L 11 KR 907/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 625/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 907/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Anspruch auf Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft setzt nach § 27a Abs. 1 Nr. 3 SGB V voraus, dass die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch
nehmen wollen, miteinander verheiratet sind. Eine Auslegung dahingehend, dass schon vor einer geplanten Ehe die Maßnahmen durchgeführt werden können und eine Kostenerstattung erst nach Eheschluss erfolgen soll, ist nicht möglich. Die Kryokonservierung und die Lagerung vorsorglich gewonnener Eizellen gehört nicht zu den
Leistungen der GKV. Dies gilt auch, wenn bei der Versicherten eine lebensbedrohliche Erkrankung diagnostiziert wird, deren sofort notwendig werdende Behandlung zu einer Unfruchtbarkeit führen kann.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.02.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit einer Kryokonservierung befruchteter Eizellen.

Die am 06.06.1989 geborene, ledige und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin erkrankte im Jahr 2014 an einer Leukämie/einem Lymphom (Diagnosestellung am 23.06.2014). Die Klägerin suchte am 03.07.2014 persönlich den zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten auf und beantragte im Hinblick auf die bevorstehende Chemotherapie zwecks der Erhaltung der Fruchtbarkeit die Übernahme von Kosten für eine Hormonbehandlung mit anschließender Eizellentnahme, Befruchtung der Eizellen und Kryokonservierung der befruchteten Eizellen. In diesem Gespräch teilte der Sachbearbeiter der Klägerin mit, dass derzeit Kosten für eine künstliche Befruchtung nicht übernommen werden könnten, da sie nicht verheiratet sei. Auch die Kryokonservierung könne nicht übernommen werden. Ob die Hormonbehandlung jetzt gezahlt werden könne, hänge von einer Stellungnahme des Arztes ab.

Die Klägerin begann die hormonelle Stimulierung mit Medikamenten am 04.07.2014. Die Eizellentnahme, Befruchtung der Eizellen und anschließende Kryokonservierung erfolgte zwischen dem 07.07.2014 und 15.07.2014. Die von der Klägerin bezahlten Gesamtkosten belaufen sich auf 3.848,31 EUR. Die Klägerin begann anschließend die stationäre Chemotherapie am 08.08.2014.

Die Beklagte holte ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Im Gutachten vom 27.08.2014 führte Dr. S.-G. aus, die zur hormonellen Stimulation verordneten Präparate seien nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig, da die geltenden Richtlinien über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung die prophylaktische Durchführung einer hormonellen Stimulationsbehandlung mit Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung und Kryokonservierung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ausschließen. Auch für den Transfer der aufgetauten befruchteten Eizelle bestehe keine Leistungspflicht der Krankenversicherung.

Mit Bescheid vom 15.09.2014 lehnte die Beklagte die Erstattung der bisher entstandenen Gesamtkosten im Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung in Höhe von 3.848,31 EUR unter Bezugnahme auf das Gutachten des MDK ab.

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 09.10.2014 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrug, die Chemotherapie habe mit hoher Wahrscheinlichkeit den Eintritt der Unfruchtbarkeit zur Folge, weswegen ihr die behandelnden Ärzte das Einfrieren von befruchteten Eizellen empfohlen hätten. Da die Kryokonservierung medizinisch erforderlich gewesen sei, seien die Kosten von der Krankenkasse zu übernehmen. Im Falle des Abwartens bis nach der Chemotherapie und des Versuchs einer künstlichen Befruchtung würden die Kosten zu 50 % von der Krankenkasse übernommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschuses (GBA) zur künstlichen Befruchtung Leistungen, welche über die künstliche Befruchtung hinausgehen wie etwa die Kryokonservierung imprägnierter Eiszellen ausgeschlossen seien. Ferner habe die Klägerin das in den Richtlinien zwingend vorgeschriebene Antragsverfahren für die Kinderwunschbehandlung nicht eingehalten. Weiter sei die Klägerin nicht mit ihrem Partner verheiratet. Ferner gehe aus der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung der Kinderwunschpraxis Dres. G. vom 08.07.2014 hervor, dass die Klägerin und ihr Partner anamnestisch gesund seien und sich beim Partner der Klägerin ein unauffälliges Spermiogramm gezeigt habe. Der GBA habe die Kryokonservierung aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen. Auch das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass die Kryokonservierung nicht der Krankenbehandlung diene und sich nicht als Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erweise. Nach der Rechtsprechung des BSG gehöre die Kryokonservierung nicht zu den Maßnahmen im Sinne von § 27 a SGB V, weil sie nicht unmittelbar dem Zeugungsakt entspreche und keinen einzelnen natürlichen Zeugungsakt ersetzen solle. Daher könnten auch die Kosten der vorgeschalteten Maßnahmen der Stimulation und Eizellentnahme nicht von der Beklagten übernommen werden.

