L 2 BK 3826/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 BK 2973/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 BK 3826/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. August 2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Rechtsqualität als Bescheid des Schreibens vom 31. Mai 2016 zu der Kostenrechnung des Klägers vom 15. Mai 2016.

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Seinen Antrag auf Gewährung von Kinderzuschlag lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 16. November 2015 ab. Das Widerspruchsverfahren hierzu wurde unter dem Zeichen W - 67706 - 01723/15 geführt. Mit Bescheid vom 24. März 2016 bewilligte die Beklagte Kinderzuschlag von Oktober 2015 bis Februar 2016. Mit Widerspruchsbescheid gleichen Datums wies die Beklagte den Widerspruch nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 24. März 2016 als unbegründet zurück; zugleich entschied sie, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf Antrag erstattet würden. Mit der hiergegen zum Sozialgericht H. (SG) erhobenen Klage (S 10 BK 1193/16) begehrte der Kläger die Aufhebung des Widerspruchsbescheides.

Mit Kostenrechnung vom 15. Mai 2016 machte der Kläger hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens 01723/15 Kosten in Höhe von 844,90 EUR geltend.

Mit Schreiben vom 31. Mai 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie auf seine Kostenrechnung einen Betrag in Höhe von 380,80 EUR erstattet habe. Eine Geschäftsgebühr von mehr als 300,- EUR könne nach der Anmerkung zu Nr. 2302 VV RVG nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Vorliegend sei die anwaltliche Tätigkeit jedoch weder umfangreich noch schwierig gewesen. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG komme nicht in Betracht; die Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs könne allein keine Erledigungsgebühr auslösen. Am Ende des Schreibens vom 31. Mai 2013 führte die Beklagte aus: "Sofern Sie meine Auffassung nicht teilen, stelle ich Ihnen anheim, eine weitere Stellungnahme einzureichen. Sollten Sie sich nicht mehr äußern, betrachte ich Ihre Kostenrechnung als erledigt".

Mit Schreiben vom 3. Juni 2016 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Die Kürzung der Gebühr nach Nr. 2302 VV RVG und die Nichtberücksichtigung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 RVG seien falsch.

Im "Kostenfestsetzungsbescheid" vom 15. Juni 2016 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten im Widerspruchsverfahren 01723/15 auf 380,80 EUR fest.

Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch; das Widerspruchsverfahren wurde unter dem Zeichen - 67706 - 00845/16 geführt. Mit diesbezüglichem Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2016 setzte die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 15. Juni 2016 die im Widerspruchsverfahren 01723/15 entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 434,35 EUR fest. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 2302 VV RVG setzte die Beklagte in der geltend gemachten Höhe von 345,- EUR (nebst Umsatzsteuer) fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen würden zu 2/10 auf Antrag erstattet werden und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten werde als notwendig anerkannt.

Die Kosten für das Widerspruchsverfahren 00845/16 rechnete der Kläger mit Kostenrechnung vom 1. August 2016 ab.

Mit Schreiben vom 1. August 2016 wandte sich der Kläger an die Beklagte und teilte mit, dass in vorbezeichneter Angelegenheit zumindest bzgl. des Widerspruchs vom 22. Juni 2016 gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 15. Juni 2016 durch den Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2016 eine Erledigung in der Hauptsache habe erreicht werden können. Der Kläger erinnerte daran, dass noch ein weiterer Kostenfestsetzungsbescheid vom 31. Mai 2016 bestehe, gegen den er am 3. Juni 2016 Widerspruch erhoben habe. Dieses Widerspruchsverfahren sei durch den jetzigen Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2016 bisher nicht erledigt worden. In diesem Widerspruchsbescheid sei ausdrücklich lediglich der Ausgangsbescheid vom 15. Juni 2016 abgeändert worden. Der Kläger bat um förmliche Erledigung auch dieses Widerspruchsverfahrens. Der Widerspruch werde insoweit auf die Geschäftsgebühr beschränkt, im Übrigen zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 29. August 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie mit dem Schreiben vom 31. Mai 2016 mitgeteilt habe, in welcher Höhe beabsichtigt werde, die Kosten im Widerspruchsverfahren zu übernehmen. Es sei ihm Gelegenheit gegeben worden, hierzu Stellung zu nehmen. Das Schreiben des Klägers vom 3. Juni 2016 sei daher als Antwort zu dieser Anhörung zu werten gewesen, unabhängig davon, ob dieses Schreiben von ihm als Widerspruch bezeichnet worden sei. Erst danach habe sie den formellen, rechtsbehelfsfähigen Bescheid über die Kostenfestsetzung im vorausgegangenen Widerspruchsverfahren erlassen. Gegen diesen Bescheid vom 15. Juni 2016 sei vom Kläger Widerspruch eingelegt worden, über den mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2016 entschieden worden sei.

