L 13 AS 162/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 5268/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 162/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart (SG), mit welchem dieses seine Klage wegen Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Arbeitslosengeld II - ab 1. Oktober 2016 abgewiesen hat.

Der Beklagte bewilligte dem schon länger im Leistungsbezug stehenden 1958 geborenen Kläger mit Bescheid vom 28. Juli 2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. September 2016 bis 28. Februar 2017 in Höhe von monatlich 736,44 EUR (ausgehend von einem Anspruch auf Regelleistungen in Höhe von 404,00 EUR und einem Anspruch auf Leistungen wegen Kosten der Unterkunft und für Heizung [KdU] in Höhe von monatlich 332,44 EUR, die an die Gemeinde F. direkt gezahlt wurden). Nachdem der Kläger in einem sozialgerichtlichen Verfahren wegen Leistungen nach dem SGB II und nochmals mit Schreiben vom 2. September 2016 mitgeteilt hatte, er werde sich vom 1. Oktober 2016 bis 10. Dezember 2016 in I. aufhalten, hob der Beklagte mit Bescheid vom 26. September 2016 den Bescheid vom 28. Juli 2016 ab 1. Oktober 2016 ganz auf, da sich der Kläger, wie er selbst angegeben habe, außerhalb des definierten zeit- und ortsnahen Bereiches ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners aufhalte. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhielten keine Leistungen, wenn sie sich ohne Zustimmung des zuständigen Trägers nach dem SGB II außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhielten und deshalb nicht für die Eingliederung in Arbeit zur Verfügung stünden.

Der Kläger erhob daraufhin mit Schreiben vom 28. September 2016 Widerspruch sowie am 29. September 2016 (zugleich mit einem Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz) Klage beim SG, mit welcher er die Aufhebung des Aufhebungsbescheids und die Weitergewährung der Leistungen begehrte.

Während des Klageverfahrens hat der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2016 zurückgewiesen, da sich der Kläger ohne Zustimmung außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches ohne wichtigen Grund aufgehalten habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Den Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz und Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das SG mit Beschluss vom 3. November 2016 (S 14 AS 269/16 ER) abgelehnt.

Mit Gerichtsbescheid vom 27. Dezember 2016 hat das SG die Klage nach vorheriger Anhörung (Hinweisschreiben vom 8. Dezember 2016, zugestellt am 13. Dezember 2016 mit Gelegenheit zur Äußerung bis 27. Dezember 2016) als unzulässig abgewiesen, da vor Erhebung der Klage das Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt worden und ein Widerspruchsbescheid nicht ergangen sei.

Auf den Beschluss des SG vom 3. November 2016 hat der Kläger nach seiner Rückkehr aus I. am 30. Dezember 2016 Beschwerde eingelegt und u.a. geltend gemacht, er sei erst am 27. Dezember 2016 aus I. zurückgekehrt und habe dann erst von der Entscheidung Kenntnis erlangt.

Wegen des Gerichtsbescheids vom 27. Dezember 2016 hat der Kläger am 13. Januar 2017 Berufung eingelegt.

Auf die Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 26. Januar 2017 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ab 27. Dezember 2016 angeordnet. In Ausführung dessen hat der Beklagte die Leistungen zunächst vorläufig ab 27. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 wieder gewährt. Ferner hat er mit Bescheid vom 13. Februar 2017 auf Antrag vom 18. Januar 2017 dem Kläger Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 2017 wieder vorläufig bewilligt (monatlich 741,44 EUR [Leistungen für den Regelbedarf 409,00 EUR und für KdU 332,44 EUR]).

Mit Bescheid vom 3. August 2017 hat der Beklagte dem Kläger auch Leistungen der Grundsicherung für den Zeitraum vom 27. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 (anteilig für fünf Tage 122,74 EUR [Leistungen für den Regelbedarf 67,63 EUR und für KdU 332,44 EUR] für Dezember 2016) sowie 741,44 EUR [Leistungen für den Regelbedarf 409,00 EUR und für KdU 332,44 EUR] für Januar 2017) bewilligt und insoweit dem Begehren teilweise abgeholfen. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgelegten Bescheid verwiesen.