Hiergegen hat die Klägerin am 26.02.2015 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und die Zahlung von 1.924,15 EUR (= Erstattung von 50 % der angefallenen Kosten) beantragt.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.02.2016 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es bereits an einem Anspruch der Klägerin auf die begehrte Naturalleistung als Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V fehle. Ein solcher könne weder auf § 27a SGB V noch auf § 27 SGB V gestützt werden. Zwar handle es sich bei der bei der Klägerin vorgenommenen Hormonbehandlung mit dem Ziel der Heranreifung mehrerer Eizellen und operativen Eizellgewinnung mittels Folikelpunktion um Maßnahmen der künstlichen Befruchtung im Sinne von § 27a SGB V. Jedoch scheitere ein Anspruch bereits daran, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der medizinischen Behandlung nicht mit ihrem Partner verheiratet gewesen sei. Die anschließende Kryokonservierung sei keine Maßnahme der künstlichen Befruchtung. Eine von der Klägerin geltend gemachte verfassungskonforme Auslegung im Lichte von Art 6 GG sei nicht möglich, da Grenze der Auslegung einer Norm der jeweilige Wortlaut sei. Auch das BSG habe dargelegt, dass keine Leistungsausweitung der Leistungen zur künstlichen Befruchtung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften erfolgen könne. Ein Anspruch folge auch nicht aus § 27 SGB V. Zur Krankenbehandlung gehörten auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden sei oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verloren gegangen sei. Zwar spreche vieles dafür, dass die Klägerin unter einer Krankheit gelitten habe. Es spreche auch vieles dafür, dass aufgrund der vorhandenen Krebserkrankung der Klägerin und der Behandlungsfolgen durch die Chemotherapie eine unmittelbare, konkrete Gefahr, dass die Klägerin ihre Empfängnisfähigkeit verlieren würde, bestanden habe. Dies genüge für die Annahme einer Krankheit. Jedoch habe die Lagerung der befruchteten Eizellen nicht der Wiederherstellung der Empfängnisfähigkeit durch natürlichen Zeugungsakt, sondern der künstlichen Befruchtung gedient. Unter § 27 SGB V würden aber nur solche Leistungen fallen, die dazu bestimmt seien, die Empfängnisunfähigkeit selbst zu beheben. Durch die Krankenbehandlung solle die natürliche Zeugungs- bzw. Empfängnisfähigkeit wiederhergestellt werden. Die vorliegend von der Klägerin vorgenommene hormonelle Stimulierung, Eizellentnahme und -befruchtung sowie die anschließende Kryokonservierung der befruchteten Eizellen sei nicht auf die Wiederherstellung der Empfängnisfähigkeit durch natürlichen Zeugungsakt gerichtet gewesen, sondern habe lediglich eine künftige künstliche Befruchtung ermöglichen sollen. Dies jedoch betreffe den Versicherungsfall der Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a SGB V und nicht den Versicherungsfall einer Krankheit.

Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 15.02.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 08.03.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.

Die Klägerin trägt vor, sie habe nach Erhalt einer Krebsdiagnose vor Beginn der dringend erforderlichen Chemotherapie nur noch wenige Tage Zeit gehabt, durch Kryokonservierung befruchteter Eizellen sich die Möglichkeit der späteren Erfüllung eines Kinderwunsches offenzuhalten, ohne durch die Folgen der erforderlichen Chemotherapie an der Erfüllung des Kinderwunsches gehindert zu sein oder dies nur noch unter nicht abschätzbaren Risiken realisieren zu können. Sie ist der Ansicht, dass § 27a SGB V verfassungskonform im Hinblick auf Art 6 GG ausgelegt werden müsse. Es sei denkbar, die Vorschrift insoweit auszulegen, dass der Anspruch zwar bei noch nicht geschlossener Ehe noch nicht fällig sei bzw erst dann zu befriedigen sei, wenn die Ehe tatsächlich abgeschlossen worden sei. Der Umstand, dass aufgrund der lebensbedrohlichen Notlage die Voraussetzungen einer bestehenden Ehe nicht geschaffen hätten werden können, sei zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung des BSG, wonach einer Leistungsausweitung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften eine Absage erteilt worden sei, sei auf den hier maßgeblichen Sachverhalt nicht übertragbar. Die Klägerin ist zudem der Auffassung, dass die Ausführungen des SG zu § 27 SGB V nicht überzeugen würden. Dass die Behandlung nicht der Wiederherstellung der Empfängnisfähigkeit gedient habe, könne nicht alleiniger Maßstab sein. Einzubeziehen sei die eigentliche Erkrankung der Klägerin, nämlich ihr Krebsleiden. Die hier streitgegenständliche Maßnahme habe eine Wiederherstellung der Empfängnisfähigkeit gewissermaßen im präventiven oder antizipierten Sinne betroffen. Ferner sei das rein auf den Vergleich mit der künstlichen Befruchtung im technischen Sinn beschränkte Verständnis des BSG zu eng, da die Kryokonservierung beim Krankheitsbild der Klägerin ein notwendiger Schritt gewesen sei, welcher nicht hinweggedacht werden könne, ohne den Erfolg zu gefährden oder auszuschließen. Die vom SG dargestellte Rechtslage sei auch systemwidrig. Alternativ zur hier angewandten Methode der Kryokonservierung wäre auch eine Gewebeentnahme aus den Eierstöcken und deren Widereinsetzung in Betracht gekommen. Diese Kosten hätte die Beklagte nach ihrer Kenntnis übernommen. Sie wäre allerdings mit deutlich höheren Risiken einhergegangen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.02.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.924,15 EUR nebst gesetzlichen Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist hinsichtlich der Forderung nach verfassungskonformer Auslegung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.2007 (1 BvL 5/03), wonach Maßnahmen nach § 27a SGB V vom Bestehen einer Ehe abhängig zu machen seien. Die Eizellgewinnung sei bereits Bestandteil der streitgegenständlichen Leistung. Im vorliegenden Fall gehe es nicht um die lebensbedrohliche Krebserkrankung, sondern um den drohenden Verlust der Zeugungsfähigkeit. Dieser sei nach der Rechtsprechung des BSG keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung. Bei der Implantation von Eierstockgewebe zur Herstellung der Zeugungsfähigkeit handle es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die vor dem Hintergrund der fehlenden Lebensbedrohlichkeit keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung darstelle.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 25.04.2017 eine Bescheinigung über die Anmeldung der Eheschließung vorgelegt, wonach die Eheschließung am 05.05.2017 beabsichtigt ist.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 15.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2015, mit dem die Beklagte eine Kostenerstattung für eine Hormonstimulation mit Kryokonservierung befruchteter Eizellen abgelehnt hat. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von im Zusammenhang mit der Behandlung entstandenen Kosten.