Mit Schreiben vom 2. September 2016 teilte der Kläger der Beklagten daraufhin mit, beim Schreiben vom 31. Mai 2016 habe es sich nicht lediglich um ein Anhörungsschreiben gehandelt. Es sei nicht lediglich eine beabsichtigte Festsetzung angekündigt worden. Vielmehr seien die Gebühren der Höhe nach eindeutig und in der Formulierung abschließend beziffert, und der sich daraus errechnete Betrag sogar bereits zur Zahlung angewiesen worden. Einen lediglich vorläufigen, der Anhörung dienenden Zweck habe dieses Schreiben nicht gehabt. Es sei auch kein Hinweis enthalten gewesen, dass noch ein beabsichtigter Bescheid erst ergehen würde. Es habe sich beim Schreiben vom 31. Mai 2016 um einen Bescheid gehandelt, gegen den fristwahrend Widerspruch eingelegt worden sei. Die Beklagte sei aufgefordert, diesen Widerspruch zu verbescheiden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2016 verwarf die Beklagte den Widerspruch gegen das Schreiben vom 31. Mai 2016 als unzulässig. Bei diesem Schreiben habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt. Dem Kläger sei mit diesem Schreiben im Rahmen der Anhörung Gelegenheit gegeben worden, sich zu den für die beabsichtigte Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern und eventuell Einwände gegen die Höhe der beabsichtigte Kostenübernahme mitzuteilen. Die Anweisung der Kosten und die Übersendung des Schreibens an das Sozialgericht stelle ein bloßes Verwaltungshandeln dar. Das Schreiben des Kläger vom 3. Juni 2016 stelle die Antwort zur Anhörung vom 31. Mai 2016 dar, worauf der rechtsbehelfsfähige Kostenfestsetzungsbescheid vom 15. Juni 2016 erlassen worden sei.

Am 12. September 2016 hat der Kläger das Verfahren S 10 BK 1193/16 für erledigt erklärt.

Am 21. September 2016 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. September 2016 Klage zum SG erhoben. Die Auffassung der Beklagten, es habe sich bei dem Schreiben vom 31. Mai 2016 nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt, sei falsch. Im Weiteren hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 31. Mai 2016 sei deshalb zulässig gewesen. Auch in der Sache sei der Widerspruch begründet gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2016 habe die Beklagte selbst den gleich lautenden Kostenfestsetzungsbescheid vom 15. Juni 2106 abgeändert. Gleiches gelte daher für den Bescheid vom 31. Mai 2016. Nachdem ein zutreffender Kostenfestsetzungsbescheid auf Grund der Änderung vom 25. Juli 2016 bereits vorliege, sei der unzutreffende Bescheid vom 31. Mai 2016 ebenso wie der rechtswidrige Widerspruchsbescheid vom 8. September 2016 aufzuheben.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Mit Urteil vom 28. August 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es fehle bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Der Kläger habe seine Rechte bereits ohne die Klage durchgesetzt bzw. die Klage sei unnütz. Die Kosten für das Widerspruchsverfahren 01732/15 seien im Rahmen des Kostenfestsetzungsbescheides vom 15. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2016 bewilligt worden. Der Kläger selbst habe ausdrücklich ausgeführt, dass ein zutreffender Kostenfestsetzungsbescheid vom 25. Juli 2016 nunmehr vorliege. Die Kosten für das Widerspruchsverfahren seien somit nach den eigenen Angaben des Klägers inzwischen zutreffend abgerechnet. Die vorliegend beantragte Aufhebung des Kostenfestsetzungsbescheides der Beklagten vom 31. Mai 2016 sowie des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2016 wäre somit selbst im Erfolgsfalle eine bloße Förmelei. Sie wäre hinsichtlich des Anspruchs nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bezüglich des Widerspruchsverfahrens 01732/15 unnütz. Eine unter Umständen für den Kläger positive Kostenentscheidung in dem Klageverfahren führe allein nicht dazu, dass für eine aus den vorgenannten Gründen unnütze Klage dann doch ein Rechtsschutzbedürfnis vorliege. Selbst dann, wenn man im Wege der Auslegung das Schreiben vom 31. Mai 2016 als Verwaltungsakte qualifizieren würde, sei dieser nicht aufzuheben und der hiergegen erhobene Widerspruch sei zu Recht als unzulässig verworfen worden. Mit dem Schreiben vom 31. Mai 2016 sei allenfalls geregelt worden, dass dem Kläger Kosten für das Widerspruchsverfahren 01732/15 auf seine Kostenrechnung vom 15. Mai 2016 jedenfalls in Höhe von 380,80 EUR gezahlt würden. Eine abschließende Entscheidung, dass nur 380,80 EUR (also nicht mehr) gezahlt würden, sei zum 31. Mai 2016 nicht ergangen. Dies ergebe sich aus der Formulierung am Ende des Schreibens. Wenn das Schreiben vom 31. Mai 2016 ein Verwaltungsakt wäre, so sei dieser jedenfalls nicht rechtswidrig, denn der Kläger habe ja einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für das Widerspruchsverfahren 01732/15 in Höhe von zumindest 380,80 EUR gehabt; der Widerspruch hingegen sei somit mangels Rechtsbeeinträchtigung unzulässig, so dass die begehrte Aufhebung auch aus diesem Grunde nicht erfolgen könne.

