L 11 R 1963/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 3710/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1963/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.04.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ab 01.09.2010.

Die Beigeladene zu 1) wurde in der Rechtsform der GmbH 2006 gegründet mit dem Unternehmenszweck Herstellung und Vertrieb von Maschinen aller Art, insbesondere von Sondermaschinen und Montageautomaten. Geschäftsführer war der Sohn des Klägers J. M., Prokurist ab 2009 der Sohn S. M. Alleinige Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1) war die M. M. Automation und Consulting GmbH (im Folgenden M. GmbH), deren Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin zunächst die Ehefrau des Klägers, H. M., war. Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge wurden im Dezember 2013 jeweils 30% der Anteile an der M. GmbH auf die Söhne des Klägers J., S. und Ma. M. übertragen. 2014 erfolgte die Verschmelzung der M. GmbH mit der C. GmbH; als einzelvertretungsbefugte Geschäftsführer sind seit 07.04.2014 im Handelsregister des Amtsgerichts (AG) Stuttgart (HRB 2 ...) eingetragen J., S. und Ma. M ... Die Gesellschaftsanteile liegen weiter zu jeweils 30% bei den Söhnen und 10% bei der Ehefrau des Klägers.

Nach dem vorgelegten Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu 1) (Blatt 21 ff Verwaltungsakte) werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst (Ziff 6.9); einer Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen bedürfen die unter Ziff 6.9.1. im einzelnen genannten Beschlüsse (Blatt 26 Verwaltungsakte). Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten (Ziff 5.2. Gesellschaftsvertrag). Nach Ziff 5.3. ist – unbeschadet der im Außenverhältnis unbeschränkten Vertretungsbefugnis - vor Durchführung näher genannter Rechtsgeschäfte und Maßnahmen die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen, ua bei Veräußerung des Unternehmens im Ganzen oder von wesentlichen Teilen, Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen, Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, Übernahme von Bürgschaften etc.

Der Kläger wurde ab 01.09.2010 zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellt, ohne dass eine Eintragung im Handelsregister erfolgte. Dies ergibt sich aus dem mit Verschmelzung geschlossenen Registerblatt AG Stuttgart HRB 7 ... für die Beigeladene zu 1). Der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossene "Anstellungsvertrag für GmbH-Fremd-Geschäftsführer" lautete auszugsweise wie folgt: § 1 Geschäftsführung und Vertretung (1) Herr M. wird mit Wirkung vom 01.09.2010 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. (2) Der Geschäftsführer ist berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrags und einer etwaigen Geschäftsführungsordnung allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft allein zu führen. Weisungen der Gesellschafterversammlung sind zu befolgen, soweit Vereinbarungen in diesem Vertrag nicht entgegenstehen. (3) Er hat die ihm obliegenden Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns unter Wahrung der Interessen der Gesellschaft zu erfüllen. § 2 Pflichten und Verantwortlichkeit (1) Der Geschäftsführer stellt seine ganze Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung. Ihm obliegen Leitung und Überwachung des Gesamtunternehmens, unbeschadet gleicher Rechte und Pflichten etwaiger anderer Geschäftsführer. (2) Der Geschäftsführer nimmt die Rechten und Pflichten des Arbeitgebers im Sinn der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften wahr. § 3 Zustimmungsbedürftige Geschäfte Zur Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, bedarf der Geschäftsführer der ausdrücklichen Einwilligung der Gesellschafterversammlung. Hierzu zählen insbesondere: a) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleicher Rechte; b) die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen, die Errichtung, Veräußerung und Aufgabe von Betrieben und Betriebsteilen; c) Abschluss von Verträgen und Geschäften jeder Art, die im Einzelfall Verpflichtungen von mehr als EUR 1.000.000,- für die Gesellschaft mit sich bringen oder welche die Gesellschaft ohne Rücksicht auf den Wert länger als ein Jahr verpflichten. § 4 Wettbewerbsverbot § 5 Bezüge des Geschäftsführers (1) der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein festes Monatsgehalt von EUR 15.000,- brutto, das jeweils am Monatsletzten zu zahlen ist. (2) Durch die Vergütung nach Abs 1 und 2 sind sämtliche Ansprüche auf Vergütung von Überstunden, Sonntags-, Feiertags- oder sonstiger Mehrarbeit abgegolten. (3) Darüber hinaus erhält der Geschäftsführer eine Tantieme in Höhe von 50% des Jahresgewinns der Gesellschaft, welche in einer Summe einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung zur Zahlung fällig wird. (6) Im Fall unverschuldeter, die Erbringung seiner Geschäftsführerdienste ausschließenden Krankheit oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung an der Erbringung seiner Dienstleistung bleibt der Gehaltsanspruch für die Dauer von 6 Monaten bestehen. Dauert die Verhinderung länger als ununterbrochen 6 Monate an, wird der Tantiemeanspruch entsprechend der 6 Monate überschreitenden Zeit zeitanteilig gekürzt und der Gehaltsanspruch im Übrigen ruht. § 6 Sonstige Leistungen, Spesen, Aufwendungsersatz (1) Trägt der Geschäftsführer im Rahmen seiner ordnungsgemäßen Geschäftsführertätigkeit Kosten und Aufwendungen, so werden ihm diese von der Gesellschaft erstattet. (4) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf die Gestellung eines Pkw der gehobenen Mittelklasse (Anschaffungskosten Netto 80 TEUR). Er darf den Pkw auch privat nutzen. § 7 Jahresurlaub (1) der Geschäftsführer hat Anspruch auf 30 Arbeitstage (Samstag ist kein Arbeitstag) bezahlten Urlaub im Geschäftsjahr. Der Geschäftsführer hat den Urlaub so einzurichten, dass den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung getragen wird.

