Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 127/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2574/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 08.05.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten
Tatbestand:
Die in Portugal lebende Klägerin begehrt als Hinterbliebene im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1303 ("Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder Styrol") der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) ihres am 14.05.1991 verstorbenen Ehemannes (im Folgenden Versicherter).
Der 1944 geborene und am 14.05.1991 an den Folgen einer akuten myeloblastischen Leukämie (Bl. 92 der Verwaltungsakte) verstorbene Versicherte war in Deutschland zunächst von September 1971 bis März 1975 im Produktionsbereich der M. Reifenwerke (Bl. 63 der Verwaltungsakte) und von Oktober 1975 bis Juli 1984 als Bezieher von Polstermöbeln bei der Firma B. & Co. (Bl. 6 der Verwaltungsakte) beschäftigt.
Mit Schreiben vom 24.02.1993 (Bl. 13 der Verwaltungsakte) zeigte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend Beklagte) unter Vorlage eines Arztberichtes (Bl. 15/16, Übersetzung Bl. 26/27 der Verwaltungsakte) den Tod des Versicherten an.
Im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Feststellungsverfahrens befragte die Beklagte die ehemaligen Arbeitgeber des Versicherten (Bl. 6, 63 der Verwaltungsakte) und zog Stellungnahmen des Technischen Aufsichtsdienstes hierzu bei. Dr. J., Technischer Aufsichtsbeamter der Beklagten, teilte in seiner Stellungnahme vom 27.07.1993 (Bl. 65 der Verwaltungsakte) zu der Tätigkeit bei der Firma M. Reifenwerke mit, es gelte als sicher, dass der Versicherte keinen Kontakt zu Benzol oder Benzidin gehabt habe. Die genannten Substanzen kämen im Mitgliedsunternehmen nicht zum Einsatz. Es sei zu keinem Zeitpunkt Benzol verwendet worden. Das eingesetzte n-Hexan bzw. n-Heptan gelte als frei von aromatischen Kohlenwasserstoffverbindungen. Dr. S., Technischer Aufsichtsbeamter der Beklagten, gab in seiner Stellungnahme vom 18.08.1993 zu der Tätigkeit in der Firma B. & Co. (Bl. 8 der Verwaltungsakte) an, in der Vergangenheit seien – ohne dass detaillierte Informationen für den Zeitraum der Tätigkeit des Versicherten vorlägen – Klebstoffe eingesetzt worden, die organische Lösungsmittel, z.B. Toluol, Xylol u.a., enthielten. Mit höherer Wahrscheinlichkeit seien auch unterschiedliche Anteile an 1,1,1-Trichchlorethan, Dichlormethan, n-Hexan und Benzol in den Lösungsmittelklebern eingesetzt worden. In Stichproben Anfang der 80er Jahre habe man jedoch keine nennenswerten Konzentrationen mehr nachweisen können. Der staatliche Gewerbearzt Dr. B. teilte nach Auswertung der Unterlagen mit (Gutachten vom 08.04.1994 – Bl. 92 der Verwaltungsakte), von einem Lösungsmittelkontakt, u.a. auch Benzol, des Versicherten könne ausgegangen werden. Es sei jedoch anzunehmen, dass es sich dabei um eine geringe Exposition (im ml-Bereich) gehandelt habe. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse könne eine BK nach Nr. 1302/1303 nicht mit der ausreichenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Der Tod sei daher auch nicht Folge einer solchen.
Mit Bescheid vom 15.06.1994 (Bl. 102 der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer Berufskrankheit sowie Ansprüche auf Hinterbliebenenleistungen ab. Die Voraussetzungen, um bei dem Versicherten eine Berufskrankheit nach Nr. 1302/1303 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen, lägen nicht vor.
Den hiergegen mit Schreiben vom 04.07.1994 (Bl. 142 der Verwaltungsakte) erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.1995 (Bl. 216 der Verwaltungsakte) zurück.
Im Rahmen des hiergegen gerichteten Klageverfahrens bei dem Sozialgericht (SG) Mainz (Az. S 2 U 73/95) erhob das Gericht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten des Prof. Dr. K. (Leiter der Abteilung Osteopathologie und Hämatopathologie der Georg-August-Universität G.) vom 21.01.1997 (Bl. 270 der Verwaltungsakte). Unter Berücksichtigung der Arbeitsbedingungen und epidemiologischen Befunden ergäben sich gutachterlich keine hinreichend gesicherten Erkenntnisse dafür, dass die Leukämieerkrankung des Versicherten durch Benzol oder Lösungsmittel aus chlorierten bzw. nichtchlorierten Kohlenwasserstoffen kausal verursacht worden sei. Eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit nach Nr. 1302 und 1303 der Anlage 1 zur BKVO läge nicht vor. Aufgrund neuer Ergebnisse im Hinblick auf den Benzolgehalt des in der Firma M. Reifenwerke verwendeten Spezialbenzin holte das SG Mainz eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. K. ein. Dieser teilte unter dem 25.03.1997 mit (Bl. 308 der Verwaltungsakte), die Exposition des Versicherten gegenüber dem im Spezialbenzin enthaltenen Benzol sei bei der ausgeübten Tätigkeit quantitativ als gering einzustufen. Darüber hinaus sei die Exposition mit 3,5 Jahren vergleichsweise kurz gewesen. Die stattgefundene Exposition reiche damit weder in quantitativer noch in zeitlicher Hinsicht aus, um die bei dem Versicherten aufgetretene akute myeloische Leukämie induziert zu haben. Eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO liege daher nicht vor. Mit Urteil vom 23.04.1997 wies das SG Mainz die Klage ab (Bl. 317 der Verwaltungsakte).
