Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SB 2703/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3978/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.09.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Erst-)Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB; mindestens 50 statt 30) seit 18.06.2013 zusteht.
Die 1962 geborene Klägerin beantragte am 31.10.2013 (Blatt 1/5 der Beklagtenakte) beim Landratsamt T. (LRA) die (Erst-)Feststellung des GdB. Zu ihrem Antrag gab die Klägerin einen Zustand nach Fusion HW 5/6 und HW 6/7 mit Cage HW 5-7 am 18.06.2013, eine Spinalkanalstenose LW 4/5, eine ISG-Reizung rechts, einen niedrigen Blutdruck mit Kreislaufbeschwerden, eine chronische spastische Bronchitis und seelische Belastungen durch chronische Erkrankungen und deren Folgen an. Außerdem legte die Klägerin Arztberichte und den Bericht der Rehabilitationsklinik S. vom 19.08.2013 über die zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung vom 15.07.2013 bis 05.08.2013 durchgeführte stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation vor (zu den Unterlagen vgl. Blatt 6/29 der Beklagtenakte).
Das LRA hat von der behandelnden Allgemeinmedizinerin Dr. St. Befundunterlagen beigezogen (dazu vgl. Blatt 33/46 der Beklagtenakte). Der Versorgungsarzt Dr. G.-F. schätzte in der Stellungnahme vom 26.02.2014 (Blatt 47/48 der Beklagtenakte) den GdB auf 30 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Operierter Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, Wirbelgleiten (GdB 30); Hyperreagibles Bronchialsyndrom (GdB 10)).
Mit Bescheid vom 07.03.2014 (Blatt 49/50 der Beklagtenakte) stellte das LRA den GdB seit 18.06.2013 mit 30 fest.
Mit ihrem Widerspruch vom 01.04.2014 machte die Klägern u.a. geltend, es seien nicht alle Funktionsbeeinträchtigungen bzw. unrichtige Diagnosen berücksichtigt worden. So sei eine Nervenschädigung nach der Operation im Bereich der HWS verblieben. Zudem handele es sich um eine Schädigung des Bronchialsystems, nicht nur um ein hyperreagibles Bronchialsystem. Zum anderen sei die Schwere der Behinderung nicht ausreichend berücksichtigt worden, insbesondere durch die Operation an der HWS mit Versteifung zweier Wirbelsäulenabschnitte und die Beeinträchtigungen durch degenerative Veränderungen und Spinalkanalstenose im Bereich der LWS. Sie leide an der HWS und der LWS unter Schmerzen, Verspannungen, Muskelschwäche und Taubheitsgefühlen nach Belastung sowie weiteren Beeinträchtigungen. Die Klägerin legte weitere Befundunterlagen vor (dazu vgl. Blatt 55/60 der Beklagtenakte). Sie teilte mit, wegen der Bronchitis nicht bei einem Lungenfacharzt gewesen zu sein (Blatt 67 der Beklagtenakte).
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. G.-F. in der Stellungnahme vom 08.07.2014 (Blatt 63/64 der Beklagtenakte) den GdB weiterhin mit 30 annahm (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Operierter Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, Wirbelgleiten, Nervenwurzelreizerscheinungen (GdB 30); Hyperreagibles Bronchialsyndrom (GdB 10)), Dr. St. dem LRA auf Befragen mitgeteilt hatte (Blatt 69 der Beklagtenakte), die Klägerin habe seit ihrer Kindheit über bestehende spastische Bronchitis berichtet, schätzte auch der Versorgungsarzt Dr. P. in seiner Stellungnahme vom 21.08.2014 (Blatt 70/71 der Beklagtenakte) den GdB auf 30 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Operierter Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, Wirbelgleiten, Nervenwurzelreizerscheinungen (GdB 30); Hyperreagibles Bronchialsyndrom (GdB 10)). Daraufhin wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2014 (Blatt 74/76 der Beklagtenakte) den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 23.10.2014 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Reutlingen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. darauf hingewiesen, ihr Gesundheitszustand im Bereich der Lendenwirbelsäule habe sich signifikant verschlechtert. Es sei nunmehr eine hochgradige Spinalkanalstenose gegeben, welche schnellstmöglich operativ behandelt werden müsse, um u.a. auch einer beginnenden Inkontinenz begegnen zu können. Die Klägerin hat einen Bericht über die am 31.10.2014 durchgeführte komplikationslose Spondylodese LWK 4/5 mit TLIF von rechts und Dekompression des Spinalkanals über eine Laminektomie (Blatt 9/11 der SG-Akte) sowie weitere Berichte (Blatt 12/17, 29/30 der SG-Akte) vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. St. und Dr. H ... Dr. H. vom MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) R. hat in seinem Auskunftsschreiben vom 28.11.2014 (Blatt 25/27 der SG-Akte) u.a. ausgeführt, die Schmerzen an der HWS seien deutlich zurückgegangen, die wiederkehrenden Schmerzen der linken Schulter seien nicht wesentlich schlechter geworden. Die Allgemeinmedizinerin Dr. St. hat dem SG am 05.12.2014 (Blatt 32/35 der SG-Akte) geschrieben, die Klägerin sei operiert, der Gesundheitszustand habe sich verschlechtert.
Nach Durchführung eines nichtöffentlichen Termins am 17.06.2015 (zur Niederschrift vgl. Blatt 41 der SG-Akte) hat die Klägerin ausgeführt, sie sei auch bei Prof. Dr. M. in Behandlung.