Am 06.10.2010 beantragte der Kläger die Statusfeststellung für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer. Nach Anhörung mit Schreiben vom 15.02.2011 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21.03.2011 fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) seit 01.09.2010 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Der Kläger sei am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) nicht beteiligt. Bei Fremdgeschäftsführern liege nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätzlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Nach dem gesonderten Arbeitsvertrag werde eine regelmäßige Vergütung iHv 15.000 EUR pro Monat gezahlt. Mangels Anteilen am Stammkapital könne der Geschäftsführer keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben. Sonderrechte bzw Sperrminoritäten seien nicht eingeräumt. Es bestehe grundsätzlich Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschafterversammlung. Die Arbeitsleistung bleibe trotz weitgehender Gestaltungsfreiheit fremdbestimmt, da sie sich in eine von der Gesellschafterversammlung vorgegebenen Ordnung des Betriebes eingliedere.

Mit seinem Widerspruch vom 06.04.2011 verwies der Kläger darauf, dass er über der Grenze der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung liege. Darüber hinaus habe er eine Bürgschaft gegeben. Hierzu verwies er auf eine vorgelegte selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft seiner Ehefrau über 100.000 EUR für die Beigeladene zu 1) gegenüber der C.bank mit Datum 03.02.2011. Ohne seine Befähigungen wäre die Beigeladene zu 1) ohne Aufträge.

Mit Bescheid vom 19.04.2011 nahm die Beklagte den Bescheid vom 21.03.2011 hinsichtlich der festgestellten Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung zurück und stellte fest, dass keine Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung bestehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die für eine Familien-GmbH geltenden Regelungen (ua Einflussnahme auf Gesellschaftsbeschlüsse über die familienrechtliche Stellung) seien vorliegend nicht anwendbar, da die Mehrheit der Gesellschaftsanteile nicht von Mitgliedern der Familie, sondern von einer juristischen Person (M. GmbH) gehalten würden. Es sei unbeachtlich, dass die Ehefrau alleinige Gesellschafterin dieser Firma sei. Familienhafte Bindungen und Rücksichtnahmen könnten nicht zu einer juristischen Person bestehen. Die von der Ehefrau übernommene Bürgschaft könne nicht in die Beurteilung einfließen.

Hiergegen hat der Kläger am 28.11.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben (S 21 R 6659/11). Nachdem auf mehrfache Aufforderung eine Klagebegründung nicht vorgelegt worden ist, hat das SG zunächst mitgeteilt, die Klage gelte nach § 102 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als zurückgenommen. Nach Vorlage einer Klagebegründung hat das SG mitgeteilt, dass es an der Klagerücknahmefiktion nicht festhalte und das Verfahren unter dem Az S 21 R 3710/12 fortgeführt.

Zur Begründung der Klage hat der Kläger ausgeführt, als einzelvertretungsberechtigter und von den Einschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiter Geschäftsführer entfalle jegliche Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Art und Zeit der Erbringung der Arbeitsleistung. Aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung sei er sowohl in technischer wie vertrieblicher Hinsicht den sonstigen Mitarbeitern und Organen überlegen gewesen. Das Unternehmen sei nur bei Erfolg seiner Tätigkeit ertrags- und überlebensfähig gewesen. Damit komme seiner Tätigkeit mindestens das gleiche Gewicht zu wie einer Kapitalbeteiligung. Die familiäre Bindung führe dazu, dass der Kläger maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben könne, er sei wegen seiner fachlichen Kompetenz Kopf und Seele der Gesellschaft. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) in den Räumlichkeiten der M. Immobilien GmbH durchgeführt werde, welche Leasingnehmerin der betrieblich genutzten Immobilie sei. An dieser Gesellschaft sei der Kläger zu 20% beteiligt. Die M. Immobilien GmbH sei nur dann in der Lage, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, wenn sie über die Mietzahlungen der Beigeladenen zu 1) verfügen könne, die von den Aufträgen abhängig sei, die der Kläger ihr vermittele. Könnte die M. Immobilien GmbH ihren Zahlungsverpflichtungen wegen ausbleibender Mietzahlungen nicht mehr nachkommen, würde der Kläger persönlich in Anspruch genommen. Damit sei er auch am Unternehmensrisiko der Beigeladenen zu 1) beteiligt. Nur aus Haftungs- und steuerrechtlichen Erwägungen sei das Betriebsvermögen in der Familie gestreut worden, um die drei Söhne des Klägers bereits frühzeitig an das Unternehmern heranzuführen.

In der mündlichen Verhandlung am 24.10.2014 hat der Kläger mitgeteilt, dass der Geschäftsführervertrag vor zwei oder drei Jahren geändert worden sei. Sein monatliches Gehalt von 15.000 EUR habe er brutto ausbezahlt bekommen. Das Finanzamt habe dies beanstandet, weshalb ihm nun zwei bis drei Mal jährlich Provisionszahlungen ausbezahlt würden, welche deutlich höher seien als die monatlichen 15.000 EUR. Die Ehefrau des Klägers hat als Zeugin ausgesagt, sie kümmere sich vor allem um die Finanzen. Sie schreibe eventuell auch mal ein Angebot, dies gehe aber nach den Weisungen ihres Ehemannes.

Am 08.12.2014 ist beim SG sodann der auf den 03.11.2011 datierte Geschäftsführer-Dienstvertrag vorgelegt worden, der hinsichtlich der Vergütung folgende Regelung enthält: § 2 Vergütung (1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit eine Vergütung, die erfolgsabhängig ausgestaltet ist. Der Geschäftsführer erhält insoweit eine Provision für alle Geschäfte, die während der Vertragsdauer des Geschäftsführers abgeschlossen und von der Gesellschaft ausgeführt wurden. (2) Die Provision beträgt 5% der den Käufern berechneten Nettopreise. In Abzug zu bringen sind hier von den jeweiligen Rechnungsbeträgen sämtliche Nachlässe und Skonti.

Ergänzend hat der Kläger ausgeführt, dass er seit 01.09.2015 nicht mehr Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) sei. Er übe seine Tätigkeit nun für die P. GmbH aus, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er sei. Im Rahmen dieser Konstellation sei er auch weiterhin für die Beigeladene zu 1) tätig.

Mit Urteil vom 20.04.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Versicherungspflicht eines GmbH-Geschäftsführers, der zugleich Gesellschafter sei, hänge davon ab, ob trotz seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliege. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt während seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) eine Kapitalbeteiligung innegehabt. Auch unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten ergebe sich keine Vergleichbarkeit mit einem beherrschenden Gesellschafter. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Bürgschaft über 100.000 EUR eine solche Einflussnahme ermöglicht habe. Zudem liege nur eine Bürgschaftserklärung der Ehefrau vor, so dass offen sei, ob der Kläger überhaupt eine Bürgschaft abgegeben habe. Von der früheren Rechtsprechung zu "Kopf und Seele" eines Unternehmens habe sich der für das Beitragsrecht zuständige Senat des BSG abgegrenzt; eine Abhängigkeit der Statuszuordnung von rein faktischem, jederzeit änderbarem Verhalten der Beteiligten sei mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren (unter Hinweis auf BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R ua). Auch die Bezeichnung des (ersten) Geschäftsführervertrags als "Anstellungsvertrag für GmbH-Fremd-Geschäftsführer" habe für eine abhängige Beschäftigung gesprochen. Ein Unternehmerrisiko des Klägers habe nicht bestanden. Er habe zunächst Anspruch auf ein festes monatliches Gehalt von 15.000 EUR gehabt. Die zusätzliche Vergütung in Form einer Tantieme sei bei leitenden Angestellten nicht unüblich. Zwar habe dieses Festgehalt nach dem zweiten Geschäftsführervertrag vom 03.01.2011 nicht mehr zugestanden. Die sodann vereinbarte Vergütung nach Provisionen führe jedoch nicht zum Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Eigenes Kapital oder Betriebsmittel habe der Kläger nicht eingebracht, so dass kein Verlustrisiko bestanden habe. Allein der Einsatz der Arbeitskraft begründe kein Unternehmerrisiko; auch abhängig Beschäftigte könnten bei Anspruch auf Provisionen ihre Einkommen je nach Einsatz ihrer Arbeitskraft beeinflussen. Ein Unternehmerrisiko ergebe sich auch nicht aus der 20%igen Beteiligung des Klägers an der M. Immobilien GmbH. Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit der Beigeladenen zu 1) wäre es der M. Immobilien GmbH ohne weiteres möglich gewesen, den Mietvertrag zu kündigen und einen neuen (solventen) Mieter zu gewinnen. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1) die einzig mögliche Mieterin der Räumlichkeiten sei. Erhärtet werde das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses durch das in beiden Verträgen in § 4 vereinbarte Wettbewerbsverbot als arbeitnehmertypische Regelung. Auch der zunächst vereinbarte Urlaubsanspruch und Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall spreche für abhängige Beschäftigung. Diese Ansprüche seien durch Abschluss des neuen Geschäftsführer-Vertrags zwar entfallen, was jedoch am Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nichts ändere. Das Fehlen solcher Regelungen sei vielmehr als typisch anzusehen, wenn beide Beteiligten eine selbstständige Tätigkeit wollten. Eine Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) sei dadurch gegeben, dass der Kläger für bestimmte Geschäfte der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurfte (§ 3 des ersten Anstellungsvertrags, § 5.3. des Gesellschaftsvertrags). Des Weiteren sei von einer Eingliederung auszugehen, weil der Kläger Hand in Hand mit anderen Mitarbeitern/Gesellschaftern der Beigeladenen zu 1) zusammen gearbeitet habe. Er sei für den Vertriebsbereich, dh Projektierung, Angebotserstellung, Verkauf ua zuständig und habe die Jahresplanung erstellt. Weitere Unternehmensbereiche seien von den Söhnen betreut worden. Die Einräumung einer Einzelvertretungsbefugnis sei auch bei leitenden Angestellten nicht unüblich, gleiches gelte für die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. Insgesamt überwögen die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 26.04.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 27.06.2016 (Tag nach Fronleichnam) eingegangene Berufung des Klägers, die er nicht begründet hat.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.04.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 21.03.2011, abgeändert durch Bescheid vom 19.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2011 aufzuheben und festzustellen, dass für die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) ab 01.09.2010 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Mit Schreiben vom 18.10.2016 hat die Berichterstatterin die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter beabsichtigt ist.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat kann die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machen könnten, sind auch vom Kläger nicht vorgetragen worden.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21.03.2011, abgeändert durch Bescheid vom 19.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit als Fremdgeschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) im Zeitraum ab 01.09.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig, er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen.

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscH.t aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Abs 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I S 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drs 14/185 S 6).

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger am 06.10.2010 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Nach § 7 Abs 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 mwN).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 25).

Ob ein Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem Beschäftigungsverhältnis steht, ist eben-falls nach den oben dargelegten Grundsätzen zu beurteilen (vgl zum Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH BSG 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 28). Dies ist grundsätzlich auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern neben deren gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Bei einem am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20; BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, aaO). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13; BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974).

Maßgeblich ist damit auch bei einem GmbH-Geschäftsführer, in welchem Maße er der Kontrolle und den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt (Senatsurteil vom 22.07.2014, L 11 R 4543/13, juris). Eingriffe in seinen Tätigkeitskreis muss ein Geschäftsführer infolge seiner Abhängigkeit von der Gesellschafterversammlung hinnehmen, selbst wenn der Geschäftsführervertrag keine Bestimmungen hierüber enthielte (Senatsurteil vom 18.10.2016, L 11 R 1032/16 unter Hinweis auf K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl, § 46 Rn 116). Dh es kommt darauf an, wer letztlich auf die Willensbestimmung der Gesellschafterversammlung den maßgeblichen Einfluss an. Dies hängt sowohl von den jeweiligen Anteilsverhältnissen der Gesellschafter ab, als auch von der Frage, ob und in welchem Umfang im Gesellschaftsvertrag Sperrminoritäten eingeräumt sind. Ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH verfügt nicht über eine Stellung in der Gesellschafterversammlung, die ihn im Sinne des Sozialversicherungsrechts zu einem Selbstständigen M.ht (vgl BSG 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 27), erst recht gilt dies für einen Fremdgeschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung.

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt hat und deshalb Sozialversicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Nicht von Bedeutung ist, dass der Kläger entgegen § 39 Abs 1 GmbHG nicht als Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden war, denn die Eintragung ist nicht konstitutiv (Bundesgerichtshof (BGH) 06.11.1995, II ZR 181/94, GmbHR 1996, 49, 50; Oberlandesgericht (OLG) Köln 03.06.2015, 2 Wx 117/15, GmbHR 2015, 1156).

Der (erste) Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, der als Ausgangspunkt heranzuziehen ist, enthält Regelungen, wie sie für eine abhängige Beschäftigung typisch sind (laufendes monatliches Grundgehalt; bezahlter Urlaub; Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, sogar für die Dauer von sechs Monaten). Soweit eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB vorliegt, ist eine derartige Gestaltung sowohl bei selbstständiger Tätigkeit als auch bei einer abhängigen Beschäftigung möglich (Senatsurteil vom 30.09.2014, L 11 R 2662/13 mwN). Auch die Gewährung einer Gewinntantieme ist besonders im Rahmen leitender Tätigkeiten auch bei abhängig Beschäftigten nicht unüblich (vgl Senatsurteil vom 30.09.2014, L 11 R 2662/13 mwN). Dieser Vertrag spricht ganz klar für eine abhängige Beschäftigung.

Soweit die Beteiligten geltend machen, dieser Vertrag sei durch einen Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 03.01.2011 abgelöst worden, hat der Senat größte Zweifel am behaupteten Zeitpunkt der Änderung. Dieser Vertrag wurde erst im Dezember 2014 beim SG vorgelegt. Auf die Anforderung der Beklagten von Dienstvertrag und Gesellschaftsvertrag im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 20.01.2011 wurde lediglich der (erste) Anstellungsvertrag vorgelegt. Hätte der angeblich am 03.01.2011 unterschriebene Dienstvertrag zum damaligen Zeitpunkt schon existiert, hätte es mehr als nahegelegen, diesen vorzulegen. Der Kläger selbst hat in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem SG am 24.10.2014 angegeben, die Vergütungspraxis sei nach Beanstandung durch das Finanzamt geändert worden. Auch insoweit erscheint die Änderung bereits im Januar 2011 äußerst unwahrscheinlich, nachdem die Tätigkeit als Geschäftsführer erst zum 01.09.2010 aufgenommen worden war. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, denn auch bei Zugrundelegung des Geschäftsführer-Dienstvertrags ändert sich die Beurteilung im Ergebnis nicht. Zwar liegt jetzt eine am Umsatz der Gesellschaft orientierte Vergütung vor und damit ein größeres wirtschaftliches Risiko als bei einer monatlich festen Vergütung. Dieses wirtschaftliche Risiko ist aber einem echten Unternehmerrisiko nicht gleichzusetzen. Von einem Unternehmerrisiko könnte erst gesprochen werden, wenn der Kläger ausschließlich eine am Gewinn der Gesellschaft ausgerichtete Vergütung erhielte, da er in diesem Fall eine viel höheres Verlustrisiko tragen würde. Die fehlende Vereinbarung von Urlaubsansprüchen und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall im zweiten Vertrag kann nicht als Indiz für selbstständige Tätigkeit angesehen werden, denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollen.

Umstände, die abweichend hiervon eine Beurteilung der Tätigkeit des Klägers als selbstständig zuließen, liegen nicht vor. Der Kläger übte iS von § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisung aus und war in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingegliedert. Er war in einem fremden Unternehmen tätig. Ohne eine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzte, ihm unangenehme Weisungen zu verhindern, schließt auch die faktische Weisungsfreiheit im Alltagsgeschäft die Annahme von Beschäftigung nicht aus. Mangels einer solchen RechtsM.ht rechtfertigt zudem weder eine vermeintliche wirtschaftliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1) vom Kläger noch dessen Führung des Unternehmens als "Kopf und Seele" ein anderes Ergebnis.

Der Kläger hatte als Fremdgeschäftsführer nicht die RechtsM.ht, maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen zu 1) auszuüben bzw sich ihm nicht genehmer Weisungen hinsichtlich der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit zu erwehren. Als Geschäftsführer ist er im Rahmen seiner Tätigkeit an Gesellschafterbeschlüsse gebunden (§ 37 Abs 1 GmbHG); für bestimmte bedeutende Geschäfte ist nach dem Gesellschaftsvertrag sogar die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich. Eingriffe in seinen Tätigkeitskreis muss der Geschäftsführer infolge seiner Abhängigkeit von der Gesellschafterversammlung hinnehmen, selbst wenn der Geschäftsführervertrag keine Bestimmungen hierüber enthielte (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl, § 46 RdNr 116). Trotz im Alltag möglicherweise arbeitnehmeruntypischer Freiheiten des Klägers und fehlender tatsächlicher Weisungen bleibt die Tätigkeit daher fremdbestimmt, denn sie geht in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs auf (Senatsurteil vom 30.09.2014, L 11 R 2662/13, mwN). Insoweit ist auch zu beachten, dass Gesellschafter einer GmbH dem Geschäftsführer zwar große Freiheiten lassen können, doch dürfen sie ihn nicht ganz von der Überwachung befreien (Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl 2016, § 46 RdNr 31; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl 2013, § 46 RdNr 51), zumal sie andernfalls gegenüber den Gesellschaftsgläubigern womöglich schadensersatzpflichtig werden (BSG 29.07.2015, B 12 R 1/15 R, juris). Ohne Kapitalbeteiligung an der Beigeladenen zu 1) verfügte der Kläger nicht über eine vergleichbare Stellung, wie sie ein Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer oder ein - mit einer im Gesellschaftsvertrag begründeten - umfassenden Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer in der Gesellschafterversammlung innehat. Eine solche RechtsM.ht lässt sich auch nicht aus den sonstigen Umständen herleiten.

Selbst wenn die Beigeladene zu 1) ohne den Einsatz, die Branchenkenntnisse und Erfahrung des Klägers allein von den Gesellschaftern bzw übrigen Geschäftsführern möglicherweise nicht hätte betrieben werden können, kann dies nach der Aufgabe der "Kopf und Seele"-Rechtsprechung durch das BSG nicht mehr berücksichtigt werden (vgl BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 32 und BSG 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, BSGE 119, 216). Hintergrund ist, dass eine Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen ist (BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, aaO). Zugleich verringert das Anknüpfen an die den Beteiligten von Gesetzes oder Vertrags wegen zukommende Rechtsmacht Manipulationsmöglichkeiten bezüglich der Generierung oder Negierung von Sozialversicherungspflicht. Andernfalls stünde es nämlich gerade bei Familienunternehmen im freien Belieben der Beteiligten, durch zweckgerichtete Angaben zur tatsächlichen Stellung des Betroffenen im Unternehmen Sozialversicherungspflicht zu begründen oder auszuschließen.

Auch die Übernahme persönlicher Haftung für Darlehen der Beigeladenen zu 1) rechtfertigt keine andere Beurteilung (vgl zu Bürgschaft BSG 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, BSGE 119, 216, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24 unter Hinweis auf BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26 mwN). Es kann daher dahinstehen, ob der Kläger überhaupt eine Bürgschaft übernommen hatte und nicht nur seine Ehefrau.

Schließlich ändert auch die Beteiligung des Klägers an der M. Immobilien GmbH nichts an der Beurteilung. Diese Firma trifft – wie jede Vermieterin – das Risiko ausbleibender Mietzahlungen. Mit einem Unternehmerrisiko bezogen auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) hat dies nichts zu tun. Im Übrigen hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass sich die M. Immobilien GmbH bei Mietausfall einen neuen solventen Mieter suchen könne. Das dies nicht möglich wäre, hat auch der Kläger nicht behauptet.

Im vorliegenden Fall lag nach alledem gerade keine Struktur vor, bei der der Kläger im Krisenfall hätte alleine "durchentscheiden" und sich nicht genehmen Weisungen widersetzen können (vgl BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 32; BSG 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, BSGE 119, 216). Im Falle eines Zerwürfnisses hätten es vielmehr die Gesellschafter in der Hand gehabt - auch unter Inkaufnahme wirtschaftlicher Nachteile - gegen den Willen des Klägers zu agieren.

Insgesamt überwiegen damit diejenigen Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen sehr deutlich gegenüber denjenigen, die auf eine selbstständige Tätigkeit schließen lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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