Der Senat sieht von einer weiteren eingehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs 2 SGG). Nur ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 S 1 SGB V in Betracht.

Ein Erstattungsanspruch aus § 13 Abs 3a SGB V scheidet aus, weil dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Danach hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Kann die Krankenkasse diese Fristen nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Klägerin hat sich bereits am 03.07.2014 bei der Beklagten persönlich vorgestellt und bei Auslegung des Begehrens die Kostenübernahme für eine Kryokonservierung konkret beantragt. Bereits in diesem Termin hat der Sachbearbeiter der Beklagten mitgeteilt, dass Kosten für die Kryokonservierung in keinem Fall übernommen werden können. Insoweit war die Übernahme der Kosten bereits mündlich abgelehnt. Bei dieser Sachlage ist kein Raum für eine Genehmigungsfiktion im Sinne von § 13 Abs 3a SGB V, auch wenn später dann die Rechnungen dennoch mit der Bitte um Kostenerstattung übersandt werden.

Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris mwN).

Ein solcher Sachleistungsanspruch bestand hier nicht. Die von der Klägerin vorgebrachten Argumente führen zu keinem anderen Ergebnis. Ein Anspruch im Rahmen medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft gem § 27a SGB V scheidet schon deshalb aus, weil die Klägerin nicht verheiratet war (§ 27a Abs 1 Nr 3 SGB V). Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend, dass schon vor einer geplanten Ehe die Maßnahmen durchgeführt werden können und möglicherweise erst nach Eheschluss eine Kostenerstattung erfolgen solle, nicht möglich. Für den Kostenerstattungsanspruch kommt es auf den Sachleistungsanspruch im Zeitpunkt der Behandlung an. Diesen durfte der Gesetzgeber vom Bestehen einer Ehe abhängig machen (BVerfG 28.02.2007, 1 BvL 5/03). Im Übrigen gehört die Kryokonservierung und die Lagerung vorsorglich gewonnener Eizellen nicht zu den Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (vgl BSG 28.09.2010, B 1 KR 26/09 R).

Es besteht auch kein Anspruch gemäß § 27 SGB V. Die Krankenbehandlung nach § 27 Abs 1 Satz 4 SGB V zielt darauf ab, die Fähigkeit ganz oder teilweise wiederherzustellen, auf natürlichem Wege eine Schwangerschaft herbeizuführen. Hierzu diente die Behandlung bei der Klägerin auch im präventiven oder antizipierten Sinne nicht. Maßnahmen, die sich als Teil einer künstlichen Befruchtung erweisen, regelt das Gesetz allein im Rahmen des § 27a SGB V (vgl BSG 28.09.2010, B 1 KR 26/09 R; BSG 17.02.2010, B 1 KR 10/09 R).

Ein Sachleistungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V, unmittelbare aus der Verfassung oder aus den Grundsätzen des Systemversagen. Der hier vorliegende drohende Eintritt der Unfruchtbarkeit ist keine lebensbedrohliche bzw wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung (BSG 17.02.2010, B 1 KR 10/09 R). Ein Systemversagen ist weder vorgetragen, noch erkennbar.

Ob tatsächlich ein Anspruch auf eine Alternativbehandlung bestanden hätte, kann dahinstehen. Tatsächlich wurde die Alternativbehandlung nicht durchgeführt. Zudem verbietet sich im Rahmen der Beurteilung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung ein Kostenvergleich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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