Im anschließenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz (Az. L 3 U 163/97) legte die Beklagte auf Anforderung des Gerichts eine Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes zu den Benzolbelastungen des Versicherten während seiner Tätigkeit für die Firma B. & Co. vor. In seiner Stellungnahme vom 05.01.1998 (Bl. 389 der Verwaltungsakte) teilte der Technische Aufsichtsbeamte H. mit, dass aufgrund des Konkurses der Firma Ermittlungen vor Ort nicht mehr möglich seien. Es sei daher die ehemalige Fachkraft für Arbeitssicherheit Herr L. sowie ein ehemaliger Kollege, Herr A., welcher gemeinsam mit dem Versicherten bei der Firma B. & Co. gearbeitet habe, befragt worden. Nach den Angaben des Herrn A. habe der Versicherte nur sporadisch Sprühkleber verarbeitet. Nach Rücksprache mit dem Hersteller des verwendeten Sprühklebers habe der Kleber ab 1980 kein Benzol mehr enthalten. Ob dies auch für die Zeit vom 1976 bis 1979 gegolten habe, könne nicht mehr geklärt werden. Wenn überhaupt Benzol im Kleber eingesetzt worden sei, handele es sich um Verunreinigungen in einer Größenordnung von 0,1 bis 0,5 %. In einer weiteren Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten vom 09.06.1998 (Bl. 451 der Verwaltungsakte) teilte der Technische Aufsichtsbeamte Dr. S. zu der Tätigkeit des Versicherten bei der Firma M. Reifenwerke mit, der Versicherte habe Spezialbenzin mittels eines sog. "Tampons" auf die Reifenfläche aufgebracht. Ein direkter Hautkontakt mit dem Lösemittel habe dadurch weitgehend vermieden werden können. Es sei davon auszugehen, dass der Versicherte arbeitstäglich Lösemittelmengen von 5,5 bis 11 kg verarbeitet habe. Das LSG befragte sodann die Lieferanten der Firma B. & Co (Bl. 425 ff., 445 ff., 448, 454, 456, 459, 462 der Verwaltungsakte) sowie ehemalige Arbeitskollegen des Versicherten (Bl. 471 ff. der Verwaltungsakte). Die Beklagte legte daraufhin eine weitere Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes vom 14.12.1998 (Bl. 489 der Verwaltungsakte) vor. Danach sei am Arbeitsplatz des Versicherten Sprühkleber der Firma W. eingesetzt worden, welcher Aromaten (Benzol und Toluol) nur als Verunreinigung, d.h. weniger als 1 %, enthalten habe. Es habe bei den Ermittlungen daher nicht der Beweis erbracht werden können, dass der Versicherte Benzol in einer nennenswerten Größe ausgesetzt gewesen sei.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts holte das LSG Rheinland-Pfalz eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. K. ein. Dieser teilte unter dem 11.04.2000 mit (Bl. 526 der Verwaltungsakte), trotz der beträchtlichen Quantität an täglich verbrauchten "Spezialbenzin" bei der Firma M. Reifenwerke sei die quantitative und zeitliche Benzolexposition im niedrigschwelligen Bereich mit einer geringen kumulativen Exposition anzusiedeln. Die Benzolexposition des Versicherten während seiner beruflichen Tätigkeit als Polsterer bei der Firma B. & Co. sei quantitativ und zeitlich unter Berücksichtigung des großen Raumvolumens der Werkhalle so gering, dass sie keine relevante Rolle im Sinne eines Summationseffektes zu der Benzolbelastung bei den M.-Reifenwerken gespielt haben könne. Es sei unwahrscheinlich, dass die bei dem Versicherten aufgetretene akute Erythroleukämie durch seine berufliche Tätigkeiten mit einer im untersten Bereich anzusiedelnden niedrigschwelligen Benzolexposition im Sinne einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage 1 der BKVO verursacht worden sei.
Mit Urteil vom 25.07.2000 wies das LSG Rheinland-Pfalz die Berufung zurück (Bl. 540 der Verwaltungsakte). Die hiergegen zum Bundessozialgericht (BSG) gerichtete Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf dieses als unzulässig (Beschluss vom 27.10.2000 - B 2 U 315/00 B, Bl. 557 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 29.01.2000 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Gutachtens des Facharztes für Gerichtsmedizin Prof. Dr. P. des C. vom 19.09.2000 (Bl. 564ff, Übersetzung Bl. 574ff der Verwaltungsakte) die Überprüfung des Bescheides vom 15.06.1994 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.03.1995. Mit Bescheid vom 05.09.2001 lehnte die Beklagte die Überprüfung des Bescheides ab. Es hätten sich aufgrund der vorgelegten Unterlagen keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen ergeben, die über die bisher bekannten und bei den Entscheidungen berücksichtigten hinausgingen. Es werde daher abgelehnt, eine Überprüfung der erteilten Bescheide nach § 44 SGB X vorzunehmen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 06.12.2001 (Bl. 609 der Verwaltungsakte) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2002 zurück (Bl. 616 der Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob die Klägerin erneut Klage zum SG Mainz (Az. S 5 U 172/02) und legte im Rahmen des Klageverfahrens weitere Stellungnahmen des Prof. Dr. P. C. vom 31.12.2000 (Bl. 632 ff. der Verwaltungsakte) sowie des Internisten D. B. O. vom 19.09.2000 (Bl. 643 der Verwaltungsakte) vor. Mit Urteil vom 30.09.2005 wies das SG Mainz die Klage ab (Bl. 696 der Verwaltungsakte). Im Rahmen des hiergegen gerichteten Berufungsverfahrens bei dem LSG Rheinland-Pfalz (Az. L 3 U 293/05 bzw. L 3 U 222/08) erhob das Gericht gemäß § 109 SGG das Gutachten des Prof. Dr. N. vom 24.08.2006 (Bl. 726 der Verwaltungsakte). Dieser gab an, er könne sich nicht abschließend zu den an ihn gerichteten Fragen äußern und schlug vor, die ausstehende Entscheidung des ärztlichen Sachverständigenbeirates des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherheit zur Frage einer Grenzdosis für die Anerkennung einer akuten myeloischen Leukämie abzuwarten.
Auf Anforderung des LSG Rheinland-Pfalz legte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes vom 20.07.2009 zur restropektiven Beurteilung der Benzolexposition in ppm-Jahren vor (Bl. 781 der Verwaltungsakte). Für die Tätigkeit bei den M. -Reifenwerken und der Firma B. & Co. betrage die Exposition rechnerisch 1,3 Benzoljahre. Die rechnerische Abschätzung könne nur eine maximal mögliche Benzolexposition darstellen. Der individuelle Wert liege wahrscheinlich viel niedriger. Das LSG erhob daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. N. vom 12.09.2009 (Bl. 793 der Verwaltungsakte), der unter der Annahme einer kumulativen Benzoldosis von 10 ppm-Jahren die Einwirkungskausalität für die akute myeloische Leukämie des Versicherten bejahte. Die Zugehörigkeit des Versicherten zu einer Berufsgruppe mit deutlich erhöhtem Leukämie-Risiko sei allerdings aus der nur 3,5-jährigen Tätigkeit in der Gummi-Industrie alleine nicht ausreichend zu belegen.
Mit Urteil vom 27.11.2009 wies das LSG Rheinland-Pfalz die Berufung zurück (Bl. 812 der Verwaltungsakte). Die hiergegen zum BSG erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde mit Beschluss vom 11.05.2010 als unzulässig verworfen (B 2 U 88/10 B, Bl. 841 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 10.02.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Überprüfung, ob bei dem Versicherten eine Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO vorgelegen habe. Zur Begründung führte sie aus, die Berechnung der Benzolbelastung sei nicht plausibel. Es ergebe sich eine Dosis von mehr als 10 ppm- Jahren. Bereits im Verfahren vor dem LSG Rheinland-Pfalz habe der beauftragte Sachverständige Prof. Dr. N. ausgeführt, dass die arbeitstechnische Berechnung des ppm-Wertes nicht plausibel erscheine. Zudem sei von einer Beweiserleichterung bei unverschuldetem Beweisnotstand auszugehen.
