L 1 AS 253/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 3822/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 253/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.01.2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Ziff. 1 Anspruch auf zwei Darlehen i.H.v. 950.000 und 1 Million EUR zur Finanzierung der Gründung eines Gewerbes mit einem Finanzierungsvolumen von 40 Millionen EUR hat.

Die Kläger bilden eine Bedarfsgemeinschaft und beziehen Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende von dem Beklagten. Der Kläger Ziff. 1 steht für Behördenangelegenheiten und gerichtliche Verfahren unter Betreuung. Mit Beschluss vom 22.08.2016 (Az. XVII 1/15) ordnete das Amtsgericht Schönau für Willenserklärungen, die den Aufgabenkreis Behördenangelegenheiten und gerichtliche Verfahren betreffen und für eine damit verbundene Entscheidung über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post des Betroffenen einen Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an.

Mit drei dem Beklagten per E-Mail übersandten Schreiben vom 03.07.2016, welche im Absender die Namen beider Kläger enthalten, aber nur vom Kläger Ziff. 1 unterschrieben wurden, beantragte dieser unter ausdrücklicher Nennung seines Namens "formlos und eigenständig" ein Darlehen über 950.000 EUR für drei Monate, ein Darlehen über 110.000 EUR für sechs Monate und ein Darlehen von 1 Million EUR für drei Monate. Als Verwendungszweck gab er jeweils einen Erwerb "unter Vertrag der Bankgarantie", deren Volumen er mit 50 Millionen US Dollar bezifferte, zum Abruf einer Gewerbefinanzierung von ca. 40 Millionen EUR bis ca. 45 Millionen EUR (abhängig vom Wechselkurs) an. Er beabsichtige einen Abruf der Gewerbefinanzierung über 40 Millionen EUR unter Bankgarantie zur Gründung und zum Aufbau der Gesellschaft "D. S. Deutschland", welche von bestellten dritten Fachkräften geleitet werden solle (Geschäftsführung, Finanzen und Personal). Er stellte die Schaffung von etwa 20 Arbeitsplätzen binnen eines Jahres in Aussicht. Er selbst werde gemäß seiner Fachkenntnis als Angestellter eine Position in der Verwaltung/Firmensicherheit und Objektaquise einnehmen.

Mit an den Kläger Ziff. 1 gerichteten und bis auf die Höhe des Darlehensbetrages und die Laufzeit gleichlautenden Bescheiden vom 15.07.2016 lehnte der Beklagte die Anträge des Klägers Ziff. 1 ab. Die Entscheidung beruhe auf § 16 Buchst. f SGB II und erfolge unter Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens. Zwar eröffne die Regelung Langzeitarbeitslosen Fördermöglichkeiten, jedoch müssten diese den Zielen und Grundsätzen des SGB II entsprechen. Zielsetzung der Grundsicherung für Arbeitssuchende sei es, die individuelle Beschäftigungsfähigkeit der Leistungsberechtigten zu fördern und ihre berufliche Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu unterstützen. Vorrangig sei die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung zu prüfen. Die Förderung müsse zielführend und notwendig sein und die Unabhängigkeit von SGB II-Leistungen zum Ziel haben. Die hohe Summe im Antrag des Klägers sei unverhältnismäßig und unwirtschaftlich (§ 3 Abs. 1 S. 4 SGB II), weshalb sein Antrag abzulehnen sei.