Das Urteil enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass es mit der Berufung angefochten werden könne.

Gegen das dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 7. September 2017 zugestellte Urteil hat er am 1. Oktober 2017 schriftlich beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und sein Begehren unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 31. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2016 weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er vor, die Berufung sei zulässig; das SG habe sie mit der gegebenen Rechtsmittelbelehrung zugelassen. Das Rechtsschutzinteresse liege vor, da vom bestehenden angefochtenen Bescheid eine Beschwer ausgehe. Es lägen zwei widersprüchliche Entscheidungen zur Höhe der Kostenerstattung vor. Das Schreiben vom 31. Mai 2016 sei ein Verwaltungsakt. Er bestimme, dass ihm nur 380,80 EUR an Kostenerstattung zustünden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts H. vom 28. August 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ) eingelegte Berufung, über die der Senat gemäß § 158 SGG durch Beschluss entscheidet, ist unzulässig.

Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, der eine Geld- oder Sachleistung oder hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Die Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrend oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor, da der Rechtsstreit nicht laufende Leistungen für mehr als ein Jahr, sondern die (einmalige) Vergütung des Klägers für seine Tätigkeit in einem Widerspruchsverfahren betrifft. Das Rechtsschutzziel des Klägers besteht in der Aufhebung des Schreibens - seiner Auffassung nach dieses Bescheides - der Beklagten vom 31. Mai 2016, mit welchem die Beklagte zum Ausdruck gebracht hat, eine Vergütung in Höhe von 380,80 EUR in Ansatz zu bringen. Der "Wert" dieses Schreibens (Bescheides) der Beklagten überschreitet dann den Beschwerdewert von 750,- EUR nicht. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung zum Ausdruck gebracht haben sollte, dass bzgl. der im Schreiben der Beklagten vom 31. Mai 2016 in Ansatz gebrachten Vergütung in Höhe von 380,80 EUR die gleiche "Korrektur" vorzunehmen sei, wie mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2016 zum Kostenfestsetzungsbescheid vom 15. Juni 2016, in dem nämlich die Verfahrensgebühr in der geltend gemachten Höhe von 345,- EUR festgesetzt wurde und nicht wie zuvor im Kostenfestsetzungsbescheid mit 300,- EUR, würde der Beschwerdewert des Klägers bei lediglich 45,- EUR liegen, damit ebenfalls 750,- EUR nicht übersteigen. Ebenfalls würde der Beschwerdewert von 750,- EUR nicht überschritten, wenn von der Kostenrechnung des Klägers vom 15. Mai 2016 mit geltend gemachten Kosten in Höhe von 844,90 EUR auszugehen wäre, worauf die Beklagte mit Schreiben vom 31. Mai 2016 lediglich 380,80 EUR für zutreffend erachtete; der Beschwerdewert der Berufung des Klägers läge dann nämlich bei der Differenz von 464,10 EUR. Die Berufung des Klägers ist daher nach allen in Frage kommenden Betrachtungsweisen bezogen auf den Beschwerdewert seiner Berufung nicht statthaft (vgl. § 144 Abs. 1 SGG).

Der Umstand, dass das SG (irrtümlich) das Rechtsmittel der Berufung für gegeben gehalten hat, ändert an der gesetzlichen Regelung des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nichts. Durch die gegebene Rechtsmittelbelehrung hat das SG die Berufung nicht zugelassen. Die Zulassung wird im Urteil ausgesprochen. Zweckmäßig ist die Zulassung im Tenor; wirksam ist die Zulassung aber auch in den Entscheidungsgründen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12. Aufl., § 144 Rdnr. 39). Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht ( Leitherer, a. a. O. § 144 Rdnr. 40 m. w. N. aus der Rechtsprechung).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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