Mit Bescheid vom 18.03.2014 lehnte es die Beklagte ab, den Bescheid vom 15.06.1994 nach § 44 SGB X zu überprüfen. Aus dem Antrag ergäben sich keine neuen Hinweise, dass bei Erlass des Bescheides das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Mit Schreiben vom 18.06.2014 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und führte zur Begründung an, die Benzolbelastung habe im konkreten Arbeitsbereich des Versicherten erfolgen müssen. Eine Berücksichtigung der Gesamtbelastung in der volumenmäßig äußerst großen Arbeitshalle sei unzutreffend. Die Beklagte habe zudem das Gutachten des Prof. Dr. N. in ihrer Überprüfungsentscheidung fehlerhaft außer Acht gelassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die vorgetragenen Angaben und Einwände zu den Expositionsermittlungen seien bereits Gegenstand der bisherigen Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren gewesen. Neue Gesichtspunkte ergäben sich auch aus der Widerspruchsbegründung nicht.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 14.01.2015 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG). Zur Begründung führte sie aus, die bisherige Berechnung der Benzolbelastung des Versicherten erscheine nicht plausibel. Dies habe auch der Sachverständige im Verfahren vor dem LSG Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. N. bereits beanstandet. Nach ihrer Auffassung ergebe sich eine kumulative Dosis von mehr als 10 ppm-Jahren. Darüber hinaus sei lediglich die allgemeine Raumluftkonzentration berechnet worden, die nicht berücksichtige, dass das Benzol wiederkehrend in der Nähe der Atemwege freigesetzt worden sei. Prof. Dr. N. habe insoweit angeregt, weitere Sachverhaltsaufklärung anzustellen, die jedoch unterblieben sei. Es sei von falschen Konzentrationen des Benzols in den von dem Versicherten verwendeten Produkten ausgegangen worden. So sei von einem Polstermöbelkleber ausgegangen worden, der erst ab Mai 1979 Verwendung gefunden habe. Es werde zudem auf das Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 1318 vom 30.12.2009 Bezug genommen, wonach die Angabe eines Dosisgrenzwertes für die Anerkennung der Berufskrankheit nicht möglich sei. Diese Einschätzung müsse vorliegend ebenfalls Berücksichtigung finden. Zudem sei hier von einer Beweiserleichterung bei unverschuldetem Beweisnotstand auszugehen, da das Ausmaß der hier lange zurückliegenden Einwirkungen nicht mehr vollumfänglich feststellbar sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.05.2015 wies das SG die Klage ab.
Gegen den ihrer Prozessbevollmächtigten am 18.05.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.06.2015 Berufung zum LSG Baden-Württemberg erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und führt an, der Sachverhalt sei weiterhin nicht ausreichend ermittelt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 08.05.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 16.10.2014 und den Bescheid vom 15.06.1994 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.03.1995 aufzuheben und festzustellen, dass bei dem Versicherten eine Berufskrankheit Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO vorgelegen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Ausführungen des SG. Diesen lasse sich entnehmen, dass im Jahr 2015 – ca. 30 Jahre nach Beendigung der benzolexponierten Tätigkeit beim besten Willen nicht mehr feststellbar sei, ob und in welchem Umfang die damals zu Grunde gelegte Benzoldosis unzutreffend gewesen sei. Brauchbare neue Ermittlungsansätze fänden sich auch nicht im Vorbringen der Klägerin. Die bloße Tatsache, dass ein den Leistungsanspruch auslösender Sachverhalt schwer zu beweisen sei, rechtfertige auch keine Beweiserleichterung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 35/36 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akte des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 08.05.2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 15.06.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.1995 und auf Feststellung einer BK nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO.
Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG oder – wie hier – kombiniert mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R). Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. Es kann deshalb mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18; LSG Baden-Württemberg 25.01.2013 - L 8 U 4645/11 - juris).
Rechtsgrundlage für den Bescheid der Beklagten vom 18.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2014 ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen (Urteil des Senats 20.02.2015 – L 8 AL 2818/14, juris). Ergeben sich aber im Einzelfall keine Anhaltspunkte für die sachliche Unrichtigkeit des bindenden Verwaltungsakts, so beschränkt sich die Entscheidung auf die vom Betroffenen vorgebrachten Einwände und lässt die Bindungswirkung im Übrigen unberührt (BSG 12.12.1996 – 1 Rar 57/96, juris).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Rücknahme des Bescheides vom 15.06.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.1995 und auf Feststellung BK nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO.
Im vorliegenden Fall sind nicht die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII - BGBl. I 1996 S. 1254) anzuwenden, denn Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch auf Feststellung und Leistungsgewährung aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall (vgl. §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII), weshalb allein die bis zum 31.12.1996 geltenden Rechtsvorschriften Anwendung finden und insbesondere auch nicht die Berufskrankheiten-Verordnung vom 31.10.1997 (BKV), die aufgrund der Vorschriften des SGB VII erlassen worden ist, sondern die bis 30.11.1997 geltende Siebte Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 20.06.1968.
Berufskrankheiten sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Dabei wird die Bundesregierung ermächtigt, solche Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Eine Leistungspflicht wegen einer Berufskrankheit besteht - von einer MdE von wenigstens 20 v.H. abgesehen - nur dann, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist und durch die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden ist. Die Verrichtung einer – grundsätzlich – versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 -B 2 U 9/08 R-, veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil 02.04.2009 a.a.O.), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit – auch körperliche Arbeit – und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen – in nachgewiesener Dauer und Intensität – begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität beim Arbeitsunfall zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u. a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSG 19, 52; 42, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9/A 26). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausallehre von der wesentlichen Bedingung (vgl. BSGE 61, 127, 129) sind als Ursache und Mitursache im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 13; Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 12. Aufl., Band 3, RdNrn. 309 ff zu § 8 SGB VII m.w.N.). Haben mehrere Bedingungen gemeinsam zu einem Erfolg geführt, sind sie rechtlich nur dann wesentliche Bedingungen und damit Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges in gleichem Maße wesentlich sind (Krasney a.a.O. RdNr. 314). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSGE 12, 242, 245 f; 13, 175, 176; Brackmann a.a.O. S 480k I m.w.N.).
Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (vgl. BSG 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112).
Im Vergleich zu den beiden Gerichtsverfahren vor dem SG Mainz in den Jahren 1997 und 2005 sowie den anschließenden Berufungsverfahren vor dem LSG Rheinland-Pfalz ergeben sich keine neuen Tatsachen, die für die Unrichtigkeit der bisherigen Entscheidungen sprechen. Der Senat schließt sich insofern der Auffassung des Sozialgerichts Mainz und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz an, die die Feststellung der BK Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO abgelehnt haben. Auf die Ausführungen des SG in seinem Gerichtsbescheid vom 08.05.2015 wird Bezug genommen.