Zu seiner Berufung trägt der Kläger neben seiner Kritik am Verfahren vor dem SG im Wesentlichen vor, mit der Aussetzung bewilligter Leistungen sei das Bedarfsdeckungsprinzip verletzt. Die bewilligten Leistungen seien auch ab 1. Oktober 2016 weiterzuzahlen. Als in seinen "grundgesetzlichen Rechten aufs Schwerste Verletzter unterliege" er "keinerlei Pflicht zum Aufenthalt im ortsnahen Bereich". Der Beklagte müsse ihm neben den Verfahrenskosten auch weitere Kosten, die durch Verlängerung seines Aufenthalts in I. in Folge mangelndem Guthaben auf seinem Konto entstanden seien "in gesamter Höhe von ungefähr EUR 2000,-" erstatten. Ferner hat er Ausführungen zu seinen Auseinandersetzungen mit der Gemeinde F., u.a. wegen seiner Umsetzung in eine andere Unterkunft, mit Schriftwechsel sowie u.a. Schreiben des Hauptzollamtes H. wegen Vollstreckungsmaßnahmen für die B. GEK vorgelegt.

Der Kläger beantragt zum Teil sinngemäß und soweit dem Berufungsverfahren wegen des Gerichtsbescheids in Verfahren S 14 AS 5268/16 zuordenbar,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Dezember 2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 26. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2016 sowie des Abhilfebescheids vom 3. August 2017 vollständig aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, die Aufhebung der Bewilligung sei für den noch streitigen Zeitraum vom 1. Oktober bis 26. Dezember 2016 rechtmäßig, da sich der Kläger ohne Genehmigung außerhalb des ortsnahen Bereiches aufgehalten habe und insofern keine Leistungen zustünden.

Nachdem er bereits am 12. Februar 2017 Ablehnungsgesuche gegen die Richter des Senats (gegen den gesamten "Senat") in derselben Angelegenheit angebracht hat und der Senat mit Beschlüssen vom 23. Februar 2017 diese Ablehnungsanträge gegen den gesamten Senat bzw. den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht A., den Richter am Landessozialgericht H. und die Richterin am Sozialgericht H. als unzulässig verworfen hat (L 13 SF 556/17 AB und L 13 SF 557/17 AB), hat der Kläger am 18. Juli 2017 erneut Befangenheitsanträge im vorliegenden Verfahren und im Parallel-Verfahren L 13 AS 161/17 gegen die Richter des Senats (die "Gerichtspersonen G." [Richter am Landessozialgericht G., weiteres Mitglied des Senats], "H., H. und A.") gestellt, die der Senat mit Beschlüssen vom 27. Juli 2017 als unzulässig verworfen hat, wobei er zugleich darauf hingewiesen hat, dass vergleichbare Eingaben künftig nicht mehr bearbeitet würden (L 13 SF 2784/17 AB und L 13 SF 2785/17 AB). Mit Schreiben vom 27. Juli 2017 hat der Kläger dann wiederum die Richter des Senats ("Gerichtspersonen G., H., H. und A.") abgelehnt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte die Streitsache in der Besetzung, wie sie der Geschäftsverteilungsplan des Landessozialgerichts Baden-Württemberg und des Senats vorsieht, entscheiden, obwohl der Kläger die Berufsrichter des Senats wiederholt, zuletzt mit Schreiben vom 30. Juli 2017, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Es bedurfte vor der Entscheidung über die Berufung keiner förmlichen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch; vielmehr konnte der Senat hierüber zugleich mit der Entscheidung in der Hauptsache befinden (vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 16. Februar 2011, B 11 AL 19/01 B, in SozSich 2003, 397; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 14. Juni 2005, 6 C 11/05, in Juris; Beschluss des erkennenden Senats vom 8. Januar 2009, L 13 AS 5628/08, nicht veröffentlicht), weil der Kläger sein Ablehnungsrecht missbraucht hat und sein weiterer Antrag damit unzulässig war (vgl. dazu auch BSG, Beschluss vom 26. April 1989, 11 B Ar 33/88, in Juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage, 2017, § 60 Rdnr.10d m.w.N.).

Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gilt für die Ablehnung eines Richters § 42 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die hier allein in Betracht zu ziehende Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt nur dann vor, wenn ein objektiv vernünftiger Grund gegeben ist, der den am Verfahren Beteiligten auch von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch und nicht sachlich entscheiden. Eine rein subjektive, unvernünftige Vorstellung ist unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 5. April 1990, 2 BvR 414/88, BVerfGE 82, 30, 38; 73, 330, 335; BSG, Beschluss vom 1. März 1993, 12 RK 45/92, in SozR 3-1500 § 60 Nr. 1).

Ein Ablehnungsgesuch erweist sich jedoch bereits als unzulässig, wenn sich der Befangenheitsantrag als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt. Davon ist auszugehen, wenn ein die Annahme der Besorgnis der Befangenheit rechtfertigender Grund weder vorgetragen, noch glaubhaft gemacht wird, sondern das Vorbringen des Klägers keinen Bezug zu der jeweiligen Person der abgelehnten Richterin oder des abgelehnten Richters aufweist und von vorneherein ungeeignet ist, das Misstrauen in die Unparteilichkeit der jeweiligen Richterin oder des jeweiligen Richters zu rechtfertigen (BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 2004, 4 PKH 5.03, und Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 25. September 2014, 23 A 13.1623, jeweils in Juris). Eine vernünftige Rechtsauffassung erlaubt und verlangt gegebenenfalls zur Ressourcenschonung, dass querulatorisch einzuordnende Eingaben nach einer vorherigen sachlichen Bescheidung und einer entsprechenden Ankündigung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs unbeachtet bleiben (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Dezember 2014, L 11 KA 40/14 B RG, in Juris m. w. N.).

Der weitere Befangenheitsantrag des Klägers vom 30. Juli 2017 bzw. die "ausserordentliche Beschwerde", die nicht statthaft ist, ist, ebenso wie alle anderen beim Senat ergangenen Ablehnungsgesuche und entsprechenden Eingaben offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Infolge dessen bedarf und bedurfte es keiner Einholung bzw. Abgabe dem Kläger vorab zur Kenntnis zu gebender dienstlicher Äußerungen der Richter des Senats. Mit seinen Gesuchen lehnt der Kläger sämtliche Mitglieder des Senats oder alle Richter, die an einer vorausgegangenen Entscheidung beteiligt gewesen sind, ohne jede Individualisierung ab. Substantiierte Tatsachen, die geeignet sein könnten, die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter zu begründen, trägt er nicht vor. Mit den Gründen bereits ergangener Entscheidungen über seine Gesuche setzt sich der Kläger nicht auseinander, sondern trägt stereotyp immer die gleichen, keinen konkreten Bezug zum gerichtlichen Verfahren aufweisenden und für die Entscheidung relevante Gesichtspunkte vor. Der Kläger benutzt das Ablehnungsrecht ersichtlich nur, um (auch) auf diesem Weg seinen Unmut über die von ihm als ungerecht empfundenen Verwaltungs- und/oder Gerichtsentscheidungen im Einzelfall, aber auch im Allgemeinen zum Ausdruck zu bringen. Das Verhalten des Klägers im vorliegenden Verfahren, das er entsprechend auch gegenüber den Richtern des in vorangegangenen Verfahren zuständigen 12. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg und gegenüber mit den Verfahren befassten Richtern des BSG (siehe Beschluss vom 14. Juni 2017, B 4 AS 38/17 C) gezeigt hat, stellt einen derart gravierenden Missbrauch des Ablehnungsrechts dar, dass eine Entscheidung über sein Gesuch nicht mehr erforderlich ist (vgl. auch BSG, Beschluss vom 14. Juni 2017, B 4 AS 38/17 C).

Der Senat konnte über die Berufung des Klägers, der im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. August 2017 nicht anwesend oder vertreten war, verhandeln und entscheiden, da der Kläger auf diese Möglichkeit in der Terminmitteilung hingewiesen worden ist.