Hiergegen wurde mit einem per E-Mail übersandten Schreiben vom 20.07.2016, welches im Absender beide Kläger nennt, aber nur vom Kläger Ziff. 1 unterschrieben wurde, Widerspruch eingelegt. Mit Auszahlung des Darlehens sei die Unabhängigkeit von SGB II-Leistungen bei beiden Antragstellern sofort und auf Dauer gewährleistet. § 3 SGB II regele Zuschussleistungen, keine Darlehen. Darlehen seien generell nicht unwirtschaftlich, da diese an den Träger zurückflössen, was im Einzelnen in § 24 i.V.m. § 42 Buchst. a SGB II geregelt sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2016 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. In den angegriffenen Bescheiden seien die Ermessenserwägungen, die zur Ablehnung geführt hätten, dargelegt worden. Bei der beantragten Gesamthöhe an Förderungsleistungen könne es außer Betracht bleiben, ob die Förderung durch den Beklagten erforderlich und zielführend wäre. Bei der individuellen Beurteilung der Erforderlichkeit seien gemäß § 3 Abs. 1 S. 4 SGB II die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Die Gewährung der insgesamt beantragten Förderung von 2.060.000,00 EUR würde eine Verletzung dieser Grundsätze darstellen und komme daher nicht in Betracht.

Dagegen haben die Kläger am 29.09.2016 mittels E-Mail bei dem Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben, die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt und zugleich Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Dabei haben sie die "Variante 3 (110.000 Euro)" ausdrücklich von der Klage und dem Begehren auf Eilrechtsschutz ausgenommen. Der Schriftsatz war nicht persönlich unterzeichnet, sondern enthält den Hinweis, dass wegen eines Totalausfalls des Haupt-PC mit Funktionen über Nebengeräten (Drucker und Scanner) es nicht möglich gewesen sei, dieses Schreiben dem Gericht mit Unterschrift vorzulegen. Die persönliche Unterschrift werde sobald möglich nachgeholt werden, soweit dies dann noch erforderlich erscheine. Die Kläger haben vorgetragen, ihnen stünden Kurzzeitdarlehen für den Erwerb einer Bankgarantie zu. Gemäß § 16 Buchst. f SGB II i.V.m. den §§ 24 Abs. 5, 33 SGB II und den Dienstanweisungen des Beklagten stehe ihnen ein Anspruch auf Leistungen zu. Langzeitarbeitslose, die sich selbstständig machen wollten, müssten nach § 16 Buchst. f SGB II gefördert werden.

Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten.

Den in der Klageschrift gestellten Antrag auf Ablehnung der zuständigen Kammervorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit hat diese mit Beschluss vom 03.11.2016 als unzulässig verworfen.

Mit Beschluss vom 16.11.2016 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz als unzulässig verworfen (Az. S 10 AS 3821/16 ER). Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom 12. Senat des Landessozialgerichts mit Beschluss vom 28.11.2016 (Az. L 12 AS 4328/16 ER-B) als unzulässig verworfen.

Mit Schreiben vom 12.12.2016 hat die für den Kläger Ziff. 1 zuständige Betreuerin beim Landratsamt L. die Prozessführung für die aktuellen Verfahren des Klägers beim SG genehmigt.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.01.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage der Klägerin Ziff. 2 sei wegen fehlender Unterschrift und außerdem fehlendem erkennbarem Rechtsschutzinteresse unzulässig. Die Klage des Klägers Ziff. 1 hat das SG als zulässig angesehen, jedoch deren Begründetheit sinngemäß verneint. Er habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Einstiegsgeld. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Einstiegsgeld für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit sei § 16 Buchst. b SGB II i.V.m. § 16 Buchst. c SGB II. Zwar gehörten die Kläger zu dem förderungsfähigen Personenkreis, da sie dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II seien. Es fehle aber bereits an einem Antrag auf Förderung (§ 37 SGB II). Darüber hinaus habe der Kläger, der selbständig gewesen sei, auch keinen Anspruch auf entsprechende Förderung. Die Fortführung eines bereits ausgeübten Gewerbebetriebes solle nicht gefördert werden. Außerdem fehle es an einem wirtschaftlich tragfähigen Konzept des Klägers Ziff. 1. Ein überprüfbares Konzept fehle. Der Kläger Ziff. 1 sei als Betreuter auch nicht in der Lage, eigenverantwortlich Geschäfte zu führen. Die Klägerin Ziff. 2 solle ersichtlich keine Firma leiten und verfüge auch nicht über ausreichendes kaufmännisches und unternehmerisches Wissen. Deshalb lägen auch die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor.

Der Gerichtsbescheid vom 11.01.2017 ist der Betreuerin des Klägers Ziff. 1 gegen Empfangsbekenntnis am 13.01.2017 zugestellt worden. Der Klägerin Ziff. 2 ist der Gerichtsbescheid mit Postzustellungsurkunde am 14.01.2017 zugestellt worden.

Am 14.01.2017 haben die Kläger an das SG eine einfache E-Mail gesandt, dem ein Dateianhang im digitalen "PDF"-Format beigefügt war. Darin haben die Kläger "Beschwerde und Widerspruch" gegen den Gerichtsbescheid erhoben, "Rechtsbeschwerde" erhoben und diese auf Art. 101 und 103 Grundgesetz (GG) gestützt, außerdem "Verfahrensbeschwerde" im Hinblick auf § 105 Sozialgerichtsgesetz. Mündliche Verhandlung sei beantragt und Pflicht. Sie machen u.a. Amtsmissbrauch, Rechtsbeugung, Prozessbetrug und Haushaltsmittelveruntreuung gegen Deutschland geltend. Das eingescannte Schreiben im PDF-Format schließt mit der eingescannten Unterschrift beider Kläger ab. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Kläger verweist der Senat auf deren umfangreiche Schriftsätze.

Die Kläger beantragen sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.01.2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der beiden Bescheide vom 15.07.2016 über die Ablehnung von Darlehen in Höhe von 950.000,00 EUR und von 1.000.000,00 EUR in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2016 zur Gewährung der beantragten Darlehen zu verpflichten, hilfsweise die Anträge auf Bewilligung der beiden Darlehen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Ausführungen des SG.

Mit Verfügung vom 09.02.2017 (ausgefertigt am 10.02.2017) sind die Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Einlegung der Berufung per mit E-Mail versandtem PDF-Dokument formunwirksam sein dürfte, da das Schriftformerfordernis nach vorläufiger Prüfung nicht gewahrt sei. Den Klägern werde anheim gestellt, während der noch laufenden Berufungsfrist formwirksam Berufung einzulegen. Ansonsten müssten sie mit der Zurückweisung der Berufung als unzulässig rechnen.

Am 16.02.2017 ist ein Fax beim Landessozialgericht eingegangen, welches im unteren Bereich den Vermerk "Erstellt und kostenlos zugestellt mit EPost – www.epost.de" trägt. Das Fax selbst trägt keine Unterschrift, sondern nur die Namen der Kläger sowie des Sohnes der Klägerin Ziff. 2 in Computer-Druckschrift. Ebenfalls per Fax übermittelt worden ist u.a. das Schreiben an das SG vom 14.01.2017, welches mit den eingescannten Unterschriften der Kläger abschließt.

Der Ablehnungsantrag des Klägers Ziff. 1 gegen den zuständigen Berichterstatter wegen der Besorgnis der Befangenheit, den dieser per Fax vom 19.02.2017 auch im Namen der Klägerin Ziff. 2 und von deren Sohn gestellt hat, hat das Landessozialgericht mit Beschluss vom 23.02.2017 zurückgewiesen (Az. L 1 SF 635/17 AB). Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Mit Fax vom 20.02.2017 (Bl. 66 Senatsakte) hat der Kläger Ziff. 1 alle Richter der Senate 1, 3, 7 und 12 des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wegen Rechtsbeugung Betrug, Körperverletzung und Untreue abgelehnt.

Der von den Klägern benannte Rechtsanwalt Peters hat sich auf Nachfrage mit Verfügung vom 25.01.2017, ob die Kläger von ihm vertreten würden, nicht geäußert. In einem Eilverfahren vor dem SG vom Dezember 2016/Januar 2017 (Az. S 10 AS 5079/16 ER) hatte er dem SG auf telefonische Rückfrage mitgeteilt, den Kläger Ziff. 1 nicht zu vertreten.

Die mit Verfügung vom 25.01.2017 ebenfalls um Mitteilung gebetene Betreuerin des Klägers Ziff. 1, ob sie in dessen Prozessführung einwillige, hat sich ebenfalls nicht geäußert.