Wie die Klägerin selbst dargelegt hat, kann das Ausmaß der hier lange zurückliegenden Einwirkungen nicht mehr vollumfänglich festgestellt werden. Da zum Zeitpunkt der Tätigkeit des Versicherten keine konkreten Expositionswerte erfasst wurden, muss auf Erfahrungswerte, Angaben aus den folgenden Jahren, den vor den Landessozialgericht gehörten Zeugenaussagen sowie den dort eingeholten Herstellerauskünften zurückgegriffen werden. Dies ist in den Verfahren vor dem SG Mainz sowie dem LSG Rheinland-Pfalz ausführlich erfolgt. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten sieht der Senat nicht und werden auch von der Klägerin nicht vorgetragen.
Soweit die Klägerin von einer Expositionszeit von 10 Jahren ausgeht, trägt sie keine Tatsachen vor, die diese Behauptung stützen könnten. Der Senat sieht sich insoweit auch nicht zu weiteren Ermittlungen veranlasst. Der Ermittlungsgrundsatz (§ 20 SGB X, § 103 SGG) begründet keine Pflicht von Behörden oder Gerichten, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern (Voelzke/Hahn, SGb 2012, 685 ff.). Solche ergeben sich vorliegend jedoch weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus dem Gutachten des Prof. Dr. N., welches zudem bereits Gegenstand des zweiten Verfahrens vor dem LSG Rheinland-Pfalz war. Die von Prof. Dr. N. bei der Berechnung der Expositionszeit zu Grunde gelegten Annahmen sind spekulativ. Die von ihm unterstellte kumulative dermale Einwirkung über kontaminierte Arbeitskleidung (vgl. seine Stellungnahme vom 12.09.2009, Seite 3 = Blatt 795 der BG-Akte) ist dem Ermittlungsergebnis des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten (Stellungnahme des Diplom-Ingenieurs B. vom 14.10.2009, Bl. 801 ff der BG-Akte) und vor allem nicht den Aussagen der als Zeugen vor dem LSG Rheinland-Pfalz gehörten früheren Arbeitskollegen (vgl. Bl. 474 ff der BG Akte) zu entnehmen. Dass die Arbeitskleidung bei den von den Zeugen beschriebenen Arbeitsvorgängen regelmäßig nass oder feucht geworden ist, hat kein Zeuge in Kenntnis des für die Zeugenvernehmung anlassgebenden Beweisthemas angegeben. Die von Prof. Dr. N. entgegen dem Gutachten von Prof. Dr. K. angenommene erhöhte Raumluftkonzentration aufgrund höherer Lösungsmittelkonzentrationen in den verwendeten Betriebsstoffen ist zur Überzeugung des Senats, und insoweit im Einklang mit der Einschätzung des SG und den gerichtlichen Entscheidungen in den vorangegangenen abgeschlossenen Verfahren der Klägerin, nicht belegt. Der Sachverständige stützt sich hierbei auf die angebliche Verwendung von "Technischem Toluol", das aber in überzeugender Darstellung des Diplom-Ingenieur B. ausweislich der aktenkundigen Rezeptur nicht bei der Herstellung des Polsterklebers verwendet worden war. Auch die von der Klägerin mehrfach gerügte Änderung des Polsterklebers 1979 ist entgegen ihrer Auffassung bei der Expositionsermittlung des Technischen Aufsichtsdienstes auf der Grundlage der ermittelbaren Datenlage berücksichtigt worden. Diplom-Ingenieur B. verweist auf die vorausgegangenen Stellungnahmen des Technischen Aufsichtsdienstes und bezieht sich auf die Kleber-Rezeptur "Änderung vom 04.05.1979", die über Jahre hinweg in den Hauptbestandteilen aber identisch war und explizit Inhaltsstoffe von Polstermöbelklebstoff betraf, wohingegen Prof. Dr. N. die Zusammensetzung organischer Lösungsmittel bei Klebstoffen allgemein seiner Expositionseinschätzung zugrunde legte (Stellungnahme von Diplom-Ingenieur B. vom 14.10.2009). Letztlich hatte Prof. Dr. N. selbst in seiner gutachterlichen Ergänzung vom 12.09.2009 mitgeteilt, dass eine genaue Abschätzung angesichts mangelnder Informationen über die Höhe der Belastungen durch Benzol, die der Versicherte ausgesetzt war, schwer zu leisten sein wird. Eine detaillierte Arbeitsplatzanamnese kann jedoch über 30 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit nicht mehr erfolgen. Allein die Zugehörigkeit zu einem Personenkreis, z.B. wie hier die Beschäftigung in der Gummiindustrie, rechtfertigt keine Annahme der Exposition. Dies legt auch Prof. Dr. N. dar, der insoweit mitgeteilt hat, dass die Zugehörigkeit des Versicherten zu einer Berufsgruppe mit deutlich erhöhtem Leukämie-Risiko aus seiner 3,5-jährigen Tätigkeit in der Gummi-Industrie nicht ausreichend zu belegen sei. Der Senat sieht insoweit keine weiteren Ermittlungsmöglichkeiten.
Soweit die Klägerin auf neue Verfahren zur Bestimmung von Benzol in Arbeitsbereichen Bezug nimmt, ändert dies an der Beurteilung im vorliegenden Verfahren nichts. Wie dargelegt, wurden entsprechende Messungen zum Zeitpunkt der Tätigkeit des Versicherten nicht durchgeführt und können nunmehr über 20 Jahre nach dem Tod des Versicherten und über 30 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit auch nicht mehr nachgeholt werden.
Dass die Klägerin aufgrund des Zeitablaufs nicht unerhebliche Beweisschwierigkeiten hat, wurde bereits im vorangegangenen Verfahren vor dem LSG Rheinland-Pfalz zutreffend gewürdigt. Wie das LSG Rheinland-Pfalz sieht auch der Senat keine Gründe für die Annahme eines Beweisnotstandes und einer daraus resultierenden Beweiserleichterung. Zwar kann es im Unfallversicherungsrecht einen sachtypischen Beweisnotstand geben, der auf den Besonderheiten der versicherten Tätigkeit oder sonstigen, dem Beschäftigungsunternehmen bzw. dem Unfallversicherungsträger zuzurechnenden Umständen beruht, was die Beweiswürdigung beeinflussen kann. Derartige besondere Beweisschwierigkeiten können z.B. bei unfallbedingtem Erinnerungsverlust oder tödlichem Unfall, des allein und ohne Zeugen arbeitenden Versicherten entstehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 128 RdNr. 3e). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten
Tatbestand:
Die in Portugal lebende Klägerin begehrt als Hinterbliebene im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1303 ("Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder Styrol") der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) ihres am 14.05.1991 verstorbenen Ehemannes (im Folgenden Versicherter).
Der 1944 geborene und am 14.05.1991 an den Folgen einer akuten myeloblastischen Leukämie (Bl. 92 der Verwaltungsakte) verstorbene Versicherte war in Deutschland zunächst von September 1971 bis März 1975 im Produktionsbereich der M. Reifenwerke (Bl. 63 der Verwaltungsakte) und von Oktober 1975 bis Juli 1984 als Bezieher von Polstermöbeln bei der Firma B. & Co. (Bl. 6 der Verwaltungsakte) beschäftigt.
Mit Schreiben vom 24.02.1993 (Bl. 13 der Verwaltungsakte) zeigte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend Beklagte) unter Vorlage eines Arztberichtes (Bl. 15/16, Übersetzung Bl. 26/27 der Verwaltungsakte) den Tod des Versicherten an.
Im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Feststellungsverfahrens befragte die Beklagte die ehemaligen Arbeitgeber des Versicherten (Bl. 6, 63 der Verwaltungsakte) und zog Stellungnahmen des Technischen Aufsichtsdienstes hierzu bei. Dr. J., Technischer Aufsichtsbeamter der Beklagten, teilte in seiner Stellungnahme vom 27.07.1993 (Bl. 65 der Verwaltungsakte) zu der Tätigkeit bei der Firma M. Reifenwerke mit, es gelte als sicher, dass der Versicherte keinen Kontakt zu Benzol oder Benzidin gehabt habe. Die genannten Substanzen kämen im Mitgliedsunternehmen nicht zum Einsatz. Es sei zu keinem Zeitpunkt Benzol verwendet worden. Das eingesetzte n-Hexan bzw. n-Heptan gelte als frei von aromatischen Kohlenwasserstoffverbindungen. Dr. S., Technischer Aufsichtsbeamter der Beklagten, gab in seiner Stellungnahme vom 18.08.1993 zu der Tätigkeit in der Firma B. & Co. (Bl. 8 der Verwaltungsakte) an, in der Vergangenheit seien – ohne dass detaillierte Informationen für den Zeitraum der Tätigkeit des Versicherten vorlägen – Klebstoffe eingesetzt worden, die organische Lösungsmittel, z.B. Toluol, Xylol u.a., enthielten. Mit höherer Wahrscheinlichkeit seien auch unterschiedliche Anteile an 1,1,1-Trichchlorethan, Dichlormethan, n-Hexan und Benzol in den Lösungsmittelklebern eingesetzt worden. In Stichproben Anfang der 80er Jahre habe man jedoch keine nennenswerten Konzentrationen mehr nachweisen können. Der staatliche Gewerbearzt Dr. B. teilte nach Auswertung der Unterlagen mit (Gutachten vom 08.04.1994 – Bl. 92 der Verwaltungsakte), von einem Lösungsmittelkontakt, u.a. auch Benzol, des Versicherten könne ausgegangen werden. Es sei jedoch anzunehmen, dass es sich dabei um eine geringe Exposition (im ml-Bereich) gehandelt habe. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse könne eine BK nach Nr. 1302/1303 nicht mit der ausreichenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Der Tod sei daher auch nicht Folge einer solchen.
Mit Bescheid vom 15.06.1994 (Bl. 102 der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer Berufskrankheit sowie Ansprüche auf Hinterbliebenenleistungen ab. Die Voraussetzungen, um bei dem Versicherten eine Berufskrankheit nach Nr. 1302/1303 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen, lägen nicht vor.
Den hiergegen mit Schreiben vom 04.07.1994 (Bl. 142 der Verwaltungsakte) erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.1995 (Bl. 216 der Verwaltungsakte) zurück.
Im Rahmen des hiergegen gerichteten Klageverfahrens bei dem Sozialgericht (SG) Mainz (Az. S 2 U 73/95) erhob das Gericht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten des Prof. Dr. K. (Leiter der Abteilung Osteopathologie und Hämatopathologie der Georg-August-Universität G.) vom 21.01.1997 (Bl. 270 der Verwaltungsakte). Unter Berücksichtigung der Arbeitsbedingungen und epidemiologischen Befunden ergäben sich gutachterlich keine hinreichend gesicherten Erkenntnisse dafür, dass die Leukämieerkrankung des Versicherten durch Benzol oder Lösungsmittel aus chlorierten bzw. nichtchlorierten Kohlenwasserstoffen kausal verursacht worden sei. Eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit nach Nr. 1302 und 1303 der Anlage 1 zur BKVO läge nicht vor. Aufgrund neuer Ergebnisse im Hinblick auf den Benzolgehalt des in der Firma M. Reifenwerke verwendeten Spezialbenzin holte das SG Mainz eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. K. ein. Dieser teilte unter dem 25.03.1997 mit (Bl. 308 der Verwaltungsakte), die Exposition des Versicherten gegenüber dem im Spezialbenzin enthaltenen Benzol sei bei der ausgeübten Tätigkeit quantitativ als gering einzustufen. Darüber hinaus sei die Exposition mit 3,5 Jahren vergleichsweise kurz gewesen. Die stattgefundene Exposition reiche damit weder in quantitativer noch in zeitlicher Hinsicht aus, um die bei dem Versicherten aufgetretene akute myeloische Leukämie induziert zu haben. Eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO liege daher nicht vor. Mit Urteil vom 23.04.1997 wies das SG Mainz die Klage ab (Bl. 317 der Verwaltungsakte).
Im anschließenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz (Az. L 3 U 163/97) legte die Beklagte auf Anforderung des Gerichts eine Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes zu den Benzolbelastungen des Versicherten während seiner Tätigkeit für die Firma B. & Co. vor. In seiner Stellungnahme vom 05.01.1998 (Bl. 389 der Verwaltungsakte) teilte der Technische Aufsichtsbeamte H. mit, dass aufgrund des Konkurses der Firma Ermittlungen vor Ort nicht mehr möglich seien. Es sei daher die ehemalige Fachkraft für Arbeitssicherheit Herr L. sowie ein ehemaliger Kollege, Herr A., welcher gemeinsam mit dem Versicherten bei der Firma B. & Co. gearbeitet habe, befragt worden. Nach den Angaben des Herrn A. habe der Versicherte nur sporadisch Sprühkleber verarbeitet. Nach Rücksprache mit dem Hersteller des verwendeten Sprühklebers habe der Kleber ab 1980 kein Benzol mehr enthalten. Ob dies auch für die Zeit vom 1976 bis 1979 gegolten habe, könne nicht mehr geklärt werden. Wenn überhaupt Benzol im Kleber eingesetzt worden sei, handele es sich um Verunreinigungen in einer Größenordnung von 0,1 bis 0,5 %. In einer weiteren Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten vom 09.06.1998 (Bl. 451 der Verwaltungsakte) teilte der Technische Aufsichtsbeamte Dr. S. zu der Tätigkeit des Versicherten bei der Firma M. Reifenwerke mit, der Versicherte habe Spezialbenzin mittels eines sog. "Tampons" auf die Reifenfläche aufgebracht. Ein direkter Hautkontakt mit dem Lösemittel habe dadurch weitgehend vermieden werden können. Es sei davon auszugehen, dass der Versicherte arbeitstäglich Lösemittelmengen von 5,5 bis 11 kg verarbeitet habe. Das LSG befragte sodann die Lieferanten der Firma B. & Co (Bl. 425 ff., 445 ff., 448, 454, 456, 459, 462 der Verwaltungsakte) sowie ehemalige Arbeitskollegen des Versicherten (Bl. 471 ff. der Verwaltungsakte). Die Beklagte legte daraufhin eine weitere Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes vom 14.12.1998 (Bl. 489 der Verwaltungsakte) vor. Danach sei am Arbeitsplatz des Versicherten Sprühkleber der Firma W. eingesetzt worden, welcher Aromaten (Benzol und Toluol) nur als Verunreinigung, d.h. weniger als 1 %, enthalten habe. Es habe bei den Ermittlungen daher nicht der Beweis erbracht werden können, dass der Versicherte Benzol in einer nennenswerten Größe ausgesetzt gewesen sei.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts holte das LSG Rheinland-Pfalz eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. K. ein. Dieser teilte unter dem 11.04.2000 mit (Bl. 526 der Verwaltungsakte), trotz der beträchtlichen Quantität an täglich verbrauchten "Spezialbenzin" bei der Firma M. Reifenwerke sei die quantitative und zeitliche Benzolexposition im niedrigschwelligen Bereich mit einer geringen kumulativen Exposition anzusiedeln. Die Benzolexposition des Versicherten während seiner beruflichen Tätigkeit als Polsterer bei der Firma B. & Co. sei quantitativ und zeitlich unter Berücksichtigung des großen Raumvolumens der Werkhalle so gering, dass sie keine relevante Rolle im Sinne eines Summationseffektes zu der Benzolbelastung bei den M.-Reifenwerken gespielt haben könne. Es sei unwahrscheinlich, dass die bei dem Versicherten aufgetretene akute Erythroleukämie durch seine berufliche Tätigkeiten mit einer im untersten Bereich anzusiedelnden niedrigschwelligen Benzolexposition im Sinne einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage 1 der BKVO verursacht worden sei.
Mit Urteil vom 25.07.2000 wies das LSG Rheinland-Pfalz die Berufung zurück (Bl. 540 der Verwaltungsakte). Die hiergegen zum Bundessozialgericht (BSG) gerichtete Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf dieses als unzulässig (Beschluss vom 27.10.2000 - B 2 U 315/00 B, Bl. 557 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 29.01.2000 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Gutachtens des Facharztes für Gerichtsmedizin Prof. Dr. P. des C. vom 19.09.2000 (Bl. 564ff, Übersetzung Bl. 574ff der Verwaltungsakte) die Überprüfung des Bescheides vom 15.06.1994 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.03.1995. Mit Bescheid vom 05.09.2001 lehnte die Beklagte die Überprüfung des Bescheides ab. Es hätten sich aufgrund der vorgelegten Unterlagen keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen ergeben, die über die bisher bekannten und bei den Entscheidungen berücksichtigten hinausgingen. Es werde daher abgelehnt, eine Überprüfung der erteilten Bescheide nach § 44 SGB X vorzunehmen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 06.12.2001 (Bl. 609 der Verwaltungsakte) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2002 zurück (Bl. 616 der Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob die Klägerin erneut Klage zum SG Mainz (Az. S 5 U 172/02) und legte im Rahmen des Klageverfahrens weitere Stellungnahmen des Prof. Dr. P. C. vom 31.12.2000 (Bl. 632 ff. der Verwaltungsakte) sowie des Internisten D. B. O. vom 19.09.2000 (Bl. 643 der Verwaltungsakte) vor. Mit Urteil vom 30.09.2005 wies das SG Mainz die Klage ab (Bl. 696 der Verwaltungsakte). Im Rahmen des hiergegen gerichteten Berufungsverfahrens bei dem LSG Rheinland-Pfalz (Az. L 3 U 293/05 bzw. L 3 U 222/08) erhob das Gericht gemäß § 109 SGG das Gutachten des Prof. Dr. N. vom 24.08.2006 (Bl. 726 der Verwaltungsakte). Dieser gab an, er könne sich nicht abschließend zu den an ihn gerichteten Fragen äußern und schlug vor, die ausstehende Entscheidung des ärztlichen Sachverständigenbeirates des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherheit zur Frage einer Grenzdosis für die Anerkennung einer akuten myeloischen Leukämie abzuwarten.
Auf Anforderung des LSG Rheinland-Pfalz legte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes vom 20.07.2009 zur restropektiven Beurteilung der Benzolexposition in ppm-Jahren vor (Bl. 781 der Verwaltungsakte). Für die Tätigkeit bei den M. -Reifenwerken und der Firma B. & Co. betrage die Exposition rechnerisch 1,3 Benzoljahre. Die rechnerische Abschätzung könne nur eine maximal mögliche Benzolexposition darstellen. Der individuelle Wert liege wahrscheinlich viel niedriger. Das LSG erhob daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. N. vom 12.09.2009 (Bl. 793 der Verwaltungsakte), der unter der Annahme einer kumulativen Benzoldosis von 10 ppm-Jahren die Einwirkungskausalität für die akute myeloische Leukämie des Versicherten bejahte. Die Zugehörigkeit des Versicherten zu einer Berufsgruppe mit deutlich erhöhtem Leukämie-Risiko sei allerdings aus der nur 3,5-jährigen Tätigkeit in der Gummi-Industrie alleine nicht ausreichend zu belegen.
Mit Urteil vom 27.11.2009 wies das LSG Rheinland-Pfalz die Berufung zurück (Bl. 812 der Verwaltungsakte). Die hiergegen zum BSG erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde mit Beschluss vom 11.05.2010 als unzulässig verworfen (B 2 U 88/10 B, Bl. 841 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 10.02.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Überprüfung, ob bei dem Versicherten eine Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO vorgelegen habe. Zur Begründung führte sie aus, die Berechnung der Benzolbelastung sei nicht plausibel. Es ergebe sich eine Dosis von mehr als 10 ppm- Jahren. Bereits im Verfahren vor dem LSG Rheinland-Pfalz habe der beauftragte Sachverständige Prof. Dr. N. ausgeführt, dass die arbeitstechnische Berechnung des ppm-Wertes nicht plausibel erscheine. Zudem sei von einer Beweiserleichterung bei unverschuldetem Beweisnotstand auszugehen.
Mit Bescheid vom 18.03.2014 lehnte es die Beklagte ab, den Bescheid vom 15.06.1994 nach § 44 SGB X zu überprüfen. Aus dem Antrag ergäben sich keine neuen Hinweise, dass bei Erlass des Bescheides das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Mit Schreiben vom 18.06.2014 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und führte zur Begründung an, die Benzolbelastung habe im konkreten Arbeitsbereich des Versicherten erfolgen müssen. Eine Berücksichtigung der Gesamtbelastung in der volumenmäßig äußerst großen Arbeitshalle sei unzutreffend. Die Beklagte habe zudem das Gutachten des Prof. Dr. N. in ihrer Überprüfungsentscheidung fehlerhaft außer Acht gelassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die vorgetragenen Angaben und Einwände zu den Expositionsermittlungen seien bereits Gegenstand der bisherigen Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren gewesen. Neue Gesichtspunkte ergäben sich auch aus der Widerspruchsbegründung nicht.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 14.01.2015 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG). Zur Begründung führte sie aus, die bisherige Berechnung der Benzolbelastung des Versicherten erscheine nicht plausibel. Dies habe auch der Sachverständige im Verfahren vor dem LSG Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. N. bereits beanstandet. Nach ihrer Auffassung ergebe sich eine kumulative Dosis von mehr als 10 ppm-Jahren. Darüber hinaus sei lediglich die allgemeine Raumluftkonzentration berechnet worden, die nicht berücksichtige, dass das Benzol wiederkehrend in der Nähe der Atemwege freigesetzt worden sei. Prof. Dr. N. habe insoweit angeregt, weitere Sachverhaltsaufklärung anzustellen, die jedoch unterblieben sei. Es sei von falschen Konzentrationen des Benzols in den von dem Versicherten verwendeten Produkten ausgegangen worden. So sei von einem Polstermöbelkleber ausgegangen worden, der erst ab Mai 1979 Verwendung gefunden habe. Es werde zudem auf das Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 1318 vom 30.12.2009 Bezug genommen, wonach die Angabe eines Dosisgrenzwertes für die Anerkennung der Berufskrankheit nicht möglich sei. Diese Einschätzung müsse vorliegend ebenfalls Berücksichtigung finden. Zudem sei hier von einer Beweiserleichterung bei unverschuldetem Beweisnotstand auszugehen, da das Ausmaß der hier lange zurückliegenden Einwirkungen nicht mehr vollumfänglich feststellbar sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.05.2015 wies das SG die Klage ab.
Gegen den ihrer Prozessbevollmächtigten am 18.05.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.06.2015 Berufung zum LSG Baden-Württemberg erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und führt an, der Sachverhalt sei weiterhin nicht ausreichend ermittelt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 08.05.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 16.10.2014 und den Bescheid vom 15.06.1994 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.03.1995 aufzuheben und festzustellen, dass bei dem Versicherten eine Berufskrankheit Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO vorgelegen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Ausführungen des SG. Diesen lasse sich entnehmen, dass im Jahr 2015 – ca. 30 Jahre nach Beendigung der benzolexponierten Tätigkeit beim besten Willen nicht mehr feststellbar sei, ob und in welchem Umfang die damals zu Grunde gelegte Benzoldosis unzutreffend gewesen sei. Brauchbare neue Ermittlungsansätze fänden sich auch nicht im Vorbringen der Klägerin. Die bloße Tatsache, dass ein den Leistungsanspruch auslösender Sachverhalt schwer zu beweisen sei, rechtfertige auch keine Beweiserleichterung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 35/36 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akte des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 08.05.2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 15.06.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.1995 und auf Feststellung einer BK nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO.
Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG oder – wie hier – kombiniert mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R). Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. Es kann deshalb mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18; LSG Baden-Württemberg 25.01.2013 - L 8 U 4645/11 - juris).
Rechtsgrundlage für den Bescheid der Beklagten vom 18.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2014 ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen (Urteil des Senats 20.02.2015 – L 8 AL 2818/14, juris). Ergeben sich aber im Einzelfall keine Anhaltspunkte für die sachliche Unrichtigkeit des bindenden Verwaltungsakts, so beschränkt sich die Entscheidung auf die vom Betroffenen vorgebrachten Einwände und lässt die Bindungswirkung im Übrigen unberührt (BSG 12.12.1996 – 1 Rar 57/96, juris).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Rücknahme des Bescheides vom 15.06.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.03.1995 und auf Feststellung BK nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO.
Im vorliegenden Fall sind nicht die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII - BGBl. I 1996 S. 1254) anzuwenden, denn Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch auf Feststellung und Leistungsgewährung aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall (vgl. §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII), weshalb allein die bis zum 31.12.1996 geltenden Rechtsvorschriften Anwendung finden und insbesondere auch nicht die Berufskrankheiten-Verordnung vom 31.10.1997 (BKV), die aufgrund der Vorschriften des SGB VII erlassen worden ist, sondern die bis 30.11.1997 geltende Siebte Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 20.06.1968.
Berufskrankheiten sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Dabei wird die Bundesregierung ermächtigt, solche Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Eine Leistungspflicht wegen einer Berufskrankheit besteht - von einer MdE von wenigstens 20 v.H. abgesehen - nur dann, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist und durch die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden ist. Die Verrichtung einer – grundsätzlich – versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 -B 2 U 9/08 R-, veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil 02.04.2009 a.a.O.), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit – auch körperliche Arbeit – und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen – in nachgewiesener Dauer und Intensität – begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität beim Arbeitsunfall zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u. a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSG 19, 52; 42, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9/A 26). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausallehre von der wesentlichen Bedingung (vgl. BSGE 61, 127, 129) sind als Ursache und Mitursache im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 13; Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 12. Aufl., Band 3, RdNrn. 309 ff zu § 8 SGB VII m.w.N.). Haben mehrere Bedingungen gemeinsam zu einem Erfolg geführt, sind sie rechtlich nur dann wesentliche Bedingungen und damit Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges in gleichem Maße wesentlich sind (Krasney a.a.O. RdNr. 314). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSGE 12, 242, 245 f; 13, 175, 176; Brackmann a.a.O. S 480k I m.w.N.).
Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (vgl. BSG 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112).
Im Vergleich zu den beiden Gerichtsverfahren vor dem SG Mainz in den Jahren 1997 und 2005 sowie den anschließenden Berufungsverfahren vor dem LSG Rheinland-Pfalz ergeben sich keine neuen Tatsachen, die für die Unrichtigkeit der bisherigen Entscheidungen sprechen. Der Senat schließt sich insofern der Auffassung des Sozialgerichts Mainz und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz an, die die Feststellung der BK Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKVO abgelehnt haben. Auf die Ausführungen des SG in seinem Gerichtsbescheid vom 08.05.2015 wird Bezug genommen.
Wie die Klägerin selbst dargelegt hat, kann das Ausmaß der hier lange zurückliegenden Einwirkungen nicht mehr vollumfänglich festgestellt werden. Da zum Zeitpunkt der Tätigkeit des Versicherten keine konkreten Expositionswerte erfasst wurden, muss auf Erfahrungswerte, Angaben aus den folgenden Jahren, den vor den Landessozialgericht gehörten Zeugenaussagen sowie den dort eingeholten Herstellerauskünften zurückgegriffen werden. Dies ist in den Verfahren vor dem SG Mainz sowie dem LSG Rheinland-Pfalz ausführlich erfolgt. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten sieht der Senat nicht und werden auch von der Klägerin nicht vorgetragen.
Soweit die Klägerin von einer Expositionszeit von 10 Jahren ausgeht, trägt sie keine Tatsachen vor, die diese Behauptung stützen könnten. Der Senat sieht sich insoweit auch nicht zu weiteren Ermittlungen veranlasst. Der Ermittlungsgrundsatz (§ 20 SGB X, § 103 SGG) begründet keine Pflicht von Behörden oder Gerichten, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern (Voelzke/Hahn, SGb 2012, 685 ff.). Solche ergeben sich vorliegend jedoch weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus dem Gutachten des Prof. Dr. N., welches zudem bereits Gegenstand des zweiten Verfahrens vor dem LSG Rheinland-Pfalz war. Die von Prof. Dr. N. bei der Berechnung der Expositionszeit zu Grunde gelegten Annahmen sind spekulativ. Die von ihm unterstellte kumulative dermale Einwirkung über kontaminierte Arbeitskleidung (vgl. seine Stellungnahme vom 12.09.2009, Seite 3 = Blatt 795 der BG-Akte) ist dem Ermittlungsergebnis des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten (Stellungnahme des Diplom-Ingenieurs B. vom 14.10.2009, Bl. 801 ff der BG-Akte) und vor allem nicht den Aussagen der als Zeugen vor dem LSG Rheinland-Pfalz gehörten früheren Arbeitskollegen (vgl. Bl. 474 ff der BG Akte) zu entnehmen. Dass die Arbeitskleidung bei den von den Zeugen beschriebenen Arbeitsvorgängen regelmäßig nass oder feucht geworden ist, hat kein Zeuge in Kenntnis des für die Zeugenvernehmung anlassgebenden Beweisthemas angegeben. Die von Prof. Dr. N. entgegen dem Gutachten von Prof. Dr. K. angenommene erhöhte Raumluftkonzentration aufgrund höherer Lösungsmittelkonzentrationen in den verwendeten Betriebsstoffen ist zur Überzeugung des Senats, und insoweit im Einklang mit der Einschätzung des SG und den gerichtlichen Entscheidungen in den vorangegangenen abgeschlossenen Verfahren der Klägerin, nicht belegt. Der Sachverständige stützt sich hierbei auf die angebliche Verwendung von "Technischem Toluol", das aber in überzeugender Darstellung des Diplom-Ingenieur B. ausweislich der aktenkundigen Rezeptur nicht bei der Herstellung des Polsterklebers verwendet worden war. Auch die von der Klägerin mehrfach gerügte Änderung des Polsterklebers 1979 ist entgegen ihrer Auffassung bei der Expositionsermittlung des Technischen Aufsichtsdienstes auf der Grundlage der ermittelbaren Datenlage berücksichtigt worden. Diplom-Ingenieur B. verweist auf die vorausgegangenen Stellungnahmen des Technischen Aufsichtsdienstes und bezieht sich auf die Kleber-Rezeptur "Änderung vom 04.05.1979", die über Jahre hinweg in den Hauptbestandteilen aber identisch war und explizit Inhaltsstoffe von Polstermöbelklebstoff betraf, wohingegen Prof. Dr. N. die Zusammensetzung organischer Lösungsmittel bei Klebstoffen allgemein seiner Expositionseinschätzung zugrunde legte (Stellungnahme von Diplom-Ingenieur B. vom 14.10.2009). Letztlich hatte Prof. Dr. N. selbst in seiner gutachterlichen Ergänzung vom 12.09.2009 mitgeteilt, dass eine genaue Abschätzung angesichts mangelnder Informationen über die Höhe der Belastungen durch Benzol, die der Versicherte ausgesetzt war, schwer zu leisten sein wird. Eine detaillierte Arbeitsplatzanamnese kann jedoch über 30 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit nicht mehr erfolgen. Allein die Zugehörigkeit zu einem Personenkreis, z.B. wie hier die Beschäftigung in der Gummiindustrie, rechtfertigt keine Annahme der Exposition. Dies legt auch Prof. Dr. N. dar, der insoweit mitgeteilt hat, dass die Zugehörigkeit des Versicherten zu einer Berufsgruppe mit deutlich erhöhtem Leukämie-Risiko aus seiner 3,5-jährigen Tätigkeit in der Gummi-Industrie nicht ausreichend zu belegen sei. Der Senat sieht insoweit keine weiteren Ermittlungsmöglichkeiten.
Soweit die Klägerin auf neue Verfahren zur Bestimmung von Benzol in Arbeitsbereichen Bezug nimmt, ändert dies an der Beurteilung im vorliegenden Verfahren nichts. Wie dargelegt, wurden entsprechende Messungen zum Zeitpunkt der Tätigkeit des Versicherten nicht durchgeführt und können nunmehr über 20 Jahre nach dem Tod des Versicherten und über 30 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit auch nicht mehr nachgeholt werden.
Dass die Klägerin aufgrund des Zeitablaufs nicht unerhebliche Beweisschwierigkeiten hat, wurde bereits im vorangegangenen Verfahren vor dem LSG Rheinland-Pfalz zutreffend gewürdigt. Wie das LSG Rheinland-Pfalz sieht auch der Senat keine Gründe für die Annahme eines Beweisnotstandes und einer daraus resultierenden Beweiserleichterung. Zwar kann es im Unfallversicherungsrecht einen sachtypischen Beweisnotstand geben, der auf den Besonderheiten der versicherten Tätigkeit oder sonstigen, dem Beschäftigungsunternehmen bzw. dem Unfallversicherungsträger zuzurechnenden Umständen beruht, was die Beweiswürdigung beeinflussen kann. Derartige besondere Beweisschwierigkeiten können z.B. bei unfallbedingtem Erinnerungsverlust oder tödlichem Unfall, des allein und ohne Zeugen arbeitenden Versicherten entstehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 128 RdNr. 3e). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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