Die im Übrigen gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die Klage wegen des Bescheids vom 26. September 2016 ist als Anfechtungsklage - entgegen der Auffassung des SG - zulässig, weil das gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG vor Klageerhebung erforderliche Vorverfahren durchgeführt und mit Erlass des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2016 abgeschlossen worden ist.

Nachdem der Beklagte dem Begehren teilweise stattgegeben hat, indem er dem Kläger Leistungen auch für den Zeitraum vom 27. Dezember 2016 bis 31. Januar 2017 (anteilig für fünf Tage 122,74 EUR [Leistungen für den Regelbedarf 67,63 EUR und für KdU 332,44 EUR] für Dezember 2016) sowie 741,44 EUR [Leistungen für den Regelbedarf 409,00 EUR und für KdU 332,44 EUR] für Januar 2017), deren Höhe zutreffend berechnet ist) bewilligt und damit den Aufhebungsbescheid mit Wirkung ab 27. Dezember 2016 teilweise aufgehoben hat, ist lediglich noch die Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 28. Juli 2016 für die Zeit vom 1. Oktober bis 26. Dezember 2016 zulässiger Streitgegenstand.

Die Berufung hat insoweit keinen Erfolg, denn der Beklagte hat die Bewilligung von Leistungen zu Recht für die Zeit vom 1. Oktober bis 26. Dezember 2016, während der sich der Kläger in I. aufgehalten hat, aufgehoben, da er für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen hat.

Gemäß § 40 Abs. 1 SGB II gilt für das Verfahren vor dem SGB II das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch über die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Abs. 2, 3 Satz 1 und 4) und die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Abs. 1, 2 und 5) sind entsprechend anwendbar (§ 40 Abs. 2 Nr. 3 und 5 SGB II).

Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Bei der Entscheidung nach § 330 Abs. 3 SGB III handelt es sich um eine gebundene Verwaltungsentscheidung, sodass für Ermessenserwägungen kein Raum besteht.

Gemessen daran hat der Beklagte die Leistungen der Grundsicherung bewilligende Entscheidung vom 28. Juli 2016 zu Recht aufgehoben, weil insoweit eine wesentliche Änderung eingetreten ist, als dem Kläger ab 1. Oktober 2016 kein Anspruch auf die bewilligte Entscheidung mehr zustand.

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten gemäß § 7 Abs. 4a Satz 1 SGB II keine Leistungen, wenn sie sich ohne Zustimmung des zuständigen Trägers nach diesem Buch außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhalten und deshalb nicht für die Eingliederung in Arbeit zur Verfügung stehen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn für den Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs ein wichtiger Grund vorliegt und die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird (§ 7 Abs. 4a Satz 2 SGB II). Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, bei 1. Teilnahme an einer ärztlich verordneten Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation, 2. Teilnahme an einer Veranstaltung, die staatspolitischen, kirchlichen oder gewerkschaftlichen Zwecken dient oder sonst im öffentlichen Interesse liegt oder 3. Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit (§ 7 Abs. 4a Satz 3 SGB II). Die Zustimmung kann gemäß § 7 Abs. 4a Satz 4 SGB II auch erteilt werden, wenn für den Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs kein wichtiger Grund vorliegt und die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird. Die Dauer der Abwesenheit nach Satz 4 soll in der Regel insgesamt drei Wochen im Kalenderjahr nicht überschreiten (§ 7 Abs. 4a Satz 5 SGB II).