Auf Befragen durch das SG hat Dr. St. mit Schreiben vom 10.07.2015 (Blatt 48 der SG-Akte) mitgeteilt, die Schmerzsituation habe sich nach der Operation verbessert, jedoch nicht in dem Maße, dass sie den beruflichen Anforderungen nachkommen könne. Sie klage weiterhin über Schmerzen und Beinschwäche rechts. Der Neurochirurg Prof. Dr. M. hat dem SG unter dem 23.10.2015 (Blatt 52/72 der SG-Akte) geschrieben, angesichts der bestehenden Blasenschwäche seien die Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 50 bis 60 zu bewerten.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.09.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Der bei der Klägerin bestehende GdB sei mit 30 zutreffend bemessen. Dieser ergebe sich nach den bestehenden Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule, welche für sich einen Einzel-GdB von 30 bedingten, und wo allenfalls mittelgradige Beeinträchtigungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, der Hals- und der Lendenwirbelsäule, bestünden. Auch die Bewertung des hyperreagiblen Bronchialsystems mit einem Einzel-GdB von 10 sei nicht zu beanstanden. Als zusätzlicher Einzel-GdB Wert sei die berichtete Entfernung der Eileiter und der Gebärmutter mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten, da keine Anhaltspunkte für hormonelle Auswirkungen ersichtlich seien und die 1962 geborene Klägerin hierdurch keinen noch beeinträchtigten Kinderwunsch berichte.
Gegen den ihr am 23.09.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin beim SG am 24.10.2016 (Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 26.10.2016) Berufung eingelegt. Für sie sei es weiterhin nicht nachvollziehbar, weshalb die zweite schwere Operation im Bereich der LWS keinerlei Auswirkungen auf den GdB haben solle. Bereits unter ausschließlicher Berücksichtigung der Folgen der HWS-Operation sei ein GdB von 30 zuerkannt worden. Die LWS-Operation sei mithin nicht hinreichend berücksichtigt, was sich auch darin manifestiere, dass der Gerichtsbescheid weitgehend auf ärztliche Befunde, die zeitlich vor der zweiten OP erstellt worden seien, abstelle und die erheblichen zusätzlichen negativen Auswirkungen der LWS-Schädigung unberücksichtigt blieben. So werde auch das Ergebnis der am 23.10.2015 erstellten aktuellsten gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. M. , der mit Blick auf die Funktionsbeeinträchtigungen die Feststellung eines GdB von 50-60% unterstütze, in keiner Weise berücksichtigt. Ihr Gesundheitszustand habe sich im Bereich der Wirbelsäule weiter signifikant verschlechtert, sie sei u.a. wegen stärkster Schmerzen im Brustwirbelbereich aktuell erneut in medizinischer Behandlung am Universitätsklinikum in T ...
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.09.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 07.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.09.2014 zu verurteilen, bei ihr den GdB seit 18.06.2013 mit mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Für die Beurteilung von Wirbelsäulenschäden sei nicht die Tatsache, dass eine Operation durchgeführt wurde maßgebend, sondern die nach der Operation verbliebenen Funktionsbeeinträchtigungen.
Der Senat hat eine Begutachtung auf urologischem Fachgebiet bei Dr. He. angeordnet (Blatt 20/21 der Senatsakte). Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 21.12.2016 und 04.01.2017 (Blatt 22, 24 der Senatsakte) u.a. ausgeführt, nach den Operationen seien im Bereich der HWS und der LWS Beschwerden verblieben. Erfreulicherweise bestehe keine Blasenschwäche.
Der Senat hat nunmehr ein Gutachten beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. W. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 13.04.2017 (Blatt 30/53 der Senatsakte, Untersuchung der Klägerin am 12.04.2017) eine Funktionsminderung der HWS nach operativ behandelter Wirbelkanal-Verengung mit Versteifung HW 5-7 2013 und eine Funktionsstörung der LWS nach operativ behandelter Wirbelkanal-Verengung und Gleitwirbelbildung L4/5 mit Versteifung des Bewegungssegmentes L4/5 2014 festgestellt. Er hat ein bis mittelgradiges HWS- und LWS-Syndrom, mit Bewegungseinschränkung, Nervenwurzelreizsymptomatik an der linken oberen Extremität, Muskelverspannungen und Muskeldysbalancen beschrieben und den Einzel-, wie auch den Gesamt-GdB wegen Wirbelsäulenschäden mit bis mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit 40 bewertet.
Der Beklagte hat sich unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 12.07.2017 (Blatt 56/57 der Senatsakte) gegen die Einschätzung des Gutachters gewandt. Die Bewertung entspreche nicht B Nr. 18.9 VG. GdB-relevante neurologische Ausfallserscheinungen im Bereich der Arme und Beine bestünden nicht, ebenso wenig ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom. Aus den übrigen jetzt noch vorgelegten bildgebenden Befunden ließen sich keine Rückschlüsse auf klinische Funktionseinschränkungen ziehen. Damit ergebe sich also kein Abweichen von der bisherigen GdB-Bewertung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 152 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 07.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.09.2014 ist rechtmäßig, die Klägerin wird durch die angefochtenen Entscheidungen der Versorgungsverwaltung und des angefochtenen Gerichtsbescheids des SG vom 21.09.2016 nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30.
Der Senat konnte feststellen, dass die behinderungsbedingten Beeinträchtigungen der Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) mit einem GdB von 30 ausreichend und angemessen bewertet sind.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhalts-punkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX an-schließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 30 nicht rechtfertigen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 30 anzunehmen. Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Insoweit kommt es weder auf bildgebend maßgeblich festgestellte Befunde noch auf die Art, Schwere oder Zahl von Operationen an, maßgeblich sind die bestehenden bzw. verbliebenen Funktionsbeeinträchtigungen. Insoweit ist nicht von Bedeutung, dass die Klägerin im Oktober 2014 erneut operiert worden war, vielmehr sind die davor bzw. danach bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen zu bewerten, wobei der Senat die von Dr. W. festgestellte Funktionsminderung der HWS nach operativ behandelter Wirbelkanal-Verengung mit Versteifung HW 5-7 2013 und die Funktionsstörung der LWS nach operativ behandelter Wirbelkanal-Verengung und Gleitwirbelbildung L4/5 mit Versteifung des Bewegungssegmentes L4/5 2014 zugrunde gelegt hat.
Aufgrund von Schmerzen in der HWS mit Ausstrahlung in die Arme und dem bildgebenden Nachweis einer Verengung des Wirbelkanales mit Druck auf das Rückenmark und Veränderungen des Halsmarkes war die Klägerin im Juni 2013 operiert worden. Die Klägerin hat dem Gutachter Dr. W. berichtet, die Versteifungsoperation habe ihr geholfen. Sie habe aber weiterhin schmerzhafte Muskelverspannungen im Nacken, eine Bewegungseinschränkung, Beschwerden bei Überkopfarbeiten und Taubheitsgefühle der Finger 1-3 der linken Hand. Eine Kraftminderung besteht dagegen nicht, wie Dr. W. ausgeführt hat. Bei der Untersuchung durch den Gutachter hatte sich eine reizlose Narbe vorne unten am Hals rechts gezeigt. Druckschmerzen über dem Nacken wurden verneint. Die Nackenmuskulatur war aber verhärtet tastbar. Die Halswirbelsäule war bis mittelgradig bewegungseingeschränkt. Bewegungsschmerzen hatte die Klägerin in dem demonstrierten Bewegungsausmaße nicht angegeben. Bei der orientierenden neurologischen Untersuchung fiel dem Gutachter auf, dass der Bizepssehnen-Reflex rechts nicht auslösbar war. Eine Kraftminderung oder Gefühlsstörungen am rechten Arm bestanden aber nicht. Links hat die Klägerin Gefühlsstörungen an den Fingern 1, 2 und 3 und der speichenseitigen Hand angegeben, dem Dermatom C6 und 7 entsprechend. Eine bildgebende Diagnostik im Rahmen der Begutachtung wollte die Klägerin nicht durchführen lassen. Die Bewegungseinschränkung erklärt Dr. W. durch die 2 operativ versteiften Bewegungssegmente. Die Gefühlsstörungen der linken Hand sind als sensible Nervenwurzelreizung der HWS zurückgeblieben.
Hinsichtlich der LWS wurde die Klägerin am 31.10.2014 operativ behandelt. Zuvor hatte die Klägerin folgende Beschwerden geklagt: Progrediente Schmerzen im unteren LWS-Bereich mit Ausstrahlung in die Oberschenkelrückseite bis in die Kniekehle beidseits, zuletzt vor der Operation vermehrt Beschwerden beim Wasserlassen für ca. 3 Wochen. Die Schmerzen würden sich besonders bei Belastung wie etwa beim Bergabgehen verstärken, so dass diesbezüglich eine typische Claudicatio spinalis Symptomatik vorliege. Passend zum klinischen Befund und den Beschwerden war als MRT Befund der LWS (MRT LWS vom 20.10.2014) eine höhergradige Spinalkanalstenose L4/5 mit Stauchung der kranial davon gelegenen Caudafasern und eine bekannte Ventrolisthese LWK4 gegenüber LWK 5 angegeben worden. Aufgrund der Beschwerden wurde eine Dekompression des Wirbelkanales durch eine Laminektomie in Höhe L4/5 durchgeführt und die Wirbel L4 und L5 versteift. Gegenüber dem Gutachter hat die Klägerin den Erfolg der Operation dahingehend beschrieben, dass die Nervenschmerz behoben seien. Die Schwäche im rechten Bein sei durch die Operation aber nicht besser geworden. Sie könne zunächst ganz normal laufen, und plötzlich sacke sie etwas im rechten Bein ein. Auch treppab merke sie eine Schwäche im rechten Bein. Rennen könne sie nicht mehr. Rückenschmerzen habe sie, wenn sie länger, also so ca. 20 Minuten, stehe. Wenn sie die Positionen wechsele, von einem Bein auf das andere oder sich hinsetze, werde es besser. Sie habe eine Bewegungseinschränkung im Rücken, dies merke sie besonders bei der Fußpflege und beim Anziehen von Strümpfen und Schuhen. Sie könne auch nicht mehr lange sitzen. Bei der Untersuchung durch Dr. W. hatte sich eine Bewegungseinschränkung, der Fingerbodenabstand beträgt 36 cm (Norm 0-20 cm), gezeigt. Die Seitneigung des Rumpfes war mit 15° rechts und 20° links gemindert, gleichermaßen die Rumpfdrehung mit 20° rechts und links. Bewegungsschmerzen hat die Klägerin beim aktiven Anheben des Oberkörpers aus der Bauchlage im unteren Rücken angegeben. Auffällig war das rückengerechte Verhalten der Klägerin beim An- und Ausziehen, beim Besteigen und Drehen sowie Aufrichten auf der Untersuchungsliege. Orientierend neurologisch untersucht ergab sich in Ruhe kein Hinweis auf eine gravierende Nervenschädigung, die Kraftentfaltung war beidseits gut, Taubheitsgefühle an den unteren Extremitäten wurden von der Klägerin verneint. Hinweise auf eine Schädigung der langen Bahnen ergaben sich bei der Untersuchung durch Dr. W. nicht. Eine aktuelle bildgebende Diagnostik wurde auf Wunsch der Klägerin beim Gutachter nicht durchgeführt. Fremdaufnahmen von Anfang 2015 zeigten ein regelrecht einliegendes Schraubenstabsystem sowie regelrecht einliegende Zwischenwirbelkörper mit Versteifung des Segmentes L4/5.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat feststellen, dass die Klägerin in zwei Wirbelsäulenabschnitten, der HWS und der LWS, Funktionsbeeinträchtigungen aufweist, die insgesamt als mittelschwer zu beurteilen sind. Insoweit hat auch Dr. W. ein bis mittelgradiges HWS- und LWS-Syndrom, mit Bewegungseinschränkung, eine Nervenwurzelreizsymptomatik an der linken oberen Extremität, und Muskelverspannungen sowie Muskeldysbalancen beschrieben. Auch aus den von Dr. St. und Prof. Dr. M. vorgelegten Befunden und Einschätzungen ergibt sich nichts anderes. Ebenfalls konnte der Senat den beiden Entlassberichten aus den Reha-Maßnahmen aus dem Jahr 2013 und 2015 keine weitergehenden, einen Zeitraum von sechs Monate überdauernden Funktionsbehinderungen ableiten.
Darüber hinaus konnte der Senat auch die bei Prof. Dr. M. als mögliches Symptom einer schwereren Funktionsbeeinträchtigung angegebene Blaseninkontinenz nicht feststellen. Auf die angeordnete Beweisaufnahme hin hat die Klägerin vehement angegeben, solche Beschwerden bestünden nicht mehr. Insoweit konnte der Senat diese intermittierende Blasenschwäche nicht feststellen und GdB-erhöhend berücksichtigen.
Auch ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom konnte der Senat nicht feststellen. Zwar nimmt die Klägerin im Durchschnitt einmal am Tag ein leichtes Schmerzmittel der WHO-Klasse 1 von 3 ein, dies jedoch in einer niedrigen Dosierung (durchschnittlich 1/4 der erlaubten Tageshöchstdosis), wie Dr. W. mitteilen konnte. Dies spricht ebenso gegen ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom, wie das gegenüber Dr. W. angegebene sozial gute Eingebunden- und Aktivsein.
Mithin liegen lediglich Wirbelsäulenschäden in zwei Abschnitten (HWS und LWS) mit mittelgradigen Funktionsbeeinträchtigungen vor, die nach den Vorgaben der VG und der Rechtsprechung des Senats (dazu s.o.) lediglich mit einem GdB von 30 bewertet werden können. Der GdB von 40 ist nämlich erst bei schweren Funktionsbeeinträchtigungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten erreicht. Der Senat folgt insoweit der abweichenden Einschätzung von Dr. W. nicht. Denn dessen rechtliche Beurteilung des GdB widerspricht dem geltenden Recht. Dasselbe gilt für die Bewertung des GdB durch Prof. Dr. M. , der zudem eine Blasenschwäche berücksichtigt hat, die der Senat nicht feststellen konnte und die auch nicht überdauernd war.
Damit war der Einzel-GdB im Funktionssystem des Rumpfes unter Zugrundelegung der funktionellen Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit 30 zu bemessen. Für die Zeit vor der LWS-Operation am 31.10.2014 konnte der Senat keine wesentlichen, den Zeitraum von sechs Monaten überdauernden Funktionsbehinderungen feststellen – so hat die Blasenschwäche im Oktober 2014 für drei Wochen bestanden, worauf das SG zutreffend hingewiesen hatte –, die den GdB weiter erhöhen würden. Vielmehr hat auch Dr. W. vor der Operation eher einen geringeren GdB als danach angenommen.
Eigenständig zu bewertende Funktionsbehinderungen der Schultern, Ellenbogen, Arme und Hände bestehen nicht. Soweit die Klägerin Beschwerden der Schultern und Taubheitsgefühle an der Hand angegeben hat, sind diese als Folgen der HWS-Behinderung bereits dort mitbewertet. Darüber hinausgehende Behinderungen lassen sich dem Gutachten von Dr. W. nicht entnehmen und wurden auch nicht vorgetragen.
Die Blasenschwäche hatte im Oktober 2014 über ca. 3 Wochen bestanden, sodass auch im Funktionssystem der Harnorgane (B Nr. 12.2.4 VG) kein eigenständiger Einzel-GdB anzusetzen war.
Die Funktionsbehinderungen des Funktionssystems der Atmung sind mit einem GdB von 10 ausreichend bewertet. Eine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion i.S. von B Nr. 8.3 VG konnte der Senat den vorliegenden Befunden der behandelnden Ärzte nicht entnehmen. Gegen eine solche Einschränkung der Lungenfunktion spricht auch, dass sich die Klägerin nicht in fachärztlicher Behandlung befindet, was einen Hinweis auf die nichtvorhandene Schwere der Erkrankung darstellen kann. Damit sind die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbehinderungen der von ihr als chronisch spastische Bronchitis bezeichnete Gesundheitsstörung nach B Nr. 8.5 VG zu bewerten. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des SG nach eigener Prüfung an und bewertet den Einzel-GdB mit 10. So hat Dr. St. in ihren sachverständigen Zeugenaussagen vom 05.12.2014 und ergänzend vom 10.07.2015 keine erneuten Beschwerden benennen können, somit lediglich im Rahmen des Verwaltungsverfahrens die Rezeptierung mit einem Aerosol am 23.11.2012, mithin 1 Jahr vor der Befragung durch den Beklagten angegeben. Vor diesem Hintergrund kann nicht von einer Beeinträchtigung ausgegangen werden, die mit einem höheren GdB als 10 zu bewerten wäre.
Die von Prof. Dr. M. berichtete Entfernung der Eileiter und der Gebärmutter ist nach B Nr. 14.2 bzw. 14.3 VG mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten, wie es das SG zutreffend getan hat, da keine Anhaltspunkte für hormonelle Auswirkungen ersichtlich sind und die 1962 geborene Klägerin hierdurch keinen noch beeinträchtigten Kinderwunsch berichtet.
Für den Senat sind auch mit dem Vortrag der Klägerin aus den vorliegenden Akten und Befunden weder solche Funktionsbeeinträchtigungen ersichtlich, die im Hinblick auf den angegebenen niedrigen Blutdruck zu einer Bewertung nach B Nr. 9.3 VG o.ä. mit einem GdB von 10 oder mehr führen, noch solche, die im Hinblick auf die angegebene seelische Belastung nach B Nr. 3.7 VG mit einem GdB von 10 oder mehr zu bewerten wären. Insoweit hat die Klägerin Dr. W. von einem guten sozialen Eingebunden- und Aktivsein berichtet, was gegen eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit spricht und auch im Bewertungsbereich der leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen eine Bewertung mit einem GdB von 10 nicht rechtfertigt.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den beim SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften und dem Gutachten von Dr. W. dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO. Der so medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der weiblichen Geschlechtsorgane (weiblicher Geschlechtsapparat) und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Atmung.
Nachdem bei der Klägerin vorliegend von nur einem zu berücksichtigenden Einzel-GdB von 30 auszugehen ist und kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken, konnte der Senat allein einen Gesamt-GdB i.S.d. § 69 Abs. 1 SGB IX i.H.v. 30 feststellen. Der Einschätzung des Gesamt-GdB mit 40, wie von Dr. W. vorgeschlagen, konnte der Senat aus den oben dargelegten Gründen nicht beitreten, ebenso wenig der Bewertung des Prof. Dr. M ...
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der bei der Klägerin insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 40 bzw. 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht entsprechend schwer funktionell in ihrer Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. Vielmehr waren ihre Funktionsbehinderungen insgesamt mit einem GdB von 30 zu bewerten. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Erst-)Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB; mindestens 50 statt 30) seit 18.06.2013 zusteht.
Die 1962 geborene Klägerin beantragte am 31.10.2013 (Blatt 1/5 der Beklagtenakte) beim Landratsamt T. (LRA) die (Erst-)Feststellung des GdB. Zu ihrem Antrag gab die Klägerin einen Zustand nach Fusion HW 5/6 und HW 6/7 mit Cage HW 5-7 am 18.06.2013, eine Spinalkanalstenose LW 4/5, eine ISG-Reizung rechts, einen niedrigen Blutdruck mit Kreislaufbeschwerden, eine chronische spastische Bronchitis und seelische Belastungen durch chronische Erkrankungen und deren Folgen an. Außerdem legte die Klägerin Arztberichte und den Bericht der Rehabilitationsklinik S. vom 19.08.2013 über die zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung vom 15.07.2013 bis 05.08.2013 durchgeführte stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation vor (zu den Unterlagen vgl. Blatt 6/29 der Beklagtenakte).
Das LRA hat von der behandelnden Allgemeinmedizinerin Dr. St. Befundunterlagen beigezogen (dazu vgl. Blatt 33/46 der Beklagtenakte). Der Versorgungsarzt Dr. G.-F. schätzte in der Stellungnahme vom 26.02.2014 (Blatt 47/48 der Beklagtenakte) den GdB auf 30 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Operierter Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, Wirbelgleiten (GdB 30); Hyperreagibles Bronchialsyndrom (GdB 10)).
Mit Bescheid vom 07.03.2014 (Blatt 49/50 der Beklagtenakte) stellte das LRA den GdB seit 18.06.2013 mit 30 fest.
Mit ihrem Widerspruch vom 01.04.2014 machte die Klägern u.a. geltend, es seien nicht alle Funktionsbeeinträchtigungen bzw. unrichtige Diagnosen berücksichtigt worden. So sei eine Nervenschädigung nach der Operation im Bereich der HWS verblieben. Zudem handele es sich um eine Schädigung des Bronchialsystems, nicht nur um ein hyperreagibles Bronchialsystem. Zum anderen sei die Schwere der Behinderung nicht ausreichend berücksichtigt worden, insbesondere durch die Operation an der HWS mit Versteifung zweier Wirbelsäulenabschnitte und die Beeinträchtigungen durch degenerative Veränderungen und Spinalkanalstenose im Bereich der LWS. Sie leide an der HWS und der LWS unter Schmerzen, Verspannungen, Muskelschwäche und Taubheitsgefühlen nach Belastung sowie weiteren Beeinträchtigungen. Die Klägerin legte weitere Befundunterlagen vor (dazu vgl. Blatt 55/60 der Beklagtenakte). Sie teilte mit, wegen der Bronchitis nicht bei einem Lungenfacharzt gewesen zu sein (Blatt 67 der Beklagtenakte).
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. G.-F. in der Stellungnahme vom 08.07.2014 (Blatt 63/64 der Beklagtenakte) den GdB weiterhin mit 30 annahm (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Operierter Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, Wirbelgleiten, Nervenwurzelreizerscheinungen (GdB 30); Hyperreagibles Bronchialsyndrom (GdB 10)), Dr. St. dem LRA auf Befragen mitgeteilt hatte (Blatt 69 der Beklagtenakte), die Klägerin habe seit ihrer Kindheit über bestehende spastische Bronchitis berichtet, schätzte auch der Versorgungsarzt Dr. P. in seiner Stellungnahme vom 21.08.2014 (Blatt 70/71 der Beklagtenakte) den GdB auf 30 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Operierter Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, Wirbelgleiten, Nervenwurzelreizerscheinungen (GdB 30); Hyperreagibles Bronchialsyndrom (GdB 10)). Daraufhin wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2014 (Blatt 74/76 der Beklagtenakte) den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 23.10.2014 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Reutlingen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. darauf hingewiesen, ihr Gesundheitszustand im Bereich der Lendenwirbelsäule habe sich signifikant verschlechtert. Es sei nunmehr eine hochgradige Spinalkanalstenose gegeben, welche schnellstmöglich operativ behandelt werden müsse, um u.a. auch einer beginnenden Inkontinenz begegnen zu können. Die Klägerin hat einen Bericht über die am 31.10.2014 durchgeführte komplikationslose Spondylodese LWK 4/5 mit TLIF von rechts und Dekompression des Spinalkanals über eine Laminektomie (Blatt 9/11 der SG-Akte) sowie weitere Berichte (Blatt 12/17, 29/30 der SG-Akte) vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. St. und Dr. H ... Dr. H. vom MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) R. hat in seinem Auskunftsschreiben vom 28.11.2014 (Blatt 25/27 der SG-Akte) u.a. ausgeführt, die Schmerzen an der HWS seien deutlich zurückgegangen, die wiederkehrenden Schmerzen der linken Schulter seien nicht wesentlich schlechter geworden. Die Allgemeinmedizinerin Dr. St. hat dem SG am 05.12.2014 (Blatt 32/35 der SG-Akte) geschrieben, die Klägerin sei operiert, der Gesundheitszustand habe sich verschlechtert.
Nach Durchführung eines nichtöffentlichen Termins am 17.06.2015 (zur Niederschrift vgl. Blatt 41 der SG-Akte) hat die Klägerin ausgeführt, sie sei auch bei Prof. Dr. M. in Behandlung.
Auf Befragen durch das SG hat Dr. St. mit Schreiben vom 10.07.2015 (Blatt 48 der SG-Akte) mitgeteilt, die Schmerzsituation habe sich nach der Operation verbessert, jedoch nicht in dem Maße, dass sie den beruflichen Anforderungen nachkommen könne. Sie klage weiterhin über Schmerzen und Beinschwäche rechts. Der Neurochirurg Prof. Dr. M. hat dem SG unter dem 23.10.2015 (Blatt 52/72 der SG-Akte) geschrieben, angesichts der bestehenden Blasenschwäche seien die Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 50 bis 60 zu bewerten.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.09.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Der bei der Klägerin bestehende GdB sei mit 30 zutreffend bemessen. Dieser ergebe sich nach den bestehenden Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule, welche für sich einen Einzel-GdB von 30 bedingten, und wo allenfalls mittelgradige Beeinträchtigungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, der Hals- und der Lendenwirbelsäule, bestünden. Auch die Bewertung des hyperreagiblen Bronchialsystems mit einem Einzel-GdB von 10 sei nicht zu beanstanden. Als zusätzlicher Einzel-GdB Wert sei die berichtete Entfernung der Eileiter und der Gebärmutter mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten, da keine Anhaltspunkte für hormonelle Auswirkungen ersichtlich seien und die 1962 geborene Klägerin hierdurch keinen noch beeinträchtigten Kinderwunsch berichte.
Gegen den ihr am 23.09.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin beim SG am 24.10.2016 (Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 26.10.2016) Berufung eingelegt. Für sie sei es weiterhin nicht nachvollziehbar, weshalb die zweite schwere Operation im Bereich der LWS keinerlei Auswirkungen auf den GdB haben solle. Bereits unter ausschließlicher Berücksichtigung der Folgen der HWS-Operation sei ein GdB von 30 zuerkannt worden. Die LWS-Operation sei mithin nicht hinreichend berücksichtigt, was sich auch darin manifestiere, dass der Gerichtsbescheid weitgehend auf ärztliche Befunde, die zeitlich vor der zweiten OP erstellt worden seien, abstelle und die erheblichen zusätzlichen negativen Auswirkungen der LWS-Schädigung unberücksichtigt blieben. So werde auch das Ergebnis der am 23.10.2015 erstellten aktuellsten gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. M. , der mit Blick auf die Funktionsbeeinträchtigungen die Feststellung eines GdB von 50-60% unterstütze, in keiner Weise berücksichtigt. Ihr Gesundheitszustand habe sich im Bereich der Wirbelsäule weiter signifikant verschlechtert, sie sei u.a. wegen stärkster Schmerzen im Brustwirbelbereich aktuell erneut in medizinischer Behandlung am Universitätsklinikum in T ...
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.09.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 07.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.09.2014 zu verurteilen, bei ihr den GdB seit 18.06.2013 mit mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Für die Beurteilung von Wirbelsäulenschäden sei nicht die Tatsache, dass eine Operation durchgeführt wurde maßgebend, sondern die nach der Operation verbliebenen Funktionsbeeinträchtigungen.
Der Senat hat eine Begutachtung auf urologischem Fachgebiet bei Dr. He. angeordnet (Blatt 20/21 der Senatsakte). Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 21.12.2016 und 04.01.2017 (Blatt 22, 24 der Senatsakte) u.a. ausgeführt, nach den Operationen seien im Bereich der HWS und der LWS Beschwerden verblieben. Erfreulicherweise bestehe keine Blasenschwäche.
Der Senat hat nunmehr ein Gutachten beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. W. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 13.04.2017 (Blatt 30/53 der Senatsakte, Untersuchung der Klägerin am 12.04.2017) eine Funktionsminderung der HWS nach operativ behandelter Wirbelkanal-Verengung mit Versteifung HW 5-7 2013 und eine Funktionsstörung der LWS nach operativ behandelter Wirbelkanal-Verengung und Gleitwirbelbildung L4/5 mit Versteifung des Bewegungssegmentes L4/5 2014 festgestellt. Er hat ein bis mittelgradiges HWS- und LWS-Syndrom, mit Bewegungseinschränkung, Nervenwurzelreizsymptomatik an der linken oberen Extremität, Muskelverspannungen und Muskeldysbalancen beschrieben und den Einzel-, wie auch den Gesamt-GdB wegen Wirbelsäulenschäden mit bis mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit 40 bewertet.
Der Beklagte hat sich unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 12.07.2017 (Blatt 56/57 der Senatsakte) gegen die Einschätzung des Gutachters gewandt. Die Bewertung entspreche nicht B Nr. 18.9 VG. GdB-relevante neurologische Ausfallserscheinungen im Bereich der Arme und Beine bestünden nicht, ebenso wenig ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom. Aus den übrigen jetzt noch vorgelegten bildgebenden Befunden ließen sich keine Rückschlüsse auf klinische Funktionseinschränkungen ziehen. Damit ergebe sich also kein Abweichen von der bisherigen GdB-Bewertung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 152 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 07.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.09.2014 ist rechtmäßig, die Klägerin wird durch die angefochtenen Entscheidungen der Versorgungsverwaltung und des angefochtenen Gerichtsbescheids des SG vom 21.09.2016 nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30.
Der Senat konnte feststellen, dass die behinderungsbedingten Beeinträchtigungen der Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) mit einem GdB von 30 ausreichend und angemessen bewertet sind.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhalts-punkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX an-schließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 30 nicht rechtfertigen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 30 anzunehmen. Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Insoweit kommt es weder auf bildgebend maßgeblich festgestellte Befunde noch auf die Art, Schwere oder Zahl von Operationen an, maßgeblich sind die bestehenden bzw. verbliebenen Funktionsbeeinträchtigungen. Insoweit ist nicht von Bedeutung, dass die Klägerin im Oktober 2014 erneut operiert worden war, vielmehr sind die davor bzw. danach bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen zu bewerten, wobei der Senat die von Dr. W. festgestellte Funktionsminderung der HWS nach operativ behandelter Wirbelkanal-Verengung mit Versteifung HW 5-7 2013 und die Funktionsstörung der LWS nach operativ behandelter Wirbelkanal-Verengung und Gleitwirbelbildung L4/5 mit Versteifung des Bewegungssegmentes L4/5 2014 zugrunde gelegt hat.
Aufgrund von Schmerzen in der HWS mit Ausstrahlung in die Arme und dem bildgebenden Nachweis einer Verengung des Wirbelkanales mit Druck auf das Rückenmark und Veränderungen des Halsmarkes war die Klägerin im Juni 2013 operiert worden. Die Klägerin hat dem Gutachter Dr. W. berichtet, die Versteifungsoperation habe ihr geholfen. Sie habe aber weiterhin schmerzhafte Muskelverspannungen im Nacken, eine Bewegungseinschränkung, Beschwerden bei Überkopfarbeiten und Taubheitsgefühle der Finger 1-3 der linken Hand. Eine Kraftminderung besteht dagegen nicht, wie Dr. W. ausgeführt hat. Bei der Untersuchung durch den Gutachter hatte sich eine reizlose Narbe vorne unten am Hals rechts gezeigt. Druckschmerzen über dem Nacken wurden verneint. Die Nackenmuskulatur war aber verhärtet tastbar. Die Halswirbelsäule war bis mittelgradig bewegungseingeschränkt. Bewegungsschmerzen hatte die Klägerin in dem demonstrierten Bewegungsausmaße nicht angegeben. Bei der orientierenden neurologischen Untersuchung fiel dem Gutachter auf, dass der Bizepssehnen-Reflex rechts nicht auslösbar war. Eine Kraftminderung oder Gefühlsstörungen am rechten Arm bestanden aber nicht. Links hat die Klägerin Gefühlsstörungen an den Fingern 1, 2 und 3 und der speichenseitigen Hand angegeben, dem Dermatom C6 und 7 entsprechend. Eine bildgebende Diagnostik im Rahmen der Begutachtung wollte die Klägerin nicht durchführen lassen. Die Bewegungseinschränkung erklärt Dr. W. durch die 2 operativ versteiften Bewegungssegmente. Die Gefühlsstörungen der linken Hand sind als sensible Nervenwurzelreizung der HWS zurückgeblieben.
Hinsichtlich der LWS wurde die Klägerin am 31.10.2014 operativ behandelt. Zuvor hatte die Klägerin folgende Beschwerden geklagt: Progrediente Schmerzen im unteren LWS-Bereich mit Ausstrahlung in die Oberschenkelrückseite bis in die Kniekehle beidseits, zuletzt vor der Operation vermehrt Beschwerden beim Wasserlassen für ca. 3 Wochen. Die Schmerzen würden sich besonders bei Belastung wie etwa beim Bergabgehen verstärken, so dass diesbezüglich eine typische Claudicatio spinalis Symptomatik vorliege. Passend zum klinischen Befund und den Beschwerden war als MRT Befund der LWS (MRT LWS vom 20.10.2014) eine höhergradige Spinalkanalstenose L4/5 mit Stauchung der kranial davon gelegenen Caudafasern und eine bekannte Ventrolisthese LWK4 gegenüber LWK 5 angegeben worden. Aufgrund der Beschwerden wurde eine Dekompression des Wirbelkanales durch eine Laminektomie in Höhe L4/5 durchgeführt und die Wirbel L4 und L5 versteift. Gegenüber dem Gutachter hat die Klägerin den Erfolg der Operation dahingehend beschrieben, dass die Nervenschmerz behoben seien. Die Schwäche im rechten Bein sei durch die Operation aber nicht besser geworden. Sie könne zunächst ganz normal laufen, und plötzlich sacke sie etwas im rechten Bein ein. Auch treppab merke sie eine Schwäche im rechten Bein. Rennen könne sie nicht mehr. Rückenschmerzen habe sie, wenn sie länger, also so ca. 20 Minuten, stehe. Wenn sie die Positionen wechsele, von einem Bein auf das andere oder sich hinsetze, werde es besser. Sie habe eine Bewegungseinschränkung im Rücken, dies merke sie besonders bei der Fußpflege und beim Anziehen von Strümpfen und Schuhen. Sie könne auch nicht mehr lange sitzen. Bei der Untersuchung durch Dr. W. hatte sich eine Bewegungseinschränkung, der Fingerbodenabstand beträgt 36 cm (Norm 0-20 cm), gezeigt. Die Seitneigung des Rumpfes war mit 15° rechts und 20° links gemindert, gleichermaßen die Rumpfdrehung mit 20° rechts und links. Bewegungsschmerzen hat die Klägerin beim aktiven Anheben des Oberkörpers aus der Bauchlage im unteren Rücken angegeben. Auffällig war das rückengerechte Verhalten der Klägerin beim An- und Ausziehen, beim Besteigen und Drehen sowie Aufrichten auf der Untersuchungsliege. Orientierend neurologisch untersucht ergab sich in Ruhe kein Hinweis auf eine gravierende Nervenschädigung, die Kraftentfaltung war beidseits gut, Taubheitsgefühle an den unteren Extremitäten wurden von der Klägerin verneint. Hinweise auf eine Schädigung der langen Bahnen ergaben sich bei der Untersuchung durch Dr. W. nicht. Eine aktuelle bildgebende Diagnostik wurde auf Wunsch der Klägerin beim Gutachter nicht durchgeführt. Fremdaufnahmen von Anfang 2015 zeigten ein regelrecht einliegendes Schraubenstabsystem sowie regelrecht einliegende Zwischenwirbelkörper mit Versteifung des Segmentes L4/5.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat feststellen, dass die Klägerin in zwei Wirbelsäulenabschnitten, der HWS und der LWS, Funktionsbeeinträchtigungen aufweist, die insgesamt als mittelschwer zu beurteilen sind. Insoweit hat auch Dr. W. ein bis mittelgradiges HWS- und LWS-Syndrom, mit Bewegungseinschränkung, eine Nervenwurzelreizsymptomatik an der linken oberen Extremität, und Muskelverspannungen sowie Muskeldysbalancen beschrieben. Auch aus den von Dr. St. und Prof. Dr. M. vorgelegten Befunden und Einschätzungen ergibt sich nichts anderes. Ebenfalls konnte der Senat den beiden Entlassberichten aus den Reha-Maßnahmen aus dem Jahr 2013 und 2015 keine weitergehenden, einen Zeitraum von sechs Monate überdauernden Funktionsbehinderungen ableiten.
Darüber hinaus konnte der Senat auch die bei Prof. Dr. M. als mögliches Symptom einer schwereren Funktionsbeeinträchtigung angegebene Blaseninkontinenz nicht feststellen. Auf die angeordnete Beweisaufnahme hin hat die Klägerin vehement angegeben, solche Beschwerden bestünden nicht mehr. Insoweit konnte der Senat diese intermittierende Blasenschwäche nicht feststellen und GdB-erhöhend berücksichtigen.
Auch ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom konnte der Senat nicht feststellen. Zwar nimmt die Klägerin im Durchschnitt einmal am Tag ein leichtes Schmerzmittel der WHO-Klasse 1 von 3 ein, dies jedoch in einer niedrigen Dosierung (durchschnittlich 1/4 der erlaubten Tageshöchstdosis), wie Dr. W. mitteilen konnte. Dies spricht ebenso gegen ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom, wie das gegenüber Dr. W. angegebene sozial gute Eingebunden- und Aktivsein.
Mithin liegen lediglich Wirbelsäulenschäden in zwei Abschnitten (HWS und LWS) mit mittelgradigen Funktionsbeeinträchtigungen vor, die nach den Vorgaben der VG und der Rechtsprechung des Senats (dazu s.o.) lediglich mit einem GdB von 30 bewertet werden können. Der GdB von 40 ist nämlich erst bei schweren Funktionsbeeinträchtigungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten erreicht. Der Senat folgt insoweit der abweichenden Einschätzung von Dr. W. nicht. Denn dessen rechtliche Beurteilung des GdB widerspricht dem geltenden Recht. Dasselbe gilt für die Bewertung des GdB durch Prof. Dr. M. , der zudem eine Blasenschwäche berücksichtigt hat, die der Senat nicht feststellen konnte und die auch nicht überdauernd war.
Damit war der Einzel-GdB im Funktionssystem des Rumpfes unter Zugrundelegung der funktionellen Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit 30 zu bemessen. Für die Zeit vor der LWS-Operation am 31.10.2014 konnte der Senat keine wesentlichen, den Zeitraum von sechs Monaten überdauernden Funktionsbehinderungen feststellen – so hat die Blasenschwäche im Oktober 2014 für drei Wochen bestanden, worauf das SG zutreffend hingewiesen hatte –, die den GdB weiter erhöhen würden. Vielmehr hat auch Dr. W. vor der Operation eher einen geringeren GdB als danach angenommen.
Eigenständig zu bewertende Funktionsbehinderungen der Schultern, Ellenbogen, Arme und Hände bestehen nicht. Soweit die Klägerin Beschwerden der Schultern und Taubheitsgefühle an der Hand angegeben hat, sind diese als Folgen der HWS-Behinderung bereits dort mitbewertet. Darüber hinausgehende Behinderungen lassen sich dem Gutachten von Dr. W. nicht entnehmen und wurden auch nicht vorgetragen.
Die Blasenschwäche hatte im Oktober 2014 über ca. 3 Wochen bestanden, sodass auch im Funktionssystem der Harnorgane (B Nr. 12.2.4 VG) kein eigenständiger Einzel-GdB anzusetzen war.
Die Funktionsbehinderungen des Funktionssystems der Atmung sind mit einem GdB von 10 ausreichend bewertet. Eine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion i.S. von B Nr. 8.3 VG konnte der Senat den vorliegenden Befunden der behandelnden Ärzte nicht entnehmen. Gegen eine solche Einschränkung der Lungenfunktion spricht auch, dass sich die Klägerin nicht in fachärztlicher Behandlung befindet, was einen Hinweis auf die nichtvorhandene Schwere der Erkrankung darstellen kann. Damit sind die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbehinderungen der von ihr als chronisch spastische Bronchitis bezeichnete Gesundheitsstörung nach B Nr. 8.5 VG zu bewerten. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des SG nach eigener Prüfung an und bewertet den Einzel-GdB mit 10. So hat Dr. St. in ihren sachverständigen Zeugenaussagen vom 05.12.2014 und ergänzend vom 10.07.2015 keine erneuten Beschwerden benennen können, somit lediglich im Rahmen des Verwaltungsverfahrens die Rezeptierung mit einem Aerosol am 23.11.2012, mithin 1 Jahr vor der Befragung durch den Beklagten angegeben. Vor diesem Hintergrund kann nicht von einer Beeinträchtigung ausgegangen werden, die mit einem höheren GdB als 10 zu bewerten wäre.
Die von Prof. Dr. M. berichtete Entfernung der Eileiter und der Gebärmutter ist nach B Nr. 14.2 bzw. 14.3 VG mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten, wie es das SG zutreffend getan hat, da keine Anhaltspunkte für hormonelle Auswirkungen ersichtlich sind und die 1962 geborene Klägerin hierdurch keinen noch beeinträchtigten Kinderwunsch berichtet.
Für den Senat sind auch mit dem Vortrag der Klägerin aus den vorliegenden Akten und Befunden weder solche Funktionsbeeinträchtigungen ersichtlich, die im Hinblick auf den angegebenen niedrigen Blutdruck zu einer Bewertung nach B Nr. 9.3 VG o.ä. mit einem GdB von 10 oder mehr führen, noch solche, die im Hinblick auf die angegebene seelische Belastung nach B Nr. 3.7 VG mit einem GdB von 10 oder mehr zu bewerten wären. Insoweit hat die Klägerin Dr. W. von einem guten sozialen Eingebunden- und Aktivsein berichtet, was gegen eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit spricht und auch im Bewertungsbereich der leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen eine Bewertung mit einem GdB von 10 nicht rechtfertigt.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den beim SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften und dem Gutachten von Dr. W. dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO. Der so medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der weiblichen Geschlechtsorgane (weiblicher Geschlechtsapparat) und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Atmung.
Nachdem bei der Klägerin vorliegend von nur einem zu berücksichtigenden Einzel-GdB von 30 auszugehen ist und kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken, konnte der Senat allein einen Gesamt-GdB i.S.d. § 69 Abs. 1 SGB IX i.H.v. 30 feststellen. Der Einschätzung des Gesamt-GdB mit 40, wie von Dr. W. vorgeschlagen, konnte der Senat aus den oben dargelegten Gründen nicht beitreten, ebenso wenig der Bewertung des Prof. Dr. M ...
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der bei der Klägerin insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 40 bzw. 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht entsprechend schwer funktionell in ihrer Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. Vielmehr waren ihre Funktionsbehinderungen insgesamt mit einem GdB von 30 zu bewerten. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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