Mit per E-Mail (als PDF-Anhang) übermitteltem Schriftsatz vom 27.02.2017 (Bl. 89 Senatsakte) haben die Kläger die Vorsitzende des 1. Senats wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und sich zur Begründung u.a. auf angeblichen Amtsmissbrauch, Korruption, Strafvereitelung im Amt, Prozessbetrug und Körperverletzung in Tateinheit mit Haushaltsmittelveruntreuung berufen. Sie haben zugleich sinngemäß Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines vom Gericht von Amts wegen zu benennenden Rechtsanwalts gestellt.

Mit Schriftsatz vom 01.03.2017 (Bl. 103 Senatsakte), welcher ebenfalls per E-Mail als PDF-Anhang übermittelt worden ist, haben die Kläger sämtliche ehemaligen und aktuellen Richter/innen des 1. Senats (Präsidentin des Landessozialgerichts Haseloff-Grupp und die Richter am Landessozialgericht Dr. Link, Dr. Toparkus und Frauhammer) wegen Amtsmissbrauchs, Korruption, Strafvereitelung im Amt, Rechtsbeugung, Menschenrechtsverletzung, Verfassungsverletzung und Prozessbetruges abgelehnt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Akten aus dem Verfahren wegen einstweiligen Rechtsschutzes S 10 AS 5079/16 ER und L 1 AS 476/17 ER-B und L 12 AS 4328/16 ER-B Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat ist durch die Ablehnungsgesuche der Kläger vom 27.02.2017 gegen die Präsidentin des Landessozialgerichts Haseloff-Grupp sowie vom 20.02.2017 und 01.03.2017 gegen sämtliche Richterinnen und Richter des 1. Senats, die Präsidentin des Landessozialgerichts Haseloff-Grupp und die Richter am Landessozialgericht Dr. Link, Dr. Toparkus und Frauhammer, nicht an einer Entscheidung in der vom Geschäftsverteilungsplan bestimmten Besetzung gehindert, da die Ablehnungsgesuche offensichtlich unzulässig sind. Eine Kollektivablehnung, d.h. die Ablehnung aller Richter eines Senats ohne konkrete Bezugnahme auf einzelne Personen oder Vorgänge, ist rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20.07.2007 - 1 BvR 2228/06 - NJW 2007, 3771, 3772 - juris; Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 29.03.2007 - B 9a SB 18/06 B - SozR 4-1500 § 60 Nr. 4 Rn. 8; Beschluss vom 14.09.2010 - B 5 R 21/10 BH; Beschluss vom 22.12.2016 - B 14 AS 279/16 B - n.v.; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.08.2009 - V S 10/07 - NJW 2009, 3806-3807; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 60 Rn. 10b). Auch das Ablehnungsgesuch gegen die Präsidentin des Landessozialgerichts vom 27.02.2017 ist offensichtlich unzulässig, da rechtsmissbräuchlich. Die Kläger haben sich zur Begründung ihres Gesuchs auf angeblichen Amtsmissbrauch, Korruption, Strafvereitelung im Amt, Prozessbetrug und Körperverletzung in Tateinheit mit Haushaltsmittelveruntreuung berufen. Angesichts des Umstands, dass nicht im Ansatz konkretisiert worden ist, worauf die vorgeworfenen Anschuldigungen beruhen, ist das Ablehnungsgesuch ersichtlich nur aus verfahrensfremden Zwecken gestellt worden, vor allem, um eine Entscheidung des Senats zu verschleppen und den Klägern missliebige Richter aus dem Verfahren zu drängen. Da das Gesuch ein Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens nicht erfordert, ist es als offensichtlich rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 02.06.2005 - 2 BvR 625/01, 2 BvR 638/01 - und vom 20.07.2007 - 1 BvR 2228/06 -; BSG, Beschlüsse vom 27.10.2009 - B 1 KR 51/09 B - und 19.01.2010 - B 11 AL 13/09 C -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.06.2011 - L 3 AL 1568/11 NZB - alle juris; Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 29.01.2015 - L 7 AS 5239/11 sowie 3732/14 -; Keller, a.a.O., § 60 Rn. 10c). Vor dem Hintergrund des offenbaren Missbrauchs des Ablehnungsrechts durch die Kläger und des Fehlens einer ansatzweise sachlichen Begründung erfordert das Gesuch auch keine gesonderte Vorabentscheidung (vgl. BSG, Beschluss vom 29.03.2007 - B 9a SB 18/06 B - juris; Urteile des LSG vom 29.01.2015, a.a.O., und vom 31.07.2015 - L 7 AS 1058/12).

Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Kläger im anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da diese in der ihnen bereits am 22.02.2017 und der Betreuungsbehörde des Landratsamts L. am 01.03.2017 zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden waren. Sie haben keinen Grund genannt, weshalb ihnen eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht möglich sein sollte. Ihren am 27.02.2017 eingegangenen Verlegungsantrag haben sie auch nicht mit einer Verhinderung am Terminstag begründet, sondern lediglich behauptet, der Termin sei "unzulässig", was nicht zutrifft.

Die Berufung der Kläger ist unzulässig.

Nach § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Die Berufung der Kläger ist unzulässig, weil sie formwirksam nicht innerhalb der Frist des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden ist. Nach § 151 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (Abs. 1). Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (Abs. 2 S. 1).

Daneben eröffnet § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG die Möglichkeit, elektronische Dokumente an das Gericht zu übermitteln, soweit dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder der Landesregierungen zugelassen worden ist. Hiernach können Schriftsätze in elektronischer Form übermittelt werden, soweit dies durch Rechtsverordnung zugelassen worden ist. Dies gilt auch für die Übermittlung von Berufungsschriften und ergänzt insoweit § 151 Abs. 1 SGG, wonach die Berufung schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen ist. Es handelt sich bei der elektronischen Form iS des § 65a SGG um eine eigenständige Kommunikationsform, die der Gesetzgeber als zusätzliche - gleichberechtigte - Option neben der herkömmlichen papiergebundenen Schriftform eingeführt hat (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 12.10.2016 – B 4 AS 1/16 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4 (vorgesehen), Rn. 11 m.w.N.). Die "elektronische Form" (d.h. die elektronische Übermittlung von Erklärungen an das Gericht in Gestalt eines elektronischen Dokuments) stellt keinen Unterfall bzw. keine Sonderform der Schriftform dar. Vielmehr handelt es sich um eine eigenständige Form, die der Gesetzgeber "als zusätzliche Option neben der bisherigen schriftlichen Form" eingeführt hat (BSG, Urteil vom 14.03.2013 - B 13 R 19/12 R, juris, Rn. 18). Die erforderliche Rechtsverordnung bestimmt den Zeitpunkt, von dem an Dokumente an ein Gericht elektronisch übermittelt werden können, sowie die Art und Weise, in der elektronische Dokumente einzureichen sind (§ 65a Abs. 1 S 2 SGG). Für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, enthält § 65a Abs 1 S 3 SGG besondere Vorgaben. Danach ist für die Übermittlung solcher Dokumente eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes (SigG) vorzuschreiben. Daneben kann auch ein anderes sicheres Verfahren zugelassen werden, das die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellt (§ 65a Abs. 1 S 4 SGG). Die Landesregierungen können die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung gemäß § 65a Abs. 1 S 5 SGG auf die für die Sozialgerichtsbarkeit zuständigen Behörden übertragen; die Zulassung der elektronischen Übermittlung kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden (§ 65a Abs. 1 S 6 SGG).

Legt man diese Grundsätze zugrunde, ist die Berufung der Kläger nicht formgerecht innerhalb der für den Kläger Ziff. 1 am Montag, den 13.02.2017, und die Klägerin Ziff. 2 am 14.02.2017 abgelaufenen Berufungsfrist eingelegt worden. Der mit der Berufung angefochtene Gerichtsbescheid ist der Betreuerin des Klägers Ziff. 1 gegen Empfangsbekenntnis am 13.01.2017 und der Klägerin Ziff. 2 am 14.01.2017 mittels Postzustellungsurkunde wirksam zugestellt worden. Die einmonatige Frist (§ 151 Abs. 1 SGG) hat für die Kläger nach § 64 Abs. 1 SGG am Tag nach der Zustellung (13.01.2017 für den Kläger Ziff. 1 und 14.01.2017 für die Klägerin Ziff. 2) des vollständigen Urteils, also dem 14.01.2017 (Kläger Ziff. 1) bzw. 15.01.2017 (Klägerin Ziff. 2), begonnen und hat nach § 64 Abs. 2 SGG für den Kläger Ziff. 1 am Montag, den 13.02.2017 und die Klägerin Ziff. 2 am Dienstag, den 14.02.2017, geendet. Der Gerichtsbescheid ist auch mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 7 SGG i.V.m. § 66 SGG). In der Rechtsmittelbelehrung sind die Kläger ausdrücklich darüber belehrt worden, dass die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen und die Berufungsfrist auch gewahrt sei, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist beim SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werde.

Da der Verordnungsgeber in Baden-Württemberg von der in § 65a Abs. 1 S. 1 SGG eröffneten Befugnis mit der Verordnung des Justizministeriums zur elektronischen Aktenführung bei den Gerichten vom 29.03.2016 (GBl. 2016, S. 265) bislang nur für das Arbeitsgericht Stuttgart (ab 02.05.2016) und das Landgericht Mannheim (ab 01.06.2016), nicht aber für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit Gebrauch gemacht hat, war die Einlegung der Berufung mittels einfacher E-Mail vom 14.01.2017, der die Beschwerdeschrift als eingescanntes Dokument im Format "PDF" beigefügt war, nicht gemäß § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG wirksam.

Die Einlegung der Berufung auf diese Weise erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn eine einfache E-Mail genügt selbst dann nicht dem Schriftformerfordernis, wenn die Berufungsschrift mit eingescannter Unterschrift als Anhang beigefügt und vom Gericht noch innerhalb der Beschwerdefrist ausgedruckt worden ist (so zutreffend BSG, Urteil vom 12.10.2016 – B 4 AS 1/16 R – a.a.O., Rn. 16-24, ebenfalls Bittner in: Roos/Wahrendorf, SGG-Kommentar, 1. Auflage 2014, § 173 Rn. 20 m.w.N., ebenfalls, mit zutreffender Begründung, Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.06.2013 – L 6 AS 195/13 B – juris, Rn. 13).

Durch die Übersendung der Berufungsschrift vom 14.01.2017 mittels Fax unter Nutzung des Onlinedienstes "ePost", welches am 16.02.2017 beim LSG eingegangen ist, konnte die Berufungsfrist, über die die Kläger im Gerichtsbescheid zutreffend belehrt worden waren, nicht gewahrt werden, denn zum Zeitpunkt des Eingangs dieses Schriftsatzes war diese bereits abgelaufen.

Den Klägern war auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 67 Abs. 1 SGG voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Senat konnte keine Gründe feststellen, welche die Kläger vorliegend gehindert haben könnten, die Frist zur Einlegung der Berufung zu wahren. Eine Wiedereinsetzung kommt hier auch nicht wegen Verletzung einer gerichtlichen Mitteilungspflicht in Betracht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.10.2016 – B 4 AS 1/16 R – a.a.O., Rn. 28 f.), denn vorliegend hat der zuständige Berichterstatter am 09.02.2017, d.h. an dem Tag, an welchem er von der Urkundsbeamtin des SG telefonisch erfahren hatte, dass die Berufungsschrift dem SG per einfacher E-Mail als PDF-Anhang übersandt worden ist, und zugleich noch rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsfrist den Klägern per E-Mail und per einfachem Brief mitgeteilt, dass das übersandte Dokument den rechtlichen Anforderungen nicht genügt.

Die Berufung des Klägers Ziff. 1 ist darüber hinaus auch deshalb unzulässig, weil es bei ihm an der erforderlichen Prozessfähigkeit (§ 71 SGG) fehlt, weshalb er ohne die Einwilligung seiner Betreuerin, an der es hier fehlt, nicht wirksam Berufung einlegen kann. Das Amtsgericht Schönau hat für ihn am 22.08.2016 bezüglich Behörden- und Gerichtsangelegenheiten einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Der Kläger Ziff. 1 ist damit gehindert, ohne Einwilligung oder nachträgliche Genehmigung seiner Betreuerin Anträge an Behörden zu stellen oder sozialgerichtliche Verfahren anhängig zu machen. Der Kläger Ziff. 1 kann daher Prozesshandlungen nicht wirksam selbst vornehmen. Seine Betreuerin hat auf ausdrückliche Nachfrage des Senats vom 25.01.2017, ob die Prozesshandlung des Antragstellers 1 genehmigt werde, nicht reagiert. Eine Einwilligung liegt daher nicht vor. Auch die Beschwerdeschrift wurde ohne Mitwirkung und damit ohne Einwilligung der Betreuerin erstellt. Eine Einwilligung der Betreuerin ist hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, da die Geltendmachung eines Darlehensanspruch nach dem SGB II nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist (vgl. allgemein zur Geltendmachung von SGB II Leistungen: BSG Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 54/08 R - BSGE 104, 48 = SozR 4-1500, § 71 Nr 2, Rn. 19; BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 50/12 R -, SozR 4-4200, § 7 Nr. 35, SozR 4-4200, § 20 Nr. 19, Rn. 15). Dies bereits deshalb nicht, da bei Gewährung eines Darlehens eine verbindliche Rückzahlungspflicht entsteht.

Die Berufung der Kläger ist darüber hinaus, was nur noch ergänzend auszuführen ist, auch nicht begründet. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Gründe der Entscheidung des SG Bezug, schließt sich ihnen an und sieht von einer erneuten Darstellung zur Vermeidung von Wiederholungen ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch § 16 Buchst. f SGB II den Klägern keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten Darlehen vermittelt. Zu Recht hat die Beklagte bei der Betätigung ihres Ermessens auf die in § 3 Abs. 1 SGB II geregelten Leistungsgrundsätze abgestellt, auf welche § 16 Buchst. f. Abs. 1 Satz 2 SGB II ausdrücklich verweist, und in den angefochtenen Bescheiden sinngemäß ausgeführt, dass Darlehen in solcher Höhe weder erforderlich sind, um eine Unabhängigkeit von SGB II-Leistungen zu erreichen, noch mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 3 Abs. 1 Satz 4 SGB II) zu vereinbaren sind.

Daneben ist im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren lediglich noch auszuführen, dass mündliche Verhandlung zulässigerweise nur beantragt werden kann, wenn die Berufung gegen einen erlassenen Gerichtsbescheid nicht gegeben wäre (§ 105 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die in § 105 Abs. 3 2. Alt. SGG statuierte Rechtsfolge, wonach bei Antrag auf mündliche Verhandlung der Gerichtsbescheid als nicht ergangen gilt, greift auch nur in einem solchen Fall ein. Hier liegt der Wert des Beschwerdegegenstandes, welcher maßgeblich ist für die Statthaftigkeit der Berufung (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), mit 1.950.000,00 EUR ersichtlich über der Grenze des maßgeblichen Wertes von 750,00 EUR. Die pauschalen Anschuldigungen in den Schriftsätzen der Kläger gegenüber dem Beklagten, dem SG und dem erkennenden Senat und die darin ohne erkennbaren Fallbezug angeführten Rechtsvorschriften sind nicht geeignet, den hier geltend gemachten Anspruch auf Auszahlung von zwei Darlehen in exorbitanter Höhe (950.000,00 EUR und 1 Mio. EUR) auch nur ansatzweise nachvollziehbar zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved