysthym-moros, nicht im engeren Sinne depressiv herabgesetzt beschrieben, die affektive Schwingungsfähigkeit als leichtgradig eingeschränkt. Der Kläger sei aber durchaus in der Lage gewesen, bei harmlosen Themen und witzigen Bemerkungen des Untersuchers zu lächeln bzw. zu lachen. Antrieb und Psychomotorik hat Dr. W. im Gespräch als ungestört, Mimik und Gestik als normal moduliert bezeichnet. Dr. W. hat keine Vitalstörungen, keine tageszeitlichen Schwankungen festgestellt und angegeben, der Kläger habe über gelegentliche Lebensüberdrussgedanken, aber keine Suizidalität berichtet. Es liege kein Nachweis produktiv-psychotischer Erlebnisweisen vor. Die primären intellektuellen Funktionen lägen im Durchschnittsbereich. Primärpersönliche Auffälligkeiten ließen sich nicht eruieren. Der Befund des Elektroencephalogramms hat einen Normalbefund ergeben, ebenso ergaben sich unauffällige somatosensibel evozierte Potentiale des Nervus tibialis; auch die motorische Neurographie ergab einen Normalbefund. Im Rahmen der Angaben zu seinem Tagesablauf hat der Kläger angegeben, er stehe um ca. 5 Uhr bis 6 Uhr auf und liege dann wach bzw. bewege sich im Schlafraum. Zwischen 9 Uhr und 10 Uhr nehme er die Medikamente ein und frühstücke. Im Haushalt mache er nichts. Es tue ihm gut, wenn er Besuch bekomme von Freunden und Nachbarn. Nachmittags mache er Spaziergänge, habe wöchentlich einen Hausarztbesuch und gehe alle zwei Wochen zum Psychiater. Zwischen 17 Uhr und 18 Uhr esse er zu Abend, ab 21 Uhr versuche er zu schlafen. Insgesamt ergeben sich – wie Dr. W. überzeugend dargelegt hat - weder aus dem psychiatrischen Befund noch aus dem Tagesablauf des Klägers Anhaltspunkte für eine tiefergreifende depressive Verstimmung mit so schwerwiegender Ausprägung der Beschwerden, dass daraus eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens - über den 29. Februar 2012 hinaus - auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt resultiert. Hinzu kommt, dass Dr. W. beim Kläger erhebliche Verdeutlichungstendenzen festgestellt hat. Diese werden durch das von Dr. W. festgestellte normale Muskelrelief, das nicht zu der vom Kläger vorgetragenen nahezu durchgehenden Tatenlosigkeit passt, und seiner Fähigkeit, ohne erkennbare Beschwerden zwei schwere Tüten mit Aktenordnern und Röntgentüten zum Gutachter mitzubringen und sich auch mit diesen zu drehen und zur Seite zu neigen, untermauert.
Der Senat kommt damit zu der Einschätzung, dass der Kläger aufgrund der bei ihm vorliegenden objektivierbaren körperlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage ist, mittelschwere und schwere Tätigkeiten in dauerhaft einseitiger, vor allem gebückter Haltung sowie in Kälte, Nässe und Zugluft auszuüben. Ihm ist jedoch noch zumutbar arbeitstäglich sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten im regelmäßigen Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen auszuüben. Die bestehenden psychischen Einschränkungen führen zu einer qualitativen Leistungseinschränkung dahingehend, dass der Kläger keinen Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck wie Akkord- oder Fließbandarbeiten mehr nachgehen kann.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit kommt es nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema darauf an, welchen qualitativen Wert der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beruf des Klägers hat. Das BSG hat die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt, die ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet wurden. Diese Gruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (BSGE 59, 201). Dabei wird die Gruppe der angelernten Arbeiter nochmals in die Untergruppen der "oberen Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten) und "unteren Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von mindestens 3 bis zu 12 Monaten) unterteilt. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Des Weiteren ist erforderlich, dass der Versicherte die für die Verweisungstätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erwerben kann (BSG U. v. 22. September 1977, 5 RJ 96/76, juris Rn 15; BSG U. v. 9. September 1986, 5b RJ 50/84, juris Rn 11).
Der Kläger ist ausweislich der Auskunft seines letzten Arbeitgebers - der Firma P. H. - vom 14. Dezember 2005, in die Gruppe der angelernten Arbeiter des unteren Bereichs und somit der 2. Gruppe einzustufen. Er kann folglich auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen. Die konkrete Benennung einer zumutbaren Tätigkeit ist grundsätzlich nicht erforderlich. Auch dies war vom SG korrekt ausgeführt worden.
Da das SG demnach die Klage zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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