Der Kläger ist mithin und entgegen seiner Meinung grundsätzlich verpflichtet, sich im zeit- und ortsnahen Bereich bzw. im Bereich seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts sowie des daraus ergebenden zuständigen Grundsicherungsträgers aufzuhalten um für eine Eingliederung in Arbeit zur Verfügung zu stehen. Ein wichtiger Grund für eine Abwesenheit aus dem zeit- und ortsnahen Bereich ist insofern nicht feststellbar, weswegen der Beklagte zu Recht die Bewilligung der Leistungen aufgehoben hat. Der Kläger hat auch weder die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners oder eines anderen Bediensteten des Beklagten für seine Ortsabwesenheit eingeholt, noch hätte diese erteilt werden können. Die eigenmächtige Abwesenheit mit einem Aufenthalt des Klägers in Asien vom 1. Oktober bis 10. Dezember 2016 (wie angeblich geplant, tatsächlich aber bis 27. Dezember 2016) hat eine Eingliederung in Arbeit nicht nur beeinträchtigt, sondern unmöglich gemacht. Im Übrigen ist ein zusammenhängender Aufenthalt von länger als sechs Wochen außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs nur ohne Leistungsgewährung möglich. Insgesamt hat sich der Kläger eigenmächtig für zusammenhängend mehr als zwölf Wochen in Asien aufgehalten. Ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat daher vom 1. Oktober 2016 bis zur Rückkehr am 27. Dezember 2016 nicht bestanden. Der Beklagte war deshalb berechtigt, die bewilligende Entscheidung ab 1. Oktober 2016 aufzuheben.

Da das SG für die noch streitige Zeit im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat, weil der Beklagte zu Recht die Bewilligung für diesen Zeitraum aufgehoben hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Soweit der Kläger wiederholend auch in diesem Verfahren geltend macht, der Beklagte müsse ihm weitere Kosten, die durch Verlängerung seines Aufenthalts in I. in Folge mangelndem Guthaben auf seinem Konto entstanden seien "in gesamter Höhe von ungefähr EUR 2000,-" ("für Überschreitung des genehmigten Aufenthalts, unmittelbar vor geplanter Ausreise zu bezahlen, für Unterkunft, Flug nach Kuala Lumpur, Erwerb eines neuen Tickets zum Rückflug nach Frankfurt") erstatten, ist darüber im Verfahren L 13 AS 161/17, in welchem der Kläger eine Leistungsklage verfolgt, zu befinden und wäre das Begehren im Übrigen auch im vorliegenden Verfahren unzulässig. Eine mit der Berufung anfechtbare Entscheidung des SG ist mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid darüber nicht ergangen und hatte schon mangels entsprechenden Antrags vor dem SG auch nicht zu ergehen. Auch wäre das Begehren nicht als Klage zulässig, da eine instanzielle Zuständigkeit des Berufungsgerichts in diesem Falle nicht begründet ist, und eine entsprechende Klageerweiterung im Sinne einer Klagänderung weder die Zustimmung des Beklagten erhalten hat, noch sachdienlich wäre (§ 99 Abs. 1 SGG), zumal eine entsprechende Verwaltungsentscheidung nicht ergangen ist. Im Übrigen könnte das Begehren auch in der Sache keinen Erfolg haben, da der Beklagte - wie oben bereits ausgeführt - zu Recht die Leistungsbewilligung aufgehoben und die Zahlungen bis zur Rückkehr des Klägers aus I. eingestellt hat.

Die vom Kläger zu den Akten gereichten diversen Unterlagen, u.a. Mahnungen, Schreiben zu Vollstreckungsmaßnahmen und anderes, sind für das vorliegende Berufungsverfahren nicht von Relevanz. Sie führen zu keiner anderen Bewertung der Sach- und Rechtslage und Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei zu berücksichtigen war, dass der Kläger die rechtmäßige Aufhebung und die daraus resultierende Einstellung der Leistungen ab 1. Oktober 2016 durch sein eigenmächtiges Verhalten verursacht hat, erst am 27. Dezember 2016 an seinen Wohnsitz in Deutschland zurückgekehrt ist und dies auch erst nach Erlass des Gerichtsbescheids mitgeteilt hat und der Beklagte bereits im Februar 2017 Leistungen ab 1. Februar 2017 wieder sowie auch am 3. August 2017 schließlich für die Zeit ab der Rückkehr, ab 27. Dezember 2017, bewilligt hat (die zuvor allerdings auch schon im März 2017, nachdem sich dies auch durch mehrere Eingaben und Rechtsmittel des Klägers verzögert hat, an ihn geleistet worden sind) und der Kläger an seinem Begehren auch nach Erlass der Bescheide vom 13. Februar 2017 und 3. August 2017 den erfolgten Zahlungen festgehalten hat.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved