Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 2913/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2510/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten wegen der Aufhebung des Rechts auf Gewährung einer Rente ob der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV, "schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können").
Der 1968 geborene Kläger erlernte in den 1980er-Jahren die Berufe des Bäckers und Konditors. Er übte diese Tätigkeiten anschließend in Vollzeit aus, ab September 1991 in der Bäckerei und Konditorei A. M. in A. (im Folgenden: Arbeitgeber); beschäftigt war er dort zuletzt am 2. November 1993, danach erkrankte er arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31. Dezember 1993. Aktuell arbeitet der Kläger in einer Filiale der Deutsche Bundesbank im Bereich der Geldbearbeitung.
Dr. H., Hautarzt und Allergologe, hatte der Beklagten bereits im August 1993 eine Berufskrankheit angezeigt. Der Kläger habe Umgang mit berufstypischen Substanzen. Er leide an einem allergischen Kontaktekzem und einer inhalativen Allergie. Die asthmoide Symptomatik sei erstmals im September 1991 aufgetreten. Der Arbeitgeber zeigte im Januar 1994 eine Berufskrankheit an und wies auf eine angebliche Mehlallergie hin. Vom 1. September 1994 bis 17. Juni 1997, als ihm von der Gewerblichen Berufsschule A. das Abschlusszeugnis ausgestellt wurde, wurde er auf Veranlassung der Beklagten bei der C. Z. AG in O. zum Industrieelektroniker, Fachrichtung Gerätetechnik, umgeschult. Mit Bescheiden vom 5. Dezember 1994 sowie 11. Januar und 11. Dezember 1996 wurden ihm Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV zum Ausgleich der Minderung seines früheren Verdienstes gewährt.
Nachdem die Beklagte weitere Ermittlungen zu den Berufskrankheiten nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV ("durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, einschließlich Rhinopathie, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können") und Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV durchgeführt hatte, bewilligte sie dem Kläger mit Bescheid vom 2. April 1998 wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.) ab 1. Januar 1997. Folge dieser Berufskrankheit sei eine berufsbedingte allergische obstruktive Atemwegserkrankung einschließlich einer Rhinopathie. Mit weiterem Bescheid vom 2. April 1998 gewährte sie ihm wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV eine Rente nach einer MdE von 10 v. H. ab 1. Januar 1997. Hierauf sei eine berufsbedingte Hauterkrankung zurückzuführen.
Diesen Verwaltungsentscheidungen lag das Gutachten der Hautärztin und Allergologin Dr. G. nach Untersuchungen im Zeitraum vom 30. Juni bis 3. Juli 1997 zugrunde. Bei ihm bestünden eine Typ I-Allergie auf Roggen-, Weizen- und Hafermehl sowie Hasel- und Erdnuss. Bei der jetzigen Epikutantestung habe eine Typ IV-Allergie auf Weizenmehl im Sinne einer Proteinkontaktdermatitis nachgewiesen werden können. Die vorher bestandenen Typ IV-Allergien auf Hirschhornsalz und Benzoylperoxid seien nicht mehr feststellbar gewesen. Im Vergleich zu ihrer früheren Begutachtung 1994 seien die Alkaliresistenzprüfungen und der Nitrazingelb-Test unauffällig gewesen. Nach den Angaben des Klägers seien im August 1993 im Bereich beider Hände eine ausgeprägte Rötung und Schuppung mit dyshidrosiformen Bläschen sowie Nagelbettentzündungen aufgetreten. Im weiteren Verlauf sei es zu einer Ausbreitung auf beide Unterarme gekommen. Im Urlaub und während Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe eine komplette Abheilung des Befundes erreicht werden können mit jeweils anschließendem Rezidiv bei Wiederaufnahme der Arbeit. Nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit sei die Hauterkrankung ohne weiteres Rezidiv abgeheilt. Das Asthma bronchiale habe sich gebessert. Seit dem Kindesalter bestehe bei ihm eine saisonale Rhinitis und Konjunktivitis. Es sei eine Hyposensibilisierung erfolgt, wodurch sich die Beschwerden leicht gebessert hätten. Bei der aktuellen Untersuchung sei bis auf eine leichte palmeare Hyperlinearität ein unauffälliger dermatologischer Lokalbefund erhoben worden. Eine Schädigung der Hautbarrierefunktion habe bei der gutachtlichen Untersuchung nicht vorgelegen, was auf die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit zurückzuführen sei. Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, welche beruflich bedingt seien, bestünden nicht mehr. Die Auswirkung der bestehenden Allergie sei als mittelgradig einzustufen, weil eine berufliche erworbene Allergie bezogen auf mehrere Berufsstoffe vorliege, welche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenig verbreitet seien. Damit ergebe sich nach den Empfehlungen in der Literatur eine MdE von 10 v. H. Nach der früheren Tabelle habe der Wert ebenfalls 10 v. H. betragen, weil der Umfang und die Intensität der Sensibilisierung mit 10 Punkten sowie die Verbreitung der Allergene mit 5 Punkten zu bewerten seien. Die Hauterkrankung sei bereits abgeheilt. Eine Änderung sei lediglich im Bereich der bestehenden Sensibilisierungen zu erwarten.
Dr. S., Fachärztin für Dermatologie, diagnostizierte im März 2013 ein Bäckerasthma und eine atopische Diathese. Der Kläger habe bei der aktuellen Arbeit keine Hautprobleme, demgegenüber im Bereich der Augen und der Nase, insbesondere wegen der Frühblüher, Beeinträchtigungen. An den Händen hätten keine krankhaften Hautveränderungen bestanden, allerdings über mehreren Fingerknöcheln eine Lichenifikation. Aus dermatologischer Sicht habe kein krankheitswertiger Befund vorgelegen. Im September dieses Jahres berichtete sie, bei sonst unverändertem Befund, auch nicht mehr über die Gesundheitsstörung im Bereich der Finger.
Nach weiteren von der Beklagen veranlassten Begutachtungen durch Dr. G. im November 2000, September 2003 und Dezember 2008 erfolgte deren letzte gutachtliche Untersuchung im Zeitraum vom 1. bis 4. Juli 2014. Zuvor war dem Kläger mit Schreiben vom 9. Mai 2014 neben ihr nur (zweimal) Dr. S. als Gutachter zur Auswahl benannt worden. Nach den Ausführungen von Dr. G. habe weiterhin eine Typ I-Sensibilisierung gegenüber Roggen- und Maismehl sowie Haselnüssen bestanden. Weitere Typ I-Sensibilisierungen gegenüber Mehlen und anderen Berufsstoffen seien hingegen nicht mehr nachweisbar gewesen. Auch eine Typ IV-Sensibilisierung gegenüber Weizenmehl sei bereits 2008 nicht mehr feststellbar gewesen. Ein Exsikkationsekzem, wie es noch 2008 bestanden habe, was bis dahin kontinuierlich behandelt worden sei, sei nun gutachtlich nicht mehr nachweisbar und auch in der Akte nicht mehr dokumentiert gewesen. Die Auswirkungen der beruflich erworbenen Allergien seien im Gegensatz zu 1997 wie schon 2008 nur noch als geringgradig zu bewerten gewesen. Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, hätten nicht mehr festgestellt werden können, weder bei der Untersuchung noch nach Aktenlage. Bei der aktuellen Begutachtung habe im Bereich der Hände und Unterarme bis auf eine leichte palmeare Hyperlinearität kein pathologischer Befund festgestellt werden können. Im Gegensatz zu den Untersuchungen, welche ihren Vorgutachten zugrunde gelegen hätten, habe nun im Bereich der Hände keine Ekzemreaktion mehr festgestellt werden können. Aufgrund dessen sei die MdE mittlerweile mit 0 v. H. zu bewerten. Ab wann diese Änderung eingetreten sei, könne nicht definitiv festgelegt, daher müsse das jetzige Datum der Untersuchung genommen werden. Neben der Berufskrankheit bestehe eine atopische Hautdiathese, eine allergische saisonale Rhinokonjunktivitis bei Typ I-Sensibilisierungen gegenüber Pollen, ein orales Allergiesyndrom mit Typ I-Sensibilisierungen gegenüber weiteren Nahrungsmitteln und eine Typ I-Sensibilisierung gegenüber Tierhaaren. Aus dermatologischer Sicht sei eine Nachuntersuchung nur bei einem Rezidiv des Handekzems erforderlich. Die konsequente Meidung des Kontaktes mit Mehlstaub müsse beibehalten werden. Bei der Prick-Testung habe sich eine Typ I-Sensibilisierung gegen Maismehl und beim Intrakutan-Test eine gegen Roggenmehl gefunden. Die übrigen Testungen der Mehle seien sämtlich negativ gewesen. Dies gelte auch für die Prick- und Scratch-Testung von Roggen- und Weizenmehl ebenso wie den Intrakutan-Test von Weizenmehl. Bestätigt worden sei die Typ I-Sensibilisierung gegenüber Haselnuss. Eine Typ I-Sensibilisierung gegenüber Erdnuss sei nicht mehr nachweisbar gewesen. Es hätten sich bei einer atopischen Diathese noch Typ-I-Sensibilisierungen gegenüber Tomate, Anis, Selleriewurzel und Clementine gefunden, welche am ehesten im Rahmen eines oralen Allergiesyndroms zu interpretieren seien. Der Kläger habe bei einer Größe von 1,76 m ein Gewicht von 98 kg gehabt. Er habe angegeben, täglich fünf Zigaretten zu rauchen.
Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 15. Juli 2014 dazu an, dass aufgrund der nunmehr eingeholten ärztlichen Befunde die Folgen "des Versicherungsfalls" keine rentenberechtigende MdE mehr bedingten. Es sei daher beabsichtigt, durch Bescheid "die Rente zu entziehen". Die Auswirkungen der beruflich erworbenen Allergien seien nur noch geringgradig. Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, hätten nicht mehr festgestellt werden können. Hierauf erwiderte der Kläger, eine wesentliche Besserung sei nicht eingetreten und wenn doch, dann nur deshalb, weil er nicht mehr mit den allergenen Stoffen kontaminiert werde. Wäre dies der Fall, würden in vollem Umfang die Beeinträchtigungen der Lunge und der Haut wieder entstehen, welche nach wie vor latent vorhanden seien. Dies habe auch zur Berufsunfähigkeit in seinen ausgeübten und erlernten Berufen geführt, weshalb er diesbezüglich nach wie vor in einem rentenberechtigenden Grad in der Erwerbsfähigkeit gemindert sei.
Mit Bescheid vom 19. August 2014 "entzog" die Beklagte die Rente mit Ablauf des Monats August 2014. Wegen der Folgen der Berufskrankheit habe der Kläger bisher eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v. H. erhalten. Nunmehr hätten sich die dem Bescheid "vom 01.01.1997" zugrundeliegenden Verhältnisse wesentlich geändert. Die Auswirkungen der beruflich erworbenen Allergien seien nur noch geringgradig. Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, hätten nicht mehr festgestellt werden können. Der am 21. August 2014 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2014 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 11. September 2014 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zunächst begehrt, die Beklagte zu verurteilen, ihm über den August 2014 hinaus weiterhin eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von wenigstens 30 v. H. zu zahlen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. W., Hautarzt und Phlebologe, ein Gutachten erstattet. Nach Untersuchungen am 16. März 2015 und am Folgetag hat er ausgeführt, dieser leide unter anderem an dem Zustand nach einer Proteinkontaktdermatitis bei Typ I-Sensibilisierungen gegenüber mehreren Mehlen und einer Typ-IV-Sensibilisierung gegenüber Weizenmehl, einer Typ-I-Sensibilisierung gegen Roggen- und Maismehl sowie Haselnuss, einer Typ-I-Sensibilisierung gegen Pollen und Tierhaare, einer saisonalen allergischen Rhinokonjunktivitis sowie Typ I-Sensibilisierungen gegenüber Nahrungsmitteln im Rahmen eines oralen Allergiesyndroms. Derzeit habe keine aktuelle entzündliche Erkrankung der Haut bestanden. Eine solche sei zum Zeitpunkt seiner Untersuchung, im Vorgutachten von Juli 2014 und in den Berichten der behandelnden Hautärztin von März und September 2013 nicht mehr festzustellen gewesen. Daher sei nach nunmehr zwei Jahren von einer Beschwerdefreiheit hinsichtlich dieser Erkrankung auszugehen. Der Kläger habe aktuell beruflich Kontakt mit Geld. Hierbei bediene und reinige er auch Maschinen. Beim Kochen seien keine Probleme mit den Händen aufgetreten. Der Kläger sei in gutem Allgemein- und leicht adipösem Ernährungszustand zu der Untersuchung erschienen. Roggenmehl sei bei dem Prick-Test nicht eingesetzt worden, weil es nicht verfügbar gewesen sei. Daher sei eine spezielle Immunglobulin E (IgE-) Testung vorgenommen worden. Diese habe in Bezug auf Roggenmehl (f5) einen Wert unter 0,1 ergeben und sei daher der Klasse 0 zuzuordnen gewesen. Spezifische IgE-Antikörper CAP Klasse 1 auf Milcheiweis und Sellerie seien nachgewiesen worden. Ansonsten habe ein niedrig-normales Gesamt-IgE in der Diagnostik bestanden. Selbst wenn die leichten Veränderungen um die Fingernägel als geringgradiges Handekzem gewertet würden, wären dafür, bei auch bestehenden Hyperkeratosen mit Rhagaden im Bereich beider Füße, in erster Linie die hierfür vorhandenen prädisponierenden Faktoren Atopie, Nikotinkonsum mit mittlerweile zehn Zigaretten täglich, Diabetes mellitus und Adipositas als ursächlich anzusehen, hingegen die noch nachweisbaren, aber weiter rückläufigen beruflich relevanten Sensibilisierungen nicht mit Wahrscheinlichkeit in wesentlicher Weise. Damit habe im Vergleich zu dem Gutachten von Dr. G. von Dezember 2008 keine beruflich bedingte Hauterkrankung mehr vorgelegen. Die MdE betrage nunmehr 0 v. H. Er stimme mit ihrer Expertise von Juli 2014 überein.
Aufgrund der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2016, bei welcher der Kläger anwesend gewesen ist und zuletzt noch begehrt hat, den Bescheid vom 19. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2014 aufzuheben, hat das SG die Klage abgewiesen. Die Aufhebung der Rentengewährung mit Ablauf des August 2014 sei nicht zu beanstanden, da sich die Folgen der BK nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV gebessert hätten und die MdE nunmehr 0 v. H. betrage.
Gegen die seinen Bevollmächtigten am 23. Juni 2016 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 5. Juli 2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das Gutachten von Dr. W. sei in Teilen unvollständig und bedürfe der Ergänzung. Gegebenenfalls sei eine weitere Expertise einzuholen. Bei der durchgeführten Hauttestung durch die so genannten "Prick-Testmehle" seien verschiedene Erreger, insbesondere Roggenmehl, nicht verfügbar gewesen. Eine weitergehende ärztliche Untersuchung werde daher ergeben, dass er tatsächlich nach wie vor die allergenen Beeinträchtigungen und Erkrankungen habe, woraus sich weiterhin eine rentenberechtigende MdE ergebe. In seinem ursprünglich erlernten Beruf als Bäcker sei er aufgrund seiner allergischen Reaktionen, welche zu einer Hautkrankheit geführt hätten, nicht mehr arbeitsfähig. Diese träten sofort wieder auf, wenn er mit den entsprechenden, im Bäckerhandwerk üblichen Mehlen kontaminiert werde. Daher könne nur eine temporäre und keine dauerhafte Besserung eingetreten sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Mai 2016 und den Bescheid vom 19. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, die Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV hätten sich bis August 2014 gebessert, so dass in der Folgezeit keine MdE von wenigstens 10 v. H. erreicht sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter durch Beschluss, da die Berufsrichterin und -richter des Senats dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Zudem ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1999 - B 13 RJ 25/99 R -, SozR 3-1500 § 153 Nr. 9, S. 26 (27)).
Sein Rechtsmittel ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das angefochtene Urteil des SG vom 25. Mai 2016, mit dem die zuletzt in der mündlichen Verhandlung berichtigt (§ 112 Abs. 3 SGG) als isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) verfolgte Klage, mit welcher der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 19. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2014 begehrt hat, abgewiesen wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bezogen auf die vorliegende Klageart der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2014 (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/S.t, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 33).
Grundlage für die von der Beklagten nach Anhörung des Klägers gemäß § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Schreiben vom 15. Juli 2014 vorgenommene Aufhebung des mit Bescheid vom 2. April 1998 eingeräumten Rechts auf Gewährung einer Rente ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Diese Vorschrift wird für Renten der gesetzlichen Unfallversicherung durch § 73 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) spezifisch ergänzt. Ändern sich gemäß § 73 Abs. 1 SGB VII aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird sie in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist. Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen weg, wird sie gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der Wegfall wirksam geworden ist. Nach § 73 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VII ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X hinsichtlich der Feststellung der Höhe der MdE nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v. H. beträgt. Bei Renten auf unbestimmte Zeit muss ihre Veränderung länger als drei Monate andauern. Eine wesentliche Änderung setzt daher voraus, dass die Regelung nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so getroffen werden dürfte, wie sie ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt; bezogen auf die MdE also um mehr als 5 v. H. und für einen längeren Zeitraum als drei Monate (vgl. BSG, Urteil vom 13. Februar 2013 - B 2 U 25/11 R -, juris, Rz. 12). Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist jede Modifikation des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhaltes. In Betracht kommen für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand der Betroffenen (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 11/15 R -, SozR 4-2700 § 56 Nr. 4, Rz. 11 m. w. N.), wobei es zum einen auf die zum Zeitpunkt der letzten bindend gewordenen Feststellung tatsächlich bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse ankommt, welche auf dem Versicherungsfall beruhen. Diese sind mit den vorhandenen, vorliegend auf die Berufskrankheit zurückzuführenden Gesundheitsstörungen zu vergleichen, welche zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides eingetreten gewesen sind (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 10 f., m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4). Die jeweils bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse kommen insbesondere in den medizinischen Gutachten zum Ausdruck, welche zu den Folgen der Berufskrankheit zum Zeitpunkt der maßgeblichen Bewilligung und vor der Entscheidung über die Aufhebung eingeholt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63 (68 f.)). Dagegen ist für die Beurteilung der (rechtlichen) Wesentlichkeit der Änderung von dem Tenor des bindend gewordenen Verwaltungsaktes auszugehen (BSG, Urteil vom 13. Februar 2013 - B 2 U 25/11 R -, juris, Rz. 16).
Bei der mit Bescheid vom 2. April 1998 getroffenen Feststellung des Rechts auf Rente nach einer MdE von 10 v. H. ab 1. Januar 1997 auf unbestimmte Zeit wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da hierdurch in rechtlicher Hinsicht über den Zeitpunkt der Bekanntgabe hinaus eine Wirkung erzeugt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1985 - 1 RJ 2/84 -, BSGE 58, 27 (28)). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist eine Änderung eingetreten, die dazu geführt hat, dass danach und jedenfalls bis Anfang Juli 2014, als der Kläger von Dr. G. gutachtlich untersucht wurde, eine dauerhafte Verbesserung der auf die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV zurückzuführenden Gesundheitsstörungen vorgelegen hat, wodurch sich nunmehr keine höhere MdE als 0 v. H. begründen lässt.
Ausweislich der beiden Gutachten von Dr. G. von Juli 1997 und Juli 2014, welche einerseits dem aufgehobenen und andererseits dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde gelegen haben und vom Senat im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwertet worden sind, führte die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV anfangs zu Typ I-Allergien gegen Roggen-, Weizen- und Hafermehl, Hasel- und Erdnuss sowie einer Typ IV-Allergie im Sinne einer Proteinkontaktdermatitis gegen Weizenmehl, welche erstmals im August 1993 schwere Ekzemreaktionen im Bereich der Hände mit einer ausgeprägten Rötung, einer Schuppung, dyshidrosiformen Bläschen und Nagelbettentzündungen hervorriefen. Diese Reaktionen breiteten sich später auf die Unterarme aus, wohingegen Dr. G. im Juli 1997 insoweit bis auf eine leichte Hyperlinearität einen unauffälligen dermatologischen Lokalbefund erhob. Diese Hauterkrankungen waren folglich bei ihrer damaligen Begutachtung bereits abgeheilt. Die festgestellten beruflich relevanten Typ I-Sensibilisierungen sind nach Erlass des maßgeblichen Bescheides vom 2. April 1998 rückläufig gewesen, wie sie es bereits nach ihrer Begutachtung im Juli 1997 in Erwägung gezogen hatte. Dr. G. stellte im Juli 2014 zwar zusätzlich eine Typ I-Sensibilisierung gegen Maismehl fest, ansonsten hingegen nur noch solche gegen Roggenmehl und Haselnuss. Eine Typ IV-Sensibilisierung gegen Weizenmehl war nicht mehr nachweisbar. Ein zwischenzeitlich aufgetretenes Exsikkationsekzem im Bereich der Hände, welches 2008 durch Dr. H. regelmäßig behandelt wurde, hat nicht mehr vorgelegen. Das Gutachten von Dr. G. von Juli 2014 konnte der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Es kann offen bleiben, ob die Beklagte das einfachgesetzliche verwaltungsverfahrensrechtliche Auswahlrecht des Klägers aus § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII verletzt hat, indem es ihm ersichtlich drei begutachtende Personen vorschlagen wollte, wie sie es bereits im Vorfeld der Begutachtung im Dezember 2008 vornahm, indes im Schreiben vom 9. Mai 2014 neben Dr. G. den Gutachter doppelt anführte. Eine mögliche Verletzung des Auswahlrechts war jedenfalls unbeachtlich geworden, da der Kläger einen solchen Verstoß nicht unverzüglich gerügt hat (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2010 - B 2 U 17/09 R -, SozR 4-2700 § 200 Nr. 2, Rz. 32 ff.; Ricke, in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: Mai 2017, § 200 SGB VII, Rz. 7). Der Sachverständige Dr. W. hat gleichfalls schlüssig aufgezeigt, dass die beruflich relevanten Typ I-Sensibilisierungen bei seiner im März 2015 vorgenommenen Allergiediagnostik weiterhin rückläufig gewesen sind. Er setzte zwar beim Prick-Test Roggenmehl mangels Verfügbarkeit nicht ein. Stattdessen nahm er eine spezielle IgE-Testung vor, welche in Bezug auf Roggenmehl (f5) einen Wert unter 0,1 ergab und daher von ihm der Klasse 0 zugeordnet wurde. Im Ergebnis nahm er gleichwohl aufgrund der Aktenlage weiterhin eine Typ I-Sensibilisierung gegen Roggenmehl an. Eine insoweit ergänzende ärztliche Untersuchung mittels eines Prick-Tests, wie sie der Kläger angeregt hat, ist damit aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos, da sie die Entscheidung von vornherein nicht beeinflussen kann (vgl. Urteil des Senats vom 3. August 2017 - L 6 VU 4530/16 -, juris, Rz. 49). Es bestand daher keine Veranlassung, in Bezug darauf von Amts wegen (§ 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG) weitere Ermittlungen vorzunehmen. Eine Typ IV-Sensibilisierung gegen Weizenmehl stellte Dr. W. erbenfall nicht mehr fest, lediglich einen Zustand danach.
Mit Bescheid vom 2. April 1998 hat die Beklagte bindend (§ 77 SGG) eine Rente nach einer MdE von 10 v. H. ab 1. Januar 1997 wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV bewilligt. Hiervon ausgehend ist die Änderung der MdE wesentlich im Sinne des § 73 Abs. 3 SGB VII, da sie den Wert von 5 v. H. übersteigt. Die Folgen der Berufskrankheit sind nunmehr mit 0 v. H. zu bewerten.
Rechtsgrundlage für die Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier einer Berufskrankheit - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§ 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63 (65)). Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat. Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts als Tatsacheninstanz bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, welche das Tatbestandsmerkmal des Gesundheitsschadens der haftungsausfüllenden Kausalität, also der Folge einer anerkannten Berufskrankheit, erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den der Theorie der wesentlichen Bedingung zugrunde liegenden naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhang indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3, Rz. 14 m. w. N.). Die Feststellung der Höhe der MdE erfordert schließlich als tatsächliche Feststellung stets eine Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel (vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R -, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S. 33 (36 f.)).
Die Auswirkungen der noch bestehenden beruflich erworbenen Allergien sind aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. G., wonach insbesondere die Allergene auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenig verbreitet sind, unter Berücksichtigung ihres Umfanges und der Intensität sowie mangels noch bestehender relevanter Hauterscheinungen im Gegensatz zu 1997 nunmehr als geringgradig zu bewerten. Bei der gutachtlichen Untersuchung durch Dr. W. im Frühjahr 2015 zeigte sich ebenfalls keine entzündliche Erkrankung der Haut. Eine solche wurde auch in den Berichten der behandelnden Hautärztin Dr. S. von März und September 2013 nicht erwähnt, so dass Dr. W. zum Zeitpunkt seiner Untersuchung nachvollziehbar von einer nunmehr zwei Jahre andauernden Beschwerdefreiheit hinsichtlich dieser Gesundheitsstörung ausging. Der Kläger selbst hat bis zuletzt nichts Gegenteiliges vorgetragen, sondern lediglich darauf verwiesen, solche würden sofort wieder auftreten, wenn er mit den entsprechenden, im Bäckerhandwerk üblichen Mehlen kontaminiert werde. Für die MdE zu berücksichtigen sind demgegenüber ausschließlich tatsächlich aufgetretene Hauterscheinungen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 915 ff.). Die daneben festgestellten Erkrankungen in Form von Typ I-Sensibilisierungen gegen Pollen, Tierhaare und verschiedenen Nahrungsmitteln im Rahmen eines oralen Allergiesyndroms, einer atopischen Hautdiathese, einer saisonalen allergischen Rhinokonjunktivitis, einer obstruktiven Atemwegserkrankung, eines Tabakabusus, eines Diabetes mellitus Typ II sowie einer Adipositas sind demgegenüber aufgrund der schlüssigen medizinischen Einschätzungen von Dr. G. und Dr. W. nicht auf die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV zurückzuführen. Selbst wenn die leichten Veränderungen um die Fingernägel als geringgradiges Handekzem gewertet würden, wären dafür, wie Dr. W. überzeugend aufgezeigt hat, bei auch bestehenden Hyperkeratosen mit Rhagaden im Bereich beider Füße, in erster Linie die hierfür vorhandenen prädisponierenden Faktoren Atopie, Nikotinkonsum mit mittlerweile zehn Zigaretten täglich, der Diabetes mellitus und die Adipositas als wesentlich ursächlich anzusehen. Unter Beachtung der Empfehlung zur Begutachtung von arbeitsbedingten Hauterkrankungen und Hautkrebserkrankungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (sog. "Bamberger Empfehlung", im Internet unter "www.dguv.de/de/versicherung/berufskrankheiten/begutachtung/index.jsp"), die Richtwerte enthält, welche in der Regel die Basis für einen Vorschlag bildet, den medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreiten, und gewährleistet, dass Betroffene bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R -, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S. 33 (40)), beträgt die MdE 0 v. H. (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 913 ff.).
Die Aufhebung des Rechts auf Rente wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV hält sich auch sonst im Rahmen der Ermächtigung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Sie hat danach ohne Ausübung von Ermessen mit Wirkung für die Zukunft zu erfolgen. Der dem Kläger spätestens am 21. August 2014 bekanntgegebene Bescheid vom 19. August 2014 entfaltet lediglich Rechtswirkung für die Zukunft, vorliegend für die Zeit ab 1. September 2014. Zu diesem Zeitpunkt sind die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen der mit 0 v. H. zu bewertenden MdE bereits entfallen gewesen, denn seit der Begutachtung im Juli 2014 hat festgestanden, dass die Voraussetzungen für den Wegfall des Leistungsbegehrens vorliegen. Die Entscheidung über die Aufhebung der Bewilligung der Rente wurde schließlich nicht unter Verletzung des § 73 Abs. 1 SGB VII getroffen. Sie hat bei Sozialleistungen, die für einen bestimmten Zeitraum bewilligt sind, auf den Zeitpunkt des Beginns des folgenden Leistungszeitraums hin zu erfolgen. Die Beklagte hat damit rechtmäßig gehandelt, als sie das eingeräumte Recht auf Gewährung der Stützrente im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 SGB VII mit Ablauf des August 2014, also ab 1. September 2014, aufgehoben hat.
Der angefochtene Verwaltungsakt vom 19. August 2014 ist zudem hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X. Das Bestimmtheitserfordernis verlangt als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung eines Verwaltungsakts, dass dessen Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Adressaten bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, die in ihm angeordnete Rechtsfolge zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (BSG, Urteil vom 13. Februar 2013 - B 2 U 25/11 R -, juris, Rz. 31). Der Verfügungssatz ist der Auslegung zugänglich, wobei Maßstab hierfür der Empfängerhorizont verständiger Beteiligter ist, die die Zusammenhänge berücksichtigen, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 - B 5a/5 R 20/06 R -, BSGE 100, 1, (2) m. w. N.; Urteil des Senats vom 30. Juli 2015 - L 6 U 3058/14 -, juris, Rz. 53). Gemessen daran hat die Ausgangsbehörde noch hinreichend klar geregelt, dass sie das mit Bescheid vom 2. April 1998 eingeräumte Recht auf Gewährung einer Rente nach einer MdE von 10 v. H. wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV aufgehoben hat. Sie führte zwar als Datum des Bescheides nicht den 2. April 1998 an, sondern wohl versehentlich dasjenige des Leistungsbeginns. Aus der Begründung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung, wonach der Kläger wegen der Folgen der Berufskrankheit bisher eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v. H. erhalten habe, sich nunmehr die zugrunde liegenden Verhältnisse allerdings wesentlich geändert hätten, insbesondere die Auswirkungen der beruflich erworbenen Allergien nur noch geringgradig seien und Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, nicht mehr hätten festgestellt werden können, war allerdings hinreichend erkennbar, dass sich die Aufhebungsentscheidung auf den Verwaltungsakt bezog, mit dem ein Recht auf Rente wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV geregelt worden war und insbesondere auch nicht auf denjenigen gleichen Datums, der sich mit der Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV befasste, wonach eine obstruktive Atemwegserkrankung, einschließlich einer Rhinopathie, tatbestandlich vorausgesetzt wird. Darüber hinaus wurde der Regelungsgegenstand benannt und vorliegend mit der "Entziehung" noch ersichtlich die Aufhebung verfügt (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2010 - B 2 U 2/09 R -, juris, Rz. 22).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten wegen der Aufhebung des Rechts auf Gewährung einer Rente ob der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV, "schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können").
Der 1968 geborene Kläger erlernte in den 1980er-Jahren die Berufe des Bäckers und Konditors. Er übte diese Tätigkeiten anschließend in Vollzeit aus, ab September 1991 in der Bäckerei und Konditorei A. M. in A. (im Folgenden: Arbeitgeber); beschäftigt war er dort zuletzt am 2. November 1993, danach erkrankte er arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31. Dezember 1993. Aktuell arbeitet der Kläger in einer Filiale der Deutsche Bundesbank im Bereich der Geldbearbeitung.
Dr. H., Hautarzt und Allergologe, hatte der Beklagten bereits im August 1993 eine Berufskrankheit angezeigt. Der Kläger habe Umgang mit berufstypischen Substanzen. Er leide an einem allergischen Kontaktekzem und einer inhalativen Allergie. Die asthmoide Symptomatik sei erstmals im September 1991 aufgetreten. Der Arbeitgeber zeigte im Januar 1994 eine Berufskrankheit an und wies auf eine angebliche Mehlallergie hin. Vom 1. September 1994 bis 17. Juni 1997, als ihm von der Gewerblichen Berufsschule A. das Abschlusszeugnis ausgestellt wurde, wurde er auf Veranlassung der Beklagten bei der C. Z. AG in O. zum Industrieelektroniker, Fachrichtung Gerätetechnik, umgeschult. Mit Bescheiden vom 5. Dezember 1994 sowie 11. Januar und 11. Dezember 1996 wurden ihm Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV zum Ausgleich der Minderung seines früheren Verdienstes gewährt.
Nachdem die Beklagte weitere Ermittlungen zu den Berufskrankheiten nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV ("durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, einschließlich Rhinopathie, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können") und Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV durchgeführt hatte, bewilligte sie dem Kläger mit Bescheid vom 2. April 1998 wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.) ab 1. Januar 1997. Folge dieser Berufskrankheit sei eine berufsbedingte allergische obstruktive Atemwegserkrankung einschließlich einer Rhinopathie. Mit weiterem Bescheid vom 2. April 1998 gewährte sie ihm wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV eine Rente nach einer MdE von 10 v. H. ab 1. Januar 1997. Hierauf sei eine berufsbedingte Hauterkrankung zurückzuführen.
Diesen Verwaltungsentscheidungen lag das Gutachten der Hautärztin und Allergologin Dr. G. nach Untersuchungen im Zeitraum vom 30. Juni bis 3. Juli 1997 zugrunde. Bei ihm bestünden eine Typ I-Allergie auf Roggen-, Weizen- und Hafermehl sowie Hasel- und Erdnuss. Bei der jetzigen Epikutantestung habe eine Typ IV-Allergie auf Weizenmehl im Sinne einer Proteinkontaktdermatitis nachgewiesen werden können. Die vorher bestandenen Typ IV-Allergien auf Hirschhornsalz und Benzoylperoxid seien nicht mehr feststellbar gewesen. Im Vergleich zu ihrer früheren Begutachtung 1994 seien die Alkaliresistenzprüfungen und der Nitrazingelb-Test unauffällig gewesen. Nach den Angaben des Klägers seien im August 1993 im Bereich beider Hände eine ausgeprägte Rötung und Schuppung mit dyshidrosiformen Bläschen sowie Nagelbettentzündungen aufgetreten. Im weiteren Verlauf sei es zu einer Ausbreitung auf beide Unterarme gekommen. Im Urlaub und während Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe eine komplette Abheilung des Befundes erreicht werden können mit jeweils anschließendem Rezidiv bei Wiederaufnahme der Arbeit. Nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit sei die Hauterkrankung ohne weiteres Rezidiv abgeheilt. Das Asthma bronchiale habe sich gebessert. Seit dem Kindesalter bestehe bei ihm eine saisonale Rhinitis und Konjunktivitis. Es sei eine Hyposensibilisierung erfolgt, wodurch sich die Beschwerden leicht gebessert hätten. Bei der aktuellen Untersuchung sei bis auf eine leichte palmeare Hyperlinearität ein unauffälliger dermatologischer Lokalbefund erhoben worden. Eine Schädigung der Hautbarrierefunktion habe bei der gutachtlichen Untersuchung nicht vorgelegen, was auf die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit zurückzuführen sei. Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, welche beruflich bedingt seien, bestünden nicht mehr. Die Auswirkung der bestehenden Allergie sei als mittelgradig einzustufen, weil eine berufliche erworbene Allergie bezogen auf mehrere Berufsstoffe vorliege, welche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenig verbreitet seien. Damit ergebe sich nach den Empfehlungen in der Literatur eine MdE von 10 v. H. Nach der früheren Tabelle habe der Wert ebenfalls 10 v. H. betragen, weil der Umfang und die Intensität der Sensibilisierung mit 10 Punkten sowie die Verbreitung der Allergene mit 5 Punkten zu bewerten seien. Die Hauterkrankung sei bereits abgeheilt. Eine Änderung sei lediglich im Bereich der bestehenden Sensibilisierungen zu erwarten.
Dr. S., Fachärztin für Dermatologie, diagnostizierte im März 2013 ein Bäckerasthma und eine atopische Diathese. Der Kläger habe bei der aktuellen Arbeit keine Hautprobleme, demgegenüber im Bereich der Augen und der Nase, insbesondere wegen der Frühblüher, Beeinträchtigungen. An den Händen hätten keine krankhaften Hautveränderungen bestanden, allerdings über mehreren Fingerknöcheln eine Lichenifikation. Aus dermatologischer Sicht habe kein krankheitswertiger Befund vorgelegen. Im September dieses Jahres berichtete sie, bei sonst unverändertem Befund, auch nicht mehr über die Gesundheitsstörung im Bereich der Finger.
Nach weiteren von der Beklagen veranlassten Begutachtungen durch Dr. G. im November 2000, September 2003 und Dezember 2008 erfolgte deren letzte gutachtliche Untersuchung im Zeitraum vom 1. bis 4. Juli 2014. Zuvor war dem Kläger mit Schreiben vom 9. Mai 2014 neben ihr nur (zweimal) Dr. S. als Gutachter zur Auswahl benannt worden. Nach den Ausführungen von Dr. G. habe weiterhin eine Typ I-Sensibilisierung gegenüber Roggen- und Maismehl sowie Haselnüssen bestanden. Weitere Typ I-Sensibilisierungen gegenüber Mehlen und anderen Berufsstoffen seien hingegen nicht mehr nachweisbar gewesen. Auch eine Typ IV-Sensibilisierung gegenüber Weizenmehl sei bereits 2008 nicht mehr feststellbar gewesen. Ein Exsikkationsekzem, wie es noch 2008 bestanden habe, was bis dahin kontinuierlich behandelt worden sei, sei nun gutachtlich nicht mehr nachweisbar und auch in der Akte nicht mehr dokumentiert gewesen. Die Auswirkungen der beruflich erworbenen Allergien seien im Gegensatz zu 1997 wie schon 2008 nur noch als geringgradig zu bewerten gewesen. Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, hätten nicht mehr festgestellt werden können, weder bei der Untersuchung noch nach Aktenlage. Bei der aktuellen Begutachtung habe im Bereich der Hände und Unterarme bis auf eine leichte palmeare Hyperlinearität kein pathologischer Befund festgestellt werden können. Im Gegensatz zu den Untersuchungen, welche ihren Vorgutachten zugrunde gelegen hätten, habe nun im Bereich der Hände keine Ekzemreaktion mehr festgestellt werden können. Aufgrund dessen sei die MdE mittlerweile mit 0 v. H. zu bewerten. Ab wann diese Änderung eingetreten sei, könne nicht definitiv festgelegt, daher müsse das jetzige Datum der Untersuchung genommen werden. Neben der Berufskrankheit bestehe eine atopische Hautdiathese, eine allergische saisonale Rhinokonjunktivitis bei Typ I-Sensibilisierungen gegenüber Pollen, ein orales Allergiesyndrom mit Typ I-Sensibilisierungen gegenüber weiteren Nahrungsmitteln und eine Typ I-Sensibilisierung gegenüber Tierhaaren. Aus dermatologischer Sicht sei eine Nachuntersuchung nur bei einem Rezidiv des Handekzems erforderlich. Die konsequente Meidung des Kontaktes mit Mehlstaub müsse beibehalten werden. Bei der Prick-Testung habe sich eine Typ I-Sensibilisierung gegen Maismehl und beim Intrakutan-Test eine gegen Roggenmehl gefunden. Die übrigen Testungen der Mehle seien sämtlich negativ gewesen. Dies gelte auch für die Prick- und Scratch-Testung von Roggen- und Weizenmehl ebenso wie den Intrakutan-Test von Weizenmehl. Bestätigt worden sei die Typ I-Sensibilisierung gegenüber Haselnuss. Eine Typ I-Sensibilisierung gegenüber Erdnuss sei nicht mehr nachweisbar gewesen. Es hätten sich bei einer atopischen Diathese noch Typ-I-Sensibilisierungen gegenüber Tomate, Anis, Selleriewurzel und Clementine gefunden, welche am ehesten im Rahmen eines oralen Allergiesyndroms zu interpretieren seien. Der Kläger habe bei einer Größe von 1,76 m ein Gewicht von 98 kg gehabt. Er habe angegeben, täglich fünf Zigaretten zu rauchen.
Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 15. Juli 2014 dazu an, dass aufgrund der nunmehr eingeholten ärztlichen Befunde die Folgen "des Versicherungsfalls" keine rentenberechtigende MdE mehr bedingten. Es sei daher beabsichtigt, durch Bescheid "die Rente zu entziehen". Die Auswirkungen der beruflich erworbenen Allergien seien nur noch geringgradig. Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, hätten nicht mehr festgestellt werden können. Hierauf erwiderte der Kläger, eine wesentliche Besserung sei nicht eingetreten und wenn doch, dann nur deshalb, weil er nicht mehr mit den allergenen Stoffen kontaminiert werde. Wäre dies der Fall, würden in vollem Umfang die Beeinträchtigungen der Lunge und der Haut wieder entstehen, welche nach wie vor latent vorhanden seien. Dies habe auch zur Berufsunfähigkeit in seinen ausgeübten und erlernten Berufen geführt, weshalb er diesbezüglich nach wie vor in einem rentenberechtigenden Grad in der Erwerbsfähigkeit gemindert sei.
Mit Bescheid vom 19. August 2014 "entzog" die Beklagte die Rente mit Ablauf des Monats August 2014. Wegen der Folgen der Berufskrankheit habe der Kläger bisher eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v. H. erhalten. Nunmehr hätten sich die dem Bescheid "vom 01.01.1997" zugrundeliegenden Verhältnisse wesentlich geändert. Die Auswirkungen der beruflich erworbenen Allergien seien nur noch geringgradig. Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, hätten nicht mehr festgestellt werden können. Der am 21. August 2014 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2014 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 11. September 2014 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zunächst begehrt, die Beklagte zu verurteilen, ihm über den August 2014 hinaus weiterhin eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von wenigstens 30 v. H. zu zahlen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. W., Hautarzt und Phlebologe, ein Gutachten erstattet. Nach Untersuchungen am 16. März 2015 und am Folgetag hat er ausgeführt, dieser leide unter anderem an dem Zustand nach einer Proteinkontaktdermatitis bei Typ I-Sensibilisierungen gegenüber mehreren Mehlen und einer Typ-IV-Sensibilisierung gegenüber Weizenmehl, einer Typ-I-Sensibilisierung gegen Roggen- und Maismehl sowie Haselnuss, einer Typ-I-Sensibilisierung gegen Pollen und Tierhaare, einer saisonalen allergischen Rhinokonjunktivitis sowie Typ I-Sensibilisierungen gegenüber Nahrungsmitteln im Rahmen eines oralen Allergiesyndroms. Derzeit habe keine aktuelle entzündliche Erkrankung der Haut bestanden. Eine solche sei zum Zeitpunkt seiner Untersuchung, im Vorgutachten von Juli 2014 und in den Berichten der behandelnden Hautärztin von März und September 2013 nicht mehr festzustellen gewesen. Daher sei nach nunmehr zwei Jahren von einer Beschwerdefreiheit hinsichtlich dieser Erkrankung auszugehen. Der Kläger habe aktuell beruflich Kontakt mit Geld. Hierbei bediene und reinige er auch Maschinen. Beim Kochen seien keine Probleme mit den Händen aufgetreten. Der Kläger sei in gutem Allgemein- und leicht adipösem Ernährungszustand zu der Untersuchung erschienen. Roggenmehl sei bei dem Prick-Test nicht eingesetzt worden, weil es nicht verfügbar gewesen sei. Daher sei eine spezielle Immunglobulin E (IgE-) Testung vorgenommen worden. Diese habe in Bezug auf Roggenmehl (f5) einen Wert unter 0,1 ergeben und sei daher der Klasse 0 zuzuordnen gewesen. Spezifische IgE-Antikörper CAP Klasse 1 auf Milcheiweis und Sellerie seien nachgewiesen worden. Ansonsten habe ein niedrig-normales Gesamt-IgE in der Diagnostik bestanden. Selbst wenn die leichten Veränderungen um die Fingernägel als geringgradiges Handekzem gewertet würden, wären dafür, bei auch bestehenden Hyperkeratosen mit Rhagaden im Bereich beider Füße, in erster Linie die hierfür vorhandenen prädisponierenden Faktoren Atopie, Nikotinkonsum mit mittlerweile zehn Zigaretten täglich, Diabetes mellitus und Adipositas als ursächlich anzusehen, hingegen die noch nachweisbaren, aber weiter rückläufigen beruflich relevanten Sensibilisierungen nicht mit Wahrscheinlichkeit in wesentlicher Weise. Damit habe im Vergleich zu dem Gutachten von Dr. G. von Dezember 2008 keine beruflich bedingte Hauterkrankung mehr vorgelegen. Die MdE betrage nunmehr 0 v. H. Er stimme mit ihrer Expertise von Juli 2014 überein.
Aufgrund der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2016, bei welcher der Kläger anwesend gewesen ist und zuletzt noch begehrt hat, den Bescheid vom 19. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2014 aufzuheben, hat das SG die Klage abgewiesen. Die Aufhebung der Rentengewährung mit Ablauf des August 2014 sei nicht zu beanstanden, da sich die Folgen der BK nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV gebessert hätten und die MdE nunmehr 0 v. H. betrage.
Gegen die seinen Bevollmächtigten am 23. Juni 2016 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 5. Juli 2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das Gutachten von Dr. W. sei in Teilen unvollständig und bedürfe der Ergänzung. Gegebenenfalls sei eine weitere Expertise einzuholen. Bei der durchgeführten Hauttestung durch die so genannten "Prick-Testmehle" seien verschiedene Erreger, insbesondere Roggenmehl, nicht verfügbar gewesen. Eine weitergehende ärztliche Untersuchung werde daher ergeben, dass er tatsächlich nach wie vor die allergenen Beeinträchtigungen und Erkrankungen habe, woraus sich weiterhin eine rentenberechtigende MdE ergebe. In seinem ursprünglich erlernten Beruf als Bäcker sei er aufgrund seiner allergischen Reaktionen, welche zu einer Hautkrankheit geführt hätten, nicht mehr arbeitsfähig. Diese träten sofort wieder auf, wenn er mit den entsprechenden, im Bäckerhandwerk üblichen Mehlen kontaminiert werde. Daher könne nur eine temporäre und keine dauerhafte Besserung eingetreten sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Mai 2016 und den Bescheid vom 19. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, die Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV hätten sich bis August 2014 gebessert, so dass in der Folgezeit keine MdE von wenigstens 10 v. H. erreicht sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter durch Beschluss, da die Berufsrichterin und -richter des Senats dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Zudem ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1999 - B 13 RJ 25/99 R -, SozR 3-1500 § 153 Nr. 9, S. 26 (27)).
Sein Rechtsmittel ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das angefochtene Urteil des SG vom 25. Mai 2016, mit dem die zuletzt in der mündlichen Verhandlung berichtigt (§ 112 Abs. 3 SGG) als isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) verfolgte Klage, mit welcher der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 19. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2014 begehrt hat, abgewiesen wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bezogen auf die vorliegende Klageart der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2014 (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/S.t, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 33).
Grundlage für die von der Beklagten nach Anhörung des Klägers gemäß § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Schreiben vom 15. Juli 2014 vorgenommene Aufhebung des mit Bescheid vom 2. April 1998 eingeräumten Rechts auf Gewährung einer Rente ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Diese Vorschrift wird für Renten der gesetzlichen Unfallversicherung durch § 73 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) spezifisch ergänzt. Ändern sich gemäß § 73 Abs. 1 SGB VII aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird sie in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist. Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen weg, wird sie gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der Wegfall wirksam geworden ist. Nach § 73 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VII ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X hinsichtlich der Feststellung der Höhe der MdE nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v. H. beträgt. Bei Renten auf unbestimmte Zeit muss ihre Veränderung länger als drei Monate andauern. Eine wesentliche Änderung setzt daher voraus, dass die Regelung nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so getroffen werden dürfte, wie sie ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt; bezogen auf die MdE also um mehr als 5 v. H. und für einen längeren Zeitraum als drei Monate (vgl. BSG, Urteil vom 13. Februar 2013 - B 2 U 25/11 R -, juris, Rz. 12). Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist jede Modifikation des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhaltes. In Betracht kommen für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand der Betroffenen (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 11/15 R -, SozR 4-2700 § 56 Nr. 4, Rz. 11 m. w. N.), wobei es zum einen auf die zum Zeitpunkt der letzten bindend gewordenen Feststellung tatsächlich bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse ankommt, welche auf dem Versicherungsfall beruhen. Diese sind mit den vorhandenen, vorliegend auf die Berufskrankheit zurückzuführenden Gesundheitsstörungen zu vergleichen, welche zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides eingetreten gewesen sind (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 10 f., m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4). Die jeweils bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse kommen insbesondere in den medizinischen Gutachten zum Ausdruck, welche zu den Folgen der Berufskrankheit zum Zeitpunkt der maßgeblichen Bewilligung und vor der Entscheidung über die Aufhebung eingeholt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63 (68 f.)). Dagegen ist für die Beurteilung der (rechtlichen) Wesentlichkeit der Änderung von dem Tenor des bindend gewordenen Verwaltungsaktes auszugehen (BSG, Urteil vom 13. Februar 2013 - B 2 U 25/11 R -, juris, Rz. 16).
Bei der mit Bescheid vom 2. April 1998 getroffenen Feststellung des Rechts auf Rente nach einer MdE von 10 v. H. ab 1. Januar 1997 auf unbestimmte Zeit wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da hierdurch in rechtlicher Hinsicht über den Zeitpunkt der Bekanntgabe hinaus eine Wirkung erzeugt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1985 - 1 RJ 2/84 -, BSGE 58, 27 (28)). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist eine Änderung eingetreten, die dazu geführt hat, dass danach und jedenfalls bis Anfang Juli 2014, als der Kläger von Dr. G. gutachtlich untersucht wurde, eine dauerhafte Verbesserung der auf die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV zurückzuführenden Gesundheitsstörungen vorgelegen hat, wodurch sich nunmehr keine höhere MdE als 0 v. H. begründen lässt.
Ausweislich der beiden Gutachten von Dr. G. von Juli 1997 und Juli 2014, welche einerseits dem aufgehobenen und andererseits dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde gelegen haben und vom Senat im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwertet worden sind, führte die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV anfangs zu Typ I-Allergien gegen Roggen-, Weizen- und Hafermehl, Hasel- und Erdnuss sowie einer Typ IV-Allergie im Sinne einer Proteinkontaktdermatitis gegen Weizenmehl, welche erstmals im August 1993 schwere Ekzemreaktionen im Bereich der Hände mit einer ausgeprägten Rötung, einer Schuppung, dyshidrosiformen Bläschen und Nagelbettentzündungen hervorriefen. Diese Reaktionen breiteten sich später auf die Unterarme aus, wohingegen Dr. G. im Juli 1997 insoweit bis auf eine leichte Hyperlinearität einen unauffälligen dermatologischen Lokalbefund erhob. Diese Hauterkrankungen waren folglich bei ihrer damaligen Begutachtung bereits abgeheilt. Die festgestellten beruflich relevanten Typ I-Sensibilisierungen sind nach Erlass des maßgeblichen Bescheides vom 2. April 1998 rückläufig gewesen, wie sie es bereits nach ihrer Begutachtung im Juli 1997 in Erwägung gezogen hatte. Dr. G. stellte im Juli 2014 zwar zusätzlich eine Typ I-Sensibilisierung gegen Maismehl fest, ansonsten hingegen nur noch solche gegen Roggenmehl und Haselnuss. Eine Typ IV-Sensibilisierung gegen Weizenmehl war nicht mehr nachweisbar. Ein zwischenzeitlich aufgetretenes Exsikkationsekzem im Bereich der Hände, welches 2008 durch Dr. H. regelmäßig behandelt wurde, hat nicht mehr vorgelegen. Das Gutachten von Dr. G. von Juli 2014 konnte der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Es kann offen bleiben, ob die Beklagte das einfachgesetzliche verwaltungsverfahrensrechtliche Auswahlrecht des Klägers aus § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII verletzt hat, indem es ihm ersichtlich drei begutachtende Personen vorschlagen wollte, wie sie es bereits im Vorfeld der Begutachtung im Dezember 2008 vornahm, indes im Schreiben vom 9. Mai 2014 neben Dr. G. den Gutachter doppelt anführte. Eine mögliche Verletzung des Auswahlrechts war jedenfalls unbeachtlich geworden, da der Kläger einen solchen Verstoß nicht unverzüglich gerügt hat (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2010 - B 2 U 17/09 R -, SozR 4-2700 § 200 Nr. 2, Rz. 32 ff.; Ricke, in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: Mai 2017, § 200 SGB VII, Rz. 7). Der Sachverständige Dr. W. hat gleichfalls schlüssig aufgezeigt, dass die beruflich relevanten Typ I-Sensibilisierungen bei seiner im März 2015 vorgenommenen Allergiediagnostik weiterhin rückläufig gewesen sind. Er setzte zwar beim Prick-Test Roggenmehl mangels Verfügbarkeit nicht ein. Stattdessen nahm er eine spezielle IgE-Testung vor, welche in Bezug auf Roggenmehl (f5) einen Wert unter 0,1 ergab und daher von ihm der Klasse 0 zugeordnet wurde. Im Ergebnis nahm er gleichwohl aufgrund der Aktenlage weiterhin eine Typ I-Sensibilisierung gegen Roggenmehl an. Eine insoweit ergänzende ärztliche Untersuchung mittels eines Prick-Tests, wie sie der Kläger angeregt hat, ist damit aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos, da sie die Entscheidung von vornherein nicht beeinflussen kann (vgl. Urteil des Senats vom 3. August 2017 - L 6 VU 4530/16 -, juris, Rz. 49). Es bestand daher keine Veranlassung, in Bezug darauf von Amts wegen (§ 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG) weitere Ermittlungen vorzunehmen. Eine Typ IV-Sensibilisierung gegen Weizenmehl stellte Dr. W. erbenfall nicht mehr fest, lediglich einen Zustand danach.
Mit Bescheid vom 2. April 1998 hat die Beklagte bindend (§ 77 SGG) eine Rente nach einer MdE von 10 v. H. ab 1. Januar 1997 wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV bewilligt. Hiervon ausgehend ist die Änderung der MdE wesentlich im Sinne des § 73 Abs. 3 SGB VII, da sie den Wert von 5 v. H. übersteigt. Die Folgen der Berufskrankheit sind nunmehr mit 0 v. H. zu bewerten.
Rechtsgrundlage für die Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier einer Berufskrankheit - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§ 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63 (65)). Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat. Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts als Tatsacheninstanz bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, welche das Tatbestandsmerkmal des Gesundheitsschadens der haftungsausfüllenden Kausalität, also der Folge einer anerkannten Berufskrankheit, erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den der Theorie der wesentlichen Bedingung zugrunde liegenden naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhang indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3, Rz. 14 m. w. N.). Die Feststellung der Höhe der MdE erfordert schließlich als tatsächliche Feststellung stets eine Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel (vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R -, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S. 33 (36 f.)).
Die Auswirkungen der noch bestehenden beruflich erworbenen Allergien sind aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. G., wonach insbesondere die Allergene auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenig verbreitet sind, unter Berücksichtigung ihres Umfanges und der Intensität sowie mangels noch bestehender relevanter Hauterscheinungen im Gegensatz zu 1997 nunmehr als geringgradig zu bewerten. Bei der gutachtlichen Untersuchung durch Dr. W. im Frühjahr 2015 zeigte sich ebenfalls keine entzündliche Erkrankung der Haut. Eine solche wurde auch in den Berichten der behandelnden Hautärztin Dr. S. von März und September 2013 nicht erwähnt, so dass Dr. W. zum Zeitpunkt seiner Untersuchung nachvollziehbar von einer nunmehr zwei Jahre andauernden Beschwerdefreiheit hinsichtlich dieser Gesundheitsstörung ausging. Der Kläger selbst hat bis zuletzt nichts Gegenteiliges vorgetragen, sondern lediglich darauf verwiesen, solche würden sofort wieder auftreten, wenn er mit den entsprechenden, im Bäckerhandwerk üblichen Mehlen kontaminiert werde. Für die MdE zu berücksichtigen sind demgegenüber ausschließlich tatsächlich aufgetretene Hauterscheinungen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 915 ff.). Die daneben festgestellten Erkrankungen in Form von Typ I-Sensibilisierungen gegen Pollen, Tierhaare und verschiedenen Nahrungsmitteln im Rahmen eines oralen Allergiesyndroms, einer atopischen Hautdiathese, einer saisonalen allergischen Rhinokonjunktivitis, einer obstruktiven Atemwegserkrankung, eines Tabakabusus, eines Diabetes mellitus Typ II sowie einer Adipositas sind demgegenüber aufgrund der schlüssigen medizinischen Einschätzungen von Dr. G. und Dr. W. nicht auf die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV zurückzuführen. Selbst wenn die leichten Veränderungen um die Fingernägel als geringgradiges Handekzem gewertet würden, wären dafür, wie Dr. W. überzeugend aufgezeigt hat, bei auch bestehenden Hyperkeratosen mit Rhagaden im Bereich beider Füße, in erster Linie die hierfür vorhandenen prädisponierenden Faktoren Atopie, Nikotinkonsum mit mittlerweile zehn Zigaretten täglich, der Diabetes mellitus und die Adipositas als wesentlich ursächlich anzusehen. Unter Beachtung der Empfehlung zur Begutachtung von arbeitsbedingten Hauterkrankungen und Hautkrebserkrankungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (sog. "Bamberger Empfehlung", im Internet unter "www.dguv.de/de/versicherung/berufskrankheiten/begutachtung/index.jsp"), die Richtwerte enthält, welche in der Regel die Basis für einen Vorschlag bildet, den medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreiten, und gewährleistet, dass Betroffene bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R -, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S. 33 (40)), beträgt die MdE 0 v. H. (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 913 ff.).
Die Aufhebung des Rechts auf Rente wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV hält sich auch sonst im Rahmen der Ermächtigung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Sie hat danach ohne Ausübung von Ermessen mit Wirkung für die Zukunft zu erfolgen. Der dem Kläger spätestens am 21. August 2014 bekanntgegebene Bescheid vom 19. August 2014 entfaltet lediglich Rechtswirkung für die Zukunft, vorliegend für die Zeit ab 1. September 2014. Zu diesem Zeitpunkt sind die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen der mit 0 v. H. zu bewertenden MdE bereits entfallen gewesen, denn seit der Begutachtung im Juli 2014 hat festgestanden, dass die Voraussetzungen für den Wegfall des Leistungsbegehrens vorliegen. Die Entscheidung über die Aufhebung der Bewilligung der Rente wurde schließlich nicht unter Verletzung des § 73 Abs. 1 SGB VII getroffen. Sie hat bei Sozialleistungen, die für einen bestimmten Zeitraum bewilligt sind, auf den Zeitpunkt des Beginns des folgenden Leistungszeitraums hin zu erfolgen. Die Beklagte hat damit rechtmäßig gehandelt, als sie das eingeräumte Recht auf Gewährung der Stützrente im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 SGB VII mit Ablauf des August 2014, also ab 1. September 2014, aufgehoben hat.
Der angefochtene Verwaltungsakt vom 19. August 2014 ist zudem hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X. Das Bestimmtheitserfordernis verlangt als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung eines Verwaltungsakts, dass dessen Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Adressaten bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, die in ihm angeordnete Rechtsfolge zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (BSG, Urteil vom 13. Februar 2013 - B 2 U 25/11 R -, juris, Rz. 31). Der Verfügungssatz ist der Auslegung zugänglich, wobei Maßstab hierfür der Empfängerhorizont verständiger Beteiligter ist, die die Zusammenhänge berücksichtigen, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 - B 5a/5 R 20/06 R -, BSGE 100, 1, (2) m. w. N.; Urteil des Senats vom 30. Juli 2015 - L 6 U 3058/14 -, juris, Rz. 53). Gemessen daran hat die Ausgangsbehörde noch hinreichend klar geregelt, dass sie das mit Bescheid vom 2. April 1998 eingeräumte Recht auf Gewährung einer Rente nach einer MdE von 10 v. H. wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV aufgehoben hat. Sie führte zwar als Datum des Bescheides nicht den 2. April 1998 an, sondern wohl versehentlich dasjenige des Leistungsbeginns. Aus der Begründung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung, wonach der Kläger wegen der Folgen der Berufskrankheit bisher eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v. H. erhalten habe, sich nunmehr die zugrunde liegenden Verhältnisse allerdings wesentlich geändert hätten, insbesondere die Auswirkungen der beruflich erworbenen Allergien nur noch geringgradig seien und Hauterscheinungen, auch nach irritativer Schädigung, nicht mehr hätten festgestellt werden können, war allerdings hinreichend erkennbar, dass sich die Aufhebungsentscheidung auf den Verwaltungsakt bezog, mit dem ein Recht auf Rente wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV geregelt worden war und insbesondere auch nicht auf denjenigen gleichen Datums, der sich mit der Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV befasste, wonach eine obstruktive Atemwegserkrankung, einschließlich einer Rhinopathie, tatbestandlich vorausgesetzt wird. Darüber hinaus wurde der Regelungsgegenstand benannt und vorliegend mit der "Entziehung" noch ersichtlich die Aufhebung verfügt (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2010 - B 2 U 2/09 R -, juris, Rz. 22).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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